Kitabı oku: «Peter Simpel», sayfa 4

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Siebentes Kapitel.

Ein scandalum magnatum klar erwiesen. – Ich zeige dem Kapitän, daß ich ihn als Gentleman betrachte, obschon ich ihm das Gegenteil gesagt hatte, und beweise den Seekadetten, daß ich selbst ein Gentleman bin. Sie bezeugen ihre Dankbarkeit, indem sie ihren Witz an mir üben; denn Übung macht den Meister.

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Der Kapitän kam ungefähr um zwölf Uhr an Bord und befahl, sobald der erste Leutnant den Vorfall gemeldet hatte, daß die Entlassung des Herrn Trotter sogleich ausgefertigt werden solle. Sodann ließ er alle Seekadetten auf das Hinterdeck kommen.

»Gentlemen«, sprach er mit ernster Miene zu ihnen, »ich fühle mich einigen von Ihnen sehr verbunden, wegen der Charakterschilderung, welche Sie dem Herrn Simpel von mir entworfen haben. Ich muß Sie nun bitten, mir einige Fragen zu beantworten, welche ich in seiner Gegenwart stellen werde. Ließ ich jemals die ganze Steuerbordwache peitschen, weil das Schiff nur neun Knoten auf der Boleine segeln wollte?«

»Nein, Sir, nie!« erwiderten alle in großer Angst.

»Ließ ich jemals einem Seekadetten ein Dutzend geben, weil er seine sechswöchentlichen Berichte nicht niedergeschrieben hatte, oder einem anderen fünf Dutzend, weil er ein scharlachrotes Uhrband trug?«

»Nein, Sir, nie!« versetzen alle zugleich.

»Starb jemals ein Seekadett auf seinem Koffer vor Anstrengung?«

Wiederum antworten sie verneinend.

»Dann, Gentlemen, werden Sie mich verpflichten, wenn Sie sagen, wer von Ihnen es für geeignet fand, in einem öffentlichen Kaffeehause dergleichen falsche Aussagen zu behaupten, und ferner, wer von Ihnen diesen jungen Mann genötigt hat, sein Leben in einem Duelle zu wagen?«

Alle schwiegen.

»Wollen Sie antworten, Gentlemen?«

»Was das Duell betrifft, Sir«, erwiderte der Seekadett, welcher sich mit mir geschlagen hatte, »so hörte ich sagen, die Pistolen seien nur mit Pulver geladen gewesen. Es war ein Scherz.«

»Gut, Sir, wir wollen zugeben, daß das Duell nur ein Spaß war (und ich hoffe zuverlässig, daß Ihre Angabe richtig ist); aber erlauben Sie nur zu fragen, ist der gute Ruf Ihres Kapitäns auch nur ein Scherz? Ich verlange zu wissen, wer es wagte, solche schimpfliche Verleumdung zu verbreiten. (Hier trat eine Totenstille ein.) Wohlan denn, Gentlemen! Da Sie selbst nicht gestehen wollen, so muß ich mich an meinen Gewährsmann halten. Herr Simpel, haben Sie die Güte, mir den oder diejenigen zu nennen, welche Ihnen die Mitteilung machten.«

Allein ich dachte, dies sei nicht schön, und da sie mich alle nach dem Duelle sehr freundlich behandelt hatten, so beschloß ich, nichts zu sagen. Ich antwortete daher: »Wenn es Ihnen beliebt, Sir, so will ich die Sache so betrachten, als hätte ich sie Ihnen im Vertrauen gesagt.«

»Im Vertrauen, Sir?« versetzte der Kapitän, »wer hat je von Vertrauen zwischen einem Postkapitän und einem Seekadetten gehört?«

»Nein, Sir!« erwiderte ich, »nicht zwischen einem Postkapitän und einem Seekadetten, sondern zwischen zwei Gentlemen.«

Der erste Leutnant, welcher bei dem Kapitän stand, hielt seine Hand vor das Gesicht, um sein Lachen zu verbergen.

»Er mag ein Dummkopf sein, Sir!« bemerkte er dem Kapitän beiseite, »aber ich kann Ihnen versichern, er ist offen und geradezu.«

Der Kapitän biß sich in die Lippe, wandte sich dann an die Seekadetten und sagte: »Danken Sie es Herrn Simpel, Gentlemen, daß ich diese Geschichte nicht weiter verfolge. Ich glaube, es war Ihnen nicht ernst, als Sie mich verleumdeten, aber vergessen Sie nicht, daß, was man im Spaß sagt, nur zu oft im Ernst wiederholt wird. Ich hoffe, Herrn Simpels Benehmen wird nicht ohne Wirkung sein und Sie werden aufhören, an Demjenigen Ihre Witze zu üben, welcher Sie vor einer strengen Strafe bewahrt hat.«

Als die Kadetten hinunter gingen, schüttelten Sie mir alle die Hand und sagten: ich sei ein braver Kerl, weil ich nicht geklatscht habe; in betreff der Mahnung des Kapitäns, sie sollten mich nicht mehr zum besten haben, waren sie jedoch sehr vergeßlich, denn sie fingen sogleich wieder an, und ließen nicht eher nach, als bis sie fanden, daß ich nicht länger zu düpieren sei. Ich war noch keine zehn Minuten in der Kajütte, so begannen sie ihre Bemerkungen über mich zu machen. Einer sagte, ich sehe einem tüchtigen Burschen gleich und fragte mich, ob ich auch ein gut Teil Schlaf ertragen könne. Ich erwiderte: »O ja, wenn es zum besten des Dienstes nötig ist.« Sie lachten darüber, und ich meinte, etwas Gutes gesagt zu haben.

»Nun, hier ist Tomkins,« sagte jener Kadett, »er kann Ihnen zeigen, wie Sie diesem Teil ihres Dienstes vorstehen können. Er hat es von seinem Vater geerbt, der ein Marineoffizier war. Er kann vierzehn Stunden lang in einem fort schnarchen, ohne sich einmal in seiner Hängematte umzudrehen, und vollendet seinen Schlaf auf der Kiste den ganzen Tag hindurch, die Mahlzeiten ausgenommen.«

Allein Tomkins verteidigte sich und sagte: »Einige Leute seien sehr schnell in allen Dingen, und andere sehr langsam; er gehöre zu den langsamen und bekomme von seinem langen Schlafen nicht mehr Erfrischung, als andere Leute durch kurzen Schlaf, denn er schlafe viel langsamer als jene.«

Dieses sinnreiche Argument wurde jedoch ohne allen Widerspruch über den Haufen geworfen, weil es sich ergab, daß er am Tische schneller als irgend einer Pudding aß.

Der Postbote kam mit Briefen an Bord und steckte seinen Kopf in die Seekadettenback. Ich war sehr gespannt, einen von Haus zu bekommen, allein ich wurde getäuscht. Einige erhielten Briefe, andere nicht. Diese letzteren erklärten, ihre Verwandten seien sehr pflichtvergessen, und sie würden dieselben mit keinem Schilling bedenken; diejenigen, welche Briefe bekamen, boten sie, nachdem sie dieselben gelesen hatten, den anderen gewöhnlich um das halbe Porto zum Kaufe an. Ich konnte nicht begreifen, weshalb die einen kauften, und die anderen verkauften; allein es war so. War ein Brief mit guten Ermahnungen angefüllt, so wurde er dreimal nach einander verkauft, und dieser Umstand trug dazu bei, daß ich eine bessere Meinung von der Sittlichkeit meiner Kameraden bekam. Die Briefe, welche am niedrigsten verkauft wurden, waren von Schwestern. Man bot mir einen für einen Penny an, allein ich lehnte den Kauf ab, weil ich selbst genug eigene Schwestern habe. Kaum hatte ich diese Bemerkung gemacht, als sie alle nach dem Namen und Alter derselben fragten und ob sie hübsch seien oder nicht.

Sobald ich ihnen Auskunft darüber gegeben hatte, stritten sie, wem sie gehören sollten. Der eine wollte Lucien haben, der andere Marie nehmen, aber ein großer Streit erhob sich um Ellen, da ich gesagt hatte, sie sei die hübscheste von allen. Zuletzt kamen sie überein, dieselbe zu versteigern, und sie wurde dem Gehilfen eines Schiffmeisters, Namens O'Brien, zugeschlagen, welcher siebzehn Schillinge und eine Flasche Rum dafür bot. Sie verlangten, ich solle nach Hause schreiben, um meinen Schwestern ihre Grüße zu vermelden, und ihnen sagen, wie man über sie verfügt habe, was mir sehr sonderbar vorkam; doch muß ich gestehen, ich fühlte mich durch den Preis, welchen man für Ellen bot, sehr geschmeichelt, weil ich zu wiederholten Malen Zeuge war, daß eine sehr hübsche Schwester für ein Glas Grog verkauft wurde.

Ich erwähnte der Ursache, warum ich so ängstlich auf einen Brief warte: ich müsse mir nämlich einen Degen und aufgestülpten Hut kaufen, worauf sie mir sagten, ich brauche hierfür mein Geld nicht auszugeben, weil nach dem Dienstreglement des Zahlmeisters Verwalter allen Offizieren diese Stücke verabfolge, wenn man sie verlangte. Da ich wußte, wo das Zimmer von dem Verwalter des Zahlmeisters sich befand, so ging ich sogleich hinab.

»Herr Verwalter«, sagte ich, »lassen Sie mir gleich einen aufgestülpten Hut und einen Degen verabfolgen.«

»Sehr wohl, Sir«, versetzte er, und schrieb auf ein Stückchen Papier eine Anweisung, welche er mir einhändigte. »Hier ist eine Anweisung, Sir, allein die aufgestülpten Hüte werden in der Kiste auf dem großen Mars aufbewahrt, und was den Degen betrifft, so müssen Sie sich an den Schlächter wenden, welcher diese Waffen in Verwahrung hat.«

Ich ging mit der Anweisung hinauf und dachte, ich wolle mir zuerst den Degen verschaffen; ich fragte daher nach dem Schlächter, welchen ich im Schafstalle unter den Schafen sitzend fand, wo er seine Hosen ausbesserte. Auf meine Anfrage antwortete er mir, er habe den Schlüssel zu der Reservekammer nicht, da derselbe einem der Marinekorporale anvertraut sei. Als ich fragte, wie er heiße, versetzte er, Cheeks Diese berühmte Person bedeutet am Bord eines Kriegsschiffes den ›Herrn Niemand.‹, der Seesoldat. Ich ging nun überall auf dem Schiffe umher, und suchte nach Cheeks. dem Seesoldaten, konnte ihn aber nicht finden. Einige sagten, sie glaubten, er sei auf der Fockstenge, er stehe Schildwache vor dem Winde, daß er sich nicht drehe, andere, er werde in der Küche sein, und den Seekadetten aufpassen, daß sie ihren Zwieback nicht in des Kapitäns Bratpfanne tunken. Endlich fragte ich einige Weiber, welche zwischen den Kanonen auf dem Hauptverdecke standen, und eine davon antwortete, es sei nicht gebräuchlich bei ihnen, nach demselben zu schauen, da sie alle Ehemänner hätten, Cheeks aber sei einer Witwe Ehemann Witwen-Ehemänner sind fingierte Matrosen, welche in die Schiffsbücher eingetragen sind und Löschung und Prisengeld empfangen, das aber dem Greenwich-Hospital zufällt..

Da ich den Seesoldaten nicht finden konnte, so dachte ich, ich wolle mich nun nach dem Hute umsehen, und den Degen mir nachher verschaffen. Es war mir nicht lieb, auf das Takelwerk zu klettern, weil ich besorgte, schwindelig zu werden, und wenn ich über Bord ginge, konnte ich nicht schwimmen. Ein Seekadett bot sich jedoch an, mich zu begleiten, und sagte, wenn ich über Bord falle, brauche ich mich nicht zu fürchten, unterzusinken, denn wenn ich schwindelig sei, werde mein Kopf auf alle Fälle schwimmen. Daher beschloß ich, es zu wagen. Ich klomm nun ganz nahe zum großen Mars hinauf, nicht ohne die kleinen Stricke sehr oft zu verfehlen und mir die Haut vom Schienbein aufzuschürfen. Dann gelangte ich zu den dicken Trossen, welche vom Mast ausgespannt sind und mit rückwärts gebogenem Kopfe erklettert werden müssen. Der Seekadett sagte mir, sie heißen Katzenharfe, weil sie so schwer zu erklimmen seien, daß eine Katze sich sträuben würde hinaufzuklettern. Da ich zögerte, schlug er mir vor, ich solle durch das Lümmelloch gehen, welches für Leute meines Schlages wie gemacht sei. Ich wollte es versuchen, denn es schien mir leichter, und kam zuletzt ganz außer Atem und überglücklich, mich auf dem großen Mars zu befinden, oben an.

Der Kapitän vom Hauptmaste war mit zwei anderen Matrosen daselbst. Der Kadett führte mich sehr höflich ein: – »Herr Jenkins – Herr Simpel, Seekadett – Herr Simpel, Herr Jenkins, Kapitän vom Haupttop. Herr Jenkins, Herr Simpel ist mit einer Anweisung zu einem Hute heraufgekommen.«

Der Kapitän vom Top erwiderte, es thue ihm sehr leid, daß er keinen im Vorrat habe, der letzte sei an des Kapitäns Affen ausgeteilt worden. Dies war sehr ärgerlich. Hierauf fragte mich der Kapitän vom Top, ob ich mit meinem Fußen fertig sei?

»Nicht sehr«, versetzte ich, »denn ich habe beim Heraufsteigen zwei- oder dreimal gefehlt.«

Er erwiderte lachend, »ich werde es, bevor ich hinabgehe, ganz verlieren: ich müsse es aushändigen.«

»Mein Fußen aushändigen?« sagte ich ganz bestürzt, und wandte mich an den Seekadett: »was bedeutet dies?«

»Es bedeutet: Sie sollen ein Siebenshillingstück fliegen lassen.«

Ich war gerade so klug als vorher und machte große Augen, als Herr Jenkins den Matrosen befahl, ein halb Dutzend Füchse zu holen und einen ausgespreizten Adler aus mir zu machen, bis er seine Gebühr habe. Ich hätte nie herausgefunden, was er meinte, hätte nicht der Seekadett, welcher lachte, bis ihm die Augen überliefen, mich endlich belehrt, es sei der Brauch, wenn man zum erstenmale heraufkomme, den Leuten ein Trinkgeld zu geben, und wenn ich dies nicht thue, so würden sie mich an das Takelwerk anbinden. Da ich kein Geld in der Tasche hatte, so versprach ich zu zahlen, sobald ich hinabkäme; allein Mr. Jenkins wollte mir nicht trauen. Ich wurde deshalb ärgerlich und fragte ihn, ob er an meiner Ehre zweifle, worauf er erwiderte, nicht im geringsten, aber er müsse, bevor ich hinunterginge, seine sieben Schillinge haben.

»Wie, Sir«, sagte ich, »wissen Sie, mit wem Sie sprechen? ich bin Offizier und Gentleman. Wissen Sie, wer mein Großvater ist?«

»O ja«, versetzte er, »sehr gut.«

»Nun, wer ist es, Sir«, entgegnete ich, sehr aufgebracht.

»Wer ist es, nun es ist Lord, ›wer weiß wer‹.«

»Nein, das ist nicht sein Name, es ist Lord Privilege«, war meine Antwort. (Doch mußte ich mich sehr wundern, daß er wußte, mein Großvater sei ein Lord). »Glauben Sie, ich werde die Ehre meiner Familie wegen sieben elender Schillinge aufs Spiel setzen?«

Diese Bemerkung meinerseits und ein Versprechen von seiten des Seekadetten, welcher sagte, er wolle für mich Bürge sein, genügte Herrn Jenkins, und er ließ mich das Takelwerk hinuntersteigen. Ich ging zu meiner Kiste, zahlte die sieben Schillinge einem von den Matrosen, welche mir folgten, und stieg dann das Hauptdeck hinauf, um soviel als möglich von meinem Geschäfte zu lernen. Ich richtete eine große Menge Fragen an die Kadetten, die Kanonen betreffend, und sie drängten sich um mich, um sie zu beantworten. Einer erzählte mir, sie hießen die Zähne der Fregatte, weil sie den Franzosen das Maul stopften. Ein anderer sagte, er sei so oft im Feuer gestanden, daß man ihn den Feueresser nenne. Ich fragte ihn, wie er dem Tode entronnen sei, worauf er mir erwiderte, er habe es sich stets zum Grundsatze gemacht, sobald die erste Kanonenkugel durch die Schiffsseite schlage, seinen Kopf in das gemachte Loch zu stecken, da nach einer von Professor Inman angestellten Berechnung die Wahrscheinlichkeit wie zweiunddreißigtausend sechshundert siebenundvierzig und einigen Dezimalstellen zu eins vorhanden sei, daß eine zweite Kugel nicht in dasselbe Loch fahren würde. Daran hätte ich freilich nie gedacht.



Achtes Kapitel.

Meine Tischgenossen zeigen mir die Thorheit des Schuldenmachens und führen mich auf eine feine Weise zur Pflicht zurück. – Ich werde mit einigen Gentlemen von dem Ministerium des Innern bekannt. Die Geschichte von Sholto M'Foy.

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Als ich ungefähr einen Monat an Bord war, fand ich mein Leben gar nicht unangenehm. Ich roch das Pech und den Teer nicht mehr, und konnte mich in meine Hängematte schwingen, ohne auf der andern Seite wieder heraus zu purzeln. Meine Tischgenossen waren gutmütige Leute, obschon sie sehr viel über mich lachten; allein ich muß gestehen, in ihren Begriffen von Ehre nahmen sie es nicht so genau. Sie schienen der Ansicht, einen zu foppen, sei ein Kapitalspaß, und weil sie lachten, während sie betrogen, so sei es durchaus kein Betrug. Ich kann nicht anders denken, als daß Betrug eben Betrug ist, und daß eine Person um kein bischen mehr ehrlich ist, weil sie einen noch obendrein auslacht. Einige Tage, nachdem ich an Bord gekommen war, kaufte ich von der Proviantbootfrau einige Törtchen; ich wollte sie bezahlen, allein sie konnte nicht wechseln, und sagte mir sehr höflich, sie wolle mir borgen. Hierauf zog sie ein kleines Buch hervor und sagte, sie wolle für mich eine Rechnung anlegen, ich könne sie bezahlen, wenn es mir passe. Gegen diesen Vorschlag hatte ich keine Einwendung, und ließ mir allerlei Sachen kommen, bis ich glaubte, meine Rechnung müsse sich nun auf elf oder zwölf Schillinge belaufen. Weil ich meinem Vater versprochen hatte, ich wolle mich nie in Schulden stürzen, dachte ich, es wäre nun Zeit, die Rechnung zu berichtigen. Als ich danach fragte, wie staunte ich, daß dieselbe zwei Pfund vierzehn Schilling und sechs Pence betrug. Ich erklärte, es sei unmöglich, und verlangte, sie solle mich die einzelnen Posten durchsetzen lassen; da fand ich denn, daß wenigstens drei oder vier Dutzend Törtchen täglich für mich mehr ins Buch eingetragen waren, welche von den jungen Gentlemen bestellt worden waren mit dem Bemerken: »es sei auf Herrn Simpels Rechnung zu schreiben.« Ich ärgerte mich sehr, nicht allein über die Summe Geldes, welche ich zu zahlen hatte, sondern auch über den Mangel an Ehrlichkeit bei meinen Tischgenossen; allein als ich mich in der Kajütte darüber beklagte, lachten sie mich alle aus. Zuletzt sagte einer: »Peter, sprich die Wahrheit; hat Dich Dein Vater nicht vor dem Schuldenmachen gewarnt?«

»Ja, allerdings.«

»Ich weiß das ganz gut,« versetzte jener; »alle Väter machen es so beim Abschied ihrer Söhne. Dies ist eine ganz natürliche Sache. Nun merke auf, Peter, nur aus Rücksicht für Dich haben deine Kameraden auf Deine Kosten Törtchen gegessen. Du vernachlässigtest Deines Vaters Ermahnungen, bevor Du einen Monat von Hause abwesend warst, und um Dir eine Lektion zu geben, welche Dir fürs künftige Leben nützlich sein kann, hielten sie es für Pflicht, die Törtchen zu bestellen. Ich hoffe, sie wird an Dich nicht weggeworfen sein. Geh zu der Frau, zahle ihr die Rechnung und laß Dich auf keine andere mehr ein!«

»Gewiß nicht,« versetzte ich. Da ich aber nicht beweisen konnte, wer die Törtchen bestellte, und es nicht für schön hielt, daß die Frau ihr Geld verlieren sollte, so ging ich hinauf und bezahlte die Schuld mit dem festen Entschlusse, bei niemand mehr etwas auf Rechnung zu nehmen. Dadurch wurden meine Taschen ganz leer; ich schrieb deshalb an meinen Vater, berichtete ihm den ganzen Hergang und den daraus folgenden Zustand meiner Finanzen. Mein Vater bemerkte in seiner Antwort, daß meine Kameraden als Freunde an mir gehandelt hätten, was immer ihre Beweggründe gewesen sein möchten, und ich hätte mein Geld durch eigene Fahrlässigkeit verloren; ich dürfe nicht erwarten, daß er mir mehr Taschengeld bewillige. Aber meine Mutter, welche diesem Briefe ein Postscriptum beifügte, schloß eine Fünfpfundnote ein, ich glaube fast mit meines Vaters Genehmigung, obwohl er sich sehr ungehalten zeigte, daß ich seine Lehren vergessen habe. Diese zeitgemäße Unterstützung machte mich wieder ganz flott. Wie erfreulich ist es, von einem seiner Verwandten aus der Fremde einen Brief zu erhalten, besonders wenn Geld darin ist.

Einige Tage vorher befahl mir Mr. Falkon, der erste Leutnant, mein Seitengewehr anzulegen und Dienst zu thun. Ich erwiderte, ich habe weder Degen noch Hut, obschon ich sie verlangt hätte. Er lachte über meine Geschichte und schickte mich mit dem Schiffsmeister ans Land, welcher diese Stücke kaufte; der erste Leutnant aber sandte die Rechnung an meinen Vater, der sie bezahlte und ihm schriftlich für seine Bemühung dankte. Am selben Morgen sagte der erste Leutnant zu mir: »Nun, Herr Simpel, wir wollen Ihrem Hut und Degen den Glanz nehmen. Sie werden mit Mr. O'Brien ins Boot steigen, und darauf acht haben, daß keiner von der Mannschaft sich davon entferne und in den Tavernen sich betrinke.«

Dies war das erstemal, daß ich mit einem Auftrage beordert wurde, und ich war stolz darauf, ein Offizier im Dienste zu sein. Ich legte meine volle Uniform an und stand schon eine Viertelstunde vorher im Gange bereit, ehe man den Matrosen mit der Pfeife das Zeichen gab. Wir wurden zu der Schiffswerft befohlen, um Vorrat einzunehmen. Als wir hier ankamen, war ich sehr erstaunt über die Haufen Schiffsbauholz, die Reihen von Lagerhäusern und die ungeheuren Anker, welche auf der Werft lagen. Es herrschte hier eine solche Regsamkeit, jedermann schien so beschäftigt, daß ich nicht alles auf einmal übersehen konnte. Nahe an der Stelle, wo das Boot landete, holte man eine große Fregatte aus dem sogenannten Bassin; der Anblick interessierte mich so sehr, daß ich leider sagen muß, ich vergaß ganz die Bootsmannschaft und meine Befehle, nach ihr zu schauen. Was mich am meisten überraschte, war, daß, obschon die beschäftigten Leute Matrosen schienen, ihre Sprache sehr von derjenigen abstach, an welche ich mich seit kurzem an Bord der Fregatte gewöhnt hatte. Anstatt zu fluchen und zu schwören, war jedermann sehr höflich:

»Wollen Sie dem Steuerbordbugtau gefälligst einen Zug geben, Mr. Jones.«

»Lösen Sie das Backbordtau, Mr. Jenkins, wenn Sie so gütig sein wollen.«

»Auf die Seite, Gentlemen, auf die Seite mit dem Bug.«

»Meine Empfehlung an Herrn Tomkins, und er möchte hinten den Aufhalt fahren lassen.«

»Auf die Seite, Gentlemen, auf die Seite mit der Fregatte, wenn's gefällig ist.«

»Ihr in dem Boote da, rudert zu Mr. Simmons; ich lasse ihn bitten, mir den Gefallen zu thun, sie aufzuhalten, wenn sie sich schwingt. Was giebts, Mr. Johnson?«

»Ei da hat einer von den Midshipmaten eine glühend heiße Kartoffel durch die Sternluke geworfen, und unsern Offizier ins Auge getroffen.«

»Melden Sie ihn dem Kommissär, Mr. Wiggins, und haben Sie die Güte, die Ankertaue in Ordnung zu bringen. Sagen Sie dem Mr. Simpkins mein Kompliment, und er möchte am Deckvorsprung fortwickeln. Auf die Seite mit dem Schiff! Gentlemen, auf die Seite, wenn's beliebt.«

Ich fragte einen der Umstehenden, wer diese Leute wären, und er sagte mir, es seien Seemagazin-Gehilfen. Es schien mir in der That ebenso leicht zu sagen: »Wenn es ihnen gefällig ist«, als »der Teufel soll euch holen«; und jenes klang mir viel angenehmer. Während ich auf das Herausholen der Fregatte schaute, schlichen sich zwei Leute von der Bootsmannschaft hinweg, und waren bei meiner Zurückkunft nicht mehr zu sehen. Ich geriet in große Angst, denn ich sah ein, daß ich meine Pflicht vernachlässigt hatte, und zwar bei der ersten Gelegenheit, wo ich im Dienste verantwortlich war. Ich wußte nicht, was ich thun sollte. Ich rannte überall im Hafenmagazin auf und nieder, bis ich ganz außer Atem war, und fragte jedermann, dem ich begegnete, ob sie meine zwei Mann nicht gesehen hätten. Einige von ihnen sagten, sie hätten eine Masse Matrosen gesehen, aber kannten die meinigen nicht recht, einige lachten und hießen mich einen Gelbschnabel. Endlich traf ich einen Seekadetten, welcher mir sagte, er habe zwei meiner Beschreibung entsprechende Leute auf dem Dache der Londoner Postkutsche gesehen, und ich solle mich tummeln, wenn ich sie einholen wolle; aber auf weitere Fragen wollte er keine Antwort geben. Ich setzte meinen Gang durch den Hof fort, bis ich zwanzig oder dreißig Leute in grauen Jacken und Hosen antraf, an welche ich mich um Aufschluß wandte; sie sagten mir, sie hätten zwei Matrosen sich hinter Haufen von Schiffsbauholz verstecken sehen. Sie drängten sich um mich und schienen sehr besorgt, mir beizustehen, bis sie aufgefordert wurden, ein Kabeltau hinwegzutragen.

Ich bemerkte, daß sie alle Nummern an ihren Jacken und einen oder zwei breite eiserne Ringe an ihren Beinen hatten. Obschon ich große Eile hatte, konnte ich doch nicht umhin, zu fragen, warum sie die Ringe trügen. Einer derselben erwiderte, dies seien Verdienstorden, welche sie wegen ihres guten Verhaltens bekommen hätten. Ich ging sehr trostlos weiter, als ich beim Umbiegen um eine Ecke zu meiner großen Freude meinen zwei Leuten begegnete, welche an ihre Hüte langten und sagten, sie hätten nach mir geschaut. Ich glaubte nicht, daß sie die Wahrheit sprachen, allein ich war so froh, sie wieder zu finden, daß ich sie nicht schmälte, sondern mit ihnen in das Boot hinabging, welches schon einige Zeit auf uns wartete. O'Brien, des Schiffsmeisters Gehilfe, hieß mich einen jungen Hauklotz, ein Wort, welches ich nie vorher gehört hatte.

Nachdem wir an Bord gekommen waren, fragte der erste Leutnant O'Brien, warum er so lange ausgeblieben sei?

Er antwortete: »Zwei von den Leuten hätten das Boot verlassen, und ich hätte sie wieder gefunden.«

Der erste Leutnant schien mit mir zufrieden, und bemerkte, er habe schon vorher gesagt, daß ich kein Dummkopf sei; ich aber ging sehr vergnügt über mein gutes Glück hinunter, und fühlte mich O'Brien sehr verbunden, weil er nicht die volle Wahrheit gesagt hatte. Als ich meinen Hut und Degen abgelegt hatte, langte ich nach meinem Taschentuch, fand es aber nicht mehr in meiner Tasche, indem die Leute in den grauen Jacken es wahrscheinlich herausgenommen hatten, welche, wie ich im Gespräche mit meinen Kameraden erfuhr, wegen Diebstahls und Taschenfegens zu harter Arbeit verurteilte Verbrecher waren. Ein paar Tage nachher bekamen wir einen neuen Tischgenossen, Namens M'Foy. Ich befand mich eben auf dem Hinterdeck, als er an Bord kam und dem Kapitän einen Brief überreichte, wobei er zuerst fragte, ob er Kapitän Savage heiße. Er war ein blühend schöner, junger Mann, fast sechs Fuß hoch, mit rötlichen Haaren und von sehr gutem Aussehen. Da seine Laufbahn im Dienste sehr kurz war, so will ich auf einmal erzählen, was ich erst einige Zeit nachher erfuhr. Der Kapitän hatte ihn angenommen, aus Gefälligkeit gegen einen Kameraden, welcher sich aus dem Dienste zurückgezogen hatte und im schottischen Hochlande lebte. Die erste Nachricht, welche der Kapitän von der Ankunft des Herrn M'Foy erhielt, war aus einem Briefe, den des jungen Mannes Oheim an ihn schrieb. Derselbe belustigte ihn so sehr, daß er ihn dem ersten Leutnant zu lesen gab. Er lautete wie folgt:

»Sir!

Da unser sehr geschätzter gegenseitiger Freund, Kapitän M'Albine, mir durch einen Brief, datiert vom vierzehnten laufenden Monats, Ihre freundlichen Absichten in betreff meines Neffen Sholto M'Foy (für welche ich meinen besten Dank abstatte), mitgeteilt hat, so schreibe ich Ihnen, um Sie zu benachrichtigen, daß er nun auf dem Wege nach Ihrem Schiff »Diomede« ist, und, so Gott will, sechsundzwanzig Stunden nach Empfang dieses Briefes eintreffen wird.

Weil ich von Leuten, welche einige Bekanntschaft mit dem königlichen Dienst besitzen, erfahren habe, daß seine Ausrüstung als Offizier etwas kostspielig sein wird, so habe ich es für angemessen erachtet, Sie in dieser Beziehung von jeder Angelegenheit zu befreien, und deshalb eine halbe englische Banknote zu zehn Pfund Sterling, Nummer dreitausendsiebenhundertzweiundvierzig eingeschlossen; die andere Hälfte derselben wird pflichtgemäß in einem frankierten Briefe folgen, welcher mir bis übermorgen versprochen ist. Ich bitte Sie, die nötigen Einkäufe zu machen, und den Überschuß, sollte welcher da sein, zu seiner Tischrechnung oder anderen Ausgaben zu verwenden, welche Sie für angemessen oder gerechtfertigt halten mögen.

Ich muß Sie zugleich benachrichtigen, daß Sholto bei seinem Abgange von Glasgow zehn Schilling in der Tasche hatte: ich zweifle nicht, Sie werden nach der befriedigenden Verwendung derselben forschen, da es eine bedeutende Summe ist, welche dem Gutdünken eines jungen Menschen überlassen wurde, der nur vierzehn Jahre und fünf Monate zählt. Ich erwähne sein Alter, weil Sholto so groß ist, daß Sie durch sein Äußeres leicht getäuscht und verleitet werden könnten, seiner Klugheit in Sachen von ernster Natur zu viel zuzutrauen. Sollte er einmal neben seinem Solde, welcher, wie man mir sagt, bei den königlichen Offizieren eine sehr hübsche Summe ausmacht, einer weiteren Nachhilfe bedürfen, so bitte ich Sie, zu bemerken, daß ein Wechsel von Ihnen auf zehn Tage Sicht, in dem Betrage von fünf Sterling englisch, von der Firma Monteith M'Killop und Kompagnie zu Glasgow pflichtgemäß honoriert werden wird. Nebst vielem Danke für Ihre Freundlichkeit und in aller Achtung verbleibe ich, Sir,

Ihr gehorsamster

Walter Monteith.«

Der Brief, welchen M'Foy an Bord brachte, sollte seine Identität beweisen. Während der Kapitän ihn las, stierte M'Foy um sich wie ein wilder Hirsch. Der Kapitän bewillkommte ihn auf dem Schiffe, richtete ein paar Fragen an ihn, stellte ihn dem ersten Leutnant vor, und ging dann ans Land. Der erste Leutnant hatte mich zum Mittagessen in die Konstabelkammer eingeladen; ich vermutete, er sei mit mir wohl zufrieden, weil ich die Leute gefunden hätte. Als der Kapitän ans Land ruderte, lud er auch Herrn M'Foy ein, wobei folgende Unterhaltung begann:

»Nun, Herr M'Foy! Sie haben eine lange Reise gehabt; vermutlich Ihre erste?«

»Allerdings, Sir!« versetzte M'Foy, »und ich bin schrecklich geplagt worden. Hätte ich auf alles Rücksicht genommen, was man mir ins Ohr flüsterte, so wie ich weiter kam, ich hätte müssen von Geld gemacht sein, – sechs Pence hier – sechs Pence dort – sechs Pence nach allen Seiten. Solche Quälerei hätte ich mir nicht vorgestellt.«

»Wie kamen Sie denn von Glasgow hierher?«

»Mit dem Räderboot oder Dampfboot, wie sie es nennen, nach London. Hier nahmen sie mir sechs Pence ab für das Tragen meines Gepäcks ans Land. – Ein kleines Kistchen, nicht höher als Ihr aufgestülpter Hut da. Ich wollte es gerne selbst tragen, allein sie ließen es nicht zu.«

»Wohin gingen Sie denn, als sie in London ankamen?«

»Nach einem Platze, der Chichester Rents genannt wurde, zu dem Warenhauslager Storm und Mainwaring; da mußte ich wieder sechs Pence bezahlen fürs Wegzeigen. Ich wartete hier eine halbe Stunde im Komptor, bis sie mich zu einem Platze führten, den man Bull und Maul »Pall Mall« ist gemeint. hieß. Sie setzten mich hier in eine Kutsche und zahlten den ganzen Fuhrlohn für mich. Dessenungeachtet gingen sie den ganzen Weg hierher mich um Geld an. Da war zuerst der Kondukteur, und dann der Kutscher, dann wieder ein Kondukteur und wieder ein Kutscher. Doch ich gab ihnen kein Gehör, deshalb brummten sie und schimpften auf mich.«

»Wann kamen Sie an?«

»Gestern Nacht; ich hatte nur ein Bett und Frühstück in dem Zweiblauenpfeiler-Hause. Dafür forderten sie mir drei Schilling und sechs Pence ab, so wahr ich hier sitze. Dann war noch das Stubenmensch da und der Kellnerbengel und sagten, ich solle sie nicht vergessen, sie wollten auch Silber haben; allein ich sagte ihnen, was ich zu dem Kondukteur und dem Kutscher gesagt hatte, daß ich keines für sie habe.«