Kitabı oku: «Die Wiederaufnahme in Strafsachen», sayfa 5
(3) Andere Maßregelentscheidung
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Das Ziel einer wesentlich anderen Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung wird von der Schranke des § 363 Abs. 1 StPO (anderes Strafgesetz) nicht erfasst: Die angestrebte Maßregelentscheidung kann auf derselben gesetzlichen Grundlage beruhen.[166]
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Was unter Maßregeln der Besserung und Sicherung zu verstehen ist, ergibt sich abschließend aus der Aufzählung in § 61 StGB. Nicht erreichbar ist somit eine Änderung von Entscheidungen über sonstige Maßnahmen (Verfall, Einziehung, Unbrauchbarmachung; vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB).[167]
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Angreifbar ist die Maßregelentscheidung sowohl im Falle selbständiger Anordnung (bei Freispruch im Übrigen oder bei Verurteilung im Sicherungsverfahren gemäß §§ 413 ff. StPO) als auch im Fall der Verhängung neben einer Strafe.[168] Soll die beantragte Maßregelentscheidung eine Strafe ersetzen, so kann als zulässiges Antragsziel die mit der Maßregelanordnung ergehende Freisprechung benannt werden.[169]
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Eine wesentlich andere Maßregelentscheidung wird einmal erstrebt, wenn die Maßregel vollständig entfallen soll.[170]
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Ein mit dem Antrag verbundenes Risiko, anschließend mit Strafe belegt zu werden, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an den Fall, dass ein Straftäter durch Simulation einer Geisteskrankheit zwar seine Freisprechung erreicht, zugleich aber die Anordnung einer Unterbringung gemäß § 63 StGB bewirkt hat. Wird in dem auf eine Aufhebung der Maßregel abzielenden Wiederaufnahmeantrag die Simulation aufgedeckt,[171] so kann die Staatsanwaltschaft gemäß § 362 Nr. 4 StPO die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten mit dem Ziel der Bestrafung betreiben. Doch tangiert diese bloße Möglichkeit die Zulässigkeit des für sich zu würdigenden ursprünglichen Wiederaufnahmeantrags nicht.[172]
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Ferner kann das Ziel in einem Austausch der Maßregelart bestehen.[173] Da der Wiederaufnahmeantrag nach § 359 StPO auf die Wiederaufnahme „zugunsten“ des Verurteilten gerichtet ist, muss die angestrebte Maßregel der Art nach günstiger sein als die bisherige.[174] In Betracht kommt die Ersetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel durch eine Maßregel ohne Freiheitsentzug. Unter den freiheitsentziehenden Maßregeln belastet die Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) am stärksten. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) ist günstiger als die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB), weil das Gesetz dafür eine Höchstfrist (§ 67d Abs. 1 StGB) und eine kürzere Überprüfungsfrist (§ 67e Abs. 2 StGB) vorsieht.
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Schließlich kann der Antrag auch auf eine erhebliche Verkürzung der Dauer einer Maßregel abzielen.[175] Bestimmte Zahlenwerte lassen sich nicht angeben. Der Zeitraum, der entfallen soll, muss in Relation gesetzt werden zur angeordneten Gesamtdauer. Auch ist das Maß an Belastungen zu berücksichtigen, das die jeweilige Maßregel ihrer Art nach mit sich bringt.
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Abgrenzungsprobleme können sich ergeben gegenüber dem Verfahren zur nachträglichen Änderung von freiheitsentziehenden Maßregeln im Rahmen der Vollstreckung und des Vollzugs.[176] Das Gesetz sieht zahlreiche Formen einer Modifizierung der ursprünglichen Maßregelentscheidung einschließlich eines Verzichts auf den Vollzug vor (siehe z.B. § 67a StGB: Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel; § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB: Erklärung der Maßregel für erledigt; § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB: Erklärung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt; § 67d Abs. 6 Satz 1 StGB: Erklärung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt). Daneben hat die Rechtsprechung weitere Möglichkeiten geschaffen, die Maßregel für erledigt zu erklären,[177] etwa im Fall der Heilung,[178] bei Unverhältnismäßigkeit des weiteren Vollzuges[179] oder bei Undurchführbarkeit der Maßregel mangels geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten.[180] Mit derartigen Maßnahmen soll eine Anpassung der Entscheidung des erkennenden Gerichts an später eingetretene Veränderungen der Verhältnisse erreicht werden. Die Maßnahmen lassen sich herbeiführen durch Anträge und Rechtsbehelfe, die im Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht vorgesehen sind.[181] – Demgegenüber betrifft die im Wege der Wiederaufnahme angestrebte Änderung einer Maßregelentscheidung die Korrektur der Entscheidung des erkennenden Gerichts: Es muss geltend gemacht werden, dass entgegen der Annahme des Gerichts die Voraussetzungen für die Anordnung der Maßregel von vornherein nicht vorgelegen haben (z.B. keine Schuldunfähigkeit zum Tatzeitpunkt).
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Es widerspricht dieser Systematik des Strafverfahrensrechts, wenn die Rechtsprechung zulässt, dass von vornherein fehlerhafte Einschätzungen personenbezogener Maßregelvoraussetzungen durch das erkennende Gericht im Wege von Strafvollstreckungsentscheidungen korrigiert werden.[182] Rechtfertigen lässt sich dieses Vorgehen mit pragmatischen Überlegungen:[183] Wenn sich die bisherige Behandlung als fehlerhaft herausstellt, muss rasch gehandelt werden. Das Wiederaufnahmeverfahren ist dafür zu umständlich. Jedoch darf es nicht zu einer Alternativität der Verfahrenswege kommen. Da die Vollstreckungsentscheidung die ursprüngliche Entscheidung nicht beseitigt, muss diese auch noch im Wege der Wiederaufnahme angreifbar sein.[184]
bb) Speziell zulässiges Antragsziel in Fällen des § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO: Schuldspruchänderung
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Über die in § 359 Nr. 5 StPO normierten allgemein zulässigen Antragsziele hinaus kann die Wiederaufnahme in den Fällen des § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO auch mit dem Ziel einer bloßen Schuldspruchänderung erstrebt werden.[185] Denn § 363 Abs. 1 StPO schränkt die Zulässigkeit der Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten ausdrücklich nur für den Fall ein, dass eine Strafmilderung erstrebt wird; falls der Antrag lediglich die Berichtigung des Schuldspruchs bezweckt, ist die Vorschrift mithin schon ihrem Wortlaut nach nicht anwendbar.[186] Und die Beschränkung zulässiger Antragsziele, die sich daraus ergibt, dass § 359 Nr. 5 StPO die Wiederaufnahme nur insoweit eröffnet, als die Freisprechung des Angeklagten, eine mildere Bestrafung in Anwendung eines milderen Strafgesetzes oder eine wesentlich andere Maßregelentscheidung erstrebt wird, lässt sich auf die Wiederaufnahmegründe des § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO nicht übertragen. Insoweit kommt § 363 Abs. 1 StPO entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht[187] neben § 359 Nr. 5 StPO eigenständige Bedeutung zu.[188]
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Auch im Hinblick auf die Wiederaufnahme mit dem Ziel einer Schuldspruchänderung ergibt sich eine Beschränkung freilich aus dem Grundgedanken des Wiederaufnahmerechts, wonach eine Fehlentscheidung nur ausnahmsweise dann korrigiert werden soll, wenn ihre Aufrechterhaltung unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit unerträglich wäre.[189] Das ist nur dann der Fall, wenn die Unrichtigkeit des Schuldspruchs den Verurteilten schwer belastet.[190] Insoweit ist zwischen Fällen bloßer Schuldspruchänderung, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Rechtsfolgenausspruch unberührt bleibt, und solchen Fällen einer Schuldspruchänderung, die auch Auswirkungen auf den Rechtsfolgenausspruch haben können, zu unterscheiden.
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In Fällen bloßer Schuldspruchänderung ist die erforderliche schwere Belastung des Verurteilten gegeben, wenn seine Ehre durch die Unrichtigkeit des Schuldspruchs in besonders schwerem Maße beeinträchtigt wird.[191] So verhielt es sich etwa in dem der Entscheidung BGHSt 48, 153, zugrunde liegenden Fall, in dem der Antragsteller wegen Völkermordes in Tateinheit mit Mord in 30 Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden war und er sich mit seinem Wiederaufnahmeantrag allein gegen seine tateinheitliche Verurteilung wegen Mordes in 22 Fällen wandte, ohne dass die begehrte Schuldspruchkorrektur Auswirkungen auf die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe hätte haben können.
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An dem für Fälle bloßer Schuldspruchänderung erforderlichen ideellen Rehabilitierungsinteresse des Verurteilten fehlt es hingegen, falls er durch die Unrichtigkeit des Schuldspruchs nicht in besonderem Maße diskriminiert wird. So verhält es sich beispielsweise dann, wenn der Antragsteller, der wegen Diebstahls verurteilt wurde, lediglich eine Änderung des Schuldspruchs dahingehend erwirken will, statt wegen Diebstahls wegen Betruges verurteilt zu werden.[192]
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Ähnliches gilt für sonstige Fälle einer Schuldspruchänderung, also dann, wenn neben der begehrten Schuldspruchkorrektur auch eine mildere Rechtsfolgenentscheidung in Betracht kommt. In solchen Fällen wird der Verurteilte durch die Unrichtigkeit des Schuldspruchs nur dann schwer belastet, wenn sie sich derart auf den Rechtsfolgenausspruch ausgewirkt hat, dass dieser nach den allgemein geltenden Kriterien angegriffen werden kann. Insoweit verbleibt es mithin bei den allgemeinen Einschränkungen der Wiederaufnahme mit dem Ziel einer milderen Straf- oder Maßregelentscheidung.[193] Nach hier vertretener Auffassung ist demnach Voraussetzung, dass eine wesentliche Strafmilderung bzw. eine wesentlich mildere Maßregelentscheidung zu erwarten ist. Die Einschränkungen der Strafmaß- bzw. Maßregel-Wiederaufnahme kann der Antragsteller nicht durch die Erklärung umgehen, dass es ihm allein um eine Schuldspruchkorrektur gehe.[194] In der erneuten Hauptverhandlung ist nämlich unabhängig davon in jedem Fall eine neue Rechtsfolgenentscheidung zu treffen. Falls indes keine wesentliche Strafmilderung bzw. keine wesentlich mildere Maßregelentscheidung zu erwarten ist, kann die behauptete Unrichtigkeit des Schuldspruchs ohnehin nicht derart schwer wiegen, dass eine Aufrechterhaltung der Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit unerträglich erschiene.
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Die praktische Bedeutung der Wiederaufnahme zum Zwecke einer bloßen Schuldspruchberichtigung ist als gering einzuschätzen. Zum einen kommen die Wiederaufnahmegründe des § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO nur selten zur Anwendung, weil sie an wesentlich höhere Anforderungen anknüpfen als § 359 Nr. 5 StPO.[195] Zum anderen ist das Rehabilitierungsinteresse des Verurteilten nur ausnahmsweise auf eine bloße Schuldspruchänderung gerichtet. Regelmäßig kommt in Fällen einer Schuldspruch-Wiederaufnahme auch eine Änderung der Rechtsfolgenentscheidung in Betracht. Dann hat der Wiederaufnahmeantrag indes nur vordergründig eine Korrektur des Schuldspruchs zum Ziel, während der Sache nach ein anderer Rechtsfolgenausspruch, insbesondere eine Strafmilderung erstrebt wird.
b) Form und Frist
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Der Antrag muss durch eine vom Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden (§ 366 Abs. 2 StPO). Das gilt für einen Antrag zugunsten des Verurteilten, wenn er selbst oder im Falle seines Todes der Ehegatte ihn stellt, wenn Verwandte auf- oder absteigender Linie oder Geschwister des Verstorbenen die Wiederaufnahme beantragen (§ 361 Abs. 2 StPO) und wenn – über den Gesetzeswortlaut des § 366 Abs. 2 StPO hinausgehend – der Antrag vom gesetzlichen Vertreter oder vom Erziehungsberechtigten ausgeht.[196]
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Grundlage der Verteidigereigenschaft kann sein: Tätigkeit als Wahl- oder Pflichtverteidiger bei Erlass des angegriffenen Urteils (auch als nach § 138 Abs. 2 StPO zugelassener Verteidiger oder als Referendar nach § 139 StPO), nunmehr erteilte Vollmacht nach § 138 Abs. 1 StPO oder Bestellung nach §§ 364a, b StPO für das Wiederaufnahmeverfahren. Die Ausschließung eines Verteidigers (§§ 138a ff. StPO) erstreckt sich auch auf das Wiederaufnahmeverfahren.[197] Gleiches gilt für die Zurückweisung eines Verteidigers nach § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO (Beschränkung der Zahl der Wahlverteidiger) und § 146 StPO (Verbot der gemeinschaftlichen Verteidigung).[198] Mit der Erwähnung des Rechtsanwalts neben dem Verteidiger in § 366 Abs. 2 StPO wird der Fall einer speziellen Bevollmächtigung nur für den Antrag erfasst. Zulässig ist, dass der Verurteilte selbst unterzeichnet, wenn er Rechtsanwalt ist.[199]
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Die geforderte Schriftform ist auch bei Verweisungen auf andere Schriftstücke und Bezugnahmen auf Anlagen gewahrt. Ein Zulässigkeitsproblem stellt sich hier im Hinblick auf das Erfordernis des schlüssigen Sachvortrags.[200]
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Dem Erfordernis der Unterzeichnung genügt nur die eigenhändige Unterschrift. Zulässige Vertretung in der Form der Untervollmacht oder der amtlichen Bestellung muss in der Antragsschrift ausgewiesen sein.[201] Die bloße Unterschrift ist allerdings noch keine Unterzeichnung. Der Unterzeichner muss zweifelsfrei die Verantwortung für den Inhalt der Schrift übernehmen.[202] Zweifel bestehen etwa dann, wenn ein Verteidiger eine vom Verurteilten gefertigte, laienhafte Antragsschrift schlicht unterschreibt oder mit einschränkenden Kommentaren versieht. Ein Fall fehlender Unterzeichnung ist auch gegeben, wenn der Verteidiger sich in seiner Antragsschrift vom Wiederaufnahmebegehren distanziert. Verlangt wird schließlich, dass sich die Beteiligung des Verteidigers oder Rechtsanwalts in gestaltender Mitwirkung äußert, weil die Funktion des Formerfordernisses darin bestehe, dem Gericht die Prüfung ganz grundloser und unverständlicher Anträge zu ersparen.[203] Daher soll es nicht ausreichen, wenn der Verteidiger lediglich zu Beginn und am Ende der umfangreichen Antragsschrift des Verurteilten einen ganz geringen Teil verfasst, ohne konkrete Ausführungen zu Wiederaufnahmegründen zu machen.[204]
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Eine Prüfung bloßer Äußerlichkeiten wäre jedoch bedenklich. Verfügt der Verurteilte erkennbar über eigene juristische Kompetenz, so bedarf es keiner durchgängigen Gestaltung des Antrags durch den Verteidiger. Auch kann sich in selbstgefertigten Teilen der Antragsschrift eine sonstige spezielle Sachkunde des Verurteilten niederschlagen; dann sollte vom Verteidiger nicht verlangt werden, diese Teile neu zu formulieren.
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Die Erklärung zu Protokoll kann bei der Geschäftsstelle des zuständigen Wiederaufnahmegerichts (§ 140a GVG),[205] aber auch gemäß § 367 Abs. 1 StPO bei der Geschäftsstelle des Gerichts erfolgen, dessen Urteil angefochten wird. Schließlich kann der nicht auf freiem Fuß befindliche Verurteilte den Antrag bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts seines Verwahrungsortes anbringen (§§ 365, 299 Abs. 1 StPO). Für die Aufnahme des Antrags ist ausschließlich der Rechtspfleger zuständig (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 RPflG).
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Die Art der Protokollierung ergibt sich aus der Aufgabe des Urkundsbeamten: Er soll die Sachdienlichkeit des Antrags sicherstellen, ohne die Zulässigkeitsprüfung des Gerichts vorwegzunehmen.[206] Die schlichte Entgegennahme vorgefertigter Erklärungen wird dem in der Regel nicht gerecht.[207] Vielmehr muss der Urkundsbeamte den Antragsteller beraten und die Erklärung selbst formulieren, es sei denn, dass der Antragsteller Jurist oder juristisch beraten gewesen ist.[208] Zu einer Verweigerung seiner Mitwirkung ist er nicht befugt. Er muss den wesentlichen Inhalt des Vorbringens auch dann zu Protokoll nehmen, wenn er ihn für unzulässig hält.[209]
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Eine Antragsfrist besteht nicht. Sie ergibt sich auch nicht mittelbar aus einer etwaigen Verfolgungsverjährung. Das Rehabilitationsinteresse des Verurteilten geht vor.[210]
c) Vorbringen eines Wiederaufnahmegrundes
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Aus den §§ 366 Abs. 1, 368 Abs. 1 StPO ergibt sich, dass die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrags über die Einhaltung von formellen Anforderungen hinaus einen bestimmten Sachvortrag voraussetzt. In dem Antrag müssen ein gesetzlicher Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht und ein geeignetes Beweismittel angeführt werden.
aa) Allgemeine Anforderungen
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Welcher Sachvortrag im Einzelnen erforderlich ist, um den Wiederaufnahmeantrag ordnungsgemäß zu begründen, hängt von dem Wiederaufnahmegrund ab, auf den der Antragsteller sich beruft. Gleichwohl lassen sich einige allgemeine Anforderungen festhalten.
(1) Geltendmachen eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes
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Die Geltendmachung eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes setzt voraus, dass ein gesetzlicher Wiederaufnahmegrund angegeben und durch schlüssigen Vortrag belegt wird.
(a) Angabe eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes
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Nur gesetzliche Wiederaufnahmegründe können einen Wiederaufnahmeantrag rechtfertigen. Die gesetzliche Regelung von Wiederaufnahmegründen ist abschließend.[211] Wiederaufnahmegründe, die sich zugunsten des Verurteilten auswirken können, finden sich in § 359 StPO[212], in § 79 BVerfGG[213] und in § 18 des Zuständigkeitsergänzungsgesetzes vom 7. August 1952 (BGBl. I, 407 ff.).[214]
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Zur Klarstellung sollte der gesetzliche Wiederaufnahmegrund, auf den der Antragsteller sich berufen will[215], im Wiederaufnahmeantrag ausdrücklich genannt werden. Wie bei der Angabe des Antragszieles[216] reicht es allerdings aus, wenn er sich aus der Antragsbegründung ohne Zweifel entnehmen lässt.
(b) Schlüssiger Sachvortrag
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Der Wiederaufnahmegrund muss nicht nur bezeichnet, sondern außerdem durch schlüssigen Sachvortrag belegt werden. Das ist der Fall, wenn die vom Antragsteller behaupteten Tatsachen – ihre Richtigkeit unterstellt – einen Wiederaufnahmegrund ergeben. Ein unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für einen Wiederaufnahmegrund erheblicher Tatsachenvortrag kann die Zulassung des Wiederaufnahmeantrages nicht rechtfertigen.[217] Ob die behaupteten Tatsachen wirklich vorliegen, wird erst im Probationsverfahren geprüft. Soweit der Antragsteller seinen Wiederaufnahmeantrag auf das Vorliegen neuer entlastender Beweismittel stützt, § 359 Nr. 5 Alt. 2 StPO, wird im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung unterstellt, dass die benannten Beweismittel den ihnen zugedachten Erfolg haben werden. Heftig umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob darüber hinaus die Beweiskraft der Beweismittel vorweg gewürdigt werden darf. Diese Frage wird bei der Erörterung des § 359 Nr. 5 StPO behandelt.[218]
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Bei der Antragsbegründung ist zu beachten, dass die schlüssige Sachdarstellung nach ganz überwiegender Ansicht ähnlich wie bei der Begründung eines Klageerzwingungsantrags (§ 172 Abs. 3 Satz 1 StPO) oder einer Verfahrensrüge in der Revisionsrechtfertigung (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) aus sich heraus verständlich sein muss[219] und dass Bezugnahmen oder Verweisungen auf andere Schriftstücke oder auf Anlagen dementsprechend unbeachtlich sein sollen.[220] Allerdings soll die prozessuale Fürsorgepflicht dem Wiederaufnahmegericht gebieten, dem Antragsteller bei einfachen und leicht heilbaren Mängeln seines Antrags Gelegenheit zu geben, den Antrag zu ergänzen.[221]
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Der völlige Ausschluss von Bezugnahmen und Verweisungen ist im Gesetz nicht vorgesehen und auch nicht sachgerecht.[222] Der Wiederaufnahmeantrag wird in der Praxis stets zusammen mit der Verfahrensakte vorgelegt, die das angegriffene Urteil enthält. Soweit die in Bezug genommenen Schriftstücke sich darin befinden und ohne weiteres auffindbar sind, ist es überflüssiger Formalismus, wenn der Antragsteller ihren Inhalt nochmals vollständig im Antrag anführen muss. Gleiches gilt für die Bezugnahme auf Anlagen. Die Zulässigkeit von Bezugnahmen und Verweisungen wird auch von prozessökonomischen Gesichtspunkten getragen: Der wegen unvollständigen Vortrags als unzulässig verworfene Wiederaufnahmeantrag kann mit entsprechenden Erweiterungen erneut gestellt werden.[223]