Kitabı oku: «Ein Kampf um Rom», sayfa 80
Jauchzend verfolgten Tejas Genossen. Teja selbst hielt an dem Paß: er ließ sich nur von Wachis Speere reichen und, hoch über die gotischen Verfolger hinweg, im Bogenflug zielend, traf er Wurf auf Wurf und tötete, was er erreichte. Es waren des Kaisers beste Truppen: sie rissen die nachrückenden Makedonen, Thrakier, Perser, Armenier und Franken mit fort: bis an des Narses Seite fluteten die Versprengten, besorgt hob sich dieser aus seiner Sänfte.
»Johannes gefallen!« — »Alboin schwer wund«, riefen sie, an ihm vorübereilend. »Flieht! Zurück ins Lager!« — »Eine Angriffsturmsäule muß neu —« sprach Narses, »ha sieh : da kommt Cethegus, zur rechten Zeit!«
Und er war’s.
Vollendet hatte er den langen Umritt bei allen Scharen, denen Narses Römer und Italier zugeteilt, gegliedert hatte er sie in fünf Haufen von je dreihundert Mann: nun schritt er an ihrer Spitze, der zum Angriff Geordneten, ruhig voran. Anicius folgte von ferne: Syphax ging, zwei Speere tragend, hart hinter seinem Herrn.
Die flüchtenden Geschlagenen in ihren Zwischenräumen hindurchfluten lassend rückten die Italier vor: die meisten alten Legionäre aus Rom und Ravenna, Cethegus treu ergeben. Die gotischen Verfolger stutzten, als sie auf diese frische, übermächtige und wohlgeordnete Sturmschar stießen, und wichen langsam gegen den Engpaß zurück.
Aber Cethegus folgte.
Über die blutige, leichenbedeckte Stelle, wo Teja zuerst den Bund der Zwölf vernichtet, über den weiter oben gelegenen Kampfplatz, wo Johannes gefallen war, ging er in gleichmäßigem, ruhigem Schritt hinweg, Schild und Speer in der Linken, das Schwert in der Rechten: hinter ihm, die Lanzen gefällt, die Legionäre.
Schweigend, ohne Feldruf, ohne Tubatöne rückten sie den Berg empor.
Die gotischen Helden wollten nicht hinter ihren König in den Paß weichen. Sie hielten vor der Mündung. Guntharis war der erste, den Cethegus erreichte.
Des Herzogs Wurfspieß splitterte an seinem Schild, und gleich darauf stieß ihm Cethegus den Speer in die Weichen: in der Wunde brach der tödliche Schaft. Graf Grippa von Ravenna wollte den Wölsungen rächen: er schwang, weit ausholend, das lange Schwert über dem Haupt, aber Cethegus unterlief den Hieb und stieß dem alten Gefolgsmann Theoderichs das breite Römerschwert in die rechte Schulterhöhe —: er fiel und starb. Zornig schritt Wisand, der Bandalarius, gegen Cethegus heran: die Klingen kreuzten sich, Funken stoben aus den Schwertern und den Helmen: da parierte geschickt Cethegus einen allzu ungefügen Hieb, und ehe der Gote sich wieder gedeckt, stieß er ihm das Schwert in den Schenkel, daß das Blut hoch aufspritzte. Wisand wankte —: zwei Vettern trugen den Verwundeten davon. Sein Bruder, Ragnaris von Tarent, lief Cethegus von der Seite an, aber den sehr wohlgezielten Speerstoß riß Syphax, hinzuspringend, in die Höhe, und ehe Ragnaris den Speerschaft losgelassen und das Handbeil aus dem Gürtel gerissen, stieß ihm Cethegus das Schwert zwischen den Augen in die Stirn.
Erschrocken wichen die Goten vor dem Engpaß dem schrecklichen Römer aus und drängten sich, neben ihrem König vorbei, in die deckende Schlucht. Nur Aligern, Tejas Vetter, wollte nicht weichen: er warf den Speer so stark auf des Cethegus Schild, daß er diesen durchbohrte; aber Cethegus ließ den Schild sinken und fing den Wild-Anrennenden mit dem Schwert ab: in die Brust gestoßen fiel Aligern in des alten Hildebrand Arme, der, seinen schweren Steinhammer fallen lassend, mit Mühe den Verwundeten an Teja vorbei in den Engpaß tragen wollte.
Zwar auch Aligern hatte gut getroffen: stark blutete des Cethegus Schildarm. Doch er achtete es nicht: nachdringend wollte er beide Goten, Hildebrand und Aligern, töten, da ersah Adalgoth den verhaßten Verderber seines Vaters. »Alarich! Alarich!« rief er mit heller Stimme: und vorspringend raffte er des alten Waffenmeisters schwere Steinaxt vom Boden auf: »Alarich«, rief er nochmal.
Hoch horchte Cethegus auf bei diesem Namen.
Da sauste die Steinaxt, scharf gezielt, heran und schlug schmetternd auf seinen stolz geschweiften Helm: betäubt sank Cethegus um. Syphax sprang hinzu, faßte ihn mit beiden Armen und riß ihn rückwärts aus dem Gefecht.
Aber die Legionäre wichen nicht; sie konnten gar nicht weichen; hinter ihnen drängten, von Narses nachgeschickt, zweitausend Perser und Thraker empor.
»Wurfspeere herbei«, befahl ihr Führer Aniabedes. »Keinen Nahekampf! Mit Wurfspeeren überschüttet den König, bis er fällt. So hat Narses geboten!« Und gern gehorchten die Truppen dem Gebot, das ihr Blut zu sparen verhieß. Ein so furchtbarer Hagel von Geschossen schlug alsbald wider die schmale Mündung der Schlucht, daß kein Gote mehr heraus und vor den König zu treten vermochte.
Und nun verteidigte Teja, den Engpaß mit seinem Leib und seinem Schilde deckend, geraume, sehr geraume Zeit, ganz allein, sein Gotenvolk.
Bewunderungsvoll hat uns Prokop, nach der Augenzeugen Bericht, diesen letzten Kampf des Teja beschrieben. »Nun hab’ ich das Gefecht zu schildern, das höchst denkwürdige, und eines Mannes Heldentum, das hinter keinem derer, die man Heroen nennt, zurücksteht —: des Teja. Er stand, allen sichtbar, mit dem Schilde gedeckt, den Speer zückend, vor der Schlachtreihe der Seinen. Alle tapfersten Römer, deren Zahl groß war, stürmten nur gegen ihn an, denn mit seinem Fall, meinten sie, sei der Kampf zu Ende. Alle schleuderten und stießen auf ihn die Lanzen: er aber fing die Lanzen sämtlich auf mit seinem Schild, und er tötete in plötzlichem Ansprung einen nach dem andern, Unzählige. Und wenn der Schild so schwer von Geschossen starrte, daß er ihn nicht mehr halten konnte, winkte er dem Schildträger, der ihm einen neuen reichte. So stand er, nicht sich wendend und etwa auf den Rücken den Schild werfend und weichend: sondern fest, wie in die Erde gemauert, stand er: dem Feinde mit der Rechten Tod bereitend, mit der Linken von sich den Tod abwehrend und immer dem Waffenträger nach neuen Schilden und neuen Speeren rufend.«
Wachis und Adalgoth waren es, die — aus dem Königshort waren Schilde und Speere haufenweise herangeschleppt worden — ihm immer neue Waffen reichten.
Endlich sank den Römern, Persern und Thrakern der Mut, als sie alle ihre Anstrengungen an dem lebendigen Schild der Goten scheitern und jeden Vordersten, Kühnsten der Ihrigen, von dem Speer des Königs erreicht, fallen sahen. Sie wankten — die Italier riefen ängstlich nach Cethegus — sie flohen.
Da fuhr Cethegus aus seiner langen Betäubung auf.
»Syphax, einen frischen Speer! Halt«, rief er, »steht, ihr Römer! Roma, Roma eterna!« Und hoch sich aufrichtend schritt er gegen Teja heran.
Die Römer erkannten seine Stimme. ‘Roma! Roma eterna!’ antworteten sie. und standen.
Aber auch Teja hatte diese Stimme erkannt.
Von zwölf Lanzen starrte sein Schild — er konnte ihn nicht mehr halten; aber da er den Heranschreitenden erkannte, dachte er nicht mehr des Schildwechsels.
»Keinen Schild! Mein Schlachtbeil! Rasch!« rief er. Und Wachis reichte ihm die Lieblingswaffe.
Da ließ König Teja den Schild fallen und sprang, das Schlachtbeil schwingend, aus dem Engpaß auf Cethegus. »Stirb, Römer!« rief er.
Scharf bohrten die beiden großen Feinde noch einmal Aug’ in Auge. Dann sausten Speer und Beil durch die Luft — denn keiner dachte der Abwehr.
Und beide fielen. Tejas Beil drang mit der Speerspitze durch Schild und Harnisch in des Cethegus linke Brust. ‘Roma! Roma eterna!’ rief er noch einmal. Dann sank er tot zurück. —
Sein Speer hatte den König in die rechte Brust getroffen: nicht tot, aber sterbenswund, trugen ihn Wachis und Adalgoth in den Paß. Und sie hatten Eile damit.
Denn als sie — endlich! — den König der Goten fallen gesehen — acht Stunden hatte er ununterbrochen gekämpft, und es neigte zum Abend —: da rannten alle Italier, Perser, Thraker und, von unten aufsteigend, neue Schlachthaufen gegen den Engpaß, den nun Adalgoth mit dem Schilde deckte, Hildebrand und Wachis standen hinter ihm.
Des Cethegus Leiche hatte Syphax mit beiden Armen umschlungen und seitwärts aus dem Getümmel getragen.
Laut aufschluchzend hielt er das edle Haupt, im Tode von hehrer Majestät fast über Menschenmaß hinaus verklärt, auf den Knien. Vor ihm, gegen den Engpaß hin, tobte der Kampf.
Da bemerkte der Maure, daß Anicius, gefolgt von einer Byzantinerschar — auch Scävola und Albinus erkannte er darunter — sich ihm, gebieterisch deutend, näherte.
»Halt«, rief er aufspringend, »was wollt ihr?«
»Das Haupt des Präfekten dem Kaiser bringen«, sprach Anicius. »Gehorche, Sklave!«
Aber Syphax stieß einen gellenden Schrei aus; sein Wurfspeer flog, und. Anicius fiel. Und pfeilschnell, ehe die andern, mit dem Sterbenden beschäftigt, näher gekommen waren, hatte Syphax die teure Last auf den Rücken gehoben und rannte damit, rasch wie der Wind, ungangbare Pfade, die fast senkrechten Lavaklippen hinauf, neben dem Engpaß, eine Wand empor, die Goten und Byzantiner bisher als unersteiglich betrachtet. Syphax klomm rasch und rascher hinauf. Sein Richtpunkt war die kleine Rauchsäule, die hart jenseits der Lavawand emporstieg. Denn dicht jenseits der Felsklippe gähnte einer der kleinen Kraterrisse des Vesuvs.
Einen Augenblick noch hielt Syphax inne auf dem Grat des schwarzen Felsens: auf beiden starken Armen hob er des Cethegus Leiche noch einmal waagrecht in die Höhe, der sinkenden Sonne die stolze Gestalt zeigend.
Und plötzlich waren Herr und Sklave verschwunden.
Der Feuerberg hatte mit Syphax, dem treuen, den toten Cethegus, seine Größe und seine Schuld in dem brennenden Schoße begraben. Er war entrückt dem kleinen Haß seiner Feinde.
Scävola und Albinus, die den Vorgang mit angesehen hatten, eilten zu Narses und forderten von ihm, man solle an dem Krater nach der Leiche forschen.
Narses aber sprach: »Gönnt dem Gewalt’gen sein gewaltig Grab. Er hat’s verdient. Mit Lebenden und nicht mit Toten kämpf ich.«
Aber im gleichen Augenblick fast verstummte auch der laute klirrende Kampf um den Engpaß, an welchem Adalgoth, nicht unwürdig seines königlichen Harfen— und Speermeisters Teja, dem Ansturm der Feinde heldenmütig und todeskühn wehrte.
Denn während, hinter Adalgoth stehend, Hildebrand und Wachis plötzlich riefen: »Seht auf das Meer! Das Meer! Die Drachenschiffe! Die Nordlandhelden! Harald! Harald!« mahnten von unten, von der Sänfte des Narses her, feierliche Tubatöne zur Einstellung des Kampfes, zur Waffenruhe — sehr freudig senkten die kampfesmüden Byzantiner die Schwerter.
König Teja aber, der auf seinem Schilde lag — den Speer des Cethegus herauszuziehen hatte Hildebrand verboten »denn mit seinem Blute fließt sein Leben hin« —, forschte mit leiser Stimme: »Was hör’ ich da rufen? Die Nordlandhelden? Ihre Schiffe? Harald ist da?«
»Ja: Harald und Errettung für den Rest des Volkes, für uns und — für die Frauen, die Kinder« jubelte Adalgoth, an seiner Seite kniend. »So war es nicht umsonst, du ewig teurer Held, dein unvergleichlich Heldentum, dein stundenlanges Ausharren über Menschenkraft! — Basiliskos kam soeben als Gesandter des Narses: Harald hat die ‘jonische Flotte’ des Kaisers vernichtet im Hafen von Brundisium. Er droht mit Landung, mit neuem Angriff den müden Byzantinern; er fordert, was von uns noch lebt, davonzuführen, mit Wehr und Waffen und Gerät, in die Freiheit, nach Thuleland. Narses hat eingewilligt: er ehre, sagte er, König Tejas hohes Heldentum an seines Volkes Resten. Dürfen wir? O dürfen wir, mein König?«
»Ja«, sprach Teja mit brechenden Augen. »Ihr dürft und sollt. Frei, gerettet unseres Volkes Reste! Die Frauen, die Kinder — Heil mir! — nicht in den Vesuv! Ja, führt nach Thuleland alle noch Lebenden; und nehmt auch mit die beiden Toten: den König Theoderich —«
»Und König Teja!« sprach Adalgoth und küßte des Toten Mund.
SECHZEHNTES KAPITEL
Und so war’s geschehen, und also geschah’s.
Schon gleich, nachdem Narses sein Zelt verlassen, ward ihm ein Fischer zugeführt, der, auf kleinem, schnellem Fahrzeug soeben um die Landzunge von Sorrentum gesegelt, versicherte, eine ungeheure Kriegsflotte der Goten sei im vollen Ansegeln begriffen. Narses lachte dazu: er wußte, daß auf allen Meeren kein Gotenkiel mehr schwamm. Näher befragt mußte der Fischer gestehn, die Flotte allerdings nicht selbst gesehen zu haben: Kaufleute hätten ihm davon erzählt und von einer großen Seeschlacht, in welcher die Goten bei Brundisium die »jonische Flotte« des Kaisers vernichtet. Das war nun unmöglich, wie Narses wohl wußte. Und nachdem der Fischer das Ansehen der angeblichen Gotenschiffe, nach Mitteilung seiner Gewährsmänner, geschildert, rief der Feldherr: »Nun, endlich kommen sie! Trieren und Galeeren: das sind ja unsere Schiffe, die also in Sicht sind, nicht gotische.«
An die Wikingerflotte, die seit vier Monden verschollen war und als nach Norden zurückgekehrt galt, dachte niemand.
Wenige Stunden darauf, während der Kampf um den Engpaß, alle Aufmerksamkeit fesselnd, tobte, ward Narses von den Küstenwächtern wirklich die Annäherung einer sehr großen kaiserlichen Flotte gemeldet: deutlich habe man das Schiff des Nauarchen, die Sophia, erkannt; doch sei die Zahl der Segel viel größer, als man erwartet, auch die von Narses entgegengeschickten Schiffe, die zur Eile hatten mahnen sollen, seien darunter; diese segelten in erster Linie, der frische Südostwind müsse sie bald auf die Höhe des Lagers führen. Und bald konnte Narses selbst von seiner Sänfte aus auf dem Hügel den prachtvollen Anblick der mit vollen Segeln und von eifriger Ruderkraft herangetriebenen Flotte genießen.
Beruhigt wandte er den Blick wieder den Kämpfenden auf dem Vesuv zu — als plötzlich aus dem Lager Boten ihn erreichten, die furchtbar jene Gerüchte bestätigten oder vielmehr noch Schlimmeres meldeten. Sie waren einer Gesandtschaft vorausgeeilt, die, gerade als Cethegus gegen Teja zum letzten Kampfe schritt, bei des Narses Sänfte anlangte: es waren, mit gebundenen Händen, die Nauarchen der »jonischen Flotte«, die zugleich die Botschaft der vier sie begleitenden Nordmänner verdolmetschten.
Sie erzählten kurz, daß sie im Hafen von Brundisium, in stürmischer Nacht, von der für längst verschwunden erachteten Flotte der Wikinger überfallen und ihre Schiffe fast alle genommen seien; entkommen, um zu warnen, konnte nicht eines, da die Feinde den Hafen sperrten.
Nachdem Jarl Harald den drohenden Untergang des am Vesuv zusammengedrängten Restes der Goten erfahren, habe er geschworen, deren Fall zu wenden oder zu teilen: und nun seien sie, die genommenen Griechenschiffe vorausschickend und hinter diesen ihre Drachen weislich bergend, auf den Flügeln des Ostwinds herangebraust.
»Und so«, schloß der Dolmetsch, »so spricht Harald der Wiking: Entweder ihr verstattet, daß alle noch lebenden Goten, mit Waffen und Habe, auf unseren Schiffen abziehen aus dem Südland, mit uns in die Heimat kehrend, wofür wir alle unsre Tausende von Gefangenen und alle genommenen Schiffe, die wir nicht zur Unterbringung der Goten brauchen, herausgeben. Oder wir töten sofort alle unsre Gefangenen, landen und fassen dein Lager und Heer im Rücken. Dann siehe zu, wie viele von euch, von den Goten und von uns, von Stirn und Rücken angegriffen, übrigbleiben werden: denn wir Nordmänner kämpfen dann bis zum letzten Mann: ich hab’s geschworen bei Odin.«
Ohne Besinnen gewährte Narses den Abzug der Goten. »Ich habe nur geschworen, sie aus dem Reich, nicht aus der Welt zu schaffen. Wenig Ruhm brächte es, den armen Rest solch edeln Volkstums mit Übermacht zu Tod zu würgen; ich ehre dieses Teja Heldentum: in vierzig Jahren des Krieges hab’ ich seinesgleichen nicht gesehen. Und durchaus nicht verlangt mich, zu erproben, wie mein tief erschüttert Heer, das einen Tag des furchtbarsten Kampfes hinter sich, fast alle seine Führer und die tapfersten Männer verloren hat, diesen Nordlandriesen, die frisch an Kraft und Mut daherkommen, widerstehn würde.«
Und so hatte denn Narses sofort Herolde auf die Schiffe Haralds und nach dem Engpaß geschickt: der Kampf ward eingestellt, der Abzug der Goten begann.
In langer, vom Berge bis an das Meer reichender Doppelreihe bildete das Heer des Narses ein Spalier; die Wikinger hatten vierhundert Helme gelandet, die an der Küste die schnell Heranschreitenden in Empfang nahmen.
Noch bevor jedoch der Zug begann, winkte Narses Basiliskos heran und sprach: »Der Gotenkrieg ist aus — der Edelhirsch erlegt —, jetzt fort mit den Wölfen, die ihn uns gehetzt: die Führer der Langobarden, wie steht’s mit ihren Wunden?«
»Bevor ich antworte«, sprach Basiliskos ehrerbietig, »nimm hier den Lorbeerkranz, den dir dein Heer gewunden hat: es ist Lorbeer vom Vesuvius, vom Paß da oben; Blut liegt auf den Blättern.«
Narses schob den Kranz zuerst abweisend mit der Hand zurück, dann sprach er: »Gib, ‘s ist gut.« Aber er legte ihn neben sich in die Sänfte.
»Autharis, Warnfrid, Grimoald, Aripert, Agilulf und Rotharis sind tot: sie haben über siebentausend Mann verloren; Alboin und Gisulf liegen reglos, tief wund in ihren Zelten.«
»Gut! Sehr gut! Sowie die Goten eingeschifft, läßt du die Langobarden sofort abführen, sie sind entlassen aus meinem Dienst, und Alboin sagst du zum Abschied von mir nur das eine: ‘Nach des Narses Tod, vielleicht, aber ganz gewiß nicht früher.’ Ich aber bleibe hier in der Sänfte, stützt mich mit den Kissen — ich kann nicht mehr stehen —, dies wunderbare Schauspiel muß ich sehen.«
Und wahrlich, ein wunderbares, ein erschütternd großartiges Schauspiel war es: die letzten Goten, die dem Vesuv und Italien den Rücken wandten und die geschnäbelten Schiffe bestiegen, die sie nach dem sichern Norden bergend davontrugen.
Feierlich und ernst schollen die Rufe der gotischen Heerhörner aus der unbezwungenen, vom Feinde nicht betretenen Teja-Schlucht, in langen Pausen. Dazwischen erklang eintönig, ernst, ergreifend, aber nicht weichlich, der Gesang der Männer, Frauen und Kinder: die alten Totenlieder des Gotenvolks.
Hildebrand und Adalgoth — die letzten Führer, die silberweiße Vergangenheit und die goldne Zukunft hatten den Abzug geordnet.
Voran schritt, in vollen Waffen, aufrecht, in trotzig ernster Haltung, eine halbe Tausendschaft, geführt von Wisand, dem Bandalarius, der, trotz seiner Wunde, kräftig aufgerichtet, auf den Speer gestützt, den Zug eröffnete.
Darauf folgte, auf seinem letzten Schilde hingestreckt, den Speer des Cethegus in der Brust, ohne Helm, von den langen, schwarzen Locken das edle, bleiche Angesicht umrahmt, König Teja, bedeckt mit rotem Purpurmantel, von Kriegern getragen.
Hinter ihm schritten Adalgoth und Gotho.
Adalgoth aber sang und sprach mit ernster Stimme zu den leisen Klängen der Harfe in seinem linken Arm:
»Gebt Raum, ihr Völker, unserm Schritt:
Wir sind die letzten Goten!
Wir tragen keine Krone mit —
Wir tragen einen Toten.
Mit Schild an Schild und Speer an Speer
Wir ziehn nach Nordlands Winden,
Bis wir im fernsten grauen Meer
Die Insel Thule finden.
Das soll der Treue Insel sein,
Dort gilt noch Eid und Ehre.
Dort senken wir den König ein
Im Sarg der Eichenspeere.
Wir kommen her — gebt Raum dem Schritt —
Aus Romas falschen Toren:
Wir tragen nur den König mit —
Die Krone ging verloren.«
Als die Bahre an Narses’ Sänfte gelangt war, gebot dieser Halt und rief auf lateinisch mit lauter Stimme:
»Mein ward der Sieg — aber ihm der Lorbeer. Da, nimm ihn hin! Ob kommende Geschlechter Größeres schauen, steht dahin: heute aber, König Teja, grüß ich dich, den größten Helden aller Zeiten!« Und er legte den Lorbeerkranz, den ihm sein siegreich Heer gewunden, auf des Toten bleiche Stirn nieder.
Die Träger nahmen die Bahre wieder auf, und langsam und feierlich, unter den Tönen der Hörner, der Totengesänge und von Adalgoths silberklingender Harfe, schritten sie weiter an das Meer, das nun schon prachtvoll im Abendgolde glühte.
Dicht hinter Teja wurde ein hochragender Purpurthron getragen, auf diesem ruhte die hehre, schweigende Gestalt Dietrichs von Bern: den Kronhelm auf dem Haupt, den hohen Schild am linken Arm, den Speer an die rechte Schulter gelehnt; zu seiner Linken schritt der alte Hildebrand, das Auge unverwandt auf seines Königs Leiche gerichtet, die im Strahl der untergehenden Sonne in dem Purpurmantel magisch gleißend glühte, hoch hielt er das ragende Amalungenbanner mit dem steigenden Löwen im blauen Feld über des großen Toten Haupt, der Abendwind des ausonischen Meeres rauschte in den Falten der gewaltigen Fahne, in Geistersprachen schienen sie Abschied zu nehmen von den italischen Lüften.
Als die Leiche an Narses’ offener Sänfte vorübergetragen wurde, sprach Narses: »Am Schauer erkenn’ ich es, der mich durchdringt — das ist der weise König von Ravenna! Erst ward ein Stärkerer — hier wird ein Größerer an uns vorbeigetragen. Tun wir danach.« Und mit Anstrengung erhob er sich und beugte verehrend vor der Leiche das Haupt.
Hierauf folgten, auf Tragbahren oder gestützt oder auch auf den Armen getragen, die Verwundeten; deren Zug eröffnete Aligern, den Wachis und Liuta mit zwei Kriegern auf breitem Schilde trugen.
Daran schlossen sich die Truhen und Laden, Kisten und Körbe, in welchen der Königshort Theoderichs und die bis dahin in der Wagenburg geborgene Fahrhabe der Einzelsippen, dem Vertrage gemäß, von dannen getragen wurde.
Hierauf wogte der große Haufe der Wehrunfähigen, der Frauen, Mädchen, Kinder und Greise; die Knaben aber vom zehnten Jahre ab hatten die ihnen anvertrauten Waffen nun und nimmer wieder abgeben wollen, und sie bildeten eine besondere Schar. Narses lächelte, als die kleinen, blonden Helden so trotzig und zornig zu ihm emporblickten. »Nun«, sagte er, »es ist dafür gesorgt, daß des Kaisers Nachfolger und ihre Feldherren auch noch Arbeit finden.«
Den Schluß des ganzen Zuges bildete dann der Rest des gesamten Volksheeres, nach Hundertschaften gebildet.
Zahlreiche Boote vermittelten die Einschiffung der Menschen und ihrer Habe auf den hochbordigen Drachen der Nordmänner.
Tejas und Theoderichs Leiche, die Königsfahne und der Königshort wurden auf das Schiff Haralds und Haraldas gebracht, der große Dietrich von Bern ward auf seinem Purpurthron an den Hauptmast gelehnt und sein Löwenbanner aufgezogen als Hochflagge, zu seinen Füßen bettete sich der alte Hildebrand.
Vor dem Steuer aber ward von Adalgoth und Wisand König Tejas Leiche niedergelegt, trauervoll traten der gewaltige Harald und seine schöne Schwester heran.
Der Wiking legte die gepanzerte Hand auf des Toten Brust und sprach: »Nicht konnt’ ich dich retten, todeskühner Schwarzkönig, dich und dein Volk. So laß dich mitfahren und den Rest der Deinen nach dem Land der Treu und Stärke, daraus ihr niemals hättet scheiden sollen. So bring ich denn dem König Frode doch das Gotenvolk zurück.«
Haralda aber sprach: »Ich aber will mit geheimen Künsten des edlen Toten Leib verwahren, daß er dauern soll, bis wir landen auf der Heimat Küste! Da wollen wir ihm und König Thidrekr das Hügelgrab wölben nahe der See, daß sie die Brandung rauschen hören mögen und Zwiesprach tauschen untereinander. Denn diese beiden sind einander wert.
Sieh hin, mein Bruder: am Strande steht geschart der Feinde Heer — ehrerbietig senken sie die Fahnen — und glühend sinkt die Sonne dort hinter Misenum und jenen Inseln — Purpur deckt das Meer wie ein weiter Königsmantel — Purpur färbt unsre weißen Segel, und Gold schimmert auf allen Waffen — sieh, wie der Südwind das Banner Thidrekrs hebt — nach Norden weist der Wind, der da der Götter Wille weiß — auf, Bruder Harald, laß die Anker lichten! Richte das Steuer, wende des Drachen Bug! Auf, Freias kluger Vogel, flieg, mein Falke.« Und hoch warf sie den Falken in die Luft »weise den Weg nach Norden, gen Thuleland! Heim bringen wir die letzten Goten.«