Kitabı oku: «Die Grundlagen der Arithmetik», sayfa 7
Ergänzung und Bewährung unserer Definition
§ 70. Definitionen bewähren sich durch ihre Fruchtbarkeit. Solche, die ebensogut wegbleiben könnten, ohne eine Lücke in der Beweisführung zu öffnen, sind als völlig werthlos zu verwerfen.
Versuchen wir also, ob sich bekannte Eigenschaften der Zahlen aus unserer Erklärung der Anzahl, welche dem Begriffe F zukommt, ableiten lassen! Wir werden uns hier mit den einfachsten begnügen.
Dazu ist es nöthig, die Gleichzahligkeit noch etwas genauer zu fassen. Wir erklärten sie mittels der beiderseits eindeutigen Zuordnung, und wie ich diesen Ausdruck verstehen will, ist jetzt darzulegen, weil man leicht etwas Anschauliches darin vermuthen könnte.
Betrachten wir folgendes Beispiel! Wenn ein Kellner sicher sein will, dass er ebensoviele Messer als Teller auf den Tisch legt, braucht er weder diese noch jene zu zählen, wenn er nur rechts neben jeden Teller ein Messer legt, sodass jedes Messer auf dem Tische sich rechts neben einem Teller befindet. Die Teller und Messer sind so beiderseits eindeutig einander zugeordnet und zwar durch das gleiche Lagenverhältniss. Wenn wir in dem Satze für α und A andere und andere Gegenstände eingesetzt denken, so macht der hierbei unverändert bleibende Theil des Inhalts das Wesen der Beziehung aus. Verallgemeinern wir dies!
»α liegt rechts neben A«
Indem wir von einem beurtheilbaren Inhalte, der von einem Gegenstande a und von einem Gegenstande b handelt, a und b absondern, so behalten wir einen Beziehungsbegriff übrig, der demnach in doppelter Weise ergänzungsbedürftig ist. Wenn wir in dem Satze:
»die Erde hat mehr Masse als der Mond«
»die Erde« absondern, so erhalten wir den Begriff »mehr Masse als der Mond habend«. Wenn wir dagegen den Gegenstand »der Mond« absondern, gewinnen wir den Begriff »weniger Masse als die Erde habend«. Sondern wir beide zugleich ab, so bleibt ein Beziehungsbegriff zurück, der für sich allein ebensowenig wie ein einfacher Begriff einen Sinn hat: er verlangt immer eine Ergänzung zu einem beurtheilbaren Inhalte. Aber diese kann in verschiedener Weise geschehen: statt Erde und Mond kann ich z. B. Sonne und Erde setzen, und hierdurch wird eben die Absonderung bewirkt.
Die einzelnen Paare zugeordneter Gegenstände verhalten sich in ähnlicher Weise – man könnte sagen als Subjecte – zu dem Beziehungsbegriffe, wie der einzelne Gegenstand zu dem Begriffe, unter den er fällt. Das Subject ist hier ein zusammengesetztes. Zuweilen, wenn die Beziehung eine umkehrbare ist, kommt dies auch sprachlich zum Ausdrucke wie in dem Satze »Peleus und Thetis waren die Eltern des Achilleus«89. Dagegen wäre es z. B. nicht gut möglich, den Inhalt des Satzes »die Erde ist grösser als der Mond« so wiederzugeben, dass »die Erde und der Mond« als zusammengesetztes Subject erschiene, weil das »und« immer eine gewisse Gleichstellung andeutet. Aber dies thut nichts zur Sache.
Der Beziehungsbegriff gehört also wie der einfache der reinen Logik an. Es kommt hier nicht der besondere Inhalt der Beziehung in Betracht, sondern allein die logische Form. Und was von dieser ausgesagt werden kann, dessen Wahrheit ist analytisch und wird a priori erkannt. Dies gilt von den Beziehungsbegriffen wie von den andern.
Wie
»a fällt unter den Begriff F«
die allgemeine Form eines beurtheilbaren Inhalts ist, der von einem Gegenstande a handelt, so kann man als allgemeine Form für einen beurtheilbaren Inhalt annehmen, der von dem Gegenstande a und von dem Gegenstande b handelt.
»a steht in der Beziehung φ zu b«
§ 71. Wenn nun jeder Gegenstand, der unter den Begriff F fällt, in der Beziehung φ zu einem unter den Begriff G fallenden Gegenstande steht, und wenn zu jedem Gegenstande, der unter G fällt, ein unter F fallender Gegenstand in der Beziehung φ steht, so sind die unter F und G fallenden Gegenstände durch die Beziehung φ einander zugeordnet.
Es kann noch gefragt werden, was der Ausdruck
»jeder Gegenstand, der unter F fällt, steht in der Beziehung φ zu einem unter G fallenden Gegenstande«
bedeute, wenn gar kein Gegenstand unter F fällt. Ich verstehe darunter:
die beiden Sätze
»a fällt unter F«
und
»a steht zu keinem unter G fallenden Gegenstande in der Beziehung φ«
können nicht mit einander bestehen, was auch a bezeichne, sodass entweder der erste oder der zweite oder beide falsch sind. Hieraus geht hervor, dass »jeder Gegenstand, der unter F fällt, in der Beziehung φ zu einem unter G fallenden Gegenstande steht,« wenn es keinen unter F fallenden Gegenstand giebt, weil dann der erste Satz
»a fällt unter F«
immer zu verneinen ist, was auch a sein mag.
Ebenso bedeutet
»zu jedem Gegenstande, der unter G fällt, steht ein unter F fallender in der Beziehung φ«,
dass die beiden Sätze
»a fällt unter G«
und
»kein unter F fallender Gegenstand steht zu a in der Beziehung φ«
nicht mit einander bestehen können, was auch a sein möge.
§ 72. Wir haben nun gesehen, wann die unter die Begriffe F und G fallenden Gegenstände einander durch die Beziehung φ zugeordnet sind. Hier soll nun diese Zuordnung eine beiderseits eindeutige sein. Darunter verstehe ich, dass folgende beiden Sätze gelten:
1. wenn d in der Beziehung φ zu a steht, und wenn d in der Beziehung φ zu e steht, so ist allgemein, was auch d, a und e sein mögen, a dasselbe wie e;
2. wenn d in der Beziehung φ zu a steht, und wenn b in der Beziehung φ zu a steht, so ist allgemein, was auch d, b und a sein mögen, d dasselbe wie b.
Hiermit haben wir die beiderseits eindeutige Zuordnung auf rein logische Verhältnisse zurückgeführt und können nun so definiren:
der Ausdruck
»der Begriff F ist gleichzahlig dem Begriffe G«
sei gleichbedeutend mit dem Ausdrucke
»es giebt eine Beziehung φ, welche die unter den Begriff F fallenden Gegenstände den unter G fallenden Gegenständen beiderseits eindeutig zuordnet«.
Ich wiederhole:
die Anzahl, welche dem Begriffe F zukommt, ist der Umfang des Begriffes »gleichzahlig dem Begriffe F«
und füge hinzu:
der Ausdruck
»n ist eine Anzahl«
sei gleichbedeutend mit dem Ausdrucke
»es giebt einen Begriff der Art, dass n die Anzahl ist, welche ihm zukommt«.
So ist der Begriff der Anzahl erklärt, scheinbar freilich durch sich selbst, aber dennoch ohne Fehler, weil »die Anzahl, welche dem Begriffe F zukommt« schon erklärt ist.
§ 73. Wir wollen nun zunächst zeigen, dass die Anzahl, welche dem Begriffe F zukommt, gleich der Anzahl ist, welche dem Begriffe G zukommt, wenn der Begriff F dem Begriffe G gleichzahlig ist. Dies klingt freilich wie eine Tautologie, ist es aber nicht, da die Bedeutung des Wortes »gleichzahlig« nicht aus der Zusammensetzung, sondern aus der eben gegebenen Erklärung hervorgeht.
Nach unserer Definition ist zu zeigen, dass der Umfang des Begriffes »gleichzahlig dem Begriffe F« derselbe ist wie der Umfang des Begriffes »gleichzahlig dem Begriffe G«, wenn der Begriff F gleichzahlig dem Begriffe G ist. Mit andern Worten: es muss bewiesen werden, dass unter dieser Voraussetzung die Sätze allgemein gelten:
wenn der Begriff H gleichzahlig dem Begriffe F ist, so ist er auch gleichzahlig dem Begriffe G;
und
wenn der Begriff H dem Begriffe G gleichzahlig ist, so ist er auch gleichzahlig dem Begriffe F.
Der erste Satz kommt darauf hinaus, dass es eine Beziehung giebt, welche die unter den Begriff H fallenden Gegenstände den unter den Begriff G fallenden beiderseits eindeutig zuordnet, wenn es eine Beziehung φ giebt, welche die unter den Begriff F fallenden Gegenstände den unter den Begriff G fallenden beiderseits eindeutig zuordnet, und wenn es eine Beziehung ψ giebt, welche die unter den Begriff H fallenden Gegenstände den unter den Begriff F fallenden beiderseits eindeutig zuordnet. Folgende Anordnung der Buchstaben wird dies übersichtlicher machen:
H ψ F φ G
Eine solche Beziehung kann in der That angegeben werden: sie liegt in dem Inhalte
»es giebt einen Gegenstand, zu dem c in der Beziehung ψ steht, und der zu b in der Beziehung φ steht,«
wenn wir davon c und b absondern (als Beziehungspunkte betrachten). Man kann zeigen, dass diese Beziehung eine beiderseits eindeutige ist, und dass sie die unter den Begriff H fallenden Gegenstände den unter den Begriff G fallenden zuordnet.
In ähnlicher Weise kann auch der andere Satz bewiesen werden90. Diese Andeutungen werden hoffentlich genügend erkennen lassen, dass wir hierbei keinen Beweisgrund der Anschauung zu entnehmen brauchen, und dass sich mit unsern Definitionen etwas machen lässt.
§ 74. Wir können nun zu den Erklärungen der einzelnen Zahlen übergehn.
Weil unter den Begriff »sich selbst ungleich« nichts fällt, erkläre ich:
0 ist die Anzahl, welche dem Begriffe »sich selbst ungleich« zukommt.
Vielleicht nimmt man daran Anstoss, dass ich hier von einem Begriffe spreche. Man wendet vielleicht ein, dass ein Widerspruch darin enthalten sei, und erinnert an die alten Bekannten das hölzerne Eisen und den viereckigen Kreis. Nun ich meine, dass die gar nicht so schlimm sind, wie sie gemacht werden. Zwar nützlich werden sie grad nicht sein; aber schaden können sie auch nichts, wenn man nur nicht voraussetzt, dass etwas unter sie falle; und das thut man durch den blossen Gebrauch der Begriffe noch nicht. Dass ein Begriff einen Widerspruch enthalte, ist nicht immer so offensichtlich, dass es keiner Untersuchung bedürfte; dazu muss man ihn erst haben und logisch ebenso wie jeden andern behandeln. Alles was von Seiten der Logik und für die Strenge der Beweisführung von einem Begriffe verlangt werden kann, ist seine scharfe Begrenzung, dass für jeden Gegenstand bestimmt sei, ob er unter ihn falle oder nicht. Dieser Anforderung genügen nun die einen Widerspruch enthaltenden Begriffe wie »sich selbst ungleich« durchaus; denn man weiss von jedem Gegenstande, dass er nicht unter einen solchen fällt91.
Ich brauche das Wort »Begriff« in der Weise,
»a füllt unter den Begriff F«
dass die allgemeine Form eines beurtheilbaren Inhalts ist, der von einem Gegenstande a handelt und der beurtheilbar bleibt, was man auch für a setze. Und in diesem Sinne ist
»a fällt unter den Begriff »»sich selbst ungleich«««
gleichbedeutend mit
»a ist sich selbst ungleich«
oder
»a ist nicht gleich a«
Ich hätte zur Definition der 0 jeden andern Begriff nehmen können, unter den nichts fällt. Es kam mir aber darauf an, einen solchen zu wählen, von dem dies rein logisch bewiesen werden kann; und dazu bietet sich am bequemsten »sich selbst ungleich« dar, wobei ich für »gleich« die vorhin angeführte Erklärung Leibnizens gelten lasse, die rein logisch ist.
§ 75. Es muss sich nun mittels der früheren Festsetzungen beweisen lassen, dass jeder Begriff, unter den nichts fällt, gleichzahlig mit jedem Begriffe ist, unter den nichts fällt, und nur mit einem solchen, woraus folgt, dass 0 die Anzahl ist, welche einem solchen Begriffe zukommt, und dass kein Gegenstand unter einen Begriff fällt, wenn die Zahl, welche diesem zukommt, die 0 ist.
Nehmen wir an, weder unter den Begriff F noch unter den Begriff G falle ein Gegenstand, so haben wir, um die Gleichzahligkeit zu beweisen, eine Beziehung φ nöthig, von der die Sätze gelten:
jeder Gegenstand, der unter F fällt, steht in der Beziehung φ zu einem Gegenstande, der unter G fällt; zu jedem Gegenstande, der unter G fällt, steht ein unter F fallender in der Beziehung φ.
Nach dem, was früher über die Bedeutung dieser Ausdrücke gesagt ist, erfüllt bei unsern Voraussetzungen jede Beziehung diese Bedingungen, also auch die Gleichheit, die obendrein beiderseits eindeutig ist; denn es gelten die beiden oben dafür verlangten Sätze.
Wenn dagegen unter G ein Gegenstand fällt z. B. a, während unter F keiner fällt, so bestehen die beiden Sätze mit einander für jede Beziehung φ; denn der erste ist nach der ersten Voraussetzung richtig und der zweite nach der zweiten. Wenn es nämlich keinen unter F fallenden Gegenstand giebt, so giebt es auch keinen solchen, der in irgendeiner Beziehung zu a stände. Es giebt also keine Beziehung, welche nach unserer Erklärung die unter F den unter G fallenden Gegenständen zuordnete, und demnach sind die Begriffe F und G ungleichzahlig.
»a fällt unter G«
und
»kein unter F fallender Gegenstand steht zu a in
der Beziehung φ«
§ 76. Ich will nun die Beziehung erklären, in der je zwei benachbarte Glieder der natürlichen Zahlenreihe zu einander stehen. Der Satz:
»es giebt einen Begriff F und einen unter ihn fallenden Gegenstand x der Art, dass die Anzahl, welche dem Begriffe F zukommt, n ist, und dass die Anzahl, welche dem Begriffe »»unter F fallend aber nicht gleich x«« zukommt, m ist«
sei gleichbedeutend mit
»n folgt in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf m.«
Ich vermeide den Ausdruck »n ist die auf m nächstfolgende Anzahl,« weil zur Rechtfertigung des bestimmten Artikels erst zwei Sätze bewiesen werden müssten92. Aus demselben Grunde sage ich hier noch nicht »n = m + 1«; denn auch durch das Gleichheitszeichen wird (m + 1) als Gegenstand bezeichnet.
§ 77. Um nun auf die Zahl 1 zu kommen, müssen wir zunächst zeigen, dass es etwas giebt, was in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf 0 folgt.
Betrachten wir den Begriff – oder, wenn man lieber will, das Prädicat – »gleich 0«! Unter diesen fällt die 0. Unter den Begriff »gleich 0 aber nicht gleich 0« fällt dagegen kein Gegenstand, sodass 0 die Anzahl ist, welche diesem Begriffe zukommt. Wir haben demnach einen Begriff »gleich 0« und einen unter ihn fallenden Gegenstand 0, von denen gilt:
die Anzahl, welche dem Begriffe »gleich O« zukommt, ist gleich der Anzahl, welche dem Begriffe »gleich 0« zukommt;
die Anzahl, welche dem Begriffe »gleich 0 aber nicht gleich 0« zukommt, ist die 0.
Also folgt nach unserer Erklärung die Anzahl, welche dem Begriffe »gleich 0« zukommt, in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf 0.
Wenn wir nun definiren:
1 ist die Anzahl, welche dem Begriffe »gleich 0« zukommt, so können wir den letzten Satz so ausdrücken:
1 folgt in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf 0.
Es ist vielleicht nicht überflüssig zu bemerken, dass die Definition der 1 zu ihrer objectiven Rechtmässigkeit keine beobachtete Thatsache93 voraussetzt; denn man verwechselt leicht damit, dass gewisse subjective Bedingungen erfüllt sein müssen, um uns die Definition möglich zu machen, und dass uns Sinneswahrnehmungen dazu veranlassen94. Dies kann immerhin zutreffen, ohne dass die abgeleiteten Sätze aufhören, a priori zu sein. Zu solchen Bedingungen gehört z. B. auch, dass Blut in hinreichender Fülle und richtiger Beschaffenheit das Gehirn durchströme – wenigstens soviel wir wissen; – aber die Wahrheit unseres letzten Satzes ist davon unabhängig; sie bleibt bestehen, auch wenn dies nicht mehr stattfindet; und selbst, wenn alle Vernunftwesen einmal gleichzeitig in einen Winterschlaf verfallen sollten, so würde sie nicht etwa so lange aufgehoben sein, sondern ganz ungestört bleiben. Die Wahrheit eines Satzes ist eben nicht sein Gedachtwerden.
§ 78. Ich lasse hier einige Sätze folgen, die mittels unserer Definitionen zu beweisen sind. Der Leser wird leicht aber sehen, wie dies geschehen kann.
1. Wenn a in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf 0 folgt, so ist a = 1.
2. Wenn 1 die Anzahl ist, welche einem Begriffe zukommt, so giebt es einen Gegenstand, der unter den Begriff fällt.
3. Wenn 1 die Anzahl ist, welche einem Begriffe F zukommt; wenn der Gegenstand x unter den Begriff F fällt, und wenn y unter den Begriff F fällt, so ist x = y; d. h. x ist dasselbe wie y.
4. Wenn unter einen Begriff F ein Gegenstand fällt, und wenn allgemein daraus, dass x unter den Begriff F fällt, und dass y unter den Begriff F fällt, geschlossen werden kann, dass x = y ist, so ist 1 die Anzahl, welche dem Begriffe F zukommt.
5. Die Beziehung von m zu n, die durch den Satz:
»n folgt in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf m«
gesetzt wird, ist eine beiderseits eindeutige.
Hiermit ist noch nicht gesagt, dass es zu jeder Anzahl eine andere gebe, welche auf sie oder auf welche sie in der Zahlenreihe unmittelbar folge.
6. Jede Anzahl ausser der 0 folgt in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf eine Anzahl.
§ 79. Um nun beweisen zu können, dass auf jede Anzahl (n) in der natürlichen Zahlenreihe eine Anzahl unmittelbar folge, muss man einen Begriff aufweisen, dem diese letzte Anzahl zukommt. Wir wählen als diesen
»der mit n endenden natürlichen Zahlenreihe angehörend«, der zunächst erklärt werden muss.
Ich wiederhole zunächst mit etwas andern Worten die Definition, welche ich in meiner »Begriffsschrift« vom Folgen in einer Reihe gegeben habe.
Der Satz
»wenn jeder Gegenstand, zu dem x in der Beziehung φ steht, unter den Begriff F fällt, und wenn daraus, dass d unter den Begriff F fällt, allgemein, was auch d sei, folgt, dass jeder Gegenstand, zu dem d in der Beziehung φ steht, unter den Begriff F falle, so fällt y unter den Begriff F, was auch F für ein Begriff sein möge«
sei gleichbedeutend mit
»y folgt in der φ-Reihe auf x«
und mit
»x geht in der φ-Reihe dem y vorher.«
§ 80. Einige Bemerkungen hierzu werden nicht überflüssig sein. Da die Beziehung φ unbestimmt gelassen ist, so ist die Reihe nicht nothwendig in der Form einer räumlichen und zeitlichen Anordnung zu denken, obwohl diese Fälle nicht ausgeschlossen sind.
Man könnte vielleicht eine andere Erklärung für natürlicher halten z. B.: wenn man von x ausgehend seine Aufmerksamkeit immer von einem Gegenstande zu einem andern lenkt, zu welchem er in der Beziehung φ steht, und wenn man auf diese Weise schliesslich y erreichen kann, so sagt man y folge in der φ-Reihe auf x.
Dies ist eine Weise die Sache zu untersuchen, keine Definition. Ob wir bei der Wanderung unserer Aufmerksamkeit y erreichen, kann von mancherlei subjectiven Nebenumständen abhangen z. B. von der uns zu Gebote stehenden Zeit, oder von unserer Kenntniss der Dinge. Ob y auf x in der φ-Reihe folgt, hat im Allgemeinen gar nichts mit unserer Aufmerksamkeit und den Bedingungen ihrer Fortbewegung zu thun, sondern ist etwas Sachliches, ebenso wie ein grünes Blatt gewisse Lichtstrahlen reflectirt, mögen sie nun in mein Auge fallen und Empfindung hervorrufen oder nicht, ebenso wie ein Salzkorn in Wasser löslich ist, mag ich es ins Wasser werfen und den Vorgang beobachten oder nicht, und wie es selbst dann noch löslich ist, wenn ich gar nicht die Möglichkeit habe, einen Versuch damit anzustellen.
Durch meine Erklärung ist die Sache aus dem Bereiche subjectiver Möglichkeiten in das der objectiven Bestimmtheit erhoben. In der That: dass aus gewissen Sätzen ein anderer folgt, ist etwas Objectives, von den Gesetzen der Bewegung unserer Aufmerksamkeit Unabhängiges, und es ist dafür einerlei, ob wir den Schluss wirklich machen oder nicht. Hier haben wir ein Merkmal, das die Frage überall entscheidet, wo sie gestellt werden kann, mögen wir auch im einzelnen Falle durch äussere Schwierigkeiten verhindert sein, zu beurtheilen, ob es zutrifft. Das ist für die Sache selbst gleichgiltig.
Wir brauchen nicht immer alle Zwischenglieder vom Anfangsgliede bis zu einem Gegenstande zu durchlaufen, um gewiss zu sein, dass er auf jenes folgt. Wenn z. B. gegeben ist, dass in der φ-Reihe b auf a und c auf b folgt, so können wir nach unserer Erklärung schliessen, dass c auf a folgt, ohne die Zwischenglieder auch nur zu kennen.
Durch diese Definition des Folgens in einer Reihe wird es allein möglich, die Schlussweise von n auf (n + 1), welche scheinbar der Mathematik eigenthümlich ist, auf die allgemeinen logischen Gesetze zurückzuführen.
§ 81. Wenn wir nun als Beziehung φ diejenige haben, in welche m zu n gesetzt wird durch den Satz
»n folgt in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf m,«
so sagen wir statt »φ-Reihe« »natürliche Zahlenreihe«.
Ich definire weiter:
der Satz
»y folgt in der φ-Reihe auf x oder y ist dasselbe wie x«
sei gleichbedeutend mit
»y gehört der mit x anfangenden φ-Reihe an«
und mit
»x gehört der mit y endenden φ-Reihe an«.
Demnach gehört a der mit n endenden natürlichen Zahlenreihe an, wenn n entweder in der natürlichen Zahlenreihe auf a folgt oder gleich a ist95.
§ 82. Es ist nun zu zeigen, dass – unter einer noch anzugebenden Bedingung – die Anzahl, welche dem Begriffe
»der mit n endenden natürlichen Zahlenreihe angehörend«
zukommt, auf n in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar folgt. Und damit ist dann bewiesen, dass es eine Anzahl giebt, welche auf n in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar folgt, dass es kein letztes Glied dieser Reihe giebt. Offenbar kann dieser Satz auf empirischen Wege oder durch Induction nicht begründet werden.
Es würde hier zu weit führen, den Beweis selbst zu geben. Nur sein Gang mag kurz angedeutet werden. Es ist zu beweisen
1. wenn a in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf d folgt, und wenn von d gilt:
die Anzahl, welche dem Begriffe
»der mit d endenden natürlichen Zahlenreihe angehörend«
zukommt, folgt in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf d, so gilt auch von a:
die Anzahl, welche dem Begriffe
»der mit a endenden natürlichen Zahlenreihe angehörend«
zukommt, folgt in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf a.
Es ist zweitens zu beweisen, dass von der 0 das gilt, was in den eben ausgesprochenen Sätzen von d und von a ausgesagt ist, und dann zu folgern, dass es auch von n gilt, wenn n der mit 0 anfangenden natürlichen Zahlenreihe angehört. Diese Schlussweise ist eine Anwendung der Definition, die ich von dem Ausdrucke gegeben habe, indem man als Begriff F jene gemeinsame Aussage von d und von a, von 0 und von n zu nehmen hat.
»y folgt in der natürlichen Zahlenreihe auf x«
§ 83. Um den Satz (1) des vorigen § zu beweisen, müssen wir zeigen, dass a die Anzahl ist, welche dem Begriffe »der mit a endenden natürlichen Zahlenreihe angehörend, aber nicht gleich a« zukommt. Und dazu ist wieder zu beweisen, dass dieser Begriff gleichen Umfanges mit dem Begriffe »der mit d endenden natürlichen Zahlenreihe angehörend« ist. Hierfür bedarf man des Satzes, dass kein Gegenstand, welcher der mit 0 anfangenden natürlichen Zahlenreihe angehört, auf sich selbst in der natürlichen Zahlenreihe folgen kann. Dies muss ebenfalls mittels unserer Definition des Folgens in einer Reihe, wie oben angedeutet ist, bewiesen werden96.
Wir werden hierdurch genöthigt, dem Satze, dass die Anzahl, welche dem Begriffe
»der mit n endenden natürlichen Zahlenreihe angehörend«
zukommt, in der natürlichen Zahlenreihe unmittelbar auf n folgt, die Bedingung hinzuzufügen, dass n der mit 0 anfangenden natürlichen Zahlenreihe angehöre. Hierfür ist eine kürzere Ausdrucksweise gebräuchlich, die ich nun erkläre:
der Satz
»n gehört der mit 0 anfangenden natürlichen Zahlenreihe an«
sei gleichbedeutend mit
»n ist eine endliche Anzahl«.
Dann können wir den letzten Satz so ausdrücken: keine endliche Anzahl folgt in der natürlichen Zahlenreihe auf sich selber.
1. dass unter diesen Begriff ein Gegenstand falle;
2. dass nur ein einziger Gegenstand unter ihn falle.
Da nun schon der erste dieser Sätze falsch ist, so ist der Ausdruck »der grösste ächte Bruch« sinnlos.