Kitabı oku: «Die Grundlagen der Arithmetik», sayfa 5
Hier könnte Mill mit Recht tadelnd von einem kunstfertigen Handhaben der Sprache reden; denn hier ist es nicht die äussere Erscheinung eines Denkvorganges, sondern es spiegelt einen solchen nur vor. Hier hat man in der That den Eindruck, als ob den von Gedanken leeren Worten eine gewisse geheimnissvolle Kraft beigelegt werde, wenn Verschiedenes blos dadurch, dass man es Einheit nennt, gleich werden soll.
Versuche, die Schwierigkeit zu überwinden
§ 40. Wir betrachten nun einige Ausführungen, die sich als Versuche zur Ueberwindung dieser Schwierigkeit darstellen, wenn sie auch wohl nicht immer mit klarem Bewusstsein in dieser Absicht gemacht sind.
Man kann zunächst eine Eigenschaft des Raumes und der Zeit zu Hilfe rufen. Ein Raumpunkt ist nämlich von einem andern, eine Gerade oder Ebene von einer andern, congruente Körper, Flächen- oder Linienstücke von einander, für sich allein betrachtet, gar nicht zu unterscheiden, sondern nur in ihrem Zusammensein als Bestandteile einer Gesammtanschauung. So scheint sich hier Gleichheit mit Unterscheidbarkeit zu vereinen. Aehnliches gilt von der Zeit. Daher meint wohl Hobbes,68 dass die Gleichheit der Einheiten anders als durch Theilung des Continuums entstehe, könne kaum gedacht werden. Thomae69 sagt: »Stellt man eine Menge von Individuen oder Einheiten im Raume vor und zählt man sie successive, wozu Zeit erforderlich ist, so bleibt bei aller Abstraction als unterscheidendes Merkmal der Einheiten noch ihre verschiedene Stellung im Raume und ihre verschiedene Aufeinanderfolge in der Zeit übrig.«
Zunächst erhebt sich das Bedenken gegen eine solche Auffassungsweise, dass dann das Zählbare auf das Räumliche und Zeitliche beschränkt wäre. Schon Leibniz70 weist die Meinung der Scholastiker zurück, die Zahl entstehe aus der blossen Theilung des Continuums und könne nicht auf unkörperliche Dinge angewandt werden. Baumann71 betont die Unabhängigkeit von Zahl und Zeit. Der Begriff der Einheit sei auch ohne die Zeit denkbar. St. Jevons72 sagt: »Drei Münzen sind drei Münzen, ob wir sie nun nach einander zählen oder sie alle zugleich betrachten. In vielen Fällen ist weder Zeit noch Raum der Grund des Unterschiedes, sondern allein Qualität. Wir können Gewicht, Trägheit und Härte des Goldes als drei Eigenschaften auffassen, obgleich keine von diesen vor noch nach der andern ist weder im Raum noch in der Zeit. Jedes Mittel der Unterscheidung kann eine Quelle der Vielheit sein.« Ich füge hinzu: wenn die gezählten Gegenstände nicht wirklich auf einander folgen, sondern nur nach einander gezählt werden, so kann die Zeit nicht der Grund der Unterscheidung sein. Denn, um sie nach einander zählen zu können, müssen wir schon unterscheidende Kennzeichen haben. Die Zeit ist nur ein psychologisches Erforderniss zum Zählen, hat aber mit dem Begriffe der Zahl nichts zu thun. Wenn man unräumliche und unzeitliche Gegenstände durch Raum- oder Zeitpunkte vertreten lässt, so kann dies vielleicht für die Ausführung der Zählung vortheilhaft sein; grundsätzlich wird aber dabei die Anwendbarkeit des Zahlbegriffes auf Unräumliches und Unzeitliches vorausgesetzt.
§ 41. Wird denn aber der Zweck der Vereinigung von Unterscheidbarkeit und Gleichheit wirklich erreicht, wenn wir von allen unterscheidenden Kennzeichen ausser den räumlichen und zeitlichen absehen? Nein! Wir sind der Lösung nicht um Einen Schritt näher gekommen. Die grössere oder geringere Aehnlichkeit der Gegenstände thut nichts zur Sache, wenn sie doch zuletzt aus einander gehalten werden müssen. Ich darf die einzelnen Punkte, Linien u. s. f. hier ebenso wenig alle mit 1 bezeichnen, als ich sie bei geometrischen Betrachtungen sämmtlich A nennen darf; denn hier wie dort ist es nöthig, sie zu unterscheiden. Nur für sich, ohne Rücksicht auf ihre räumlichen Beziehungen sind die Raumpunkte einander gleich. Soll ich sie aber zusammenfassen, so muss ich sie in ihrem räumlichen Zusammensein betrachten, sonst schmelzen sie unrettbar in Einem zusammen. Punkte stellen in ihrer Gesammtheit vielleicht irgendeine sternbildartige Figur vor oder sind irgendwie auf einer Geraden angeordnet, gleiche Strecken bilden vielleicht mit den Endpunkten zusammenstossend eine einzige Strecke oder liegen getrennt von einander. Die so entstehenden Gebilde können für dieselbe Zahl ganz verschieden sein. So würden wir auch hier verschiedene Fünfen, Sechsen u. s. w. haben. Die Zeitpunkte sind durch kurze oder lange, gleiche oder ungleiche Zwischenzeiten getrennt. Alles dies sind Verhältnisse, die mit der Zahl an sich gar nichts zu thun haben. Ueberall mischt sich etwas Besonderes ein, worüber die Zahl in ihrer Allgemeinheit weit erhaben ist. Sogar ein einzelner Moment hat etwas Eigenthümliches, wodurch er sich etwa von einem Raumpunkte unterscheidet, und wovon nichts in dem Zahlbegriffe vorkommt.
§ 42. Auch der Ausweg, räumliche und zeitliche Anordnung durch einen allgemeinern Reihenbegriff zu ersetzen, führt nicht zum Ziele; denn die Stelle in der Reihe kann nicht der Grund des Unterscheidens der Gegenstände sein, weil diese schon irgendworan unterschieden sein müssen, um in eine Reihe geordnet werden zu können. Eine solche Anordnung setzt immer Beziehungen zwischen den Gegenständen voraus, seien es nun räumliche oder zeitliche oder logische oder Tonintervalle oder welche sonst, durch die man sich von einem zum andern leiten lässt, und die mit deren Unterscheidung nothwendig verbunden sind.
Wenn Hankel73 ein Object 1 mal, 2 mal, 3 mal denken oder setzen lässt, so scheint auch dies ein Versuch zu sein, die Unterscheidbarkeit mit der Gleichheit des zu Zählenden zu vereinen. Aber man sieht auch sofort, dass es kein gelungener ist; denn diese Vorstellungen oder Anschauungen desselben Gegenstandes müssen, um nicht in Eine zusammenzufliessen, irgendwie verschieden sein. Ich meine auch, dass man berechtigt ist, von 45 Millionen Deutschen zu sprechen, ohne vorher 45 Millionen mal einen Normal-Deutschen gedacht oder gesetzt zu haben; das möchte etwas umständlich sein.
§ 43. Wahrscheinlich um die Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich ergeben, wenn man mit St. Jevons jedes Zeichen 1 einen der gezählten Gegenstände bedeuten lässt, will E. Schröder dadurch einen Gegenstand nur abbilden. Die Folge ist, dass er nur das Zahlzeichen, nicht die Zahl erklärt. Er sagt nämlich74: »Um nun ein Zeichen zu erhalten, welches fähig ist auszudrücken, wieviele jener Einheiten75 vorhanden sind, richtet man die Aufmerksamkeit der Reihe nach einmal auf eine jede derselben und bildet sie mit einem Strich: 1 (eine Eins, ein Einer) ab; diese Einer setzt man in eine Zeile neben einander, verbindet sie jedoch unter sich durch das Zeichen + (plus), da sonst zum Beispiel 111 nach der gewöhnlichen Zahlenbezeichnung als einhundert und elf gelesen würde. Man erhält auf diese Weise ein Zeichen wie:
1 + 1 + 1 + 1 + 1,
dessen Zusammensetzung man dadurch beschreiben kann, dass man sagt:
»Eine natürliche Zahl ist eine Summe von Einern.«
Hieraus sieht man, dass für Schröder die Zahl ein Zeichen ist. Was durch dies Zeichen ausgedrückt wird, das, was ich bisher Zahl genannt habe, setzt er mit den Worten »wieviele jener Einheiten vorhanden sind« als bekannt voraus. Auch unter dem Worte »Eins« versteht er das Zeichen 1, nicht dessen Bedeutung. Das Zeichen + dient ihm zunächst nur als äusserliches Verbindungsmittel ohne eignen Inhalt; erst später wird die Addition erklärt. Er hätte wohl kürzer so sagen können: man schreibt ebensoviele Zeichen 1 neben einander, als man zu zählende Gegenstände hat, und verbindet sie durch das Zeichen +. Die Null würde dadurch auszudrücken sein, dass man nichts hinschreibt.
§ 44. Um nicht die unterscheidenden Kennzeichen der Dinge in die Zahl mitaufzunehmen, sagt St. Jevons76:
»Es wird jetzt wenig schwierig sein, eine klare Vorstellung von der Zahlen-Abstraction zu bilden. Sie besteht im Abstrahiren von dem Charakter der Verschiedenheit, aus der Vielheit entspringt, indem man lediglich ihr Vorhandensein beibehält. Wenn ich von drei Männern spreche, so brauche ich nicht gleich die Kennzeichen einzeln anzugeben, an denen man jeden von ihnen von jedem unterscheiden kann. Diese Kennzeichen müssen vorhanden sein, wenn sie wirklich drei Männer und nicht ein und derselbe sind, und indem ich von ihnen als von vielen rede, behaupte ich damit zugleich das Vorhandensein der erforderlichen Unterschiede. Unbenannte Zahl ist also die leere Form der Verschiedenheit.«
Wie ist das zu verstehn? Man kann entweder von den unterscheidenden Eigenschaften der Dinge abstrahiren, bevor man sie zu einem Ganzen vereinigt; oder man kann erst ein Ganzes bilden und dann von der Art der Unterschiede abstrahiren. Auf dem ersten Wege würden wir gar nicht zur Unterscheidung der Dinge kommen und also auch das Vorhandensein der Unterschiede nicht festhalten können; den zweiten Weg scheint Jevons zu meinen. Aber ich glaube nicht, dass wir so die Zahl 10000 gewinnen würden, weil wir nicht im Stande sind, so viele Unterschiede gleichzeitig aufzufassen und ihr Vorhandensein festzuhalten; denn, wenn es nach einander geschähe, so würde die Zahl nie fertig werden. Wir zählen zwar in der Zeit; aber dadurch gewinnen wir nicht die Zahl, sondern bestimmen sie nur. Uebrigens ist die Angabe der Weise des Abstrahirens keine Definition.
Was soll man sich unter der »leeren Form der Verschiedenheit« denken? etwa einen Satz wie
»a ist verschieden von b«,
wobei a und b unbestimmt bleiben? Wäre dieser Satz etwa die Zahl 2? Ist der Satz
»die Erde hat zwei Pole«
gleichbedeutend mit
»der Nordpol ist vom Südpol verschieden«?
Offenbar nicht. Der zweite Satz könnte ohne den ersten und dieser ohne jenen bestehen. Für die Zahl 1000 würden wir dann
solche Sätze haben, die eine Verschiedenheit ausdrücken.
Was Jevons sagt, passt insbesondere gar nicht auf die 0 und die 1. Wovon soll man eigentlich abstrahiren, um z. B. vom Monde auf die Zahl 1 zu kommen? Durch Abstrahiren erhält man wohl die Begriffe: Begleiter der Erde, Begleiter eines Planeten, Himmelskörper ohne eignes Licht, Himmelskörper, Körper, Gegenstand; aber die 1 ist in dieser Reihe nicht anzutreffen; denn sie ist kein Begriff, unter den der Mond fallen könnte. Bei der 0 hat man gar nicht einmal einen Gegenstand, von dem bei der Abstraction auszugehen wäre. Man wende nicht ein, dass 0 und 1 nicht Zahlen in demselben Sinne seien wie 2 und 3! Die Zahl antwortet auf die Frage wieviel? und wenn man z. B. fragt: wieviel Monde hat dieser Planet? so kann man sich ebenso gut auf die Antwort 0 oder 1 wie 2 oder 3 gefasst machen, ohne dass der Sinn der Frage ein andrer wird. Zwar hat die Zahl 0 etwas Besonderes und ebenso die 1, aber das gilt im Grunde von jeder ganzen Zahl; nur fällt es bei den grösseren immer weniger in die Augen. Es ist durchaus willkührlich, hier einen Artunterschied zu machen. Was nicht auf 0 oder 1 passt, kann für den Begriff der Zahl nicht wesentlich sein.
Endlich wird durch die Annahme dieser Entstehungsweise der Zahl die Schwierigkeit gar nicht gehoben, auf die wir bei der Betrachtung der Bezeichnung
1´ + 1´´ + 1´´´ + 1´´´´ + 1´´´´´
für 5 gestossen sind. Diese Schreibung steht gut im Einklänge mit dem, was Jevons über die zahlenbildende Abstraction sagt; die obern Striche deuten nämlich an, dass eine Verschiedenheit da ist, ohne jedoch ihre Art anzugeben. Aber das blosse Bestehen der Verschiedenheit genügt schon, wie wir gesehen haben, um bei der Jevons'schen Auffassung verschiedene Einsen, Zweien, Dreien hervorzubringen, was mit dem Bestande der Arithmetik durchaus unverträglich ist.
Lösung der Schwierigkeit
§ 45. Ueberblicken wir nun das bisher von uns Festgestellte und die noch unbeantwortet gebliebenen Fragen!
Die Zahl ist nicht in der Weise wie Farbe, Gewicht, Härte von den Dingen abstrahirt, ist nicht in dem Sinne wie diese Eigenschaft der Dinge. Es blieb noch die Frage, von wem durch eine Zahlangabe etwas ausgesagt werde.
Die Zahl ist nichts Physikalisches, aber auch nichts Subjectives, keine Vorstellung.
Die Zahl entsteht nicht durch Hinzufügung von Ding zu Ding. Auch die Namengebung nach jeder Hinzufügung ändert darin nichts.
Die Ausdrücke »Vielheit,« »Menge,« »Mehrheit« sind wegen ihrer Unbestimmtheit ungeeignet, zur Erklärung der Zahl zu dienen.
In Bezug auf Eins und Einheit blieb die Frage, wie die Willkühr der Auffassung zu beschränken sei, die jeden Unterschied zwischen Einem und Vielen zu verwischen schien.
Die Abgegrenztheit, die Ungetheiltheit, die Unzerlegbarkeit sind keine brauchbaren Merkmale für das, was wir durch das Wort »Ein« ausdrücken.
Wenn man die zu zählenden Dinge Einheiten nennt, so ist die unbedingte Behauptung, dass die Einheiten gleich seien, falsch. Dass sie in gewisser Hinsicht gleich sind, ist zwar richtig aber werthlos. Die Verschiedenheit der zu zählenden Dinge ist sogar nothwendig, wenn die Zahl grösser als 1 werden soll.
So schien es, dass wir den Einheiten zwei widersprechende Eigenschaften beilegen müssten: die Gleichheit und die Unterscheidbarkeit.
Es ist ein Unterschied zwischen Eins und Einheit zu machen. Das Wort »Eins« ist als Eigenname eines Gegenstandes der mathematischen Forschung eines Plurals unfähig. Es ist also sinnlos, Zahlen durch Zusammenfassen von Einsen entstehen zu lassen. Das Pluszeichen in 1 + 1 = 2 kann nicht eine solche Zusammenfassung bedeuten.
§ 46. Um Licht in die Sache zu bringen, wird es gut sein, die Zahl im Zusammenhange eines Urtheils zu betrachten, wo ihre ursprüngliche Anwendungsweise hervortritt. Wenn ich in Ansehung derselben äussern Erscheinung mit derselben Wahrheit sagen kann: »dies ist eine Baumgruppe« und »dies sind fünf Bäume« oder »hier sind vier Compagnien« und »hier sind 500 Mann,« so ändert sich dabei weder das Einzelne noch das Ganze, das Aggregat, sondern meine Benennung. Das ist aber nur das Zeichen der Ersetzung eines Begriffes durch einen andern. Damit wird uns als Antwort auf die erste Frage des vorigen Paragraphen nahe gelegt, dass die Zahlangabe eine Aussage von einem Begriffe enthalte. Am deutlichsten ist dies vielleicht bei der Zahl 0. Wenn ich sage: »die Venus hat 0 Monde«, so ist gar kein Mond oder Aggregat von Monden da, von dem etwas ausgesagt werden könnte; aber dem Begriffe »Venusmond« wird dadurch eine Eigenschaft beigelegt, nämlich die, nichts unter sich zu befassen. Wenn ich sage: »der Wagen des Kaisers wird von vier Pferden gezogen,« so lege ich die Zahl vier dem Begriffe »Pferd, das den Wagen des Kaisers zieht,« bei.
Man mag einwenden, dass ein Begriff wie z. B. »Angehöriger des deutschen Reiches,« obwohl seine Merkmale unverändert bleiben, eine von Jahr zu Jahr wechselnde Eigenschaft haben würde, wenn die Zahlangabe eine solche von ihm aussagte. Man kann dagegen geltend machen, dass auch Gegenstände ihre Eigenschaften ändern, was nicht verhindere, sie als dieselben anzuerkennen. Hier lässt sich aber der Grund noch genauer angeben. Der Begriff »Angehöriger des deutschen Reiches« enthält nämlich die Zeit als veränderlichen Bestandtheil, oder, um mich mathematisch auszudrücken, ist eine Function der Zeit. Für »a ist ein Angehöriger des deutschen Reiches« kann man sagen: »a gehört dem deutschen Reiche an« und dies bezieht sich auf den gerade gegenwärtigen Zeitpunkt. So ist also in dem Begriffe selbst schon etwas Fliessendes. Dagegen kommt dem Begriffe »Angehöriger des deutschen Reiches zu Jahresanfang 1883 berliner Zeit« in alle Ewigkeit dieselbe Zahl zu.
§ 47. Dass eine Zahlangabe etwas Thatsächliches von unserer Auffassung Unabhängiges ausdrückt, kann nur den Wunder nehmen, welcher den Begriff für etwas Subjectives gleich der Vorstellung hält. Aber diese Ansicht ist falsch. Wenn wir z. B. den Begriff des Körpers dem des Schweren oder den des Wallfisches dem des Säugethiers unterordnen, so behaupten wir damit etwas Objectives. Wenn nun die Begriffe subjectiv wären, so wäre auch die Unterordnung des einen unter den andern als Beziehung zwischen ihnen etwas Subjectives wie eine Beziehung zwischen Vorstellungen. Freilich auf den ersten Blick scheint der Satz
»alle Wallfische sind Säugethiere«
von Thieren, nicht von Begriffen zu handeln; aber, wenn man fragt, von welchem Thiere denn die Rede sei, so kann man kein einziges aufweisen. Gesetzt, es liege ein Wallfisch vor, so behauptet doch von diesem unser Satz nichts. Man könnte aus ihm nicht schliessen, das vorliegende Thier sei ein Säugethier, ohne den Satz hinzuzunehmen, dass es ein Wallfisch ist, wovon unser Satz nichts enthält. Ueberhaupt ist es unmöglich, von einem Gegenstande zu sprechen, ohne ihn irgendwie zu bezeichnen oder zu benennen. Das Wort »Wallfisch« benennt aber kein Einzelwesen. Wenn man erwidert, allerdings sei nicht von einem einzelnen, bestimmten Gegenstande die Rede, wohl aber von einem unbestimmten, so meine ich, dass »unbestimmter Gegenstand« nur ein andrer Ausdruck für »Begriff« ist, und zwar ein schlechter, widerspruchsvoller. Mag immerhin unser Satz nur durch Beobachtung an einzelnen Thieren gerechtfertigt werden können, dies beweist nichts für seinen Inhalt. Für die Frage, wovon er handelt, ist es gleichgiltig, ob er wahr ist oder nicht, oder aus welchen Gründen wir ihn für wahr halten. Wenn nun der Begriff etwas Objectives ist, so kann auch eine Aussage von ihm etwas Thatsächliches enthalten.
§ 48. Der Schein, der vorhin bei einigen Beispielen entstand, dass demselben verschiedene Zahlen zukämen, erklärt sich daraus, dass dabei Gegenstände als Träger der Zahl angenommen wurden. Sobald wir den wahren Träger, den Begriff, in seine Rechte einsetzen, zeigen sich die Zahlen so ausschliessend wie in ihrem Bereiche die Farben.
Wir sehen nun auch, wie man dazu kommt, die Zahl durch Abstraction von den Dingen gewinnen zu wollen. Was man dadurch erhält, ist der Begriff, an dem man dann die Zahl entdeckt. So geht die Abstraction in der That oft der Bildung eines Zahlurtheils vorher. Die Verwechselung ist dieselbe, wie wenn man sagen wollte: der Begriff der Feuergefährlichkeit wird erhalten, indem man ein Wohnhaus aus Fachwerk mit einem Brettergiebel und Strohdach baut, dessen Schornsteine undicht sind.
Die sammelnde Kraft des Begriffes übertrifft weit die vereinigende der synthetischen Apperception. Durch diese wäre es nicht möglich, die Angehörigen des deutschen Reiches zu einem Ganzen zu verbinden; wohl aber kann man sie unter dem Begriff »Angehöriger des deutschen Reiches« bringen und zählen.
Nun wird auch die grosse Anwendbarkeit der Zahl erklärlich. Es ist in der That räthselhaft, wie dasselbe von äussern und zugleich von innern Erscheinungen, von Räumlichem und Zeitlichem und von Raum- und Zeitlosem ausgesagt werden könne. Dies findet nun in der Zahlangabe auch gar nicht statt. Nur den Begriffen, unter die das Aeussere und Innere, das Räumliche und Zeitliche, das Raum- und Zeitlose gebracht ist, werden Zahlen beigelegt.
§ 49. Wir finden für unsere Ansicht eine Bestätigung bei Spinoza, der sagt77: »Ich antworte, dass ein Ding blos rücksichtlich seiner Existenz, nicht aber seiner Essenz eines oder einzig genannt wird; denn wir stellen die Dinge unter Zahlen nur vor, nachdem sie auf ein gemeinsames Maass gebracht sind. Wer z. B. ein Sesterz und einen Imperial in der Hand hält, wird an die Zweizahl nicht denken, wenn er nicht dieses Sesterz und diesen Imperial mit einem und dem nämlichen Namen, nämlich Geldstück oder Münze belegen kann: dann kann er bejahen, dass er zwei Geldstücke oder Münzen habe; weil er nicht nur das Sesterz, sondern auch den Imperial mit den Namen Münze bezeichnet.« Wenn er fortfährt: »Hieraus ist klar, dass ein Ding eins oder einzig genannt wird, nur nachdem ein anderes Ding ist vorgestellt worden, das (wie gesagt) mit ihm übereinkommt,« und wenn er meint, dass man nicht im eigentlichen Sinne Gott einen oder einzig nennen könne, weil wir von seiner Essenz keinen abstracten Begriff bilden könnten, so irrt er in der Meinung, der Begriff könne nur unmittelbar durch Abstraction von mehren Gegenständen gewonnen werden. Vielmehr kann man auch von den Merkmalen aus zu dem Begriffe gelangen; und dann ist es möglich, das kein Ding unter ihn fällt. Wenn dies nicht vorkäme, würde man nie die Existenz verneinen können, und damit verlöre auch die Bejahung der Existenz ihren Inhalt.
§ 50. E. Schröder78 hebt hervor, dass, wenn von Häufigkeit eines Dinges solle gesprochen werden können, der Name dieses Dinges stets ein Gattungsname, ein allgemeines Begriffswort (notio communis) sein müsse: »Sobald man nämlich einen Gegenstand vollständig – mit allen seinen Eigenschaften und Beziehungen – in's Auge fasst, so wird derselbe einzig in der Welt dastehen und seines gleichen nicht weiter haben. Der Name des Gegenstandes wird alsdann den Charakter eines Eigennamens (nomen proprium) tragen und kann der Gegenstand nicht als ein wiederholt vorkommender gedacht werden. Dieses gilt aber nicht allein von concreten Gegenständen, es gilt überhaupt von jedem Dinge, mag dessen Vorstellung auch durch Abstractionen zu Stande kommen, wofern nur diese Vorstellung solche Elemente in sich schliesst, welche genügen, das betreffende Ding zu einem völlig bestimmten zu machen. … Das letztere« (Object der Zählung zu werden) »wird bei einem Dinge erst insofern möglich, als man von einigen ihm eigenthümlichen Merkmalen und Beziehungen, durch die es sich von allen andern Dingen unterscheidet, dabei absieht oder abstrahirt, wodurch dann erst der Name des Dinges zu einem auf mehre Dinge anwendbaren Begriffe wird.«
§ 51. Das Wahre in dieser Ausführung ist in so schiefe und irreführende Ausdrücke gekleidet, dass eine Entwirrung und Sichtung geboten ist. Zunächst ist es unpassend, ein allgemeines Begriffswort Namen eines Dinges zu nennen. Dadurch entsteht der Schein, als ob die Zahl Eigenschaft eines Dinges wäre. Ein allgemeines Begriffswort bezeichnet eben einen Begriff. Nur mit dem bestimmten Artikel oder einem Demonstrativpronomen gilt es als Eigenname eines Dinges, hört aber damit auf, als Begriffswort zu gelten. Der Name eines Dinges ist ein Eigenname. Ein Gegenstand kommt nicht wiederholt vor, sondern mehre Gegenstände fallen unter einen Begriff. Dass ein Begriff nicht nur durch Abstraction von den Dingen erhalten wird, die unter ihn fallen, ist schon Spinoza gegenüber bemerkt. Hier füge ich hinzu, dass ein Begriff dadurch nicht aufhört, Begriff zu sein, dass nur ein einziges Ding unter ihn fällt, welches demnach völlig durch ihn bestimmt ist. Einem solchen Begriffe (z. B. Begleiter der Erde) kommt eben die Zahl 1 zu, die in demselben Sinne Zahl ist wie 2 und 3. Bei einem Begriffe fragt es sich immer, ob etwas und was etwa unter ihn falle. Bei einem Eigennamen sind solche Fragen sinnlos. Man darf sich nicht dadurch täuschen lassen, dass die Sprache einen Eigennamen, z. B. Mond, als Begriffswort verwendet und umgekehrt; der Unterschied bleibt trotzdem bestehen. Sobald ein Wort mit dem unbestimmten Artikel oder im Plural ohne Artikel gebraucht wird, ist es Begriffswort.
§ 52. Eine weitere Bestätigung für die Ansicht, dass die Zahl Begriffen beigelegt wird, kann in dem deutschen Sprachgebrauche gefunden werden, dass man zehn Mann, vier Mark, drei Fass sagt. Der Singular mag hier andeuten, dass der Begriff gemeint ist, nicht das Ding. Der Vorzug dieser Ausdrucksweise tritt besonders bei der Zahl 0 hervor. Sonst freilich legt die Sprache den Gegenständen, nicht dem Begriffe Zahl bei: man sagt »Zahl der Ballen,« wie man »Gewicht der Ballen« sagt. So spricht man scheinbar von Gegenständen, während man in Wahrheit von einem Begriffe etwas aussagen will. Dieser Sprachgebrauch ist verwirrend. Der Ausdruck »vier edle Rosse« erweckt den Schein, als ob »vier« den Begriff »edles Ross« ebenso wie »edel« den Begriff »Ross« näher bestimme. Jedoch ist nur »edel« ein solches Merkmal; durch das Wort »vier« sagen wir etwas von einem Begriffe aus.
§ 53. Unter Eigenschaften, die von einem Begriffe ausgesagt werden, verstehe ich natürlich nicht die Merkmale, die den Begriff zusammensetzen. Diese sind Eigenschaften der Dinge, die unter den Begriff fallen, nicht des Begriffes. So ist »rechtwinklig« nicht eine Eigenschaft des Begriffes »rechtwinkliges Dreieck«; aber der Satz, dass es kein rechtwinkliges, geradliniges, gleichseitiges Dreieck gebe, spricht eine Eigenschaft des Begriffes »rechtwinkliges, geradliniges, gleichseitiges Dreieck« aus; diesem wird die Nullzahl beigelegt.
In dieser Beziehung hat die Existenz Aehnlichkeit mit der Zahl. Es ist ja Bejahung der Existenz nichts Anderes als Verneinung der Nullzahl. Weil Existenz Eigenschaft des Begriffes ist, erreicht der ontologische Beweis von der Existenz Gottes sein Ziel nicht. Ebensowenig wie die Existenz ist aber die Einzigkeit Merkmal des Begriffes »Gott«. Die Einzigkeit kann nicht zur Definition dieses Begriffes gebraucht werden, wie man auch die Festigkeit, Geräumigkeit, Wohnlichkeit eines Hauses nicht mit Steinen, Mörtel und Balken zusammen bei seinem Baue verwenden kann. Man darf jedoch daraus, dass etwas Eigenschaft eines Begriffes ist, nicht allgemein schliessen, dass es aus dem Begriffe, d. h. aus dessen Merkmalen nicht gefolgert werden könne. Unter Umständen ist dies möglich, wie man aus der Art der Bausteine zuweilen einen Schluss auf die Dauerhaftigkeit eines Gebäudes machen kann. Daher wäre es zuviel behauptet, dass niemals aus den Merkmalen eines Begriffes auf die Einzigkeit oder Existenz geschlossen werden könne; nur kann dies nie so unmittelbar geschehen, wie man das Merkmal eines Begriffes einem unter ihn fallenden Gegenstande als Eigenschaft beilegt.
Es wäre auch falsch zu leugnen, dass Existenz und Einzigkeit jemals Merkmale von Begriffen sein könnten. Sie sind nur nicht Merkmale der Begriffe, denen man sie der Sprache folgend zuschreiben möchte. Wenn man z. B. alle Begriffe, unter welche nur Ein Gegenstand fällt, unter einen Begriff sammelt, so ist die Einzigkeit Merkmal dieses Begriffes. Unter ihn würde z. B. der Begriff »Erdmond,« aber nicht der sogenannte Himmelskörper fallen. So kann man einen Begriff unter einen höhern, so zu sagen einen Begriff zweiter Ordnung fallen lassen. Dies Verhältniss ist aber nicht mit dem der Unterordnung zu verwechseln.
§ 54. Jetzt wird es möglich sein, die Einheit befriedigend zu erklären. E. Schröder sagt auf S. 7 seines genannten Lehrbuches: »Jener Gattungsname oder Begriff wird die Benennung der auf die angegebene Weise gebildeten Zahl genannt und macht das Wesen ihrer Einheit aus.«
In der That, wäre es nicht am passendsten, einen Begriff Einheit zu nennen in Bezug auf die Anzahl, welche ihm zukommt? Wir können dann den Aussagen über die Einheit, dass sie von der Umgebung abgesondert und untheilbar sei, einen Sinn abgewinnen. Denn der Begriff, dem die Zahl beigelegt wird, grenzt im Allgemeinen das unter ihn Fallende in bestimmter Weise ab. Der Begriff »Buchstabe des Wortes Zahl« grenzt das Z gegen das a, dieses gegen das h u. s. w. ab. Der Begriff »Silbe des Wortes Zahl« hebt das Wort als ein Ganzes und in dem Sinne Untheilbares heraus, dass die Theile nicht mehr unter den Begriff »Silbe des Wortes Zahl« fallen. Nicht alle Begriffe sind so beschaffen. Wir können z. B. das unter den Begriff des Rothen Fallende in mannigfacher Weise zertheilen, ohne dass die Theile aufhören, unter ihn zu fallen. Einem solchen Begriffe kommt keine endliche Zahl zu. Der Satz von der Abgegrenztheit und Untheilbarkeit der Einheit lässt sich demnach so aussprechen:
Einheit in Bezug auf eine endliche Anzahl kann nur ein solcher Begriff sein, der das unter ihn Fallende bestimmt abgrenzt und keine beliebige Zertheilung gestattet.
Man sieht aber, dass Untheilbarkeit hier eine besondere Bedeutung hat.
Nun beantworten wir leicht die Frage, wie die Gleichheit mit der Unterscheidbarkeit der Einheiten zu versöhnen sei. Das Wort »Einheit« ist hier in doppeltem Sinne gebraucht. Gleich sind die Einheiten in der oben erklärten Bedeutung dieses Worts. In dem Satze: »Jupiter hat vier Monde« ist die Einheit »Jupitersmond«. Unter diesen Begriff fällt sowohl I als auch II, als auch III, als auch IV. Daher kann man sagen: die Einheit, auf die I bezogen wird, ist gleich der Einheit, auf die II bezogen wird u. s. f. Da haben wir die Gleichheit. Wenn man aber die Unterscheidbarkeit der Einheiten behauptet, so versteht man darunter die der gezählten Dinge.