Kitabı oku: «Amerika Saga», sayfa 4

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Jonny Appleseed

oder: der Wanderer, der Gutes tat

Ah einem schönen Frühlingstag des Jahres 1806 beobachteten Siedler in Jefferson County, Ohio, ein seltsames Fahrzeug mit. einem sonderbaren Mann und einer ungewöhnlichen Ladung.

Mit zwei aneinandergebundenen Kanus transportierte er eine Ladung Apfelkerne nach dem Westen. Er fuhr den Ohio hinunter bis nach Marietta, wo er in den Miskingum-Fluss einbog, dem er bis zur Mündung des White Woman Creeks folgte. Damit nicht genug: Nun fuhr er den Mohican hinauf und kam schließlich über den Black-Fork-Fluß in die Richland Counties, ein Landstrich in der Nähe des heutigen Pittsburgh. Überall auf dieser langen und mühsamen Reise tat der einsame Mann, was er bereits fünf Jahre früher in Ohio getan hatte: Er rodete Land in der Wildnis, legte Baumschulen an und verschwand wieder. Das war der Mann, den man später in jedem Blockhaus zwischen Ohio und den großen Seen Jonny Appleseed nannte.

Jonathan Chapman hieß er in Wirklichkeit und wurde um das Jahr 1775 in Boston geboren. Nach seinen eigenen Angaben war er um die Zeit seines ersten Auftauchens am Licking Creek etwa sechsundzwanzig Jahre alt. Liebeskummer hatte ihn in die Wildnis getrieben. Aber niemand weiß, wie er auf den Entschluss verfiel, sein ganzes Leben künftig an entlegenen Orten Apfelbäume zu pflanzen.

Sein Saatgut holte er sich aus den Obstkeltereien in West-Pennsylvania. Nur selten verlud er seine Fracht auf ein Packpferd, meist schleppte er sie in Lederbeuteln auf seinen eigenen Schultern. Er folgte dem alten Indianerweg nach Westen, der von Fort Duquesne über Fort Sandusky nach Detroit führte. Mit alten Landkarten lässt sich seine Wegstrecke berechnen. Sie muss über 160 Meilen geführt haben.

Die Gegend, durch die er zog, war damals nur dünn besiedelt. Alte Siedler berichten, dass die Ufer der Flüsse und Bäche meist mit dichtem Unterholz bestanden waren, während näher am Wasser langes Gras mit Schlingpflanzen und Weiden wucherte. In den Wäldern gab es Wölfe, Bären, Rehe und ganze Rudel sehr kampflustiger Wildschweine. Im Gras lebten die Massasauga und andere gefährliche Reptilien, und zwar in solchen Mengen, dass einer der Siedler erzählen konnte, er habe im ersten Jahr nach seiner Landnahme auf einem kleinen Stück Prärie, das er vor dem Pflügen abmähte, zweihundert schwarze Klapperschlangen totschlagen müssen. Der Grenzer, der sich durch sein Gewehr hinreichend gegen Angriffe durch wilde Tiere oder feindliche Indianer gesichert fühlte, wusste sich im Kampf gegen die unsichtbar im Gras lauernden Feinde keinen anderen Rat, als seine Lederhosen und Mocassins mit dichten, dicken Ballen aus dürrem Gras zu umwickeln.

Durch diese Gegenden wanderte Jonny mit seinem Ledersack voll Apfelsaat auf der Schulter barfuß auf der Suche nach einem Stück Erde, das schön gelegen wie auch fruchtbar sein musste. Dort streute er dann seine Saat aus, umgab den Platz mit einem schützenden Gatter und überließ dann die Saat mit einem Gebet Gottes Pflege. Waren aus den kleinen braunen Kernen Setzlinge geworden, so kamen die Siedler der Umgebung und pflanzten sie auf ihre Rodungen.

Er war ein kleiner, hagerer Mann, hatte langes dunkles Haar, einen struppigen Bart und wache schwarze Augen, die von intensiver Lebendigkeit funkelten. Seine Kleidung spottete jeder Beschreibung. Sie bestand aus abgelegten Hosen und Hemden, die er im Tausch gegen Apfelschösslinge eingehandelt hatte. In seinen späteren Jahren schien ihm auch diese Mode noch zu luxuriös. Er begnügte sich dann mit einem einzigen aus einem Kaffeesack verfertigten Kleidungsstück, das, wie er selbst sagte, »einen sehr guten Mantel abgibt und zugleich der beste Anzug ist, den sich ein Mann wünschen kann«.

Am Liebsten wanderte er barfuß. An einem ungewöhnlich kalten Novembertag begegnete John einem Siedler, der ihm ein Paar Schuhe aufdrängte, die ihm selbst zu klein waren. Ein paar Tage später traf dieser Mann Jonny in dem kleinen Dorf Mansfield wieder, das heute eine große, aufblühende Stadt ist. Zu seiner Verwunderung musste er feststellen, dass Jonny wieder barfuß des Weges kam. Erzürnt über soviel vermeintlichen Eigensinn, stellte er den Beschenkten zur Rede: Jonny hatte die Schuhe einer armen, ebenfalls barfuß daher kommenden Familie geschenkt, die nach Westen zog. »Sie waren noch schlechter dran«, erklärte er.

Was seine Kopfbedeckung anging, so war sein Geschmack gleichfalls recht eigenartig. Zuerst benutzte er dazu einen Zinnkessel, in dem er auch seinen Brei kochte. Gegen diese Kopfbedeckung gab es nur einen Einwand: Sie schützte seine Augen nicht vor der Sonne. Deshalb bastelte er sich einen Hut aus Pappe und verzierte ihn mit einer gewaltigen Spitze. In dieser seltsamen Gewandung zog er durch Wälder und Sümpfe und tauchte unverhofft in den Siedlungen der Weißen und den Dörfern der Indianer auf. In seinem Blick und in seiner Art zu reden muss eine seltene Kraft freundlicher Güte gewesen sein, denn es ist bezeugt, dass man ihn trotz seines lächerlichen Aussehens immer mit größter Achtung behandelte. Im Umgang mit Erwachsenen und Jungen war er gewöhnlich wortkarg und zurückhaltend, aber er hatte eine große Zuneigung zu kleinen Mädchen, für die er immer ein paar Bänder oder einen Fetzen bunten Stoffes aus seinen Taschen hervor zauberte.

Die Indianer behandelte Jonny mit großer Freundlichkeit. Die Wilden nannten ihn den »großen Medizinmann«, hauptsächlich wohl wegen seiner seltsamen Erscheinung, seiner exzentrischen Handlungen und besonders wegen seiner Fähigkeit, große Schmerzen zu ertragen. Während des Krieges im Jahr 1812, als die Grenzer von den mit England verbündeten Indianerstämmen überfallen wurden, setzte Jonny Appleseed seine Wanderungen unbeirrt fort und wurde auch nie von den umherziehenden Indianerbanden angegriffen. Oft warnte er auch Siedler vor Überfällen. Als nach der Niederlage des amerikanischen Generals Hull Engländer und Indianer mordend und sengend das Grenzgebiet überzogen und selbst wehrlose Frauen und Kinder töteten, eilte Jonny Tag und Nach durch die Wildnis, um die Menschen vor der herannahenden Gefahr zu warnen. Er gönnte sich keine Ruhe, bis er auch in den entlegensten Hütten seine Botschaft verkündet hatte:

»Der Geist des Herrn ist über mich gekommen und hat mir bedeutet, ich möge laut blasen die Trompete in der Wildnis und Alarm schlagen in den Wäldern, denn, hört, die Völker der Heiden stehen um Euer Haus, und die alles verschlingende Flamme folgt ihnen auf dem Fuß.«

Seine Warnung war ebenso ernst, wie seine Worte dunkel waren. Denn Jonny Appleseed war ein eifriger Schüler der Lehren Emanuel Swedenborgs und behauptete, ständig selbst Gespräche mit Engel und Geistern zu führen. Zwei weibliche Engel, so erzählte er, hätten ihm enthüllt, sie seien ihm in einem anderen Leben als Frauen bestimmt, deshalb dürfe er auch in dieser Welt nicht heiraten. Auf seinen Reisen führte er die Schriften des schwedischen Mystikers mit sich und lieh sie auch aus. Da er aber von jedem der Bücher nur ein Exemplar besaß, zerlegte er die Bände in einzelne Bogen und ließ jeweils ein Kapitel in einer Blockhütte zurück, das er bei seinem nächsten Besuch gegen die Fortsetzung austauschte.

Jonnys Vertrauen auf die Schriften Swedenborgs war unerschütterlich. Als er einmal gefragt wurde, ob er sich denn nie fürchte, barfuß durch die Wälder zu streifen, in denen es von den schrecklichsten Raubtieren nur so wimmelte, erklärte er mit einem selbstsicheren Lächeln, indem er dem Fragenden das Buch ‚entgegenstreckte: »Diese Schriften sind mein unfehlbarer Schutz gegen alle Gefahr jetzt und immerdar!«

Wurde er am Abend eines anstrengenden Tages in einer Blockhütte von gastfreundlichen Siedlern zur Nacht eingeladen, so ließ er sich auf dem Fußboden nieder und holte, nachdem er die Familie gefragt hatte, ob sie »einige Neuigkeiten direkt vom Himmel« hören wollten, einige zerlesene Bücher hervor, unter denen sich immer auch ein Neues Testament befand. Aus diesen Schriften las er vor, und seine Zuhörer wurden von seinem begeisterten Redefluss mitgerissen, auch wenn sie den Inhalt nicht verstanden.

Um 1838, siebenunddreißig Jahre nachdem er zum ersten Mal am Licking Creek aufgetaucht war, hatte sich die Wildnis um den Ohio in ein dicht besiedeltes Land verwandelt. Aus den abgelegenen Blockhütten waren kleine Dörfer geworden, die größeren Niederlassungen waren zu Städten aufgewachsen. Wo früher nur Indianerpfade die Wildnis durchquerten, zogen sich jetzt feste Straßen hin, auf denen Postkutschen verkehrten. Die kleinen Mädchen, denen Jonny einst bunte Bänder mitgebracht hatte, waren inzwischen selbst Mütter geworden, die kleinen Jungen, die seine Fähigkeit, Schmerzen zu ertragen, bewundert hatten, waren zu Familienvätern herangewachsen, die schon ihre Enkel auf den Knien wiegten. Am Licking Creek war seine Arbeit getan. Ein paar Tausend Quadratkilometer Obstplantagen zeugten hier für seine unermüdliche Lebensarbeit. Neun Jahre noch zog er nun weiter nach Westen, dorthin, wo nun die »neue Grenze« gegen die Wildnis hin verlief, und pflanzte in Indiana Apfelbäume. Im Jahr 1847 starb er im Hause eines Siedlers in Allen County, Indiana. Am Abend hatte er gepredigt und in der Nacht, wie immer, auf den rohen Bodenbrettern neben seinen Ledersäcken mit Apfelkernen geschlafen. Am Morgen erwachte er nicht mehr. Der Arzt stellt den Tod fest, sagte aber zugleich, er habe nie einen Verstorbenen so ruhig und friedvoll gesehen.

Noch heute aber erinnern in jedem Frühling die weißen Blüten tausender Obstbäume im Tal des Ohio und in Indiana an jenen Mann, der keinen Feind hatte, der den einsamen Siedlern Freund, Helfer und Prediger war: an Jonny Appleseed, den Wanderer, der allen Gutes tat.


Das abenteuerliche Leben des Davy Crockett

Die Taten des Jägers, Kongressabgeordneten und Scouts Davy Crockett sind nicht die Erfindung einer üppigen, wild ausschweifenden Phantasie. Davy Crockett hat gelebt, und seine Lebensgeschichte, aus der wir im folgenden einige Episoden wiedergeben, liest sich erregender als jene Produkte späterer Wild-West-Autoren, die sich von dieser faszinierenden Gestalt mit der Skunkschwanzmütze inspiriert fühlten. Er war das Urbild jener etwas ungehobelten, aber doch gutmütigen Hinterwäldlerburschen, die die »Grenze« über die Appalachen nach Westen verschoben. Hart, hemdsärmlig, bärbeißig, mit einem trockenen Humor und einem natürlichen Sinn für Gerechtigkeit begabt, immer zu einem prahlenden Wortgefecht, zu einer Kraftprobe, einem Jagdabenteuer oder zu einem Ritt gegen die Indianer bereit, wurde er zum Idol der amerikanischen Jugend zu Beginn des Neunzehnten Jahrhunderts.

Mit dem Bericht über sein Leben und seine Taten, wie sie sich in seinen Büchern »A Narrative of David Crockett of the State of Tennessee«, »An Account of Colonel Crockett's Tour to the North and Down East« sowie »Colonel Crocketts Exploits and Adventures in Texas« darstellen, erfahren wir zugleich auch ein gutes Stück amerikanischer Kulturgeschichte dieser Epoche.

– Das abenteuerliche Leben des Davy Crockett –
Meine Kindheit und Jugend

Da manche Menschen offenbar einiges Interesse an der Geschichte eines so unbedeutenden Individuums, wie ich es nun einmal bin, zu haben scheinen, und da schließlich meine Abenteuer niemandem so genau bekannt sein können wie gerade mir, habe ich mich auf das Drängen meiner Freunde und Bekannten hin nun entschlossen, sie niederzuschreiben und somit der Welt eine Darstellung dieser Ereignisse zu hinterlassen, die den Vorteil hat, wahr und echt zu sein. Ich schiebe also alle speichelleckerischen Entschuldigungen beiseite und erinnere mich meines alten Wahlspruchs, der da lautet: nur zu!

Mein Vater hieß John Crockett. Er war irischer Abstammung. Entweder kam er drüben in Irland zur Welt oder, wo nicht, so doch auf der Überfahrt. Er verbrachte die ersten Lebensjahre im schönen Staate Pennsylvania und wurde später Farmer. Der Name meiner Mutter lautet Rebecca Hawkins. Sie war eine gebürtige Amerikanerin aus Maryland und erblickte das Licht dieser Welt irgendwo zwischen den beiden Siedlungen York und Baltimore. Sicherlich wird man mir irgendwann auch einmal erzählt haben, wann meine Eltern heirateten, allein, ich habe es vergessen. Indessen bin ich ganz sicher, dass dieses Ereignis stattgefunden hat, denn andernfalls würde sich heute die Öffentlichkeit kaum mit der Geschichte ihres Sohnes, David Crockett, befassen müssen.

Mein Vater nahm am Unabhängigkeitskrieg teil, kämpfte gegen die Engländer in der Schlacht am Kings Mountain und ließ sich dann im östlichen Tennessee nieder.

Er siedelte dort unter recht gefährlichen Umständen für sich wie für seine Familie, denn es lebten damals noch Indianer in dieser Gegend, die den Weißen feindlich gesinnt waren. Mein Großvater und meine Großmutter wurden in ihrem eigenen Haus von Indianern ermordet. Etwa um dieselbe Zeit geriet der Bruder meines Vaters, dem eine Kugel den Arm gebrochen hatte, in indianische Gefangenschaft. Da er von klein auf taubstumm war, fiel es ihm schwer zu entfliehen. Siebzehn Jahre und neun Monate lebte er bei den Indianern, bis ihn schließlich der älteste Bruder meines Vaters entdeckte und ihn bei einem indianischen Händler freikaufte.

Meine Eltern hatten sechs Söhne und drei Töchter. Ich wurde als fünfter Sohn geboren. Schade, dass ich nicht der siebente Sohn war. Dann nämlich wäre ich durch Gemeindebeschluss zum Doktor bestimmt worden, wie das damals üblich war. Aber ich war nicht der siebente Sohn, und zudem war mein Vater arm, und wir lebten weit ab unter den Hinterwäldlern, und so erlaubten es ihm seine spärlichen Mittel nicht, seinen Kindern eine Erziehung zuteilwerden zu lassen.

Ehe ich nun von meinen eigenen Sorgen und Freuden rede, möchte ich doch zunächst den geschätzten Leser darüber ins Bild setzen, dass ich wie andere Leute auch geboren wurde. Nach alledem, was ich über dieses Ereignis in Erfahrung bringen konnte, geschah dies am 17. August des Jahres 1786. Zu dieser Zeit lebte mein Vater an der Mündung des Lime-Stone-Flusses in den Nolachucky.

Ein Ereignis aus meiner frühen Kindheit ist mir in lebhafter Erinnerung geblieben. Ich weiß nicht, wie alt ich damals gewesen sein mag. Jedenfalls trug ich noch keine Kniehosen, muss also noch ein rechter Dreikäsehoch gewesen sein. Was geschah, war Folgendes:

Meine vier älteren Brüder und ein hochaufgeschossener Junge von fünfzehn Jahren, der Campbell hieß, spielten mit mir am Ufer des Flusses. Sie bestiegen das Kanu meines Vaters, das auf den Strand gezogen lag, brachten es zu Wasser und ruderten davon, ohne mich mitzunehmen.

Etwas unterhalb der Siedlung lag ein Wasserfall. Meine Brüder waren trotz ihres Alters schon geübte Kanufahrer und das Boot gehorchte ihnen, aber Campbell gab ihnen die Ruder nicht, sondern behielt sie selbst. Nach dem, wie er damit umging, musste man annehmen, dass er nie ein Boot gesehen, geschweige denn eines gerudert hatte, denn es trieb überall dorthin, wohin er es nicht haben wollte. Er ruderte und ruderte, verlor mehr und mehr die Gewalt über das Boot, bis plötzlich vor dem Bug der Wasserfall auftauchte. Nicht etwa weil ich um das Leben der fünf Bootsinsassen fürchtete, sondern weil ich wütend war, dass man mich zurückgelassen hatte, schrie ich wie am Spieß. Ein Mann namens Kendall, der auf einem Feld nahe des Ufers arbeitete, hörte mich und sah das Boot schon nahe am Abgrund. Er lief herbei, warf Hemd und Jacke von sich und sprang, nur mit ein paar Kniehosen bekleidet, in den Fluss. Watend und schwimmend erreichte er das Kanu etwa.drei Meter vor dem Fall und musste all seine Kraft aufbieten, um es aus den Strudeln heraus ins ruhigere Wasser zu.schieben.

Kurz nach diesem Vorfall zogen meine Eltern aus dieser Gegend fort und siedelten zehn Meilen vor Greenville. Dort trug sich ein anderes Ereignis zu, das, obwohl ich noch ein kleines Kind war, einen bleibenden Eindruck in meinem Gedächtnis hinterließ. Joseph Hawkins, der Bruder meiner Mutter, war in den Wald gegangen, um ein Reh zu schießen. Er kam an einem Gebüsch vorbei, in dem ein Nachbar von uns Trauben pflückte, denn es war Herbst. Der Körper des Mannes war durch die Büsche verborgen. Von Zeit zu Zeit wurde lediglich seine Hand sichtbar, die Trauben aus dem Dickicht herausreichte.

Da solche Gebüsche oft das Versteck von Wild waren und mein Onkel wirklich nicht ahnen konnte, dass Menschen darin herumkrochen, ließ ihn seine Einbildungskraft die Bewegung der Hand für das Wackeln eines Rehohrs halten. Er drückte ab und, der Teufel wollte es, traf den Mann im Gebüsch durch den Leib. Ich erinnere mich daran, dass mein Vater durch den Durchschuss ein weißes Taschentuch zog. Nach einiger Zeit heilte die Wunde tatsächlich zu. Was später aus dem Mann geworden ist, weiß ich nicht zu sagen. Doch ist anzunehmen, dass er in Zukunft wenig Gefallen daran gefunden haben mag, in Gebüschen Trauben zu pflücken.

Der nächste Umzug meiner Eltern führte uns an die Mündung des Cove Creeks, wo mein Vater zusammen mit einem Mann namens Thomas Galbreath eine Mühle bauten Sie kamen damit ganz gut voran, und der Bau war schon fast fertig, als eines Tages eine zweite Sintflut einsetzte, die Mühle; Munition, Schlösser und Vorräte fortschwemmte. Nach diesem Unglück entschloss sich mein Vater, dem Mühlengewerbe den Rücken zu kehren. Er zog wieder weiter und ließ sich in Jefferson County im Staate Tennessee nieder, wo er an der Straße zwischen Abbingdon und Knoxville ein Gasthaus eröffnete. Es war ein kleines Gasthaus, denn mein Vater war ein armer Mann. Hier blieb ich bis zu meinem zwölften Lebensjahr. Und in diesem Alter machte ich, wie jedem Yankee und Hinterwäldler klar sein wird, meine ersten Erfahrungen mit dem Ernst des Lebens.

– Das abenteuerliche Leben des Davy Crockett –
Der Ernst des Lebens

Ein alter Holländer mit Namen Jacob Siler, der von Knox nach Rockbridge im Staat Virginia reiste, übernachtete im Haus meines Vaters. Er führte eine Rinderherde mit sich, für die er einen Treiber suchte. Mein Vater war damals schlecht dran und konnte freilich nicht ahnen, dass es sein Sohn einmal zum Kongressabgeordneten bringen sollte. Vor allem aber konnte er sich auch wohl kaum vorstellen, was es heißt, einen Jungen meines Alters auf eine solche Reise zu schicken: denn anders kann ich mir nicht erklären, dass er mich an den Holländer verdingte, obwohl dieser alte Mann für mich ein Fremder war, den ich gerade einen Abend kannte. Ein Fußmarsch über vierhundert Meilen lag vor mir. Schweren Herzens nahm ich von meinen Eltern Abschied, aber ich hielt durch, bis wir einen Platz erreichten, der drei Meilen von jener Stelle entfernt war, die man die »natürliche Brücke« nennt. Hier machten wir Rast im Hause des Schwiegervaters von Mr. Siler. Mein Herr war sehr mit mir zufrieden und gab mir für meine Dienste fünf oder sechs Dollar.

Ich nehme jedoch an, dass er mich mit diesem Geld veranlassen wollte, nicht mehr zu meinem Vater zurückzukehren. Mein Vater hatte mich zu strengem Gehorsam erzogen, und so meinte ich zuerst, ich müsse diesem Mann unbedingt gehorchen, oder war jedenfalls viel zu ängstlich, um mich ihm zu widersetzen. So blieb ich und gab auch vor, ganz zufrieden zu sein, bis jedermann in der Familie völlig davon überzeugt war, dies sei mein wahrer Wunsch und Wille. Vier oder fünf Wochen vergingen.

Eines Tages spielte ich mit zwei anderen Jungen am Rand der großen Straße in einiger Entfernung vom Haus, als drei Wagen vorbeikamen. Einer gehörte einem alten Mann namens Dunn, die anderen zwei Wagen trugen den Hausrat seiner beiden Söhne. Alle Fahrzeuge waren gut bespannt, und das Ziel ihrer Reise war Knoxville. Da diese Männer schon einmal im Gasthaus meines Vaters übernachtet hatten, kannte ich sie flüchtig. Ich lief also zu dem alten Mann, nannte meinen Namen und erklärte ihm meine Lage. Dann sagte ich ihm, ich wolle zu meinem Vater und zu meiner Mutter zurück, und bat ihn, mir zu raten, wie das wohl zu machen sei. Die Männer sagten mir, sie beabsichtigten in einem sieben Meilen entfernten Gasthaus über Nacht zu bleiben. Wenn es mir gelingen sollte, mich dort vor Anbruch des nächsten Tages einzufinden, so versprachen sie, würden sie mich mitnehmen. Auch sicherten sie mir ihren Beistand für den Fall zu, dass man mich verfolgen werde. Dies geschah an einem Sonntagabend.

Ich lief zum Haus meines Herrn zurück, und mein Glück wollte es, dass er mit seiner ganzen Familie ausgegangen war. Ich raffte meine Kleider zusammen, nahm das wenige Geld,das ich besaß,und packte all meine Habseligkeiten zu einem Bündel zusammen, das ich unter dem Kopfkissen meines Bettes verbarg. Ich ging zeitig zu Bett und versuchte mit aller Macht nicht einzuschlafen. Denn obwohl ich ein wilder Junge war, liebte ich doch meinen Vater und meine Mutter sehr, und der Gedanke an ein Wiedersehen mit ihnen war stark genug, um die Müdigkeit zu überwinden. Natürlich hatte ich Angst. Was würde geschehen, wenn man meine Flucht zu früh entdeckte? Drei Stunden vor Sonnenaufgang brach ich auf. Als ich ins Freie trat, schneite es heftig. Der Schnee lag zwanzig Zentimeter hoch. Auch hatte ich darauf gehofft, dass der Mondlicht scheinen würde, aber der ganze Himmel war von Schneewolken verhängt. Auf meinem Weg zur großen Straße musste ich mich daher ganz auf meinen Orientierungssinn verlassen. Eine halbe Meile lief ich über Land, ohne sicher zu sein, dass ich auf dem richtigen Weg war. Ich hätte auch die Straße bestimmt verfehlt, wenn nicht an der Einmündung des kleineren Weges Holzstangen in den Boden gerammt gewesen wären. Die Schneedecke erschwerte die Orientierung, allerdings bedeckte der immer noch anhaltende Schneefall auch meine Spuren. Mein Herr würde am nächsten Morgen vergebens nach mir Ausschau halten.

Ich erreichte die verabredete Stelle etwa eine Stunde vor Tagesanbruch. Die Pferde waren schon angespannt und wurden gerade gefüttert. Bald würde man aufbrechen. Mr. Dunn führte mich ins Haus und war sehr freundlich zu mir. Ich war erregt und glücklich. Alle Aufregungen und der Marsch durch die Nacht waren nicht umsonst gewesen. Ich wärmte mich am Feuer, denn es war eisig kalt, und nachdem wir gefrühstückt hatten, fuhren wir los.

Die Gedanken an mein Zuhause ergriffen nun ganz und gar von mir Besitz, und ich zählte wohl die Umdrehungen der Wagenräder, jedenfalls aber die Meilen ungeduldig,denn es ging mir nun nicht schnell genug. Ich blieb bei meinem freundlichen Beschützer, bis wir das Haus von Mr. John Cole erreichten. Dort war ich schon so ungeduldig geworden, dass ich mir vornahm, nun das letzte Stück der Reise zu Fuß zurückzulegen, weil ich auf diese Weise doppelt so schnell wie die Wagen vorankommen würde.

Mr. Dunn schien es leidzutun, dass ich mich von ihm trennen wollte, und er bot all seine Überzeugungskraft auf, um mich zurückzuhalten. Aber mein Zuhause, so armselig es auch war, stand mir nun deutlicher denn je vor Augen, und es erschien mir so begehrenswert wie nie zuvor.

Ich blieb noch über Nacht bei Mr. Cole, am anderen Morgen aber brach ich frühzeitig auf. Ich ging zu Fuß weiter, bis ich einen Mann traf, der vom Markt zurückkam. Er hatte ein gesatteltes Packpferd bei sich und bot mir an, auf dem Tier zu reiten. Darüber war ich froh, denn ich war nun sehr müde und hätte, wäre mir nicht dieser freundliche Mann begegnet, durch das eiskalte Wasser des Roanoke waten müssen. Fünfzehn Meilen vor meinem Ziel trennten wir uns. Er ritt nach Kentucky weiter, und ich lief zu Fuß bis zum Haus meines Vaters, das ich gegen Abend erreichte. Den Namen des Gentleman, der mir sein Packpferd andiente, habe ich vergessen, und das tut mir leid, denn er verdiente eigentlich einen Ehrenplatz in diesem Bericht. Jedoch will ich die Erinnerung an einen Fremden, der einem kleinen unbekannten Jungen half, bewahren, solange ich lebe.


Im folgenden Kapitel erzählt Davy, wie er in eine nahe gelegene Privatschule geschickt wird, dort aber nur vier Tage bleibt, weil er sich mit einem älteren Jungen geprügelt hat. Er begleitet einen Wagenzug nach Baltimore und kehrt dann wieder zu seiner Familie zurück. Er ist nun fünfzehn Jahre alt und, so fährt er fort, »es mag für viele, die mich heute als Mitglied des amerikanischen Kongresses kennen, erstaunlich sein, dass ich in diesem fortgeschrittenen Alter auch nicht einen Buchstaben lesen oder schreiben konnte«.

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9783862870868
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