Kitabı oku: «100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 3», sayfa 4
Halifax und Nova Scotia
Der neue Morgen sieht uns in „Atlantic Canadas“ größter Stadt früh auf den Beinen, um das Wichtigste in Nova Soctias Hauptstadt zu erkunden. Den Rest heben wir uns für die Rückkehr am Ende der Reise auf, weil uns „Frazerway“ schon am frühen Nachmittag abholt, um im nahen Bedford unser Wohnmobil in Empfang zu nehmen. Am Hotel geht es gleich rechts um die Ecke und die Straße entlang, denn sie führt direkt zur sternförmigen Zitadelle und damit ins Zentrum, das sich um die George Street ausbreitet. Die City Hall, das Province House – Einheimische bezeichnen es als Kanadas schönstes Beispiel für „Georgian Architecture“ – , das Maritime Museum und die Wharf Historic Properties an der Waterfront des eisfreien Naturseehafens setzen hier die Eckpunkte. In den alten, schön restaurierten Häuserreihen kann man essen, in Boutiquen einkaufen, feiern und auch auf die Schnelle rustikal frühstücken. Zwei Gebäude, das „Pear 21“ und das „Privateers Warehouse“ (heute ein Pub, in dem man die Nacht zum Tag machen kann) haben in diesem Häuserkomplex besondere historische Bedeutung. Das Steingebäude, über dessen Eingangsportal „Pear 21“ prangt, fungierte als Einwanderungsgebäude (1928 bis 1971) und erzählt die Geschichte der Ankömmlinge an der Schwelle eines neuen Lebens mit Ausstellungen, Dokumentationen und Displays, die die Abläufe erklären, die vor den mehr als eineinhalb Millionen Immigranten lagen, als sie erstmals ihren Fuß auf kanadischen Boden setzten. Das Warenhaus von 1813 ist noch fünf Jahre älter als der Sitz der Provinzregierung in der George Street, mit dem das erst 1888 erbaute Rathaus zeitlich gesehen gar nicht mithalten kann. Das „Maritime Museum of the Atlantic“ erklärt Seefahrergeschichte, zeigt Schiffe und erzählt auch von der Titanic und der großen Explosion von 1917, als im Hafen ein französisches Munitionsschiff mit einem belgischen Versorgungsdampfer zusammenstieß und anschließend 2.000 Tote zu beklagen waren.
Gegründet wurde Halifax 1749 vom Gouverneur Edward Cornwallis und seinen 2.500 Siedlern als britisches Gegenstück zur französischen Festung Louisbourg. Damit wurde auch die alte Hauptstadt Annapolis Royale an der Bay of Fundy abgelöst, und seither kam die Stadt auf etwa 115.000 Einwohner. Rechnet man die Nachbarstadt Dartmouth, 1750 gegründet und wegen ihrer 23 Seen „City of Lakes“ genannt, und Ortschaften wie Bedford und Sackville dazu, dann erhöht sich diese Zahl auf 320.000 Menschen. Mit so vielen Einwohnern schwingt sich der Regierungssitz von Nova Scotia auch gleichzeitig zur Metropole der Provinz auf, in der Wirtschaft, Banken, Theater, Galerien, Märkte, Messen, Sport, die Nachkommen der frühen Einwanderer – Schotten und Franzosen – und die Mi’kmaq Ureinwohner prägend wirkten. Halifax verbindet Vergangenheit und Gegenwart, die auch in seiner Skyline verschmilzt. Elegante Architektur des 18. und 19. Jahrhundert verbindet sich mit ultramodernen Türmen aus Glas und Stahl, und dreispurige Straßen und Brücken bewältigen den Verkehr. Auch Nordamerikas ältestes Salzwasser-Fährsystem findet sich hier, und in seinem Terminal, das direkt hinter der Cable Wharf liegt, legen Boote für Hafenrundfahrten oder zum Tiefseefischen an, wie auch das Wassertaxi, das zum lieblichen McNab’s Island verbindet. Internationale Restaurants, die Sandsteinfassade der Art Gallery of Nova Scotia, die St.Paul’s Anglican Church von 1750 als ältestes Gebäude der Stadt, Parks und Seitenstraßen-Cafés gehören ebenfalls zum pulsierenden Stadtbild.
Auf dem Weg zurück zum Hotel führt der Kurzbummel die Treppen zur „Old Town Clock“ hoch, die auf Anweisung von Prince Edward, der die britischen Truppen der Stadt einige Jahre befehligte, gebaut wurde, und deren Uhrwerk unter einem kleinen grünbedachten, dreistöckigem Türmchen unterhalb der Zitadelle seit 1803 den Takt der Zeit verkündet. Die „Halifax Citadel National Historic Site“, vom Berg auf Altstadt und Hafen herunterschauend, zeigt von außen kaum mehr als einen Wall mit Schießscharten, die wie Einbuchtungen im gepflegten englischen Rasen anmuten. Für neun Dollar Eintritt gibt es innerhalb der sternförmigen Festung – eine Rundstraße schwingt außen die Spitzen aus – aber mehr, denn hier wird die Geschichte wieder zum Leben erweckt, mit stilgerechter Vergangenheit, dicken Mauern, Gräben, Geschützen der Royal Artillery oder britischem Militärleben, das Studenten in den roten Uniformen der „78. Highländer“ inszenieren. Ausstellungen, Signalmast, Wachablösung und Schottenröcke, Mannschafts- und Munitionsräumen, Armeemuseum, Regiments-Dudelsäcke und Trommeln, Schulraum, Sandwichbar, Visitor Center im Cavalier Building, Andenkenläden und der „Noon Gun“, dem alltäglichen 12 Uhr Mittagsschuss, der ab1856 zur Tradition wurde, gehören ebenfalls dazu. In Betrieb war die Festung, die nie einen Angriff erlebt hat, nur 50 Jahre. Gedauert hat dieser Bau, der vierte aus einer Serie britischer Forts auf diesem Platz, zwar 336 Monate, doch wurde er 1906 auch schon wieder aufgegeben. Heute ist die renovierte Vergangenheit ein Markenzeichen der Stadt und erinnert an die Schlüsselrolle, die Halifax als Marinestation des British Empire spielte.
Unser 22-Fuss-Wohnmobil steht bei Fraserway in Bedford, ist erstklassig ausgestattet und hat weniger als 7.000 Kilometer auf dem Tacho. Bedford, das sich am ruhigen Nordende des Hafenbeckens ausbreitet, ist eine der am schnellsten wachsenden Ortschaften in den Atlantikprovinzen, und ein dreispuriger Highway bringt uns schnell in den Ort, in dem sich viele Artisten, Studios, Restaurants, Geschäfte und allerlei Gewerke angesiedelt haben. Am Highway, der dem Bedford Basin folgt, liegt auch der Hemlock Ravine Park, der an eine der größten Liebesromanzen Nova Scotias erinnert und eine Brücke nach Europa schlägt. Auf diesem Parkgelände hatte einst Prince Edward, Duke of Kent, für seine französische Geliebte Julie St.Laurent ein Anwesen errichtet, von dem nur noch der nicht der Öffentlichkeit zugängliche Musikpavillon die Zeit überdauert hat, während die verwundenen Parkwege auch heute noch dort zusammentreffen, wo sich der herzförmige „Julie’s Pond“, ein Geschenk des Engländers an seine Geliebte, befindet. Ein gutes Ende konnte die Geschichte allerdings nicht nehmen, denn die königliche Stellung des Briten verbot die Heirat mit dieser Französin. An ihre Stelle trat 1818 offiziell die deutsche Prinzessin Victoria zu Sachsen-Coburg-Saalfeld, die der Prinzessin Alexandrina Victoria zu Kent das Leben schenkte und nach dem Tot von König Wilhelm IV. von 1837 bis 1901 selbst als Königin im Amt war. Prince Edward starb nach kurzer Krankheit schon 1820, sechs Tage vor seinem eigenen Vater King George III., und nur ein Jahr nach der Geburt seiner Tochter.
In Bedford fahren wir, wie am Anfang einer solchen Reise üblich, sofort zum Supermarkt, wo wir nach zwei Stunden für 300 kanadische Dollars alles in den beiden großen Einkaufswagen haben, was für die nächsten Tage an Lebensmitteln und Grundsätzlichem gebraucht wird, bis hin zu Alufolie und Alupfannen für den Grill und ausgerichtet auf „schnelle Küche“. Danach wartet dann „die große Freiheit“, fast uneingeschränkt von Zeit und nur der eigenen Wunschroute folgend. Und diese verläuft durch Nova Scotia auf dem Marine Drive entlang der Ostküste Richtung Norden. Um sich diese kanadische Provinz ganz oder teilweise mit dem Fahrzeug zu erschließen, bieten sich viele Möglichkeiten, auf einer Rundfahrt oder ausgesuchten Abschnitten. Letztere nennen sich Glooscap-, Evangeline- und Sunrise Trail, Halifax Metro, Marine Drive, Lighthouse Route, Cape Breton Island und Cabot Trail. Unser Konzept heißt: Wir werden am Anfang, auf dem Weg nach Neufundland, einen großen Teil Nova Scotias erkunden, und uns dem südlichen Rest am Ende unserer Reise widmen, wenn wir aus den USA Richtung Halifax zurückfahren. Von den beiden Möglichkeiten, die sich für Letzteres anbieten – über Land oder mit den Fähren, die in Bar Harbor, Maine und Saint John, New Brunswick starten und Nova Scotia an deren Südspitze zu Yarmouth oder in Digby, in der Bay of Fundy, erreichen – haben wir die Fähre nach Dingby gebucht.
Nova Scotia ist mit 7.600 Kilometern Küstenlinie und vielen unterschiedlichen Landschaften ein Küstenparadies mit uralten Fichten, Seevögeln, Robben und Walen, und nirgendwo in der Provinz ist man weiter als zwei Autostunden von dem, auf Klippen und Sandstrände treffenden Ozean entfernt. Von den 250 Stränden ähnelt kaum einer dem anderen, denn sie sind von weißem Sand, Dünen, groben Kiesel und steilen, senkrechten Klippen gekennzeichnet. Das Wasser kann abschreckend kalt, aber auch warm sein und zum Schwimmen einladen, und 71 der Provinzparks haben Strandzugang. Neu-Schottland ist auch eine kleine Insel mit großem Herz, mit schottischen Wurzeln, Farmland, Wäldern, lieblichen und wilden Landstrichen. Es gibt verträumte Buchten, das Anapolis Valley, dessen Äpfel schon seit 1882 in England beliebt sind, einsame Fischerdörfer, eine Südküste mit 32 Leuchttürmen, Hummerfang und sympathische, nette Menschen, die ihre Musik auch als Sprache ansehen, und die jährlich im Juli (2013 zum 150. Male) zu Antigosh nach schottischer Tradition ihre „Highland Games“ mit Dudelsack und Tänzen oder zu Shediac das große Lobsterfest feiern.
Vom Cape North auf Cape Breton Island, das den kleinsten Teil der Provinz ausmacht, bis an die südlichste Spitze am Cape Sable streckt sich „Neu Schottland“ über 600 Kilometer. Die größte Fläche liegt auf der südlichen Halbinsel, die mit dem Nachbar New Brunswick nur durch eine schmale Landenge verbunden ist. Als Besonderheiten gelten die 300 Kilometer lange Panoramastraße Cabot Trail, das Sherbrooke Village, das Besuchern einen Blick in vergangene Zeiten erlaubt, das von der UNESCO geschützte Lunenburg, die französische Festung Louisbourg als lebendiges Freilichtmuseum und die Bay of Fundy mit ihren Walen, 200 Meter hohen Klippen und dem höchsten Tidenhub der Welt. Diese 12 Meter Unterschied werden in der Chignecoto Bay, einem schmalen, langen Ausläufer der Bay of Fundy, noch um drei weitere übertroffen.
Aller sechs Stunden lässt er dann Flüsse optisch rückwärts fließen oder Boote auf dem Trockenen sitzen und gibt nebenbei auch noch 100.000 Acker roten Meeresboten zum betreten frei, wo sich Stunden vorher noch Wale tummelten. Die Provinz ist mit Hunderten von Seen und Flüssen, oder an Küstenabschnitten, wie sie entlang der Northumberland Strait und an der Ostküste zu finden sind, auch ein Paradies für Paddler und Segler, doch kommen auch Surfer, Wanderer und Radfahrer nicht zu kurz. Bequem finden es Letztere auf der Lighthouse Route zwischen Halifax und Yarmouth, während die Evangeline und Gloosscap Trails spektakuläre Aussichten auf die Bay of Fundy bieten. Und je mehr dabei das Land vom Cape Chignecto ansteigt, desto stärker wird die Anstrengung belohnt.
Auf Cape Breton lockt der Cabot Trail besonders Motorrad- und Autofahrer an, während der Wanderer fast überall seiner Leidenschaft nachgehen kann. Auf Cape Breton sind es der Highlands National Park mit Millionen Jahre altem Gestein und dem steilwandigen North River Canyon, der sich ins Inland gegraben hat, und sein Fluss, der Neuschottlands höchsten Wasserfall 35 Meter in die Tiefe schickt, während im Süden der Kejimkujik Nationalpark einlädt. Der mit 4.200 Hektar größte Park des Landes ist der Cape Chignecto Provinzpark, der 28 Kilometer Küstenlinie mit tiefen Tälern, altem Wald und einem guten Wegesystem schützt. Wer im Vive Island Provincial Park (nordwestlich von Thuro) unterwegs ist, blickt auf die Bay of Fundy und Sandsteinformationen, die noch aus einer Zeit stammen, als es hier ähnlich warm war, wie im heutigen Arizona. Neben Elchen und Schwarzbären, zwei der 55 ansässigen Säugetierarten, sind auf Nova Scotia auch viele Vögel zu Hause, residierend oder nur vorübergehend, denn auch die Atlantik Flugroute berührt dieses Land. Und als einer der besten Beobachtungsplätze der möglichen 445 Arten gilt hier unter Liebhabern das an der Südspitze der Halbinsel liegende Cape Säble Island.
Aus der Hauptstadt heraus hatten wir uns gestern in Dartmouth gegen den besseren, in Musquodoboit Harbour endenden Highway 107 und für die Nr.7 entschieden, die dort holpernd ihre ersten Kilometer als „Marine Drive“ hinter sich bringt; ohne Grand Hotels, aber mit Küstenschönheit, Salzmarschen, rollenden Hügeln, kleinen Fjorden und lohnenden Seitenstraßen. Diese, durch tief eingeschnittene Küste nach Nordosten kurvende Straße wollten wir unbedingt befahren und hier und dort auch einen kleinen Abzweig oder Umweg mitnehmen. Zu verträumten, abseits liegenden Fischerdörfern mit ihren farbenfrohen Booten in kleinen Häfen oder, wie bei Musquodoboit Harbour, über die East Petbeswick Road zum Martinique Beach Provincial Park, der mit Dünen und Nova Scotias längstem Sandstrand (fünf Kilometer) lockt. Und natürlich wollten wir auch an einer der wildromantischen Strandbuchten wieder unseren Kaffee kochen, worauf spätestens die Gegend um Jeddore Oyster Pond und der Blick auf die lange Bucht von Ship Harbour einstimmt und unzählige weiße Bojen darauf hinwiesen, dass dort eine der größten nordamerikanischen Muschelfarmen ihre Existenzgrundlage hat. Das dazwischen liegende, zum Clam Harbour Beach führende Seitensträßchen würde sich nur Mitte August lohnen, wenn es beim Festival Kunstwerke aus Sand zu bewundern gibt, heute jedoch nicht. Kurz hinter Tangier, wo zwischen 1860 und 1890 Nova Scotias erstes Gold gefunden wurde – heute gilt es als erstklassige Kajak-Destination – fanden wir in Spry Bay im Wald unseren ersten Campingplatz auf dieser Reise und freuten uns am Lagerfeuer, dass wir gut angekommen sind und in den nächsten Wochen wieder der Weg das Ziel ist. Morgen steht zunächst das „Sherbrooke Village“ auf unserem Programm, das ein lebendes historisches Museum und die am meisten besuchte Attraktion am Marine Drive ist. Danach werden wir landeinwärts über die „7“ zur Westküste nach Antigonish rollen und dort auf der „104“ ostwärts zum Cape Breton Island unsere Fahrt fortsetzen. Vorher statten wir aber der steinernen und katholischen St.Ninian’s Cathedral in der Stadt noch einen Besuch ab, die nach siebenjähriger Bauzeit am 13.9.1874 eingeweiht wurde und 1.500 Gläubigen Platz bietet. Ihre Orgel kam einst aus Boston, die Glocken aus Dublin, und an der Frontseite zieren sie zwei viereckige Türme, die sich ernst und mit mehreren Fenstern 38 Meter himmelwärts recken.
Sicherheitshalber werfen wir beim nächsten Frühstück noch einen schnellen Blick in den Reiseführer und lesen erneut nach, was uns an Besonderheiten erwarten würde, blieben wir bis ans Ende der Strait of Canso auf dem Marine Drive: Richtung Canso, dem Städtchen am östlichen Ende der Chedabucto Bay, wird die Szenerie mit tiefen Fichtenwäldern, Sümpfen, Wildblumen, Akadier-Dörfer und Granitblöcken etwas „wilder“; Isaac’s Harbour, dessen hohe Kirchturmspitzen sich in der tiefen Ozeanbucht spiegeln, gilt als Bilderbuchort; im Tor Bay Provinzpark (Picknickplätze, Trails, Sandstrände) erinnert eine Plakette daran, dass 1875 hier die erste Transatlantische Telegrafenleitung das Festland Nordamerikas erreichte, während der heutige Ort Canso mit seiner Gründung von 1605 zu den ältesten Siedlungen des Landes gehört. Das kleine Canso Island nutzten schon vorher französische Fischer als Camp, doch wurde das grüne Inselchen im Krieg zwischen England und Frankreich 1744 ziemlich ramponiert. Der Marine Drive zieht dann entlang der Chedabucto Bay, wo am Aussichtspunkt in Halfway Cove an Prince Henry Sinclair von den Orkney Inseln erinnert wird, von dem man annimmt, dass er schon 100 Jahre vor Columbus, 1338, einer der ersten Transatlantik-Reisenden gewesen ist. Guysborough, am Ende der Bucht, und Mulgrave wären die letzten Stationen, um den Trans-Canada (104) wieder zu erreichen. Diese „Kurve“ hat uns jetzt jedoch ebenso wenig überzeugt, wie schon vor einigen Monaten bei der Ausarbeitung dieser Tour, und somit folgen wir dem Marine Drive und seiner zerklüfteten Küste nur noch bis dorthin, wo die „7“ nach Norden und Sherbrook abbiegt. An Liscombe und Golden Ville kann man durchaus auch vorbeifahren. Ersteres ist mit seinen Stromschnellen im gleichnamigen Fluss eher für Paddler interessant, doch können sich auch Touristen auf den wenigen Kilometern, die der Rivertrail offeriert, die Füße vertreten und Hängebrücke, Wasserfall und Fischleiter erkunden. Golden Ville hatte seine Tage hinter sich, als 1941 die Mine geschlossen wurde und von den einst 1.000 Einwohnern fast alle abwanderten. Immerhin blieb das alte Haus des Minenmanagers unterhalb der Kirche erhalten, in der auch ein kleines Museum an die alte Zeit erinnert.
Sherbrooke Village ist ein lebendiges und schönes historisches Museum, ein Dorf, belassen wie es einst war, teils rekonstruiert und mit dem Flair des 19.Jahrhunderts ausgestattet, als der Ort mit den ausgedehnten Waldbeständen zwischen 1860 und 1890 durch Holz, Sägemühlen, Schiffsbau und Goldminen boomte. Die einstigen Dorfbewohner zogen fast alle aus und ließen sich nebenan im neuen Ort nieder, der, benannt nach dem einstigen königlichen Administrator von Nova Scotia, neben 400 Einwohnern auch eine Lodge und Restaurants zu seinen Neuerungen zählt, während im St.Mary’s River noch immer Lachse in ihrem Geburtsgewässer laichen. Auf schattigen Wegen bummeln wir in Sherbrooke Village durch ein vergangenes Jahrhundert. Die 36 Gebäude mit Gericht, Postamt, Kirche, Cumminger’s Store, Apotheke, kleinen weißen Holzhäusern und ansehnlicheren für die damalige Prominenz, Gefängnis, Hotel, Schneider, Schmied, Druckerei, Schreinerwerkstadt, Schule, Farm oder Sägemühle laden ebenso ein, wie authentisch gekleidete Bewohner, die nicht nur für „Atmosphäre“ in der zurückgedrehten Zeit sorgen, sondern auch von jener berichten oder alte Handwerkstechniken zeigen. In der Apotheke wird aus Bor, Rosenwasser und Mineralöl eine einst gängige Handcreme gemixt, anderswo wird gebuttert, geschustert, aus Flachs Leinentuch gewoben, dem Stellmacher, Klöpplerinnen, Druckern, Töpferern, Seifenund Kerzenmachern über die Schulter gesehen, oder beim Schmied „gelernt“, wie dieser alte Wagenräder beschlägt oder glühendes Eisen zu Pflugscharen und Hufeisen formt. Zusätzlich sorgen auch Pferdegespanne und kostümierte Guides für Zeitgeist, und selbst das am Eingang platzierte Kunsthandwerksgeschäft hat altes Kolonialwarenladen-Flair. Vor der Weiterfahrt verdient noch die Sherbrooke Mill einen kurzen Besuch, die in unmittelbarer Nähe mit Wasserkraft – das Nass kommt über einen kleinen Kanal vom Sherbrooke Lake und fließt in den St.Mary’s River ab – die Säge treibt und demonstriert, wie und was damals aus den geschlagenen Baumstämmen entstand.

Im Sherbrooke Village wird die alte Zeit erhalten und von mehr als 100 „Bediensteten“ vorgelebt.
In Antigonish, ein nettes Städtchen schottischen Ursprungs mit kleiner Universität, der Kathedrale und den alljährlichen Highland Games machen wir eine kurze Pause um den 5.000-Einwohnerort etwas näher kennen zu lernen, ehe wir nach Osten abbiegen und durch liebliche Landschaft mit Mischwald, Seen, kleinsten Orten und landwirtschaftlich genutzten Flächen weiterfahren und uns der 1955 eröffnete Canso Causeway hinüber nach Port Hastings auf die Insel bringt. Diese 1.370 Meter lange Konstruktion gehört zu den tiefsten Dammbrücken der Welt, und seine Mauern reichen bis 66 Meter hinab in den Meeresgrund. Vor 11.000 Jahren, als der Meeresspiegel wesentlich niedriger war als heute, hätte man sie gar nicht gebraucht, sondern trockenen Fußes nach Cape Breton Island weitermarschieren können. Neben dieser Landverbindung wurde auch eine Schleuse geschaffen, die den Schiffsverkehr zwischen Atlantik und dem Golf von St. Lawrence regelt.
Cape Breton Island, das sind Berge, alte Wälder, Tundra, wilde Orchideen, Seen, steile Klippen, stürmische Küsten und stille, einsame Buchten; fast 1.000 Kilometer Küstenlinie, Fischerdörfer, Hochland und Schluchten; Hummer, Fisch, Elche, Schwarzären, Coyoten, Weißkopfseeadler und Wale; traditionelle Kulturen der Schotten, Akadier und Mi’kmaq-Indianer; das Seglerparadies „Bras d’Or Lakes“, Wanderwege, Wasserfälle, Golfplätze, die Panoramastraße „Cabot Trail“, der einsame Cape Breton Island National Park, die Stadt Sydney und das historische, französische Fort Louisbourg. Das alles wollen wir uns in den nächsten Tagen ansehen, hier und dort kleine Wanderungen unternehmen und anschließend nach Neufundland übersetzen. Auf der Insel angekommen verlieren wir den Trans-Canada Highway und landen auf der „4“, die, weil geflickt und strapaziert, rumpelnd nach St.Peter’s zieht und uns auf der Südseite des Bras d‘ Or Lakes nach Norden bringt, während der TCH seinen Weg westlich des St.Patricks Channels Richtung St.Anns Bay sucht, ehe er westwärts dreht, um North Sydney zu erreichen. St.Peter’s, das sich mit einem schmalen Landstreifen zwischen See und Atlantik begnügen muss, wurde als San Pedro von portugiesischen Fischern gegründet, und sein St.Peters Canal ist als einziger Kanal in Atlantic-Canada historisch geschützt. Aber schon lange vor der ersten Besiedlung von „Saint-Pierre“ in den 1630er Jahren, trugen auch hier die Mi’kmaq Indianer ihre Kanus schon über diese schmale Landenge. Hier kann man sich für die Fahrt nach Norden auch noch für den Heur-de-lis-Trail entscheiden, der über insgesamt 220 Kilometer an der südlichen Ostküste der Insel nach Louisbourg zieht und bereits am Canso Causeway begann. Dieser hätte auch den Ceilidh Trail erlaubt, der an der Westseite am Meer nach Margaree Harbour führt und neben Buchten, Klippen und Farmland auch Orte mit schottischen Wurzeln wie Craigmore, Inverness oder Glenora berührt, wo Namen wie McKinnen oder McLoyd häufig auftreten. Geprägt wird diese Gegend auch von 300 hohen Küstenhügeln und dem im Inland liegenden Lake Ainslie, Neuschottlands größtem Süßwassersee, mit der traditionellen und restaurierten Siedlerfarm „Mac Donald House. Wir bleiben jedoch weiter auf der „4“, folgen dem Südufer des Bras d’Or-Sees und ziehen weit nach 21 Uhr und 333 Tageskilometern zu Ben Eoin den Zündschlüssel aus dem Schloss.
Die Uferstraße, die sich als „Bras d‘Or Lakes Szenic Drive“ im Herzland der Insel um das Gewässer schlängelt, wo Berge, Wald, Wiesen, Farmen, Dörfer und abwechselnde Panoramen das Gesamtbild zeichnen, war auf dem von uns bisher befahrenen Teil eine angenehme Strecke mit schönen Aussichtspunkten, doch ist der See durch angrenzenden Privatbesitz nicht überall zugänglich. Traditionell ist das Gebiet auch die Heimat von Nova Scotias Mi’kmaq-Indianern, die heute in vier Reservaten rund um den See leben, mit Ende der letzten Eiszeit in die Atlantik Provinzen kamen und als geschickte Jäger und Handwerker ein halbnomadisches Leben führten. Eine eigene Sprache brachten sie nicht hervor, sondern ritzten nach der Heimkehr von ihren Jagdzügen Gesehenes und Erlebtes in Stein, um es den Kindern und Daheimgebliebenen zu lehren und zu erklären. Schöne Blicke gibt es auch im Ben Eonin Provinzpark, in dessen Nähe die Aussichtsstraße zurückschwingt, die Landzunge umkurvt und den Buchten folgt, während die „4“ nach Norden weiterzieht. Wer jene wählt und die Barre Strait Brücke hinter sich lässt, um nach Iona abzubiegen, kann im Highland Village Museum 200 Jahre schottische Siedlungsgeschichte verfolgen, gällische Aktivitäten erleben und zehn renovierte historische Gebäude besuchen. Sehr beliebt ist der buchtenreiche große See auch bei Seglern, die seine nebelfreien Gewässer schätzen, während die mehr als 200 Paare der hier heimischen Weißkopfseeadler wohl eher durch das reichliche Nahrungsangebot verwöhnt sind.
Als wir auf unseren Campingplatz am See rollten, gähnte dort absolute Leere, denn wegen der frühen Jahreszeit ist er in dieser Woche offiziell noch geschlossen. Dennoch können wir bleiben, denn bei „Roadtraffic“ macht man eine Ausnahme, sogar mit Strom- und Wasseranschluss und dem Zusatz: „Wenn ihr etwas braucht, kommt einfach rüber zu mir“, so die Dame am Empfang, die heute aber keinen weiteren „Durchgangsverkehr“ mehr abfertigen muss. Freundlich war nach kalter Nacht auch der nächste Morgen, an dem die kleinen Wellenkämme friedlich in der Sonne glitzern und wir einem herrlichen Tag entgegensehen, der uns nach Sydney, zum Fortress of Louisbourg und, am späten Abend, noch nach North Sydney bringen soll, wo morgen früh unsere gebuchte Fähre nach Neufundland ablegen wird. Die Fahrt Richtung Norden führt durch liebliche Landschaft, in deren Mischwäldern das Grün der Birken hell glänzt und die kurzen Äste der Nadelbäume auffallen. Ab und an huschen eine Farm mit Rindern, kleine Häuser, Seen oder herrschaftliche Anwesen mit parkähnlichen Grundstücken am Autofenster vorbei, mit Blumen im englischen Rasen oder im geschmiedeten Eisentor. In Sydney führt die „125“ südostwärts und der Ausgang „8“ zur „22“, die uns nach 30 Kilometern in Louisbourg ankommen lässt. Das städtische Sydney, nach Halifax und Dartmouth drittgrößte Stadt dieser Provinz, ist das industrielle Herz der Insel, wurde 1785 von Col. J.F.W.DesBarres gegründet und zunächst von Loyalisten aus dem Staat New York besiedelt, ehe 20 Jahre später Schotten aus den heimischen Highlands einwanderten. Reich wurde die Stadt durch riesige Kohlevorkommen und nachfolgende Stahlwerke. Das erste „feste schwarze Gold“ wurde in den 1720er Jahren zu Port Morien gefördert, doch erst als die „General Mining Association of England“ 1829 ihre Mine zu Dominion eröffnete, wurde Kohle zu einem wichtigen Industriezweig der Region. In den späten 1800ern kam Stahl hinzu, und an der Wende des Jahrhunderts war das neue Werk der „Dominion Steal and Coal Company“ in Sydney das größte in Nordamerika. Tourismus und Freizeit sind modernere Trendsetter im wirtschaftlichen Leben und das Fort einer der Hauptanziehungspunkte.
„Fortress of Louisbourg“ ist ein Schritt zurück in die Vergangenheit. Genauer gesagt, in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, als Louisbourg einer der geschäftigsten Seehäfen Nordamerikas war, als auch der größte Stützpunkt Frankreichs in der Neuen Welt und wohlhabende Hauptstadt der „Ile Royale“ (Cape Breton Island). Heute steht die Festung für Nordamerikas größte historische Rekonstruktion, nachdem die Ruinen des 1760 von den Briten zerstörten Forts lange Zeit den Kräften der Natur ausgesetzt waren. Erst in den 1960er Jahren wurde ein Viertel des ursprünglichen Louisbourg in akribischer Kleinarbeit wieder aufgebaut, und heute schlagen innerhalb der massiven Steinmauern das Jahr und das Leben dieser französischen Stadt von 1744. Kostümierte Waschfrauen, Soldaten, Schmiede, Brotverkäufer, Edelmänner, Handwerker und Musikanten gehen ihren täglichen Geschäften nach und erfüllen die Straßen mit Leben, wie Kommandos den Exerzierplatz. Zusätzlich laden zahlreiche Gebäude ein, sich in der Vergangenheit umzuschauen, so das Kings Storehouse, Unterkünfte von Arbeitern und Soldaten, Häuser von wohlhabenden Händlern und reichen Ansässigen, Bäckereien oder Restaurants der „lower“ und „upper class“, mit entsprechenden Gerichten und Tischmanieren. Sehr beeindruckend ist im Admin-Building auch ein großes Gemälde, das das Leben im Fort in jenen Tagen meisterhaft darstellt: Im Hafen liegen viele Schiffe, kleine und Ozeansegler, die ent- oder beladen werden, nur schweigsam ankern oder vor den Hafenmauern auf ihre Einfahrt warten. Im Fort selbst herrscht Hochbetrieb, mit Pferdegespannen und Ochsenkarren, Säcke schleppenden Männer, Frauen und Kindern, die ihrer Wege gehen, feilschenden Händlern, marschierenden Soldaten oder elegant gekleideten Herrn, die mit einer Zeitung unter dem Arm ihrem Ziel zustreben oder Zigarre rauchend im Straßen-Café das Geschehen betrachten. Jeder hat hier seinen Platz und man glaubt, dass das Bild lebt. Der Bummel durch das Fort ist interessant und einer durch eine alte, französisch geprägte Zeit, die hier am Leben erhalten wird. Sei es durch die restaurierten Gebäude, eine Klöpplerin, Kanonen, Restaurants, die Militärbäckerei, in der man eine „Soldatenration“ kaufen kann, oder das moderne Informations-Center, dessen Multimedia-Shows auch darüber aufklären, dass Frankreich, als es 1713 (Friede von Utrecht) seine akadischen Kolonien an Großbritannien abtreten musste, nur noch die „Ile Royal“ behalten durfte. Eingeklemmt zwischen den britischen Hoheitsgebieten Neuschottland und Neufundland war die Lage jedoch eine heikle, sodass die Franzosen 1719 mit dem Bau der Festung begannen, die die Briten 1745 einnahmen, beim Frieden von Aachen (1748) wieder zurückgaben und es zehn Jahre später endgültig eroberten. Im zugehörigen Park und im neuen Louisbourg lässt sich ebenfalls gut bummeln, und ein Foto vom Fort bietet sich am Lighthouse Point an, wo einst Kanadas erster Leuchtturm stand. Die 250 Gebäude, die meisten aus Holz, die zur Blütezeit in der Garnisonsstadt und Festung standen, bekommt man heute zwar nicht mehr aufs Bild, denn von der einstigen Größe des Forts – es wurde nie richtig fertig, weil die Baukosten ins Unermessliche stiegen – wurde nur ein Viertel für die Nachwelt wieder errichtet. In der Nordamerikanischen Geschichte der Briten gehört es ganz sicher auch zu den dunklen Punkten, dass sie damals nicht wenige Akadier auf Schiffe gezwungen und in die Carolinas und andere US-Staaten deportierten. Viele dieser gewalthaft Vertreibenden kamen später in ihre neugewählte Heimat auch wieder zurück, und der Wind, das Meer, das Licht, die Farben und die Zeit ließen jene traurigen Tage langsam verblassen, nicht aber vergessen. Heute ist Nova Scotia ein raues, aber friedliches Stück Erde, und seine Menschen, deren Wurzeln in Schottland, Frankreich, Deutschland, der Schweiz oder anderswo zu finden sind, sind nach wie vor traditionsbewusst, aber sie sind auch Kanadier und leben ihre Träume in Freiheit und Toleranz.
Auf der Rückfahrt von Louisbourg nutzen wir die Küstenstraße nach Main-a-dieu und weiter über Mira zur Glace Bay. Hier könnte man die Führung zu einem Kohlestollen unter dem Ozean wahrnehmen, doch wir müssen unsere Tickets für die Überfahrt abholen und fahren direkt weiter nach North Sydney zum Fährhafen. Dort gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht: Die gebuchte Fähre, morgen früh 9 Uhr, hat gefährliche Fracht an Bord und darf keine Fahrzeuge laden. Und weil das so ist, gibt es den vollen Fahrpreis zurück und eine kostenlose Überfahrt morgen Nacht 24 Uhr. Und das heißt, dass wir den Capot Trail schon morgen ins Programm nehmen und jetzt zum Campingplatz „Arm of Gold“ fahren, der ganze zehn Minuten vom Fährterminal entfernt und gut ausgestattet ist. Und dort beginnt der neue Tag grau und diesig, als wir schon vor sechs Uhr auf der „105“ den nach dem großen Seefahrer John Cabot (Giovanni Caboto) benannten kurvigen und spektakulären Weg entgegen des Uhrzeigers ansteuern. In den 1930er Jahren eröffnet, zieht die Panoramastraße im Osten entlang der Cabot Strait, wird im Westen von der Steilküste des Golfs von Sankt Lorenz begleitet und kurvt um die felsige Nordküste durch Hochland. Einsam und hoch über den Klippen, oder unten am Meer entlang, auf und ab, oder geruhsam über das Plateau des rauen, windigen und menschenleeren Nordens, wo sich der Highlands Nationalpark mit Tundra, Sümpfen und Wäldern schweigsam in einer kargen Gegend ausbreitet. Im Westen kurvt der Highway an den Bergen entlang, die sich hoch über dem schimmernden Wasser des Gulf of St.Lawrence erheben, in dem hier und dort die Atem-Fontainen der Wale und Weißkopfseeadler zu sehen sind, die die Aufwinde für ihre Kreise über der rauen Küstenlinie nützen.
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