Kitabı oku: «Rüstungsproduktion in der Mitte Deutschlands 1929 – 1945», sayfa 3

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Für Niedersachsen sind insbesondere die Arbeiten von Gudrun Pischke66 und Gerd Wysocki zum KZ-Komplex der Reichswerke zu nennen,67 weiterhin die Publikationen von Karl Liedke zu Braunschweig,68 von Detlef Creydt zum Buchenwalder KZ-Lager „Hecht“69 sowie von Janet Anschütz und Irmtraud Heike zum KZ-Außenkommando Ahlem bei Hannover.70 Unter dem Titel „Der Ort des Terrors“ veröffentlichten Wolfgang Benz und Barbara Distel in sieben seit 2005 erschienenen Bänden die bislang umfassendste Untersuchung zur Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Verschiedene Autoren stellten in Einzelartikeln als Grundlage für weitere Forschungen fest, welches die einzelnen Entwicklungsphasen der Hauptlager waren und wie ab 1942 rasch zunehmend die Außenlager entstanden.71 2009 veröffentlichte das United States Holocaust Memorial Museum den ersten Teil einer umfassenden Enzyklopädie zum nationalsozialistische Lagersystem, beginnend mit den frühen Lagern, den Konzentrationslagern und ihren Subkommandos.72

Für das Konzentrationslager Buchenwald steht eine vergleichende Strukturanalyse der Verhältnisse in den verschiedenen Außenlagern noch aus. Nach Jens-Christian Wagners Arbeit für den Komplex Mittelbau-Dora haben die kürzlich von Marc Buggeln für das KZ Neuengamme veröffentlichte Arbeit sowie die von Bertrand Perz und Florian Freund für das Außenlagersystem von Mauthausen Modellcharakter. Alle drei Ausarbeitungen untermauern, dass die Überlebenschancen der Häftlinge wesentlich von der Art der Arbeit, zu der sie eingesetzt wurden, abhingen.73 Es bleibt abzuwarten, ob die Feststellungen auf das System der Außenlager von Buchenwald übertragbar sind. In der Vergangenheit war die Räumung der Buchenwalder Außenkommandos vergleichbar schlecht erforscht. Diese Lücke wurde im Jahr 2008 durch die Arbeit Katrin Greisers geschlossen.74

Die Entwicklung der Buchenwalder Außenkommandos zum Konzentrationslagerkomplex Mittelbau-Dora und seine Bedeutung innerhalb des Lagerkosmos – insbesondere die Gründung einer Vielzahl neu gegründeter Sub- und Außenkommandos – ist verhältnismäßig gut dokumentiert, auch wenn Neander in seiner Dissertation von 1996 noch schrieb, es handele sich um ein weithin „vergessenes Lager“, ja sogar „eines der bislang am wenigsten bekannten und erforschten nationalsozialistischen Konzentrationslagern“.75 Diese Aussage mag auf frühe Darstellungen des KZ-Komplexes zutreffen, ist heute aber nicht mehr gerechtfertigt.76 Auf westdeutscher Seite gehörte das KZ Mittelbau-Dora zu den wenigen Lagern, die schon 1970 in Broszats „Studien zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern“ vorgestellt wurden.77 Bis Ende der 1980er Jahre blieben auf westlicher Seite mit Ausnahme der technik- und militärgeschichtlich ausgerichteten Arbeiten von Manfred Bornemann78 – und insoweit ist Neander zuzustimmen – weitere nennenswerte Impulse aus. Anders die Situation in der DDR. Dort waren bereits in den 1960er Jahren eine Vielzahl wissenschaftlicher Abhandlungen zum KZ Mittelbau-Dora entstanden, die allerdings nur schwer zugänglich waren, da sie meist nur in wenigen Exemplaren aufgelegt oder nur im kleinen Rahmen veröffentlicht wurden. Es handelte sich dabei um Arbeiten einer von Professor Walter Bartel79 betreuten studentischen Forschungsgruppe, die an der Berliner Humboldt Universität zwischen 1966 und 1970 sehr detailreiche Diplomarbeiten und Dissertationen hervorbrachte.80 Ende der 1960er Jahre war das KZ-Mittelbau in der DDR weitaus besser erforscht, als die ebenfalls in Ostdeutschland gelegenen ‚größeren‘ Konzentrationslager Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen. Allerdings beschränkten sich die Arbeiten weitgehend auf die Darstellung von Einzelaspekten des Stammlagers und seine Rolle für die Rüstungsindustrie. Die Außenlager und Subkommandos Doras spielten nur eine untergeordnete Rolle. Die in der DDR bis 1990 veröffentlichten Arbeiten griffen fast ausschließlich auf die Ergebnisse der Berliner Forschungsgruppe zurück. Neue Erkenntnisse blieben seit Anfang der 1970er Jahre aus.

Seit Anfang der 1990er Jahre vermitteln sowohl Gesamtdarstellungen als auch Untersuchungen einzelner Aspekte der Lagergeschichte und Einzeldarstellungen zu den Subkommandos ein sehr genaues Bild vom System des KZ Mittelbau-Dora. Joachim Neander dokumentiert in seiner bereits genannten Dissertation und in weiteren Arbeiten ausführlich die Auflösung des Lagerkomplexes im April 1945 sowie die Todesmärsche und ihre Routen.81 Teils noch unveröffentlicht sind Oliver Taukes Analyse zur Funktion der Häftlingskrankenbauten und Olaf Mußmanns Forschungsergebnisse über die Funktionshäftlinge sowie die italienischen Häftlinge im KZ-Komplex Mittelbau-Dora.82 Die Geschichte einzelner Dora-Außenkommandos haben Jürgen Müller („Dachs IV“), Thilo Ziegler (Raum Sangerhausen), die Arbeitsgemeinschaft Spurensuche in der Südharzregion (Lager der Helmetalbahn), Joachim Neander und der Autor aufgearbeitet.83 2000 legte der französische Historiker und ehemalige Mittelbau-Häftling André Sellier seine umfangreiche Darstellung der Lagergeschichte vor, die als ‚Innen-Ansicht‘ wertvoll ist.84 Sehr viel grundsätzlicher gehen Rainer Eisfeld und Michael Neufeld in ihren Monographien den Gesamtkomplex Mittelbau-Dora an. In ihren umfassenden Darstellungen bildet die Frage nach Verantwortung von Wissenschaft und Technik für die Zwangsrekrutierung von KZ-Häftlingen für die Raketenproduktion den zentralen Schwerpunkt.85

Maßstäbe setzt der Historiker und Direktor der Gedenkstätte Jens-Christian Wagner mit seinen Arbeiten.86 Ihm gelang schon 2001 in seiner Dissertation mit dem Titel „Produktion des Todes“ eine analytische Einbettung des Gesamtkomplexes Mittelbau-Dora in die NS-Kriegswirtschaft. So belegt er, dass nur eine Minderheit der Lagerhäftlinge in der Raketenmontage eingesetzt war, der weitaus größte Teil von ihnen unter katastrophalen Bedingungen auf den SS-Untertagebaustellen der Region um Nordhausen ihre Lebenskräfte ließen. Gleichzeitig belegt er die Unterschiede der Arbeits- und Lebensbedingungen sowie der Überlebenschancen in den Baukommandos im Vergleich mit denen der Produktion. Auch geht er der Frage nach, in welcher Weise SS und Rüstungsindustrie, aber auch Lagerverwaltung, kommunale Behörden und Institutionen kooperierten und wie die Häftlinge in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden.87 Die vorliegende Arbeit greift Wagners Thesen auf und versucht, weitere Elemente der Entstehung des Lagersystems und seiner Bedeutung im projektierten bzw. entstehenden nordthüringischen Rüstungskomplex herauszuarbeiten.

Quellenlage

Die Quellenlage ist für weite Gebiete der Untersuchung äußerst spärlich. Das gilt insbesondere für die Aufrüstungspläne, die die Reichswehr bereits Anfang der 1920er Jahre nicht nur schmiedete, sondern konkret anging. Aus Angst vor Aufdeckung der illegal betriebenen Wiederaufrüstung wurde kaum etwas schriftlich festgehalten, allenfalls in wenigen, meist nummerierten Exemplaren. Zudem wurde der größte Teil der Reichswehrakten bei einem Brand des Heeresarchivs 1945 vernichtet.1 Die Wirren des Krieges taten das ihre, und gegen Ende des Krieges ebenso das Streben Verantwortlicher, Spuren zu vernichten. So ist das Quellenmaterial, das heute in den Archiven zur Auswertung zur Verfügung steht, als eher dürftig zu bezeichnen. Der erste Teil der vorliegenden Arbeit behandelt die geheime Wiederaufrüstung der Reichswehr Anfang der 1920er Jahre. Er basiert in erster Linie auf der Auswertung eines Teiles der im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde verwahrten Bestände des „Rechnungshofes des Deutschen Reiches“ (R2301), der „Bank der deutschen Luftfahrt AG“ (R8121) und Akten der Reichskanzlei (R43). Zumindest dem Umfang des offiziellen Geldtransfers nach eröffnen sie einen Einblick in die Finanzierung von Rüstungsbetrieben und den Aufbau staatlicher Rüstungsschmieden. Außerdem bargen die Unterlagen der Amtsgruppen und Abteilungen im Heereswaffenamt (RH8), der Inspektion der Kriegsschulen (RH12 - 1), der Inspektion der Infanterie (RH12 - 2), des OKW/​Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes (RW19) und des Luftfahrtministeriums (RL3) im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg wertvolle Informationen. Zwar ließ sich die Firmenkartei, in der die Reichswehr 1.000 bis 1930 für Rüstungszwecke erkundete Firmen erfasste, bislang nicht auffinden. Dennoch geben die vorhandenen Bestände relativ gut Aufschluss über die frühen Wiederaufrüstungsbestrebungen der Reichswehr und ihre mehrfach geänderten Bedarfsplanungen für ein aufzustellendes ‚Friedensheer‘.

Weitere Erkenntnisse konnten den Firmenunterlagen der Thiel-Gruppe und der Rheinmetall-Borsig AG entnommen werden. Beide Rüstungskonzerne betrieben in Thüringen Werke, deren Akten im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar nahezu vollständig erhalten sind. Zudem bot sich dem Verfasser die Möglichkeit, Teile des Werksarchivs von zwei Rüstungsfirmen des Konstrukteurs und Industriellen Curt Heber zu sichten, der Mechanischen Werke Neubrandenburg und der Osteroder Firma Heber. Einblick gewährte freundlicherweise der Sohn des Firmeninhabers, Manfred Heber. Ein weiterer Teil der Firmenunterlagen, die die Alliierten nach dem Krieg in Osterode zunächst beschlagnahmt hatten, konnten im Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv in Hannover benutzt werden. Darunter fanden sich auch die ‚Entnazifizierungsunterlagen‘ Curt Hebers, doch durch ihre Verschleierungstendenz verhehlen sie Hebers frühe Zusammenarbeit mit der Reichswehr und halten die Tatbestände nicht fest.2 Ergiebig waren ebenfalls die Unterlagen, die die Alliierten für die Nürnberger Industrieprozesse zusammengestellt hatten. So ließen sich in den Prozessakten (NIK Bestand) gegen Krupp Belege aus dem Heereswaffenamt finden wie eine Aufstellung vom Juni 1927 über den Umfang der verdeckten Aufrüstungsmaßnahmen und der daran beteiligten Firmen. Dies überrascht, da sich Krupp im gleichen Sommer 1927 noch geweigert hatte, in seinem Magdeburger Grusonwerk ohne ausreichende politische Deckung von Seiten der Regierung die illegale Produktion von Geschützen aufzunehmen.3

Dagegen erlaubt die Materialfülle für den rüstungskonjunkturellen Aufschwung ab 1933 im heutigen Land Niedersachsen eine relativ lückenlose Darstellung. Einen detaillierten Überblick geben die Quartalsberichte der Rüstungskommandos Hannover (RW21 - 27) und Braunschweig (RW21 - 8) sowie der Rüstungsinspektion XIa Hannover (RW20 - 11) im Militärarchiv in Freiburg. Auch der bereits genannte Bestand Generalluftzeugmeister Technisches Amt (RL3) gibt Auskunft über neu angesiedelte, für die Luftwaffe relevante Werke, u. a. Polte in Duderstadt und Oigee in Osterode, und über die Einbeziehung bestehender Firmen in die Rüstungsproduktion. Die Einheiten RL3/​398 und RL3/​424 des Bestandes geben einen quantitativen Überblick über die Luftwaffenfirmen in der Wehrwirtschaftsinspektion XI. Die Unterlagen des Reichswirtschaftsministeriums (BAL, R3101) ermöglichten, weitere Lücken zu schließen. Die beim Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion geführte Firmenkartei (BAL, R4603, ehemals R3) brachte weitere wichtige Erkenntnisse, obwohl sie nur lückenhaft erhalten blieb und daher keine flächendeckende Übersicht bietet. Belegschaftsstruktur und Zwangsrekrutierung ausländischer Arbeitskräfte lassen sich an Hand der Berichte des Rüstungskommandos und der Rüstungsinspektion relativ gut nachvollziehen. Gegliedert nach Wirtschaftsgruppen finden sich in den Unterlagen Beschäftigtenzahlen für die deutsche Industrie in den Jahren 1939 bis 1944. Außerdem ermöglichen die Beschäftigtenmeldungen der Reichsgruppe Industrie, Abteilung Maschinelles Berichtswesen des RMfRuK (BAL, R12I) für den Gau 14 (Südhannover-Braunschweig) umfassende ‚Momentaufnahmen‘.4 Die Meldungen sind – nach Firmen alphabetisch geordnet – für den Zeitraum November 1944 bis einschließlich Februar 1945 erhalten geblieben. Das Bild ergänzen die im Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Hannover, dem NARA Washington und dem IWM London liegenden Demontageunterlagen sowie Bestände der regionalen Kreis- und Stadtarchive. Dank gilt auch der Salzgitter AG, Bosch (Hildesheim) und der Göttinger Firma Ruhstrat, die dem Autor Material aus ihren Werksarchiven zur Verfügung stellten und ihn teilweise sogar die Bestände persönlich sichten ließen. Manfred Heber steuerte weitere Unterlagen zur Geschichte der HEMAF bei, darunter eine Vielzahl bislang unveröffentlichter Fotoaufnahmen.

Weitaus schwieriger gestaltete es sich, Quellen zum Thema des Aufbaus von Rüstungskapazitäten in der Region Nordthüringen aufzufinden. Unterschiede der Verwaltungsstruktur bedingten, dass Gemeinden, Städte oder Landkreise verschiedenen Ländern oder preußischen Provinzen angehörten. Entsprechend sind die einschlägigen Akten über mehrere Staats- und Landesarchive verteilt. Außerdem sind die Quellen dünner gesät und weniger ausführlich. Die Vierteljahresberichte der Rüstungsinspektion Kassel (RW20 - 9), der „Kriegstagebücher“ der Rüstungskommandos Weimar (RW21 - 62) und Kassel (RW21 - 30) geben, anders als die des Rüstungskommandos Hannover, lediglich einen groben Überblick über den Berichtszeitraum. Auch hier helfen die Eintragungen in der Reichsbetriebskartei (BAL, R4603) weiter.

Aufschlussreiche Bestände konnten im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar gesichtet werden, insbesondere die Unterlagen der Firmen Rheinmetall Sömmerda, Gebrüder Thiel GmbH (Ruhla), Gebrüder Franke KG (Mühlhausen) und der Südharzer Kaliwerke. Ergiebig war ebenfalls der Weimarer Bestand „Landeskommission zur Durchführung der Befehle 124/​126“, der sich vordergründig mit der Verstaatlichung und Enteignung von Betrieben nach 1945 befasst, zur Rechtfertigung angeordneter Zwangsmaßnahmen oft aber auf die vorangehende Kriegsproduktion verweist. Exemplarisch ist der Nordhäuser Rüstungsbauer MABAG, dessen Betriebsdirektor sich einer Verstaatlichung widersetzte, woraufhin der Betrieb bereits kurz nach Kriegsende in die ‚Treuhänderschaft‘ des Landes Thüringen überführt wurde. Die im Weimarer Hauptstaatsarchiv ausgewerteten Akten der Verstaatlichung von Unternehmen in der Sowjetischen Besatzungszone umfassen neben jeweils einer Firmenchronik teils konkrete Angaben über Art und Umfang der Kriegsproduktion.

Der Strukturwandel hin zur Rüstungsproduktion, den die Mühlhäuser Industrie vollzog, lässt sich in den Beständen des dortigen Stadtarchivs vergleichsweise gut nachzeichnen. Angeregt durch die Nachforschungen des Verfassers stellte eine Archivmitarbeiterin in akribischer Kleinarbeit ein Dossier der verstreut bewahrten einschlägigen Dokumente zusammen, so dass das Dunkel dieser Phase Mühlhäuser Industriegeschichte gut ausgeleuchtet werden konnte.5 Im Stadtarchiv Nordhausen fanden sich dagegen nur wenige Informationen, trotz der großen Zahl von Rüstungsbetrieben in der Stadt. Die Bestände der Kreisarchive in Nordhausen und des Eichsfeldes, letzteres mit Sitz in Heiligenstadt, ließen insbesondere den Umfang des Zwangsarbeitereinsatzes in der Region erkennen. Damit ergänzten sie die Zahlen, die sich aus den Statistischen Mitteilungsblättern des Gauarbeitsamtes Thüringen sowie den Akten des Arbeitsamtsbezirks Erfurt, aufbewahrt im Staatsarchiv Gotha, ermitteln ließen. Aus ihren Betriebsarchiven steuerten die Firmen NOBAS (Nordhausen) und Meister (Dingelstedt) weitere Unterlagen bei. Material kam zusätzlich von privater Seite, so ein relativ umfangreicher Fundus zur MABAG und zum Schicksal ihres Betriebsdirektors Paul Radtke, der sich gegen die Verstaatlichung des Betriebes gewehrt hatte und im russischen Speziallager Nr. 2 in Buchenwald auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald bei Weimar starb.

Im Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Hannover (Nds. HStA) lagern die Bestände des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld (Hann. 184). Sie geben Auskunft über die ersten Untertagelager, die das Militär aus Furcht vor der Entdeckung der illegalen Wiederaufrüstung und zur Tarnung ihrer verborgenen Munitionsbestände in stillgelegten Kaliwerken der Südharzregion einrichten ließ. Doch auch die Untertagebauvorhaben sind hier erfasst, die die Rüstungsunternehmen mit Unterstützung der SS Jahre später in der Region aufnahmen. Das Bild rundeten die Bestände der Kaliindustrie des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar sowie Unterlagen des Reichswirtschaftsministeriums (BAL, R3101) ab. Ergänzend wurden zur Unterverlagerung von Rüstungsproduktion Archivalien des Landesarchivs Merseburg (Leuna Werke GmbH, Grün & Bilfinger AG), des Landeshauptarchivs Dessau (Junkers-Werke), des Public Record Office (PRO), London, sowie des National Archives and Record Administration (NARA), Washington, ausgewertet. Ebenso wurden die alliierten Geheimberichte (BIOS- und CIOS-Berichte) gesichtet, zumal sie in Teilen als Kopie in der Universitätsbibliothek Bochum und dem Nds. HStA Hannover leicht zugänglich sind.6 Nähere Auskunft über die Entscheidungsträger und ihre zum Teil erheblich voneinander abweichenden Zielsetzungen geben die Unterlagen des Reichsluftfahrtministeriums (BA-MA, RL3), der Amtsgruppen und Abteilungen im Heereswaffenamt (BA-MA, RH8), der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft (BAL, R125), der Industriebeteiligungsgesellschaft (BAL, R121) und des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion (BAL, R4603). Die Steuerungsmechanismen der Untertageverlagerung und die Struktur der Sonderstäbe, die zur Koordinierung der Untertageprojekte in letzter Minute zusammengestellt wurden, treten darin ans Licht. Zudem ließen sich in den für den Verfasser zugänglichen Betriebsarchiven der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, Bereich KSE (LMBV mbH), ehemals Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung von stillgelegten Bergwerksbetrieben mbH (GVV in Sondershausen), der IVG Immobilien AG (Bonn) und der Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH (VTG in Hamburg) weitere Informationen sammeln.

Um den Häftlingseinsatz auf den Untertagebaustellen sowie den Industriebetrieben der Region zu erfassen und die damit verbundene Herausbildung eines nahezu flächendeckenden Lagerkosmos nachzuzeichnen, wurde von den Beständen des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar zum Konzentrationslager Buchenwald (NS4) ausgegangen. Im Bundesarchiv Berlin fand sich im herausgelösten Bestand NS4, die Sammlung „Sonstige zentrale Dienststellen und Einrichtungen der SS“ (NS48); er liefert umfangreiches statistisches Zahlenmaterial für diese Nachforschungen. Auch der Bestand „Persönlicher Stab Reichsführer-SS“ (NS19) konnte in Berlin konsultiert werden. Die Dokumentationszentren der KZ-Gedenkstätten Mittelbau-Dora, Buchenwald, Langenstein-Zwieberge, Ravensbrück, Auschwitz und Neuengamme übermittelten weitere wichtige Quellen, so Transportlisten und zahlreiche Kopien aus ausländischen Archiven. Auf gezielte Nachfrage konnten auch Unterlagen des Archivs Yad Vashem, Jerusalem ausgewertet werden. Abschließend bestand im September 2011 die Möglichkeit, die umfangreichen Bestände des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen (ITS) persönlich zu sichten. Bereits in den Jahren zuvor hatte der ITS dem Autor zu Forschungszwecken zahlreiche Kopien, vorwiegend Transport- und Bestandslisten, zukommen lassen.7

Als besonders hilfreich erwiesen sich die bisher in Deutschland unbeachteten Bestände des Archivs „Service des Victimes de la Guerre“ (AVSG) in Brüssel, die der Verfasser 2008 einsehen konnte. Das heute vom belgischen Gesundheitsministerium (Ministère de la Santé Publique) getragene Archiv bewahrt einen Fundus von Prüfungsunterlagen für Haftentschädigungen auf, die der belgische Staat ehemaligen belgischen Zwangsarbeitern und anderen Opfern der deutschen Besatzung gewährte. Die Prüfung und Auszahlung erfolgte durch eine zu diesem Zweck eingerichtete Behörde (AVSG), die die erforderlichen Beweismittel zumeist von Amts wegen beschaffte. Der Belgische Nationale Suchdienst hatte mit seinen 1946 begonnenen Recherchen den Grundstein der Dokumentation gelegt.

Ab 1948 veranlasste diese Entschädigungsstelle in der gesamten britischen Besatzungszone die ‚Suche nach zweifelhaften, mutmaßlichen Gefängnissen und Lagern‘ („Enquête sur les prisons et les camps douteux“). Mit Unterstützung der deutschen Kommunalverwaltungen wurde ein standardisierter Fragebogen an die Unternehmen verschickt, die Ausländer beschäftigt hatten.8 Diese Fragebögen sind für das gesamte Gebiet der ehemaligen britischen Besatzungszone erhalten geblieben. Sie umfassen 42 Ordner, aufgelistet nach Regierungsbezirken, Stadt- und Landkreisen. Und auch die umfangreiche Korrespondenz zwischen belgischen Suchoffizieren und den deutschen Ämtern ist archiviert, ebenso wie die kaum übersehbare Zahl von Berichten, die die Betroffenen ihren Anträgen beifügten. Zudem liegen in dem Archiv Kopien von Zugangs-, Abgangs-, Stamm- oder Totenbüchern aller großen Konzentrationslager, nach Haftstätten geordnet und in mehreren hundert Ordnern chronologisch archiviert.9 Darunter befinden sich – scheinbar komplett – die Unterlagen für die Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora sowie ihrer Außenlager und -kommandos. In begrenzter Zeit in Brüssel oder später in Kopien ausgewertet sind sie in die vorliegende Arbeit eingegangen. Im selben Gebäude in Brüssel befindet sich das „Centre for historical research and documentation on war and contemporary society“ (ceges-soma), das u. a. das vom Service des Victimes de la Guerre zusammengetragene Bildmaterial verwertet.10

Über die konkreten Existenzbedingungen der Arbeitssklaven und Lagerinsassen sagen die bisher genannten Unterlagen meist wenig. Um denen auf die Spur zu kommen, durchforschte der Verfasser die in den Dokumentationszentren der KZ-Gedenkstätten gesammelten und für die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sowie die Gerichtsakten eingeholten Häftlingsberichte und Zeugenaussagen. Erste Anlaufstelle war die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg (ZSL), inzwischen Außenstelle des Bundesarchivs (BA Ludwigsburg). Unterlagen aus dem Dachauer Dora-Prozess von 1947 konnten im Archiv des Dokumentationszentrums Mittelbau-Dora eingesehen werden.11 Auszüge der Akten des britischen Bergen-Belsen Prozesses von 1945 wurden vom „Zentralnachweis zur Geschichte von Widerstand und Verfolgung 1933 – 1945 auf dem Gebiet des Landes Niedersachsen“ (ZNW) zur Verfügung gestellt. Das Geschichtsarchiv der Zeugen Jehovas (Selters) überließ Häftlingsberichte zum Dora-Außenkommando Neusollstedt. Eine Vielzahl weiterer Häftlingsberichte und Dokumente kamen aus dem Ausland, so von der Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ (Fundacji „Polsko-Niemieckie Pojednanie“) in Warschau, dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) in Wien, dem Dokumentationszentrum Ex-Dwangarbeiders in Winterswijk (Niederlanden) und der Stiftung Memorial in Moskau.

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23 aralık 2023
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1253 s. 272 illüstrasyon
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9783959660037
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