Kitabı oku: «Im Takt des Geldes», sayfa 4

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Und nun: Mit diesem Reflex, durch seine Gruppenbildung nach betont/unbetont, wird ihm die Tonfolge zugleich rhythmisch, empfindet er sie als rhythmisch gegliedert. Auch das hat Dietze vermerkt:

Im Verlaufe der nach der geschilderten Methode angestellten Untersuchung zeigte sich, dass das Bewusstsein die Zusammenfassung der auf einander folgenden Eindrücke sich dadurch erleichtert, dass es dieselben rhythmisch gliedert, indem es die in einer Reihe enthaltenen Eindrücke in Gruppen ordnet.19

Indem unsere Wahrnehmung – nach Dietzes Begriff unser »Bewusstsein« – die Töne zu Gruppen verbindet, empfinden wir die Tonfolge als rhythmisch: also indem wir die Töne unwillkürlich nach betont/unbetont unterscheiden und damit in Gruppen ordnen. Sowohl jene Gliederung der Töne, als auch die Eigenschaft dieser Gliederung, rhythmisch zu sein, ist etwas, das allein unsere Wahrnehmung leistet – in einem und demselben Vorgang. Gliederung und Rhythmus bestehen und ergeben sich allein mittels und innerhalb unserer Wahrnehmung: als Leistung unserer Wahrnehmung.

Der Umstand, dass relativ am leichtesten eine gerade Anzahl von Eindrücken zusammengefasst werden kann, weist deutlich auf den Einfluss der rhythmischen Gliederung der Reihen hin. 20

Und damit hat sich aus einer so harmlosen Beobachtung wie der am tropfenden Wasserhahn oder tickenden Wecker so viel ergeben: In uns wirkt ein zwingend starker, unwillkürlicher Reflex, ein Reflex rhythmischer Gliederung, der sich daran feststellen lässt, dass wir unverbundene, nicht unterschiedene, nur gleichmäßig aufeinanderfolgende Töne, einfach indem wir sie hören – indem sie also zu unseren »Gehörsvorstellungen« oder »Eindrücken« werden, wie Dietze es nennt –, unwillkürlich in eine Folge von Tönen verwandeln, die in Gruppen nach betont und unbetont abwechseln und verbunden sind und die wir damit zugleich als rhythmisch empfinden. Wenn wir solche Töne hören, das gleichmäßige tok tok tok eines Metronoms oder unserer Absätze auf dem Trottoir, machen wir also aus ihrem Geräusch, ob wir es beabsichtigen oder nicht, ein rhythmisches Geräusch. Und werden dann schwören wollen, dieser Rhythmus läge schon immer im Geräusch selbst.

Ein unscheinbarer Reflex

Das scheinen nun recht karge Künste: ein tok tok ins tik-tak zu verwandeln. Davon soll irgendetwas abhängen? Und dafür bedarf es großartig wahrnehmungspsychologischer Experimente?

Nein, dafür braucht es lediglich etwas wie das Geräusch von Schritten – die sind schon Experiment genug. Die Erfahrung des rhythmischen Wechsels von betont und unbetont ist etwas durch und durch Alltägliches. Und zwar alltäglich auch in dem Sinn, dass wir uns ihrer nicht ein einziges Mal bewusst werden müssen. Sie ergibt sich allenthalben, selbstverständlich und unbemerkt, wir hören den Wechsel, und nichts muss uns daran auffallen. Sowenig es uns frappiert, etwas Grünes grün zu sehen, so wenig frappiert uns, Töne nach betont/unbetont abwechseln zu hören, einfach deshalb, weil wir glauben müssen, dies Abwechseln würde ebenso in den Tönen stecken wie das Chlorophyll in den Blättern. Lediglich zu der wie auch immer geringfügigen Erkenntnis, dass dies nicht der Fall ist oder jedenfalls nicht der Fall sein muss, taugen die Experimente; dazu bedarf es ihrer.

Wir hören die gleichmäßig fallenden Töne und reagieren damit, sie auf diese Weise verändert zu hören und sie auf diese Weise als rhythmisch zu empfinden. Ich nenne diese Reaktion unseren taktrhythmischen Reflex. Seine Wirkungsweise ist, aufs kürzeste gesagt, diese: Er setzt je zwei Klangelemente gegeneinander in das Hervorhebungsverhältnis. Und genau damit, so einfach und so abstrakt, konstituiert er vollständig das, was für uns Rhythmus ist: den Taktrhythmus.

Auch das wird man sich zunächst nicht vorstellen wollen: dass der gesamte, vielgestaltige Taktrhythmus auf dieser unscheinbaren Reaktion gründen soll. Er, der so reich ist an tausendfältig unterschiedlichen Einzelrhythmen, der so unabsehbar viele Varianten bilden und der so unwiderstehlich mitreißende Gewalt über uns gewinnen kann, er scheint schlecht bei dem bisschen tik-tak sein Genügen zu finden. Und allerdings, um die Verbindung zwischen all diesen tausendfältigen Rhythmen und jenem einfachen Reflex herzustellen, gibt es noch manches zu klären. Für den Moment jedoch ist vor allem einmal festzuhalten, dass es erstens diesen Reflex gibt; und nun zweitens, worin er genau besteht.

Er unterscheidet die Töne und er verbindet sie damit zu Gruppen. Unterscheiden und Verbinden zerfallen nicht in zwei getrennte Leistungen, sondern sind eine: Unser Reflex verbindet die Töne, indem er sie unterscheidet. Beides ineins besteht darin, dass wir die Töne aufeinander beziehen, dass wir sie zueinander in ein Verhältnis setzen. Und zwar in das Verhältnis der Hervorhebung: Wir beziehen je zwei Töne aufeinander, indem wir den einen hervorheben gegenüber dem anderen. Wir setzen den einen Ton als betont über den anderen, der damit insofern, gegenüber dem ersteren, unbetont ist. Beide Bestimmungen, nach denen unser Reflex die Töne unterscheidet, »betont« und »unbetont«, sind damit Verhältnisbestimmungen; sowohl das »betont«, das stets die Betonung gegenüber etwas anderem ausdrückt, als auch das »unbetont«, das hier durch den Bezug auf das betonte Element genau nur dasjenige Element benennt, gegenüber welchem jenes andere Element betont wird. Ich werde diese beiden Bestimmungen des zweiwertigen Verhältnisses »betont« gegen »unbetont« oder besser »hervorgehoben« gegenüber »nicht-hervorgehoben« die Hervorhebungsbestimmungen nennen. Unser Reflex bezieht Töne aufeinander, indem er sie in dieses Verhältnis setzt, je zwei Töne mit diesen Verhältnisbestimmungen belegt, sie also nach diesen Bestimmungen unterscheidet.

Auf diese Weise schließt er die Töne zu Gruppen zusammen, das heißt, er macht sie zu Elementen von Gruppen. Auch was ein solches Element ist, wird ihm nicht objektiv einfach durch den Klang vorgegeben, auch darüber bestimmt erst unser Reflex: Er macht Einheiten zu Elementen seiner Gruppenbildung, indem er je zwei zueinander in Entsprechung setzt. Diese Einheiten sind ihm nicht unmittelbar nur Töne, die tatsächlich erklingen, sondern es sind – auch das zeigen ja die Experimente – diejenigen bloß zeitlichen Einheiten, die auf irgendeine Weise durch Töne begrenzt werden. Unser Rhythmusreflex macht zu Elementen die zwar irgendwie akustisch markierten und akustisch füllbaren, aber als solche leeren, einander gleichen Zeiteinheiten.

Worauf wir bei diesem scheinbar so geringfügigen Reflex stoßen, es besteht erkenntnistheoretisch gesprochen also in einer synthetischen Leistung, in einer Synthesis, die wir in unserer Wahrnehmung unwillkürlich vornehmen.21 Synthesis ist sie in dreierlei Hinsicht: Sie macht etwas überhaupt erst zu ihren Elementen; verbindet diese zu Gruppen; und dies, indem sie zwischen ihnen das Hervorhebungsverhältnis herstellt. Diese drei Momente bilden die einheitliche Leistung unseres Rhythmusreflexes. Ich nenne sie die Synthesis nach dem Hervorhebungsverhältnis, Takt-Synthesis oder, wenn auch im Bewusstsein, dass der menschliche Denkapparat neben ihr noch zahllose andere synthetische Leistungen erbringt, vereinfachend auch nur »die Synthesis«.

Zwei und drei und potenziert

Gut also: Diese synthetische Leistung ist wirksam in unserer Wahrnehmung; aber ist sie deshalb auch für den Taktrhythmus verantwortlich? Noch scheinen ihre Möglichkeiten arg bescheiden: beschränkt auf das eintönige Schlagen eines Metronoms. Doch das täuscht. Was sie leistet, ist zwar tatsächlich nur jene zweiwertige Verbindung von Elementen; trifft diese aber auf reichere Klänge, entwickelt sie eine Virtuosität, dass zuletzt tatsächlich der gesamte Kosmos des Taktrhythmus durch sie aufgespannt und getragen wird.

»Wir können uns im Falle regelmäßig auf einander folgender Gehörsvorstellungen nie davon frei machen, die Eindrücke wenigstens zu Gruppen von je zwei unter einander zu verbinden« – so hatte Dietze den »Einfluss der rhythmischen Gliederung« aufs knappste zusammengefasst.22 Doch er sagt zu Recht: »wenigstens zu Gruppen von je zwei«. Die Zweier-Gruppe, betont/unbetont oder unbetont/betont, ist nur die einfachste und gleichsam grundlegende Form, zu der es unser Reflex bringt. Daraus aber ergeben sich weitere Formen der Gruppenbildung, auch diese strikt gebunden an das zweiwertige Hervorhebungsverhältnis und aus ihm abzuleiten, doch führen sie dazu, dass sich das einfache Abwechseln von betont und unbetont zu einer hohen Komplexität der Formen erhebt.

Gehen wir noch einmal von dem aus, was sich im Experiment mit den identischen, gleichmäßig aufeinander folgenden Tönen feststellen lässt. Üblicherweise zwar hören wir sie in jenen Zweier-Gruppen, doch können sich uns auch Dreier-Gruppen ergeben. Statt des – sich durchwegs leichter einstellenden – EINS-zwei EINS-zwei beziehungsweise eins-ZWEI eins-ZWEI können wir die Töne auch hören, als gingen sie im Dreier-, im Walzertakt: EINS-zwei-drei EINS-zwei-drei. Wenn wir sie so hören, unterscheiden wir die Elemente noch immer nach den lediglich zwei Werten des Hervorhebungsverhältnisses, betont und unbetont, nur tritt zu dem unbetonten Element ein zweites hinzu.

Kann auch ein drittes unbetontes folgen, ein viertes oder ein fünftes? EINS-zwei-drei-vier oder EINS-zwei-drei-vier-fünf und so fort? Nein, das leistet unser Reflex nicht, er ist festgelegt auf jene zwei Möglichkeiten: die Gruppe aus zwei oder die Gruppe aus drei Elementen. Diese Wahl also unterliegt in gewissem Maß unserer Willkür: In den Experimenten – und der Leser mag sie jederzeit an einem geeigneten Klangmaterial nachvollziehen – gelingt es den Probanden in der Regel ohne große Mühe, zwischen beiden Möglichkeiten gleichsam umzuschalten, die Töne entweder in Zweier- oder in Dreier-Gruppen zu hören. Für welche von beiden wir uns entscheiden, ist uns nicht ausschließlich durch unseren Reflex vorgegeben; er jedoch gibt uns die Wahl als solche vor.

Zweier- und Dreier-Gruppe sind seine gleichsam elementaren Gruppen – seine einzigen: In keinem Fall ordnet er zu einem betonten Element mehr als zwei unbetonte oder etwa ein betontes zweites. Das klingt noch immer belanglos, ist aber von großer, großer Bedeutung, denn an nichts wird sich genauer bestimmen lassen, wie die taktrhythmische Synthesis in uns arbeitet. Mit Hilfe dieser beiden Fragen: Wie kann sich aus dem zweiwertigen Hervorhebungsverhältnis eine Gruppe mit drei Elementen ergeben? Und weshalb ist keine elementare Gruppe mit mehr als drei Elementen möglich?

Die Antwort auf die letztere Frage fällt nicht schwer. Die Takt-Synthesis nimmt ihre Gruppenbildung ja nicht bloß je einmal vor, nur an einem Paar von Tönen, um anschließend bei den nächsten sogleich wieder zu pausieren; nein, sie wird fortlaufend über die gesamte Tonreihe hinweg wirksam. Wenn wir eine geeignete Folge von Tönen hören, verbindet sie jeweils alle zu Gruppen und belegt sie auch fortlaufend alle mit ihrer Unterscheidung von hervorgehoben gegen nicht-hervorgehoben. Ich deute es einmal graphisch an. Eine gleichmäßige Folge identischer Töne sähe beispielsweise so aus:

x x x x x x x x x x

Und nun wirkt unsere taktrhythmische Synthesis ein und macht daraus – ich kürze die unhandlichen Begriffe »hervorgehoben« und »nicht-hervorgehoben« entsprechend ab –:

h-n h-n h-n h-n h-n

Sollte sie nun statt der Zweier-Gruppen solche aus vier Elementen bilden, oder eine andere Gruppe von mehr als drei, müsste sie jeweils mindestens zwei Elemente überspringen und für diese Zeit gleichsam aussetzen:

h-n x x h-n x x h-n

Ein solches Aussetzen und Überspringen widerspräche jedoch der reflexhaften Einwirkung der Synthesis, die hier, kontinuierlich einwirkend, vielmehr die fortgesetzte Folge von Zweier-Gruppen ergibt: h-n h-n h-n, oder, ebenso möglich: n-h n- h n- h.

Oder aber von Dreier-Gruppen:

h-n n h-n n h-n n h-

Wie aber kommt es dazu? Der Takt-Synthesis widerspricht zwar das Überspringen von zwei Elementen, da sie ja gerade als deren Verbindung arbeitet. Nicht aber widerspricht ihr, aus demselben Grund, das Überspringen von nur einem Element. Eben weil ihr Hervorhebungsverhältnis zweiwertig ist, kann sie es nur auf jeweils zwei Elemente legen, kann sie also nur bei jeweils zwei Elementen wirksam werden. Ein einzelnes Element, wenn aus irgendeinem Grund kein benachbartes Element für die Gruppenbildung zur Verfügung steht, lässt sich folglich, so ganz alleine, nicht mehr zu einer Gruppe verbinden – womit auch? Auf ein einzelnes Element also kann die Synthesis in diesem Sinne nicht zugreifen: Sie muss es tatsächlich überspringen – und es ergibt sich die Dreier-Gruppe:

h-n x h-n x h-n x

Wenn diese Erklärung zutrifft, besteht also ein gewisser Unterschied zwischen den beiden nicht betonten Elementen, der auch wahrzunehmen sein müsste: Das eine von ihnen ist Element der Hervorhebungsgruppe h-n, das andere, da es nicht zum Element einer solchen synthetischen Gruppe gemacht wird, steht gewissermaßen für sich. Es wird ganz einfach nicht hervorgehoben, während das andere, als Bestandteil der Gruppe h-n, nicht-hervorgehoben ist im synthetischen Verhältnis zu dem h-Element, nämlich bestimmt ist als dasjenige, gegenüber welchem dies h-Element hervorgehoben wird. Der Unterschied scheint spitzfindig und abstrakt, und doch gehört er in aller Wirklichkeit zum Inhalt – und damit zur Leistung – unserer Wahrnehmung. Den Fall, dass wir Töne in der Dreier-Gruppe hören, hat Woodrow so beschrieben:

Eine Folge, die in deutlichem Walzer-Rhythmus gehört wird, kann zusätzlich zu dem Hauptakzent auf dem ersten Element einen sehr leichten Akzent auf dem dritten Element haben.

Unsere Synthesis setzt erstes und zweites Element ins Hervorhebungsverhältnis: h-n, wir hören das erste betont gegenüber dem zweiten und hören dieses zweite also in gewisser Weise ›gedrückt‹ gegenüber dem ersten. Das dritte Element dagegen wird durch die Synthesis übergangen, also weder betont noch ›gedrückt‹, und damit kann es uns, wenn auch nur sehr leicht, stärker scheinen als das zweite, ›gedrückte‹: EINS-zwei DREI. Man mag sich einmal einen solchen Walzer-Takt still vor sich hinsummen und wird sehr wohl den leichten Unterschied zwischen »zwei« und »DREI« empfinden.

Die Dreier-Gruppe erweist sich auf diese Weise als bedingter Sonderfall der genuinen Zweier-Gruppe, und das erklärt, weshalb sie sich uns nicht ebenso leicht ergibt wie diese. Denn dafür, dass die Synthesis ein Element überspringt, müssen offenkundig besondere Bedingungen eintreten. Eine einfachste nur wäre die, dass wir innerhalb der Wahlmöglichkeit zwischen Zweier- und Dreier-Gruppe diese hören wollen; eine andere, wichtigere Bedingung werde ich noch nennen.

Doch damit sind die Möglichkeiten, sind Kraft und Wirksamkeit der taktrhythmischen Synthesis noch lange nicht erschöpft. Sie verbindet nicht allein Elemente zu Gruppen, sondern nimmt diese Gruppen wiederum zu Elementen, zu den Elementen fortgesetzter Gruppenbildung: Sie verbindet sie weiter zu potenzierten Gruppen.

Auch das hat Dietze wider sein Erwarten in seinen Experimenten erkennen müssen. Er hatte lediglich die Frage untersuchen wollen, bis zu welcher maximalen Anzahl wir Töne als Einheit behalten können. Zu erwarten stand: Je größer die Anzahl, umso schwerer müsse es fallen. Eine Folge von 15 würden wir nicht mehr so leicht behalten wie eine von 14, eine von 16 wiederum schlechter als die mit 15, und so weiter fort, bis möglicherweise mit 20 der Punkt erreicht wäre, wo wir uns eine Folge gar nicht mehr als Einheit würden merken können. Die Experimente ergaben jedoch etwas ganz anderes. Eine Folge von 16 Tönen fassen wir zum Beispiel sehr gut auf, während uns eine Folge von 11 oder 13 schier gar nicht eingehen will.

Dietze wurde also darauf gestoßen, dass wir eine Tonfolge nicht nur unwillkürlich zu zweien und dreien, sondern zu noch größeren Gruppen verbinden, wenn sie jeweils eine bestimmte Anzahl von Tönen aufweisen: nämlich eine solche, die durch dieselbe Art der Gruppenbildung vorgegeben wird. Dietze hatte zunächst festgestellt, »dass relativ am leichtesten eine gerade Anzahl von Eindrücken zusammengefasst werden kann«: jede Abfolge von mehreren Zweier-Gruppen, das kann nicht überraschen. Weiter jedoch, so zeigte sich, besitzen »einen besonderen Vorzug die Zahlen 4, 6, 8, 16«.23 Wie das? Die Zahlen 4, 6 und 8 überraschen noch immer nicht, sofern sie lediglich die Reihe der geraden Zahlen über die Zwei hinaus fortzusetzen scheinen. Ginge es jedoch nur um die fortgesetzte Zweier-Reihe, um zwei und zwei und zwei und entsprechend weiter, so müssten nach 4, 6 und 8 einfach die nächsten geraden Zahlen 10, 12 und 14 folgen. Die aber bereiten unserer Wahrnehmung durchaus Schwierigkeiten, größere jedenfalls als die uns leicht eingängige 16. Also liegt die Sache etwas komplizierter, als dass nur die Geradzahligkeit herrschen würde.

Der Sprung von der 8 zur 16 zeigt, dass keine arithmetische, sondern die geometrische Reihe vorliegt, also nicht die Aneinanderreihung und damit die Addition von Zweier-Gruppen, sondern deren Potenzierung. Schon eine Gruppe aus vier Tönen nämlich schließen wir nicht dadurch zusammen, dass wir bloß zwei elementare Zweier-Gruppen bilden würden, erst 1-2 und dann noch einmal 3-4, sondern dadurch, dass wir diese beiden Gruppen noch einmal zu Elementen einer höheren, einer potenzierten Zweier-Gruppe machen, sie also beide noch zu einer höheren Gruppe aus 1-2 und 3-4 verbinden. Deren erstes Element wird das 1-2, ihr zweites das 3-4. Aber es geht noch weiter: Eine solche Gruppe aus nunmehr zwei Untergruppen und insgesamt vier Elementen verbinden wir wiederum mit einer entsprechenden nächsten, sofern eine solche folgt, und es ergibt sich eine Gruppe aus zweimal zwei Zweier-Gruppen, also von acht Elementen; und eine weitere solche Gruppe, mit der vorangegangenen verbunden, ergibt eine Gruppe von sechzehn – insgesamt also die Reihe: 2, 4, 8, 16.

Darin fehlt nun aber die Zahl 6 aus Dietzes Vorzugsreihe – wie kommt es zu ihr? Sie ergibt sich, indem wir nicht Zweier-, sondern Dreier-Gruppen potenzieren, also entweder zwei Dreier-Gruppen als Elemente zu einer potenzierten Zweier-Gruppe verbinden – (1-2 3)-(4-5 6) – oder drei Zweier-Gruppen zu einer potenzierten Dreier-Gruppe – (1-2)-(3-4) (5-6). So kommt es jeweils zur synthetischen Verbindung von sechs Elementen.

Dieser Dreier-Potenzierung sind des weiteren allerdings sehr enge Grenzen gezogen. Eine Gruppe aus neun zu bilden, also aus dreimal drei Elementen, gelingt uns zwar, wie die Taktmusik zeigen wird, ist jedoch gegenüber den Gruppen nach Zweier-Potenzen schon deutlich erschwert. Der Grund dafür liegt ja inzwischen auf der Hand: Da sich die Bildung einer Dreier-Gruppe aus der Zweier-Gruppe als Sonderfall ableitet und bestimmten, notwendig erschwerenden Bedingungen unterliegt, muss sich auch diese Erschwernis potenzieren, sobald wir die Gruppenbildung potenziert vornehmen. Deshalb fällt es uns zwar verhältnismäßig leicht, die elementare Dreier-Gruppe zu bilden, verliert sich diese Fähigkeit jedoch in der Potenzierung sehr rasch. Die Dominanz der Zweier-Gruppe schon auf elementarer Ebene vergrößert sich bei der potenzierten Gruppenbildung alsbald bis zur ausschließlichen Herrschaft der Zwei. Von einer ungeraden Anzahl von Elementen wird deshalb lediglich die Drei, keine andere mehr, die darüber liegt, vergleichbar gut zusammen-, und das heißt ja zugleich: aufgefasst.

Unser Reflex vermag also jede Gruppe, die er geschlossen hat, wiederum derselben elementaren Gruppenbildung zu unterwerfen, sie zu einer Gruppe aus Gruppen zu verbinden. Das heißt, er agiert nicht nur auf einer Ebene von Elementen, sondern gleichzeitig auf mehreren übereinander – potenziert. Und das nicht in bloß leerer Rechnerei, sondern so, dass es konkret den Inhalt unserer Wahrnehmung formt. Auch die Verbindung von je zwei Gruppen zu einer potenzierten müssen wir ja dadurch herstellen, dass wir beide nach dem Hervorhebungsverhältnis aufeinander beziehen, also sie auch danach unterscheiden. Mit folgender Wirkung:

In einer subjektiven Gruppenbildung von vier Elementen, mit einem Akzent auf dem ersten Element, neigt das dritte Element dazu, einen schwächeren, sekundären Akzent zu erhalten.

Beide Akzente, den Akzent auf dem ersten und auf dem dritten Element: 1-2 3-4, hören wir »subjektiv«, geleistet durch unseren Wahrnehmungsreflex. Warum aber den ersten stärker als den zweiten? Aus eben dem Grund, dass wir tatsächlich die erste der zwei Gruppen aus h und n wiederum – potenzierend – nach dem Hervorhebungsverhältnis auf die zweite beziehen, und also die eine gegen die andere hervorheben. Und das heißt, wir hören den Akzent der einen stärker als den der anderen. Die Hervorhebung wird von unserer Synthesis nicht bloß innerhalb der Gruppen zwischen den Elementen vorgenommen, sondern zugleich zwischen den Gruppen als Elementen. Die Hervorhebung ergibt sich nicht nur auf einer Ebene von Elementen, sondern ebenfalls potenziert auf mehreren zur gleichen Zeit; hier auf zweien:


Aber tatsächlich auch auf mehreren Ebenen, unsere Synthesis macht nicht bei zweien halt. Ich zitiere noch einmal Dietze – und erinnere, dass er unter »Vorstellungen« die Klangelemente versteht, sofern sie in die Wahrnehmung eingegangen und dort präsent sind.

Complicirter ist der Verlauf einer längeren Reihe von Vorstellungen, deren Auffassung durch die Vereinigung der Vorstellungen zu umfangreicheren Gruppen ermöglicht wird. Die erste Vorstellung einer jeden Gruppe wird mit größerer Energie appercipirt als die übrigen zu der Gruppe verbundenen Vorstellungen. Aber auch innerhalb der letzteren ist die Energie der Apperception eine verschiedene und abhängig von der Art der beobachteten Gruppeneintheilung. Werden z. B. in einer Reihe gegebener Eindrücke je 8 zu einer Gruppe verbunden, so wird in der Regel innerhalb einer jeden derselben am stärksten der erste Eindruck, mit geringerer Energie der fünfte, noch schwächer der dritte und siebente Eindruck, am schwächsten werden die übrigen Eindrücke appercipirt, was in der verschiedenen Hebung und Senkung der einzelnen Taktschläge bei der rhythmischen Gliederung der Reihe unmittelbar subjektiv wahrzunehmen ist. 24

Ich skizziere das Beschriebene, indem ich die Gruppenbildung nach dem Hervorhebungsverhältnis andeute:


Die Gruppen aus den Elementen 1 bis 4 und diejenigen aus den Elementen 5 bis 8 verhalten sich jeweils wie die schon beschriebene Vierer-Gruppe mit ihrem sekundären Akzent, also erstens wird jeweils die 1 hervorgehoben gegenüber der 2, die 3 gegenüber der 4 und so weiter – Ebene I –, und zweitens die 1 hervorgehoben gegenüber der 3 und die 5 gegenüber der 7 – Ebene II. Bis hierher also sind 1 und 5 stärker hervorgehoben, 3 und 7 schwächer, alle übrigen gar nicht. Aber auch diese beiden Vierer-Gruppen werden noch aufeinander bezogen und entsprechend also deren hervorgehobene Elemente, Element 1 und 5, noch einmal gegeneinander abgesetzt – Ebene III. Und auf diese Weise bewirkt die Synthesis nach dem Hervorhebungsverhältnis genau diejenige Staffelung der »Eindrucksstärke«, die Dietze festgestellt hatte: Am stärksten hören wir Element 1, weniger stark Element 5, schwächer noch 3 und 7, und die übrigen Elemente ganz einfach nicht-hervorgehoben.

Doch auch bei zweifach potenzierter Wirkung hat es mit der Kraft unserer rhythmischen Synthesis noch nicht sein Ende. Es wird sich zeigen, dass wir auf dieselbe Weise ohne weiteres etwa bis zu einer fünffachen Potenzierung fortfahren können – Zeugnis der außerordentlichen Kraft, mit der jene Synthesis in uns wirkt. Man mache sich nur für einen Moment einmal ihr komplexes Verfahren bewusst: Sie fasst die klangliche Elementefolge nicht bloß jeweils eins plus eins in Häppchen von je zweien zusammen, die sie des weiteren unverbunden eines neben dem anderen stehen ließe; sondern zur gleichen Zeit, da sie zwei Töne oder allgemeiner zwei Zeiteinheiten zu Elementen macht und sie zu einer Gruppe schließt, macht sie diese Gruppe noch einmal zu einem Element, und während die nächsten Einheiten nachfolgen und sie jede von ihnen erneut zu Elementen und zu einer Gruppe zusammenschließt, bezieht sie diese neue Gruppe zurück auf jene erste, und so wiederholt sie an allen weiteren Einheiten, die nachfolgen, nicht nur deren jeweiliges Zusammenfassen und Aufeinanderbeziehen, sondern leistet von ihnen außerdem immer noch einmal den Bezug zurück auf alle bereits hergestellten Verbindungen. Mit Bestimmungen von der denkbar größten Einfachheit, dem h-n des Hervorhebungsverhältnisses, durchwirkt sie so eine gesamte Klangfolge, spannt diese zur Einheit zusammen und macht alles das zu ihrem Zusammenhang, ordnet es zu einem großen Verlauf in sich je wieder gleich durchwirkter Teile und ergibt so die merkwürdige Arithmetik der Zweierpotenzen, nach der wir Klang und leere Zeit zu Elementen und Gruppen schließen. Und mit alledem – auch das – macht sie es uns zugleich rhythmisch.

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