Kitabı oku: «Seewölfe Paket 35», sayfa 21
3.
Etwa eine halbe Stunde später tauchte die Schebecke in der Bucht auf und ging bei der „Eendragt“ längsseits.
Die Überraschung hatte auch bei den anderen Arwenacks voll eingeschlagen, als sie von den Wassergeusen hörten.
Von Bord zu Bord gab es gleich darauf eine überschwengliche und stürmische Begrüßung.
Willem van der Koop reichte schließlich auch Don Juan die Hand, aber er musterte ihn so, als wolle der Spanier gleich von hinten mit einem Dolch über ihn herfallen. Zudem gab sich der Spanier auch ein wenig zurückhaltend und reserviert. Die Geusen zählten nicht gerade zu seinen ausgesprochenen Freunden. Er hatte schon manchen Ärger mit ihnen hinter sich. Aber das lag etliche Jahre zurück, seit ihm die Geusen einmal übel mitgespielt hatten.
„Wir haben einen Überfall auf Ihre Landsleute vor“, sagte van der Koop. „Haben Sie keine Gewissensbisse, gegen die eigenen Landsleute zu kämpfen?“
Der Holländer sah in ein scharfgeschnittenes, kantiges Gesicht mit schiefergrauen Augen, die ehrlich und offen blickten.
„Nein, ich habe keine Gewissensbisse und erst recht keine Skrupel, wenn Sie das meinen, Mijnheer. Meine Landsleute haben die halbe Welt erobert, Menschen versklavt und überall Unheil angerichtet, und sie maßen sich an, sogenannte Wilde und Heiden zu bekehren. Aus diesen und etlichen anderen Gründen habe ich mich von ihnen abgewandt, weil ich ihre Machenschaften nicht gutheiße.“
„Dann sind Sie für die spanische Krone ein Hochverräter.“
„Man hat sogar eine Belohnung auf meinen Kopf ausgesetzt, Mijnheer.“
„Ich habe noch keinen Spanier wie Sie erlebt, Don Juan. Seien Sie an Bord herzlich willkommen.“
Damit war der Bann gebrochen. Dem Seewolf fiel lediglich auf, daß der Geuse den hochgewachsenen Spanier immer wieder verstohlen von der Seite musterte, als könne er es nicht glauben.
Der Profos Edwin Carberry verschwand unter Deck der Schebecke und kehrte kurz darauf mit einem kleinen Rumfaß zurück.
„Begrüßungsschluck muß sein“, sagte er entschuldigend. „Auch wenn die Hitze noch so groß ist. Rum ist gut gegen große Hitze, da bleibt man von Mückenstichen und der Pest verschont.“
Er hatte immer eine Ausrede, der Profos, wenn es darum ging, einen Kleinen zu lenzen, und so verteilten er und der grämlich dreinblickende Mac Pellew auch gleich ein paar Mucks.
Der neue Moses Clinton Wingfield stand mit offenem Mund da und genoß es in diesem Augenblick wieder mal sehr, auf die Arwenacks gestoßen zu sein und dazuzugehören. Von den kriegerischen Wasser- oder See-Geusen hatte er schon gehört, die einen erbarmungslosen Kampf gegen die spanische Übermacht führten, aber er hatte noch nie einen dieser Männer gesehen.
Auch ihm wurde eine Muck gereicht, die er mit knallrotem Kopf und Dankesgestammel entgegennahm.
Dann tranken sie auf ihr unverhofftes Wiedersehen. Anschließend wurde der Schlachtplan besprochen, bei dem die Geusen ganz Feuer und Flamme waren und es kaum erwarten konnten.
„Die Schiffe dürfen nicht versenkt werden“, sagte Hasard, „sonst bleibt unser Gold und Silber auf ewig im Hafenbecken verschwunden. Wir müssen den Don und den Portu so erwischen, daß ihre beiden Schiffe unbrauchbar sind. Das heißt, wir müssen versuchen, sie regelrecht abzutakeln.“
„Ganz meine Meinung“, sagte van der Koop eifrig. „Daher habe ich auch einen Vorschlag zu unterbreiten.“
„Laß hören, ich bin ganz Ohr, Geuse.“
Die Anrede „Geuse“ gefiel den Holländern noch besser als ihre eigenen Namen, und van der Koop redete Philip Hasard Killigrew ebenfalls meist mit seinem Kampfnamen an.
„Euch kennen sie ja“, sagte der Kapitän mit einem breiten Lachen. „Wenn ihr auftaucht, werden sie euch von zwei Seiten erbarmungslos in die Zange nehmen. Oder glaubst du, Seewolf, die Kerle lassen sich aus dem Hafen locken?“
„Vorerst ganz sicher nicht. Vermutlich warten sie noch ein paar Tage, bis die Karavelle wieder aufgeriggt ist, und laufen dann aus.“
„Nun gut, das ist doch bestens. Dann schlage ich vor, daß ich mit der Fleute zuerst in den Hafen einlaufe. Wir haben nichts zu befürchten. Ich glaube jedenfalls nicht, daß sie sofort das Feuer auf uns eröffnen, ahnungslos wie sie sind, wenn ein Holländer aufkreuzt.“
„Dann solltet ihr aber nicht die Flagge zeigen“, warnte Hasard und deutete mit der Hand nach oben, wo der weiße Stander mit dem roten Kreuz träge herabhing. „Das könnte zumindest bei den Dons unangenehme Erinnerungen wecken.“
„Die lassen wir gleich verschwinden“, versprach van der Koop. Er schickte einen Mann los, der die Flagge niederholte.
„Wie ich heute nacht gesehen habe“, sagte van der Koop weiter, „liegen sich die beiden Schiffe etwas versetzt gegenüber. Sie schießen sich also gegenseitig keine Löcher in die Rümpfe, wenn sie gleichzeitig feuern.“
„Sie haben sich extra so gelegt, damit das nicht passieren kann“, sagte Hasard. „Eine reine Vorsichtsmaßnahme, um gegen Überfälle gewappnet zu sein. Nur mit unserem Angriff haben sie nicht gerechnet.“
„Wie habt ihr eure Schebecke aus dem Hafen gebracht?“ wollte der Geuse wissen. „Strömung ging so gut wie keine, Segel habt ihr auch nicht gesetzt, und dennoch bewegte sie sich wie von Geisterhänden gesteuert durchs Wasser.“
„Man kann sie stehend und so gut wie lautlos pullen. Wir zeigen es euch nachher. Bei Nacht sieht man die Bewegungen kaum.“
„Godverdomme“, sagte der Geuse wieder. „So einfach ist das also, und wir haben uns die Köpfe zerbrochen.“
Frans Kuipers grinste still vor sich hin. Also hatte doch keine Ente nachgeholfen, wie der Kapitän ironisch erklärt hatte. Die anderen wußten sein heimliches Grinsen jedoch nicht zu deuten.
„Noch einmal“, sagte der Holländer. „Wir segeln mit ausgerannten Kanonen in den Hafen hinein und feuern zwei Breitseiten ab. Eine auf den Don, die andere auf den Portugiesen. Das sind zweimal sieben Kanonen, die ihnen ganz schön zusetzen dürften. Danach folgt ihr und gebt den Kerlen noch kräftig eins drauf, bevor sie sich von ihrem ersten Schrecken richtig erholt haben. Das sind, wie ich gesehen habe, nochmals je sechs Geschütze. Diese Kugeln werden sie schlucken, denn aus der Distanz feuert nur ein Nichtkönner vorbei. Und wie geht es dann weiter?“
„Den Rest müssen wir den Gegebenheiten überlassen, die augenblicklich herrschen“, erwiderte der Seewolf. „Es wird eine unvorstellbare Wuhling geben. Ich schlage vor, wir entern die Schiffe und besetzen sie möglichst schnell. Wenn du in den Hafen segelst, Geuse, werde ich mich mit der Schebecke hinter der Landzunge verbergen, damit sie nicht aufmerksam werden und uns sehen. Sonst ist der Überraschungseffekt vorbei, und sie können noch Gegenmaßnahmen ergreifen. Mir gefällt dieser Überfall zwar nicht so richtig, aber die Kerle haben uns erbarmungslos ausgeplündert. Aus diesem Grund habe ich alle Skrupel über Bord geworfen.“
„Tue ich bei solchen Bastarden immer“, erklärte der Geuse ungerührt. „Die kriegen es genauso, wie sie es den anderen besorgen. Wenn die mit kleinen Kanonen schießen, feuern wir gleich mit dem größten Kaliber zurück, um ihnen die Courage abzukaufen. Damit sind wir bis jetzt immer gut gefahren. Aber noch eine Frage, Seewolf: Was hat es mit den Indern auf sich, die da in Booten im Hafen und in der Nähe herumlungern?“
„Die meisten sind schon heute nacht verschwunden, als der Feuerzauber ganz unvermutet losbrach. Den anderen ging es nur um den heiligen Zahn, die Reliquie des Buddha, und um das vermeintlich von uns gestohlene Gold und Silber. Ich denke, die Inder können wir ausklammern. Sie werden sich kaum am Kampf beteiligen.“
„Und wenn, dann kriegen sie gleich eine von mir aufs Dach“, versprach Frans Kuipers.
„Wann brechen wir auf?“ fragte der Geuse sachlich. „Ein Überraschungsangriff bei Tage dürfte in jedem Fall besser sein.“
„Wann du willst, Geuse.“
„Am besten gleich“, sagte van der Koop. „Vielleicht fällt es dem Don ein, noch heute auszulaufen. Man kann ja nie wissen, daher sollten wir nichts anbrennen lassen.“
Hasard kannte den Eifer der Geusen, wenn es um die Dons ging, ihre verhaßten Todfeinde. Da waren sie nicht mehr zu bremsen.
„Dann noch einen Schluck auf das Unternehmen“, tönte der Profos und füllte erneut die Mucks auf. „Wenn wir das Gold und Silber nicht wieder zusammenkriegen, sind wir restlos blamiert, und kein Hund wird noch einen Knochen von uns nehmen.“
Mittlerweile war es in der Bucht so heiß geworden, daß man die Luft wie Brühe trinken konnte. Den meisten lief der Schweiß über die Gesichter, und der Rum tat ein übriges, um nicht gerade zur Erfrischung zu verhelfen.
In der Bucht bewegte sich auch kein Lufthauch mehr. Das Wasser war glatt wie ein Spiegel. Dicht über der Oberfläche tummelten sich wieder ganze Wolken lästiger Plagegeister, die ihnen das Leben zur Hölle machten.
Hasard sah, daß sich die Wipfel der Palmen draußen vor der Bucht aber bewegten. Dort ging eine erfrischend kühle Brise.
Van der Koop ließ jedes einzelne Geschütz überprüfen und bereitete sich sorgfältig auf ein Gefecht vor, wenn es auch ein ziemlich einseitiger Kampf zu werden versprach.
So, wie Dons und Portus die Arwenacks überfallen hatten, wollten sie es mit gleicher Münze zurückzahlen. Ein blitzschneller Überfall, entern. Beute reißen und wieder verschwinden.
Die Segel hingen schlaff von den Rahen, was van der Koop mit besorgter Miene zur Kenntnis nahm.
„Godverdomme“, sagte er zum Bootsmann. „Wir müssen aus der Bucht staken, und das wird bei dem morastigen Untergrund keine reine Freude werden. Wind kriegen wir erst draußen.“
Der Bootsmann nickte verdrossen.
„Hieven wir erst mal den Anker“, sagte er.
Hasard ließ die Leinen lösen und lächelte dem Geusen zu. Eine Leine ließ er am vorderen Poller belegen.
„Wir schleppen euch aus der Bucht, Geuse“, sagte er. „Du wirst sehen, wie leicht das auch ohne Wind geht. Wir haben ja schließlich auch keinen, der uns vorantreibt.“
Van der Koop kannte zwar die Mittelmeer-Schebecken und konnte den Typ gut bestimmen, aber er war noch nie an Bord einer tunesischen oder algerischen Schebecke gewesen.
Die Holländer standen an Deck und starrten verblüfft auf die langen Riemen, die jetzt an Deck gebracht wurden und in die dafür vorgesehenen Ruderpforten geschoben wurden.
Mit vereinten Kräften wurde die Schebecke von der Bordwand der Fleute abgedrückt, bis sie freischwamm und die Langriemen eingesetzt werden konnten.
Ein nächstes „Godverdomme“ war fällig, ein Wort, das der Geuse jeden Tag etliche Male gebrauchte.
Mit offenen Mündern sahen sie zu, wie die Arwenacks die Riemen durchs Wasser zogen und zu pullen begannen. Sie schienen darin sehr viel Übung zu haben. Nicht mal das sonst übliche Wassergeplätscher war zu hören. Wie von Geisterhand gezogen, bewegte sich die Schebecke voraus.
Die Leine straffte sich und kam steif.
Der Anker der Fleute war längst aus dem Grund und hing unter dem Kattbalken. Einer der Geusen ging ans Ruder.
Es dauerte nicht lange, dann bewegte sich auch die Fleute wie ein Geisterschiff durch das flache Wasser. Die Leine hing durch, spannte sich wieder, wenn die Arwenacks gleichmäßig ruderten, und so nahm die Fleute Fahrt auf.
Die Schebecke hielt auf den Ausgang der doppelten Bucht zu. Schon von hier war zu erkennen, daß „draußen“ eine frische Brise über dem Meer wehte.
Den Rest der Strecke schafften die Seewölfe spielend, ohne sich groß anzustrengen.
„Eine tolle Sache“, sagte der Geusenkapitän. „Damit kann man sich aus jeder lebensbedrohenden Kalme retten und sich außerdem nachts heimlich davonschleichen, selbst wenn kein Lüftchen weht. Aber auf unserem Schiff läßt sich das leider nicht realisieren.“
Das Vorschiff der Fleute erreichte gerade jene Zone, wo sich bereits die Segel mit Wind zu füllen begannen. Dennoch pullten die Arwenacks noch ein paar Schläge, ehe sie die Langriemen wieder aus den Pforten zogen und diese verschlossen.
„Alles wie besprochen“, sagte der Holländer. „Laßt euch erst dann sehen, wenn wir die ersten Treffer erzielt haben.“
„Verstanden“, sagte Hasard.
Die Leine wurde gelöst. Frischer Wind füllte jetzt die Segel der Fleute.
„Na, dann Hals und Beinbruch“, meinte der Profos grinsend.
Die Geusen standen unauffällig an Deck herum und doch so, daß sie ihre Geschütze augenblicklich abfeuern konnten. Wenn sie so in den Hafen einliefen, würden Dons und Portus erst dann stutzig werden, wenn es für sie bereits zu spät war.
Die Fleute segelte gemächlich um die erste Landzunge herum, bis sie den Blicken der Arwenacks entschwunden war.
Die Seewölfe sahen ihr nach.
Stenmark, der blonde Schwede, enterte in den tonnenförmigen Ausguck. Von hier oben aus konnte er wieder die Mastspitzen des Holländers sehen und seinen Kurs verfolgen.
„Die Geusen sind wie ein Geschenk des Himmels für uns“, sagte der Seewolf. „Ohne sie würden wir jetzt ziemlich dumm dastehen.“
„Und hätten uns etwas anderes einfallen lassen müssen“, sagte Don Juan. „Dabei waren das einmal meine Todfeinde“, setzte er leise hinzu. „Mich wundert, daß der Kapitän mich überhaupt begrüßt hat. Hast du seine heimlichen Blicke gesehen?“
„Allerdings, aber ich habe ihm die ganze Geschichte von dir und uns erzählt.“
„Aha, ich verstehe. Daher also. Scheinen harte Burschen zu sein, diese Wassergeusen.“
„Das sind sie“, versicherte Hasard lächelnd. „Hart wie Eisen mit einem unbeugsamen Willen, aber auch einem starken Haß auf alles, was spanisch ist. Alba hat sie ja auch ausbluten lassen.“
Der Spanier nickte. Er mochte nicht gern daran erinnert werden, denn es war kein schönes Kapitel in der spanischen Chronik.
Jedenfalls waren sie froh, durch einen Zufall auf die Geusen gestoßen zu sein. Jetzt bestand auch die Aussicht, daß sie ihr Gold und Silber wieder zusammenkriegten.
„Wir warten noch eine Weile“, sagte Hasard. „Wenn Stenmark sie nicht mehr sieht, segeln wir weiter. Ist bei uns alles klar an Bord?“
Der Stückmeister, der auf so treffliche Weise der portugiesischen Karavelle den Großmast zerschossen hatte, bestätigte noch einmal, daß sie gefechtsklar wären.
Etwas später meldete der Schwede, daß die Fleute außer Sicht sei.
Hasard ließ die Segel setzen und folgte der Fleute.
4.
Willem van der Koop stand auf dem Achterdeck und rieb sich die Hände. In seinen hellen Augen blitzte es immer wieder auf.
„Die werden gleich ihr blaues Wunder erleben“, versprach er. „Godverdomme, auf eine solche Gelegenheit habe ich schon lange gewartet.“
Die anderen Geusen brannten ebenfalls darauf, es dem Spanier und dem Portugiesen zu zeigen und so ganz nebenbei auch den Seewölfen einen Gefallen erweisen zu können.
Die Arwenacks hatten damals nicht gezögert und sogar ihr Leben eingesetzt, um die Geusen zu retten. Willem van der Koop hatte schon fast unter dem Galgen des verrückten El Corsario gestanden, und so etwas vergaß er nie. Es war für ihn nur selbstverständlich, daß er sich jetzt revanchierte.
Sie liefen den Hafen von westlicher Richtung her an und loteten immer wieder Tiefe, wie der Seewolf ihnen geraten hatte. Hier gab es tückische Untiefen, Sand- und Schlammbänke, die sich öfter verlagerten und dadurch noch gefährlicher wurden.
„Da sind schon die Mastspitzen“, sagte van der Koop. „Die Kerle scheinen alle beschäftigt zu sein.“
Durch das Spektiv waren die beiden Schiffe klar zu erkennen. Offenbar hatte der Spanier ein paar Leute zur Karavelle hinübergeschickt, die bei der Reparatur halfen.
Ein Teil der Trümmer war bereits beseitigt worden. Auch das Deck war wieder aufgeklart. Doch die Karavelle sah mit dem zersplitterten Großmast wie ein gerupftes Huhn aus.
Als sie näher heransegelten, wurden Dons und Portus aufmerksam und blickten ihnen entgegen. An den ausgerannten Rohren waren etliche Soldaten zu erkennen, die trotz der brüllenden Hitze Helme und Brustpanzer trugen.
„Die müssen doch in ihren Eisendingern ersticken“, sagte Kuiper mit einem Kopf schütteln. „Ich würde das keine halbe Stunde lang ertragen. Aber Vorschrift ist bei denen eben Vorschrift.“
„Gleich wird es noch heißer für sie werden“, versprach de Haas.
Die anfängliche Hektik auf den beiden Schiffen legte sich rasch. Sie erkannten jetzt, daß sie es nicht mit der Schebecke zu tun hatten, sondern offenbar mit einem Handelsfahrer, der der Bauart nach ein Holländer sein konnte.
Daß er mit ausgerannten Rohren in den Hafen segelte, weckte zwar noch das Mißtrauen, doch man nahm an, daß die Fleute bereits unliebsame Überraschungen hinter sich hatte und die Männer jetzt entsprechend vorsichtig waren.
Ein paar blieben daher neben den Kanonen stehen.
Van der Koop registrierte das mit einem harten Lächeln.
„Wir feuern erst, wenn wir genau auf gleicher Höhe sind“, sagte er. „Eine Breitseite zuerst auf den Don, dann auf die Karavelle drüben. Anschließend nehmen wir sofort die Segel weg und legen Ruder nach Backbord, bis wir auf die Pier da drüben zutreiben. Inzwischen dürfte der Seewolf herangesegelt sein und den Burschen den Rest geben.“
Die Rohre waren so ausgerichtet, daß sie nicht auf die Wasserlinie zielten. Wie Hasard gesagt hatte, sollten die Schiffe nicht versenkt, sondern nur abgetakelt werden. Alles andere hätte nur zur Folge gehabt, daß Gold und Silber dann unerreichbar wurden.
Van der Koop prägte sich noch einmal alles genau ein. Er sah am Hafen ein paar Hütten, kleinere Boote und etliche Inder, die hinter einer völlig verkohlten und verbrannten Pier standen und neugierig zu der einsegelnden Fleute blickten.
Er sah auch weiter oben an den Hängen ein Haus, das aus Steinen erbaut war und sich deutlich von den armseligen Hütten abhob. Wahrscheinlich wohnte dort ein reicher Kaufmann.
Jetzt war die Hafeneinfahrt erreicht. Dons und Portus ließen die begonnene Arbeit ruhen und starrten zu der Fleute.
Die Geusen standen scheinbar herum und schauten ebenfalls hinüber. Der Wind wurde schwächer, kaum daß sie den Hafen passiert hatten.
Van der Koop blickte aus schmalen Augen zuerst zu der Karavelle, dann drehte er den Kopf und sah zur Galeone hinüber. Er wartete buchstäblich bis zum allerletzten Augenblick, so daß Jan van Fleet ihn schon besorgt anblinzelte.
„Hast du dir es anders überlegt, Willem?“ fragte er.
Ein knappes Grinsen, hart und unerbittlich, war die Antwort.
Van der Koop wartete noch ein paar Augenblicke, ehe er die Hölle im Hafen entfesselte.
„Feuer“, sagte er dann ruhig.
Durch die Männer ging ein Aufatmen. Gleich darauf brach unvermittelt das Inferno los.
Sieben Siebzehnpfünder zielten auf die spanische Galeone.
Sieben schwarze Schlünde spuckten gleichzeitig Feuer und rumpelten brüllend auf ihren Lafetten zurück.
Heiße Feuerzungen leckten mit urweltlichem Gebrüll über die Bordwand der Steuerbordseite.
Die Schüsse im Hafen hörten sich wie überlaute Detonationen an.
Den Spaniern stand noch die Verblüffung in den Gesichtern, die sich allerdings schnell in Entsetzen verwandelte, als es auch schon mit bestialisch lautem Dröhnen einschlug.
Die Überraschung war perfekt.
Die Geusen verwendeten Vollkugeln und auch Kettenkugeln, die sich wie scharfe Zähne in stehendes und laufendes Gut fraßen.
Auf dem Achterdeck der Galeone zersplitterte der Besan und stürzte in einem Gewirr aus Tauwerk und aufgetuchten Segeln an Deck.
Eine Kugel takelte die Großrah ab, die mit donnerndem Getöse an Deck fiel und die Planken kurz und klein schlug.
Das Schanzkleid auf der Kuhl zerfetzte in einem nach allen Seiten davonwirbelnden Regen aus Holzsplittern. Unterhalb der Kuhl wurde ein großes, gezacktes Loch sichtbar.
Van der Koop registrierte kühl und nüchtern, daß auf der Galeone noch keine Panik ausbrach.
Der Überfall war zu schnell erfolgt. Die Dons reagierten noch nicht, weil sie wie gelähmt waren.
„Da brauchen wir nicht mehr zu entern“, sagte er wie im Selbstgespräch. „Da wird es nicht mehr viel zu entern geben, wenn wir ihnen noch mal die Feuerharke zeigen.“
Der Fockmast erhielt einen Treffer und neigte sich zur Seite. Die Vollkugel hatte das Schanzkleid zerschlagen und den Mast buchstäblich wie mit einem Riesenbiß angefressen. Er neigte sich noch weiter und kippte erst dann krachend über Bord, als stehendes und laufendes Gut zerfetzt wurden.
Ein paar Spanier reagierten jetzt. Aber sie rannten nicht zu den Kanonen. Sie ließen alles stehen und liegen und sprangen auf der der Fleute abgewandten Seite schreiend über Bord.
Van der Koop sah auch, daß die am Hafen herumlungernden Ceylonesen von Panik erfaßt wurden und brüllend davonrannten.
Weitere Spanier wurden von den Beinen gerissen und landeten mit lautem Geschrei im Hafenwasser.
Von der Galeone lösten sich zwei Kanonen. Sie drehten sich um ihre Achse und durchschlugen das ohnehin schon zersplitterte Schanzkleid noch weiter, bevor sie mit Getöse im Wasser landeten.
Das alles geschah innerhalb weniger Augenblicke und sozusagen im Vorbeimarsch.
Die Portugiesen reagierten ebenfalls nicht. Die meisten standen wie Marionetten an Bord, wie hilflose Gestalten, aus denen alles Leben gewichen war.
Jetzt war die Galeone passiert und nach diesen kurzen Augenblicken fast schon zum Wrack geschossen.
Im Hafen war die Hölle los. Van der Koop sah es mit einem harten Lächeln in dem kantigen Gesicht.
Er warf einen schnellen Blick achteraus und erkannte die Segel der Schebecke, die jetzt unter Vollzeug Kurs auf den Hafen nahm.
„Feuer!“ brüllte er.
Die Geusen auf der Backbordseite nahmen sich jetzt die angeschossene Karavelle vor.
Der nächste Feuerzauber begann, als die Breitseite aus den Rohren furchte und ihre tödlichen Geschosse gezielt einsetzte.
Pulverqualm lag über dem Hafen. Auf der Steuerbordseite hing er wie ein dichter grauer Schleier. Auf der Backbordseite rasten lange Flammenlanzen dem Portugiesen entgegen.
Was die Geusen taten, das taten sie gründlich und eiskalt. Ihre Nerven waren wie Ankertrosse.
Mittlerweile mußte sich auf dem Spanier etwas entzündet haben. Auf der Kuhl blitzte ein heller Feuerschein auf, aber die meisten Spanier kümmerten sich nicht mehr darum. Der Feuerüberfall und die Tatsache, daß ihre Galeone innerhalb kürzester Zeit zum Wrack geschossen worden war, raubte ihnen den Mut, und so sahen sie ihr Heil lieber im Hafenwasser, indem sie in panischer Angst über Bord sprangen.
Durch das Dröhnen der Abschüsse klang ein Schrei wie in höchster Todesangst. Einer der Holländer hatte grinsend die Flagge der Geusen, den weißen Stander mit dem roten Kreuz, gehißt, die sich jetzt entfaltete.
„Die Geusen! Die Geusen!“
Die Stimme war so grell, daß sie mühelos das Donnern übertönte.
Auf der Karavelle schlug es jetzt mit vehementer Gewalt ein. Sie hatte noch zwei Masten, Fock und Besan. Der Besan wurde in halber Höhe getroffen und abrasiert. Er nahm Stengen, Spieren und Tuch mit sich, als er krachend auf das Deck schlug.
Augenblicke später war der Fockmast an der Reihe. Er zerbarst, als sei er innen hohl und mit Schießpulver gefüllt. In einem Splitterregen verteilten sich seine Reste im Hafen und über das Vorschiff.
Den Portugiesen saß noch der erste Schreck im Nacken, als der Seewolf sie so plötzlich angegriffen hatte.
Die meisten stürzten sich einfach über Bord oder verkrochen sich unter den Niedergängen.
Ein paar Besonnene rannten jedoch zu den Kanonen.
Doch ein erneuter Eisenhagel überschüttete sie, diesmal aus einer Drehbasse abgefeuert, die mit grob gehacktem Blei geladen war.
Das Eisengewitter riß jene von den Beinen, die noch einmal die Kanonen abfeuern wollten.
Sie schafften es nicht mehr rechtzeitig. Lediglich eine Culverine wurde noch gezündet. Aber der Siebzehnpfünder raste am Heck der Fleute vorbei durch den Hafen und schlug drüben in die Mole. Dort sprang die Kugel hoch und sauste weiter ins Wasser auf der anderen Seite.
Der Einschlag der letzten Kugel riß wiederum ein riesiges Loch in die Planken der Karavelle dicht über der Wasserlinie.
Das Schiff sah jetzt aus, als sei es in einen Taifun geraten.
Bis auf ein paar erbärmliche Stümpfe an Deck war es abgetakelt. Über die Decks verstreut waren Holztrümmer, Tauwerk und Segeltuch, und unter dem Segeltuch lagen bewegungslose Gestalten, die das Drehbassenfeuer getroffen hatte.
Im Hafenwasser trieben Portugiesen. Ein paar andere rannten vor Wut und Angst brüllend an die Drehbassen des Bugs, um der Fleute noch einen letzten zornigen Gruß nachzuschicken.
Aber Spaniern und Portugiesen stand gleich darauf ein neuer Schrecken bevor, denn jetzt war urplötzlich, wie aus dem Nichts, die Schebecke aufgetaucht, die sich anschickte, ebenfalls in den Hafen einzulaufen.
Van der Koop sah sich mit blitzenden Augen um.
Der Schaden, den sie in der kurzen Zeit angerichtet hatten, war mehr als beträchtlich. Zwei Schiffe waren so zusammengeschossen worden, daß sie nicht mehr auslaufen konnten.
Bis sie wieder aufgeriggt und einigermaßen seetüchtig waren, würden Wochen und Monate vergehen.
Die Fleute nahm Kurs auf die Pier. Die Segel wurden weggenommen, und sie schwoite so herum, daß sie wie ein zupackender wilder Hund vor der Karavelle zum Halt gelangte.
Dort ließen sie jetzt die Drehbassen im Stich und wußten nicht mehr, was sie in ihrer Angst tun sollten.
„Jetzt überlassen wir dem Seewolf das Feld“, sagte van der Koop. „Und dann knöpfen wir uns die Dons noch mal einzeln vor, wenn sie sich nicht freiwillig ergeben. Bin schon gespannt, welchen Biß der Seewolf für die Kerle draufhat.“
Im Hafen hing wie Nebel der Rauchschleier und Pulverdampf, und durch den Rauch waren die Schreie der Dons und Portus zu hören.