Kitabı oku: «Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945», sayfa 5
2.2.3 Sozialgesetzgebung
Die während der ersten beiden Jahre der Republik durch die Sozialdemokratie beschlossenen Sozialgesetze verbesserten nicht nur die ökonomische Situation der Arbeiterschaft deutlich, sondern führten auch zu einer machtpolitischen Besserstellung der Arbeiterklasse.
Der sozialpolitische Erfolg bis 1920 war beachtlich: In über 80 sozialpolitischen Gesetzen und Verordnungen wurden wichtige Materien wie Achtstundentag, Arbeitslosenversicherung, Mieterschutz, Verbesserung des Kollektivvertragsrechts etc. geregelt. Österreich hatte damit beinahe alle sozialpolitischen Forderungen, die auf der im Spätherbst 1919 in Washington stattfindenden ersten internationalen Arbeitskonferenz aufgestellt wurden, erfüllt.95
Der österreichische Sozialstaat rückte damit kurzfristig an die erste Stelle innerhalb Europas. Nachdem das Wirtschaftswachstum jedoch mäßig blieb, drängte die Unternehmerschaft auf Sozialabbau.96
Die neuen sozialpolitischen Gesetze hatten auch für die in gewerblichen Gärtnereien arbeitenden Gehilfen Gültigkeit und stellten, zumindest auf dem Papier, eine deutliche Verbesserung ihrer arbeitsrechtlichen Situation dar.
Auch bei den Gärtnern drängte die „Unternehmerschaft“ auf Sozialabbau, und zwar in Form der von vielen angestrebten Zugehörigkeit des gesamten Gartenbaus zur Landwirtschaft.97
2.2.4 Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosigkeit war ein die Erste Republik begleitendes Problem mit mehreren Ursachen. Zum einen gab es große strukturelle Schwierigkeiten, zum anderen trug die staatliche Wirtschaftspolitik zur niedrigen Beschäftigungsrate bei.98
War die Zahl der Arbeitslosen kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges auf über 350.000 angeschwollen, so fiel sie in den beiden nachfolgenden Jahren deutlich auf 78.000 (1920) und 28.000 (1921). Diese sehr erfreuliche Entwicklung hielt jedoch nicht an und in den Jahren bis 1930 lag die Arbeitslosenrate zwischen 8,3 und 11,2 %, danach stieg sie sprunghaft an, lag 1932 bereits bei 21,7 % und erreichte 1933 ihren Höchstwert mit 26 %. Im Jahr 1937 lag die Arbeitslosenrate noch immer bei 21,7 % oder 464.000 Personen, von denen nur 231.320 Personen Arbeitslosenunterstützung erhielten – der Rest galt als „ausgesteuert“ und hatte somit keinerlei Unterstützungsanspruch.99
Tabelle 2: Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in Österreich 1919–1937.100

Die starken Auswirkungen – Verelendung, Hunger, Armut – der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre auf die Bevölkerung lassen sich an diesen Zahlen sehr deutlich ablesen. Emmerich Tálos beschrieb diese Entwicklung:
„Die Konsequenz dieser Politik [Anm. der Einsparungsmaßnahmen] zeigt sich unter anderem daran, daß der Anteil der Unterstützten an der Gesamtzahl der Arbeitslosen merkbar schrumpfte: 1930 betrug dieser noch 86 %, 1933 60 % und 1934 nur noch 53 %. Dies erfolgte in einem Kontext, der durch eine rapide ansteigende Erwerbslosigkeit geprägt ist: 557.000 Arbeitslose im Jahr 1933 und 545.000 im Jahr 1934 entsprachen einer Arbeitslosenquote von 26 % bzw. 25,5 %.“101
Für die Arbeiter in den Gärtnereien kann eine ähnliche Entwicklung angenommen werden.
Im Gartenbau hatten die Verantwortlichen ebenfalls mit hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Im Mitteilungsblatt des Gehilfenausschusses der Gärtner und Naturblumenbinder fand sich im Jänner 1926 eine kurze Notiz, die die triste Lage der Wiener Gärtnereiarbeiter beschreibt:
„Bei der Krankenkasse wurden im November 146, vom 1. bis 28. Dezember 153 Kollegen als arbeitslos abgemeldet, zusammen innerhalb der letzten zwei Monate 299. Bei rund 1000 Gehilfen (nach Abzug der Lehrlinge, Hausgehilfinnen und Söhne und Töchter der Arbeitgeber) sind dies 30 Prozent der Arbeitnehmer in den Gärtnereien.“102
Die Situation der Beschäftigten im Wiener Gartenbau war dramatisch, die Arbeitslosigkeit griff aber auch in den ländlichen Gebieten um sich. In der Zeitschrift „Allgemeine Österr. Gärtner-Zeitung“ fand sich im März 1926 ein Artikel, in dem über die Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftskrise berichtet wurde. Unter anderem war hier zu lesen:
„Während bis jetzt in der Landwirtschaft die Arbeitslosigkeit noch einigermaßen zurückgehalten werden konnte, zeigen uns die letzten Berichte der Industriellen Bezirkskommissionen aus den Provinzgebieten, daß die Wirtschaftskrise nun auch auf die Land- und Forstwirtschaft übergreift und die Arbeitslosigkeit auch dort sich erschreckend fühlbar macht. So lesen wir in einem Bericht […] folgende unseren Beruf streifende Randnotiz: ‚Während bis in die letzte Zeit in vielen landwirtschaftlichen Großbetrieben Gärtnereien als Nebenbetrieb geführt wurden, werden sie nun durchwegs stillgelegt, und die Gärtner entlassen. Viele Unternehmer und Betriebsdirektoren haben sich Privatgärtner gehalten; auch hier sind infolge der Krise Einschränkungen auf der Tagesordnung.‘ Wir sehen also, wie auch unser Beruf in engste Mitleidenschaft gezogen wird durch die außerordentlichen Verhältnisse, welche die Wirtschaftskrise dem arbeitenden Volke auferlegt.“103
Nach einer kurzen Phase der wirtschaftlichen Erholung und damit einhergehenden sinkenden Arbeitslosenzahlen wurde ab 1929 wieder ein Anstieg verzeichnet. Im Februar 1930 wurde in einem Artikel in der Allgemeinen Österr. Gärtner-Zeitung über die „bisher noch nie verzeichnete Höhe von 749 arbeitslosen Gärtnern und Gärtnereiarbeitern in Wien und Umgebung“ berichtet104 und Nationalrat Pius Schneeberger schilderte 1932 in einer Parlamentssitzung, in der die Zuordnung des Gewerbes zur Landwirtschaft behandelt wurde, die schwierige Lage der Gärtnereiarbeiter und die Auswirkungen einer Gesetzesänderung für die Berufsgruppe:
„Die Gärtnereiarbeiter aber haben unter der Arbeitslosigkeit gerade heute furchtbar zu leiden. Für sie gibt es nicht nur die bekannte saisonmäßige Arbeitslosigkeit, die heute bei den schlechten Verdiensten und der schlechten Beschäftigungsmöglichkeit in der Saison viel schwerer zu überstehen ist als in normalen Zeiten, sondern es gibt für sie auch eine große krisenmäßige Arbeitslosigkeit, die es mit sich bringt, daß selbst während der Saison ein großer Teil der Gärtner überhaupt keine Beschäftigung bekommt. […] Die Industrielle Bezirkskommission Wien schildert die Lage des Arbeitsmarktes für die Gärtner in ihrem Bericht für 1931 mit folgenden Worten: ‚Blumengärtnergehilfen waren nur schwer unterzubringen. Ganz besonders schlecht war die Vermittlungsmöglichkeit für verheiratete Gärtner.‘ Es ist Tatsache, daß unter den arbeitslosen Gärtnern die überwiegende Anzahl verheiratete Arbeiter sind und daß heutzutage nur noch die ledigen Arbeiter hie und da Aussicht haben, eine Arbeit für kurze Zeit zu bekommen. Hier ein Gesetz zu beschließen, wodurch wieder tausende Arbeitslose um die Unterstützung gebracht werden sollen, das heißt wahrlich ein Spiel mit dem Feuer treiben.“105
2.3 Austrofaschismus 1933–1938
Bereits ab 1932 wurde ein politischer Veränderungsprozess in Gang gesetzt, der am 4. März 1933 zum Rücktritt der drei Präsidenten des Nationalrats führte und den die Regierung unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß für sich nutzte, um den Nationalrat auszuschalten.106 Danach begann die sukzessive Ausschaltung der Sozialdemokratie, anfangend mit dem Verbot des Schutzbundes am 31. Mai 1933 bis zum Verbot der Sozialdemokratischen Partei und ihr nahestehender Vereine und Organisationen im Februar 1934. Parallel dazu kam es zur Ausschaltung und Einschränkung rechtsstaatlicher Einrichtungen wie der Einschränkung der Pressefreiheit und der Geschworenengerichte sowie dem Verbot politischer Demonstrationen.107
Die Regierung Dollfuß begann 1932 zudem mit sozialpolitischen „Reformen“, die nur durch den eingeleiteten politischen Veränderungsprozess möglich wurden. Diese „Reformen“ gingen einher mit einem massiven sozialen Leistungsabbau: Die Senkung der Produktions- und Lohnkosten und die Sanierung der Sozial- und speziell der Arbeitslosenversicherung bedeuteten für die Arbeitnehmerschaft Kürzungen in allen Bereichen. Die Lebensbedingungen für die Arbeiterschaft hatten sich dadurch dramatisch verschlechtert.108
Durch diese massiven Eingriffe konnte eine der wichtigsten Forderungen der Unternehmerschaft, die Senkung der Produktionskosten, erfüllt und gleichzeitig eine Entlastung des Staatshaushaltes durch die Senkung der Ausgaben für „soziale Verwaltung“ erreicht werden.109
Auf politischer Ebene stieg im Lauf der Jahre die Bedeutung der Landwirtschaft. Die christlich-soziale Partei hatte – parallel zur Drei-Säulen-Theorie der Sozialdemokratie basierend auf den Bestandteilen Partei, Gewerkschaftsbund und Konsumgenossenschaften – im agrarischen Bereich ebenfalls ein dreigliedriges System entwickelt: Die politische Vertretung oblag dem Bauernbund (1919 erfolgte der Zusammenschluss der christlich-sozial und konservativ orientierten Bauernbünde zum politisch dominierenden Reichsbauernbund), die ständischen Interessen wurden von den Kammerorganisationen wahrgenommen und für die wirtschaftlichen Belange war das Genossenschaftswesen zuständig.110
Im Mai 1933 kam es zur Gründung der Vaterländischen Front (V.F.), einer hierarchisch und autoritär strukturierten „politischen Monopolorganisation“ des Austrofaschismus. Sie hatte, „aufgrund des korporativen Beitrittes ganzer Körperschaften und Organisationen“, Ende 1935 mehr als 2,15 Millionen Mitglieder.111 Auch unter den Gärtnern gab es V.F.-Mitglieder, so etwa Anton Eipeldauer, Eduard Maria Ihm, Fritz Kratochwjle und Viktor Mödlhammer.112
Nach der Ermordung von Engelbert Dollfuß durch Nationalsozialisten im Juli 1934 übernahm Kurt Schuschnigg das Amt des Bundeskanzlers und führte zunächst das Land im Sinne von Dollfuß weiter, hatte aber gegen den immer stärker werdenden politischen und wirtschaftlichen Druck Deutschlands anzukämpfen. Dies führte 1936 zum sogenannten „Juliabkommen“: Das deutsch-österreichische Abkommen vom 11. Juli 1936 bildete die Grundlage für den 1938 folgenden „Anschluss“. Dabei verpflichtete sich Österreich unter anderem zu einer weitreichenden Amnestie angeklagter bzw. verurteilter Nationalsozialisten sowie zur Zulassung der „nationalen Opposition“ in politische Ämter. Deutschland verzichtete dafür pro forma auf jede weitere Einmischung in innerösterreichische Angelegenheiten.113
2.3.1 „Berufsständische Ordnung“
Unter der „berufsständischen Ordnung“ verstand man die Zusammenführung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern der gleichen Berufsgruppe in einer Organisation, dem Berufsstand.
Das Konzept der „berufsständischen Ordnung“ sah, dem zugrunde liegenden autoritären Prinzip entsprechend, sieben Berufsstände unter Aufsicht des Staates vor: Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Bergbau, Gewerbe, Handel und Verkehr, Geld-, Kredit- und Versicherungswesen, freie Berufe und öffentlicher Dienst. Die Konkretisierung der berufsständischen Ordnung – sie war in der neuen Verfassung nur wenig geregelt – blieb Ausführungsgesetzen überlassen, die größtenteils nicht erlassen wurden.114
Die Gründung der sieben Berufsstände sollte sich laut Sozialminister Neustädter-Stürmer in drei Etappen vollziehen. Als Erstes war die einheitliche Organisierung aller Arbeitnehmer – mit der Errichtung des Gewerkschaftsbundes – angedacht, in einem zweiten Schritt sollten die Arbeitgeber in Bünden organisiert werden, und erst danach sollte es in einem dritten Schritt zur Vereinigung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen und die Berufsstände sollten errichtet werden. Die ersten beiden Schritte dienten demgemäß zu Vorbereitung und erst mit dem dritten Schritt konnte der berufsständische Aufbau durchgeführt werden.115
Bis 1938 wurden nur zwei der laut Verfassung vorgesehenen sieben Berufsstände eingerichtet, der Berufsstand öffentlicher Dienst116 und der Berufsstand Land- und Forstwirtschaft – hier waren die Landarbeiter bereits in bestehenden Landwirtschaftskammern integriert. Alle anderen Berufsstände kamen über die ersten beiden Stadien (Errichtung des Gewerkschaftsbundes und Errichtung der vier Unternehmerbünde117) nicht hinaus. Die Zusammenführung in eine einheitliche Organisation fand nicht statt.118
2.3.2 Austrofaschismus in Wien
In Wien war der Machtwechsel blutig – de facto herrschte im Februar 1934 Bürgerkrieg – und hatte weitreichende Auswirkungen auf die Bewohner der Stadt, die vielfach der sozialdemokratischen „Freien Gewerkschaft“ und der Sozialdemokratischen Partei verbunden waren.
Anstelle des bis dahin frei gewählten Stadtparlaments trat die Wiener Bürgerschaft. Sie bestand aus 64 Mitgliedern, die den Titel „Rat der Stadt Wien“ trugen, und war „unter Berücksichtigung der berufsständischen Gliederung der Bevölkerung zu bilden“.119 Dabei konnten nur „vaterlandstreue“ und vom Bürgermeister ernannte Personen zum Zug kommen.120 Einer dieser „Räte“ war der Gärtner Michael Walla, der maßgeblich am Aufbau des Bundesverbandes der Erwerbsgärtner Österreichs und der Landesgartenbauvereinigung Wien beteiligt war.121
Die neue austrofaschistische Stadtverwaltung unter Bürgermeister Richard Schmitz war bis zur Okkupation Österreichs im März 1938 wirtschaftlich in erster Linie damit beschäftigt, das Haushaltsdefizit abzubauen, das aus den von der Bundesregierung auferlegten Belastungen herrührte. Dabei sah sie sich genötigt, die früher von den christlich-sozialen Abgeordneten heftig bekämpften kommunalen Steuern wie z. B. die Fürsorgeabgabe und die in „Mietaufwandsteuer“ umbenannte Wohnbausteuer, beizubehalten.122
Die bescheidenen Investitionsmittel wurden vor allem zum Straßenbau – in Wien hauptsächlich zum Bau der Höhenstraße und der Wientalstraße – eingesetzt. Die Wohnbautätigkeit sollte auf privater Basis, wie vor dem Ersten Weltkrieg, durch steuerliche Begünstigungen und Subventionierung aus den neu geschaffenen Fonds für Hausreparatur und für Haussanierung angekurbelt werden, doch erwiesen sich diese Programme als Fehlschlag. Die Zahl der privaten Bauführungen war 1937 niedriger als 1934.123
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Lasten- und Leistungsverteilung eindeutig zu Gunsten der städtischen Ober- und Mittelschicht veränderte. Die Ära Schmitz war auch gekennzeichnet von einer massiven, alle Bereiche durchziehenden kreuzzugähnlichen Rekatholisierungsbestrebung, die einen Teil der Bevölkerung in die Arme der NS-Bewegung trieb.124 Mit dieser Begründung lässt sich auch der Beitritt des sozialdemokratischen Gärtners Josef Stowasser zur NSDAP erklären.
Dem Rekatholisierungsdruck hielten viele Personen in öffentlichen Funktionen nicht stand. So trat der sozialdemokratische Direktor der Fachlehranstalt für Garten- und Obstbau in Wien-Kagran, Anton Eipeldauer, 1934 der römischkatholischen Kirche und der Vaterländischen Front bei, er wurde 1935 aber trotzdem als Direktor abgelöst.125
2.3.3 Landschaftsgärtner und Gartengestalter und der „Freiwillige Arbeitsdienst“126
Für die Gartenarchitekten und Gartengestalter eröffneten sich durch den Machtwechsel neue Betätigungsfelder, z. B. der Bau von Sportstätten, es stieg aber auch die Konkurrenz.
Körperliche Betätigung, Turnen und Sport wurden von Dollfuß rasch als massenwirksam und deshalb wichtig erkannt, ebenso deren Potenzial für die „Volksertüchtigung und Wehrerziehung“.127 Dem Mangel an Übungsstätten wurde zunächst durch die Neuzuteilung der ehemaligen Sportplätze der Sozialdemokraten abgeholfen und später, wie der Historiker Matthias Marschik beschrieb, „durch ein weitreichendes Konzept zum Sportstättenbau entgegengewirkt, das mithilfe arbeitsloser Jugendlicher im Rahmen des ‚Freiwilligen Arbeitsdienstes‘ umgesetzt wurde“.128
Der „Freiwillige Österreichische Arbeitsdienst“ war ein von der Dollfuß-Regierung im August 1932 in Anlehnung an den „Freiwilligen Arbeitsdienst“ im Deutschen Reich beschlossenes Instrument zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Ein Jahr später, im Oktober 1933, leisteten bereits 20.000 Personen – die Hälfte davon lebte in den 240 Arbeitslagern – ihrer Arbeitsdienst und wurden dabei bei Großprojekten wie dem Bau der Höhenstraße auf dem Kahlenberg oder dem Reichsbrückenbau in Wien eingesetzt. Bis 1935 wurde der Arbeitsdienst ausgebaut, danach aber reduziert. 1937 wurden nur noch 4500 Personen zum Arbeitsdienst herangezogen.129
Da der Sportstättenbau ein wichtiges Betätigungsfeld und eine bedeutende Einnahmequelle für Gartenarchitekten und Landschaftsgestalter war, führte die Einbindung des „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ rasch zu Klagen seitens der gewerblichen Gärtner, aber auch die Einbindung des „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten bei den Bundesgärten wurde beklagt und in der Innungszeitschrift „Der Erwerbsgärtner“ kommentiert:
„Nun aber ist auch in Schönbrunn ein Lager des freiwilligen Arbeitsdienstes eingerichtet worden. Es ist vielleicht nicht in jeder Hinsicht unsere Sache, schon allein darüber ungehalten zu sein, daß für die bisherigen, gärtnerisch qualifizierten Arbeitskräfte, die dort jährlich bei den umfangreichen Instandhaltungsarbeiten ihr Brot fanden, nunmehr durch diesen freiwilligen Arbeitsdienst brotlos gemacht sind und unfreiwillig in die Liste der Arbeitslosen gedrängt wurden.
Jene Tatsache aber, daß dieser freiwillige Arbeitsdienst schon seit geraumer Zeit, im Dienste der Schönbrunner Schloßhauptmannschaft, überdies auch dazu benützt wird, dem Steuerzahlenden und von den vielen Abgaben sich weiß blutenden Gewerbe Arbeiten zu nehmen, interessiert uns sehr. Es ist unsere berufene Pflicht und Aufgabe mit einem restlosen Erfolg dagegen anzukämpfen und zwingt uns in unserem harten Existenzkampf gebieterisch zu der Forderung, daß hier ohne Verzug Abhilfe geschaffen wird. Hier beginnt jene ‚unreelle Konkurrenz‘, man könnte sagen jener ‚Dumping‘, wo dem steuerzahlenden Gewerbe und den ‚umsonst Kräften‘ der öffentlichen Hand die Konkurrenz gemacht wird. Denn diese Kräfte sind von der Bauleitung bis zum Hilfsarbeiter, aus Staatsmitteln besoldet und sind ihrerseits weder Steuer- noch Abgabenpflichtig. Wenn (im gegenständlichen Falle) diese Praxis der Schloßhauptmannschaft ‚Schule macht‘, so ist sie geeignet insbesondere jenen Teil der Landschaftsgärtner um ihre Existenz zu bringen, die sich bisher als Spezialität mit der Ausführung von Sport- und Spielanlagen, Rasenplätzen ec. befaßt hat.“130
Besonderen Ärger auf Seiten der gewerblichen Gärtnerschaft erregten die Vergabe landschaftsgärtnerischer Arbeiten im Zuge der Erweiterung und Regulierung der Billrothstraße, die Errichtung eines Sportplatzes am Institut für Turnlehrerausbildung in der Sensengasse 3 oder die Errichtung eines Sportplatzes für ein Gymnasium im 14. Bezirk an den „Freiwilligen Arbeitsdienst“.131
2.3.4 Exkurs: Gärtnerische Verflechtungen
Während der Habsburger-Monarchie gab es vielfältige berufliche Vernetzungen mit Deutschland und anderen europäischen Staaten. Zahlreiche der in führenden Stellungen tätigen Gärtner, waren in ganz Europa herumgekommen, hatten in verschiedenen deutschen, englischen oder belgischen Gartenbaubetrieben praktiziert oder in Berlin-Dahlem die Höhere Gartenbauschule besucht.
Beispielhaft für die vielfältige Arbeitstätigkeit innerhalb Europas sei der 1848 in Wien geborene Johann Konrad Rosenthal genannt. Er absolvierte seine Lehrzeit in einer Baumschule und Samenhandlung in Celle (Hannover) und war danach ein Jahr in Gent tätig. Von 1867 bis 1868 besuchte er die Höhere Gärtnerlehranstalt Berlin-Dahlem, arbeitete danach in Metz und wechselte ein Jahr später wieder den Arbeitgeber, um in Paris und Versailles zu wirken. 1870 ging Rosenthal nach Großbritannien und arbeitete in Edinburgh, Kew Gardens und Hampton Court. Er kehrte 1872 nach Wien zurück und übernahm eine Baumschule, die er 1897 wieder verkaufte, um im Jahr darauf bei der Firma Späth in Berlin zu arbeiten. Im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit wurde ihm auch der Titel k. k. Hofkunstgärtner verliehen. Rosenthal starb im Alter von nur 51 Jahren 1899 in Deutschland.132
Ein weiteres Beispiel ist Wilhelm Lauche, der spätere Leiter der Höheren Obstund Gartenbauschule in Eisgrub. Lauche, am 12. Juni 1859 in Abtnaundorf bei Leipzig geboren, absolvierte in seinem Heimatdorf und an der Kgl. Gärtnerlehranstalt Wildpark-Potsdamm seine Ausbildung und studierte im Anschluss Botanik in Leipzig. Danach arbeitete er in Gent, Herrenhausen und Proskau um schließlich 1883 in die Dienste des Fürsten Liechtenstein zu treten. Er avancierte zum Direktor der Liechtensteinschen Hofgärten in Eisgrub, war k. k. Regierungsrat und Honorardozent an der Hochschule für Bodenkultur in Wien – mit einem Wort ein wichtiges und verdientes Mitglied der österreichischen Gesellschaft.133
Anhand dieses Beispiels wird deutlich, wie durchlässig der Arbeitsmarkt für gut ausgebildete Gärtner war und welch internationale „Wissensnetzwerke“ ihnen zur Verfügung standen. Reisestipendien und Empfehlungsschreiben trugen das Ihre zum europäischen Austausch bei.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges erwies sich die internationale Zusammenarbeit mit den Kollegen aufgrund territorialer Verschiebungen als schwieriger und Karrierewege wie der zuvor beschriebene wurden nahezu unmöglich. Zwar publizierten die ehemaligen Mitbürger und nunmehrigen Tschechen, Ungarn, Serben etc. nach wie vor in österreichischen Gartenmedien der persönliche Kontakt und die Reisetätigkeit verkomplizierte sich jedoch aufgrund von Ländergrenzen, Reisepässen und hohen Transportkosten.
Der Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich bestand um 1920 auf beiden Seiten. Unter dem Eindruck der Eingliederung verschiedener österreichischer Landesobstbauvereine in die Österreichische Gartenbau-Gesellschaft räsonierte der Eisenacher Gartendirektor Arthur Janson über einen Zusammenschluss des deutschen und österreichischen Gartenbaus:
„Der von uns und Oesterreich erpreßte Friedensvertrag hat freilich die Zusicherung erzwungen, auf eine Vereinigung von Deutsch-Oesterreich mit dem Deutschen Reiche zu verzichten. Jeder Erpressung aber fehlt die Rechtsgültigkeit. Wir alle, ob Reichsdeutsche oder Deutschösterreicher, fühlen, daß der Tag kommen wird, an dem wir ein eigenes Volk sein werden, und damit wird auch die Stunde kommen, wo der Gartenbau beider, jetzt noch getrennten Staaten, dieselben Ziele und Interessen haben wird. Es zeugt von der Weitsichtigkeit der österreichischen Gartenbaukreise, wenn sie den Willen aussprechen, diesen Zusammenschluß geistig vorzubereiten. Die Notwendigkeit des Zusammenschlusses mit Deutschland wird allgemein in Oesterreich lebhafter empfunden als bei uns. Das liegt in der Natur der Sache, weil wir selbst, trotz aller Nöte des Tages, doch die Ueberzeugung in uns tragen, daß wir für uns allein lebensfähig bleiben wohingegen Deutschösterreich das innere Bedürfnis der Anlehnung an Deutschland empfindet.“134
In Österreich reagierte man freundlich-zurückhaltend auf diese Ansage und antwortete vorsichtig und mit gewissen Vorbehalten:
„Vorläufig ist die politische und wirtschaftliche Lage noch zu verworren, um es schon zu ermöglichen, auf ein ganz bestimmtes Ziel loszugehen. Wir streben jedoch danach, die Vorgänge in Deutschland auf das ernsteste zu verfolgen und hoffen, daß recht bald eine Klärung der allgemeinen Lage erfolgt, die bei uns ein engeres Zusammenarbeiten ermöglicht. Eine Vorbedingung dafür ist jedoch, daß sich die führenden Gartenbaukreise in Deutschland auch ihrerseits zu einem energischen und freundlichen Zusammenarbeiten die Hände reichen, damit in einer so schweren Zeit, wie der heutigen, auf jedem Einzelgebiete die verderbliche Zersplitterung vermieden wird. Vielleicht regt Kollege Janson durch die ‚Gartenwelt‘ eine derartige Zusammenarbeit in Deutschland an, und er kann versichert sein, daß wir das Unsrige tun werden, um auch die österreichischen Gartenbaukreise zu veranlassen, in freundschaftlicher Weise mit den deutschen Hand in Hand zu gehen.“135
Ob und in welcher Art und Weise eine verstärkte Zusammenarbeit deutscher und österreichischer Gartenbauverbände stattfand, wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht explizit erhoben. Mit der 1924 gegründeten Gruppe Deutsch-Österreich der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst gab es ein Bindeglied und da die österreichischen Mitglieder die Zeitschrift „Gartenkunst“ erhielten, waren sie in den fachlichen Diskurs in Deutschland eingebunden.136