Kitabı oku: «Essays», sayfa 3
SIEBENTE ABHANDLUNG:
ÜBER ELTERN UND KINDER
Die Freuden der Eltern bleiben verborgen, ebenso wie ihr Kummer und ihre Ängste. Die einen können sie nicht äußern, und die anderen wollen sie nicht äußern. Kinder versüßen die Mühsal, aber sie machen das Unglück noch bitterer; sie vermehren die Sorgen des Lebens, aber sie mildern den Gedanken an den Tod. Die ewige Abfolge der Generationen haben wir mit den Tieren gemeinsam, aber Erinnerung, Verdienst und edle Werke sind nur dem Menschen eigen. Es ist gewisslich zu sehen, dass die edelsten und bedeutendsten Werke von kinderlosen Menschen stammen, die danach strebten, den Abbildern ihres Geistes Ausdruck zu verleihen, wo ihnen jene ihres Körpers versagt blieben. Daher kümmern sich diejenigen am meisten um die Nachwelt, die selbst keine Nachkommen haben. Diejenigen, die ein Haus begründen, sind am nachsichtigsten gegenüber ihren Kindern, denn sie sehen diese nicht nur als den Fortbestand ihrer Art, sondern auch als den ihrer Arbeit an, und somit sind sie sowohl ihre Kinder als auch ihre Geschöpfe.
Die Wertschätzung, welche die Eltern ihren Kindern entgegenbringen, ist oft höchst unterschiedlich und manchmal auch ungerecht, vor allem auf Seiten der Mutter. Wie Salomo sagt: „Ein weiser Sohn macht seinem Vater Freude, ein törichter ist seiner Mutter Kummer.“ Es ist oft zu beobachten, dass dort, wo ein Haus voller Kinder ist, das Älteste und auch das Zweitälteste geachtet und die jüngsten verzogen werden, während diejenigen dazwischen vergessen werden, obwohl sie sich doch oft als die besten erweisen. Die Engstirnigkeit der Eltern in Bezug auf das Taschengeld ihrer Kinder ist ein schädlicher Irrtum, denn dieses Verhalten macht sie niederträchtig, verleitet sie zur Lüge, treibt sie in schlechte Gesellschaft und führt dazu, dass sie noch mehr wollen, wenn sie bereits viel erlangt haben. Daher ist es das Beste, wenn Eltern ihre Autorität zwar gegenüber ihren Kindern, aber nicht gegenüber ihrer Geldbörse ausüben. Sowohl Eltern als auch Schulmeister und Diener haben die dumme Angewohnheit, Wetteifer zwischen Brüdern in deren Kindheit hervorzurufen und zu bestärken, was oftmals zu Zwietracht führt, wenn sie ins Mannesalter gekommen sind, und den Familienfrieden stört. Die Italiener machen kaum einen Unterschied zwischen den eigenen Kindern und den Neffen und Nichten oder anderen nahen Anverwandten; wenn sie zum selben Stamm gehören, dann ist es ihnen gleichgültig, ob sie aus dem eigenen Körper hervorgekrochen sind oder nicht. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, verhält es sich in Charakterdingen oft genauso, denn bisweilen gleicht der Neffe dem Onkel mehr als dem eigenen Vater, je nachdem, wie das Blut geflossen ist. Es sei den Eltern angeraten, rechtzeitig die Berufungen und Laufbahnen festzulegen, die ihre Kinder ihrer Meinung nach ergreifen sollten, denn in jungen Jahren sind sie noch am besten formbar. Überdies sollten sie sich den Neigungen ihrer Kinder nicht allzu sehr anpassen, indem sie glauben, dass diesen auch später das am besten gefallen wird, was sie gegenwärtig am meisten interessiert. Es stimmt, dass, wenn ein Kind eine außergewöhnliche Neigung oder Begabung zeigt, man sich ihm nicht in den Weg stellen sollte, aber im Allgemeinen ist dieses Prinzip das beste: „Optimum elige, suave et facile illud faciet consuetudo [Wähle des besten Beruf; die Gewohnheit wird ihn angenehm und leicht machen].“ Jüngere Brüder können sich zumeist glücklich preisen, was jedoch selten oder gar nie gilt, wenn die älteren enterbt wurden.
ACHTE ABHANDLUNG:
ÜBER EHE UND ALLEINLEBEN
Derjenige, der Frau und Kinder hat, hat damit dem Schicksal Geiseln verschafft, denn sie hindern an großen Taten, sowohl an solchen der Tugend wie an solchen des Unheils. Es ist gewiss, dass die besten Werke, die der Allgemeinheit zum größten Vorteil gereichen, von unverheirateten und kinderlosen Männern geübt wurden, die ihre Zuneigung und ihr Vermögen der Allgemeinheit schenken und diese damit gleichsam geheiratet und versorgt haben. Doch sollten sich eigentlich diejenigen, die Kinder haben, am meisten um die Zukunft sorgen, denn sie wissen, dass sie dieser ihr liebstes Unterpfand hinterlassen müssen. Doch es gibt auch solche, die allein leben und deren Gedanken nicht über ihr eigenes Ende hinausreichen und die die Zukunft als Zumutung ansehen. Und es gibt andere, welche Frau und Kinder nur als kostspielige Belastung betrachten. Mehr noch, manche närrische, reiche und gierige Männer sind stolz darauf, keine Kinder zu haben, weil sie glauben, deshalb als noch reicher zu gelten. Vielleicht haben sie gehört, wie jemand sagte: „Dieser dort ist ein großer, reicher Mann“, und ein anderer einwandte: „Ja, aber er trägt die Bürde vieler Kinder“, als ob dieses eine Minderung seines Reichtums bedeutete. Aber der hauptsächliche Grund für das Alleinleben liegt in der Freiheit, besonders bei jenen selbstgefälligen und launigen Geistern, die so empfindlich auf jegliche Beschränkung reagieren, dass sie bereits glauben, ihre Gürtel und Sockenhalter seien Stricke und Fesseln. Unverheiratete Männer sind die besten Freunde, die besten Herren, die besten Diener, aber nicht immer die besten Untertanen, denn sie suchen gern das Weite; fast alle Flüchtlinge gehören diesem Stande an. Ehelosigkeit eignet sich für Kirchenmänner, denn Mildtätigkeit vermag kaum noch den Boden zu wässern, nachdem sie zuvor einen Teich füllen musste. Bei Richtern und Magistraten ist sie von keiner großen Bedeutung, denn wenn sie oberflächlich und bestechlich sind, findet man unter ihnen Diener, die fünfmal schlimmer sind als eine Ehefrau. Was die Soldaten angeht, so stelle ich fest, dass die Generäle sie in ihren Ansprachen immer wieder an ihre Frauen und Kinder erinnern, und ich glaube, dass die Ablehnung der Ehe bei den Türken den gemeinen Soldaten noch gemeiner macht. Gewiss stellen Frau und Kinder eine Art Lehrstube der Menschlichkeit dar, und Unverheiratete mögen zwar einerseits mildtätiger sein, weil ihre Geldmittel nicht so stark erschöpft werden, aber auf der anderen Seite sind sie grausamer und hartherziger (eine gute Voraussetzung für das Amt eines strengen Inquisitors), denn ihre Zärtlichkeit wird nicht so oft in Anspruch genommen. Ernste Gemüter mit festen Gewohnheiten sind gemeinhin liebevolle Ehemänner, so wie es von Odysseus gesagt wurde: „Vetulam suam praetulit immortalitati [Er zog seine Alte der Unsterblichkeit vor].“ Keusche Frauen sind oft stolz und eigensinnig, weil sie sich auf ihre Keuschheit etwas einbilden. Es ist die beste Versicherung für Keuschheit und Gehorsam bei einer Frau, wenn sie ihren Mann für weise hält. Beides wird sie niemals sein, wenn er eifersüchtig auf sie ist. Eine Frau ist die Geliebte des jungen Mannes, die Gefährtin des mittleren Alters und die Krankenschwester des Greisen. So mag es dem Manne schwerfallen, den richtigen Zeitpunkt für eine Heirat zu finden. Als Weiser wurde derjenige bezeichnet, der auf die Frage, wann ein Mann heiraten sollte, antwortete: „Ein junger Mann noch nicht, ein alter überhaupt nicht.“ Es ist oft zu beobachten, dass schlechte Männer sehr gute Frauen haben. Entweder erfreuen diese sich an der Freundlichkeit ihres Gemahls, wenn sie denn einmal zum Vorschein kommt und durch ihr seltenes Auftreten doppelt kostbar ist, oder sie erfreuen sich an ihrer eigenen Geduld. So verhält es sich stets dann, wenn sich die Frauen ihren Gemahl gegen den Rat ihrer Freunde aus eigenem Antrieb gewählt haben, denn dann versuchen sie, ihre eigene Narrheit wiedergutzumachen.
NEUNTE ABHANDLUNG:
ÜBER DEN NEID
Keine anderen uns bekannten Empfindungen bezaubern und verzaubern so stark wie Liebe und Neid. Sie beide führen zu heftigem Verlangen, sie regen die Phantasie und Einbildung an, und sie fallen leicht ins Auge, besonders wenn der Gegenstand der Empfindung in der Nähe ist. Dies sind die Merkmale, die auf eine Bezauberung hindeuten, wenn es denn so etwas überhaupt gibt. Wir sehen zum Beispiel in der Heiligen Schrift, dass der Neid „der böse Blick“ genannt wird, und die Astrologen nennen die bösen Einflüsse der Sterne eine „böse Erscheinung“, was auf die allgemeine Annahme hindeutet, dass beim Neid etwas aus dem Auge austritt oder von ihm abstrahlt. Manche haben sogar sonderbarerweise bemerkt, dass der Stich oder Stoß eines neidischen Blicks dann am meisten schmerzt, wenn die beneidete Partei in Ruhm oder Triumph gewahrt wird, denn dies schärft den Neid noch mehr. Außerdem treten die Säfte des Beneideten zu solchen Zeiten stärker in die äußeren Körperteile, sodass der Neidstoß umso wirksamer ist.
Aber wir wollen nun diese Kuriositäten verlassen (auch wenn sie an angemessener Stelle durchaus eines Gedankens würdig sind) und untersuchen, welche Personen geneigt sind, andere zu beneiden, welche Personen vornehmlich der Gegenstand des Neides sind und was der Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Neid ist.
Ein Mensch, der selbst keine Tugenden besitzt, beneidet die Tugenden der anderen, denn der Geist des Menschen nährt sich entweder an seinem eigenen Guten oder am fremden Bösen, und wer daher das eine nicht besitzt, jagt dem anderen nach, und wer keine Hoffnung hat, an die Tugend eines anderen heranzureichen, wird versuchen, sich ihm anzugleichen, indem er das Glück des anderen mindert.
Ein umtriebiger und neugieriger Mensch ist für gewöhnlich auch neidisch. Denn es kann nicht sein, dass er so viel über das Tun und Lassen von anderen weiß, nur weil es seine eigenen Angelegenheiten betreffen könnte. Daher muss angenommen werden, dass es ihm ein spielerisches Vergnügen bereitet, das Schicksal der anderen zu betrachten. Und jener, der sich nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, wird nicht viel Stoff für Neid finden. Der Neid ist nämlich eine herumstreifende Leidenschaft; sie schlendert durch die Straßen und bleibt nicht zu Hause: „Non est curiosus, quin idem sit malevolus [Niemand ist neugierig, ohne gleichzeitig böswillig zu sein].“
Menschen von hoher Geburt sind bekanntermaßen neidisch auf solche, die in der Gesellschaft aufgestiegen sind, denn dadurch wird der Abstand zu ihnen verändert. Es ist wie eine Sinnestäuschung, dass sie, wenn die anderen ihnen näher kommen, selbst zurückzuweichen scheinen.
Missgestaltete Menschen, Eunuchen, alte Männer und Bastarde sind stets neidisch, denn derjenige, der seine eigene Lage nicht verbessern kann, wird alles in seiner Macht Stehende tun, um die der anderen zu verschlechtern. Anders ist es nur dann, wenn diese Gebrechen einer sehr tapferen und heldenhaften Natur auferlegt wurden, die es sich zur Aufgabe macht, ihre natürlichen Mängel zum Gegenstand ihrer Ehre zu machen, damit es zum Beispiel heißt, dass ein Eunuch oder ein Lahmer diese oder jene große Tat begangen habe, was an ein Wunder grenze, so wie es bei dem Eunuchen Narses der Fall war und auch bei Agesilaus und Tamerlane, die beide lahm waren.
Genauso ist es bei Menschen, die nach Schicksalsschlägen und anderem Ungemach gesellschaftlich aufgestiegen sind, denn sie sind wie Menschen, die im Streit mit der ganzen Welt liegen und das Unglück der anderen als Wiedergutmachung ihres eigenen Leidens ansehen.
Diejenigen, die entweder aus Leichtsinn oder aus Prahlerei auf zu vielen Gebieten glänzen wollen, sind ebenfalls stets neidisch, denn ihnen mangelt es nie an der Gelegenheit dazu, da es immer etliche geben wird, die sie auf manchen dieser Gebiete übertreffen. So war es beim Kaiser Hadrian, der tödlichen Neid auf Dichter, Maler und Bildhauer empfand, in deren Künsten er vergeblich zu glänzen versuchte.
Und schließlich neigen nahe Verwandte, Amtsbrüder und jene, die gemeinsam aufgezogen wurden, eher zum Neid auf ihresgleichen, wenn diese in höhere Stellungen erhoben werden, als sie selbst innehaben, denn dieser Umstand rügt sie wegen ihres eigenen Unvermögens, hält ihnen den Spiegel vor und erinnert sie öfter an ihr Versagen. Gleichzeitig wird dadurch die Aufmerksamkeit der anderen stärker auf sie gelenkt, und der Neid wird immer größer, je mehr vom Ruhm der anderen geredet wird. Kains Neid auf Abel war umso gemeiner und bösartiger, weil niemand zugegen war, als Abels Opfer der Vorzug gegeben wurde. Damit ist genug über jene gesagt, die zum Neide neigen.
Kommen wir nun zu denjenigen, die mehr oder weniger stark der Gegenstand des Neides sind. Erstens werden Personen von herausragender Tugend weniger beneidet, wenn sie in höhere gesellschaftliche Ränge aufsteigen, denn ihr Glück scheint ihnen zuzustehen. Schließlich erregt nicht die Begleichung einer Schuld, sondern eher Belohnung und Großzügigkeit den Neid der anderen. Wieder ergibt sich der Neid aus dem Vergleich mit der eigenen Person. Wenn es keine Vergleichsmöglichkeit gibt, gibt es auch keinen Neid. Deshalb werden Könige nur von Königen beneidet. Dennoch ist anzumerken, dass unwürdige Personen bei ihrem ersten öffentlichen Auftreten am stärksten beneidet werden, während es später stiller um sie wird, während im Gegensatz dazu Personen von Wert und Verdienst vor allem dann beneidet werden, wenn ihr Glück lange anhält. Denn dann besitzt ihre Tugend nicht mehr denselben Glanz, auch wenn sie noch von gleicher Stärke sein sollte, weil nämlich neue Männer aufgestiegen sind, die einen Schatten auf sie werfen.
Adlige werden bei ihrem Aufstieg weniger beneidet, denn sie scheinen ein Geburtsrecht darauf zu haben. Außerdem scheint ihnen der gesellschaftliche Aufstieg keinen großen Zugewinn an Glück zu bringen. Der Neid ist wie die Sonnenstrahlen, die heißer auf eine Uferböschung oder einen steilen Hang fallen als auf flaches Gebiet. Aus demselben Grunde werden diejenigen, deren Aufstieg allmählich und schrittweise vor sich ging, weniger beneidet als jene, die plötzlich und sprunghaft nach oben gekommen sind.
Diejenigen, die ihre Ehren unter großen Anstrengungen, Sorgen und Gefahren erworben haben, sind dem Neid weniger unterworfen, denn die Menschen glauben, dass sie sich ihre Ehren hart erarbeitet haben, und manchmal werden sie sogar bemitleidet. Mitleid heilt jeden Neid. Deswegen ist zu beobachten, dass die tiefsinnigsten und vernünftigsten Staatsmänner sich in ihrer Größe andauernd ob des Lebens, das sie führen müssen, selbst bemitleiden und stets das „quanta patimur [Wie sehr leiden wir]“ anstimmen. Dies entspricht keineswegs ihrer Überzeugung, aber sie wollen auf diese Weise dem Neid die Spitze nehmen. Dabei geht es nur um die Aufgaben, die den Menschen auferlegt werden, nicht aber um solche, die sie sich selbst auferlegen. Nichts ruft den Neid so sehr hervor wie eine unnötige und gierige Anhäufung von Aufgaben. Und nichts löscht den Neid besser aus, als wenn eine bedeutende Person ihre Untergebenen in all ihren Rechten und dem Ansehen ihrer Stellung belässt. Auf diese Weise stellt sie viele Schutzschilde zwischen sich und dem Neide auf.
Vor allem aber sind jene Personen dem Neide unterworfen, die ihr großes Glück anmaßend und stolz vor sich hertragen und sich nur dann wohl fühlen, wenn sie entweder durch äußeren Prunk oder durch den Triumph über Widerstände und Konkurrenten zeigen können, wie großartig sie sind. Weise Männer hingegen bringen dem Neid eher ein Opfer dar, indem sie es bisweilen ertragen, in Angelegenheiten, die ihnen nicht besonders wichtig sind, übervorteilt und besiegt zu werden. Doch es ist und bleibt wahr, dass das Zeigen der eigenen Großartigkeit in schlichter und offener Weise (nämlich ohne Anmaßung und Prahlsucht) weniger Neid auf sich zieht, als wenn es auf listige und durchtriebene Weise geschieht. Denn so verleugnet der Mensch sein Glück; er scheint sich seiner eigenen Unwürdigkeit bewusst zu sein und lädt die anderen dazu ein, ihn zu beneiden.
Wir wollen diesen Teil mit der Bemerkung abschließen, dass, wie wir bereits zu Beginn ausgedrückt haben, der Akt des Neides etwas von Zauberei an sich hat, und deshalb gibt es für den Neid kein anderes Heilmittel als für die Zauberei. Es ist nämlich nötig, den Bann (so wird er genannt) von sich zu nehmen und einem anderen aufzuerlegen. Zu diesem Zwecke bringen die klügeren unter den großen Männern jemanden auf die Bühne, der den Neid, der eigentlich ihnen gebührt, auf sich lenken soll. Manchmal handelt es sich dabei um Minister oder andere Untergebene, manchmal um Kollegen oder Genossen oder ähnliche Personen. Es mangelt nie an Menschen von heftiger und wagemutiger Natur, die alles tun, um zu Macht und Ansehen zu gelangen.
Nun wollen wir über den öffentlichen Neid reden. An ihm ist einiges Gute, während dies beim privaten Neid nicht der Fall ist, denn der öffentliche Neid ist wie eine Ächtung, die all jene Personen auf den Boden zurückholt, welche zu hoch aufgestiegen sind. Daher ist er auch für die Großen ein Zügel, der sie im Zaume hält.
Dieser Neid, der mit dem lateinischen Wort „invidia“ bezeichnet wird, heißt in den modernen Sprachen „Unzufriedenheit“, worüber wir noch weiter unten in der Abhandlung über den Aufruhr sprechen werden. Es ist dies eine Erkrankung des Staates, die einer Infektion gleicht. So wie sich eine Infektion auf alles ausbreitet, was gesund ist, und es dadurch verdirbt, so ist es auch, wenn der Neid in das Staatswesen eingedrungen ist. Er verleumdet die besten Handlungen und belegt sie mit einem üblen Ruch. Da helfen auch die rühmlichsten Taten nicht mehr, denn diese zeugen nur von Schwäche und Angst vor dem Neid und schmerzen daher umso mehr. Es ist genauso wie bei einer ansteckenden Krankheit: je mehr man sie fürchtet, desto mehr lockt man sie an.
Dieser öffentliche Neid scheint sich vor allem auf hohe Beamte und Minister zu richten und nicht auf die Könige oder die Staaten selbst. Aber es ist eine feste Regel, dass, wenn sich der Neid auf einen Minister (auch wenn er dazu nur geringen Anlass gegeben hat) oder auf alle Minister eines Staates im gesamten richtet, dieser Neid (wenn auch nur insgeheim) in Wahrheit dem Staate selbst gilt. So viel sei vom öffentlichen Neid oder der Unzufriedenheit und der Abgrenzung zum persönlichen Neid gesagt, den wir oben abgehandelt haben.
Im Hinblick auf das Gefühl des Neides möchten wir noch hinzufügen, dass es von allen Gefühlen das heftigste und beständigste ist, denn für die anderen Gefühle gibt es nur hin und wieder einen Grund. Daher heißt es zurecht: „Invidia festos dies non agit [Der Neid hält keine Feiertage].“ Er findet immer das eine oder andere, worauf er sich richten kann. Es heißt auch, dass Liebe und Hass einen Menschen verzehren, während andere Gefühlsregungen dies nicht tun, weil sie nicht so anhaltend sind. Überdies ist der Neid die niederträchtigste und verdorbenste Regung, weswegen er eine passende Eigenschaft des Teufels ist, der der Neider genannt wird, der des Nachts „säte Unkraut mitten unter den Weizen.“ Es ist in der Tat so, dass der Neid im Geheimen, im Dunklen und zum Schaden des Guten wirkt, worunter der Weizen zu verstehen ist.
ZEHNTE ABHANDLUNG:
ÜBER DIE LIEBE
Die Liebe ist auf der Bühne angenehmer zu gewahren als im Leben des Menschen, denn auf der Bühne ist sie stets Gegenstand von Komödien und nur hin und wieder von Tragödien, doch im Leben richtet sie viel Unheil an. Manchmal ist sie wie eine Sirene, manchmal wie eine Furie. Es ist beachtenswert, dass unter all den großen und ehrwürdigen Geistern (deren man sich noch erinnert, entweder aus alter oder aus neuerer Zeit) nicht ein einziger ist, der sich von der Liebe bis zum Wahnsinn hätte anstacheln lassen, was beweist, dass große Geister und große Taten sich von dieser schwächenden Leidenschaft fernhalten. Jedoch müssen wir dabei Marcus Antonius, den Mitregenten des Römischen Reiches, und Appius Claudius, den Decemvir und Gesetzgeber, ausnehmen. Der Erstere war wahrlich ein zügelloser Lüstling, aber der Letztere war ein asketischer und weiser Mann. So scheint es, dass (wenn auch selten) die Liebe nicht nur Eingang in ein offenes Herz, sondern auch in ein wohl verschlossenes zu finden vermag, wenn es nicht wachsam genug ist. Es ist ein armseliger Ausspruch Epikurs, wenn er sagt: „Satis magnum alter alteri theatrum sumus [Es reicht aus, wenn der eine dem anderen ein großes Schauspiel bietet].“ Als ob der Mensch, der zur Betrachtung des Himmels und aller erhabenen Objekte geschaffen ist, vor einem kleinen Idol niederknien und sich ihm unterwerfen würde, zwar nicht durch den Mund (wie es bei Tieren der Fall ist), wohl aber durch das Auge, das ihm zu höheren Zwecken verliehen wurde. Es ist seltsam, das Übermaß dieser Leidenschaft zu betrachten, welche die Natur und den wahren Wert der Dinge durch ein andauerndes Reden in Übertreibungen verzerrt, was ausschließlich in der Liebe anmutig wirkt. Dies betrifft nicht nur die gebrauchten Redewendungen; denn wenn, wie es heißt, der Mensch sich selbst gegenüber der Erzschmeichler ist, mit dem alle geringeren Schmeichler in Einklang stehen, dann gilt das noch mehr für den Liebenden. Denn nicht einmal der stolzeste Mensch hält von sich selbst so viel wie der Liebende von der Person, die er liebt. Daher rührt das weise Sprichwort: „Es ist unmöglich, zu lieben und gleichzeitig weise zu sein.“ Auch ist diese Schwäche nicht nur für die Anderen erkennbar, sondern auch für die geliebte Person, ja vor allem für sie, es sei denn, sie erwidert diese Liebe. Denn es ist eine eherne Regel, dass Liebe entweder mit ihrer Erwiderung oder mit geheimer und stiller Verachtung belohnt wird. Umso mehr sollte sich der Mensch vor dieser Leidenschaft in Acht nehmen, bei der er nicht nur Dinge verlieren kann, sondern auch sich selbst. Was diese Dinge angeht, die zu verlieren er befürchten muss, so drückt der Dichter sie sehr gut aus, wenn er beschreibt, wie jener, der Helena den Vorzug gab, die Geschenke der Juno und der Pallas zurückerstatten musste. Wer das Gefühl der Liebe zu hoch achtet, begibt sich sowohl des Reichtums als auch der Weisheit. Diese Leidenschaft ist am stürmischsten in Zeiten der Schwäche, nämlich in großem Glück oder in großem Unglück (auch wenn sie bei Letzterem seltener beobachtet wurde). In solchen Zeiten entzündet sich die Liebe, wird immer glühender und erzeigt sich auf diese Weise als ein Kind der Narrheit. Jene, die der Liebe nicht entsagen können, tun gut daran, sie im Zaume zu halten und völlig von den ernsten Geschäften und Handlungen ihres täglichen Lebens abzusondern, denn wenn sich die Liebe mit dem Geschäft verbindet, trübt sie den Wohlstand und lenkt den Menschen von seinem eingeschlagenen Weg ab. Ich weiß nicht warum, aber Soldaten sind besonders der Liebe ergeben. Ich vermute, sie sind es auf die gleiche Weise, wie sie dem Wein ergeben sind, denn Gefahr will mit Vergnügen aufgewogen werden. In der Natur des Menschen liegt eine heimliche Neigung zur Liebe des anderen, die sich, wenn sie nicht auf nur eine oder wenige Personen beschränkt wird, auf viele erstreckt und den Menschen barmherzig und mildtätig macht, wie man es bisweilen bei Mönchen beobachten kann. Eheliche Liebe sichert den Fortbestand der Menschheit; freundschaftliche Liebe vervollkommnet sie, aber wollüstige Liebe verdirbt und beschämt sie.