Kitabı oku: «Seewölfe Paket 35», sayfa 18

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„Du hast recht“, erwiderte Hasard in Hindi. „Weißt du etwa auch, wo wir die anderen Kisten versteckt haben?“

Der Ceylonese nickte schweigend und grinste. Sie tappten die letzten Stufen hinunter, und auf einem kürzeren Weg als der, den sie zum Dorf zurückgelegt hatten, führte sie der Diener bis zum Palmenwald und an den Strand. Die Flut war gestiegen, und sie brauchten einige Minuten, um den richtigen Baum wiederzufinden.

„Ich hab’ immer geglaubt, wir seien besonders klug“, sagte Hasard und fing zu graben an.

„Aber so klug sind wir nun auch wieder nicht“, gab sein Bruder zu. Er schaufelte Sand nach der anderen Seite.

„Sunder hat uns die ganze Zeit über beobachtet“, sagte Clint. „Und wir haben nichts gemerkt. Stellt euch vor, er wäre einer von den anderen gewesen, von den Räubern.“

„Ich schäme mich in den Boden hinein“, brummte Hasard, all seine Fingerspitzen den Deckel der ersten Kiste berührten.

Sie gruben weiter, hoben die Kisten aus dem Loch und belegten die Leinen, nachdem sie Augen eingeknotet und ein loses Ende wieder aufgeschossen hatten.

„Ich warte“, sagte Sunder und deutete nach Süden. Vor den niedrigen Wellen, im Licht von Mond und Sternen, zeichneten sich schwach der Bug der Schebecke und das Ende des Steges ab.

„Wenn wir erwischt werden“, sagte Hasard drängend und zeigte auf die fünf Kisten, „dann bringst du das Gold in Sicherheit, ja?“

Er mußte seine Bitte noch einmal, langsamer und in einfacheren Worten, wiederholen. Dann nickte Sunder und packte mit an. Sie schleppten die Kisten oberhalb des niedrigen Walles aus Schwemmgut und zwischen flüchtenden Krabben hindurch bis an eine Stelle, an der sie ins Wasser waten konnten.

„Ihr nehmt eine Kiste und schwimmt los“, ordnete Hasard an. „Ich bleibe hier und komme nach. Hoffentlich haben sie die Leiter über die Bordwand gehängt.“

„Aye, aye, Sir“, erwiderte Clint.

Dreißig Schritte weiter vorn würden sie vom Steg aus gesehen werden können. Clint und Philip griffen in die Augen der Verschnürung und gingen nebeneinander zur niedrigen Brandung, wateten im sandigen Schlick weiter und drehten sich erst um, als sie bis zu den Schultern im Wasser standen, vom Gewicht des Metalls halb eingetaucht.

Dann schwammen sie los und bemühten sich, kein lautes Geräusch zu verursachen.

Hasard wandte sich an Sunder.

„Wir haben noch vier Kisten“, sagte er betont. „Noch viermal hin- und herschwimmen.“

„Lohnt sich. Viel Gold. Lohnt viel Arbeit.“ Der Ceylonese grinste breit.

Hasard legte ihm den Arm um die Schultern und sagte: „Wir feiern ein Fest. Viel Reiswein und Rum. Ihr seid alle eingeladen – wenn wir klargekommen sind.“

Sunder grinste noch breiter und antwortete undeutlich: „Aye, aye, Sir!“

Jetzt tauchten die Köpfe der beiden Seewölfe unter. Hasard tröstete sich selbst: wenn er im Dunkel seinen Bruder und den Moses nicht mehr sah, dann bemerkten auch die Wachen niemanden.

7.

Es schien, daß an Bord der Schebecke bis auf die wenigen Wachen völlige Ruhe herrschte. Sämtliche Crewmitglieder befanden sich unter Deck in ihren Kojen, der Chor der Schnarchenden schien das zu beweisen. Die Wachen gingen langsam zwischen Back und Grätingsdeck hin und her. Mac O’Higgins enterte verschlagen den Niedergang auf und hielt eine Pütz an Steuerbord zu Wasser.

Der Seewolf, Don Juan und Batuti waren aufgestanden und stellten sich, ihre Becher in den Händen, vor dem Luk auf. Hinter ihnen schlüpften Bill und Blacky auf das schlecht beleuchtete Deck, über dem die großen Schatten lagen. Sie huschten zur Steuerbordseite hinüber und kletterten über das Schanzkleid.

Fast lautlos verschwanden sie im stinkenden Gewirr der Pfähle unter den Bohlen. Al Conroy kroch als nächster auf die Decksplanken. Ihm wurden unterarmlange Gegenstände hinterhergereicht, von jedem hingen Enden dünnen Kabelgarns herunter.

„Habt ihr die Waffen bereit, Ben?“ fragte Hasard unruhig. „Und wer geht an die Belegleinen?“

Der Erste winkte ab. Er hatte mit verschiedenen Gruppen der Crew jede Einzelheit immer wieder durchgesprochen.

„Keine Sorge, Sir“, erwiderte Ben. „Carberry und Tucker werden gleich ihre Köpfe herausstrecken.“

Im Schutz der drei Seewölfe krochen der Profos und der Schiffszimmermann auf die nachtfeuchten Planken. Sie robbten zwischen den Culverinen zur Bordwand und lagen einige Atemzüge später bewegungslos an der Klampe neben der Klüse, durch die sich das Tau spannte.

Higgy schleppte seine halbvolle Pütz über Deck und hinterließ eine lange Tropfenspur. Vor Hasard angelangt, flüsterte er: „Die Jungens sind da. Sie haben schwere Kisten dabei. Wir müssen ihnen helfen, Sir.“

„Klar“, stieß Hasard erleichtert hervor. „Batuti, Juan! Verholt auf die Back. Leise. Langsam!“

„Aye, aye, Sir.“

Sie warteten ungeduldig, weil Bob Grey und Luke Morgan aus dem Luk krochen und ebenfalls mit seltsam aussehenden Bündeln aus faustdicken Teilen im Schatten verschwanden. Dann schoben sie sich in Richtung der Back. Higgy stolperte, ließ die Pütz fallen und fluchte leise. Er bewegte sich wieder bugwärts und ließ die Pütz achtlos ins aufklatschende Wasser fallen.

Clint tauchte auf und kletterte triefend naß die Sprossen der Jakobsleiter hinauf. Er flüsterte Batuti zu: „Hier! Nimm das Ende.“

Der Gambiamann packte die Leine, zog daran und fragte: „Was soll das?“

„Im Wasser ist eine Kiste. Wir haben fünf Goldkisten erbeutet. Schnell, hiev die Kiste auf.“

„Und du?“ fragte Batuti.

„Muß zurück. Das andere Zeug holen.“

„Gut.“

Clint verschwand wieder. Neben ihm winkte einer der Zwillinge. Batuti vermied es, sich schnell und auffällig zu bewegen. Direkt neben Higgy, der seine Pütz wieder aufholte, zog der Gambiamann die schwere Kiste aus dem Wasser, hievte sie über das Schanzkleid und stellte sie in den Winkel zwischen Decksplanken und Schanzkleid.

Er flüsterte: „Das sind Teufelskerle, diese Burschen. Fünf Goldkisten! Das wird ihren Dad nicht ärgern.“

Unter dem Steg knarrte es verdächtig. Batuti und Higgy zuckten zusammen. Der Ire schob sich von der Back hinunter auf die Kuhl und tat so, als ginge er irgendwelchen Tätigkeiten nach. Aus der Gruppe der bewaffneten Portugiesen löste sich ein Mann und ging mit schleppenden Schritten einmal über den ganzen Steg. Er beobachtete die wenigen Vorgänge an Deck der Schebecke, murmelte etwas Unverständliches und entfernte sich wieder. Das Flämmchen der Buglaterne flackerte mehrmals, dann verschmorte der Docht in einer dünnen Rauchwolke.

Philip juniors Stimme zischte: „Hier! Die nächste Kiste!“

Wieder bückte sich Batuti ganz langsam, wickelte das Ende um sein Handgelenk und sah die Köpfe und die Schultern der drei Jüngsten zwischen Steg, Ufer und Bordwand. Die Jungen tauchten unter dem Vorsteven weg und schwammen, nicht lauter als die Wellen, wieder in die Dunkelheit davon.

Der Gambiamann hievte die nächste Kiste, die schwerer als die erste war, bis in die Höhe der Schanzkleidoberkante, dann schaute er sich wachsam um. Schließlich mannte er die triefende Kiste an Deck.

Carberry fragte: „Brauchst du Hilfe, Batuti?“

„Geht schon. Gib langsam Lose auf die Trosse.“

„Schon klar.“

Hasard und Clint brachten die dritte Kiste. Hasard enterte an der Jakobsleiter auf und flüsterte stoßweise: „Bin völlig fertig. Hilf mir weiter hoch, Batuti!“

Er zog sich langsam eine Sprosse höher, hängte seine Arme über das nasse Holz und atmete keuchend.

„Wir schlagen gleich los“, wisperte Batuti.

Carberry stand lautlos auf und packte Hasards andere Schulter. Mit einem kurzen Ruck zogen sie ihn über die Kante, dann duckten sich der Profos und Hasard in den Schatten. Der junge Seewolf streckte sich lang aus und versuchte, ruhiger zu atmen.

„Wir haben auf euch gewartet. Was habt ihr angestellt?“ fragte der Profos besorgt.

Hasard winkte erschöpft ab. „Später, Ed. Laßt euch Zeit. Wir haben Freunde in Mannar.“

„Sehr gut“, erwiderte der Profos und ließ sich wieder zurücksinken.

Als Clint und Philip das nächstemal mit einem Stück der Beute heranschwammen, stand Hasard auf und wankte zur nächsten Luke. Der Kutscher und Mac Pellew hatten schon auf ihn gewartet. Sie drückten ihm eine Muck heißen Tee in die klammen Finger.

Während er gierig trank, zogen sie ihm das nasse Zeug aus und wickelten ihn in trockene Tücher. Sie warteten geduldig, bis er wieder reden konnte und ihnen kurz berichtete, was er und die beiden anderen erlebt hatten.

„Verhol dich in die Koje“, empfahl der Kutscher. „Es dauert noch einige Zeit, bis es losgeht.“

„Danke, Kutscher“, entgegnete Hasard junior. Fünf Minuten später lag er unter trockenen Decken in der Koje und spürte durch seine Müdigkeit, wie sich der Körper wieder erwärmte und erholte.

Blacky und Bill folgten über die Jakobsleiter, als Philip junior und Clinton endlich an Deck und die letzte Beutekiste auf der Back verstaut waren. Über das Schanzkleid hingen drei dünne Leinen. An Deck und unter Deck herrschte wieder tiefe Ruhe. Die Gestalten, die durch die Dunkelheit schlichen, waren nicht mal vom Grätingsdeck aus richtig zu erkennen.

Der Seewolf hatte seinen Platz verlassen, sprach mit Philip junior und ließ sich die Lage an Land schildern.

„Wenn wir es geschickt anstellen“, sagte er nachdenklich, „dann merken sie es um ein paar Sekunden zu spät.“

Blacky hob die Hand und erklärte grinsend: „Ich hoffe, es ist nichts feucht geworden. Aber die Überraschungen sind genau dort angebändselt und verzurrt, wo wir es haben wollten. Das wird ein übles Aufwachen für die Bastarde geben.“

Die langen Riemen waren an Deck, insgesamt vier Stück. Vielleicht hatten die Spanier und Portugiesen gesehen, wie die Seewölfe die Riemen an Deck gebracht hatten. Aber sie schienen die Gefahr nicht erkannt zu haben. Wahrscheinlich verließen sie sich auf ihre Schiffsgeschütze und darauf, daß die Seewölfe ohne jede Hoffnung waren.

„Ihr habt nicht genau erkennen können, was es mit dem Niederländer auf sich hat?“ fragte der Kapitän.

„Nein. Ihr habt den Rauch gesehen?“ fragte Philip zurück. Ben Brighton nickte und breitete die Arme aus.

„Aber wir dachten, die Signale stammten von den Eingeborenen. Wir hatten keine Ahnung, was sie bedeuten.“

„Jetzt wissen wir’s“, antwortete der Seewolf.

Die Seewölfe unter Deck hatten ihre Pistolen durchgesehen und mit Al Conroys Hilfe sorgfältig geladen. Seit Anbruch der Dunkelheit war genügend Zeit für jede Vorbereitung gewesen. Jeder wartete mit Unruhe oder in kühler Anspannung auf Hasards entscheidenden Befehl.

Die Inder in den Booten bereiteten den Seewölfen die geringsten Sorgen. Sie würden von den Ereignissen – hoffentlich – ebenso überrascht werden wie die Musketenträger. Die Tatsache, daß sich die Seewölfe in ihr Schicksal ergeben und nicht mal einen Fluchtversuch in der Dunkelheit unternommen hatten, schien die Wächter nicht zu überraschen, sondern im Gegenteil ihre Wachsamkeit einzuschläfern.

Philip Hasard Killigrew wandte sich an die Seewölfe, die ihn in der Enge umstanden.

„Solange wir nicht in sicherer Entfernung sind“, sagte er in ruhigem Befehlston, „will ich niemanden an Deck sehen. Die anderen haben Musketen. Und sie werden feuern, auf jeden, der sich bewegt. Klar?“

„Aye, aye, Sir.“

„Ihr habt alles bereit? Wer zündet die Lunten?“ fragte Hasard leise. Al Conroy deutete auf die eigene Brust und sagte: „Natürlich ich. Wer hat denn die ‚Überraschung‘ erfunden?“

„In einer Viertelstunde, Arwenacks“, ordnete der Seewolf an. „Wir legen lautlos ab und gehen so weit hinaus wie möglich. Ihr kennt das Fahrwasser, also dürfen wir uns nur in gerader Linie aus diesem Hafen verholen. Stellt euch vor, wir geraten da draußen auf Legerwall, und unsere Freunde feuern aus ihren Culverinen.“

„Das passiert nicht“, versprach Ben Brighton. „Wir haben ein paar gute Peilpunkte.“

Al Conroy gab dem Seewolf den feuerbereiten Drehling. Hasard schob die Waffe hinter den Gurt.

„Danke. Und jetzt: jeder, der etwas zu tun hat, langsam an Deck. Zehn Minuten. Al? Du übernimmst die Vorführung mit der Funzel, klar?“

„Aye, Sir.“

Al griff sich eine Funzel, schob sich zum Niedergang und enterte auf. Er stieg achtern aus dem Luk, gähnte, holte tief Luft und schaute sich um, als wäre er eben aufgewacht. Dann ging er schlaftrunken zum Schanzkleid, stierte zu den Dons hinüber und bückte sich. Er packte die Enden der Leinen, die natürlich kein Tauwerk darstellten, sondern dicke Lunten. Fast gleichzeitig brannten drei Lunten mit winzigen Flämmchen.

Der Stückmeister winkte zum Heck. Ferris Tucker schnalzte mit der Zunge und löste langsam die Knoten an der mächtigen Klampe.

Al Conroy schlurfte etwas schneller in Richtung zur Back. Das Flämmchen der Tranfunzel flackerte vor seinem Gesicht. Hinter ihm, im Schatten des Achterdecks, schlichen Jeff Bowie, Roger Brighton, Sam Roskill und Jack Finnegan an Deck und verteilten sich.

Leise zischend brannten die Lunten. Al Conroy erreichte die Back und griff nach der Buglaterne.

„Leinen los, Ed“, flüsterte er.

Der Profos grunzte einen Fluch und löste die Knoten. Das Heck der Schebecke bewegte sich bereits langsam und lautlos vom Steg und driftete nach Backbord.

Der Stückmeister löschte das Flämmchen und ging zum Niedergang. Gerade die ruhige Selbstverständlichkeit, mit der sich die wenigen sichtbaren Seewölfe bewegten, trug dazu bei, daß sich die Wachen auf dem Steg sicher fühlten.

Die vier Arwenacks an Backbord und Steuerbord hatten die Riemen losgebändselt und warteten, im dunklen Schatten der Winkel versteckt, auf die nächsten Schritte des Befreiungsschlages.

Nichts passierte. Das Warten war schlimmer als das, was folgen würde. Handbreite um Handbreite zog eine kaum wahrnehmbare Strömung die Schebecke vom Steg seitlich zur Buchtmitte. Das Heck war eine Kleinigkeit weiter entfernt als der Bug. Beide Belegleinen hingen ins Wasser.

Al Conroy, der wieder unter Deck war, packte die erste Drehbasse und legte sie zurecht.

Dan O’Flynn wartete ebenso unruhig. Auch er hielt eine feuerbereite Drehbasse auf den Knien und wußte genau, zu welchem Zeitpunkt er sie abfeuern durfte. Vielleicht, sagte er sich, verlagerte sich die wirkliche Auseinandersetzung bis zum Morgengrauen. Hasard hatte einen Plan gefaßt, der erhebliche Unsicherheiten in sich trug. Aber mit ein wenig Glück war es zu schaffen. Glück hatten auch die drei jungen Teufelskerle gehabt – fünf Kisten!

Dan zuckte zusammen, als er die erste Explosion hörte.

Al Conroy grinste ihn fast glücklich an. Er grinste zurück und fragte sich, wie die Spanier und Portugiesen reagieren würden.

8.

Der erste Brandsatz unter dem Steg detonierte mit einem vergleichsweise weniger lauten Krachen. Flammen und Funken flogen nach allen Seiten. Unmittelbar nach dem Donner breitete sich durch die Ritzen des Steges dichter, schwarzer Rauch aus. Dann folgte die zweite Detonation.

Sie war lauter als der Abschuß einer Culverine. Eine Stichflamme schoß durch den Rauch. Bohlen, Planken und Bretter, Bambussplitter und Sand wirbelten in alle Richtungen. Der Luftdruck fegte ein halbes Dutzend der Posten von den Füßen.

Noch mehr Rauch entwickelte sich. An einigen Stellen brannte der Steg. Mit dem dritten „Überraschungsgeschenk“, aus Brandsätzen und Pulver zusammengestellt, sackte ein Teil des Steges in sich zusammen, nachdem die Trümmer mit furchtbarer Gewalt in einer Fontäne in die Höhe gerissen worden waren und jetzt auf die brüllenden Wachen niederprasselten. Über die gesamte Länge der Steganlage zog sich eine Rauchwand, in der die knisternden Flammen wilde Lichterscheinungen hervorriefen.

Dan O’Flynn und Al Conroy enterten nacheinander den Niedergang auf und stürmten aufs Achterdeck. Die Drehbassen klirrten, die Drehzapfen krachten in die Führungslöcher.

„Hast du einen Luntenstab?“ brüllte Dan durch den Lärm.

An Backbord und Steuerbord hantierten die vier Seewölfe mit den langen Riemen. Sie stakten die Schebecke mit dem Bug seewärts, auf eine der verborgenen Fahrrinnen zu.

„Ja, warte!“ schrie der Stückmeister zurück.

Drei Seewölfe erschienen an Deck und schwenkten Krüge, die mit warmem Öl gefüllt und einer Zündladung versehen waren. Zischend und funkensprühend loderten die Lunten.

„Los! Werft endlich!“ rief Jack Finnegan und stemmte sich gegen den Schaft des Riemens. An drei Stellen loderten Flammen hoch und krochen über den Boden.

Die Schebecke driftete nach Backbord und schob sich, etwas Geschwindigkeit aufnehmend, geradeaus. Dan und Al packten die Schwenkgriffe der kleinen Geschütze.

Die Reste des Steges brannten. Träge schob sich die brodelnde Rauchwolke auf die sandige Fläche und die Straße zu. Hustend, fluchend und schreiend stolperten die Spanier und Portugiesen von dem Brand weg, schleppten ihre Kameraden mit sich, und einige von ihnen schossen sogar blind in den Rauch. Die Geschosse zirpten über die Köpfe der Crew hinweg.

Pete Ballie stand bereits an der Pinne und versuchte, den langen Rumpf zu steuern.

Al Conroy zündete seine Drehbasse. Die Stichflamme fuhr aus der Mündung, die Ladung peitschte durch den Rauch. Steinsplitter, Sand und ein paar Handvoll gemahlene Pfefferkörner trafen die schattenhaft sichtbaren Gestalten hinter dem Rauch.

Ein höllisches Geschrei war die Antwort. Die Kerle hatten ihre Waffen weggeworfen und rannten davon. Ein paar hielten sich die Hinterteile oder die blutenden Schultern. Edwin Carberry, der Jack Finnegan beim Staken und Pullen half, stieß ein dröhnendes Gelächter aus.

„Das haben sie davon, die spanischportugiesischen Affenärsche!“ röhrte er und stemmte sich gegen den Griff. „Aber wahrscheinlich haben uns ihre verpennten Kameraden im Visier.“

„Jetzt, mitten in der Nacht?“ erwiderte Jack keuchend.

Acht Seewölfe an vier Riemen brachten die Schebecke in Fahrt. Pete Ballie stellte das Ruderblatt gerade und drehte sich immer wieder um. Noch schob sich die Schebecke aus der Bucht und in gerader Linie auf einen blinkenden Stern zwei Handbreiten über der Kimm zu.

Der Seewolf stand auf dem Grätingsdeck, lehnte sich gegen die Heckbalustrade und versuchte, Dunkelheit, Rauch und Flammenvorhang zu durchdringen. Seine Augen tränten von dem stechenden Rauch, der sich über das Wasser gelegt hatte. An Backbord hatten sich die Boote losgerissen. Die Inder, die völlig überrascht waren und nicht wußten, ob der Blitz eingeschlagen hatte oder die Götter sich zur Bestrafung anschickten, schrien und jammerten zwanzig Yards achterlich des Hecks.

„Gut so! Weiter! Wir schaffen es!“ schrie Hasard, so laut er konnte.

Von den Portugiesen und Spaniern drohte in diesen Minuten keine Gefahr mehr. Sie waren in wilder Flucht begriffen. Die Flammen hatten auf ein paar dürre Büsche und Sträucher übergegriffen. Die Zweige brannten lichterloh, die Hitze wirbelte Teile der Rauchwolken spiralig in die Höhe.

Dan hatte von Al Conroy die Lunte entgegengenommen und stand wachsam hinter der Drehbasse.

Er begann einzusehen, daß es ziemlich sinnlos war, den Schuß auszulösen und Pulver und Ladung zu verschwenden. Er sah keinen Gegner. Zwischen den Flammen an Land und der Schebecke gab es breite, zuckendspiegelnde Flächen auf den niedrigen Wellen.

Dort strampelten einige Inder, die im ersten Schrecken aus ihren Booten gesprungen waren. Sie schwammen auf den Feuerschein zu.

Hasard sagte laut: „Falls wir wieder zurückkommen, geben wir den Leuten von Mannar etwas Silber aus dem Ischwar-Schatz. Damit können sie ihren verdammten Steg wieder aufbauen.“

Sein Vorschlag war sarkastisch gemeint. Wer seine Worte verstand, lachte oder grinste. Noch immer glitt die Schebecke ruhig durchs Wasser. Der höchste Stand der Flut war vorbei. Ein schwacher Sog war spürbar und unterstützte die schweißtreibende Arbeit des Pullens.

Ben Brighton stand plötzlich neben dem Seewolf und sagte: „Sinnlos, Sir, die Segel zu setzen. Der Wind ist weniger als mager.“

„Schon klar. Wir müssen nur weit genug recht voraus. Wenn die Karavelle und die Galeone ankerauf gehen, haben wir beide auf dem Hals.“

„Richtig. Aber das dauert noch eine Weile.“

Noch dauerte es mehr als zweieinhalb Stunden bis zum ersten Licht der Morgendämmerung. Ruhig hoben und senkten sich Bug und Heck der Schebecke in der auslaufenden Dünung. Der Nachthimmel war völlig klar geworden. Das bleiche Mondlicht spiegelte sich in breiten Halbkreisen auf dem Wasser. Die Boote der Inder blieben zurück, nur das Geschrei der überrumpelten Wachen, die Flüche der Eingeborenen und das leise Plätschern der Wellen an den Planken unterbrachen die Stille.

Die Schebecke schob sich nach wie vor auf geradem Kurs durch die Dunkelheit. Die Buglaterne brannte noch immer nicht.

Fast alle Arwenacks befanden sich jetzt an Deck, teilweise bis an die Zähne bewaffnet. Noch drei Paar Riemen waren an Deck gebracht worden, und bald pullten jeweils fünf Seewölfe, an Backbord und Steuerbord. Es befand sich genügend Wasser unter dem Kiel, so daß nicht mehr gestakt zu werden brauchte.

„Das sieht nicht schlecht aus“, gab der Seewolf nach einiger Zeit zu. Er hob den Kieker ans Auge und versuchte zu erkennen, was die Kapitäne der Karavelle und der Galeone zu unternehmen gedachten.

An Deck der beiden Schiffe herrschte jetzt eine gewaltige Wuhling. Nur nach undeutlich und schwach waren Schreie und Befehle zu hören. Die Reste des brennenden Stegs fielen in einem Schauer von Funken zusammen, und Dampf brodelte hoch, als glosende Balken ins Wasser kippten.

„Und dieser niederländische Pfeffersack liegt auf seinem fetten Hintern und träumt von Genever und Windmühlen“, knurrte Ben Brighton und winkte Ferris Tucker und Higgy zu, die damit angefangen hatten, die Goldkisten unter Deck zu mannen.

„Warum sollte er uns helfen? Er hat von unserer schwierigen Lage noch weniger Ahnung als Ischwar Singh“, erwiderte Hasard mürrisch. „Die Kerle wollen ankerauf gehen, wenn ich recht sehe.“

„Sollen sie“, sagte der Erste in keineswegs fröhlicherem Tonfall. „Wir haben schon ganz andere Stückmeister erlebt, von denen die Luft durchlöchert wurde.“

Wider Willen mußte Hasard grinsen, die Dunkelheit verbarg seinen Gesichtsausdruck.

Der ablandige Wind sprang ständig um, und er wurde auch zwei Kabellängen weiter auf offener See, über den Sänden und Schlickbänken südlich der Barriere, nicht kräftiger. Die wenigen Lichter von Mannar und den Schiffen vermischten sich mit den Spiegelungen auf den Wellen und wurden unbedeutend. Die Rauchwolke, der Dampf und die wenigen Flammen des Steges konnten noch als Funkte dienen, nach denen Rudergänger, Erster und der Kapitän zu navigieren versuchten.

„Bist du sicher, Ben, daß wir nicht aufsitzen?“ erkundigte sich der Seewolf nach weiteren fünf Minuten.

„Nein. Jede Sekunde kann es passieren“, entgegnete Ben.

Auch Dan O’Flynn, der sich mit drei Mucks voll Reiswein mit Zimtgeschmack auf dem Grätingsdeck eingefunden hatte, ahnte, was die Männer bewegte. Er verteilte die Becher und versuchte sich zu erinnern, welchen Kurs sie bei der Einfahrt gehalten hatten.

Es war ziemlich sinnlos, jetzt, in der Finsternis, richtig steuern zu wollen. Auch Peilen half nicht viel, Sekunden später konnte eine Bank oder ein anderes Stück unreinen Grundes steil angestiegen sein, und die Schebecke rammte den Kiel in Schlick.

„Zum Glück gibt es hier kaum Unterwasserfelsen und Riffe“, sagte er. „Erst weiter draußen.“

„Wir haben möglicherweise unsere tägliche Ration an Glück schon ausgeschöpft“, sagte Hasard mit heiserer Stimme. „Ich rechne jede Sekunde mit einem weiteren Mißgeschick.“

„Mehr Vertrauen, Sir“, empfahl Pete Ballie. „Wir haben es immer geschafft. Wir laufen nicht auf.“

„Und wenn wir aufsitzen, können wir die Goldkisten leichtern“, meinte Dan O’Flynn. Aber über seinen Scherz konnte keiner lachen.

Ginjal Chand mußte schon wieder gähnen, und er sagte sich, daß es ein langer und erlebnisreicher Tag gewesen war. Weniger für ihn, mehr für Mannar und viele andere Menschen.

Noch immer standen vor seinem inneren Auge die hellen, offenen Gesichter der drei Fremden. Jung, kaum erwachsen, aber von vielen Erlebnissen geprägt. Und alles andere als dumm oder ungeschickt, ganz anders als die ungewaschenen Portugiesen aus Goa und ihre seltsamen Verbündeten oder Herren, die hochmütigen Spanier. Betrüger, wenigstens in seinen Augen, waren beide. Dafür hatte er einige schmerzliche Beweise.

Als der erste Donnerschlag unvermittelt in nächtlicher Stille über die kleine Bucht dröhnte, zuckte er zusammen und sprang auf die Füße. Bisher hatte er unter den Mückenschleiern auf dem Dach des Hauses gelegen und seinen Gedanken nachgehangen – plötzlich war er wieder hellwach.

„Diese kühnen englischen Seefahrer! Bei allen heißen und kalten Höllen!“ stieß er hervor. „Sie haben versucht, was sie versuchen sollten.“

Er schob die dünnen Schleier zur Seite und ging an den Rand der Terrasse.

Zuerst sah er kleine Blitze, Flammen, Feuer und Rauch, dann hörte er die scharfen Explosionen. Er sah, wie der Steg in die Luft flog, brannte, in sich zusammensackte und ins Wasser kippte. Er sah auch, wie die Portugiesen und Spanier flüchteten. Er lachte lange und fast tonlos – diesen Schrecken wünschte er ihnen. Und noch mehr.

Im Haus war es ruhig, alles schlief. Morgen würden er und seine Diener vielleicht den Fortgang dieses Abenteuers miterleben, und er wünschte den Portugiesen und Spaniern, daß sie für alle ihre Betrügereien zu zahlen haben würden. Er hatte nichts davon außer der Befriedigung, daß jene, die ihn betrogen hatten, nun die gerechte Strafe empfingen – vielleicht.

Ginjal wünschte, er hätte irgendwann von den Portugiesen ein Spektiv eingetauscht, eins dieser Rohre, durch die man Entferntes größer und deutlicher erkennen konnte. So sah er nur schattenhafte Gestalten in noch schwärzeren Schatten. Auf den Schiffen zündeten, die Leute Fackeln an und rannten an Land.

Chand zuckte mit den Schultern: der Hauptteil des Goldes war mittlerweile weit von der Küste und auf dem Weg ins Innere Ceylons unterwegs.

„Und, wie es scheint, werden sich die Engländer den Schatz des Fürsten von Bombay von euch wieder holen, ihr Betrüger“, sagte er laut und hoffte, daß ihn niemand gehört hatte.

Er stützte sich auf das Geländer, hinter dem die gemauerten Kästen für die Zierpflanzen nach feuchter Erde und geschlossenen Blüten rochen. Schweigend und mit ständig steigendem Vergnügen sah er, meist nur undeutlich, wie die einen flüchteten und die anderen sich aus der Bucht entfernten.

Er zitterte und bangte mit den Engländern, denn er wußte, wie gefährlich die vielen flachen Stellen, Untiefen und Bänke waren, die sich nach jedem Sturm veränderten, so daß nicht mal die Fischer wußten, wann sie genügend Wasser unter ihren flachgehenden Booten hatten.

Schließlich zeichnete sich das dreimastige Schiff gegen den tiefstehenden Mond ab, und es war kaum denkbar, daß ein Geschoß aus den Kanonen der beiden Schiffe so weit flog.

Dieser Tag, dachte der Kaufmann, hat doch noch im Sinn von Buddhas Gerechtigkeit geendet.

Hasard und Philip junior standen auf der Back und zwinkerten die Müdigkeit aus ihren Augen. In allen Muskeln und Sehnen spürten die Zwillinge die Anstrengungen und die Müdigkeit, aber sie wußten, daß nach ein paar Stunden Schlaf alles wieder vergessen sein würde.

Sie bohrten ihre Blicke in die winzigen Schaumstreifen der ebenso kleinen Bugwelle. Es war nichts zu erkennen, kein Gekräusel auf dem Wasser, keine Felsen, keine Untiefen. Die Schebecke schob sich über ungewissem Grund ins Ungewisse.

„Inzwischen sind wir fast außer Schußweite“, sagte der Seewolf mit einiger Zufriedenheit. „Wenn es hell wird, wissen wir ein wenig mehr.“

„Und noch immer kein guter Wind“, murmelte Ben Brighton und schlug mit der Faust in die Handfläche.

„Sollen wir noch weiter pullen?“ rief der Profos und schob den Riemen zurück.

„Ja, klar. Oder kannst du fliegen?“ fragte laut der Schiffszimmermann.

„Pullt weiter! Je weiter südlich, desto besseres Wasser!“ brüllte Ferris Tucker zum Profos hinüber.

„Gut, pullen wir also weiter“, sagte Jack Finnegan halblaut.

Pete Ballie konnte die Schebecke noch immer auf einem Kurs halten, der Schiff und Crew in die Sicherheit eines genügend tiefen Wassers brachte.

Al Conroy, dem Bill, Blacky und Dan O’Flynn halfen, rannte die beiden bugwärtigen Culverinen an Steuerbord und Backbord aus und ließ sich bei jedem Handgriff genügend Zeit.

Big Old Shane lehnte neben Batuti am Backbordschanzkleid. Beide hielten die Bögen in den Händen, blickten sich an und brachen plötzlich in lautes Gelächter aus.

„Mit den Pfeilen können wir jetzt wohl nichts mehr ausrichten“, sagte der Gambiamann.

Old Donegal hatte eben das nachschleifende Tau durch die Bugklüse eingeholt und schoß es auf. Dann beugte er sich übers Schanzkleid und holte die Jakobsleiter ein. Jeder Seewolf an Deck versuchte, voraus oder an Backbord oder Steuerbord irgend etwas zu sehen, das ihnen weiterhalf. Aber es gab nur die letzten, vagen Reste von silbrigem Mondlicht und den Widerschein der Sterne auf den Wellen. Hin und wieder zeichneten sich winzige Schaumkronen auf den Wellen ab. Vom Dorf und den beiden Schiffen war fast nichts mehr zu erkennen.

Ferris Tucker hatte sich bis jetzt mit allen Kräften gegen den Riemenschaft gestemmt und fühlte, wie ihm der Schweiß aus den Poren lief.

„Kann mich vielleicht jemand ablösen?“ ächzte er. „Ich pulle seit gestern mittag. Oder sind wir etwa auf einer Galeere?“

„Das könnte dir so passen“, sagte Matt Davies grinsend und löste ihn ab. Mit seinem Haken und der gesunden Hand packte er den Griff und pullte zusammen mit seinem Nebenmann mit aller Kraft weiter.

„Was war das?“ schrie Bob Grey plötzlich.

Gleichzeitig mit einem Ruck gingen ein Knirschen und Scharren durch den Rumpf der Schebecke. Es war nicht laut gewesen, auch der Ruck riß keinen Seewolf von den Beinen. Aber jeder wußte, trotz der blödsinnigen Frage Bobs, daß der Kiel der Schebecke in voller Länge über den sandigen Schlick einer Untiefe geschrammt war. Aber nur Hasard, der sich weit über die Heckgalerie beugte, sah die Veränderung in der Farbe des Wassers hinter dem Ruderblatt.

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