Kitabı oku: «Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945», sayfa 8
2.4.4.2 Jüdische „Umschichtung – Hachschara“
Bis zum „Anschluss“ 1938 war die „Alijah“, wie die Einwanderung nach Palästina in der zionistischen Terminologie genannt wird, für die österreichischen Juden eher eine ideelle Möglichkeit, wahrscheinlich auch deshalb, weil sie mit dem Verlust des gewohnten Lebensstandards und vielen Schwierigkeiten verbunden war.263
Zwischen 1919 und 1934 wanderten laut Aufzeichnungen des Wanderungsamtes 1.183 Personen von Österreich nach Palästina aus.264 Zwischen 1933 und 1937 erhöhte sich die Zahl der Auswanderer nach Palästina auf 2.713 Personen.265 Ein starkes Motiv für die Bereitschaft zur Auswanderung nach 1930 war, neben der steigenden Arbeitslosigkeit, der erstarkende Antisemitismus.266
Eine dieser bereits Anfang der 1920er-Jahre nach Palästina emigrierten Personen war die aus Czernowitz stammende und in Wien Naturwissenschaften studierende Miriam Kellner267. Sie absolvierte eine gartenbauliche Ausbildung bei Hanna Maisel in Nahalal und arbeitete danach im Kibbuz En Harod, wo sie eine große Gärtnerei aufbaute.268 Eine andere war Hanka Huppert-Kurz. Sie stamme aus Krakau und absolvierte in Wien die Gartenbauschule für Frauen von Yella Hertzka. Huppert-Kurz emigrierte allerdings erst 1929 nach Palästina, wo sie zuerst im Kibbuz Bet Alfa lebte und später in den Kibbuz Ramat Yohanan übersiedelte. Dort gestaltete, bepflanzte und betreute sie den Garten und begann auch für andere Kibbuze Gärten zu gestalten.269 Der aus Budapest stammenden Klari Neumann gelang 1939 die Flucht und sie kam mit einem Immigrantenschiff nach Palästina und arbeitete als Gärtnerin in einem Kibbuz in Rishon LeZiyyon.270
Die für zionistische Auswanderung in der Zwischenkriegszeit zuständige zentrale Organisation war die österreichische Landesorganisation des „Hechaluz“ („Pionier“). „Hechaluz“ hatte sich 1921 als Weltverband konstituiert und war sehr straff organisiert. Von den Mitgliedern wurde eine vollkommene Unterordnung unter die Satzungen der Bewegung sowie das Erlernen der hebräischen Sprache und die berufliche „Umschichtung“ („Hachschara“) erwartet und zur Bedingung für die Auswanderung nach Palästina gemacht.271
Die Umschichtung war in den Augen der zionistischen Ideologen notwendig, um die „typisch jüdische“ Berufsstruktur zu ändern und von den nicht produktiven intellektuellen und kaufmännischen Berufen zu manuellen Tätigkeiten, vor allem in der Landwirtschaft und im Handwerk, zu gelangen, um damit ein neues Leben in Palästina beginnen zu können.272 Nach dem „Anschluss“ wurde Palästina zu einem wichtigen Fluchtziel, weswegen sich tausende Jugendliche „in der Hoffnung auf irgendeine Fluchtmöglichkeit in einen Jugendbund, vielfach sogar in mehrere gleichzeitig“ einschrieben oder sie „ließen sich für verschiedene Zielländer registrieren“.273
Nach dem „Anschluss“ wurde in der Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien eine eigene Beratungsstelle für Umschichtung eingerichtet, zu deren Leiter Dr. Abraham Schmerler ernannt wurde. Er berichtete regelmäßig über den Verlauf und die Erfolge der Umschichtungsaktion die im ersten Halbjahr ihrer Tätigkeit 12.000 jüdische „Umschichtler“ vorzuweisen hatte. In seinem Jahresbericht 1938 schrieb er:
„Nach dem Umbruch des Jahres 1938 kam man zur Erkenntnis, dass die bisherige Berufsschichtung der Wiener Juden im Falle der Auswanderung eine Existenzgründung im Ausland häufig erschwere. Das Bestreben, einer möglichst grossen Zahl handwerkliche und gewerbliche Fertigkeiten beizubringen, musste unverzüglich unter Einsatz aller in Betracht kommenden Kräfte in die Tat umgesetzt werden. Nicht nur Arbeitern, sondern auch bisherigen Angehörigen kaufmännischer, intellektueller und administrativer Berufe musste die Möglichkeit geboten werden, manuelle Berufe derart zu erlernen, dass sie sich im Ziellande mit den erworbenen Kenntnissen eine bescheidene Existenz gründen oder zumindest als qualifizierte Hilfsarbeiter ihr Brot verdienen können.“274
Abb. 2: Artikel über „Jüdische Umschichtung“.275
Die jüdische Presse im „Altreich“ – soweit sie noch existent war – berichtete über diese Aktion in Wien. So schrieb die „Jüdische Rundschau Berlin“ in ihrer Ausgabe vom 14. Juni 1938:
„In der Auswanderungsabteilung der Gemeinde [Anm.: Gemeint ist die Israelitische Kultusgemeinde Wien] wird nach wie vor an der Sichtung der eingereichten Auswanderungsbögen gearbeitet. Parallel zu dieser Tätigkeit geht die Vorbereitung der Umschichtungsarbeit, für die die Gemeinde eine eigene Beratungsstelle für jüdische Berufsausbildung und Umschichtung errichtet hat, vor sich. Einzelne Beratungsstellen, so für Ärzte wie für andere Berufsgruppen haben ihre Tätigkeit bereits aufgenommen. Andere wieder sind in Vorbereitung. In der richtigen Erkenntnis, dass im Mittelpunkt einer planmäßigen Emigration die Berufsumschichtung zu stehen habe, geht die Gemeinde daran, schon in allernächster Zeit eine Reihe von Umschichtungskursen einzurichten. So sind vorgesehen für männliche Berufe: Kurse für die diversen Zweige der Metallbearbeitung (Mechaniker, Schlosser, Dreher u. a.), der Holzbearbeitung (Bau- und Möbeltischler), des Baugewerbes, der Photographie, der chemischen Betriebe, des Bekleidungsund Nahrungsmittelgewerbes. Für weibliche Berufe werden Umschichtungskurse in der Hauswirtschaft, dem Bekleidungsgewerbe und der Körperpflege eingerichtet. Die Umschichtungsstelle in der Gemeinde sucht gegenwärtig dringend auf diesen Gebieten fachlich ausgebildete Lehrkräfte. Im Zuge der Umschichtungskurse sind auch landwirtschaftliche Umschulungskurse für Auswanderer geplant. Für diesen Zweck will die Gemeinde etwa im jüdischen Besitz befindliche landwirtschaftliche Betriebe, womöglich in der Nähe von Wien pachten, und sie für Hachschara verwenden.“276
In einem Bericht vom 29. Juli 1938 konnte die Auswanderungsabteilung der IKG bereits landwirtschaftliche Betriebe vorweisen:
„Zu den bereits bestehenden 77 Kursen mit einer Teilnehmerzahl von rund 1200 kommen noch vier landwirtschaftliche Umschulungskurse, die gegenwärtig außerhalb Wiens, und zwar in Stadlau, Lang-Enzersdorf (beide bei Wien), Unterholz-Brunnhof und Eichgraben am Stein in Betrieb sind. In diesen Kursen erhalten 350 Schüler in allen Fächern der Landwirtschaft, der Gärtnerei und Kleintierzucht ihre Ausbildung.“277
Im September 1939 legte die Israelitische Kultusgemeinde Wien statistische Daten der Berufsumschichtung auf Grund der von ihr durch die Beratungsstelle für Berufsausbildung und Umschichtung veranstalteten Kurse vor. Bis zum Stichtag 30. August 1939 waren insgesamt 1.827 Kurse abgehalten worden, die von 29.664 Personen besucht wurden. Von den Teilnehmern waren 16.211 Männer und 13.453 Frauen. Diese Daten zeigten, dass am stärksten die Kurse für Hauspersonal besucht wurden (6.002). An zweiter Stelle standen die Bekleidungskurse (4.129), an dritter Stelle jene für Landwirtschaft (4.065). Erwähnenswert fanden die Verfasser des Berichtes ferner die starke Beteiligung der Frauen an den landwirtschaftlichen Umschichtungskursen (1.178 Frauen, 2.887 Männer).278
In Wien wurde das Gelände der ehemaligen „Höheren Gartenbauschule für Frauen“ in der Kaasgrabengasse der vertriebenen Jüdin Yella Hertzka279 und die Flächen der Staudengärtnerei „Windmühlhöhe“280 von der Israelitischen Kultusgemeinde als Orte für landwirtschaftlich-gärtnerische Umschulungskurse genutzt. Die Gärtnerin Helene Wolf leitete ab Oktober 1938 und bis zu ihrer Ausreise 1939 die Umschichtungskurse in der Kaasgrabengasse und Krottenbachstraße.281
Paul Grosz, Vorstand und Kuratoriumsmitglied des DÖW, 1925 in Wien geboren, überlebte die NS-Zeit ab 1944 als „U-Boot“ lebend in Wien und erinnerte sich an die Umschichtung:
„In der Jugendalijahschule verbrachte ich dann die vielleicht schönsten Jahre meiner Jugend. Während wir, das war eine Ganztagsschule, dort gewesen sind, gab es keinen Stress, nicht die Gefahr, der Juden sonst ausgesetzt waren, und erst nach Kriegsbeginn 1939, als die ersten Transporte in das spätere ‚Generalgouvernement‘ geleitet worden sind, haben auch wir Kinder die volle Gewalt, die da angewendet worden ist, zu spüren bekommen. Wir mussten damals, das war ein Teil der Ausbildung der Jugendalijahschule, täglich in den Rothschild-Gärten im 19. Bezirk beziehungsweise in einer Gärtnerei in der Krottenbachstraße unentgeltlich schwere Arbeit leisten, unter dem Vorwand, dass wir dadurch Übung bekommen. Später wurden dann Kinder von uns zur landwirtschaftlichen Arbeit ins Ruhrgebiet geschickt und blieben dort fast ein halbes Jahr.“282
Bei der von Paul Grosz erwähnten Gärtnerei in der Krottenbachstraße handelte es sich um den ehemaligen Betrieb „Windmühlhöhe“ der jüdischen Staudengärtnerin Hanny Strauss.283
1941 wurden die Umschichtungskurse eingestellt. Die Beratungsstelle für Berufsausbildung und Umschichtung bemühte sich, die Umschulungskurse seitens der IKG wiederaufleben zu lassen. Sie begründete dies damit, dass diese Kurse die Menschen über die schwierige Zeit geführt hätten und ihnen die Arbeit wenig Zeit zum Nachgrübeln lasse. Speziell die jüdischen Jugendlichen müssten rasch wieder einer ablenkenden Tätigkeit zugeführt werden, um nicht untätig, sich selbst überlassen, auf der Straße herumzulaufen und so zu verwildern.284 In einem wahrscheinlich im März 1941 verfassten Exposé betreffend die Aufrechterhaltung handwerklicher und gewerblicher Arbeitskolonnen durch die Umschichtungsabteilung hieß es:
„Die plötzliche Einstellung der Umschulungskurse bedeutete nicht nur für die Kursteilnehmer und Kursleiter einen sehr schweren Schlag, sondern sie wirkte sich für die gesamte Judenschaft von grösstem Nachteil aus. Zur Zeit ihrer Gründung war der ausschließliche Zweck der Umschulung, den Auswanderungswilligen für ihr Leben im neuen Land durch Erlernung manueller Berufe eine Existenzgrundlage zu schaffen. Durch die Umschulung wurden viele Tausende, die unglücklich, aus dem Gleis geworfen, ihre ganze Kraft verloren hatten, wieder aufgerichtet und gestählt. […] Als mit Kriegsbeginn im Jahre 1939 die bis dahin flüssige Auswanderung etwas ins Stocken geriet, war es wieder die Umschulung, welche der ostmärkischen Judenschaft über diese schwere Zeit hinweghalf. Die Umschichtungswilligen besuchten die Kurse in Massen und blieben solange Kursteilnehmer, bis sie zur Ausreise gelangten, die Mehrzahl aber verblieb bis zur erfolgten behördlichen Sperre. […] In den Gartenbaukursen wurden auf drei Plätzen die Grabelandaktion der Umschulung der I.K.G. geführt, wodurch die Fürsorgeanstalten zusätzlich mit frischem Gemüse beliefert werden konnten. Wenn sich die Quantitäten im Verhältnis zum Verbrauch der Wirtschaftsstelle auch nicht besonders auswirkten, so war es dennoch wichtig, dass laufend zirka 150 Erwachsene und 200 Jugendliche beschäftigt und dem Gärtnerberuf zugeführt wurden. […] Zahlreiche Betriebsführer verlangten direkt von der Umschichtungsleitung Arbeitskräfte und jedem Wunsche konnte raschest Rechnung getragen werden. […] Die Leitung der Umschulung stellte das Büro darauf um und war stets bedacht, diese Arbeitskolonnen immer aufzufüllen, für jeden Abgang guten Ersatz zu schaffen. […] Die Bildung von Arbeitskolonnen ist aber auch im Interesse der I.K.G. gelegen, weil sie unerlässlich ist, denn sie würde ein weiteres Herabsinken und eine weitere Verelendung unserer Glaubensbrüder unbedingt verhüten.“285
2.5 Nachkriegszeit
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der damit einhergehenden Zerstörung waren der Wiederaufbau und das Herstellen von „Normalität“ wichtig für das weitere Zusammenleben in Österreich.
Auf politischer Ebene kam es zur Wiedereinführung der Verfassung von 1920/29 und damit zum Versuch, das Leben dort fortzusetzen, wo es vor Hitler aufgehört hatte. Dadurch konnten die alten Eliten rasch wieder Fuß fassen.286 Eine Neuerung der Zeit war die Etablierung einer stabilen Sozialpartnerschaft und die daraus folgende rasche Neubildung von Interessenverbänden. Ernst Hanisch beschrieb, wie leicht dieser Übergang in manchen Berufsgruppen fiel:
„Bei der Handels- und Landwirtschaftskammer gelang der Sprung vom ‚Dritten Reich‘ in die Zweite Republik ziemlich reibungslos – über die Salzburger Handelskammer wird berichtet: ‚Die Beamten versahen wie selbstverständlich ihren Dienst und nicht einen Tag ist der Parteienverkehr abgerissen.‘ Nur der Reichsadler und das Hakenkreuz wurden aus dem Stempel herausgeschnitten.“287
Zwei wichtige Fragen stellten sich in der nun folgenden Zeit: die des Umgangs mit ehemaligen Mitgliedern der NSDAP und das Problem der Restitution von Vermögenswerten an die noch lebenden Juden bzw. deren Erben.
Auch einige bekannte Gartenarchitekten fanden sich nun auf den Registrierungslisten für Nationalsozialisten und vertriebene jüdische Gärtner versuchten ihre Vermögenswerte wiederzuerlangen.
2.5.1 „Entnazifizierung“
Der Begriff „Entnazifizierung“ bzw. das US-amerikanische Original „denazification“ ist eine Wortkreation, entwickelt im politischen Beraterstab des US-Generals und späteren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower.288 Der Begriff umfasste ursprünglich folgende Aufgabengebiete: Auflösung der NSDAP, Entfernung des Nationalsozialismus aus Gesetzen und Verordnungen, Abschaffung von NS-Symbolen, Straßennamen und Denkmälern, Beschlagnahme des Vermögens und der Unterlagen der NSDAP, Internierung von NS-Führern, Verbot von aus der NSHerrschaft herrührenden Privilegien, Ausschluss von mehr als nur nominellen Mitgliedern der NSDAP vom öffentlichen Leben, Unterbindung von NS-Indoktrination in jeder Form und Verbot von Paraden und NS-Demonstrationen.289 In Österreich verstand man unter dem Begriff „Entnazifizierung“ meist die Entfernung von „Reichsdeutschen“ aus beruflichen Positionen.290
In Wien gingen unmittelbar nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs Wiener Lokalstellen an die Registrierung von Nationalsozialisten. Diese sogenannten „Vorregistrierungen“ erfolgten ohne gesetzliche Grundlage und wurden von der vom Bürgermeister damit betrauten Magistratsabteilung abgelehnt.291
Der Historiker Dieter Stiefel unterteilte die Entnazifizierung in Österreich im zeitlichen Ablauf in fünf Phasen, in denen er die Verfahren der Besatzungsmächte und der österreichischen Behörden getrennt darstellte:
„1. Von April 1945 bis Juni 1945, die militärische Sicherheitsphase, in der hauptsächlich Internierungen durch die Alliierten vorgenommen wurden.
2. Von Juni 1945 bis Februar 1946, die Phase der autonomen Entnazifizierung durch die Alliierten. In dieser Phase versuchten fünf verschiedene Instanzen (die österreichische Regierung und die vier Besatzungsmächte) in den einzelnen Besatzungszonen die Entnazifizierung durchzuführen, was zu Überschneidungen und widersprüchlichen Maßnahmen führen musste.
3. Von Februar 1946 bis Februar 1947, die Phase der österreichischen Entnazifizierung auf Grund der Gesetze von 1945 (Verbotsgesetz, Wirtschaftssäuberungsgesetz und Kriegsverbrechergesetz). Im Februar 1946 wurde der österreichischen Regierung die Entnazifizierungskompetenz für das ganze Land übertragen, die Alliierten zogen sich auf eine Kontrollfunktion zurück. Die Ergebnisse dieses autochthonen Entnazifizierungsprozesses waren jedoch auch unbefriedigend.
4. Von Februar 1947 bis Mai 1948, die Phase der österreichischen Entnazifizierung auf der Grundlage des Gesetzes von 1947. In dieser Phase wurden die vorgegebenen Entnazifizierungsmaßnahmen durchgeführt und abgeschlossen.
5. 1948 bis 1957, die Zeit der Amnestien.“292
In Österreich gab es nach Beendigung des Krieges 536.662293 NSDAP-Mitglieder, das entsprach in etwa acht Prozent der Wohnbevölkerung.294 Zwei Drittel dieser Personen sahen sich selbst als Ausnahmen und stellten sich als „gute Menschen“ dar.295
Der Historiker Ernst Hanisch betrachtete die Ergebnisse der Entnazifizierung zwiespältig. Während es in der ersten Phase zu einem Elitentausch kam, „das nationalsozialistisch durchsetzte Bürgertum verlor kurzfristig seine Positionen“, ergaben sich bald entgegengesetzte Ziele: „das Ziel des wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbaues, das Fachkräfte einforderte, und das Ziel der Entnazifizierung, das einen großen Teil der Fachkräfte entfernte.“296
Ab 1946 schuf der Kalte Krieg ein neues Feindbild, den Kommunismus, das es zu bekämpfen galt. Eine Aufgabe, der ehemalige Nationalsozialisten etwas abgewinnen konnten. Für Ernst Hanisch war das, neben anderen, ein Grund für die „Minderbelastetenamnestie von 1948 (480.000 Betroffene)“, in weitere Folge „wirkte der Konkurrenzdruck der Parteien zugunsten der ehemaligen Nationalsozialisten“ und die „Parteien suchten sich bei der raschen Durchsetzung der Gnadengesuche zu überflügeln“.297
Im österreichischen Parlament wurde nun zusehends die Meinung vertreten, dass es in einer Demokratie auf Dauer unerträglich sei, Bürger zweiter Klasse zu haben. Als Konsequenz daraus wurde mit der Eingliederung ehemaliger Nationalsozialisten in die Gesellschaft begonnen. Als Erfolg der Entnazifizierung bewertete Hanisch, „dass sich keine offene faschistische Partei wie in Italien bilden konnte“, dafür bildete sich neben der offiziellen antinazistischen Position „eine graue Zone des heimlichen Einverständnisses mit dem Nationalsozialismus heraus (so schlecht war das gar nicht; Übertreibungen sind gewiß passiert; es war eben Krieg…), von Traditionsverbänden gestützt, die jede ehrliche Diskussion der NS-Problematik blockierte“ und die ehrliche Aufarbeitung der Zeit lange verhinderte.298
Unter den Gartenarchitekten gab es mehrere NS-Registrierte:
• Albert Esch wurde zwar in die Registrierungsliste eingetragen, jedoch mit Bescheid vom 2. Dezember 1947 aus der Liste gestrichen;299
• Wilhelm Hartwich wurde nach seiner Rückkehr aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft 1947 in die NS-Registrierungsliste eingetragen, als „minderbelastet“ eingestuft und mit Bescheid vom 20. Juni 1949 amnestiert;300
• Eduard Ihm wurde nach seiner Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft in Wien in die Registrierungsliste 61/47/IX eingetragen und als „minderbelastet“ eingestuft. Die Streichung aus der Liste erfolgte 1950;301
• Viktor Mödlhammer wurde 1946 als Nationalsozialist registriert, als „minderbelastet“ eingestuft und musste Sühneabgabe leisten. Es ist unklar, wann Mödlhammer aus der Liste gestrichen wurde, laut A.V. vom 5. März 1952 war er in der Registrierungsliste des 7. Bezirkes mit der Nummer 398/Okt. 48 eingetragen;302
• Otto Trenkler wurde in die NS-Registrierungsliste eingetragen und als „belastet“ eingestuft; er erhob Einspruch und sollte mit Bescheid vom 17. November 1947 aus der Liste gestrichen werden. Die Kommunistische Partei Österreichs erhob Einspruch gegen diesen Bescheid. Das darauffolgende Verfahren wurde im November 1949 im Sinne Trenklers entschieden;303
• Josef Oskar Wladar wurde in die NS-Registrierungsliste eingetragen und als „minderbelastet“ eingestuft, musste Sühneabgabe leisten und war zumindest bis 4. April 1950 rechtskräftig in dieser Liste verzeichnet. Der Zeitpunkt der Streichung oder Amnestie ist unklar.304
2.5.2 Restitution
Nach Kriegsende wurde nach Wegen gesucht, mit den in Österreich während der NS-Zeit stattgefundenen Beraubungen umzugehen.
Die Haltung Österreichs war zwiespältig. Einerseits betrachtete man sich als „Opfer“ und berief sich darauf, dass Österreich in der Zeit von März 1938 bis April 1945 kein souveräner Staat mehr gewesen sei und daher grundsätzlich keine Haftung oder Verantwortung für Verbrechen aus diesem Zeitraum übernehme. Andererseits erklärte die Regierung „diskriminierende Gesetze und auch darauf basierende Rechtsgeschäfte, die unter dem Druck rassischer und politischer Verfolgung in diesem Zeitraum zustande gekommen waren, für null und nichtig“, womit der Wille bekundet wurde, Opfer wieder in ihre Rechte einzusetzen.305
Die für die Restitution von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen wesentliche Rechtsgrundlage bildeten die ersten drei Rückstellungsgesetze: das Erste Rückstellungsgesetz, das der Nationalrat am 26. Juli 1946 verabschiedete, regelte die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich in der Verwaltung des Bundes oder der Bundesländer befanden.306 Das Zweite Rückstellungsgesetz, das am 6. Februar 1947 verabschiedet wurde, behandelte die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich auf Grund von Vermögensverfall im Eigentum der Republik befanden. Am gleichen Tag, an dem das Zweite Rückstellungsgesetz beschlossen wurde, verabschiedete der Nationalrat auch das Dritte Rückstellungsgesetz, dem gemeinsam mit dem Ersten Rückstellungsgesetz für die Rückstellung entzogener Liegenschaften die größte Bedeutung zukommen sollte.307 Dieses Gesetz bezog sich auf Vermögensentziehung durch Privatrechtsgeschäfte zwischen – bedingt durch die politischen Verhältnisse des vorangegangenen Zeitraums – ungleichen Vertragspartnern. Besonders der Verabschiedung des zuletzt genannten Gesetzes waren langwierige Diskussionen vorangegangen, die die Beschlussfassung durch das Parlament monatelang verzögerten.308
Tatsächlich wurden diese Gesetze oft nur halbherzig oder in sehr bürokratischer Weise vollzogen, sodass viele Opfer bei dem Versuch, ihr geraubtes Vermögen wiederzuerlangen, Kompromisse zulasten ihrer Ansprüche eingehen oder im Falle von Bargeld, Autos, Kunstsammlungen etc. gänzlich darauf verzichten mussten.309
Die vertriebenen jüdischen Gärtnerinnen Hanny Strauss und Yella Hertzka beantragten die Restitution ihrer Vermögenswerte, erlebten die Rückgabe jedoch persönlich nicht mehr. Einzig Helene Wolf erhielt ihre, unter Zwang an ihren „arischen“ nunmehrigen Ex-Ehemann verkauften Grundstücke restituiert und konnte verkaufen. Zu diesem Zweck kam sie Anfang der 1960er-Jahre aus den USA nach Österreich, kehrte jedoch nach dem erfolgreichen Geschäftsabschluss nach Kalifornien zurück.310