Kitabı oku: «Essays», sayfa 4

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ELFTE ABHANDLUNG:
ÜBER DIE HOHE STELLUNG

Männer in hohen Stellungen sind dreifache Diener: Diener des Herrschers oder des Staates, Diener ihres Rufes und Diener ihres Amtes. Somit haben sie keine Freiheit – weder in ihrer Person, noch in ihren Handlungen, noch in der Einteilung ihrer Zeit. Es ist ein seltsames Verlangen, Macht zu begehren und dabei Freiheit zu verlieren oder Macht über andere zu gewinnen und dabei die Macht über sich selbst abzugeben. Der Aufstieg zur Macht ist mühsam, und diese Mühen ziehen bloß weitere Mühen nach sich; und manchmal geschieht er auf niederträchtige Art, doch durch Ehrlosigkeit kommt der Mensch zu Ehren. Am Ende hat er jedoch schwankenden Boden unter den Füßen und ihm steht entweder der Sturz oder zumindest der Niedergang bevor; beides ist eine traurige Angelegenheit. „Cum non sis qui fueris, non esse cur velis vivere [Da du nicht mehr der bist, der du warst, gibt es keinen Grund, weiterzuleben].“ Ferner können solche Männer nicht zurücktreten, wenn sie wollen, doch sie wollen es zumeist auch nicht – nicht einmal dann, wenn es vernünftig wäre, denn selbst in Alter und Krankheit, die eigentlich der Abgeschiedenheit bedürfen, wollen sie sich nicht ins Private zurückziehen. Sie sind wie alte Bürger, die noch immer vor ihrer Haustür sitzen und dadurch zum Spott herausfordern. Gewiss, hochgestellte Personen bedürfen der Meinung anderer, um sich selbst glücklich schätzen zu können, denn wenn sie nach ihrem eigenen Gefühl urteilen, sind sie es nicht. Aber wenn sie das von sich halten, was andere Menschen von ihnen halten, und wenn sie sich vergegenwärtigen, dass die anderen gern so wie sie wären, dann sind sie aufgrund dieses Zeugnisses glücklich, obwohl sie tief in ihrem Inneren vielleicht eine andere Meinung hegen. Denn sie sind die ersten, die ihr eigenes Leid sehen, auch wenn sie möglicherweise die letzten sind, die ihre eigenen Fehler erkennen. Gewiss sind Menschen, die in glücklichen Umständen leben, sich selbst fremd, und während sie ihre aufreibenden Geschäfte führen, haben sie keine Zeit, sich um ihre Gesundheit zu kümmern – weder um die körperliche noch um die seelische. „Illi mors gravis incubat qui notus nimis omnibus, ignotus moritur sibi [Jenen bedrängt der Tod schwer, der zwar allen Anderen bekannt, aber sich selbst unbekannt war].“ In hoher Stellung besteht die Möglichkeit, entweder Gutes oder Böses zu tun. Das Letztere ist ein Fluch. Das Beste ist es, das Böse nicht zu wollen; das Zweitbeste ist es, das Böse nicht tun zu können. Aber die Macht, Gutes zu wirken, ist das wahre und rechtmäßige Ziel allen Strebens. Denn gute Gedanken allein (auch wenn Gott sie gerne annimmt), sind für die Menschen kaum besser als gute Gedanken, wenn sie nicht in die Tat umgesetzt werden, und dies kann nicht ohne Macht und eine herausgehobene Stellung geschehen, welche die günstige Ausgangsposition dafür liefern. Gute Werke und deren Anerkennung sind das Ziel menschlichen Wirkens, und das Bewusstsein desselben verschafft dem Menschen Frieden. Denn wenn der Mensch schon auf Gottes Schaubühne stehen muss, dann soll er auch an Gottes Frieden teilhaben. „Et conversus Deus, ut aspiceret opera quae fecerunt manus suae, vidit quod omnia essent bona nimis [Und Gott wandte sich um, betrachtete die Werke, die er geschaffen hatte, und sah, dass sie gut waren].“ Und darauf folgte der Sabbat.

In der Erfüllung deines Amtes nimm dir die besten Vorbilder, denn Nachahmung ist die sicherste Richtlinie. Und nach einiger Zeit nimm dir dich selbst zum Vorbild und frage dich ernsthaft, ob du früher nicht besser gehandelt hast. Vernachlässige auch nicht das Beispiel jener, die sich auf dem gleichen Platz wie du schlecht benommen haben, nicht um dich selbst hervorzuheben, indem du ihre Erinnerung belastest, sondern damit du dir verdeutlichst, welche Fehler du vermeiden musst. Führe also Reformen durch, ohne dich hervorzutun oder vergangene Zeiten und Personen herabzuwürdigen, sondern mache es dir zur Aufgabe, ein gutes Beispiel abzugeben und ihm auch zu folgen. Führe alle Dinge zu ihrem Ursprung zurück und finde heraus, ob und wie sie entartet sind. Nimm vom Vergangenen, was gut daran war, und vom Gegenwärtigen, was am besten passt. Strebe danach, beständig in deinen Handlungen zu sein, damit die Menschen wissen, was sie erwarten können, aber sei nicht zu entschieden und gebieterisch und erkläre dich, wenn du von deiner eigenen Regel abweichst. Bewahre die Rechte deiner Stellung, aber rühre nicht an Fragen der Zuständigkeit und nimm deine Rechte stillschweigend und de facto wahr, anstatt mit lauter Stimme Ansprüche und Forderungen zu stellen. Bewahre ebenso die Rechte der untergeordneten Stellungen und erachte es als ehrenvoller, die Gesamtleitung innezuhaben, als dich in alle Einzelheiten einzumischen. Heiße im Hinblick auf die Ausübung deiner Stellung Hilfe und Rat willkommen und jage diejenigen, die dir Informationen bringen, nicht fort, als ob sie Wichtigtuer wären, sondern akzeptiere das, was sie sagen. Es gibt in der Hauptsache vier Untugenden der Autorität: Verzug, Bestechlichkeit, Grobheit und Gefälligkeit. Was den Verzug angeht, so solltest du leichten Zutritt zu deiner Person gewähren, vereinbarte Zeiten einhalten, das dir Vorliegende abarbeiten und nichts anderes dazwischenschieben, es sei denn, es ist höchst dringend. Was die Bestechlichkeit angeht, so halte nicht nur deine eigenen Hände und die deiner Diener davon ab, etwas anzunehmen, sondern auch die Hände der Bittsteller davon, etwas anzubieten. Wer rechtschaffen ist, erreicht das Erstere, aber wer Rechtschaffenheit bekundet und Bestechungsgelder öffentlich verabscheut, erreicht das Letztere. Vermeide nicht nur die Tat, sondern bereits den Verdacht der Tat. Wer wankelmütig ist und sein Verhalten grundlos ändert, nährt dadurch den Verdacht der Bestechlichkeit. Wenn du also deine Meinung oder dein Verhalten änderst, sollst du es in klaren Worten verkünden und gleichzeitig die Gründe für deine Änderung bekannt geben, anstatt sie zu verheimlichen. Einen Diener oder Günstling, der dir nahe steht und keinen anderen sichtbaren Grund für seine Verdienste aufweist, wird man als Anzeichen für Bestechlichkeit werten.

Was die Grobheit angeht, so ist sie ein überflüssiger Grund für Unzufriedenheit. Strenge erzeugt Angst, aber Grobheit erzeugt Hass. Selbst der Tadel der Obrigkeit sollte zwar ernst, aber nicht beleidigend sein. Und was Gefälligkeit angeht, so ist sie schlimmer als Bestechlichkeit. Denn Bestechlichkeit zeigt sich nur hin und wieder, aber wenn sich ein Mensch durch Aufdringlichkeiten oder unnötige Parteinahme leiten lässt, wird er sich ihrer nie mehr erwehren können. Wie Salomon sagte: „Parteiisch sein ist nicht in rechter Ordnung; um einen Bissen Brot verfehlt sich mancher.“ Von tiefster Wahrheit ist das, was die Alten sagten: „Das Amt zeigt den Mann“; einige zeigt es in gutem Lichte, andere in schlechtem. „Omnium consensu capax imperii, nisi imperasset [Nach der herrschenden Meinung wäre er ein fähiger Herrscher, wenn er nicht geherrscht hätte]“, sagte Tacitus über Galba, aber über Vespasian sagt er: „Solus imperantium Vespasianus mutatus in melius [Nur Vespasianus wurde durch seine Herrschaft zu einem besseren Menschen].“ Beim Ersteren meinte er dessen Fähigkeiten, beim Letzteren dessen Benehmen und Neigungen. Es ist ein sicheres Anzeichen für einen wertvollen und großzügigen Geist, wenn er durch die ihm erwiesene Ehre besser wird, denn die Ehre ist der Ort der Tugend, oder zumindest sollte sie es sein. So wie in der Natur die Dinge auf gewalttätige Weise ihren Platz finden und sich beruhigen, wenn sie ihn erreicht haben, so ist die Tugend in Strebsamkeit gewalttätig, an der Macht jedoch ist sie gelassen. In eine hohe Stellung gelangt man nur über eine gewundene Treppe. Wenn es unterschiedliche Parteien gibt, ist es gut, sich an eine von ihnen anzuschließen, solange man sich im Aufstieg befindet, und sich ins Gleichgewicht zu bringen, sobald man oben angekommen ist. Behandle das Andenken deines Vorgängers schonend und gerecht, denn wenn du das nicht tust, wird es dir heimgezahlt werden, wenn du deine Stellung dereinst verlässt. Wenn du Amtsbrüder hast, respektiere sie und ziehe sie vor allem dann zu Rate, wenn sie es nicht erwarten. Übergehe sie jedoch keineswegs, wenn sie es erwarten dürfen, zu Rate gezogen zu werden. Stelle in Gesprächen und persönlichen Antworten auf Anfragen dein Amt nicht allzu sehr heraus, sodass von dir gesagt werden kann: „Wenn er im Amte ist, ist er ein anderer Mensch.“

ZWÖLFTE ABHANDLUNG:
ÜBER DIE DREISTIGKEIT

Es ist ein unbedeutender Schulbuchtext, aber dennoch ist er der Betrachtung eines Weisen würdig. Demonsthenes wurde gefragt: „Was ist das wesentliche Element eines Redners?“, und er antwortete: „Die Gestik.“ Und was komme danach? „Die Gestik.“ Und was danach? „Die Gestik.“ Das sagte er, der es am besten wusste, obwohl er selbst von Natur aus keine Begabung dazu hatte. Es ist seltsam, dass diese Eigenschaft eines Redners, die doch nur oberflächlich ist und eher zu einem Schauspieler gehört, so hoch über die Phantasie, die Vortragskunst und alle anderen Eigenschaften eines Redners gesetzt wird, als ob sie allein nur wichtig wäre. Doch der Grund dafür ist klar. Die menschliche Natur besitzt mehr vom Narren als vom Weisen, und deshalb sind jene Eigenschaften, die eher den närrischen Teil des menschlichen Geistes ansprechen, mächtiger als alle anderen. Gleichermaßen wundersam verhält es sich mit der Dreistigkeit in öffentlichen Angelegenheiten. Was ist das Wichtigste? Die Dreistigkeit. Und was ist das Zweit- und Drittwichtigste? Die Dreistigkeit. Aber die Dreistigkeit ist das Kind der Unwissenheit und der Niedertracht und steht viel tiefer als andere Eigenschaften. Trotzdem fasziniert und fesselt sie all jene, deren Urteilsvermögen entweder schlecht ausgeprägt ist oder die nur wenig Mut haben, was auf die meisten Menschen zutrifft, ja, bisweilen, in Zeiten der Schwäche, sogar auf die Weisen unter ihnen. Wir können erkennen, dass sie in Demokratien Wunder gewirkt hat, weniger jedoch bei Senaten und Fürsten. Am meisten bewirkt sie beim ersten Auftreten des Dreisten, denn sie löst ihre Versprechen nur selten ein. So wie es Quacksalber für den menschlichen Körper gibt, so gibt es sie auch für den Staatskörper. Es sind Männer, die großartige Heilmittel anwenden und vielleicht bei zwei oder drei Experimenten Glück hatten, aber keine wissenschaftlichen Grundlagen besitzen und daher nicht dauerhaft wirken können. Ein Dreister vermag mehrfach das Wunder Mohammeds zu vollführen. Mohammed hat nämlich die Menschen glauben gemacht, er könne einen Berg zu sich rufen und vom Gipfel aus Gebete für jene sprechen, die seine Gesetze befolgten. Die Menschen versammelten sich; Mohamed rief den Berg zu sich herbei, wieder und wieder, aber als der Berg sich nicht bewegen wollte, war er keinen Augenblick lang verlegen, sondern sagte: „Wenn der Berg nicht zu Mohammed kommt, dann geht Mohammed zum Berge.“ Genauso machen es jene Menschen, die großartige Dinge versprochen haben und daran schmählich gescheitert sind: wenn sie die Gabe der Dreistigkeit in vollkommener Weise besitzen, überspielen sie ihr Versagen, drehen sich um und reden nicht mehr darüber. Für Menschen von beträchtlichem Urteilsvermögen sind die Dreisten ein netter Zeitvertreib, und selbst in den Augen der Gewöhnlichen haftet der Dreistigkeit etwas Lächerliches an. Denn wenn Absurdität der Gegenstand des Lachens ist, dann sei versichert, dass große Dreistigkeit nur selten ohne Absurdität daherkommt. Besonders drollig ist es anzusehen, wenn ein Dreister die Fassung verliert, denn dann wirkt sein Gesicht plötzlich eingefallen und hölzern, was zwangsläufig geschieht. Bei einem Verlegenen ist immer ein gewisses Mienenspiel zu beobachten, doch beim Dreisten ist es zur gleichen Gelegenheit erstarrt. Es ist wie das Patt beim Schach, wenn das Spiel zwar nicht verloren ist, aber auch nicht weitergeführt werden kann. Doch dieser Umstand passt eher zu einer Satire als zu einer ernsten Betrachtung. Es ist zu beachten, dass die Dreistigkeit stets blind ist, denn sie sieht keine Gefahren und Unannehmlichkeiten. Daher ist sie ein schlechter Ratgeber, aber gut in der Ausführung. Dreiste Personen sollten niemals Anführer, sondern immer nur Zweite in der Rangfolge sein und unter dem Befehl eines anderen stehen. Denn für einen Ratgeber ist es gut, wenn er Gefahren sieht, doch beim Ausführenden ist es gut, wenn er sie nicht sieht, es sei denn, sie sind sehr groß.

DREIZEHNTE ABHANDLUNG:
ÜBER DIE GÜTE UND GUTMÜTIGKEIT

Unter Güte verstehe ich diejenige Eigenschaft, die das Wohl der Menschheit erstrebt und die die Griechen „Philanthropia“ nennen. Unser Begriff „Menschlichkeit“ ist ein wenig zu schwach, um die Bedeutung recht zu erfassen. Güte ist für mich eine Charaktereigenschaft und Gutmütigkeit eine Neigung. Dies ist unter allen Geistestugenden die größte, denn sie frommt dem Charakter einer Gottheit, und ohne sie ist der Mensch ein hektisches, bösartiges, elendes Wesen und kaum besser als ein Wurm. Die Güte entspricht der theologischen Tugend der Mildtätigkeit und kennt kein Übermaß, sondern höchstens den Irrtum. Das übermäßige Verlangen einiger Engel nach Macht führte zu ihrem Fall; das übermäßige Verlangen des Menschen nach Erkenntnis führte zu seinem Fall, doch in der Mildtätigkeit gibt es kein Übermaß, und weder Engel noch Menschen können durch sie in Gefahr geraten. Die Neigung zur Güte ist tief in die Natur des Menschen eingeprägt, sodass sie sich, wenn sie sich nicht auf Menschen erstrecken kann, auf andere Lebewesen richtet. Dies ist bei den Türken zu beobachten, einem grausamen Volk, das trotzdem freundlich zu Tieren ist und Hunden und Vögeln Almosen spendet. Busbecq berichtet, dass in Konstantinopel ein Christenjunge beinahe gesteinigt worden wäre, weil er aus Schalk einen langschnäbeligen Vogel geknebelt hatte. Es können also auch Irrtümer bei dieser Tugend der Güte oder Mildtätigkeit begangen werden. Die Italiener kennen das unvorteilhafte Sprichwort: „Tanto boun che val niente“, was bedeutet: „Er ist so gut, dass er zu nichts zu gebrauchen ist.“ Der italienische Gelehrte Niccolò Machiavelli besaß sogar das Selbstvertrauen, in offenen Worten niederzuschreiben, „dass der christliche Glaube die guten Menschen den tyrannischen und ungerechten zur Beute gegeben hat.“ Dies sagt er, weil es nie ein Gesetz, eine Sekte oder Lehrmeinung gegeben hat, welche die Güte so hoch erachtet wie die christliche Religion. Um Skandale und Gefahren zu vermeiden, ist es gut, sich die Irrtümer einer so ausgezeichneten Charaktereigenschaft zu vergegenwärtigen. Bemühe dich um das Wohl der anderen, aber mache dich nicht zum Sklaven ihrer Launen und Meinungen, denn das wäre nur Gefälligkeit und Weichheit, die einen ehrlichen Geist in Fesseln zu legen vermögen. Auch sollst du Äsops Hahn keinen Edelstein geben, denn er wäre glücklicher und zufriedener, wenn er ein Gerstenkorn hätte. Gottes Beispiel lehrt uns zurecht: „Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Aber er lässt nicht Reichtum oder Ehren und Tugenden über alle Menschen gleichermaßen regnen. Gewöhnliche Wohltaten werden allen zuteil, außergewöhnliche Wohltaten aber nur Auserwählten. Nimm dich davor in Acht, das Model zu zerstören, wenn du den Abguss nimmst, denn die Theologie bezeichnet die Liebe zu uns selbst als das Model und die Liebe zu unserem Nächsten nur als den Abguss. „Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen, dann komm und folge mir nach.“ Aber verkaufe nur dann alles, was du besitzt, wenn du mir wirklich nachfolgst, das heißt, wenn du eine Berufung hast, aufgrund der du mit geringen Mitteln genauso viel Gutes wirken kannst wie mit großen. Denn ansonsten trocknest du aus, während du die Ströme speist. Die Güte, geboren aus der Vernunft, ist nicht jedem gegeben; manchmal hat der Mensch, oder auch die Natur, nur eine Neigung dazu, so wie es auf der anderen Seite eine angeborene Bösartigkeit gibt. Manche Menschen haben es nicht in ihrer Natur, den anderen Gutes zu wirken. Die leichtere Form der Bösartigkeit zeigt sich in Verdrießlichkeit, Sturheit, Widerspruchssinn, einem schwierigen Wesen oder ähnlichem, die schwerere aber zeigt sich in Neid und reiner Unheilstiftung. Solche Menschen sind immer rechtzeitig beim Unglück anderer zur Stelle und machen es noch schwerer; sie sind nicht einmal so gut wie die Hunde, die Lazarus’ Wunden geleckt haben, sondern eher wie die Fliegen, die um alles Rohe herumsummen. Sie sind Misanthropen, die es sich zu eigen machen, andere in den Selbstmord durch den Strang zu treiben, doch nie haben sie einen Baum dafür in ihrem Garten, so wie es bei Timon der Fall war. Eine solche Gesinnung ist ein Irrweg der menschlichen Natur, und dennoch sind diese Menschen das Holz, aus dem große Politiker geschnitzt werden, so wie das Knieholz, das gut für Schiffe ist, die vom Wind hin und her geworfen werden, nicht aber für Häuser, die stille stehen sollen. Es gibt viele Arten und Anzeichen der Güte. Wenn ein Mensch sich als liebenswürdig und höflich gegenüber Fremden erzeigt, beweist er dadurch, dass er ein Weltenbürger ist. Sein Herz ist keine Insel, die von anderen Ländern abgetrennt wurde, sondern ein Kontinent, der zu ihnen gehört. Wenn er Mitleid für die Gebrechen der anderen empfindet, beweist dies, dass sein Herz wie ein edler Baum ist, der sich selbst verwundet, damit er Balsam spenden kann. Wenn er schnell vergibt und Beleidigungen nachsieht, zeigt er damit, dass sein Geist über alle Beeinträchtigungen erhaben ist und keine Verwundungen zu befürchten hat. Wenn er dankbar auch für kleine Wohltaten ist, zeigt das, dass er die Absicht eines Menschen höher schätzt als dessen Plunder. Doch wenn er sogar die Vollkommenheit des heiligen Paulus erreicht und Christi Bannfluch für die Errettung seiner Brüder auf sich zu nehmen gewillt ist, zeigt er damit eine geradezu göttliche Natur und gleichsam eine Ähnlichkeit mit Christus selbst.

VIERZEHNTE ABHANDLUNG:
ÜBER DEN ADEL

Wir wollen über den Adel zunächst als Teil des Staates und danach als Stand bestimmter Personen sprechen. Eine Monarchie, in der es keinen Adel gibt, ist immer eine reine und absolute Tyrannei, wie es zum Beispiel bei den Türken der Fall ist. Denn der Adel mildert die Oberherrschaft des Souveräns und lenkt den Blick des Volkes von der königlichen Linie ab. Demokratien brauchen hingegen keinen Adel; sie sind in der Regel ruhiger und weniger zum Aufruhr geneigt als jene Länder, in denen es Adelsgeschlechter gibt. Denn der Blick der Menschen ruht auf den Handlungen und nicht auf den Personen, oder wenn er doch einmal auf den Personen ruht, dann um deren Handlungen willen und nicht wegen ihrer Standarten oder ihres Stammbaums. Wir sehen, wie gut es den Schweizern geht, obwohl sie unterschiedliche Religionen und Kantone haben. Das Band, das sie zusammenhält, ist nicht das Ansehen, sondern die Nützlichkeit. Die vereinigten Provinzen der Niederlande besitzen eine ausgezeichnete Regierung, denn dort, wo es Gleichheit gibt, sind die Beratungen ruhiger, und die Steuerzahlungen und anderen Tribute werden bereitwilliger geleistet. Ein mächtiger und großartiger Adel verleiht einem Monarchen größere Majestät, vermindert aber seine Macht; er flößt dem Volke Geist und Leben ein, presst ihm aber das Geld aus. Es ist gut für den Herrscher und die Gesetzgebung, wenn der Adel nicht zu stark ist, doch er sollte in einer gewissen Höhe verharren, damit die Anmaßung der Untertanen sich zuerst auf ihn richtet und sich nicht zu schnell die Majestät der Könige zum Ziel nimmt. Ein zahlenmäßig starker Adel verursacht Armut und Unannehmlichkeiten im Lande, denn er bedeutet einen Zuschlag auf die Staatskosten, und da es unausweichlich ist, dass viele Adlige früher oder später verarmen, entsteht bei ihnen überdies noch ein Ungleichgewicht zwischen Ehre und Vermögen.

Was den Adel einzelner Personen angeht, so ist es erhebend, ein altes Schloss oder anderes Gebäude wohl erhalten zu sehen, so wie man gern einen schönen und gesunden Baum sieht. Doch um wie vieles erhebender ist es, ein altes Adelsgeschlecht zu erblicken, das den Stürmen und Wogen der Zeit getrotzt hat. Neuer Adel ist das Werk von Herrschermacht, alter Adel aber ist das Werk der Zeit. Jene, die sich schon sehr lange im Adelsstande befinden, sind gemeinhin tugendhafter, aber weniger unschuldig als ihre Nachfahren, denn es gibt nur selten ein Emporkommen ohne eine Mischung aus guten und bösen Künsten. Aber es ist angemessen, dass die Erinnerung an ihre Tugenden der Nachwelt erhalten bleibt, während ihre Fehler mit ihnen sterben. Ererbter Adel mindert für gewöhnlich den Fleiß, und der Faule beneidet den Fleißigen. Außerdem können adlige Personen nicht mehr viel höher steigen, und derjenige, der in seiner Position verharrt, während die anderen emporkommen, kann sich eines Neidgefühls kaum erwehren. Andererseits löscht der Adel den Neid der anderen auf ihn aus, da er sich im Stande der Ehre befindet. Gewiss empfinden Könige, die fähige Personen unter ihrem Adel haben, es als angenehm, sich ihrer zu bedienen, da sie ihnen die Arbeit erleichtern, denn das Volk beugt sich ihnen auf natürliche Weise, da sie gleichermaßen zum Befehlen geboren sind.

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