Kitabı oku: «Ein Kampf um Rom», sayfa 76
VIERTES KAPITEL
So rasch, als es sein furchtbares Umklafterungssystem verstattete, war Narses nach jenem Kriegsrat bei Fossatum mit seiner ganzen Macht und in breitester Stirnlinie nach Süden hinabgezogen, die Reste gotischen Lebens zu erdrücken oder ins Meer zu werfen.
Nach Tuscien nur entsandte er, um die dort noch widerstrebenden Burgen zu brechen, dann Lucca im annonarischen Tuscien, mit geringer Macht seine Heerführer Vitalianus und den Heruler Wilmuth, und noch weiter hinauf gen Norden wider das immer noch unbezwungene Verona, dessen Ausdauer den Goten das Entkommen durch das Tal der Athesis hinauf bis an die Passara wesentlich erleichtert hatte, Valerianus, welcher einstweilen auch Petra pertusa, das oberhalb Helvillum die flaminische Straße gesperrt, bezwungen hatte.
Mit allen andern Truppen eilte er nach Süden, er selbst auf der flaminischen Straße an Rom vorbei, indes Johannes an dem tyrrhenischen Meere hin, der Heruler Vulkaris an der Küste des jonischen Busens die Goten vor sich her drängen sollten.
Beide fanden aber wenig Arbeit und Aufenthalt mehr; denn im Norden waren die gotischen Familien ohnehin von dem vorauseilenden Heere des Königs aufgenommen worden, das Vulkaris nicht mehr einzuholen vermochte; und aus dem Süden waren ebenfalls die Goten längst aufgescheucht über Rom hinaus gen Neapolis geströmt, wohin sie eilende Sajonen, fliegende Boten des Königs, beschieden.
»Mons Vesuvius!« bildete das ausgegebene Sammelwort für alle diese gotischen Flüchtlinge.
Narses hatte seinen beiden Flügeln Anagnia als Ort der Wiedervereinigung vorgeschrieben.
Gern folge Cethegus der Einladung des Narses, bei ihm und dem Hauptheer zu bleiben; auf beiden Flügeln waren keine großen Ereignisse zu erwarten.
Und der Weg des Narses führte ja über Rom!
Für den Fall, daß Narses, trotz seinem Versprechen, einen Versuch machen sollte, im Vorüberziehen sich Eingang in Rom zu verschaffen, war dann auch Cethegus an Ort und Stelle. Aber fast zu des Präfekten Erstaunen hielt Narses Wort. Er zog mit seinem Heer ruhig an Rom vorüber.
Und er forderte Cethegus auf, Zeuge seiner Unterredung mit dem Papst Pelagius und den übrigen beherrschenden Personen in Rom zu sein, welche Zwiesprache er die Wälle hinan, zwischen dem flaminischen und dem salarischen Tor, an der Porta belisaria (pinciana) hielt.
Noch einmal versicherten der Papst und die Römer unter feierlichen Eiden auf die Gebeine der Heiligen Kosma und Damian (nach der Legende arabische Ärzte, Zwillingsbrüder, die unter Diokletian als Märtyrer gestorben sein sollten), die sie in elfenbeinernen Truhen und Silbersärgen auf die Wälle gebracht hatten, daß sie unweigerlich nach Vernichtung der Goten in der Moles Hadriani, dem Präfekten von Rom allein ihre Tore erschließen, jeden Versuch aber, gewaltsam in die Stadt zu dringen, mit Gewalt abwehren würden; denn sie wollten sich keinem der Kämpfe aussetzen, die etwa noch um Rom entbrennen könnten.
Das Anerbieten des Narses, ihnen jetzt schon ein paar tausend Mann zur rascheren Bewältigung der Moles Hadriani zu überlassen, wiesen die Römer höflich aber bestimmt ab: zur hohen Freude des Präfekten.
»Sie haben doch schon zwei Dinge gelernt in diesen Jahren«, sagte er im Abreiten zu Lucius Licinius, »sich die ‘Romäer’ fern vom Leibe halten und Cethegus mit dem Heile Roms verknüpfen. Das ist schon viel.«
»Mein Feldherr«, warnte Licinius, »ich kann deine Freude, deine Zuversicht nicht teilen« — »Ich auch nicht«, stimmte Salvius Julianus bei. »Ich fürchte Narses. Ich mißtraue ihm.« — »Ach, ihr Allklugen«, spottete Piso. »Man muß nichts übertreiben, auch die Vorsicht nicht und den Zweifel. Hat sich nicht alles gewendet, wie wir’s kaum zu hoffen gewagt, seit jener Nacht, da ein grober Hirtenjunge dem besten Dichter Roms über die unsterbliche Jambenhand schlug? Da der gewaltige Präfekt von Rom in einem Getreidehaufen tiberabwärts schwamm? Da Massurius Sabinus in den coischen Gewändern seiner Hetäre, in denen er entrinnen wollte, von Graf Markja erkannt und gefangen und da der große Rechtskenner Salvius Julianus blutend von dem unsanften Herzog Guntharis aus dem Schlamm des Flusses hervorgefischt wurde? Wer hätte damals gedacht, daß wir noch mal die Tage an den Fingern abzählen würden, da noch ein Gote zwei Beine auf italischen Erdgrund stellt?«
»Du hast recht, Poet«, lächelte Cethegus. »Jene beiden leiden an dem Narses-Fieber, wie ihr Heros an der Epilepsie. Seine Feinde überschätzen ist auch ein Fehler. Die Gebeine, auf die jene Priester schworen, sind ihnen wirklich heilig; sie brechen solche Eide nicht.«
»Wenn ich nur«, erwiderte Licinius besorgt, »neben den Priestern und Handwerkern noch irgendeinen deiner, unserer Freunde auf den Wällen gesehen hätte! Aber lauter Walker, Fleischer und Zimmerleute! Wo ist der Adel Roms, wo die Männer der Katakomben?«
»Als Geiseln fortgeführt«, sprach Cethegus. »Und recht geschah ihnen, sie kehrten ja noch Rom zurück und huldigten dem blonden Goten. Wenn ihnen nun der schwarze Gote die Köpfe abschlägt, müssen sie’s haben. Getrost, ihr habt zu düster gesehen, alle! Des Narses erdrückende Übermacht hat euch eingeschüchtert. Er ist ein großer Feldherr, aber, daß er diesen Vertrag mit Rom geschlossen — mich und ja keinen andern einzulassen! — und daß er ihn hält — das zeigt, daß er als Staatsmann ungefährlich ist. Laßt uns nur erst wieder die Luft des Kapitols atmen, Epileptiker vertragen sie nicht.«
Und als am andern Morgen die jungen Tribunen den Präfekten von seinem Zelt abholten zum allgemeinen Aufbruch gegen Teja, empfing sie ihr Führer mit strahlenden Augen.
»Nun«, sprach er, »wer kennt nun die Römer, ihr oder der Stadtpräfekt von Rom? Hört — aber schweigt. — Heute Nacht stahl sich aus Rom in mein Zelt ein Centurio der neu errichteten Stadtkohorten, Publius Macer: ihm ist die Porta Latina, seinem Bruder Marcus das Kapitol anvertraut vom Papst. Er zeigte beide Bestallungen, ich kenne des Pelagius Schrift — sie sind echt.
Sie sind längst der Priesterherrschaft müde.
Sie wollen mich und euch und meine Isaurier gern wieder schreiten sehen auf den Mauern Aurelians und des Präfekten. Er ließ mir seinen Neffen Aulus, zugleich als Pfand und als Geisel zurück: dieser wird uns, von ihm in verabredetem, harmlosem Briefwort gemahnt, die Nacht bezeichnen, da jene uns das Tor und das Kapitol erschließen. Narses kann sich nicht beklagen, wenn uns die Römer selbst freiwillig einlassen: — ich versuche ja nicht Gewalt. Nun, Licinius, sprich Julianus, wer kennt nun Rom und die Römer?«
FÜNFTES KAPITEL
Narses zog jetzt auf Anagnia.
Zwei Tage nach seiner Ankunft trafen, wie ihnen vorgeschrieben war, die beiden Flügelheere daselbst ein.
Nach einigen Tagen der gemeinsamen Erholung, Musterung und Neugliederung seiner ungeheuren Massen zog der Feldherr nach Terracina, wo die Reste der Truppen des Armatus und Dorotheos sich anschlossen, und alsbald wälzte sich nun das vereinigte Heer gegen die Goten, die, südlich von Neapolis, auf dem Vesuvius (bei Nuceria) gegenüberliegenden Mons Lactarius, dem Milchberg, an beiden Ufern des kleinen Flusses Draco (der sich nördlich von Stabiä ins Meer ergießt), eine ausgezeichnet feste Stellung innehatten.
Seit dem Abmarsch von Cumä, an Neapolis vorbei (— die Bürger dieser Stadt schlossen ihre von Totila vortrefflich wieder hergestellten Tore, überwältigten die drei gotischen Hundertschaften der Besatzung und erklärten: sie würden dem Beispiel Roms folgend, ihre Feste vorläufig beiden Parteien verschlossen halten —) und seit der Erreichung des längst gewählten Schlachtfeldes hatte König Teja alles aufgeboten, die von Natur aus so starke Stellung noch mehr zu verstärken. Und überall hatte er Lebensmittel aus der strotzend reichen Landschaft nach dem Berge schaffen lassen, ausreichend, um sein Volk so lang zu nähren, bis der letzte Tag der Goten leuchten sollte.
Es ist ein vergebliches Bemühen gelehrter Untersuchungen geblieben, an dem Mons Lactarius oder an dem Vesuvius eine Örtlichkeit zu finden, die ganz genau der Beschreibung Prokops entspräche. Für keine der zahlreichen aufgestellten Schluchten oder Pässe kann man sich entscheiden. Gleichwohl darf man um deswillen keineswegs den auf die Aussagen der Augenzeugen, der Heerführer und Doryphoren des Narses, gestützten Bericht des byzantinischen Geschichtsschreibers bezweifeln. Vielmehr erklärt sich diese Nichtübereinstimmung sehr einfach aus den plötzlichen großen, gewaltsamen und aus den noch viel zahlreicheren allmählichen, kleineren durch Lavafluß, Felssturz, Zermürbung und Auswaschung bewirkten Veränderungen, die eine Zeit von mehr als dreizehn Jahrhunderten an jenem niemals ruhenden Berge vorgenommen. Lassen sich doch glaubhafte Angaben viel späterer italienischer Schriftsteller über die Örtlichkeiten und Maßverhältnisse viel jüngerer Zeiten am Vesuvius mit der dermaligen Wirklichkeit oft nicht mehr vereinbaren. Der Boden, der Herzblut aufgesogen, ist wohl lange schon von tiefen Lavaschichten befriedend überdeckt.
Selbst Narses bewunderte die Umsicht, mit welcher sein barbarischer Gegner diese Verteidigungsstellung gewählt.
»Er will fallen wie der Bär in der Höhle!« sprach er, als er, von Nuceria aus, vom Norden her, in seiner Sänfte die ganze gotische Umwallung betrachtete. »Und mancher von euch, liebe Wölflein«, lächelte er Alboin zu, »wird von dem Schlag seiner Pranke umtaumeln, wann sie in jenen schmalen Höhleneingang eintraben.«
»Ei, es müssen gleich so viele auf einmal hineinrennen, daß er aufs erstemal beide Pranken voll bekommt und nicht nochmal ausholen kann.«
»Nur gemach, ich weiß an jenem Vesuv einen Paß — früher, da ich noch auf diesen elenden Leib mit Heilungshoffnungen Pflege wandte, habe ich ‘mal wochenlang auf dem Mons Lactarius die ‘Luftheilung’ gebraucht und dabei den Paß mir sehr wohl eingeprägt — wenn sie darinnen stecken — treibt sie nur der Hunger heraus.«
»Das wird langweilig.«
»Geht aber nicht anders. Ich habe nicht Lust, nochmal eine Myriade kaiserlicher Truppen zu opfern, diese letzten Funken auszutreten.« —
Und so geschah’s. Sechzig Tage noch standen sich seit dem Eintreffen des Narses beide Heere einander gegenüber. Ganz allmählich, mit blutigen Verlusten jeden Schritt erkämpfend, schnürte Narses sein erwürgendes Netz enger und enger.
Er deckte im Halbkreis alle Punkte im Westen, Norden und Osten der gotischen Stellung; nur den Süden, das Meer, an dessen Strand er selbst lagerte, konnte er, neben seinen Zelten, offen lassen, da die Feinde keine Schiffe hatten, zu fliehen oder sich Vorräte zu schaffen: die »tyrrhenische« Flotte des Narses war schon beschäftigt, die gefangenen Goten nach Byzanz zu tragen. Die »jonische« wurde demnächst erwartet. Einige ihrer Schiffe waren früher schon abgeordnet worden, in der Bucht von Bajä bis Surrentum zu kreuzen; gotische Segel gab es nicht mehr, nachdem die letzten von ihren Führern den Feinden übergeben waren.
So besetzte Narses, mit zäher Geduld, trotz seiner Übermacht, nichts übersehend, allmählich Piscinula, Cimiterium, Nola, Summa, Melane, Nuceria, Stabiä, Cumä, Bajä, Misenum, Puteoli, Nesis.
Alsbald aber erschrak nun auch Neapolis vor der Macht der Narses und öffnete ihm freiwillig die Tore.
Von allen Seiten rückten die Byzantiner gegen die rings Umschlossenen vor.
Nach heftigen Kämpfen gelang es, diese von dem Mons Lactarius hinweg auf die rechte Seite des Flusses Draco zu drängen, wo der Rest des Volkes hinter dem unvergleichlichen, von Narses gepriesenen Engpaß auf einem Hochfeld nahe einem der zahlreichen damaligen Nebenkrater der Mittelhöhe lagerte, nur selten, bei der Windrichtung aus Südost, unter dem Rauch und den Dünsten des Berges leidend.
Hier, in den zahlreichen Klüften, Höhlungen, Einsenkungen des Berges, lagerten in der warmen Luft des August unter freiem Himmel oder luftigen Zelten die Unwehrhaften auf den mitgeführten Wagen.
Den einzigen Zugang aber zu dieser Lagerung bildete ein enger Felsenpaß, an seiner Südöffnung so schmal, daß ihn ein Mann mit dem Schilde bequem ausfüllen konnte.
Diesen Zugang, bewachten, abwechselnd, je eine Stunde, Tag und Nacht, König Teja selbst, Herzog Guntharis, Herzog Adalgoth, Graf Grippa, Graf Wisand, Aligern, Ragnaris und Wachis: hinter ihnen füllte den Engpaß, ebenfalls wechselnd, eine gotische Hundertschaft.
Und so hatte sich denn der ganze furchtbare Krieg, der Kampf um Rom und Italien, dem System des Narses gemäß, mit dramatischer Folgerichtigkeit zugeschärft zu dem Kampf um eine mannesbreite Kluft an der Südspitze der so warm geliebten, so zäh verteidigten Halbinsel.
Auch in der geschichtlichen Darstellung Prokops erscheint die Vollendung der gotischen Geschicke wie der letzte Akt einer großartigen Tragödie der Geschichte. —
Am Strand, vor dem Hügel, von welchem man zu jenem Paß emporstieg, hatte nun Narses mit den Langobarden sein Lager aufgeschlagen, ihm zur Rechten Johannes, ihm zur Linken Cethegus.
Der Präfekt hob es seinen Tribunen hervor, daß Narses durch Überlassung dieses Platzes — Cethegus hatte ihn selbst gewählt — entweder einen Beweis großer Unvorsichtigkeit oder voller Harmlosigkeit gegeben hatte. »Denn«, sagte er, »damit ließ er mir den Weg nach Rom, den er mir durch Zuteilung des rechten Flügels oder des Mitteltreffens verlegt hätte. Haltet euch bereit, sowie der Wink aus der Stadt eintrifft, mit allen Isauriern nachts heimlich nach Rom zu eilen.«
»Und du?« fragte Licinius besorgt.
»Ich bleibe hier, bei dem Gefürchteten! Hätte er mich morden wollen, längst hätte er es gekonnt. Er will es offenbar nicht. Er will nicht ohne Rechtsgrund gegen mich handeln. Und folge ich dem Ruf der Römer, so erfülle ich, breche nicht unsere Übereinkunft.«
SECHSTES KAPITEL
Oberhalb des Engpasses am Vesuv, den wir die Gotenschlucht nennen mögen, wölbte sich eine schmale Höhlung in den schwarzen Lavafels, in ihren Tiefen hatte König Teja die heiligen Schätze des Volkes — den Königsleichnam und den Königshort — geborgen. Theoderichs Banner war vor der Mündung aufgesteckt. Ein purpurner Königsmantel, an vier Speeren aufgespannt, bildete den dunkelglühenden Vorhang des Felsgemachs, wo der letzte Gotenkönig seine Königshalle errichtet hatte: ein Lavablock, von dem Felle des schwarzen Panthers bedeckt, war sein letzter Thron.
Hier weilte König Teja, wann ihn nicht seine eifersüchtig gewahrte Wachtstunde vornhin an die Südmündung der Gotenschlucht rief, auf die unaufhörlich, bald von fern mit Pfeilen, Schleudern und Wurfspeeren, bald aus der Nähe in kühnem, plötzlichem Anlauf die Vorposten des Narses Angriffe unternahmen.
Keiner der heldenhaften Wächter kehrte abgelöst heim, der nicht an Schild und Harnisch Spuren solcher Angriffe mitbrachte oder sie zurückließ vor dem Eingang in Gestalt erschlagener Feinde.
So häufig begegnete dies, daß die Verwesung der Erschlagenen — denn diese fortzutragen wagte niemand — den Aufenthalt an dem Paßeingang unmöglich zu machen drohte.
Narses schien hierauf gezählt zu haben.
Als Basiliskos diese nutzlosen Opfer beklagte, hatte er entgegnet: »Sie nützen vielleicht nach ihrem Tode mehr als in ihrem Leben.« Aber König Teja befahl, zur Nacht die Leichen über das schroffe Lavageklippe zu werfen, so daß sie, grauenhaft zerrissen, von der Nachfolge hinwegzuschrecken schienen. Da erbat Narses eilfertig die Gunst, die Erschlagenen durch Unbewaffnete abholen lassen zu dürfen, was der König gewährte.
Seit dem Rückzug in diese Schlucht hatten die Goten noch nicht einen Mann im Kampf verloren, denn nur der vorderste im Engpaß war den Feinden erreichbar; und dieser Wächter, unterstützt von den hinter ihm stehenden Genossen, war noch nie erlegt worden.
Eines Abends, nach Sonnenuntergang — es war nun September und die Spuren des Kampfes von Taginä schon fast getilgt; die Blumen, welche Cassiodor und die Religiosä des Klosters neben den drei Sarkophagen seiner Braut und seines Freundes angepflanzt, hatten schon frische Keime getrieben — schritt König Teja, abgelöst von Wisand, dem Bandalarius, den Speer auf der Schulter, nach seiner Lavahalle.
Vor dem Vorhang schon empfing ihn Adalgoth, ihm, wehmütig lächelnd, kniend den hohen Goldpokal kredenzend. »Laß mich immerhin noch meines Mundschenkamtes warten: — wer weiß, wie lang’s noch währt.«
»Nicht lange mehr!« sprach Teja ernst, sich niederlassend. »Wir wollen hier außen bleiben, vor dem Vorhang.
Sieh, wie prachtvoll die ganze Bucht von Bajä bis Surrentum im Schimmer der eben versunkenen Sonne glüht: — das blaue Meer ward purpurfarben Blut. Wahrlich, keinen schöneren Rahmen konnte das Südland gewähren, die letzte Schlacht der Goten drein zu fassen. Wohlan, das Bildnis sei des Rahmens wert. Es drängt zum Ende. Wie sich nun alles erfüllt hat, was ich geahnt — geträumt — gedichtet«.
Und der König stützt das Haupt auf beide Hände.
Er sah erst wieder auf, als ein silberner Harfenklang ihn weckte. Adalgoth hatte verstohlen des Königs kleine Harfe hinter dem Vorhang herausgelangt.
»Horch, Herr König«, sagte er, »wie ich — oder wie sich selbst — dein Lied von der Lavaschlucht vollendet hat. Gedenkst du noch der Nacht zu Rom in der Wildnis von Efeu, Marmor und Lorbeer? Nicht eine vergangene Schlacht, aus Vorzeittagen: — deinen, unsern eignen letzten Heldenkampf hast du, vorschauend, an diesem Ort geahnt.«
«Wo die Lavaklippen ragen
An dem Fuße des Vesuvs,
Durch die Nachtluft hört man klagen
Töne tiefen Weherufs,
Denn ein Fluch von tapfern Toten
Lastet auf dem Felsenring:
Und es ist das Volk der Goten,
Das hier glorreich unterging.«
»Ja, glorreich, mein Liebling. Das soll uns kein Schicksal und kein Narses rauben. Das fürchterliche Gottesurteil, das unser teurer Totila heraufgefordert — es ist grauenvoll ergangen über den Mann, sein Volk und seinen Gott. Kein Gott im Himmel hat, wie jener Edle wähnte, in gerechter Waage unser Schicksal gewogen. Wir fallen durch tausendfachen Verrat der Welschen, der Byzantiner und durch die dumpfe Übermacht der Zahl. Aber wie wir fallen, unerschüttert, stolz noch im Untergang: — das konnte kein Schicksal, nur der eigne Wert entscheiden.
Und nach uns? Wer wird nach uns herrschen in diesen Landen?
Nicht lange dieser Griechen Tücke —, und nicht der Welschen eigne Kraft —: noch hausen viele der Germanenstämme jenseits der Berge — sie setz’ ich ein zu unsern Erben und Rächern.«
Und leise nahm er die Harfe auf, die Adalgoth niedergelegt, und sang leise, hinabschauend in das rasch nächtig gewordene Meer.
Und die Sterne standen schon über seinem Haupt.
Und nur manchmal griff er in die Saiten:
»Erloschen ist der helle Stern
Der hohen Amelungen.
O Dietrich teurer Held von Bern,
Dein Heerschild ist gesprungen.
Das Feige siegt — das Edle fällt —
Und Treu und Mut verderben:
Die Schurken sind die Herrn der Welt: —
Auf, Goten, laßt uns sterben! —
O schöner Süd, o schlimmes Rom,
O süße Himmelsbläue —
O blutgetränkter Tiberstrom —
O falsche, welsche Treue.
Noch hegt der Nord manch kühnen Sohn
Als unsers Hasses Erben:
Der Rache Donner grollen schon: — —
Auf, Goten, laßt uns sterben!«
»Die Weise gefällt mir«, rief Adalgoth — »aber ist sie schon zu Ende, der Schluß?«
»Den Schluß kann man nur zum Takt der Schwerterstreiche singen«, sprach Teja, »Du hörst, dünkt mir, bald auch den Schluß.«
Und er stand auf.
»Geh, mein Adalgoth«, sagte er, »laß mich allein.
Allzulange schon habe ich dich ferngehalten von« — da lächelte er durch seine Trauer — »von der lieblichsten aller Herzoginnen. Wenige solche Abendstunden habt ihr noch zusammen, arme Kinder. Euch, wenn ich retten könnte, ihr junges, zukunftknospendes Leben... —«
Er strich mit der Hand über die Stirn.
»Torheit«, sprach er dann. »Ihr seid auch nur ein Stück von dem todverfallnen Volk: — freilich das holdeste.«
Adalgoths Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, da der König seines jungen Weibes gedacht. Nun trat er dicht an Teja heran und legte ihm fragend die Hand auf die Schulter.
»Ist keine Hoffnung? Sie ist so jung!«
»Keine«, sprach Teja: »denn es steigen keine Engel rettend vom Himmel. Noch wenige Tage, bis der Mangel anhebt. Dann mach’ ich ein rasches Ende. Die Männer brechen hervor und fallen im Kampf.«
»Und die Weiber, die Kinder — die Tausende?«
»Ich kann ihnen nicht helfen. Ich bin nicht der allmächtige Gott der Christen. Aber in die Byzantiner Sklaverei soll kein gotisch Weib und Mädchen fallen, das nicht die Schande wählt statt freien Todes. Sieh hin — mein Adalgoth — schon zeigt die dunkle Nacht die Bergglut voll. — Siehst du: — dort hundert Schritte rechts von hier — ha, wie herrlich die Flammen aus der dunkeln Mündung steigen! — wann des Passes letzter Wächter fiel — ein Sprung dahinab —: und keines Römers freche Hand rührt an unsere reinen Frauen. Ihrer gedenk’ —: noch mehr als unsrer, denn wir können fallen allüberall —. Der Goten Frauen eingedenk, kor ich zur letzten Walstatt: — — den Vesuvius!«
Und begeistert, nicht mehr weinend, warf sich Adalgoth an seines Königs Brust.