Kitabı oku: «SPACE 2022», sayfa 4
Schlussbemerkung
Was kann nun über den Menschen als Teil des Systems gesagt werden? Von erheblicher Bedeutung ist die Erkenntnis, dass auf den Menschen als zuverlässig handelndem Teil der Mensch-Raumfahrzeug-Kombination viel mehr Bedeutung gelegt werden kann. Auf vielen Gebieten kann seine sichere Rückkehr von seinem eigenen intelligenten Handeln abhängig gemacht werden. Obwohl bislang noch keine diesbezügliche Design-Philosophie etabliert wurde, betrachtete das Projekt Mercury dennoch den Astronauten nie als hauptsächlich passiven Passagier. Diese Gebiete müssen vorsichtig erwogen werden, denn der Mensch ist nicht unfehlbar, wie wir alle nur zu gut wissen. Ein Beispiel dafür aus dem Flugverlauf: Einige von ihnen mögen bemerkt haben, dass es eine kleine Diskrepanz der (mittels der automatisch laufenden Filmkamera – der Übersetzer) vom Piloten aufgenommenen Fotos beim Start und der Landung gibt. Beim Start war das Visier geschlossen. Während des Wiedereintritts war es offen. Wäre der Kabinendruck gefallen, dann hätte ich die Gesichtsplatte rechtzeitig schließen können, um eine Dekompression zu vermeiden. Nichtsdestotrotz war der Wiedereintritt mit offenem Visier nicht geplant gewesen. Auch auf dem Boden würde man nunmehr einiges anders machen. Als Beispiel halte ich es für ratsam, im Fall einer vermuteten Fehlfunktion, wie etwa den Problemen mit dem Hitzeschild-Retropack, die ausführliche Beratungen zwischen dem Bodenpersonal erfordern, dem Piloten jedes Bit an Information sofort weiterzugeben, anstatt darauf zu warten, dass man ihm am Ende eine finale, klar umrissene Empfehlung vom Boden aus geben kann. Dies würde den Piloten in jeder Phase voll informiert halten, vor allem für den Fall, wenn es im weiteren Verlauf des Fluges zu Kommunikationsproblemen käme, die es für ihn notwendig machen, alle seine Entscheidungen aufgrund der Informationen zu fällen, die er bereits verfügbar hat (Der Übersetzer: Die Bodenkontrolle informierte John Glenn nicht über ein mögliches Problem mit dem Hitzeschild, obwohl er aus den spezifischen Fragen, die ihm im Verlauf des Fluges gestellt wurden, darauf schließen musste, dass ein ihm unbekanntes ernstes Problem vorläge. Die „Geheimnistuerei“ um diesen Punkt wurde seinerzeit als der größter Fehler der Mission betrachtet).
Viele Dinge würden anders gemacht werden, wenn dieser Flug noch einmal unternommen werden könnte. Aber wir lernen aus unseren Fehlern. Ich habe nie einen Testflug mit einem Flugzeug durchgeführt, bei dem ich mir bei der Rückkehr nicht gewünscht hätte, dass ich manches anders gemacht hätte. Auch dort, wo automatische Systeme noch notwendig sind, wird die Missionszuverlässigkeit immens erhöht, wenn zur Sicherheit ein Mensch verfügbar ist. Der Flug von Friendship 7 ist ein gutes Beispiel dafür. Die Mission hätte fast sicher nicht ihre drei Orbits beendet, und das Raumfahrzeug wäre möglicherweise überhaupt nicht zurückgekommen, wäre nicht ein Mensch an Bord gewesen. Der Flug des Friendship 7 Mercury-Raumfahrzeugs hat bewiesen, dass sich der Mensch schnell an diese neue Umgebung anpassen kann. Seine Sinne und Fähigkeiten werden durch den Aufenthalt im Weltraum kaum verändert. Zumindest für die 4,5-stündige Dauer dieser Mission stellt die Schwerelosigkeit kein Problem dar. Die Flexibilität des Menschen wird durch seine Kraft der Beobachtung offenkundig. Er kann viel mehr und unterschiedlichere Experimente pro Mission bewältigen als man von einem unbemannten Vehikel erhalten könnte. Wenn das Unerwartete eintritt, wie es mit den leuchtenden Partikeln geschah oder mit den Beobachtungen der Atmosphärenschichtung, kann er Feststellungen treffen, die eine schnellere Untersuchung dieser Phänomene bei zukünftigen Flügen ermöglichen. Tatsächlich wären die genannten Beobachtungen bei einem unbemannten Flug gar nicht erst gemacht worden.
Unsere gegenwärtigen Bemühungen im Weltraum können mit den allerersten Flügen in Kitty Hawk verglichen werden. Sie waren zunächst unbemannt, doch bald kamen bemannte Flüge, vollständig vorgeplant und nur wenige Sekunden lang. Aber bald schon folgten längere und komplexere bemannte Flüge. Das ist in etwa die Entwicklungsstufe, auf der sich die Weltraumforschung derzeit befindet.
John Glenn verließ die NASA im Jahre 1964 und ging zunächst in die Wirtschaft. Nach einer erfolglosen Kandidatur im Jahre 1970 wurde er 1974 für den US-Bundesstaat Ohio in den Senat gewählt. In diesem Amt blieb er bis 1999. 1984 bewarb er sich für die demokratische Partei um die Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten, schied aber in den Vorwahlen aus. Im Jahre 1998 kehrte Glenn in den Weltraum zurück, als er bei der Mission STS-95 an Bord des Shuttles Discovery als Nutzlastspezialist mitflog. Seit dieser Zeit ist sein Rekord als ältester Mensch, der je in den Orbit geflogen ist, ungebrochen. Der Mercury- und Shuttle-Astronaut und US-Senator John Glenn starb am 18. Dezember 2016 im Alter von 95 Jahren. Sein Grab befindet sich auf dem US-Nationalfriedhof in Arlington.
Würzburger Kleinsatelliten im Formationsflug

Selbst eingefleischte Individualisten kommen an der Erkenntnis nicht vorbei, dass in der Gruppe manches besser und effizienter geht als alleine. Beispiele dafür sehen wir überall. In der Natur, beim Menschen und auch in der Technik.
Wildtierarten wie Zebras und Antilopen leben in Herden sicherer als alleine. Kleine Fische sind im Schwarm besser geschützt als einzeln, Zugvögel fliegen im Verband kräftesparender, aber auch Affen und Elefanten haben schon lange die Vorteile der aufgabenteiligen Sippe erkannt. Unternehmen, Vereine, Gesellschaften, Staaten werden auch deshalb gegründet, weil Menschen in einem koordinierten Verband einfach mehr erreichen. Auch in der Raumfahrt gilt dieses Prinzip häufig. Auch hier sind Gruppen, Schwärme oder Konstellationen für viele Anwendungen vorteilhaft. Ein einzelner Internet-Kommunikationssatellit bringt relativ wenig. Erst eine ganze Konstellation in einer niedrigen Umlaufbahn ermöglicht weltweiten Zugriff mit niedrigen Latenzzeiten. Satellitengruppen im All sind nicht neu. Das Militär hat schon früh darauf gezählt, wie man etwa an den NOSS-Satelliten (für: Naval Ocean Surveillance System) aller drei Großmächte sehen kann. Sie sind meist als Dreiergruppe in genau definierten Abständen voneinander unterwegs, um durch Triangulation Funkquellen, Schiffe und Flugobjekte lokalisieren zu können. Zivile Satelliten wie das europäische TandemX-Paar oder die chinesischen Tinahui-Satellitenduos fliegen in präziser und enger Formation, um Stereo-Radaraufnahmen der Erdoberfläche zu gewinnen. Die weiträumigste aller Formationen werden in einigen Jahren die drei Lisa-Raumsonden bilden, die trotz ihres ungeheuren Abstandes von 2,5 Millionen Kilometern ihre Positionen zueinander auf den Bruchteil eines Millimeters einhalten müssen. Nur in der Gruppe sind sie in der Lage, Gravitationswellen aufzuspüren. Alleine würde ihnen das nie gelingen. Bei bestehenden Groß-Konstellationen im Orbit wie Starlink oder OneWeb wird aktuell noch meist jeder einzelne Satellit individuell von Bodenstationen aus angesteuert. Die Satelliten tauschen in diesem Fall ihre Kontrollkommandos nicht direkt untereinander aus, sondern kommunizieren über den Umweg einer Bodenstation. Das Ergebnis sind relativ lange Funk-Laufzeiten. Das schmälert ihren Einsatzwert. Doch hier ist Änderung in Sicht. Neuere Starlink-Satelliten beispielsweise sind bereits mit Laser-Links eingerichtet. Und das ist auch notwendig, denn sehr viel schneller und effizienter können sie reagieren – beispielsweise zur Kollisionsvermeidung – wenn sie sich gleich direkt untereinander abstimmen. In etwa das ist die Stelle, wo die Innovationen einer Würzburger Forschergruppe ansetzen. Sie stellen sich einer zusätzlichen neuen technischen Herausforderung, die darin besteht, Formationsflüge mit bezahlbaren und vergleichsweise einfachen Mikrosatelliten durchzuführen. Der Entwicklung dieser Fähigkeit haben sich das unabhängige Forschungsinstitut Zentrum für Telematik e. V. und die S4 GmbH (in den vier „S“ versteckt sich der Begriff: Smart Small Satellite Systems) auf die Fahnen geschrieben. Beide Unternehmen sind Ausgründungen aus der Grundlagenforschung der Universität Würzburg.

Von UWE zu NetSat
Das Erreichen dieses Ziels wurde von einer Forschungsgruppe um Professor Schilling, der seit 2003 den Lehrstuhl für Robotik und Telematik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) leitet, in den letzten 17 Jahren Schritt für Schritt durch orbitale Testflüge vorbereitet. Der erste deutsche Pico-Satellit, mit der Bezeichnung UWE-1 (die Abkürzung steht für: Universität Würzburg Experimentalsatellit), wurde 2005 in den Orbit gebracht. UWE-1 ist ein 10 Zentimeter-Würfel, was einem 1Unit CubeSat entspricht. Seine Aufgabe war die Optimierung von Internet-Protokoll-Parametern für Raumfahrtanwendungen. Vielleicht ist an dieser Stelle ein kleiner Exkurs zum Prinzip des CubeSats notwendig. Sie stellen ein einheitliches Format kostengünstiger Kleinsatelliten dar, die ursprünglich von der Stanford-University und der California Polytechnic State University zunächst für Anwendungen im institutionellen Forschungsbereich geschaffen wurden. Daraus hat sich inzwischen ein Industriestandard entwickelt, um den herum Nachfolge- und Zusatzentwicklungen (wie beispielsweise die von Dispensern) gefolgt sind. Professor Schilling konnte als Consulting Professor an der Stanford University in den Jahren 2002-2006 eng mit Professor Bob Twigs, dem „Vater“ der CubeSats, bereits ganz zu Anfang dieser neuen Entwicklungen eng zusammenarbeiten. Der Grundbaustein eines CubeSat ist ein Würfel von 10 Zentimetern Kantenlänge und etwa einem Kilogramm Gewicht. Daraus können Einheiten abgeleitet werden, die aus einem Vielfachen dieser „Cubes“ bestehen. Cubesats in 2er,3er, 4er und 6er-Einheiten sind heute Standard. Aber auch 12er oder 24er-Einheiten sieht man immer häufiger. Es gibt neuerdings auch Ableitungen, die in der Größe nach unten gehen. Das sind dann 1/3 oder ¼-Cubesats (wie beispielsweise die jeweils 250 Gramm schweren SpaceBee Datenrelay-Satelliten. Auch Startdienstleister sind auf diesen Zug aufgesprungen und bieten günstige Konditionen für den Transport von CubeSats in den Orbit an, mit dem Erfolg, dass sich dieser Markt in den letzten Jahren fast explosiv entwickelt. Doch jetzt wieder zurück zu UWE-1.
Aus dem daraus entstandenen UWE-Programm, das CubeSats zur Ausbildung der Raumfahrt-Studierenden in Systemtechnik an der Universität Würzburg einsetzte, folgte 2009 die Mission UWE- 2 zur Bestimmung von Position und räumlicher Ausrichtung des Satelliten. UWE-3 hatte 2013 die Ziele, eine geeignete Lageregelung durchzuführen und gleichzeitig eine hohe Lebensdauer anzustreben. Dies trotz Verwendung ausschließlich kommerziell erhältlicher Bauteile. Das dabei eingesetzte Konzept der Kombination von Hardware-Redundanz und fortgeschrittener Software zur Fehlerfeststellung und –korrektur in Echtzeit, führte zu „Strahlenabschirmung durch Software“. Der Satellit UWE-3 zeigte die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes in einem über sechseinhalb Jahre dauernden, unterbrechungsfreien Betrieb auf einem polaren sonnensynchronen Erdorbit. UWE-4 wurde 2018 gestartet. Dieser Cubesat war erstmals mit einem elektrischen Antriebssystem für eine aktive Orbitkontrolle ausgerüstet. Damit wurden sowohl Manöver zum Anheben als auch zum Absenken der Umlaufbahn durchgeführt. Dies ist nicht nur während der Betriebszeit, sondern auch am Lebensende eines Satelliten eine wichtige Fähigkeit. Mit einem eigenen Antriebssystem kann die Einheit am technischen Lebensende auf einen Abstiegsorbit zum Verglühen in der Erdatmosphäre gebracht werden. Sie trägt damit nicht zur weiteren „Vermüllung“ des niedrigen Erdorbits bei. Besonders spannend wurde es im Juli 2020, als ein defekter Iridium-Satellit die Bahn von UWE-4 kreuzte. Dank der frühzeitigen Kollisionswarnung durch das US Combined Space Operations Center (CSpOC) konnte mit UWE-4 erstmals ein Kleinsatellit ein Ausweichmanöver fliegen und einen möglichen Zusammenstoß vermeiden. Aufgrund dieser früheren Vorhaben waren alle wesentlichen Technologien und die notwendige Expertise für einen Formationsflug von Kleinsatelliten am Standort Würzburg verfügbar und die wesentlichen Technologien im Orbit getestet. Zeit somit, zum nächsten Schritt überzugehen, der NetSat-Konstellation, ein Projekt, das vom European Research Council (ERC) mit 2,5 Millionen Euro unterstützt wurde.

Mission NetSat – Die Technik
Das Ziel, die NetSat-Satelliten möglichst kompakt zu bauen, führte erstmals bei den Würzburger Satelliten zu einem 3Unit Cubesat-Design. Ein NetSat ist somit 30 Zentimeter lang, 10 Zentimeter breit und ebenso tief. In einem einzelnen 10-Zentimeter-Standardwürfel wäre die Gesamtheit der für einen autonomen Gruppenflug notwendigen Technologien nicht unterzubringen. Sehen wir uns einige davon an. Der für CubeSats verfügbare so genannte UNISEC-Standard (für: University Space Engineering Consortium) für elektrische Schnittstellen stellt alle Daten- und Energieverbindungen auf einer Basisplatine bereit. Die einzelnen Untersystem-Platinen müssen dann nur noch in die entsprechenden Steckverbindungen eingesetzt werden. Auf diese Weise kann der übliche Kabelbaum vermieden werden. Dies steigert die Flexibilität, sodass auch noch relativ spät in der Integrationsphase Platinen kurzfristig ausgetauscht werden können. Und es eröffnet die Möglichkeiten, in der Fertigung eine höhere Automatisierung durch Nutzung von Robotern zu erzielen. Beim INNOspace-Masters-Wettbewerb 2017 (einem jährlichen Wettbewerb des DLR für innovative Technologien) wurde dieser Ansatz mit dem ersten Preis der Airbus DS Space Challenge für die so erzielbare modulare, flexible Satellitenproduktion ausgezeichnet. Für kostengünstige Missionen mit Kleinsatelliten in der Erdbeobachtung und für optische Telekommunikationssysteme ist eine hochgenaue Ausrichtung nötig. Hierfür wurden energieeffiziente Miniatur-Reaktionsräder mit einem Leistungsbedarf von unter 300 Milliwatt entwickelt. Sie werden in in einem Zwei-Zentimeter-Würfel mit weniger als 30 Gramm Masse untergebracht und sind ein Wunderwerk der Mikro-Miniaturisierung. Ihre Entwicklung erfolgte zusammen mit der bei Bad Mergentheim ansässigen Firma Wittenstein Cyber Motor GmbH. In jedem NetSat-Satelliten sind sechs dieser Miniatur-Reaktionsräder für das Lageregelungssystem zusammengeschaltet. Die Reaktionsräder werden auch verwendet, um mit nur einem einzelnen Elektroantriebsmodul den Schubvektor in jede gewünschte Richtung orientieren zu können. Für Antrieb und Lageregelung wird ein Ionen-Triebwerk der in Wiener Neustadt angesiedelten Firma Enpulsion genutzt, das in einem der drei Zehn-Zentimeter-Würfel untergebracht ist. Für die Entsättigung der Reaktionsräder und für einen alternativen Ansatz zur Ausrichtung der Satelliten wurden so genannte „Magnettorquer“ an der Innenseite aller Seitenpaneele angebracht. Sie erzeugen mittels einer Magnetspule einen Dipol, der mit dem Magnetfeld der Erde interagiert. Eine Zusatzfunktion dieser Bauteile ist die Möglichkeit, sie für die Lageregelung einzusetzen. Damit bieten sie eine funktionelle Redundanz für dieses wichtige Untersystem. Die Sensorwerte für die Relativ-Navigation der Satelliten liefern vier ebenfalls auf den langen Seitenpaneelen untergebrachte GPS-Empfänger, sodass immer mindestens eine Seite geeignete Messwerte für das Orbitkontrollsystem erzeugt.

Wozu NetSat?
Die NetSat-Mission wurde realisiert, um in einem Formationsflug mit vier Kleinsatelliten erstmals die Selbstorganisation im dreidimensionalen Raum im Orbit zu demonstrieren. Die in dieser Mission erprobten Technologien eröffnen ganz neue Erdbeobachtungsansätze und werden in Zukunft unter anderem in der Klimaforschung eingesetzt. Die dreidimensionale NetSat-Konfiguration kann ein Ziel aus unterschiedlichen Richtungen erfassen und verspricht dadurch neue Beobachtungsmöglichkeiten. So können die Bildinformationen der einzelnen NetSat-Kameras aus verschiedenen Perspektiven kombiniert werden und 3D-Daten liefern. Redundante UHF-Transceiver und -Antennen (UHF für: Ultra High Frequency) werden sowohl für die Kommunikation zwischen den Satelliten als auch für die Verbindung mit der Bodenstation genutzt. Über diese Inter-Satelliten-Kommunikation werden insbesondere die aktuellen Messwerte zu Orbit und Ausrichtung der einzelnen Einheiten ausgetauscht. An Bord durchgeführte Extrapolationen im Regelungssystem stellen sicher, dass Kollisionen untereinander vermieden werden. Sie gewährleisten außerdem, dass kontinuierlich eine gemeinsame Ausrichtung auf Beobachtungsziele an der Erdoberfläche erfolgt, und das bei einer Bahngeschwindigkeit von nahezu 28.000 Kilometern pro Stunde. Für die Sicherstellung des Informationsflusses in diesem verteilten und vernetzten System wurde ein spezieller Satz von Regeln, Standards und Normen für die untereinander kommunizierenden Einheiten entwickelt, ein so genanntes Protokoll. Dieses spezielle Protokoll trägt die Bezeichnung COMPASS (für: COMmunication Protocol for Autonomous Systems and Services). Es regelt sowohl den Datenfluss zwischen den Satelliten im Orbit als auch dessen Integration in das Netzwerk der Bodenstationen.

Der Flug der NetSats
Am 28. September 2020 brachte eine Sojus-2.1b-Rakete mit einer Fregat-Oberstufe zunächst drei Satelliten des russischen Kommunikationssystems Gonets auf eine Kreisbahn in 1.500 Kilometer Höhe, kehrte dann auf 575 Kilometer Höhe zurück und setzte weitere 19 Kleinsatelliten in einem polaren Orbit ab. Unter ihnen die vier Würzburger NetSats. Nicht unerwähnt bleiben soll im Übrigen, dass es vom Bayerischen Wirtschaftsministerium einen Zuschuss zu den Startkosten gab. Vom Ausstoßmechanismus des Berliner Launch-Service-Anbieters Exolaunch wurden die vier NetSat-Satelliten wie in einer Perlenkette hintereinander aufgereiht in ihrer Umlaufbahn abgesetzt. Zu allen vier Satelliten konnte kurz nach der Freigabe Kontakt aufgenommen werden. Sie begannen danach, untereinander Datenpakete auszutauschen. Anschließend wurden die einzelnen Untersysteme sorgfältig der Reihe nach in Betrieb genommen, im Orbit kalibriert und erste Wolkenbilder übermittelt.
Anschließend sollte mit den Triebwerksaktivitäten das Auseinanderdriften der vier Satelliten gestoppt und eine erste eindimensionale Formation in einer Reihe in einem Abstand von je 100 Kilometern initiiert werden. Es folgen Übergänge, um zuerst in der Bahnebene durch Rotation um einen virtuellen Mittelpunkt (in einer so genannten „Cartwheel“-Konfiguration) die zweite Dimension für diese Formation zu erschließen. Schließlich ist die Bahnebene zu verlassen, um die anderen Satelliten unter Nutzung der dritten Dimension zu umkreisen („Out of Plane“-Manöver). Hier ist geplant, verschiedene Konfigurationen und ihre Eigenschaften im Hinblick auf spätere Beobachtungsaufgaben zu untersuchen, ebenso wie die Übergänge zwischen den verschiedenen Konfigurationen im Orbit. Besonders interessant sind dabei Tetraeder-Konfigurationen, die im zeitlichen Ablauf wie eine DNA-Helix verdrillt sind, um damit die durchschnittlichen Störeinflüsse auf den Orbit während eines Umlaufs bei allen vier Satelliten gleich zu halten. Von solchen Manövern wird erwartet, mit minimalem Energieeinsatz für Bahn-Korrekturmanöver die Formation über lange Zeiträume aufrechterhalten zu können, weil die Satelliten dann mit der Ressource Treibstoff am sparsamsten umgehen.
Was bringt die Zukunft?
NetSat soll als Pionier für diese neuen Technologien die Grundlagen für Anschluss- Missionen schaffen, in denen dann durch mehrere kooperierende Kleinsatelliten Methoden der Computertomographie genutzt werden. So kann beispielsweise durch das Rückstreulicht der Sonne an den Wolken deren Inneres charakterisiert werden, um diesen wesentlichen Unsicherheitsfaktor in Klimavorhersagen weiter zu reduzieren. NetSat eröffnet durch die Formationsfähigkeiten für Kleinsatelliten auch geeignete Strategien zur Kollisionsvermeidung sowie zur autonomen Selbstorganisation und -koordination im Orbit. Am Zentrum für Telematik werden derzeit verschiedene Formationen aus Kleinsatelliten für innovative Erdbeobachtungsaufgaben vorbereitet. 2022 sollen drei CubeSats der Telematics Earth Observation Mission (TOM) mit photogrammetrischen Beobachtungsmethoden dreidimensionale dynamische Phänomene an der Erdoberfläche erfassen. Damit könnte beispielsweise die Ausbreitung einer Aschewolke bei einem Vulkanausbruch in allen drei Dimensionen verfolgt und beispielsweise Flugzeuge ausweichend umgeleitet werden. TOM ist Teil der größeren, aus acht Satelliten bestehenden, Telematics International Mission (TIM), die im Rahmen des Regional Leadership Summit (kurz: RLS) von Bayern mit Partnern aus fünf Kontinenten durchgeführt wird.
Ende 2023 sollen dann diese Nanosatelliten im Rahmen der CloudCT-Mission Algorithmen der Computertomographie umsetzen, um scheibchenweise (und somit auf ähnliche Weise, wie es die Medizin mit einem CT im menschlichen Körper macht) auch das Innere von Wolken zu erfassen und so deren Einfluss auf das Klima besser zu verstehen. Das Vorhaben LoLaSat (für: Low Latency communication Satellite) soll in einer sehr niedrigen Erdumlaufbahn, mit einer Orbithöhe von unter 300 Kilometern, Kommunikation mit sehr geringen Verzögerungsdauern erproben, wichtig für 5G- und 6G-Kommunikationsnetze. Auch im Bereich der Telekommunikation stehen Kleinsatelliten-Formationen spannende Aufgaben bevor, beispielsweise im Rahmen des Internet der Dinge, der großflächigen Versorgung weniger dicht besiedelter Gebiete mit Telekommunikationsdiensten oder beim Aufspüren von Funkstörquellen. Schon jetzt ist abzusehen, dass die im NetSat-Projekt demonstrierten Technologien ein breites Anwendungsspektrum für innovative Ansätze in den Bereichen Telekommunikation und Erdbeobachtung im NewSpace-Sektor erschließen werden.
