Kitabı oku: «Im Takt des Geldes», sayfa 5

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Reflex und Klang

Wenn man es so beschreibt, klingt alles nur hoch abstrakt und mathematisch leer – und soll doch unsere so gar nicht abstrakte, so gar nicht leere Rhythmusempfindung begründen. Es klingt kompliziert, rechnerisch und vor allem sehr viel bewusster, als wir es je empfinden. Für unsere Ohren macht sich doch alles von selbst: Wir hören Rhythmus ganz einfach und wüssten nicht, dass wir dabei irgendetwas zu leisten hätten. Was wir hören und empfinden, ist unseren Ohren unmittelbar Klang, Fülle, Inhalt, es sind nicht diese leeren Zeiteinheiten, kein gleichsam technisches Verhältnis, nicht diese Mathematik der potenzierten Zwei. Und doch leisten wir eben sie.

Wenn wir es nun aber tun, wie kommt es von da zu all dem rhythmischen Reichtum, den wir kennen? Wie von dem kargen betont/unbetont zu den Zehntausenden von Rhythmen nach dem Takt? Wie von dem trockenen tik-tak zur Ekstase eines Tanzes?

Um das zu klären, bedarf es noch einmal gleichsam technischer Information darüber, wie sich jene synthetische Leistung in uns verhält, und zwar darüber, wie sie auf Klang reagiert. Was ich bisher von ihrer Wirksamkeit beschrieben habe, spielte tatsächlich nur in einem experimentell bereinigten Bereich stur gleichgültiger, gleichsam abstrakter Klänge. Aber das aus dem einfachen Grund, weil sich beim Hören dieser gleichgültig identischen Töne besonders klar unterscheiden lässt, was objektiver Klang und was dagegen Leistung jener Synthesis ist. Das heißt nicht, dass sie allein unter solch klinisch reinen Verhältnissen wirksam würde und sonst unterbliebe. Sie wirkt auch, wenn die Töne und Abstände nicht jeweils die identischen sind.

Und in diesem Fall vermag sie sehr wohl auch auf die möglichen Unterschiede in den Tönen zu reagieren und lässt sie sich durch eine entsprechende Differenzierung der Töne womöglich gar in ihrer Wirksamkeit bestärken. Die Takt-Synthesis wird ja durchaus nicht bei jedem beliebigen Klang wirksam, es gibt genug Töne und Geräusche auf der Welt, von denen sie nicht auf den Plan gerufen wird und die wir folglich nicht taktrhythmisch hören – und deshalb auch nicht als rhythmisch empfinden. Wenn sie jedoch durch eine Klangfolge hervorgerufen wird, wenn sie also bei einem ihr entsprechenden Klang wirksam wird, und wäre der noch so reich und vielfältig in sich gestaltet, so heftet sie ihre Bestimmungen h und n nach Möglichkeit an die objektiven Unterschiede der Klangelemente und wird dadurch auch in sich, genauer: in unserer Wahrnehmung, reicher und vielfältig.

Es bereitet mir einige Pein, diese Dinge nicht am Klang selbst vorführen zu können. Aber ein Buch, und wenn es von nichts sonst als von Klängen handeln wollte, bleibt in dieser Hinsicht stumm und kann nur hoffen, mit seinen beschreibenden Worten, wo der Leser den Klang vielleicht selbst in sich trägt, auch genug davon zu evozieren. Ich sage also schlicht: Jeder weiß, auf wieviel tausenderlei Weise allein die uns geläufige TaktMusik in sich gestaltet und unterschieden sein kann. Wie unser Taktreflex auf alle diese unzähligen Möglichkeiten reagiert und von ihnen geleitet wird, diese Frage zu erschöpfen versuche ich erst gar nicht. Aber es gibt ein paar Fälle, die untersucht sind, sich leicht beschreiben lassen und die alles Grundsätzliche über das Verhalten unserer Takt-Synthesis zu erkennen geben.

Der einfachste Fall: Wir hören Töne, die in gleichmäßigem Abstand aufeinander folgen, aber nun tatsächlich abwechselnd der eine lauter und der andere leiser:

Wenn zum Beispiel, bei gleichen zeitlichen Abständen und nicht zu hohem Tempo, jeder zweite Ton lauter ist als die anderen, neigen wir dazu, die Tonfolge in Zweier-Gruppen zu hören mit dem lauteren Ton zu Beginn der Gruppe. 25

Dass wir diese objektiv nach lauter und leiser abwechselnden Töne in Gruppen hören, wird niemanden verwundern, eher wird man fragen, ob es dazu überhaupt der Wirksamkeit unserer Synthesis bedarf. Ja: Denn auch hier machen sich die Gruppen nicht von allein, sondern verbindet sie die Töne. Auch wenn es das objektive Abwechseln der Töne nach lauter und leiser nahelegt, dass wir sie in Gruppen aus lauter und leiser verbinden, die Verbindung selbst ist gleichwohl noch zu leisten, der Klang enthält sie noch immer nicht von sich aus und objektiv, das Zusammenschließen der Elemente zu Gruppen ist auch hier erst Sache und Leistung des Wahrnehmenden. Dass wir sie leisten und nicht einfach im Klang liegend nur vorfinden, hat aber zusätzlich noch seinen deutlichen Beweis: da wir die Gruppen in einer bestimmten Reihenfolge auffassen, und zwar hier in der Reihenfolge h-n statt der ebenfalls möglichen n-h, einer Gruppe in der umgekehrten Abfolge leiser-lauter. Wir belegen also die abwechselnd leiseren und lauteren Töne mit unserem synthetischen betont/unbetont, indem wir sie zu Gruppen dieser Abfolge verbinden.

Dass die Reihenfolge einer Gruppe auch in diesem Fall durch unsere Wahrnehmung festgelegt und deshalb nicht zufällig ist, beweist auch der zweite einfache Fall: Wenn wir wiederum objektiv nach lauter und leiser abwechselnde Töne hören, aber diesmal in unterschiedlichen Abständen.

Wenn das Zeitintervall, das auf den schwächeren Ton folgt, verkürzt wird, während dasjenige, das ihm vorangeht, zunimmt, dann wird ein Punkt erreicht, von dem an man den Eindruck hat, die Gruppe würde mit dem schwächeren Ton beginnen und der lautere wäre der zweite. Mit anderen Worten, der Rhythmus schlägt um von trochäisch zu jambisch.

Noch immer ertönen die Töne objektiv der eine lauter, der andere leiser. Unsere Gruppenbildung jedoch verkehrt die Abfolge h-n in die entgegengesetzte Abfolge n-h. Auch das kann sich nicht einfach objektiv im Klang machen, sondern muss notwendig subjektiv, durch unsere Wahrnehmung geleistet werden. Objektive und subjektive Bestimmungen spielen auf solche Weise also zusammen: indem die Takt-Synthesis ihre Verhältnisbestimmungen, das h und n, an objektive Bestimmungen heftet. Sie heftet – wenig überraschend – die Hervorhebung, also ihre Bestimmung h, an den objektiv lauteren Ton und ihre Bestimmung n an den objektiv leiseren. Von diesem Zusammenspiel bemerken wir und nehmen wir nichts wahr als das einfache betont/unbetont. In unserer Wahrnehmung verschmelzen die zwei Arten von Bestimmungen zu einer: Die objektiv lauteren Töne hören wir ganz einfach als die hervorgehobenen gegenüber den objektiv leiseren als den nicht-hervorgehobenen. Wir hören die Gruppe h-n bestehend aus lautem und leisem Ton.

Ein dritter Fall. Wir hören nun wieder Töne von identischer Lautstärke, auch der Abstand vom Beginn des einen Tons zum nächsten ist jeweils gleich, aber die Töne selbst sind nun abwechselnd einer länger, einer kürzer. Was hören wir?

Was die Wirkung der relativen Dauer des Stimulus betrifft, wenn Tonstärke und zeitliche Abstände einheitlich sind, so steht die Wahrscheinlichkeit in dem Fall, dass jeder zweite Ton länger ist, zu Gunsten einer jambischen Gruppenbildung, das heißt, der längere Ton wird zum jeweils zweiten Element der Gruppe. Normalerweise scheint dieser längere Ton auch stärker zu sein (obwohl physikalisch von derselben Stärke wie der kürzere Ton).

Hier also heftet die Synthesis ihre Bestimmung h an das längere Element, ihr n an das kürzere, und verbindet beide zu einer Gruppe der Abfolge n-h.

Und so weiter und so fort: Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie Töne unterschieden, wie Klänge zusammen- und nebeneinandergesetzt, mit welchen Klängen also die Zeiteinheiten erfüllt sein können, die unsere Synthesis zu ihren Elementen macht. Sie reagiert so darauf, dass sie sich durch die Unterschiede in den Klangelementen nach Möglichkeit binden, nämlich dazu bringen lässt, ihre Hervorhebungsbestimmungen an bestimmte einzelne dieser Klangelemente zu heften – in den simplen Fällen, die ich angeführt habe, die Hervorhebung einmal an den stärkeren, das anderemal an den längeren von je zwei Tönen. Dies übrigens ist eine weitere der Bedingungen, unter welcher die Synthesis ein einzelnes Element überspringt, so dass sich die Dreier-Gruppe ergibt: Wenn etwa nach einer Zweier-Gruppe h-n das h der nächsten Gruppe statt an das unmittelbar folgende Element erst an das jeweils übernächste gebunden wird.

Das Zusammenspiel von Klang und taktrhythmischem Reflex ist zugleich also die Voraussetzung dafür, dass die Takt-Synthesis überhaupt auch auf dem emphatisch eigensten und reichsten Gebiet von Rhythmus wirksam werden kann, dem Gebiet der so weit nur möglich entfalteten Klänge – in der Musik.

Musik, taktrhythmisch

Dass es Musik gibt, die nach Takten gespielt wird, brauche ich nicht zu belegen. Zu beweisen aber habe ich, dass die beschriebene, bisher noch so karg scheinende synthetische Leistung tatsächlich daran beteiligt und dabei wirksam, ja, dass sie vor allem konstitutiv ist dafür, wenn wir Musik nach Takten hören. Das lässt sich mittlerweile ohne große Mühe beweisen.

Was es heißt, wenn Musik nach Takten geht, ist ja längst bekannt und festgestellt; die drei folgenden Punkte fassen es knapp zusammen:

Erstens: In Taktmusik verteilt sich der Klang auf jeweils gleiche, für sich genommen leere Zeiteinheiten, die sogenannten Taktschläge oder Taktteile. Wir unterscheiden »gute« und »schlechte« Taktteile: Die »guten« empfinden wir als betont gegenüber den »schlechten« als unbetont.26

Zweitens: Die Takte, die sich aus solchen Taktteilen zusammensetzen, lassen sich in genau zwei Taktgeschlechter einteilen: »Gerade« Takte bestehen oder setzen sich zusammen aus Zweier-Gruppen von je einem betonten und einem unbetonten Taktteil, »ungerade« Takte aus Dreier-Gruppen von einem betonten und zwei unbetonten Taktteilen.

Drittens: In Takten aus mehreren solcher Elementargruppen wird diese Gruppenbildung potenziert. So hören wir zum Beispiel einen Vier-Viertel-Takt nicht bloß als die Folge 1-2 3-4, sondern wir empfinden den »guten« Taktteil 1 außerdem noch hervorgehoben gegenüber dem »guten« Taktteil 3. Wir hören also: 1-2 3-4. Die Betonung auf der 3 wird daher auch als sekundärer oder Nebenakzent bezeichnet. Entsprechend unterscheidet man etwa bei einem Sechs-Achtel-Takt die Betonungen auf der 1 und der 4: 1-2 3 4-5 6. Und all diese Betonungen hören wir, auch wenn die Töne, die auf den entsprechenden Taktteilen liegen, jeder genauso laut gespielt wird wie die anderen.

Diese drei Punkte umreißen genau, was die rhythmische Grundlage aller Musik nach Takten ausmacht. Man wird nicht übersehen können: Es ist aufs Haar dasjenige, was unser taktrhythmischer Reflex leistet und bewirkt. Es ist, was uns dieser Reflex nachweisbar als rhythmisch vorgibt.

So recht alle Musik, die in der Neuzeit komponiert wurde oder heute produziert wird, hält sich an diese vom Taktreflex vorgegebene Gesetzmäßigkeit – und das eben heißt: an Takte. Natürlich gibt es auch Ausnahmen: traditionell gespielte Musik entlegener, der westlichen Welt lange Zeit noch entzogener Kulturen; oder die sogenannte »alte«, vor Neuzeit und Barock entstandene Musik – sofern sie heute in einer rhythmisch zuverlässigen Rekonstruktion gespielt wird! –; oder wiederum moderne Musik, die sich seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts verschiedentlich vom Taktwesen zu lösen wagte, Musik in Clustern, aleatorische Musik, Free Jazz und anderes, was nicht eben zur Hauptmasse einer Musik gehört, die doch sonst wahrlich in Massen gehört wird. Bei solcher »anderen«, nicht nach Takten verlaufenden Musik mag es für unsere Ohren sogar einen eigenen Reiz ausmachen, dass sich ihr Rhythmus endlich einmal den sonst unentrinnbaren Takten entzieht. Es kann Musiker auch reizen, wenigstens die Festlegung auf Zweier- oder Dreier-Gruppe zu durchbrechen und stattdessen Fünfer- oder Siebenertakte zu spielen. Aber auch das führt nur dazu, dass entweder, wie in dem dafür bekanntesten Stück Take five, ein Fünfer-Takt jeweils aus Zweier- plus Dreier-Gruppe zusammengesetzt wird und sich also doch an die Gesetzmäßigkeit hält; oder dass wir ein solches Stück tatsächlich nicht mehr nach Takten hören.

Wenn wir aber eine bestimmte Musik nicht nach Takten hören können, weil sie sich der Gesetzmäßigkeit des Takthörens verweigert oder diese Gesetzmäßigkeit schlichtweg nicht kennt, dann stellt sich in uns auch nicht diese sonst so klare Empfindung des Rhythmischen ein. Solche Musik gibt unserem Ohr keinen rhythmischen Halt, sie scheint uns entweder in einem gleichsam rhythmuslosen Fließen zu verlaufen – das uns gerade deshalb auch angenehm sein kann –, oder in einer Konfusion, die wir bestenfalls als polyrhythmisch oder sonst nur noch als unrhythmisch bezeichnen können. Solche Musik jedoch ist heute die strikte Ausnahme, Musik, die sich dem geltenden Rhythmus und der herrschenden Rhythmuswahrnehmung entschieden und hörbar entzieht. Die heute weitaus überwiegende Musik, alle für unsere Ohren rhythmische Musik, hält sich zuverlässig an die genannten drei Punkte, das heißt also: an die Vorgaben unserer taktrhythmischen Synthesis.

Deren zwingende Kraft zeigt sich an solcher Musik so nachdrücklich wie nirgends sonst, und insbesondere noch einmal in der Potenzierung der Gruppen. Diese schlägt sich hier nicht allein in der unterschiedlich hinzugehörten Akzentschwere »guter« Taktteile nieder, also zwischen einzelnen Taktteilen. Großflächig entfaltet sie ihre Wirkung außerdem erstens in der Bildung musikalischer Perioden und zweitens in der Teilung der Notenwerte.

Musikalische Perioden, so heißen etwa die Melodien und ihre Abschnitte, Themen, harmonische Einheiten über der jeweils selben Tonart, Motive, Phrasen. Alle diese Perioden fügen sich in der uns vertrauten Musik regelmäßig einer ganz bestimmten Anzahl von Takten ein, und das umso zuverlässiger, je weniger es solche Musik unternimmt, sich kunstvoll vom Eingängigen zu entfernen; am sichersten also zum Beispiel in Schlager, Rock oder Techno. Und zwar fügen sich diese Perioden vornehmlich in eine Anzahl von 2, von 4, 8, 16 oder gar von 32 Takten: Sie gehorchen der Gruppenbildung nach den Zweier-Potenzen.

Dass es sich so verhält, können wir nicht anders als für natürlich halten, für belanglos, unumgänglich, für besonders eingängig eben, durchaus keiner Erklärung, ja, nicht einmal eines Grundes bedürftig. Und doch gehört es spezifisch und ausschließlich zur Taktmusik und lässt sich allein als Wirkung der Takt-Synthesis und deren zweiwertiger Gruppenbildung erklären. Selbst bei einer heute gängigen Melodie von nur acht Vier-Viertel-Takten – solche achttaktigen Themen gehören erst etwa seit Beethoven zur musikalischen Regel – muss diese Synthesis bereits fünffach potenziert einwirken.

Dasselbe Maß an Potenzierung zeigt unsere Musik jedoch nicht nur beim Zusammenfügen größerer Gruppen, sondern ebenso bei der Teilung ihrer Einheiten, der Einheiten, aus denen sie sich zusammenfügt. Das sind die Notenwerte. Auch sie werden von uns nach den Zweier-Potenzen, je nachdem, zusammengefügt oder eben geteilt: die ganze Note in zwei Halbe, diese in zwei Viertel, und diese weiter in jeweils zwei Achtel, Sechzehntel, Zweiunddreißigstel und Vierundsechzigstel. Neben ihre Zweier-Teilung kann jeweils noch die Teilung in sogenannte Triolen treten, als der Sonderfall, welcher dementsprechend auch eine besondere Notation verlangt, dass ein Notenwert in drei kleinere Werte geteilt wird: die Dreier-Gruppe. Andere Teilungen, Quintole, Septole und so weiter, lassen sich selbstverständlich vorschreiben und spielen, finden aber in Takten nur die seltene Verwendung als freiere Füllung eines einzelnen Notenwertes. Das Selbstverständliche und Verbindliche dagegen ist die Teilung der Noten nach Zweierpotenzen, und nichts anderes vielleicht charakterisiert die Taktmusik so zwingend als eben sie. Auch dies Charakteristikum müssen wir für natürlich halten, für das Einfachste, für ganz einfach sinnvoll. Und doch hat es seinen Sinn nur im Taktrhythmus, ist es nur in ihm auch einfach und ist es nur seiner Natur gemäß.

Ein weiterer Irrtum liegt nahe: Da die Musik nun einmal so eingerichtet ist – mit ihren Taktteilen, ihrem betont/unbetont, ihren Notenteilung und so fort –, bedürfte es der synthetischen Leistung im Hörenden gar nicht mehr, um all dies wahrzunehmen, sondern es läge einfach und objektiv schon in der musikalischen Struktur. Aber allein dass Musik überhaupt nach Takten eingerichtet wurde und weiterhin eingerichtet wird, setzt bereits die Wirksamkeit des Reflexes voraus: in den Menschen, die solche Musik machen und sie überhaupt in dieser Weise einrichten, und immer auch in denen, die solche Musik wahrnehmen: damit sie, bei jedem einzelnen Hörvorgang, die Takte überhaupt hören und sie als rhythmisch empfinden können.

Nichts mag unwahrscheinlicher klingen als diese Behauptung: dass jemand, der über jenen Reflex nicht verfügt, auch keine Takte hören und keinen Taktrhythmus empfinden würde. Und doch ist diese Behauptung zwingend wahr und von großer Bedeutung. Jede, noch die am simpelsten auf Takte gebrachte Musik bedarf stets, um in diesem Sinne unwillkürlich als rhythmisch gehört zu werden, eines Gehörs, das die taktrhythmische Synthesis erbringt und also die entsprechende Gruppenbildung vornimmt. Anders zerfiele die Musik seinem Gehör in bloß leer aufeinanderfolgende Brocken oder sie zerfaserte in übereinanderliegende Klänge, die für den Hörenden auch nur der zeitlichen Beziehungen zueinander entbehrten – geschweige denn, dass sie uns eingehen und rhythmische Empfindungen wecken wollten und dass sie uns anders fasslich würden als beispielsweise eine Periode aus siebzehn Tönen.

Außerdem gilt, dass jede, noch die einfachste, sturste und stumpfste Taktmusik, um nur irgendwie Musik und kein bloßes Metronom zu sein, eine entscheidende und sehr spezifische Freiheit des Taktrhythmus nutzt: eine Freiheit, die den Taktrhythmus einerseits zu seinen unzählig möglichen Einzelgestaltungen befähigt und die andererseits wiederum im Hörenden die unwillkürliche Wirksamkeit genau derjenigen Synthesis voraussetzt, der auch ein tok tok genügt, um es ins tik-tak zu verwandeln. Diese charakteristische Freiheit des Taktrhythmus besteht darin, dass jene Synthesis die Einheiten der Taktteile ja selber schafft und vorgibt: Sie gibt mit ihnen ein Raster vor, auf das sich die Töne nur noch zu verteilen haben, ja, auf das wiederum sie selbst die Töne zu verteilen sucht. Und nicht nur ein solches Raster gibt sie vor, sondern, über- und untereinander gestaffelt, deren mehrere.27 Diese Raster schafft sie beim Hören nicht ins Leere hinein, sondern in Reaktion auf den Klang, versucht sie an den Klangelementen festzumachen und umgekehrt die Klangelemente ins passende Raster zu fügen. Die Klangelemente geben ihr damit lediglich die Dauer der Rastereinheiten vor, nicht die Rasterung selbst, nicht die Zweiwertigkeit der Gruppen, nicht das Hervorhebungsverhältnis dieser Zweiwertigkeit und nicht dessen Möglichkeit zur Dreier-Gruppe. All dies ist vielmehr den Klangelementen bereits im Hörenden vorgegeben, als das sichere Bett, in das sich die Töne nur noch fallen zu lassen brauchen.

Durch das taktrhythmische Gehör sind die Töne also davon befreit, selbst diese Einheiten zu sein; sie haben sich ihnen lediglich einzufügen. Ein außerordentlich wichtiger Unterschied: Nicht die Töne sind die Einheiten, sondern die Art der Einteilung in Einheiten besteht schon, bevor die Töne erklingen: im Wahrnehmenden. An den Tönen muss sein Taktreflex nur wenigstens eines seiner Raster befestigen können, und soweit diese Bedingung erfüllt ist, haben die Töne des weiteren alle Freiheit, sich über das Raster zu verteilen, wie sie nur immer mögen, ja sich auch davon zu lösen und ungebunden darüber hinwegzuspielen. Von den Tönen müssen nur überhaupt irgendwelche, ob in der Hauptstimme oder einer dezentesten Begleitung, dem Taktraster der Synthesis Anhalt geben, das jeweilige Raster auf Zweier- oder Dreier-Gruppe verpflichten, und die Töne haben im übrigen dann freie Wahl, welche und wieviele Raster-Elemente sie wie vollständig belegen wollen.

Und sonst bleibt einem Klang noch immer die Möglichkeit, sich nicht auf das Raster bringen zu lassen. Was geschieht dann mit Raster, Einheiten und Synthesis? Nun, wie es sich für einen Reflex gehört, wenn ihn kein entsprechender Reiz auf den Plan ruft: Er unterbleibt. Es kommt nicht zur taktrhythmischen Synthesis, nicht zu ihren Einheiten und Gruppen und nicht zu den Rastern aus betont/unbetont. Es kommt zu keinem Taktrhythmus – und das heißt: Wir empfinden den Klang ganz einfach nicht unwillkürlich als rhythmisch.

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