Kitabı oku: «Wörterbuch zur Sicherheitspolitik», sayfa 25

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Ermittlungs- und Berichterstatterkommission

(engl.: Fact-Finding Commission)

Instrument der Konfliktregelung und Krisenbewältigung. Von den Vereinten Nationen (VN), Regionalen Abmachungen und anderen Internationalen Organisationen eingesetztes Personal, das im Falle von Auseinandersetzungen oder Verstößen gegen Prinzipien der Charta der VN (VN-Ch) vor Ort Sachverhalte feststellen und im Allgemeinen allein durch Anwesenheit deeskalierenden Einfluss haben kann. Inspektion

Ernährungssicherstellungsgesetz

Sicherstellungsgesetze

Ersatzdienst

Verfassungsrechtliche Bezeichnung (Grundgesetz [GG] Art. 12a, 2) für den Zivildienst. Der ~ ist von anerkannten Kriegsdienstverweigerern anstelle des Wehrdienstes zu leisten.

Ersteinsatz von Nuklearwaffen

(engl.: First Use)

Erstmaliger Einsatz von Nuklearwaffen in einem bis dahin mit konventionellen Waffen geführten Konflikt. Eskalation

Erster Golfkrieg Golfkrieg
Erstschlagfähigkeit

(engl.: First Strike Capability)

Die Fähigkeit eines Staates oder Bündnisses, mit einem ersten Schlag das gesamte nukleare Gegenschlagspotenzial eines Gegners so weit zu dezimieren, dass ein vernichtender Vergeltungsschlag ausgeschlossen werden kann.

Heute besteht zwischen den Nuklearmächten eine gesicherte Zweitschlagfähigkeit, die u. a. rüstungskontrollpolitisch (ABM-Vertrag) sowie durch Reduzierung von landgestützten Interkontinentalraketen (ICBM), Abbau von MIRV-Gefechtsköpfen und Verlagerung des Schwerpunktes auf überlebensfähige, seegestützte Systeme (SLBM) gewährleistet ist.

Ertüchtigung

Im September 2011 stellte Bundeskanzlerin Merkel erstmals ihre »Ertüchtigungsinitiative« vor. Sie forderte sicherheitspolitische und militärische Unterstützung für Partner, Regionalorganisationen und aufstrebende Schwellenländer, um diese zu befähigen (ertüchtigen), selbst für Sicherheit und Stabilität in ihren Regionen zu sorgen. Um diese Hilfe zur Selbsthilfe in konkrete Projekte umsetzen zu können, wurde 2016 erstmals ein Haushaltstitel von 100 Millionen Euro geschaffen, der vom Bundesministerium der Verteidigung und dem Auswärtigen Amt gemeinsam verwaltet wird. Bis 2019 wurde diese Summe auf über 130 Millionen Euro erhöht, und ab 2021 werden 175 Millionen bereitgestellt. Finanziert werden damit Projekte von militärischer Ausbildungshilfe über Infrastrukturmaßnahmen bis hin zu Lieferung von militärischem Gerät. Alle Empfänger von Ertüchtigungsmitteln müssen sich an menschenrechtliche und rechtsstaatliche Standards halten.

Ertüchtigungsmissionen der EU

Im Rahmen ihrer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) führt die EU Ausbildungsmissionen mit dem Ziel der Ertüchtigung durch. Einige haben ein ziviles Mandat und dienen in der Regel der Unterstützung von Polizei- und Grenzschutzkräften, so etwa in Libyen, Niger, der Demokratischen Republik Kongo oder bis 2014 im Südsudan. Andere Missionen konzentrieren sich auf die Ausbildung von Streitkräften. Seit 2010 bildet eine EU-Trainingsmission (EUTM) Militärangehörige aus Somalia für den Kampf gegen die Al-Shabab-Milizen aus und berät den somalischen Generalstab. Eine hinsichtlich ihres Mandates vergleichbare EU-Mission ist mit mehr als 400 Soldaten seit Anfang 2013 in Mali aktiv. Im Frühjahr 2015 kam eine militärische Beratermission der EU in der Zentralafrikanischen Republik (EUMAM RCA) hinzu.

Diese Missionen werden von einem übergreifenden politischen Prozess innerhalb der EU flankiert. Um die Grundidee der Ertüchtigung in eine gemeinsame Strategie europäischer Sicherheitspolitik zu überführen und ihr auf diese Weise mehr Kohärenz und Gewicht zu verleihen, brachte sich Deutschland mit der sogenannten Enable and Enhance Initiative (E2I) in die Vorbereitung des EU-Gipfeltreffens vom Dezember 2013 ein. In einer gemeinsamen Erklärung betonten die europäischen Regierungschefs daraufhin ihre Absicht, sogenannte Partnerländer und regionale Organisationen durch die Bereitstellung von Ressourcen, Beratungen und Trainingsmaßnahmen in die Lage zu versetzen, Krisen und Gewaltkonflikte eigenständig zu bewältigen.

ERW Neutronenwaffe
Erweiterte Integrierte Luftverteidigung

Luftverteidigung, erweiterte integrierte

Erweiterte Luftverteidigung

Luftverteidigung, erweiterte

Erweiterte Sicherheit

Sicherheitspolitischer Ansatz, der neben militärischen Gefahren auch andere Ursachen für Krisen und Konflikte, wie ökologische, sozioökonomische, ethnische und andere Risiken, in Maßnahmen der Sicherheitsvorsorge einbezieht. Vernetzte Sicherheit

Eskalation

(engl.: Escalation)

1. In der internationalen Politik die stufenweise Steigerung von politischen, wirtschaftlichen, psychologischen und militärischen Druckmitteln zur Durchsetzung vorrangig politischer Ziele.

2. In einem bewaffneten Konflikt die Verschärfung bzw. Steigerung der Intensität eines Konflikts durch qualitative und/oder quantitative Steigerung des Gebrauchs von Waffen (vertikale Eskalation) bzw. die regionale Ausweitung des Konflikts (horizontale Eskalation). Deeskalation; NATO Strategie

Eskalationsbereitschaft

Politischer Wille, im Falle eines gegnerischen Angriffs den Einsatz der vorhandenen militärischen Mittel politisch kontrolliert so zu steigern, dass eine politische und militärische Niederlage vermieden wird und Kriegsbeendigung bei größtmöglicher Schadensbegrenzung herbeigeführt werden kann. Deeskalation; Eskalation

Eskalationsdominanz

1. Fähigkeit, Kampfhandlungen auf jeder Ebene eines Bewaffneten Konflikts unabhängig von den Aktionen des Gegners zu intensivieren oder geografisch ausweiten zu können. Eskalation; Eskalationsbereitschaft

2. Fähigkeit, in Stabilisierungsoperationen eine Eskalation einer Konfliktpartei oder Teilen derselben durch überlegene Eskalationsfähigkeit zu vermeiden oder abzuschrecken.

Eskalationskontrolle

Fähigkeit, im Spannungs-, Krisen- und Kriegszustand militärische Machtmittel politisch kontrolliert so einzusetzen, dass dadurch die Chance zur Beendigung des jeweiligen Zustandes ermöglicht wird. Deeskalation; Eskalationsbereitschaft; Krisenbewältigung; NATO Strategie

Eskalationsverbund NATO Triade
Essential Harvest

NATO Essential Harvest

Ethik

1. Philosophische Wissenschaft vom Sittlichen. Als Hauptgegenstand ihrer Betrachtung gelten vor allem die menschlichen Handlungen und besonders die Gesinnung, die aus diesen hervorgehen, oder die erfolgte Wirkung.

2. Allgemeine Lehre oder Wissenschaft vom Sittlichen bzw. jenem Teil der Philosophie (Moralphilosophie), der das moralische Bewusstsein und das Verhalten der Menschen thematisiert. Max Scheler entwickelte 1913 die Konzeption der Wertethik in der Annahme, dass es »objektive Werte« gibt, die ihren Ausdruck im subjektiven Wertgefühl der Menschen finden. Gesinnungsethik; Verantwortungsethik

Ethnie

Eine in der Eigen- oder Fremdperzeption durch Sitten, Gebräuche und Selbstdeutung von anderen Kulturen zu unterscheidende Gruppe von Menschen, die historisch, genetisch, sozial und kulturell eine Einheit bildet. Das im Laufe der Geschichte entwickelte Zusammengehörigkeitsgefühl von ~ beruht vielfach auf traditioneller Gegnerschaft zu den die ~ umgebenden Völkern oder auf der Fähigkeit, als kleine Gruppe eine politische Entität zu bilden und eigene Interessen wahrnehmen zu können.

Ethnischer Konflikt Konflikt, ethnischer
Ethnizität Ethnie
Europäische Union (EU)

Die ~ ist der Kern des europäischen Stabilitätsraums. Sie umfasst gegenwärtig 27 Staaten, die verbunden sind durch gemeinsame Wertvorstellungen wie Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Frieden, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Menschenrechte und Streben nach Wohlstand. Mit der zunehmenden Übertragung von Teilen ihrer einzelstaatlichen Souveränität auf gemeinschaftliche Organe fördern die Mitgliedstaaten die europäische Integration und stärken die Handlungsfähigkeit Europas. Ein wesentliches Element neben der Wirtschafts- und Währungspolitik ist hier heute die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), zu der auch die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zählt. Während die ~ nach einer fünf Jahrzehnte währenden Phase des kaum unterbrochenen Zusammenwachsens heute im Äußeren wie im Inneren mit zahlreichen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert ist, konnte sie in den vergangenen Jahren in der GASP und der GSVP erhebliche Verbesserungen in der Tiefe und Qualität der Kooperation der Mitgliedstaaten erreichen. Deutschland agiert diesbezüglich als ein wesentlicher Protagonist und Ideengeber. Auf Basis der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und weiterer gemeinsamer Initiativen eröffnet sich auf längere Sicht ein möglicher Weg hin zu einer sicherheitspolitisch immer enger verflochtenen »Europäischen Verteidigungsunion« (EVU). Diese ist gleichwohl nicht als Konkurrenz, sondern als komplementäres Element zur NATO gedacht, mit der ebenfalls eine zusehends engere Zusammenarbeit angestrebt wird.

Wirtschaft, Wohlstand, Währung: Europäische Integration nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Unterschied zur NATO war die EU ursprünglich keineswegs als sicherheitspolitische Institution, sondern zunächst als reines Wirtschaftsbündnis konzipiert worden. Auf der Basis des Schuman-Plans vom 9. Mai 1950 gründeten Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland 1951 zunächst die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, auch »Montanunion« genannt) mit dem Ziel, durch die gemeinsame Verwaltung dieser seinerzeit wichtigsten Schlüsselindustrien den noch jungen Frieden in Europa zu bewahren und zu fördern. 1957 schlossen sich diese sechs Staaten im Rahmen der Römischen Verträge zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zusammen und gründeten die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom). Der Abschluss der Römischen Verträge, die 1958 in Kraft traten, gilt gemeinhin als die eigentliche Geburtsstunde der späteren ~.

Die EWG entwickelte sich in ihrer Größe und politischen Struktur in den 1960er- und 1970er-Jahren schrittweise weiter. Institutionell bildete sich in Brüssel eine dreizügige Grundstruktur heraus, die bis heute den Europäischen Rat als Gremium der Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission als »Hüterin der Verträge« und europäische Exekutive sowie das Europaparlament als direkt von den Bürgern gewählte Vertretung umfasst. Parallel wuchs die Zahl der Mitgliedstaaten: 1973 traten Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich, 1981 Griechenland, 1986 Portugal und Spanien, 1995 Finnland, Österreich und Schweden bei. Die Staaten Osteuropas schlossen sich wenig später an: Zwischen 1998 und 2013 traten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn, Zypern, Bulgarien, Rumänien und Kroatien bei, sodass die ~ zwischenzeitlich auf 28 Mitgliedstaaten anwuchs.

Auf die Industriepolitik folgte derweil die Vergemeinschaftung weiterer Politikfelder, wie etwa des europäischen Agrarsektors. Nach der bereits 1960 eingerichteten Europäischen Freihandelszone und der 1968 eingeführten Europäischen Zollunion wurde 1985 der gemeinsame Binnenmarkt als zentraler Bestandteil der sog. »Europäischen Akte« begründet. Im selben Jahr leitete das Schengener Abkommen den schrittweisen Abbau innereuropäischer Grenzkontrollen ein, erleichterte die Bewegungsfreiheit der EU-Bürger und förderte die wirtschaftliche Integration des Kontinents weiter. Hierzu leistete auch die Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten ab 2002 einen signifikanten Beitrag. Zu Beginn der 2000er-Jahre war so die politische Teilung Europas, die noch den Großteil des 20. Jahrhunderts so wesentlich gekennzeichnet hatte, weitgehend überwunden.

Vom Ende des Ost-West-Konflikts zu einer eigenen europäischen Sicherheitspolitik

Die hohe Wirtschaftsleistung der ~ und ihre damit verbundene globale Geltung bewirkten in immer stärkerem Maße, dass die ~ faktisch auch sicherheitspolitische Relevanz zu erlangen begann, auch wenn dies nicht ihr ursprünglicher Gründungszweck gewesen war. Das Ende des Ost-West-Konflikts nach 1989 und der damit verbundene Rückgang der amerikanischen Präsenz in Westeuropa stimulierten zusätzlich die Überlegungen, die Eigenständigkeit der EWG zu erhöhen und eine sichtbare gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu formulieren. Frühere, politisch mitunter sehr ambitionierte Versuche einer auch militärisch stärkeren Integration der Europäer, etwa im Pleven-Plan von 1950 oder in den Fouchet-Plänen ab 1961, waren zuvor nicht zur Realisierung gelangt. Einziges Format von zumindest bescheidenem Bestand war in dieser Hinsicht die Westeuropäische Union (WEU), die ursprünglich aus dem Brüsseler Pakt von 1948 hervorgegangen war und neben der Wahrung von Frieden und Sicherheit auch umfassende gegenseitige Beistandspflichten umfasste. Die WEU begann in den 1990er-Jahren eine Wiederbelebung zu erfahren, die letztlich in der Übertragung ihrer Aufgaben an die EU mündete und die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik als wesentliches politisches Handlungsfeld der Union mitbegründete.

Für diesen Prozess entscheidend waren die Verträge von Maastricht ab 1991, Amsterdam ab 1997 und Nizza ab 2003. Der Vertrag von Maastricht trat 1993 in Kraft und ersetzte die Römischen Verträge. Er definierte unter anderem die Wirtschafts- und Währungspolitik der Europäischen Gemeinschaft, die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres sowie die GASP als die »drei Säulen« der ~. Auch wurde erstmals eine gemeinsame Verantwortung für den wichtigen Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik festgelegt, die mit den sog. »Petersberg-Aufgaben« von 1992 humanitäre Einsätze, Stabilisierungsmaßnahmen und friedensschaffende Kampfeinsätze als europäischen militärischen Aufgabenkatalog definierte. Folgerichtig wurde mit Maastricht aus der EWG nun auch dem Namen nach die Europäische Gemeinschaft (EG), die nicht mehr nur allein auf Wirtschaftsfragen abzielte.

Mit dem Vertrag von Amsterdam, der 1999 in Kraft trat, fand bereits wenige Jahre später eine vertraglich vorgesehene Revision des Maastricht-Vertrages statt, die wesentlich auf die Verbesserung der institutionellen Handlungsfähigkeit der ~ abzielte. Dies schloss das Instrumentarium der GASP ein, deren sichtbarste Neuerung die Einführung des Amtes des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik war. Mitgliedstaatlich gewählt vom Europäischen Rat, hatte die GASP mit diesem von nun an eine greifbare Ansprechstelle im internationalen Raum. Erster Amtsinhaber wurde der vorige NATO-Generalsekretär Javier Solana.

Die Geschichte der GSVP als Bestandteil der GASP, zunächst noch als Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) bezeichnet, begann derweil mit dem Europäischen Rat von Köln im Juni 1999. Die GSVP soll die Handlungsfähigkeit der EU auf dem Gebiet der GASP steigern, dabei verfolgt die ~ im Unterschied z. B. zur NATO grundsätzlich einen umfassenden Ansatz (»Comprehensive Approach«) aus zivilem und militärischem Krisenmanagement aus einer Hand. Bezüglich Letzterem verabschiedete der Europäische Rat noch im selben Jahr in Helsinki das European Headline Goal (EHG) als gemeinsames europäisches Ziel u. a. für den Aufbau schnell verlegbarer militärischer Einsatzkräfte, die die ganze Bandbreite der Petersberg-Aufgaben durchzuführen in der Lage sein sollten. Dies mündete letztlich im Konzept der EU Battlegroups, kurzfristig einsatzbereiter Verbände in der Größenordnung eines verstärkten Kampftruppenbataillons, zu deren Gestellung für jeweils ein halbes Jahr die EU-Mitgliedstaaten bis heute nationale Kräfte einmelden.

Ergänzend legte im Jahre 2003 der Vertrag von Nizza unter anderem fest, dass in der GASP in Abstimmungen weiterhin ein Einstimmigkeitsprinzip der Mitgliedstaaten gelten sollte, während mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich stark gewachsene ~ in anderen Politikbereichen fortan ein Mehrheitsprinzip Anwendung fand. Die formellen militärischen Beistandsaufgaben der WEU gingen zudem endgültig auf die ~ über. Noch im selben Jahr wurde zudem die Einrichtung der European Defence Agency (EDA) für die gemeinsame Entwicklung militärischer Fähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung beschlossen. Mit der Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS) formulierte die ~ zudem erstmalig ein außen- und sicherheitspolitisches Grundlagenpapier zur strategischen Ausrichtung ihres Handelns. Geprägt wurde diese u. a. vom Eindruck der Terroranschläge des 11. September 2001, des Krieges der USA im Irak und durch die Zielvorstellung eines »Ringes der Stabilität« entlang der Peripherie des Unionsgebietes.

Von nicht minderer Bedeutung war die Klärung des Verhältnisses einer immer stärker sicherheitspolitisch engagierten ~ zur NATO, gerade auch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Mitgliederzusammensetzung beider Organisationen. Die ~ sollte die NATO sicherheitspolitisch niemals ersetzen, sondern immer nur ergänzen. Das im März 2003 vereinbarte Berlin-Plus-Abkommen sicherte Brüssel daher die Rückgriffsmöglichkeit auf Planungskapazitäten, Mittel und Fähigkeiten der NATO zur Operationsführung zu. Ein Jahr später konnte zusätzlich noch eine entscheidende Finanzierungsfrage gelöst werden: Mit der Einrichtung des Athena-Mechanismus gab sich die ~ ein dezidiertes neues Finanzierungsinstrument, aus dem Anteile der Kosten eines europäischen Militäreinsatzes durch die Staatengemeinschaft übernommen werden konnten.

Kein gerader Weg zur Einigung: Vom Scheitern einer EU-Verfassung zum Vertrag von Lissabon

Zu Beginn des neuen Jahrtausends war somit prinzipiell für die ~ ein Pfad zu größerer Eigenständigkeit, stärkerer Institutionalisierung, höherer Sichtbarkeit und nicht zuletzt rascherer Handlungsfähigkeit in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik eröffnet. Der politisch-institutionelle Fortschritt in der europäischen Einigung insgesamt war jedoch nicht automatisch auch mit einem gesamtgesellschaftlichen gleichzusetzen: So zeigte sich in der Mitte der 2000er-Jahre erstmals, dass die entlang all der genannten Vertragswerke bis dato im Wesentlichen stetig und linear verlaufende Wandlung Europas hin zu einem immer stärker integrierten Staatenbund spürbare Verlangsamungen aufzuweisen begann. Dies offenbarte sich beim Scheitern des Versuches, der ~ angesichts ihrer zwischenzeitlich erreichten Größe, Komplexität ihrer Verfahren und Reichweite ihrer Zuständigkeiten eine eigene Verfassung und so den Charakter einer parlamentarisch-demokratischen Föderation mit weitreichenden Kompetenzen zu geben. Trotz recht weitgehender Vorarbeiten, u. a. durch einen Verfassungskonvent nationaler und europäischer Vertreter 2002/2003 und der Einigung auf einen europäischen Verfassungsvertrag 2004, gelang dessen notwendige Ratifikation in allen Mitgliedstaaten mangels hinreichender demokratischer Zustimmung jedoch nicht.

Die in der Folge unternommenen Anstrengungen, dennoch möglichst viel der Substanz des Verfassungsentwurfes zu erhalten und für alle Mitgliedstaaten zustimmungsfähig zu bleiben, mündeten im Jahre 2007 im Vertrag von Lissabon. Dieser trat 2009 in Kraft und stellte nur mehr eine neuerliche Änderung, nicht jedoch einen Ersatz der bisherigen europäischen Verträge dar, so wie es im Falle der europäischen Verfassung geschehen wäre. Er bewirkte gleichwohl eine ganze Reihe von bis heute prägenden institutionellen Neuerungen im gesamten Gefüge der ~. Für die GASP entscheidend sind hierbei insbesondere die Aufwertung des Hohen Vertreters, der u. a. seither zur Verbesserung der Binnenkoordination auch Vizepräsident der EU-Kommission ist, die Gründung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) als außen- und sicherheitspolitischem Arbeitsmuskel sowie die Einführung neuer sicherheitspolitischer Ratsformate. Mit dem Artikel 42 Absatz 7 erhielt der Vertrag von Lissabon zudem eine verteidigungspolitische Beistandsklausel in Fortführung der WEU. Das mit dem Vertrag von Maastricht eingeführte Drei-Säulen-Modell wurde hingegen aufgehoben, und die EG ging formell in der ~ in ihrer heutigen Form auf.

Krisen als Innovationstreiber: Die GSVP als tragendes Element tieferer europäischer Integration

Recht bald nach Abschluss des Vertrages von Lissabon begann die ~, sich in bislang beispielloser Weise mit einer Reihe von sich gegenseitig bedingenden innen- und außenpolitischen Krisen konfrontiert zu sehen. Die Wirtschafts- und Währungskrise der späten 2000er-Jahre, die im Zusammenbruch des US-Immobilienkreditmarktes ihren Anfang nahm und sich in Europa in Form einer Krise des Euroraumes fortsetzte, machte eine signifikante Bruchlinie zwischen den Regierungen einzelner Mitgliedstaaten offensichtlich. Selbst das zeitweise oder gar dauerhafte Ausscheiden einzelner Mitgliedstaaten aus der Eurozone war zwischenzeitlich auf dem Tisch. Die wirtschaftliche Stabilisierung des Euroraumes gelang nur sehr mühsam und ging einher mit einem messbaren Verlust des Vertrauens vieler Europäer in die ~ per se. Außenpolitisch ereignete sich derweil eine Zäsur in Gestalt der völkerrechtswidrigen russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014. Russland, das in Brüssel, in den nationalen Hauptstädten des Westens und auch seitens der NATO bis dahin überwiegend partnerschaftlich wahrgenommen wurde, musste nun erneut durch die Brille eines Konkurrenz- und Konfliktverhältnisses betrachtet werden. Die Akteure des Westens, die in ihrer Verteidigungspolitik seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes fast ausschließlich in den Kategorien räumlich begrenzter, friedenserhaltender Out-of-Area-Einsätze zu denken und planen gewohnt waren, realisierten im Zuge dieser Entwicklung zwischenzeitlich eingetretene Fähigkeitslücken in ihrer Abwehr gegen europäisches Territorium gerichteter Aggressionen.

Gesellschaftliche Unruhen in zahlreichen islamisch-autoritär geprägten Staaten entlang der europäischen Peripherie entluden sich wenig später im sog. »Arabischen Frühling« und bewirkten einen Strom von Asylsuchenden in Richtung des europäischen Kontinents. Diese Entwicklung führte wie schon die Eurokrise zuvor erneut zu tiefer politischer Uneinigkeit zwischen Gruppen von EU-Mitgliedstaaten, diesmal vor allem hinsichtlich der Frage der Verteilung der ankommenden Migrantinnen und Migranten und der Absicherung der EU-Außengrenzen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten sich zudem in annähernd allen Mitgliedstaaten nationalistisch-populistische Parteien etabliert, die mit dezidiert europakritischer bis -feindlicher Rhetorik teilweise erhebliche Wahlerfolge verzeichnen konnten und die europapolitischen Spielräume der Hauptstädte mitunter stark einschränkten. Seinen Höhepunkt fand diese politische Strömung im Sommer 2016 in Großbritannien mit einem knapp erfolgreichen Referendum zum Ausstieg aus der ~. Im November 2016 wurde zudem mit Donald J. Trump ein Präsident der USA gewählt, der die ~ ausdrücklich eher als globalen Konkurrenten denn als Wertepartner betrachtete und die Notwendigkeit ihres Fortbestandes ebenso anzweifelte wie jenen der NATO. Die ~ fand sich somit zum Ende des Jahres 2016 in einem sprichwörtlich »perfekten Sturm« aus drängenden außenpolitischen Konfliktfeldern, einem Vertrauens- und Kohäsionsverlust nach innen und einer unsicheren Perspektive auf die Zukunft der transatlantischen Gemeinschaft wieder.

Bereits im Jahre 2015 hatten in Brüssel indes die Arbeiten an einem Nachfolgedokument der zu diesem Zeitpunkt mehr als ein Jahrzehnt alten und inhaltlich überholten ESS begonnen. Der Veröffentlichungstermin des neuen, nun EU Global Strategy (EUGS) genannten Papiers fiel im Sommer 2016 zeitlich mit dem britischen Referendum zusammen, was seine öffentliche Wahrnehmung zunächst deutlich eintrübte. Die verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten zeigten sich jedoch einig, die erreichten Erfolge bei der Einigung Europas nicht der weiteren Erosion preiszugeben. Deutschland und Frankreich als bevölkerungsstärkste Nationen des Kontinentes bekannten sich zum ungebrochenen Bemühen um Zusammenhalt und tiefere Integration vor allem in der GASP und GSVP, gefolgt zunächst von Italien und Spanien und schließlich von fast allen weiteren Mitgliedstaaten der ~. Die Tatsache, dass die ~ zu diesem Zeitpunkt überhaupt eine zukunftsgerichtete strategische Positionierung in Form der EUGS herausgab, kam einem wichtigen politischen Lebenszeichen gleich.

Die EUGS löste auf dem Feld von GASP und GSVP eine Reihe von Neuerungen aus, die in ihrer Tragweite und der Geschwindigkeit ihrer Implementation in der Geschichte der europäischen Sicherheitspolitik bislang ohne Beispiel waren. Sie thematisierte die Krisenlage der ~ in selbstkritischer Weise, erklärte zentrale außenpolitische Gestaltungsziele in Bezug auf globale Regionen und relevante Themen und legte eine Reihe von prinzipiellen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Ziele fest. Noch im Jahr 2016 wurde sie um einen stärker operationalisierten Implementationsplan (IP) ergänzt, der einerseits bereits bestehende Ziele wie etwa das EU Headline Goal oder auch die weitere Bereitstellung der EUBGs bekräftigte. Zusätzlich begründete er weitreichende Neuerungen, so legte er u. a. die Aktivierung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation – PESCO) der Streitkräfte der Mitgliedstaaten fest. Die PESCO hob die Kooperation der in der Gesamtschau ihrer Fähigkeiten bis dato an manchen Stellen vielfach redundant, an anderen Stellen gleichwohl aber lückenhaft aufgestellten europäischen Streitkräfte auf ein neues Niveau: Zu Recht wurde bemängelt, dass die Mitgliedstaaten in der Summe zwar ein Budget für ihre Streitkräfte aufwandten, das in etwa dem der VR China entsprach und das Russlands bei Weitem überstieg. Bedingt durch unzureichende Abstimmung der Europäer untereinander, etwa bei der Beschaffung und dem Betrieb von Waffensystemen oder auch in Bezug auf gemeinsame Führungsstrukturen, schlug sich dieses Budget jedoch in aller Regel nicht in einer vergleichbaren militärischen Effektivität und Einsatzbereitschaft nieder. Mit der Ausarbeitung von gemeinsamen Kooperations- und Strukturprojekten in der PESCO nahm sich die ~ diesem Problem nun an. Die entscheidende Neuerung gegenüber aller bisherigen verteidigungspolitischen Zusammenarbeit im EU-Rahmen war hierbei der neue Grad ihrer Verbindlichkeit: Zwar war und ist die Beteiligung an der PESCO an sich für die nationalen Hauptstädte freiwillig. Nicht weniger als ein Beschluss der europäischen Staats- und Regierungschefs jedoch machte für die teilnehmenden Partner – recht zeitnah waren alle militärisch relevanten EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme Großbritanniens und Dänemarks beigetreten – zu einer politisch priorisierten Angelegenheit, aus der sich die einzelnen Teilnehmer im Unterschied zur oft eher in Ad-hoc-Manier gestalteten Zusammenarbeit früherer Tage nicht mehr einfach zurückziehen können.

Die PESCO legte so eine der grundlegenden Voraussetzungen für eine wesentlich krisenfestere GSVP, die ihre Funktionalitäten auch unter innereuropäisch schwierigen politischen Bedingungen zu wahren in der Lage ist. Flankiert wurde die PESCO von einer Reihe weiterer wichtiger Innovationen, wie etwa dem EU Coordinated Annual Review on Defence (CARD), einem Abstimmungsmechanismus der nationalen Verteidigungsressorts, der Redundanzen in den Beschaffungsplanungen vermeiden und Synergieeffekte schaffen soll, oder dem Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) als dezidiertem Finanzierungsinstrument der Kommission. Auch zur gemeinsamen Verteidigungs- bzw. zur zivil-militärischen »dual use«-Forschung wurden nennenswerte Geldmittel durch die ~ ausgeplant.

»Europäische Verteidigungsunion« oder gar »Europa-Armee«? Zukunftsperspektiven für GASP und GSVP

Selbst im Angesicht dieser Fortschritte steht die ~ am Beginn der 2020er-Jahre unverändert vor erheblichen Herausforderungen. Zwar erscheint die zeitweilige Erfolgskurve des anti-europäischen Populismus vorerst abgeflacht, dem zum Jahresende 2020 vollzogenen Austritt Großbritanniens sind bislang keine weiteren Mitgliedstaaten nachgefolgt, und nach dem Regierungswechsel in den USA im Januar 2021 kann zunächst eine gewisse Wiederverstetigung der transatlantischen Beziehungen erwartet werden. Die Instabilität und Krisenanfälligkeit der europäischen Peripherie, Terrorismus, hybride und Cyberbedrohungen bleiben jedoch ebenso sicherheitsrelevante Problemfelder wie der globale Klimawandel und die Beseitigung der Folgen der Covid-19-Pandemie. Anders als im Falle der ESS, die nach ihrer Veröffentlichung 2003 keine regelmäßige Überprüfung erfuhr und dementsprechend stetig an Aktualität und Bindungswirkung einbüßte, sind die EUGS und der durch sie begründete Folgeprozess nun jedoch dauerhaft auf der politischen Agenda Brüssels. Im Jahre 2019 fand der erste der im Dreijahresrhythmus anberaumten Review-Prozesse der Strategie unter dem Motto »three years on, looking forward« statt. Um den Prozess der außenpolitischen Schwerpunktsetzung und Strategiebildung zu flankieren und das gemeinsame Verständnis konkreter Sicherheitsherausforderungen in der EU zu verbessern, wurde im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 zudem die Arbeit am sog. Strategischen Kompass eingeleitet. Die Zahl der konzipierten und zur Umsetzungsreife vorangebrachten PESCO-Projekte wuchs derweil mit jedem Jahr auf mittlerweile 47 Einzelvorhaben zu Lande, zu Wasser, in der Luft, in der Ausbildung und im Cyberbereich. Hier werden die Arbeiten stetig fortgesetzt. Immer wieder wird zudem der große Wert der möglichst engen Zusammenarbeit von EU und NATO unterstrichen, von Interesse sind hier neben der militärischen Kooperation, z. B. im Bereich Transport und Logistik auf dem europäischen Kontinent, auch die Bekämpfung des Terrorismus, hybride Bedrohungen und Bedrohungen im Cyber-Raum. Betont wird dabei stets, dass transatlantisches Bündnis und EU GSVP keinesfalls in ein Konkurrenzverhältnis treten sollen, sondern eine sicherheitspolitisch handlungsfähigere EU auch die NATO als ihr »europäischer Pfeiler« stärker machen wird.

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1519 s. 49 illüstrasyon
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