Kitabı oku: «Frankie - Unvergesslich», sayfa 4

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Wie um José recht zu geben, begannen Frankie und der andere Mann, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen, immer wieder innehaltend, um sich zu unterhalten und den Leuten, die ihnen zuwinkten, Küsschen zuzuwerfen. Als Frankie mich erblickte, kam er sofort herübergerannt und umarmte mich. Es störte mich nicht, dass seine Haut verschwitzt und ölig war. Sobald er seine Arme um mich geschlungen hatte, konnte ich zum ersten Mal in dieser Nacht frei atmen.

„Was machst du denn hier?“ Er schob die Krone zurück und wischte seine Locken aus dem Gesicht. „Ich dachte, du wolltest nicht herkommen und mich hier sehen.“

„Ich mag es immer, dich zu sehen.“ Ich drückte ihn in Hüfthöhe. „Mir ist langweilig geworden, und ich wollte meinen Freund sehen.“

Auf diese Worte hin überzogen sich Frankies Wangen mit einer leichten Röte. Als der andere Tänzer José sein Trinkgeld gab, sagte er: „Wie süß. Frankie, du weißt ja immer noch, wie man errötet.“

Auch Frankie überreichte sein Geld, legte den Kopf schief und klimperte mit den Wimpern. „Ich erröte nicht, Tristan. Ich strahle, Baby.“

José gab Frankie einen Margarita und Frankie trank ihn mit einem Seufzen. „Ah, lecker.“ Er wand sich und schmiegte sich näher an mich. „Hübsch hier. Ich bin froh, dass du gekommen bist.“

„Ich auch.“ Ich nippte an meinem Mineralwasser und sah Frankies Augen auf meinem Glas ruhen. Er verspannte sich und ich fauchte, „Das ist nur Wasser, Mann. Ich habe dir doch gesagt, ich trinke nicht. Ich bin doch nicht blöd, weißt du.“ Ich biss die Zähne zusammen.

„Ich hab doch gar nichts gesagt.“

Frankie entfernte sich einen Schritt von mir. José runzelte die Stirn und schüttelte seinen Kopf.

Verdammt.

„Ich hätte das nicht sagen sollen.“ Ich berührte Frankie an der Schulter. „Tut mir leid. Wirklich.“

Frankie wusste, wie hässlich es werden konnte, wenn ich trank. Er legte seinen Kopf zurück an meine Brust und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn auf die Wange zu küssen. Sie war warm und glatt und es kostete mich all meine Selbstbeherrschung, um nicht seinen Mund mit meinem zu bedecken und jedem zu zeigen, zu wem er gehörte. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich nicht das Recht dazu hatte. Das musste ich mir erst wieder verdienen, und ihn zu bedrängen, und sei es nur mit einem Kuss, würde das Vertrauen zerstören, das wir gerade dabei waren wieder aufzubauen. Vielleicht hatte sein Boss James doch recht.

Also hielt ich ihn, fuhr fort, seinen Hals zu liebkosen, und lauschte dem Puls, der unter meinen Lippen raste.

„Danke, dass du gekommen bist, um mir zuzusehen“, flüsterte er in mein Ohr. „Das bedeutet mir viel. Und mir tut es auch leid.“

„Was denn?“

Frankie stellte seinen angefangenen Drink zurück auf die Theke. „Ich sollte in deiner Gegenwart nicht so viel trinken. Ich werde es langsamer angehen lassen.“

„Du bist wundervoll. Danke. Ich will dich unterstützen. Ich weiß, das habe ich früher nicht getan und das war falsch. Du bist wirklich gut darin.“ Ich hob meinen Kopf, um Tristan mit einzubeziehen. „Der Tanz, den ihr zwei da hingelegt habt, war echt cool.“

Tristan nickte, wandte sich dann so schlagartig um, dass sein schwarzes Cape hinter ihm flatterte, und schlenderte davon, um sich einer Gruppe älterer Männer anzuschließen, die den Kellner herüberwinkten, um ihre Gläser auffüllen zu lassen. Er begann zu tanzen, rieb sich an einem Mann, der seine Hüften ergriff und ihn drängte, weiter zu machen.

„Was ist seine Geschichte?“ Ich stupste Frankie an.

„Keine Ahnung. Er redet nicht wirklich viel mit uns. Bleibt mehr für sich.“ Er drehte sich zu mir um und ich hielt ihn zwischen meinen Armen gefangen. „Ich muss wieder zurück, sonst kriege ich Ärger mit James.“

„Mmmh. Okay. Wie wäre es mit einem Kuss, um mich über Wasser zu halten, bis du fertig bist?“

„Wirst du bis zum Schluss bleiben?“

Eigentlich wollte ich seine Lippen nur leicht streifen, doch ich konnte nicht widerstehen und vertiefte den Kuss, bis wir aneinanderhingen, unsere Münder und Zungen für unsere Herzen sprechend, bis mir schwindelig wurde. Mein Herz pochte und als ich mich wieder beisammen hatte und wir uns trennten, umhüllte uns der Klang von Lachen und Beifallsrufen.

„Ähm, ja. Wenn du das möchtest.“

Ich hatte Frankie seit unserem ersten gemeinsamen Weihnachten nicht mehr so glücklich gesehen. „Ich möchte. Aber erst mal muss ich los.“ Er setzte das Lächeln, das, wie ich nun wusste, nur für die Menge bestimmt war, wieder auf, tanzte davon und war bald inmitten einer Gruppe von Mittdreißigern, die, den Flaschen auf ihrem Tisch nach zu urteilen, Geld loszuwerden hatten. Zugegebenermaßen brannte es in meinem Magen, als ich sah, wie diese Männer Frankies Arsch betatschten und ihn begrapschten. Als er einen von ihnen küsste und sich auf seinem Schoß wand, brauchte ich eine Abkühlung und verließ den Club, um draußen auf und ab zu wandern und die Abendluft mein erhitztes Gemüt kühlen zu lassen. Ich dachte, ich hätte mich im Griff, doch offenbar hatte ich falschgelegen.

„Aaron?“ Frankie stand fröstelnd vor mir, nackt bis auf ein paar dünne Shorts, ein purpurnes Cape und ein paar Stiefel.

„Mir geht’s gut. Geh wieder rein.“ Ich lehnte mich gegen die dreckige Ziegelsteinmauer und beobachtete, wie der Verkehr an uns vorbei zog.

„Nicht, bis ich nicht rausgefunden habe, warum du aus dem Club gelaufen bist, wie von der Tarantel gestochen.“ Er stand so nah vor mir, dass ich keine Wahl hatte, als ihm ins Gesicht zu sehen.

Ich wollte ihn anfahren, mich in Ruhe zu lassen, doch wohin würde das führen? Genau dorthin, wo wir vor einem Jahr gestanden hatten. Und Frankie gegenüber wäre es ungerecht, nachdem ich ihm gesagt hatte, es würde mich nicht stören. Doch es in unserem Apartment zu sagen, war etwas ganz anderes, als es im Club live zu sehen.

„Ich habe gesehen, wie der Typ dich berührt und geküsst hat … und du hast mitgemacht. Ich weiß, es ist nur gespielt, aber es direkt vor mir zu sehen?“ Ich schluckte schwer. „Das ist irgendwie schwierig.“

Die Anspannung wich aus Frankies Gesicht. „Tut mir leid. Und vielleicht hast du recht und wir sollten darüber reden. Aber könntest du für heute Nacht einfach wieder mit reinkommen?“ Er legte seine Arme um mich. „Mir frieren die Eier ab, das heißt weniger Trinkgeld.“

„Ja. Sorry. Ich hätte nicht einfach so wegrennen sollen.“ Es war ja nicht so, als hätte er dem Kerl einen runtergeholt oder einen geblasen. Himmel, es gab Kerle, die drehten Pornos und hatten Partner. Wer war ich, mich darüber zu beschweren, wenn jemand in einem Stripclub ein bisschen grabbelte? „Ich bin bereit. Lass uns zurückgehen.“

Bevor wir wieder hineingingen, gab ich Frankie einen Kuss. „Ich werde dir nicht noch mehr Ärger machen. Ich bin froh, dass du meine Seite sehen kannst.“

„Das liegt daran, dass deine Seite direkt neben mir ist.“

Für die nächsten zwei Stunden saß ich, abgesehen von ein paar Toilettengängen wegen all des Wassers, das ich trank, an der Bar und sah Frankie bei seiner Performance zu. Er stand mit Anmut und Stolz dazu, wer er war. Frankie blühte auf im Rampenlicht. Er liebte das Publikum und seine Fans liebten ihn, wie der Haufen Scheine zu seinen Füßen bewies. Der Mann, der auf mich angewiesen war, um Entscheidungen zu treffen und ihm sagte, was zu tun sei, war verschwunden. Frankie hatte sich verändert.

Die Lichter gingen an und die Musik wurde leiser. Überrascht bemerkte ich, dass es Zeit war zu gehen. Ich schob dem Barkeeper einen Zwanziger zu. „Ist das genug?“ Ich hatte drei Mineralwasser getrunken und war dann zu stillem Wasser gewechselt.

Er schob das Geld zurück. „Geht auf mich.“

„Nein, Mann,“ versuchte ich ihn zu überzeugen, doch als das zu nichts führte, nahm ich einen Fünfer und legte ihn vor mich. „Nimm wenigstens das, für alles, was du für mich getan hast.“

José steckte das Geld ein und legte seinen Kopf schief. „Was habe ich denn getan?“

„Du hast zugehört. Mir den Kopf geradegerückt. Mich wie einen Menschen und nicht wie einen Kriminellen behandelt.“

„Weißt du, niemand von uns ist perfekt. Wir bauen alle mal Scheiße. Aber man sollte draus lernen.“

Hector, der stämmige Türsteher vom Eingang ging an mir vorbei, beugte sich vor und gab José einen Kuss auf die Lippen. „Können wir bald gehen?“

„Ich muss noch das Geld zählen und James geben. Gib mir noch zwanzig Minuten.“

Whoa. Das hatte ich nicht kommen sehen. Ich hatte nicht gewusst, dass die beiden schwul waren. Aber wer wusste dieser Tage schon irgendetwas?

Hectors braune ernste Augen bohrten sich in meine. „Du hast dich heute Abend gut geschlagen. Mach weiter so.“

Sein Ton brachte mein Blut zum Kochen, doch es war nicht mehr, als ich verdient hatte. Ich war ins Gefängnis gegangen, nachdem ich jemand bei einer Kneipenschlägerei verprügelt hatte, weil ich meinen Frust über Frankie an einem Fremden ausgelassen hatte.

Frankie kam herübergehüpft, nach seinem Lieblingsaftershave riechend, sein Haar in dunklen feuchten Locken. Ich liebte es, ihn so zu sehen, sein Gesicht frisch und sauber, befreit von all dem Make-up, das er auf der Bühne trug.

„Ich bin bereit. Bist du gefahren?“

„Ja.“ Ich erhob mich, steif vom Sitzen und streckte meinen Rücken. „Ich stehe eine Straße weiter.“ Ich hob zwei Finger an die Stirn und salutierte, um mich von José zu verabschieden. „Danke für alles, Mann.“

„Hoffe, es hat geholfen.“

Frankie und ich verließen den Club, mein Arm um seine Schulter gelegt. „Mir gefällt der Gedanke nicht, dass du so spät nachts alleine nach Hause gehst, also werde ich dich von jetzt an abholen.“

Statt mein Angebot anzunehmen, blieb Frankie still an meiner Seite, während wir darauf warteten, dass der Parkwächter mein Auto brachte. Als wir eingestiegen waren und uns angeschnallt hatten, legte er seinen Kopf schief. „Was glaubst du, habe ich getan, während du im Gefängnis warst?“

„Hä?“ Ich konzentrierte mich auf den Verkehr und achtete nicht zu sehr auf das, was Frankie sagte. „Ich kann nicht glauben, dass unter der Woche so viele Leute noch so spät nachts unterwegs sind.“

„Ich sagte, was glaubst du, habe ich getan, während du im Gefängnis warst? Wie glaubst du, bin ich nach Hause gekommen?“

„Oh.“ Ich hielt an einer roten Ampel. „Ähm … Ich weiß nicht.“

„Ich habe den Zug genommen. Jede einzelne Nacht. Alleine. Ich bin nicht erst mit dem Auto in die Stadt gegurkt. Ich wäre eh zu müde gewesen, um so spät noch nach Hause zu fahren.“

„Na ja, jetzt müsstest du es nicht mehr. Ich bin hier.“ Ich lächelte ihn an, doch er antwortete mit einem Stirnrunzeln.

„Darum geht es gar nicht. Ich weiß das Angebot zu schätzen, aber du kannst nicht immer so lange aufbleiben. Du hast jetzt einen Job und musst früh raus. Ich bin es gewohnt.“

„Aber …“

„Nein“, sagte Frankie, mit einem störrischen Ausdruck, den ich noch nie zuvor an ihm gesehen hatte. „Du musst dich daran gewöhnen, dass ich jetzt anders bin. Unabhängig. Wesentlich mehr, als bevor du weg warst. Ich bin nicht mehr der „gib-jederzeit-nach“, „was-immer-du-möchtest“-Typ. Ich habe im Lauf des letzten Jahres gelernt, für mich selbst einzustehen.“

„Oh, verstehe.“ Ein Teil dessen, was ich an Frankie liebte, war, wie sehr er auf mich angewiesen war. Nun musste ich mich weiterentwickeln und lernen, ihn für seine Reife und Stärke zu lieben.

„Ist das ein Problem?“, sagte er in herausforderndem Tonfall. Ich versuchte, so beruhigend wie möglich zu lächeln.

„Nein, natürlich nicht. Wir müssen uns beide erst wieder aneinander gewöhnen. Du hast dich verändert, genauso wie ich.“

„Ja. Das weiß ich.“

Ich ließ diese Bemerkung fürs Erste stehen. Ich wusste, dass Frankie mehr mit mir über meine Zeit im Gefängnis reden wollte, doch ich konnte nicht. Noch nicht. Falls überhaupt jemals.

Kapitel 5

FRANKIE

Wir erwachten um sieben, beide noch immer in dieser seltsamen Stimmung, in der uns die unbeendete Diskussion zurückgelassen hatte, als wir zu Bett gegangen waren. Als ich zu ihm in die Küche kam, hatte Aaron bereits Kaffee gemacht und geduscht.

„Ich habe meine Zähne geputzt, also gib mir einen Kuss“, sagte ich und beugte mich vor. „Wie hast du geschlafen?“ Ich kannte die Antwort. Furchtbar. Seit er nach Hause gekommen war, wachte Aaron mehrmals in der Nacht auf. Ich glaubte, er hatte keine ruhige Nacht mehr gehabt, seit wir wieder zusammen waren.

„Ganz okay.“ Die Berührung seines Mundes fühlte sich oberflächlich an und er wandte sich ab, um sein Portemonnaie in seine Hosentasche zu stecken.

„Lüg nicht. Du hast beschissen geschlafen.“

Seine Rückenmuskulatur spannte sich an. „Ich muss jetzt los zur Arbeit. Lass gut sein.“

„Ich habe doch gar nichts gemacht. Ich versuche, über etwas zu reden, das mir aufgefallen ist.“ Ich hasste das Gefühl, dass wir wieder in unsere alten Gewohnheiten des Streitens und Abblockens verfielen. „Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, mehr miteinander zu reden.“

Aron atmete geräuschvoll aus und sah mich an. „Ich … ich möchte jetzt keine großen Diskussionen anfangen, weil ich wirklich zur Arbeit muss. Aber es tut mir leid. Ich wollte dich nicht abwürgen.“ Er streckte seine Hand aus. „Lass es mich wieder gut machen. Komm her.“

Ich erlaubte mir, mich an seine Brust ziehen zu lassen, und Aaron küsste mich auf den Kopf und hielt mich fest. „Bitte glaube mir, dass ich es versuche. Es wird nur seine Zeit brauchen.“

Er hatte recht. Warum bedrängte ich ihn so? Wir hatten alle Zeit der Welt. „Mir tut es auch leid. Geh zur Arbeit und zeig es ihnen. Ich wollte nicht so früh am Morgen mit so etwas anfangen. Ich habe heute Unterricht. Und dann werde ich wahrscheinlich schauen, ob Austin Hilfe mit dem Obdachlosenheim braucht.“

„Er hängt sich da wirklich rein, hm?“ Aaron schlüpfte in seine Jacke. „Rhoades ist nett, aber es hilft bestimmt, dass er Geld hat.“

Ich schüttelte meinen Kopf und verteidigte meinen besten Freund. „Nee. So ist das nicht. Du kennst Austin nicht, aber er stammt aus einer reichen Familie und ist abgehauen, weil sein Vater ein Arsch war. So was ist ihm egal. Es hat Monate gedauert, bis Rhoades Austin davon überzeugen konnte, ihm zu trauen.“

„Egal, ob reich oder arm, es ist schön, Geld zu haben.“ Aaron küsste mich, seine Lippen weich und warm und ich vergaß Austin und alles andere. Diesen Effekt hatte Aaron von Anfang an auf mich gehabt. Totaler, völliger Verlust meines freien Willens, sobald er mich berührte. „Ich sehe dich dann zum Abendessen.“

Er verließ die Wohnung und ich berührte meine Lippen. „Ja. Bis dann.“ Wieder einmal hatte Aaron das Gesprächsthema geschickt von sich abgelenkt. Verstörende Gedanken erfüllten meinen Kopf, als ich mein Müsli aß, und verfolgten mich, während ich mich anzog. Warum wollte er nie über sich selbst sprechen? Ich verließ mein Apartment und meine Gedanken drehten sich noch immer im Kreis, einer Antwort kein Stück näher als vorhin.

Die Zugfahrt in die Stadt half wenig, um die Parade schmerzhafter Bilder in meinem Kopf zu unterbrechen. Aaron behauptete, er hätte die meiste Zeit im Gefängnis damit zugebracht, in der Bibliothek zu lesen und zu trainieren. Doch ich sah die Schatten in seinen Augen und das Lächeln, das zu schnell wieder verschwand. Und ich fragte mich, was er mir nicht sagen wollte. Und warum.

Bedränge ihn nicht.

Das war die Antwort meiner Mutter, wenn ich sie fragte, was ich ihrer Meinung nach tun sollte. Ich wusste, dass sie noch immer nicht ganz glücklich darüber war, dass ich und Aaron wieder zusammen waren, doch sie verstand meine Beweggründe und unterstützte mich. Ich schrieb ihr eine Nachricht, als der Zug an der Broadway Junction hielt und ich Empfang hatte.

Aaron will immer noch nicht mit mir reden. Was soll ich machen?

Sie antwortete sofort. Es ist noch nicht so lange her. Nerv ihn nicht. Er wird sich schon öffnen.

Es ist fast zwei Monate her.

Es hat sechzehn Jahre gedauert, bis du dich mir und Dad anvertraut hast.

Ihre Sicht der Dinge verschlug mir den Atem. Diese Antwort war das Licht in der Dunkelheit, das ich benötigt hatte. Aaron würde sich mir anvertrauen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war.

Danke.

Ich schickte ihr eine Reihe bunter Herzchen-Emojis und sie antwortete mit einem Smiley. Unsere Unterhaltung hob meine Laune für den Rest der Zugfahrt beträchtlich, sodass ich meiner Freundin Vivi ein breites Lächeln schenkte, als ich in den Unterricht kam.

„Hey, Baby.“ Ich gab ihr einen Kuss. „Lass mal sehen, was du heute trägst.“

Sie stand auf und drehte sich im Kreis, sodass ihr geblümter Rock sich um sie bauschte. Vivi war besessen von den Fünfzigern, liebte es, Tellerröcke mit Petticoats zu tragen und ihre eigenen Unipullover dazu zu nähen. Sie trug wie immer einen knalligen Lippenstift und ihr glänzendes schwarzes Haar in einem hohen Pferdeschwanz.

„Süße, du siehst aus wie eine Cheerleaderin, die nach dem Spiel auf den Quarterback wartet. Und woher hast du diese Petticoats?“ Ich befühlte den steifen Tüll. „Die sehen authentisch aus.“

„Das sind sie auch.“ Ihre dunklen Augen leuchteten. „Sie haben meiner Großmutter gehört. Sie hat alle aufgehoben und versprochen sie mir zu schicken.“ Wir setzten uns an unsere Arbeitsplätze und winkten den anderen zu, die in das Zimmer geschlendert kamen.

Ich hatte Fotos von Vivis zierlicher chinesischer Großmutter gesehen. Vivi hatte mir erzählt, wie hart sie im Familienbetrieb in Kalifornien gearbeitet hatte, um ihren vier Kindern eine gute Ausbildung und ein besseres Leben zu ermöglichen. Vivis Mutter war an die Medical School in Stanford gegangen und arbeitete in der medizinischen Fakultät der Universität von Kalifornien in LA als Genforscherin. Sie hatte einen weißen Mann geheiratet und Vivi während ihres Studiums bekommen und war trotzdem Jahrgangsbeste geworden. Abgesehen von ihrer Statur war Vivi ein Ebenbild ihrer Mutter.

„Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, wie deine Großmutter in Tellerröcken zum Tanz gegangen ist. Auf keinem der Bilder, die du mir gezeigt hast, habe ich sie je lächeln sehen.“

„Sie hasst es, fotografiert zu werden. Außerdem hat sie immer gearbeitet, um meiner Mutter das Beste von allem bieten zu können. Irgendwann zeige ich dir mal die mit meinem Großvater. Sie waren so süß zusammen.“

Während der folgenden Stunde wandten wir unsere Aufmerksamkeit unseren Projekten zu. Diese Saison lag unser Fokus auf Mänteln und Jacketts und neben dem glänzenden, schwarzen Vinylmantel, an dem ich zu Hause arbeitete, nähte ich während des Unterrichts an einem Trenchcoat aus Wolle mit einem herausnehmbaren Futter aus Kunstpelz.

„Ohh. Das ist ja so weich.“ Vivi kam herüber und ließ ihre Finger durch das Stück Fell gleiten. „Das fühlt sich so echt an. Wo hast du das denn her?“

„Ich glaube, das war ein kleiner Shop an der Neununddreißigsten oder Vierzigsten. Ich schau mal nach der Karte, dann können wir beide hingehen, wenn du Zeit hast.“

„Ugh.“ Sie verzog das Gesicht. „Die nächsten paar Wochen muss ich Doppelschichten arbeiten. Aber frag mich danach nochmal?“ Ihr Blick ruhte auf dem Stoff. „Der ist so toll. Würde sich bestimmt super als Weste machen, oder so.“

„Kein Problem.“

Vivi arbeitete als Kellnerin im Stitches, einem Restaurant, das den Mitarbeitern erlaubte, ihre selbstentworfene Kleidung zu tragen und wöchentliche Modenschauen abhielt. Als Vivi dort zum zweiten Mal ihre Klamotten gezeigt hatte, war sie von mehreren jungen Designern angesprochen worden, die mit ihr arbeiten wollten. Sie drängte mich, das Tanzen im Man Up aufzugeben und dort zu arbeiten, um gesehen zu werden. Doch ich wollte nicht als Bedienung arbeiten, selbst wenn das bedeutete, dass meine Designs beachtet wurden.

Der Unterricht endete und danach hatte ich Business und Marketing. Anfangs hatte ich keine Ahnung, warum ich an einer Schule für Design Businesskurse besuchen sollte, doch je mehr ich lernte, desto mehr interessierte ich mich für die wirtschaftliche Seite und entdeckte ein neues Interessengebiet, von dem ich vorher gar nicht gewusst hatte, das es existierte.

„Lassen Sie niemals jemand anderen kontrollieren, was Sie erschaffen haben“, hatte mein Professor gesagt. „Sie dürfen nicht so sehr im Designprozess versinken, dass Sie jemand anderem die Verantwortung für Ihre Finanzen oder Ihre Designs überlassen. Die inneren Rädchen Ihres Unternehmens sind genauso wichtig, wie der äußere Glanz. Sie sind klug, Frankie. Nach dem zu urteilen was ich von Ihnen im Unterricht und Ihren schriftlichen Arbeiten gesehen habe, haben Sie ebenso ein Händchen für Marketing und die geschäftliche Seite, wie auch das modische Gespür, das für diese Branche notwendig ist.“

Diese Worte verfolgten mich den gesamten Heimweg über, und ich dachte darüber nach, was er gesagt hatte. In den letzten sechs Monaten hatte ich meinen Eltern geholfen zu entscheiden, was sie mit den Auszahlungen ihrer Privatrente machen sollten. Ihr Geld nur auf ihrem Bankkonto zu haben, wo es ihnen fast nichts einbrachte, empfand ich nicht nur als besorgniserregend, es machte mich verrückt. Wenn meine Eltern nur bereit wären, ein klein wenig etwas zu riskieren, dann könnten sie mehr Geld haben. Doch sie waren nicht risikofreudig.

„Ihr solltet mich wirklich helfen lassen. Wie wäre es, wenn ihr mir etwas von Dads Rente gebt und ich das Geld investiere.“

„Ich mag den Aktienmarkt nicht. Das ist wie Glücksspiel.“

Hoffnungslos. Ich entschied, dass wenn mein Trinkgeld hoch genug ausfiel, ich von meinem Geld nehmen würde, was ich konnte, und es für sie anlegen würde. Sie hatten immer zu mir gestanden und mich bei allem unterstützt, was ich tat. Es war das Mindeste, was ich tun konnte.

Eine Nachricht von Austin erschien. Er war mit etwas bezüglich des Bodenbelags beschäftigt, aber wir könnten uns zum Abendessen treffen, wenn ich wollte.

Sorry. Esse mit Aaron. Später? Komm zum Club.

Ich frag Rhoades und melde mich dann nochmal.

Schon lustig, wie das Leben uns in so unterschiedliche Richtungen geführt hatte. Austin war es immer wichtig gewesen, dass er nach niemandes Pfeife tanzen musste, aber nun musste er seinen Liebsten fragen, ob er zum Club kommen würde.

Und hier bist du selbst, wieder mit Aaron zusammen, nachdem du dir geschworen hattest, dass das niemals passieren würde.

Ich musste dieser verfluchten inneren Stimme recht geben. Schließlich kannte sie mich am besten.

Mein Telefon machte „ping“. Es war Austin.

Wir werden da sein. Kann es kaum erwarten, euch zu sehen.

Hier auch.

„Wollen wir was essen gehen?“ Ich sammelte mein Zeug zusammen und stopfte es in die süße Tasche, die ich gemacht hatte. Sie war weiß und fluffig und mit einem Gewirr schwarzer Vinylstreifen verziert. Vivi hatte eine rote und Austin eine schwarze.

„Ich kann nicht.“ Sie zögerte. „Ich habe ein Date.“

„Was?“ In gespielter Empörung ließ ich meine Tasche fallen und stemmte die Hände auf die Hüften „Und du hast nichts gesagt. Wer ist er?“

Sie biss sich auf die Lippe. „Ähm, sie. Eine andere Kellnerin vom Stitches.“

Wie, was? Eine Frau? Vivi hatte ein Date mit einer Frau?

„Warte mal. Bist du nicht letzten Monat noch mit diesem dominikanischen Typen ausgegangen? Ist was passiert?“

„Er hat mich betrogen − das ist passiert.“ Ihre Augen funkelten. „Also habe ich den Arsch rausgeschmissen. Margo und ich sind einen trinken gegangen und ich habe ihr die Geschichte erzählt und sie meinte, ich sollte mich nicht mit so einem Scheiß rumärgern. Und irgendwie hat es klick gemacht.“ Dem hübschen roten Farbton, der ihre Wangen überzog, nach zu urteilen, hatte es mehr als nur geklickt. Wow. Ich hatte Margo schon ein paar Mal getroffen. Sie war eine große beeindruckende nigerianische Frau mit wunderschönen Wangenknochen, die Model werden wollte und kleinere Erfolge bei örtlichen Designern hatte.

„Süße, sei, wer du bist. Was auch immer dich glücklich macht. Ob du nun auf Kerle, Frauen oder beides stehst, für mich ist das alles in Ordnung.“

„Ich liebe dich, Frankie.“ Sie warf ihre Arme um mich und umarmte mich fest.

„Warum so emotional? Dachtest du, ich hätte ein Problem damit?“

Sie zuckte mit den Schultern, was ihren Pferdeschwanz wie ein Metronom schwingen ließ. „Ich weiß nicht …“

„Was auch immer dich glücklich macht, ohne dich zu verletzen.“ Ich legte meine Hände auf ihre Schultern und küsste ihre Wangen. „Das Leben ist zu kurz, um zu bedauern, was hätte sein können.“

***

Später am Abend gingen mir diese Worte durch den Kopf, als ich vor dem Büro unseres Therapeuten auf Aaron wartete. Mit Aaron zusammen zu sein, war keine so leichtfertige Entscheidung gewesen, wie die Leute dachten. Ich hatte mit mir gerungen, doch am Ende hatte ich nicht mit den „Vielleichts“ und „Was-wäre-wenns“ leben können. Ich hatte das Risiko eingehen müssen.

Um fünf nach sieben sah ich Aaron in meinem Auto auf der gegenüberliegenden Straßenseite parken. Die Ärztin hatte zugestimmt, unseren Termin wegen Aarons neuer Arbeitszeiten in die Abendstunden zu legen.

„Hi.“

„Hallo. Wie war die Arbeit?“

„Okay.“ Er senkte seinen Kopf und küsste mich, sein Mund klebrig und süß schmeckend.

„Mmm, was hast du denn gegessen? Du schmeckst lecker.“ Ich hielt ihn an seinem Hemdkragen und beugte mich vor, um weiter an seinen Lippen zu nippen und zu saugen.

„Hör auf damit“, sagte er und wand sich aus meinem Griff. „Marie aus dem Büro hat Erdbeerkuchen gemacht und mir ein Stück gegeben.“

„Oh?“ Ich hakte mich bei ihm unter und wir gingen in das Gebäude. Ich drückte auf den Buzzer, um uns reinzulassen. „Vielleicht mag sie dich ja.“

„Sei nicht albern. Sie hat einen Freund.“

Er schob die Tür auf und hielt sie für mich. „Auch wenn sie versucht, mich mit ihren Freundinnen zu verkuppeln.“

Ich blieb vor der Tür des Büros stehen. „Du hast einen festen Freund, also vergiss es.“

Sein Kiefer spannte sich an und er öffnete die Tür zum Büro. „Lass uns reingehen.“

„Hallo ihr zwei. Dr. Morrell wird in ein paar Minuten soweit sein. Sie muss nur noch ein paar Notizen beenden.“ Die Sprechstundenhilfe lächelte uns zu und wandte sich wieder ihrem Computerbildschirm zu.

„Danke“, sagte ich und setzte mich. Aaron nahm neben mir Platz und ich setzte unsere Unterhaltung fort. „Hast du ihnen immer noch nicht gesagt, dass du schwul bist?“

Aaron schüttelte seinen Kopf und wirkte, als wäre er gerne irgendwo anders. „Ähm, nein. Das ist kein Ort, um schwul zu sein.“

„Ich wusste gar nicht, dass es Orte zum Schwulsein oder Nichtschwulsein gibt. Ich bin immer ich selbst. Überall.“

„Du hattest immer die Möglichkeit“, schoss er zurück. Er sah müde und niedergeschlagen aus. „Ich hatte diese Möglichkeit nicht, da wo ich aufgewachsen bin, und kann es auch jetzt nicht. Noch nicht.“

„Frankie? Aaron?“ Dr. Morrell stand vor uns. „Sollen wir das in meinem Büro weiterdiskutieren?“

Die leise Präzision ihrer Stimme ließ Scham in mir aufsteigen. „Tut mir leid.“ Ich hatte kein Bedürfnis danach, mein Privatleben im Wartezimmer zu erörtern. „Ja. Wir sind bereit.“ Ich erhob mich, folgte ihr in ihr kleines Büro und setzte mich, während sie die Tür hinter uns schloss.

„Also“, sagte sie und lächelte uns beide von hinter ihrem Schreibtisch aus an. „Erzähl mir von deinem Job, Aaron. Ich habe gehört, wie du Frankie erzählt hast, dass sie noch nicht wissen, dass du schwul bist. Hast du Angst? Ist das der Grund? Haben sie irgendwas gesagt?“

Die Ellenbogen auf seine Knie gestützt, warf Aaron mir einen unsicheren, beunruhigenden Blick zu. „Ach, ich weiß nicht, ob Angst das richtige Wort ist. Aber ja, sie haben halt Zeug gesagt.“

„Wie zum Beispiel?“ Sie hob ihre Augenbrauen und lehnte sich vor.

„Na, ähm, wie gestern. Dieses schwule Pärchen kam herein und Lennie meinte, er versteht nicht, warum Schwule heiraten wollen − er nannte es das schwule Ding. Und dann hat er sich darüber aufgeregt, dass sie anderen ihre Lebensweise aufdrängen würden.“

„Und wie hast du dich dabei gefühlt?“

„Angepisst. Genervt. Verletzt.“ Aaron kratzte sich am Kopf. „Ich weiß nicht. Ich hab ihm die Meinung gesagt. Irgendwie.“

„Hast du?“, konnte ich mir nicht verkneifen einzuwerfen. „Davon hast mir ja gar nichts erzählt. Was hast du gesagt? Hab ihr gestritten?“

„Nicht wirklich. Aber ich habe ihn gefragt, ob er denn mit jeder Frau schlafen will, die er sieht, und dass nicht jede Person mit ihm schlafen will. Er soll nicht denken, dass es nur darum geht.“

„Ich habe das Gefühl, du gibst uns hier die kinderfreundliche Version.“ Dr. Morrells Augen funkelten hinter ihren schwarz gerahmten Brillengläsern.

„Hm, na ja, vielleicht.“ Aaron grinste sie verlegen an. „Aber deswegen habe ich noch nichts gesagt. Es war leichter zuzugeben, dass ich im Knast gewesen bin. Das konnten sie verstehen.“

„Macho-Arschlöcher“, murmelte ich.

„Du glaubst also, Aaron hätte es ihnen trotzdem erzählen sollen, Frankie?“

„Ich mag es nicht zu verbergen, wer ich bin.“

„Das musst du ja auch nicht. Du arbeitest in einem Schwulenstripclub. Und du studierst Modedesign. Du meintest, fast alle Männer, mit denen du etwas zu tun hast, sind schwul. Diese Möglichkeit hatte ich nie.“ Aarons Stimme wurde lauter und sein Gesicht rötete sich vor Ärger. „Ich habe bisher nur auf dem Bau oder im Autobereich gearbeitet.“

„Glaubst du, dass es in diesen Branchen keine schwulen Männer gibt?“, fragte Dr. Morrell.

„Wenn es sie gibt, dann spricht niemand darüber. Das Einzige, worüber Lennie redet, ist so viele Mädels flachzulegen, wie er kann. Das und Baseball.“

„Also, Frankie. Kannst du verstehen, warum das ein Problem für Aaron ist? Vielleicht braucht er ein wenig Zeit, um sich damit zu arrangieren, und wartet auf den richtigen Moment, um es seinen Kollegen zu erzählen.“

„Was, wenn diesen Moment nicht gibt?“

„Aber sollte das nicht seine Wahl sein? Oder bist du der Meinung, Aaron sollte ihnen jetzt sofort sagen, dass er schwul ist?“

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