Kitabı oku: «SPACE 2022», sayfa 2
Die Welt wartet nicht auf Deutschland
Ein hervorragendes Geschäftsmodell, einen schlagkräftigen Vertrieb und eine perfekte, bis zum äußersten durchrationalisierte Serienfertigung wird es brauchen. Dinge erfinden und entwickeln konnte man in Deutschland schon immer ziemlich gut. Auf einem ganz anderen Blatt steht die chronische deutsche Schwäche bei der Vermarktung, die sich quer durch alle Gebiete neuer Technologien zieht. Und eine perfekte Vermarktung wird notwendig sein, denn die deutschen Startups werden auf einen Markt treffen, der vollständig gesättigt ist. Nach Informationen des Northrop Grumman Smallsat Launcher Survey, der von seinen Autoren jährlich auf den Neuesten Stand gebracht wird, sind derzeit 155 Unternehmen weltweit dabei, Kleinträger zu entwickeln. Zehn davon sind bereits im Einsatz. Sechs dieser einsatzfähigen Kleinträgerraketen stammen aus China. Weitere etwa 10-15 werden ihren Erstflug in weniger als einem Jahr durchführen. Im Abstand von wenigen Wochen kommen neue Entwicklungen dazu und selbst Raumfahrt-Nerds verlieren inzwischen den Überblick bei all den exotisch klingenden Start-ups wie Aevum, Acrux Space, Beyond Earth, Green Launch, X-Bow, Merida Aerospace, Thor Launch Systems und viele, viele mehr, die sich zu den Namen dazugesellen, an die man sich schon etwas gewöhnt hat, wie Rocket Lab, Virgin Orbit, Astra, Firefly, iSpace, Landspace, Orbex, Launcher, Galactic Energy, Firefly, Relativity Space oder ABL. Fakt ist: Die Welt hat nicht gerade darauf gewartet, dass irgendwann auch noch die Deutschen (oder die Europäer generell) auf dem Markt eintreffen. Wenn sie es denn in zwei, drei oder noch mehr Jahren tatsächlich tun, dann finden sie dort eine große Anzahl von Unternehmen vor, die alle schon ihre Entwicklungsprobleme hinter sich gelassen haben, bei denen die Serienfertigung läuft, und die nun um die etwa 5-7 Positionen kämpfen, die der Markt auf absehbare Zeit wirklich benötigt. Wie fast immer auf dem Gebiet neuer Technologien ist Europa und hier vor allem Deutschland viel zu langsam. Das liegt noch nicht einmal an der oft beklagten deutschen Technikfeindlichkeit sondern auch häufig am nicht vorhandenen positiv regulativen Rahmen, an der überbordenden Bürokratie, fehlendem Pragmatismus und einer extrem technikkritischen Medienlandschaft, die neue Entwicklungen lieber ins Lächerliche zieht, anstatt sich objektiv damit zu befassen. Früher war es die Magnetschwebebahn, heute sind es Flugtaxis und Trägerraketen.
Serienfertigung und Vermarktung
Ein Design zu erstellen ist die mit weitem Abstand leichteste Aufgabe. Schon deutlich schwieriger ist es, einen flugfertigen Prototypen zu bauen. Das wahre Problem aber liegt im Produktionssystem. Das benötigt ein Vielfaches des Aufwandes, den Design und Prototypenbau erfordern. Elon Musk, der dieses Problem aus eigener leidvoller Erfahrung kennt, meint dazu, dass der Aufwand für „Manufacturing“ sträflich unterschätzt werde. Es ist etwas vollständig anderes, einen für 150 Millionen Euro in jahrelanger liebevoller Arbeit „handgebastelten“ Prototypen herzustellen, als für fünf Millionen Euro eine Serienrakete in so wenigen hoch rationalisierten Prozessschritten wie möglich. Der Weg zur Serienfertigung ist lang, beschwerlich, extrem teuer und es ist der Schritt, an dem Deutschland oft scheitert. Es ist der Schritt, bei dem die Leidensfähigkeit eines Unternehmensmanagements seine wahre Nagelprobe erlebt. Bei Trägerraketen kostet die Einrichtung einer Serienfertigung das Vielfache der Prototypenentwicklung. Ein relativ transparentes Beispiel ist hier Rocket Lab, die seit Jahren recht erfolgreich die Elektron-Kleinträgerrakete vertreibt. Auch dort gelang die Entwicklung der Rakete bis zum Prototypen mit etwa 120 Millionen Dollar. Für Serienreifmachung, Produktionsoptimierung, Beschaffung und Kalibrierung der Produktionsinfrastruktur, Bereitstellung der gesamten Bodenausrüstung (des so genannten „Ground support equipment) und der Startanlagen kolportiert man dagegen Zahlen vom sechs- bis siebenfachen dieser Summe. Solche Beträge bei Geldgebern erst einmal zu bekommen, und in der Folge auch zu amortisieren, bei einer Rakete, die wegen der beinharten Konkurrenzsituation auf dem Kleinträgermarkt nicht mehr als vielleicht fünf bis sieben Millionen Euro kosten darf, gelingt ausschließlich mit hohen Startzahlen. Astra in den USA beispielsweise plant auf lange Sicht mit einem Start täglich. Auch Rocket Lab müsste, um wirtschaftlich sein zu können, mehrere Dutzend Starts pro Jahr absolvieren. Momentan liegt das Unternehmen bei 8-9 Starts jährlich. Nächstes Jahr sollen es 20 – 24 werden. Sehen wir einmal in die USA, dann wird schnell klar, warum es dort vergleichsweise einfach ist, ein Raketen-Startup hochzuziehen. Das Land ist technik-affin, Raumfahrt steht hoch im Kurs und wird von der Regierung als zukunftsweisende Schlüsseltechnologie verstanden. Die Regularien sind überschaubar, klar und industriefreundlich. Genehmigungsprozesse laufen zügig, und werden nicht, wie hierzulande, oft über viele Jahre verschleppt. Es gibt eine ganze Auswahl von möglichen Startplätzen und mit das Wichtigste: Es gibt dort Investmentgesellschaften, die sich darauf spezialisiert haben, Startups an die Börse zu bringen, und ihnen somit das nötige Kapital zur Serienreifmachung zu verschaffen. Ein weiteres deutsches Problemfeld ist die Vermarktung. Wann immer man sich durch die Veröffentlichungen der deutschen Raketenstartups liest, trifft man auf Aussagen der jeweiligen Geschäftsleitungen, dass man jetzt erstmal die Rakete entwickeln werde und dann schon schauen werde, was sich auf dem Markt so ergibt. Devise: Erst bauen, dann schauen. Doch das ist eine komplett falsche Einstellung. Die Vermarktung ist ein Gebot der ersten Stunde. Gwynne Shotwell, die heute das Unternehmen SpaceX wirtschaftlich leitet, gehörte zu den ersten 10 Angestellten, die Elon Musk im Jahre 2002 einstellte. Schon wenige Wochen nach ihrer Einstellung war sie beim „Klinkenputzen“ bei den potentiellen Kunden, auch wenn danach noch Jahre bis zum ersten erfolgreichen Start vergingen.
Neue Entwicklungen
Und noch ein Problemfeld für Deutschlands und Europas Kleinraketenbauer: Der Markt ist dynamisch und baut sich ständig um. Europäische und deutsche Reaktionszeiten auf diese Marktdynamik sind viel zu langsam. Für Kleinnutzlasten, die nicht sensitiv für spezielle Anforderungen an ihre Umlaufbahn sind, bietet beispielsweise SpaceX seit einer Weile einen für Raumfahrtverhältnisse revolutionären Service an: Mehrmals jährlich regelmäßige Transportflüge zu festen Terminen. Sie gehen stets auf dieselbe sonnensynchrone polare Umlaufbahn in 500 Kilometer Höhe, denn das ist der beim Kunden beliebteste Orbit. Sie finden statt, egal ob sie ausgelastet sind oder nicht (doch es ist kein Geheimnis: Sie SIND komplett ausgelastet). Aufgrund der enormen Nutzlastkapazität dieser Rakete können dabei pro Flug 100 oder mehr Kleinsatelliten mitgenommen werden. Zu – für Raumfahrtverhältnisse – sensationell niedrigen Preisen. Die ersten 200 Kilogramm Nutzlast kosten den Kunden des Transporter-Programms von SpaceX eine Million Dollar, somit 5.000 Dollar (oder etwa 4.000 Euro) pro Kilogramm. Mit diesem unschlagbaren Angebot saugt SpaceX momentan einen großen Anteil der klassischen Nutzlasten der Kleinträger vom Markt. Dieser Markt wächst zwar laufend, aber SpaceX hält hier mit seiner nahezu unbegrenzten Startkapazität mühelos dagegen. Damit bleiben für die Mikro-Launcher nur zwei Lösungen. Zum einen die Startaufträge für die maßgeschneiderten Lösungen, die den Einschuss in spezielle Bahnen und besondere Orbithöhen erfordern, und die deswegen auch etwas teurer sein können, und zum anderen die Möglichkeit noch billiger zu sein als SpaceX. Das Letztere erfordert ein technisch enorm simples Konzept in Verbindung mit sehr hohen Startraten.
Chance im Geschützten Markt?
Ist es also vergebliche Liebesmüh, in Deutschland oder in Europa Kleinraketen entwickeln zu wollen? Tatsächlich scheint es nicht gut auszusehen. Deutschland und Europa sind für derlei Technologien, man muss es so hart sagen, weder dynamisch noch mental dafür gut genug aufgestellt. Sie würden, so wie sich die Situation gegenwärtig darstellt, in der „freien Wildbahn“ des offenen weltweiten Marktes nicht überleben. Ein Ausweg wäre es, in die USA zu gehen, wo die Voraussetzungen wesentlich besser sind. Dort hätte man dann auch Zugang zum US-Markt mit seiner generell sehr dynamischen privaten und institutionellen Raumfahrtszene. Zusätzlich könnte man damit auch die strikten US-Technologietransfer-Regularien umgehen, die heute einem außeramerikanischen Unternehmen Starts technologisch sensitiver US-Nutzlasten verhindern. Den Weg einer US-Registrierung haben beispielsweise das neuseeländische Unternehmen Rocket Lab oder das britische Unternehmen Virgin Orbit beschritten. Ein Sonderfall mag in Deutschland die Rocket Factory Augsburg sein. Sie hat ihren finanziellen und technologischen Rückhalt bei der OHB Gruppe, die selbst Kleinsatelliten baut. Allerdings momentan nur einige wenige pro Jahr. Wenn dieses Geschäft bei OHB aber wächst, wäre für diese Rakete zumindest eine gewisse Grundauslastung aus dem eigenen Haus gegeben.
Im Prinzip müssen wir aber zur eingangs gemachten Betrachtung zurückkommen. Europa braucht schon alleine aus geostrategischen Überlegungen eine vollständige Palette moderner und leistungsfähiger Raumfahrtträger. Angefangen von der Schwerlastrakete bis zum Mikro-Launcher. Die Chancen für Deutschlands Kleinraketen wären also vor allem innerhalb eines geschützten europäischen Binnenmarktes gegeben. Allerdings müsste man dazu alle institutionellen Nutzer solcher Träger dazu verpflichten, nur das europäische Produkt zu nehmen und nicht zum günstigeren Anbieter außerhalb des EU-Raumes zu gehen. Es wäre dann ein ähnliches Konstrukt, wie es beispielsweise auch für die Ariane 6 gefordert wird.
Aber schön ist so eine Lösung nicht. Es ist ein Eingeständnis der Schwäche, des Nicht-mithalten-könnens. Hoffen wir also, dass ich mich hier mit meiner Einschätzung irre und sich die neuen deutschen Kleinträger in Zukunft auf dem freien Markt behaupten können.
Der Flug der Friendship 7 – Bericht des Piloten
John Glenn war der bekannteste Astronaut der Mercury 7, wie sich die sieben Astronauten des ersten bemannten US-Raumfahrtprogramms selbst bezeichneten. Am 20. Februar 2022 jährt sich der Tag des ersten US-Orbitalfluges zum 60. Mal. Bei seinem Flug mit der Mercury-Raumkapsel Friendship 7 wurde Glenn zum fünften Menschen im Weltraum, und zum ersten Amerikaner, der die Erde umkreiste.
John Glenn war der Einzige der Mercury-Astronauten, der schon vor seiner Zeit als Astronaut eine nationale Berühmtheit war, seit er am 16. Juli 1957 einen neuen Geschwindigkeitsrekord für die Überquerung der USA aufgestellt hatte. An diesem Tag war er von der Los Alamitos Naval Air Station in Kalifornien aufgestiegen und war danach in seiner Vought F8U Crusader in drei Stunden und 23 Minuten nach New York geflogen. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 1.167 Kilometern pro Stunde, entsprechend Mach 1,1 war dies der erste Transkontinentalflug mit Überschallgeschwindigkeit.
Kurz nach seinem Raumflug schrieb John Glenn für das damals (wie heute) führende US-Luftfahrtmagazin Aviation Week & Space Technology einen Flugbericht, der in der Ausgabe vom 23. April 1962 erschien. Stilistisch bewegt er sich zwischen den üblichen Testflugberichten der damaligen Zeit, einem wissenschaftlichen Paper und einem Erlebnisbericht. Der generelle Duktus ist technisch-nüchtern, lässt aber dennoch überall die Erstmaligkeit des Erlebnisses und emotionale Momente durchscheinen. Der Report enthält Einzelheiten, die heute selbst unter gewieften Raumfahrthistorikern nicht mehr bekannt sind. Und er lässt in jedem Detail spüren, wie sehr man sich damals im bemannten Raumflug auf unbekanntem Gelände bewegte. Von diesem Bericht gibt es keine deutsche Fassung. Ich habe ihn übersetzt und um etwa 40 Prozent gekürzt. Die Kürzungen betreffen vor allem Schilderungen technischer Details sowie die sehr ausführlichen Beobachtungen der Erde, das Wahrnehmen von Oberflächenmerkmalen, Siedlungen, Schiffen und Verkehrswegen, der Morphologie von Wolkenformationen und Ähnlichem. Glenn sollte insgesamt 15 Experimente durchführen. Vier betrafen Meteorologie, sieben Astronomie und vier waren medizinische Versuche. Unter anderem gab es da eine Position die „drinking“ hieß, also einfach „trinken“, da man seinerzeit noch annahm, dass Schlucken in der Schwerelosigkeit problematisch sein könnte. Eine Reihe dieser Experimente konnte er aber wegen seines andauernden Problems mit der automatischen Lageregelung nicht wahrnehmen, da er während der letzten beiden Erdumkreisungen die Kapsel manuell fliegen musste.
Einführung
Die Testziele für die Mission MA-6 der Friendship 7 waren – im Einklang mit den Missionsrichtlinien – die Folgenden:
Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Mensch-Raumfahrzeugsystems während einer Mission mit drei Erdumkreisungen.
Bewertung der Effekte eines Raumflugs auf einen Astronauten.
Beurteilung der operationellen Tauglichkeit des Raumfahrzeugs und der unterstützenden Systeme für einen bemannten Raumflug durch einen Astronauten.
Das sind ganz offensichtlich sehr allgemeine Zielvorgaben. Die Funktionsweise der Raumfahrzeugsysteme wurde bereits in früheren Veröffentlichungen teilweise recht detailliert erläutert, und – bis zu einem gewissen Grad – auch die Integration des Menschen in diese Systeme. Mein Bericht beschäftigt sich daher hauptsächlich mit den Punkten in den drei Testzielen, bei denen die Beurteilungsfähigkeit des Menschen Informationen liefert, die durch andere Mittel nicht zu erlangen sind. Der Bericht wird zeigen, dass ein bemanntes Vehikel einen großen Vorteil gegenüber einem unbemannten Fluggerät hat, das oft taub und blind gegenüber dem Neuen und Unerwarteten ist. Mein Report hebt deswegen vor allem heraus, was ich während des Orbitalfluges hörte, sah und fühlte.
Vorbereitung und Countdown
Die Vorbereitung, der Transfer zur Startrampe und das Besteigen des Raumfahrzeugs verliefen wie geplant. Die Techniker und ich hatten diese Vorgänge zuvor vielfach praktiziert. Wie bei jedem Countdown kam es auch hier zu kurzen Unterbrechungen, sobald sich Probleme ergaben. Die Halterung für das Helmmikrofon wurde beschädigt und musste ausgetauscht werden. Ein Teil das zuvor buchstäblich tausende Male justiert und bewegt worden war. Als die Luke des Raumfahrzeugs gesichert wurde, brach einer der Bolzen und musste ebenfalls ersetzt werden. Während dieser Zeit war ich damit beschäftigt, meine Checklisten durchzugehen und die Instrumente des Raumfahrzeugs zu beobachten. Viele Menschen sorgten sich um meine mentale Verfassung während dieser und anderer Verzögerungen, die Teil der Vorbereitung für einen bemannten Raumflug sind. Menschen haben sich zuvor schon wiederholt erkundigt, ob ich vor dieser Mission Angst hätte. Menschen fürchten sich immer vor unbekannten Situationen – das ist ganz normal. Wichtig ist nur, was wir mit dieser Angst tun. Wenn wir es ihr erlauben, uns zu lähmen und vom angemessenen Handeln abzuhalten, dann ist Angst gefährlich. Das beste Gegenmittel gegen Angst ist es, so viel über eine Situation zu wissen, wie nur irgend möglich. Es ist der Mangel an Wissen, der die Menschen oft in die Irre führt, wenn sie sich die Gefühle eines Astronauten vor dem Start vorstellen. Während der Jahre der Vorbereitung für das Projekt Mercury sind diese unbekannten Bereiche, so glauben wir, auf ein akzeptables Niveau reduziert worden. Für diejenigen aber, die nicht in den Genuss dieses Trainings kamen, erscheint das Unbekannte groß und unüberwindbar, und das verringert die Zuversicht bei diesem Personenkreis um ein Erhebliches.
Alle Mitglieder des Mercury-Teams arbeiten schon lange auf diese Fluggelegenheit hin. Wir haben uns nicht vor ihr gefürchtet, wir haben sie erwartet. Nach drei Jahren der Vorbereitung dürfen wir wegen einiger Verzögerungen nicht ungebührlich besorgt sein. Die wichtigste Erwägung ist, dass alles bereit ist und dass nichts durch unnötige Hast gefährdet wird, was durch umsichtiges Handeln bewahrt werden kann. Die erste ungewöhnliche Erfahrung der Mission besteht darin, sich an der Spitze der Atlas-Trägerrakete zu befinden, nachdem der Wartungsturm zurückgefahren ist. Durch das Periskop kann man nun über weite Teile von Cape Canaveral sehen. Wenn man sich in der Liege vor und zurückbewegt, bemerkt man, wie sich das ganze Vehikel leicht bewegt. Wenn die Triebwerke geschwenkt werden, kann man die Vibration fühlen. Wenn der Tank mit flüssigem Sauerstoff gefüllt wird, vibriert und zittert das Raumfahrzeug, wenn sich die Metallhaut durch die Kälte zusammenzieht. Durch das Fenster und das Periskop ist die weiße Wolke des ausgasenden Sauerstoffs sichtbar.
Start
Als der Countdown Null erreichte, konnte ich die Zündung der Triebwerke fühlen. Das Raumfahrzeug schüttelte sich. Nicht wild, aber dennoch nachdrücklich. Über den Zeitpunkt des Lift-offs gab es keinen Zweifel. Als die Halteklammern die Atlas freigaben, gab es augenblicklich ein sanftes Schwanken, das einen wissen ließ: man ist auf dem Weg. Die Rollbewegung der Rakete in den korrekten Start-Azimuth war nach dem Abheben deutlich wahrnehmbar. Ich hatte den kleinen Spiegel am Fenster vorab eingestellt, um den Boden sehen zu können. Ich blickte nach dem Abheben kurz hinaus und konnte sehen, wie sich der Horizont drehte. Sofort nach dem Liftoff gab es einige Vibrationen. Nach etwa 10-15 Sekunden nahmen sie etwas ab, verschwanden aber nie vollständig. Es war ein mäßiges, aber deutliches Vibrationsniveau, das anhielt, bis das Raumfahrzeug etwa eine Minute nach dem Verlassen der Startrampe die Zone des maximalen aerodynamischen Staudrucks (Anmerkung des Übersetzers: Die Originalbezeichnung lautete „max q“) durchquerte. Die Annäherung an max q kündigt sich durch eine erhebliche Zunahme des Vibrationsniveaus an. Die Kraft, die von außen auf das Raumfahrzeug einwirkte, war für diese Phase mit 982 Pound pro Quadratfuß berechnet worden. Während dieser Zeit nahm ich ein gedämpftes, dumpfes Röhren der Triebwerke wahr. Nachdem die Zone hohen Staudrucks passiert war, nahmen die Vibrationen deutlich ab. Das Raumfahrzeug war aber während der gesamten angetriebenen Phase nie vollständig vibrationsfrei. Der Aufbau der Beschleunigung war erheblich, aber nicht belastend. Vor dem Flug sagte mein Ersatzmann, Astronaut Scott Carpenter, er denke, dass es sich gut anfühlen würde einer geradlinigen Beschleunigung ausgesetzt zu sein, als der kreisenden, wie wir sie aus dem Zentrifugentraining her kannten. Und er hatte Recht. Der Brennschluss der Booster-Triebwerke erfolgte bei zwei Minuten und 9,6 Sekunden nach dem Liftoff. Als die beiden Außentriebwerke stillgelegt und abgeworfen wurden, fiel die Beschleunigung, aber nicht so ruckartig, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Vielmehr baute sie sich über etwa eine halbe Sekunde ab. Es gibt einen Wechsel im Lärmpegel und im Vibrationsniveau, nachdem diese Triebwerke abgeworfen wurden. Ich sah einen Rauchstoß aus meinem Fenster und dachte zunächst, dass der Fluchtturm vorzeitig abgetrennt worden wäre und berichtete das auch. Dieser Ausstoß war aber offensichtlich reflektierter Rauch von der Booster-Trennung, der das Raumschiff kurzzeitig umgab. Der Fluchtturm wurde bei 2 Minuten und 33,3 Sekunden abgeworfen, und ich berichtigte meine vorherige Aussage. Ich war bereit, für den Fall manuell einzugreifen, wenn es beim automatischen Ablauf des Trennprozesses zu Unregelmäßigkeiten kommen sollte, und zählte daher die Sekunden herunter bis der Turm abgetrennt wurde. Ich blickte auf die Düsen der Fluchtturm-Raketen als sie feuerten. Der Turm beschleunigte schnell in gerader Linie vom Raumfahrzeug weg. Ich beobachtete ihn bis in eine Distanz von etwa einer halben Meile. Das Raumfahrzeug war darauf programmiert, sich vor dem Abwurf leicht nach unten zu neigen, und dieses Manöver gab mir die erste wirkliche Sicht auf den Horizont und die Wolken. Ich konnte die Wolken und den Horizont hinter dem Turm erkennen, als der sich vom Raumfahrzeug trennte. Nachdem der Fluchtturm abgefeuert war, richtete sich das Raumfahrzeug wieder langsam auf und ich verlor die Sicht auf den Horizont. Ich erinnere mich etwa um diese Zeit einen Kommentar abgegeben zu haben, dass der Himmel sehr schwarz sei. Die Beschleunigung begann sich erneut aufzubauen, aber wie zuvor stellte sie kein größeres Problem dar. Ich konnte bis zum Maximum von 7,7 g gut kommunizieren. Dann endete der Schub des Marschtriebwerks. Unmittelbar vor dem Ende des angetriebenen Fluges gab es eine Erfahrung, die ich nicht erwartet hatte. Zu dieser Zeit waren die Oxidator- und Treibstofftanks schon fast leer und offensichtlich wurde die Atlas dadurch merklich flexibler, als sie es in vollgetanktem Zustand war. Ich hatte das Gefühl, mich am Ende eines federnden Sprungbrettes zu befinden und konnte oszillierende Bewegungen fühlen, so als würde die Nase des Startvehikels leicht vor und zurück schwingen.