Kitabı oku: «Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945», sayfa 4
2.2 Erste Republik 1918–1933
Der Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie bedeutete für die meisten Nachfolgestaaten die Erfüllung des lange gehegten Wunsches nach territorialer und politischer Selbstständigkeit. In Österreich wurden diese Veränderungen großteils als Schock empfunden und die Reaktionen waren zwiespältig. Für viele Aristokraten und im bürgerlichen Lager waren diese Umwälzungen mit einem statusmäßigen und materiellen Verlust verbunden, unter der Arbeiterschaft jedoch herrschte zumindest anfänglich Aufbruchsstimmung.47 Dieser scharfe gesellschaftliche Kontrast prägte die am 12. November 1918 ausgerufene Republik.
Im neuen Österreich gab es nun den Wunsch des „Zusammengehens“ mit Deutschland. Der am 10. September 1919 unterzeichnete Friedensvertrag von Saint-Germain gab dem neuen Staat den Namen „Republik Österreich“ und beinhaltete ein Anschlussverbot an Deutschland. Allerdings war damit das Thema einer „Annäherung“ an Deutschland oder die Schweiz in Österreich keinesfalls vom Tisch. Denn nun kamen die Anschlussforderungen nicht aus der Bundeshauptstadt Wien, sondern aus den Bundesländern.48
In Vorarlberg gab es einige wenige Jahre hindurch eine starke Gruppierung, die für den Anschluss an die Schweiz eintrat.49 In Vorarlberg, Tirol und Salzburg wurde in Volksabstimmungen eine sehr hohe Zustimmung für den Anschluss an Deutschland erreicht. In Tirol plädierten am 24. April 1921 98,8 % der Wähler für den Zusammenschluss.50 Die Stimmung in Salzburg, Oberösterreich und in der Steiermark war vergleichbar. Die Bundesländer wollten weg vom „roten“ Wien. Abstimmungen in Oberösterreich und in der Steiermark wurden aber nicht mehr gestattet.51
Die Konflikte zwischen den zwei großen, sich in einer weltanschaulichen Polarität befindlichen politischen Lagern Österreichs, den Christlich-Sozialen und den Sozialdemokraten, sollte die weitere Geschichte des Staates – besonders nach den Geschehnissen rund um den Justizpalastbrand im Juli 1927 – bestimmen. Als drittes politisches Lager in Österreich müssen die Großdeutschen und Deutschnationalen angeführt werden. Die wachsende Feindschaft zwischen Christlich-Sozialen und Sozialdemokraten zeigte sich am deutlichsten in der Aufstellung bewaffneter Verbände: auf der einen Seite die Heimwehr der Christlich-Sozialen, auf der anderen Seite der Schutzbund der Sozialdemokraten.52
Aufgrund der sich aufheizenden politischen Situation nach dem Justizpalastbrand 1927 kam es zur verstärkten Militarisierung der Verbände und schließlich im Februar 1934 zum Bürgerkrieg.53
2.2.1 Wirtschaftliche Situation
Die wirtschaftliche Situation im neuen Staat Österreich war nach dem Ende des Ersten Weltkrieges schwierig. Besonders angespannt war die Situation in Wien, wo es an der Versorgung mit den dringend benötigten Kohle- und Lebensmittelrationen mangelte. In direktem Zusammenhang mit der in Wien herrschenden Lebensmittelnot stand der blühende Schleichhandel. Im Jahr 1919 gab es erste große Lebensmittellieferungen seitens der Siegermächte in Form der „Reliefkredite“.54 Daraufhin entspannte sich die Situation für die Bevölkerung etwas.55
Die anhaltend schlechte Wirtschaftslage, die damit einhergehende Inflation und der Währungsverfall führten im Jahr 1922 zur Hyperinflation. Dies hatte gravierende Folgen für die Bevölkerung, da die Preise dramatisch stiegen. Der Staat befand sich ebenfalls in einer sehr schwierigen Lage, da er, um die Lebenshaltungskosten niedrig zu halten, 1920/21 bereits 59 Prozent der Staatsausgaben für die Stützung von Lebensmitteln verwendete. Die Regierung schmiedete zwar Sanierungspläne, aber alle Lösungsversuche blieben wirkungslos und Bundeskanzler Seipel setzte auf Hilfe aus dem Ausland.56
Ignaz Seipels Bemühungen waren erfolgreich und am 4. Oktober 1922 erhielt Österreich die sogenannte „Völkerbundanleihe“ in Höhe von 650 Millionen Goldkronen – sehr zum Ärger der Sozialdemokraten, die die vom Völkerbund geforderte partielle Entmachtung des Parlaments und die Kontrolle durch einen Generalkommissär nicht mittragen wollten.57
Die wirtschaftliche Situation Österreichs besserte sich danach langsam und am 1. Jänner 1925 trat das Währungsumstellungsgesetz zur Umstellung von Kronen auf die neue Währung Schilling in Kraft. Der Wechselkurs war 10.000:1, für 10.000 Kronen erhielt man also einen Schilling.58
Die wirtschaftliche Entspannung hielt bis Ende 1929 an, einen Beitrag dazu leistete das Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien. Im Zuge des Zusammenbruchs der Boden-Credit-Anstalt und der hereinbrechenden Weltwirtschaftskrise kam es erneut zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft. Die Wirtschaftslage blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kritisch.59
Eine weitere Besonderheit der Zeit war die Hinwendung der Bundesregierung zur Landwirtschaft. Der immer deutlicher werdende „agrarische Kurs“ der Regierung verunsicherte die Gewerbevertreter und so kam es ab Herbst 1931 im gesamten Gewerbestand immer wieder zu Protestaktionen. Ein Grund dafür – neben der politisch-ökonomischen Krise – lag in der Art und Weise der CA-Sanierung60 und im Hinausdrängen gewerblicher Berufsvertreter aus politischen Entscheidungspositionen.61
Wirtschaftskrise und Gartenbau
Die schwierige wirtschaftliche Situation des Landes spiegelte sich in der katastrophalen ökonomischen Lage im Gartenbau. Rufe nach Änderungen und neuen Strategien wurden laut.
„Die letzten Jahre änderten die wirtschaftlichen Verhältnisse in einschneidendster Weise und es ist nur natürlich, daß jeder Stand trachten muß, sich ihnen schnellstens anzupassen. Der Versuch, das Alte zu erhalten, das Anklammern an Ueberholtes, an überalterte Phrasen ist wertlos, ein neuer Weg muß beschritten werden.“62
Dies prophezeite „Ignotus“ 1924 seinen Berufskollegen. Die geforderte Anpassung fand aber nicht in dem Ausmaß und der Geschwindigkeit statt, die zur wesentlichen Verbesserung im Berufsstand beigetragen hätten.
Auch in Deutschland wurde die schlechte Entwicklung des österreichischen Gartenbaus beobachtet. Die Zeitschrift „Die Gartenwelt“ vermerkte 1924:
„Während der Bedarf an Ware beinahe schon den der Vorkriegsjahre erreicht hat, ist die Produktion auf ein Bruchteil der Vorkriegsleistung gesunken, und es ist keine Aussicht, daß sich die Produktion heben wird. Die Ursache dieser Erscheinung ist wohl hauptsächlich in dem Mangel an flüssigen Kapitalien zu suchen. Infolgedessen werden so hohe Zinsen gefordert, daß Betriebe, die wie Gärtnereien nur eine mäßige Verzinsung aufbringen, überhaupt kein Geld bekommen können. Man muß in Oesterreich mit einem Zinssatze von 50 bis 60 % rechnen. – In Wien sollen hauptsächlich leistungsfähige, mittelgroße Spezialgeschäfte fehlen, bei denen man zuverlässig gute Ware bekommt.“63
Ein Großteil der Gartenbaubetriebe (die meisten davon Gemüsebetriebe oder gemischte Betriebe) waren Kleinstbetriebe. Spezialisierte Betriebe, z. B. Baumschulen oder Staudengärtnereien, kamen selten vor – eher im städtischen Umfeld. In den ländlichen Gebieten gab es kaum Spezialisierung. In diesen gemischten Gärtnereien konnte man Gemüsepflanzen, Blumen, Sträucher und auch Obstbäume erwerben, gartenpflegerische Arbeiten wurden ebenfalls ausgeführt.
Ein weiteres wirtschaftliches Problem für den heimischen Gartenbau stellten die steigenden Importe – nicht nur von Gemüse, sondern auch von Zierpflanzen – dar. So erhöhten sich die Importe im Vergleichszeitraum (4. Quartal 1926 und 4. Quartal 1927) von 10.380 Zentner auf 17.181 Zentner, also ein Anstieg um rund 70 % in einem Jahr.64
Tabelle 1: Importe von gartenbaulichen Produkten im Vergleich.65
Waren | Einfuhr im Jahr 1923 gesamt | Einfuhr im 4. Quartal 1926 | Einfuhr im 4. Quartal 1927 |
Angaben in Zentner (1 Zentner = 100 kg) | |||
Karfiol | - | 3.455 | 4.993 |
Gurken | - | 726 | 3.597 |
Melonen | - | 100 | 289 |
Zierblumen, frisch | 799 | 498 | 932 |
Zierblumen, getrocknet | 128 | 64 | 125 |
Palmen, Lorbeer und dgl. | 765 | 1.309 | 2.175 |
Blütenpflanzen | 179 | 43 | 440 |
Blumenzwiebeln | 337 | 526 | 748 |
Forstpflanzen | 368 | 135 | 156 |
Bäume und Sträucher | 2.812 | 3.524 | 3.726 |
Summe | 5.388 | 10.380 | 17.181 |
Diese großteils gemischte Betriebsweise der Gärtnereien wurde von vielen als Ursache für die Rückständigkeit des österreichischen Gartenbaus gesehen.66 Der Grazer Gärtner Franz Steyskal erblickte auch in den ärmlichen Verhältnissen der Betriebsgründer und der unglücklichen Nachfolgerwahl der Betriebe ein Problem:
„Betrachten wir das Werden und Vergehen unserer meisten Gärtnereien, so müssen wir feststellen, daß die meisten Gärtner unter ärmlichen Verhältnissen ihre Existenz gründen. Die Mittel reichen meist kaum zum Ankauf eines Grundstückes und der notdürftigsten Einrichtung oder einer Pachtung. Die Arbeiten werden und müssen in der Hauptsache von der Familie selbst geleistet werden, häufig ist gerade diese schwere Anfangszeit auch die Zeit des Kindersegens und so entsteht unter größter Mühe und persönlicher Aufopferung eine Gärtnerei mit 2 Glashäusern und 200 Fenstern. […] Ist der Sohn geistig veranlagt, dann wird alles aufgeboten, um den Jungen studieren zu lassen, hat er aber nicht die Eignung, dann soll er eben einen anderen Beruf lernen, denn kein Beruf ist so undankbar wie die Gärtnerei. Ist der Junge aber für alles andere ungeeignet, dann muß er eben dem Vater helfen. Ist aber die Familie in misslichen Verhältnissen, was meistens bei Pachtungen der Fall ist, wird die Berufsfrage überhaupt nicht angeschnitten und der Junge muß einfach im Garten mithelfen, um die meist kinderreiche Familie über Wasser zu halten. So sieht es mit den meisten Gartenbaukandidaten aus Gärtnerfamilien aus und die Folge davon ist, daß die Gärtnereien in 90 von 100 Fällen im Stadium des Klein- und Gemischtbetriebes stehen bleiben und wieder verfallen.“67
Ähnlich analysierte der Wiener Josef Stowasser, ein der Sozialdemokratie nahestehender Gärtner, seine Berufskollegen und gab folgenden Befund ab:
„Sehen wir uns die Betriebe an, so werden wir konstatieren müssen, daß fast in allen Fällen Mangel an Betriebskapital oder ungünstige Pachtverhältnisse, zumeist beides, die Betriebsinhaber zwingen, althergebrachte Methoden der Betriebsführung beizubehalten. Interessenlosigkeit, Anpassungsunfähigkeit, mangelhafte fachliche Kenntnisse, ungenügende kaufmännische Schulung, die vielfach anzutreffen sind, tragen allerdings zur Verschärfung der Lage bei, bilden aber kein unüberwindliches Hindernis einer Besserung, vorausgesetzt, daß es gelingt, günstige Kredithilfe und ein entsprechendes Pächterschutzgesetz zu erlangen.“68
Aufgrund ihres geringen Mechanisierungsgrades, ihrer veralteten Betriebsmethoden und des fehlenden Kapitals waren die Betriebe wenig konkurrenzfähig und die saisonale Überproduktion tat ihr Übriges zur Senkung der Preise.
Einige Vertreter der Gärtnerschaft sahen die Lösung der Probleme im wirtschaftlichen Anschluss an Deutschland, wie es der Rodauner Gärtner Egon Pollanetz formulierte:
„Jeder denkende Österreicher muß die gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit der größten Sorge verfolgen und sich fragen, wann und wie das Ende sein wird. Österreich ist ohne Anschluß an ein größeres Wirtschaftsgebiet nicht lebensfähig. Der Zusammenschluss von zwei bisher durch Zollgrenzen getrennten Staaten vollzieht sich immer unter wirtschaftlichen Krisen für manche Erwerbszweige. Speziell die Gärtnerschaft, welche ihre Betriebe nicht im Handumdrehen umstellen kann, wird gut daran tun, die Möglichkeit des Anschlusses im Auge zu behalten, und zwar jenen an das Deutsche Reich.“69
Andere Vertreter der Berufsgruppe erblickten die Lösung der wirtschaftlichen Probleme des Gartenbaus in einem höheren Spezialisierungsgrad und in der Planwirtschaft. Der Sozialdemokrat Josef Stowasser meinte dazu:
„Neben der geschwächten Kaufkraft der Konsumenten erblicke ich in der Planlosigkeit der Produktion die Hauptursache der andauernden Krise, die zu dem gegenwärtigen wirtschaftlichen Tiefstand des Erwerbsgartenbaues auf Wiener Boden geführt hat. Die Überproduktion vieler Gartenbauerzeugnisse bewirkt, daß diese zumeist unter dem Entstehungspreis verkauft, zum Teil überhaupt nicht abgesetzt werden, im günstigsten Fall teilweise mit einem Gewinn, der aber nicht ausreicht, den Betrieb vor dem wirtschaftlichen Ruin zu retten. […] Die Anarchie der Produktion muß zum Niedergang, zur Verelendung des Erwerbsgartenbaues führen, wenn nicht rasch und energisch zur Abwehr geschritten wird. […] Die Regelung der Produktion ist die einzige Möglichkeit der Hilfe. […] Die Regelung der Produktion ist gleichbedeutend mit der Organisierung der Planwirtschaft und diese bedingt die Spezialisierung. […] Die Spezialisierung vereinfacht die Betriebsführung und verbilligt die Produktionskosten. Unter dieser Voraussetzung sichert die Spezialisierung dem Erzeuger die natürliche Monopolstellung seiner Spezialprodukte und diese natürliche Monopolstellung bietet den wirksamsten Schutz der produzierenden Erwerbszweige des Gartenbaues.“70
Diese Analyse und der Lösungsvorschlag wurden von konservativen Vertretern der Wiener Gärtnerschaft zurückgewiesen und als Panikmache abgetan, die Redaktion obiger Zeitschrift wurde aufgefordert, „vorläufig alle theoretischen Ausführungen auf diesem Gebiete zurückzustellen“, und schließlich der Vorschlag eingebracht, die Sektion I der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft und die Wirtschaftsvereinigung der Gärtner mögen einen Fachbeirat einsetzen, um sich mit der Materie näher zu befassen.71
Im Herbst 1929 kam es zur „Großen Notstandskundgebung“ der österreichischen Erwerbsgärtner in Wien, mit der diese auf ihre schwierige Situation aufmerksam machten und staatliche Hilfen einforderten.72 Anwesend waren über 1.000 Gärtner und Vertreter von Parteien und öffentlichen Körperschaften.73 Die Gärtnervertreter forderten unter anderem massive finanzielle Staatshilfe, nämlich „1,000.000 Schilling Staatskredite zu einem niedrigen Zinsfuß mit einer 15jährigen Laufzeit“, Steuererleichterungen, Einfuhrbeschränkungen und die Regelung der „Zugehörigkeitsfrage“.74 Der Redner Franz Josef Böhm – er war Erwerbsgärtner, Zollreferent im Finanzministerium und Mitglied der Sektion I der ÖGG – führte in seinem Impulsreferat den Zuhörern die gestiegene Konkurrenz innerhalb der Berufsgruppe und die schwierigen Absatzverhältnisse vor Augen:
„In Österreich sind zirka 3000 Erwerbsgärtner, die mit ihren Familienangehörigen und Angestellten zirka 18.000 bis 20.000 Seelen zählen. Ich setze voraus, daß es bekannt ist, daß in den Gärtnereien alles arbeiten muß, jung und alt. Durch die schlechten Verhältnisse in der Landwirtschaft haben sich nun seit Kriegsende sehr viele Landwirte in der Nähe der größeren Städte dem Gartenbau zugewandt, die meisten ehemaligen Herrschaftsgärtnereien betreiben heute in irgend einer Form Erwerbsgartenbau, so daß man ruhig behaupten kann, daß in Österreich zirka 25.000 Menschen von Gartenbau leben. Der Gartenbau des heutigen Österreichs hatte vor dem Kriege mit dem heutigen Neuausland regen Geschäftsverkehr, der seit der Schaffung der neuen Grenzen durch geradezu phantastische Zollmauern unterbunden ist.“75
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, sprach eine Erwerbsgärtnerdelegation unter der Führung der christlich-sozialen Nationalräte Spalovsky und Volker beim Bundeskanzler Johann Schober vor und ersuchte um Unterstützung ihrer Anliegen, was dieser auch zusagte.76 Dieses Versprechen änderte aber nicht viel an der Lage der Gärtnerschaft.
Die hereinbrechende Weltwirtschaftskrise verschlechterte die ökonomische Lage der Gärtnereien zusehends.
Neben den steigenden Arbeitslosenzahlen im Gartenbau machte sich die Wirtschaftskrise auf Seiten der Arbeitgeber bemerkbar. Den Gemüseproduzenten fiel es schwerer, ihre Waren zu verkaufen, da die Zahl der potenziellen Kunden sank, eine Absatzkrise machte sich breit und trotzdem stiegen die Gemüseimporte aus den Nachbarländern – dies verschärfte die Lage für die heimischen Gemüsegärtner zusätzlich.77
Die Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre ging auch an den Gartenarchitekten nicht spurlos vorüber. Die Auftragslage war schlecht und viele der Gärtnereiinhaber und Gartenarchitekten mussten Ausgleich anmelden. Hier einige Beispiele von bekannten Gartenarchitekten:
Gartenarchitekt Wilhelm Debor:78
Ausgleich eröffnet: 09.12.1929 – beendet 30.04.1930
Ausgleich eröffnet: 04.05.1931 – beendet 12.10.1931
Gartenarchitekt Albert Esch:79
Ausgleich eröffnet: 26.09.1933 – beendet 19.02.1934
Gartenarchitekt Wilhelm Hartwich:80
Ausgleich eröffnet: 07.11.1931 – beendet 24.03.1932
Gartenarchitekt Wilhelm Vietsch:81
Ausgleich eröffnet: 26.10.1931 – beendet 23.03.1932
Selbst die weithin bekannte Rothschild-Gärtnerei in Wien litt an den Folgen der Weltwirtschaftskrise. Baron Alfons Rothschild war nach der erzwungenen Übernahme der Boden-Credit-Anstalt und der darauffolgenden Insolvenz seines Bankhauses, der Creditanstalt, gezwungen, die Kosten der Erhaltung der Gärten herabzusetzen, er musste Gärtner entlassen und Teile seiner Anlage auf der Hohen Warte schließen.82 Ein bis zu diesem Zeitpunkt als Reservegarten zur Verfügung stehendes Gelände sollte parzelliert und verkauft werden.83
2.2.2 „Rotes Wien“ versus „schwarze“ Bundesländer
Wien hatte von 1918 bis 1934 eine wirtschaftliche und politische Sonderstellung inne.
Die Stadt war während der Habsburger-Monarchie aufgrund ihrer Funktion als zentrale wirtschaftliche Schaltstelle zum Angriffspunkt der nationalen Unabhängigkeitsbewegungen geworden. Auf Wien lastete damit eine schwere Hypothek, zu der sich bald eine weitere – die der politischen „Andersartigkeit“ – gesellte.84
Nach dem Wahlsieg der Wiener Sozialdemokratie 1919 kam es alsbald zu großen Spannungen „zwischen dem „roten“ Wien und den „schwarzen“ Bundesländern.“85
Mit dem Beschluss der Loslösung Wiens von Niederösterreich am 29. Dezember 1921 und seiner Konstituierung als Bundesland mit 1. Jänner 1922 ergab sich für Wien eine spezielle Konstellation. Der Bürgermeister Wiens erlangte nun zusätzlich die Rechte eines Landeshauptmanns und konnte nun eine eigenständige Sozial- und Wirtschaftspolitik betreiben. Die „rote“ Sozialdemokratie hatte dadurch die Möglichkeit, einen mächtigen Gegenpol zur „schwarzen“ konservativen Vorherrschaft auf Bundesebene zu bilden.86
Wien erhielt ferner das nach der Verfassung den Ländern zustehende Steuerfindungsrecht. Ziel der Steuerpolitik des „Roten Wien“ war die Umverteilung von den oberen zu den unteren Einkommensschichten mittels der Besteuerung von Luxuskonsum.87
Diese Eigenständigkeit Wiens brachte aber nicht nur Vorteile, sondern führte zu einer zunehmenden ökonomischen und politischen Isolierung der Stadt innerhalb Österreichs.88
Die wichtigsten wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben der neuen Stadtregierung bestanden in der Belebung der Wirtschaft und der Linderung der Wohnungsnot durch die Bereitstellung gesunder und billiger Kleinwohnungen.
Die private Wohnbautätigkeit in Wien war nach dem Ersten Weltkrieg völlig zum Erliegen gekommen – dies gab den Anstoß zu den kommunalen Wohnbauprogrammen der Stadtregierung unter der finanzpolitischen Federführung von Stadtrat Hugo Breitner. Diese Programme bildeten den wichtigsten Nachfrageimpuls, für sie wurde vorübergehend mehr als ein Viertel der Gesamtausgaben im Stadtbudget bereitgestellt, sodass sie während der 1920er-Jahre den Schwerpunkt des Gemeindehaushaltes bildeten.89
Neben dem kommunalen Wohnungsbau bildeten die Schulreform unter Otto Glöckel und die soziale Fürsorgepolitik unter Julius Tandler die drei Säulen der sozialdemokratischen Politik in Wien.90 Darüber hinaus wurde diesen drei traditionellen Säulen der Arbeiterbewegung noch eine vierte, die „kulturelle Bildungsarbeit“, hinzugefügt.91 In seiner kulturpolitischen Dimension wies das „Rote Wien“ weit über die ursprüngliche Dimension eines wohlfahrtsstaatlichen und sozialpolitisch inspirierten Modells hinaus und sicherte sich so auch die Unterstützung der Intellektuellen.92
Während der Wirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahre war der Haushalt der Stadt Wien mit bedeutenden Einnahmeverlusten konfrontiert und 1931 wurde zudem der Aufteilungsschlüssel der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zum Nachteil Wiens geändert. Nach der Ausschaltung des Parlaments im März 1933 setzte die Regierung Dollfuß die finanzielle „Einschnürung“ der Gemeinde Wien fort und entzog ihr die Steuereinhebung der Bundesabgaben. Verzweifelt versuchte die sozialdemokratische Stadtregierung das entstehende Defizit zu begrenzen, wodurch die Wohnbautätigkeit der Gemeinde völlig zum Erliegen kam.93
Die Historikerin Maren Seliger beschrieb zusammenfassend die Situation der Sozialdemokraten in Wien und deren Gegenmodell zur Politik der Bürgerblockregierung auf Bundesebene als Kulturkampf in dem „die laizistische Sozialdemokratie als Anwältin der Moderne“ galt und das bürgerlich-bäuerlich-feudal-katholische Lager eine in vormodernen Traditionen verhaftete antiliberale Bewegung darstellte.94