Kitabı oku: «Prozessberatung für die Organisation der Zukunft», sayfa 3

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Es gilt dabei zu beachten, dass dieses Modell noch mehr Macht in die Hände des Beraters legt, da er sowohl das Problem diagnostiziert sowie die Behandlung verschreibt und durchführt. Der Klient gibt nicht nur die Verantwortung dafür ab, sein Problem selbst zu diagnostizieren – wodurch er sich nur um so stärker in die Abhängigkeit von dem Berater begibt –, sondern er nimmt darüber hinaus auch an, dass jemand von außen in die Situation geholt werden kann und in der Lage ist, die Probleme zu identifizieren und zu beheben. Dieses Modell spricht die Berater natürlich besonders an, da es sie in eine starke Position versetzt und ihnen einen Röntgenblick zuschreibt. Die fachmännische Diagnose und Verschreibung von Behandlungen rechtfertigen die hohen Gelder, die Berater verlangen können, und verdeutlichen die Natur ihrer Dienstleistung. In diesem Modell kommen dem Bericht, der Darstellung der Befunde und der Empfehlungen eine besondere Bedeutung zu. Sie lassen die Aufgabe des Beraters klar hervortreten. Für viele Berater ist das der zentrale Punkt ihrer Arbeit, und sie sind erst dann überzeugt, ihre Arbeit ordentlich getan zu haben, wenn sie eine gründliche Analyse und Diagnose durchgeführt haben, die sie in eine schriftlich festgehaltene Empfehlung umsetzen können.

Zum Beispiel führt der Berater in einer Version dieses Modells, das bei Managern verwendet wird, eingehende Interviews und psychologische Tests durch. Diese gehören zur Diagnosephase, an deren Ende eine schriftliche Auswertung und Empfehlung für die weiteren Schritte steht. Eine andere Version sieht vor, dass der Berater Meinungsumfragen für bestimmte Bereiche der Organisation entwirft, die als Diagnosegrundlage dienen. Man erwartet, dass der Berater weiß, welche Fragen er zu stellen hat, welcher Prozentanteil positiver oder negativer Antworten ein Problem darstellt und welche Antwortenmuster auf mögliche Probleme in der Organisation hinweisen. Häufig werden raffinierte statistische Methoden ins Spiel gebracht, um die Diagnose zu untermauern und dem Klienten zu versichern, dass der Berater diagnostisch beschlagen ist.

Bei der vielleicht verbreitetsten Version dieses Modells vereinbaren Berater mit der Chefetage, in einer Reihe von ausführlichen Interviews zu erkunden, was im Unternehmen vor sich geht, anhand dieser Daten zu einer Diagnose zu gelangen und dem Klienten, der sie beauftragte, dann Projekte zur Behebung dieser Probleme vorzuschlagen. Eine zur Zeit populäre Version davon ist die Erstellung eines Kompetenzprofils, das bei einer bestimmten Aufgabenbeschreibung Erfolg verspricht: das Profil vorhandener Kompetenzen mit den Datenbanken einer Reihe von Organisationen zu vergleichen und, basierend auf den dabei entdeckten Profilunterschieden, Auswahl, Fortbildung und Karriereentwicklungsprogramme vorzuschlagen, um die Kompetenzen zu erhöhen, bei denen Mängel entdeckt wurden.

Wie den meisten Lesern aus ihrer eigenen Erfahrung klar sein wird, ist dieses Modell trotz seiner Popularität mit Problemen behaftet. Wir alle haben, als Klienten, die Erfahrung gemacht, wie irrelevant der Rat oder die Empfehlung eines Helfers sein kann oder wie sehr es einem zuwider laufen kann, wenn man gesagt bekommt, was man zu tun hat, selbst wenn man zuvor um Rat gefragt hat. Als Berater haben wir alle, öfter als uns recht ist, die Erfahrung gemacht, dass unser Bericht samt unseren Empfehlungen mit einem höflichen Kopfnicken entgegengenommen wird, um dann ordentlich weggestellt oder, schlimmer noch, ganz abgelehnt zu werden mit dem Hinweis, wir hätten die Lage des Kunden nicht wirklich verstanden. Klienten verfallen häufig in eine Abwehrhaltung und bemängeln an unseren Empfehlungen, wir hätten wichtige Faktoren übersehen oder der empfohlene Kurs sei bereits versucht worden und fehlgeschlagen. Berater, die nach diesem Arzt-Patienten-Modus arbeiten, sind häufig unzufrieden mit ihren Klienten – sie wüssten nicht, was sie wollten, sie sähen die Wahrheit nicht, wenn man sie mit dem Kopf darauf stoße, oder sie widersetzten sich einer Änderung und wollten eigentlich gar nicht, dass man ihnen hilft. Um diese Schwierigkeiten zu verstehen und das Prozessberatungsmodell in die richtige Perspektive zu rücken, müssen wir einige der impliziten Annahmen des Arzt-Patient-Modells analysieren.

Einer der offensichtlichsten Schwachpunkte dieses Modells ist die Annahme, der Berater könne allein an exakte Informationen für seine Diagnose gelangen. Dabei kann sich der als problematisch definierte Organisationsbereich weigern, die Informationen preiszugeben, auf die der Berater für seine Diagnose angewiesen ist. Es ist vorhersagbar, dass in den Fragebögen und bei den Interviews systematische Verzerrungen auftreten werden. Die Richtung dieser Verzerrungen hängt vom Betriebsklima ab. Ist dieses von Misstrauen und Unsicherheit geprägt, werden die Befragten aus Angst vor Vergeltung dem Berater gegenüber alles Negative verschweigen – mutige »Aufdecker« und »Nestbeschmutzer« können ein Lied davon singen. Oder die Befragten betrachten das Interview, die Umfrage oder den Test als Übergriff in ihren Privatbereich und antworten entweder nur so knapp wie möglich oder das, was man ihrer Ansicht nach von ihnen erwartet oder was sie für sicher halten. Ist das Klima dagegen von Vertrauen geprägt, werden die Befragten den Kontakt mit dem Berater als eine Gelegenheit sehen, sich ihren Kummer von der Seele zu reden, was zu einer Übertreibung der bestehenden Probleme führen kann. Wie dem auch sei, verwendet der Berater nicht viel Zeit darauf, die Abteilung selbst zu beobachten, wird er kein genaues Bild von den Vorgängen erhalten.

Ein weiteres Problem dieses Modells, das dem eben beschriebenen in nichts nachsteht, ist die häufig auftretende mangelnde Bereitschaft des Klienten, die Diagnose des Beraters ernst zu nehmen oder sich von seinen Abhilfemaßnahmen überzeugen zu lassen. In den meisten Organisationen finden sich wahrscheinlich ganze Schubladen voll mit Beraterberichten, die entweder vom Klienten nicht verstanden oder nicht akzeptiert wurden. Falsch gelaufen ist dabei natürlich, dass der Arzt es versäumte, einen gemeinsamen Bezugsrahmen mit seinem Patienten aufzubauen. Sie haben es nicht mit einer gemeinsamen Wirklichkeit zu tun. Falls der Berater mit der Diagnosearbeit beschäftigt ist, während der Klient passiv darauf wartet, sein Rezept ausgehändigt zu bekommen, wird sich mit ziemlicher Sicherheit ein Kommunikationsgraben zwischen den beiden auftun, der Diagnose wie Rezept irrelevant oder unverdaulich erscheinen lässt.

Selbst die wirklichen Ärzte im weißen Kittel erkennen immer mehr, dass Patienten nicht automatisch ihre Diagnose akzeptieren oder ihren Anweisungen Folge leisten. Am offensichtlichsten wird dies in kulturüberschreitenden Zusammenhängen, in denen Annahmen darüber, was eine Krankheit ist oder welche Maßnahmen sie erfordert, von Kultur zu Kultur differieren können. Auch in der Behandlung bei Brustkrebs wird dies zunehmend deutlich. Hier bezieht der Onkologe die Patientin verstärkt in die Entscheidung mit ein, ob die ganze Brust oder nur der Knoten entfernt wird und ob sie sich im Anschluss an die Operation einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung unterzieht. Bei Schönheitsoperationen oder wenn die Entscheidung ansteht, ob eine Bandscheibenoperation nötig ist, wächst den Erwartungen und dem Selbstbild des Patienten eine ähnlich entscheidende Rolle zu, wenn bestimmt werden soll, wie erfolgreich die Operation letztendlich war. Wenn wir schon eine Version des Arztmodells aus dem medizinischen Bereich wählen, sind wir mit dem psychiatrischen Modell besser beraten. Denn hier zählen die Analyse des Widerstands und der Abwehrhaltung zu den entscheidenden therapeutischen Werkzeugen.

Das dritte Problem dieses Modells liegt darin, dass in menschlichen Systemen, mehr noch: in allen Systemen, der Diagnoseprozess selbst eine Intervention mit unbekannten Folgen darstellt. Werden in der Chefetage Persönlichkeitstests und in Teilen der Organisation Meinungsumfragen durchgeführt und die Mitarbeiter dabei zu ihrer Wahrnehmung des Unternehmens interviewt, beginnen sich diese zu fragen, was in ihrem Betrieb los sein könnte, dass Berater in das Unternehmen geholt werden. Obwohl sich der Berater keiner Schuld bewusst ist, kommt der Angestellte vielleicht zu dem Schluss, dass die Geschäftsführung das Unternehmen umzustrukturieren und Leute zu entlassen gedenkt. Der Berater tut sein Bestes, geht bei den Tests und Umfragen nach allen Regeln der Wissenschaft vor, doch der Angestellte empfindet das möglicherweise als Eindringen in seine Privatsphäre, gegen das er sich vielleicht sogar mit anderen Angestellten verbündet, wodurch sich die Beziehungen innerhalb der Organisation verändern. Ironischerweise legen die ausgetüftelten Vorsichtsmaßnahmen, die die Anonymität einer Umfrage gewährleisten sollen – indem man die Bögen z.B. an eine neutrale Partei schickt –, ein Misstrauen innerhalb der Organisation nahe, das als eine weitaus signifikantere Realität aufgefasst werden kann, als die Erhebung selbst vielleicht vermuten lässt.

Ein viertes Problem bei dem Arzt-Patient-Modell liegt darin, dass der Patient selbst bei einer validen Diagnose und Verschreibung vielleicht nicht in der Lage ist, die empfohlenen Änderungen durchzuführen. Was im Kontext einer Organisation wohl das häufigste Problem ist. Nicht selten liegt es für den von außen kommenden Berater auf der Hand, was zu tun ist, aber die Kultur des Unternehmens, seine Struktur oder seine Politik verhindern eine Umsetzung der Empfehlungen. Vielfach entgehen dem Berater diese kulturellen und politischen Strömungen, bis seine Empfehlungen zurückgewiesen oder unterlaufen werden. Doch dann kann es für eine echte Hilfe bereits zu spät zu sein.

Anders ausgedrückt, das Maß, in dem das Arzt-Patient-Modell funktioniert, hängt von folgenden Faktoren ab:

1. Inwieweit hat der Klient genau definiert, welche Person, Gruppe oder Abteilung tatsächlich krank oder therapiebedürftig ist.

2. Inwieweit ist der Patient motiviert, genaue Auskünfte zu geben.

3. Inwieweit akzeptiert der Patient die Diagnose, zu der der Arzt gelangt, und die von ihm empfohlene Verschreibung.

4. Inwieweit werden die Konsequenzen der Diagnoseschritte genau verstanden und akzeptiert.

5. Inwieweit ist der Patient zu den empfohlenen Änderungen fähig.

Die Prozessberatungsalternative

Der Prozessberatungsmodus dagegen konzentriert sich nicht ausschließlich auf eine gemeinsame Diagnose, sondern sieht einen weiteren Schwerpunkt in der Weitergabe der Diagnose- und Problemlösungskompetenz des Beraters an den Klienten. Möglicherweise erkennt der Berater bereits sehr früh im Verlauf seiner Arbeit das eine oder andere Problem in der Organisation und wie es gelöst werden könnte. Aber er wird aus zwei Gründen diese Erkenntnisse vorerst für sich behalten: (1) Er könnte sich irren. Falls er vorschnell zu einer falschen Diagnose gelangt, kann er in den Augen seines Klienten an Glaubwürdigkeit verlieren und ihrer gemeinsamen Beziehung schaden. (2) Ihm ist klar, dass selbst wenn er recht hat, der Klient mit Abwehr reagieren kann und vielleicht nicht zuhören oder das Gehörte abstreiten oder missverstehen will, was eine Therapie behindern würde.

Eine wesentliche Grundannahme der Prozessberatung ist, dass der Klient lernen muss, das Problem selbst zu erkennen, indem er an dem Diagnoseprozess teilhat, und dass er sich bei der Entwicklung einer Behandlungsstrategie aktiv beteiligt. Der Klient muss involviert werden, da der Diagnoseprozess selbst bereits eine Intervention darstellt und der Klient letztendlich für jede Intervention die Verantwortung zu übernehmen hat. Werden Tests oder Umfragen durchgeführt, muss der Klient die Gründe dafür verstehen und die Verantwortung für die Entscheidung, diese Erhebungen durchzuführen, übernehmen. Der Klient muss einem eventuell argwöhnischen Untergebenen erklären können, warum dies gemacht wird und warum ein Berater in das Unternehmen geholt wurde, wenn die beschriebenen Probleme nicht auftreten sollen.

Dem Berater mag eine Schlüsselrolle zukommen, was die Ausarbeitung der Diagnose angeht, und er wird vielleicht dem Klienten Vorschläge zur Behebung der Probleme unterbreiten, auf die dieser nicht von selbst gekommen wäre, doch er beschränkt sich darauf, dem Klienten bei der endgültigen Entscheidung über die diagnostischen und therapeutischen Mittel lediglich den Rücken zu stärken. Dies geschieht wiederum aus der Überlegung heraus, dass die alten Probleme wohl gründlicher behoben und eventuelle neue Probleme vom Klienten selbst gelöst werden können, wenn dieser selbst lernt, die diagnostischen und therapeutischen Mittel einzusetzen.

Des Weiteren gilt es festzuhalten, dass der Berater nicht unbedingt ein Experte sein muss, was die Lösung der zu entdeckenden Probleme betrifft. Ein ausschlaggebender Punkt bei der Entscheidung für den Prozessberatungsmodus ist, dass eine entsprechende inhaltliche Kompetenz weniger relevant ist als die Fähigkeit, den Klienten bei der Diagnose seiner eigenen Probleme zu beteiligen und ihm dabei zu helfen, eine seiner spezifischen Situation und seinen Bedürfnissen entsprechende Lösung zu finden. Der Berater braucht das Expertenwissen. Nur so kann er Hilfe geben und eine Beziehung mit den Klienten aufbauen, die Hilfe erst ermöglicht und gemeinsame Wirklichkeit entstehen lässt, ohne die eine Kommunikation unmöglich ist. Der in diesem Modus arbeitende Organisationsberater muss kein Experte sein, was Marketing, Finanzen oder Unternehmensstrategien anbelangt. Treten in diesen Bereichen Probleme zu Tage, kann der Berater dem Klienten bei der Suche nach einem entsprechenden Fachmann helfen und – was wichtiger ist – ihn dabei unterstützen, eine Strategie zu entwickeln, wie er sicher gehen kann, von diesen Fachleuten die gewünschte Hilfe zu erhalten.

Das Arzt-Patient-Modell wird, wie das Telling-and-selling-Modell, in unserem Alltag ständig angewendet. Bittet mein Kind mich, ihm bei seiner Rechenaufgabe zu helfen, fühle ich mich versucht, umgehend nach einem Fehler zu suchen und diesen zu beheben. Erkundigt sich mein Freund nach einem Film, gebe ich ihm aufgrund meiner Annahmen, was ihm gefallen könnte, sofort einen Ratschlag. Bittet eine Studentin mich um Literaturvorschläge, die ihr bei ihrem Forschungsproblem weiterhelfen könnten, glaube ich sofort zu wissen, welche Art von Informationen sie benötigt und schlage ihre mehrere Bücher und Artikel vor. Wenn meine Frau mich fragt, was sie zu der Party tragen soll, bin ich überzeugt, über ihr Problem Bescheid zu wissen, und erteile ihr entsprechende Ratschläge. Die Versuchung, die Macht anzunehmen, die einem das Gegenüber durch die Bitte um einen Rat anbietet, ist überwältigend. Es bedarf in einem solchen Augenblick einer außerordentlichen Disziplin, um einen Augenblick innezuhalten und darüber zu reflektieren, was tatsächlich vor sich geht (sich mit der Realität auseinander zu setzen) und eine Frage zu stellen, die einen weiterbringt oder den anderen ermutigt, mehr zu erzählen, bevor man die Arztrolle übernimmt (die eigene Unwissenheit einzugestehen).

Damit der Berater helfen kann, müssen beide, der Berater wie sein Gegenüber, beachten, dass das zu lösende Problem klar definiert ist und sie eine Kommunikationsebene geschaffen haben, auf der sie sich verstehen, damit sie dieses Problem gemeinsam und effektiv lösen können. Letztendlich ist es gerade das Ziel der Prozessberatung, solche Kommunikationsebenen zu schaffen, um eine gemeinsame Diagnose und eine gemeinsame Problemlösung zu ermöglichen.

Die Tatsache, dass die Art und Weise, wie wir bei der Diagnose vorgehen, für das Klientensystem entscheidende Konsequenzen hat, lenkt den Blick auf ein viertes übergreifendes Prinzip. Wir müssen uns klar werden, dass das, was der Berater tut, stets eine Intervention ist. So etwas wie eine Diagnose an sich gibt es nicht. Die übliche Beschreibung einer Diagnosephase, an deren Anschluss Empfehlungen ausgesprochen werden, die sich in vielen Beratungsmodellen findet, ignoriert vollkommen die Wirklichkeit, dass der Interventionsprozess mit der Kontaktaufnahme mit dem Klientensystem beginnt. Unsere Vorgehensweise bei der Diagnose muss also aus dem Blickwinkel betrachtet werden, welche Konsequenzen unsere diagnostischen Interventionen haben und ob wir bereit sind, mit diesen zu leben.

VIERTES PRINZIP

Alles, was du tust, ist eine Intervention.

So wie jede Interaktion diagnostische Informationen liefert, so birgt jede Interaktion Konsequenzen für den Klienten und für mich. Daher muss ich für alles, was ich tue, Verantwortung übernehmen und die Konsequenzen durchdenken, um sicherzugehen, dass sie meinem Ziel dienen, eine helfende Beziehung aufzubauen.

3. Modell: Das Prozessberatungsmodell

Ich will nun die Hauptthesen der – wie ich sie nenne – Prozessberatungstheorie oder des Prozessberatungsmodells zusammenfassen. Die folgenden Annahmen werden nicht immer standhalten. Doch wenn sie standhalten, wenn die Wirklichkeit für unser Gefühl am besten durch diese Annahmen beschrieben wird, dann muss die Hilfesituation im Prozessberatungsmodus angegangen werden.

Klienten, ob es sich nun dabei um Manager, Freunde, Kollegen, Studenten, Ehegatten oder Kinder handelt, sind sich oft nicht über das eigentliche Problem im Klaren. Doch nur ihnen »gehört« das Problem.

Klienten wissen oft nicht, in welcher Form Berater Hilfe anbieten. Man muss ihnen auf der Suche nach der für sie geeigneten Hilfe helfen. Klienten sind keine Experten in der Theorie und Praxis des Helfens.

Die meisten Klienten besitzen ein konstruktives Interesse, ihre Situation zu verbessern, doch sie brauchen Hilfe, um festlegen zu können, was verbessert und wie es verbessert werden soll.

Die meisten Organisationen könnten weitaus effektiver sein, wenn die Manager und Angestellten lernen, wie sie ihre eigenen Stärken und Schwächen diagnostizieren und mit ihnen umgehen können. Keine Organisationsform ist vollkommen. Also hat jede Organisation die eine oder andere Schwäche, für die es eine Kompensation zu finden gilt.

Nur die Klienten wissen, was letztendlich in ihrer Organisation funktioniert. Berater können unmöglich ohne erschöpfende und zeitraubende Untersuchungen oder Präsenz in der Klientenorganisation genug über ihre Kultur lernen, um einen Katalog erfolgversprechender neuer Maßnahmen vorzuschlagen. Daher müssen solche Empfehlungen, falls sie nicht gemeinsam mit den Mitgliedern der Organisation erarbeitet werden, die wissen, was in ihrer Kultur Erfolg verspricht, notgedrungen falsch sein oder auf Ablehnung stoßen, da sie von einem Außenseiter kommen.

Solange die Klienten nicht lernen, die Probleme selbst zu erkennen und an den Lösungen dafür zu arbeiten, ist es nicht wahrscheinlich, dass sie die Lösung umsetzen und lernen, solche Probleme in Zukunft selbst zu beheben. Der Prozessberatungsmodus bietet Alternativen, aber die Entscheidung über diese Alternativen gehört nicht in die Hände des Beraters, sondern in die Hände des Klienten, um dessen Problem es sich handelt.

Letztendlich geht es bei der Prozessberatung darum, den Klienten das Diagnose- und Interventions-Know-how zu vermitteln, damit diese befähigt werden, die Organisation selbst sukzessive zu verbessern. In einem gewissen Sinne sind sowohl das Experten- wie das Arztmodell therapeutische Modelle, wogegen das Prozessberatungsmodell sowohl therapeutisch als auch präventiv arbeitet. Das Sprichwort »Statt den Menschen Fische zu geben, sollte man ihnen das Fischen beibringen« bringt diesen Ansatz ziemlich genau auf den Punkt.

An dieser Stelle unterscheiden sich die Modelle ganz klar insofern von einander, als das Experten- und das Arztmodell sich mit dem Single-loop- oder adaptiven Lernen vergleichen lassen, wogegen Prozessberatung den Klienten in Double-loop- oder generatives Lernen verwickelt. Ein Ziel der Prozessberatung ist es, die Klienten das Lernen zu lehren. Im Experten- und Arztmodell wird das Problem behoben; Ziel des Prozessberatungsmodells ist es, die Lernfähigkeit des Klientensystems zu erhöhen, damit es zukünftige Probleme selbst lösen kann.3

Der Prozess des Helfens sollte stets im Prozessberatungsmodus beginnen, da wir, solange wir uns nicht erkundigt haben und uns im Zustand der Ignoranz befinden, tatsächlich nicht wissen, ob die obigen Annahmen standhalten oder ob es sicher oder wünschenswert wäre, in den Experten- oder Arztmodus zu wechseln. Sobald wir mit dem Sammeln von Informationen angefangen haben, werden wir feststellen, dass es für die Entscheidung, ob es besser ist, in der Prozessberatungsrolle zu bleiben oder in einen anderen Modus zu wechseln, hilfreich ist, das Problem des Klienten auf seine Eigenschaften hin abzuklopfen.4 Sind sowohl Definition wie Lösung des Problems klar, ist das Expertenmodell angemessen. Ist die Problemdefinition klar, aber nicht die Lösung, muss der Arzt mit dem Patienten arbeiten, um die richtige adaptive Reaktion zu entwickeln, die auf das technische Know-how des Patienten zurückgreift. Sind weder Problem noch Lösung klar, muss der Helfer sich zu Beginn auf die Prozessberatung stützen, bis offenkundig wird, was genau vorgeht, welche Hilfe benötigt wird und wie sie am besten zu bekommen ist. Die Entscheidung, ob ein technischer Eingriff oder eine adaptive Reaktion vonnöten ist, hängt dann davon ab, in welchem Ausmaß der Klient oder Ratsuchende seine Einstellungen, Werte und Gewohnheiten zu ändern hat.

Definition der Prozessberatung

Mit diesen Überlegungen im Hinterkopf können wir Prozessberatung definieren:

Prozessberatung ist der Aufbau einer Beziehung mit dem Klienten, die es diesem erlaubt, die in seinem internen und externen Umfeld auftretenden Prozessereignisse wahrzunehmen, zu verstehen und darauf zu reagieren, um die Situation, so wie er sie definiert, zu verbessern.

Prozessberatung konzentriert sich zu Beginn auf den Aufbau einer Beziehung, die es Klienten und Berater erlaubt, sich mit der Wirklichkeit auseinander zu setzen, die Wissenslücken des Beraters füllt und das Vorgehen des Beraters klar als Intervention einstuft. Dabei steht stets die Einsicht der Klienten in die Prozesse im Vordergrund, die um sie herum, in ihnen und zwischen ihnen und anderen ablaufen. Auf der Grundlage solcher Einsichten lernen die Klienten dann durch die Prozessberatung, Strategien für diese Situation zu entwickeln. Kern dieses Modells bleibt dabei die Philosophie, den Klienten vor allem dabei zu helfen, die Initiative zu behalten, womit sowohl die Initiative bei der Diagnose wie bei der Therapie gemeint ist, denn die identifizierten Probleme sind und bleiben die Probleme der Klienten, und nur sie wissen, wie komplex die Situation wirklich ist und welche Maßnahmen in ihrer Kultur wirklich Erfolg versprechen. Das kann als fünftes übergreifendes Prinzip festgehalten werden.

FÜNFTES PRINZIP

Das Problem und seine Lösung gehören dem Klienten.

Meine Aufgabe ist es, eine Beziehung aufzubauen, in der der Klient Hilfe findet. Es ist nicht meine Aufgabe, mir die Probleme des Klienten selbst aufzuladen, noch ist es meine Aufgabe, Rat und Lösungen für Situationen anzubieten, die ich nicht selbst durchlebe. Fakt ist, dass nur der Klient mit den Folgen des Problems und der Lösung leben muss, ich ihm also nicht die Verantwortung dafür abnehmen kann.

Die Ereignisse, die es zu beobachten, über die es Nachforschungen anzustellen und aus denen es Erkenntnisse zu ziehen gilt, findet man im normalen Arbeitsablauf, der Durchführung der Meetings, in offiziellen und inoffiziellen Begegnungen zwischen den Organisationsmitgliedern und den formaleren Organisationsstrukturen. Von besonderem Interesse dabei ist, was der Klient selbst tut und welche Auswirkungen dies auf die anderen in der Organisation hat sowie auf den Berater. Wie Berater und Therapeuten in anderen Gebieten nachwiesen, ist die Interaktion zwischen Klient und Berater sowie die Gefühle, die diese Interaktionen in beiden beteiligten Parteien hervorrufen, eine der wichtigsten Erkenntnisquellen.5

Diesem Modell implizit ist weiter die Annahme, dass alle Organisationsprobleme im Grunde von zwischenmenschlichen Interaktionen und Prozessen geprägt sind. Unabhängig davon, welche technischen, finanziellen oder anderen Dinge eine Rolle spielen mögen, es sind stets Menschen an der Entwicklung und Umsetzung dieser technischen Prozesse beteiligt, und es sind stets Menschen, die auf die Idee kommen, technische Lösungen könnten weiterhelfen. Eine gründliche Kenntnis menschlicher Prozesse und die Fähigkeit, an diesen Prozessen zu arbeiten, sind daher unverzichtbar, um Organisationsprozesse zu verbessern. Solange Organisationen Netzwerke sind, die aus an gemeinsamen Zielen arbeitenden Menschen bestehen, werden zwischen diesen Menschen die verschiedensten Prozesse ablaufen. Je mehr wir also über die Diagnose und die Optimierung solcher Prozesse wissen, desto größer werden unsere Chancen, Lösungen für die eher technischen Probleme zu finden und zu gewährleisten, dass diese Lösungen auch akzeptiert und von den Mitgliedern der Organisation verwendet werden.

Zusammenfassung, Implikationen und Schlussfolgerung

Das Konzept der Prozessberatung lässt sich nur schwer einfach und klar beschreiben. Es ist eher eine Philosophie oder eine Reihe unterschwelliger Annahmen über den Prozess des Helfens, die den Berater veranlassen, eine bestimmte Haltung gegenüber seiner Beziehung zum Klienten einzunehmen. Prozessberatung lässt sich am ehesten verstehen, wenn man sie als einen Operationsmodus sieht, den der Berater in jeder gegebenen Situation wählen kann. Vor allem zu Beginn der Begegnung ist dieser Operationsmodus erforderlich, da sich durch diesen Modus am ehesten erschließen lässt, was der Klient wirklich wünscht und welche Art von Helfer tatsächlich von Nutzen ist. Stellt sich heraus, dass es dem Klienten um einfache Information oder einen Rat geht, und der Berater zufrieden ist, dies anbieten zu können, kann er ohne Gefahr in die Experten- oder Arztrolle schlüpfen. Wählt der Berater eine dieser Rollen, muss er sich jedoch über die zugrundeliegenden Annahmen und die Folgen im Klaren sein, die es mit sich bringt, den Klienten dazu zu ermutigen, sich vom Berater abhängig zu machen. Des Weiteren sollte er darauf achten, das Problem des Klienten nicht zu seinem eigenen zu machen.

Auf einem Gebiet jedoch sollte der Berater Experte sein: Er sollte stets genau wissen, was im Augenblick vor sich geht und welcher Modus für die jeweilige Situation angemessen ist und den Aufbau einer helfenden Beziehung voranbringt. Keines dieser Modelle wird die ganze Zeit über verwendet. Aber der Berater muss sich stets auf eines beschränken. Der erfahrene Berater wird feststellen, dass er die Rollen häufig wechselt, wenn er merkt, dass sich die Dynamik ändert. Daher sollten wir Konzepte wie »der Prozessberater« vermeiden und »Prozessberatung« eher als einen dynamischen Prozess des Helfens sehen, den alle Berater, ja alle Menschen, in bestimmten Zeiten als angebracht empfinden.

Obwohl die Bedeutung von Prozessberatung in den Organisationen von heute ständig zunimmt, sollte man keineswegs vergessen, dass das Modell sich auch auf unsere alltäglichen Beziehungen zu Freunden, Ehegatten, Kindern und anderen übertragen lässt, die uns ab und zu um Hilfe bitten. Letztlich wird hier eine Philosophie und Methodik des Prozesses des Helfens beschrieben sowie versucht, dessen Bedeutung für die Organisationsentwicklung und das Lernen aufzuzeigen. Ein zentraler Bestandteil dieser Philosophie ist ein Regelsatz aus zehn Prinzipien, von denen bereits fünf identifiziert und diskutiert wurden:

1. Versuche stets zu helfen.

2. Verliere nie den Bezug zu der aktuellen Realität.

3. Setze dein Nichtwissen ein.

4. Alles, was du tust, ist eine Intervention.

5. Das Problem und seine Lösung gehören dem Klienten.

Arbeitet der Berater beständig nach diesen Prinzipien, ergibt es sich auf natürliche Weise, wann er Informationen liefert, die Arztrolle übernimmt oder in der Rolle des Prozessberaters bleibt. Allerdings ist es nicht einfach, das eigene Nichtwissen einzusetzen und sich mit der Realität auseinander zu setzen. Dabei handelt es sich um Fertigkeiten, die man einüben muss und für die konzeptionelle Modelle und auf Erfahrung basierende Einsichten unabdingbar sind. In den restlichen Kapiteln konzentriere ich mich besonders auf einige vereinfachende konzeptionelle Modelle, die den Berater/Helfer dabei unterstützen, mit den verschiedenen Facetten der Wirklichkeit umzugehen, auf die er trifft.

Fallbeispiele und Übung

Fallbeispiele werden das ganze Buch hindurch auf verschiedene Weise eingesetzt. Wo konkrete Beispiele benötigt werden, werden Illustrationen und auch längere Fallbeispiele direkt in den Text eingefügt. An anderen Stellen wiederum finden sich diese Beispiele am Kapitelende, um dem praxisorientierteren Leser eine Gelegenheit zu geben, sich ausführlicher mit den Fällen zu beschäftigen. Falls keine Unklarheiten mehr vorhanden sind, müssen diese Fallbeispiele nicht durchgearbeitet werden.

Fallbeispiel 1.1

Jahrestreffen der International Oil (Planung und Teilnahme)

Dieses Fallbeispiel soll aufzeigen, welche taktischen Feinheiten das Verbleiben im Prozessberatungsmodus mit sich bringt, und gleichzeitig den Kontrast zwischen den einzelnen Modi verdeutlichen. Dem Leser wird nicht entgehen, dass dieser Fall beschreibt, was genau mit »Prozess« gemeint ist – es ging bei den Interventionen fast ausschließlich darum, wie gearbeitet wurde, statt um die Inhalte, mit denen die Gruppe sich beschäftigte.

Bei dem Unternehmen handelt es sich um einen großen multinationalen Ölund Chemiekonzern, dessen Hauptquartier sich in Europa befindet. Ich kannte einige Mitglieder in der Managemententwicklungsgruppe des Unternehmens und hatte vor Jahren in einem MIT-Kurs für Führungskräfte einen ihrer leitenden Manager, Steven Sprague, getroffen. Dass man mich ins Unternehmen holte, entsprang dem Wunsch einiger leitender Manager, die Kultur ihres Unternehmens genauer daraufhin unter die Lupe zu nehmen, ob sie den strategischen Gegebenheiten des nächsten Jahrzehnts Genüge tun würde. Einigen Mitgliedern der Managemententwicklungsgruppe war bekannt, dass ich vor kurzem einige Artikel und ein Buch über Organisationskultur veröffentlicht hatte.

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
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Hacim:
457 s. 29 illüstrasyon
ISBN:
9783897975286
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