Kitabı oku: «Von Get Back zu Let It Be», sayfa 4
George weckt seine Kollegen mit einem kurzen E-Gitarrenriff unbekannter Herkunft (0:07), spult dann das Intro zu BACK IN THE USSR (0:11) ab, und da kommt ihm eine Frage: „Wollen wir gar keine alten Stücke spielen in der Show? Würde ich nämlich gern.“ Paul: „Weiß nicht – vielleicht.“ George: „Auch in kommerzieller Hinsicht wär’s schlecht, nur neue Sachen zu spielen. Es müsste was da sein, womit wir identifiziert werden, außer uns selbst. Wär doch schön, wenn wir die Show beginnen oder abschließen könnten mit ...“ John: „... alten Rock-Sachen und so was, wie Joe Cocker es gemacht hat. Ich hab mich neulich an Help! versucht.“ Also veränderte Versionen alter Songs?
George fällt auch ein gutes Stück für diesen Zweck ein, und er spielt mit Pauls Gesangsunterstützung ein paar Takte von EVERY LITTLE THING (0:24); viel scheint den beiden von diesem fünf Jahre alten Song aber nicht mehr in Erinnerung. Textsicherer ist George bei dem nächsten Stück, das er anspielt, PIECE OF MY HEART (0:34) aus dem aktuellen Album von Janis Joplin. John fällt unterdessen etwas anderes ein: „Wenn wir mit der Arbeit hier weit genug sind, sollten wir unsere Homogenität gleich nutzen, um das Album zu machen.“ Ein neues Album? „Ja. Wo wir gerade zusammen sind – und wenn wir dann auseinandergehen ...“ Es klingt ein bisschen so, als spreche John vom Ende der Gruppe. Paul kontert das mit dem Hinweis, sie müssten jetzt ihre gemeinsame „Karriere organisieren“, eine Anspielung auf ihre Zukunft als Gruppe, aber da klinkt John sich aus dem Gespräch aus und nudelt auf seiner Orgel ein paar Takte aus SABRE DANCE (0:13), einer irrwitzigen Rockversion des Säbeltanzes von Aram Khatchaturian, mit der die Band Love Sculpture gerade in den Charts vertreten ist. Paul beschwört eine Gruppenzukunft, die durch die gegenwärtigen Sessions beflügelt werde: „Der Grundgedanke ist doch, dass wir an einen Punkt kommen, an dem es uns Spaß macht oder wieder Spaß macht. Was würdet ihr dann gern als nächstes machen? Live auftreten, Jungs?“ George verpasst dieser Hoffnung einen Dämpfer, indem er wortreich betont, wieviel Arbeit das alles sei, und eigentlich wolle er nicht so schwer arbeiten: „Immer muss man rauf und runter und die Gitarre nehmen und wieder wegtun, und, weißt du, man muss auch die Gitarre spielen, wenn man’s gerade gar nicht will. Um an den schönen Teil ranzukommen, müssen wir erst diesen Scheißteil auf uns nehmen beim Geschäftstreffen, bis wir wieder zusammenkommen.“ Paul fällt als Antwort nur ein: „Weißt du, ich seh das wohl, aber wir müssen einfach dran arbeiten.“ Während George nochmals PIECE OF MY HEART (0:14) spielt, bestellt Paul etwas zu trinken. George gibt dem Assistenten Kevin Harrington Anweisung, ihm eine andere Gitarre zu bringen.
Paul improvisiert einen Song mit der einzigen, stetig wiederholten Textzeile „Over and over again“ (1:22), bei dem die anderen drei mitmachen, auch wenn sie sich gleichzeitig weiter unterhalten. Was sollen sie als nächstes spielen? John hat nichts zu bieten – „Es sei denn, ihr wollt The Road to Marrakesh machen“, aber das will er eigentlich selbst nicht. Alle jammern herum, dass sie eigentlich nur langsame Nummern auf Lager haben, die nicht zu ihrem Vorhaben passen. George: „Was sollen wir also machen – was anderes?“ Paul: „One After 909.“ John: „Das können wir schon, oder?“ George: „Aber wir müssen Routine kriegen.“ Paul stimmt zu, aber John will nicht, da verfängt es auch nicht, dass George kurz ein paar Akkorde von ONE AFTER 909 (0:18) anspielt und den Ablauf aufsagt.
Alle scheinen müde; John meint, er hätte gern was Flottes. George erklärt Paul den Unterschied zwischen sich und Eric Clapton: „Ich bin nur einer von mehreren Gitarristen, manchmal spiele ich und manchmal singe ich, so wie du manchmal singst und manchmal Bass spielst, aber Eric spielt die ganze Zeit alleine Gitarre, als Lead-Gitarrist, darum ist er derjenige, der’s im Griff hat. Ich weiß jetzt, ich kann Sachen spielen und Sachen lernen, die okay klingen, aber ich kann sie nie dauerhaft in Gang halten, außer ich tu mich mit den Big Three zusammen.“ John: „Es ist einfach eine Frage, das Solospiel zu lernen.“ George: „Ja, aber es ist noch mehr als das. Es ist das dauerhafte In-Gang-Halten von etwas über eine lange Zeit. Damit zieht er das Publikum auf seine Seite.“ George beschäftigen offenbar die Probleme des Liveauftritts; er hat erkannt, dass er nicht improvisieren kann. Als das Gespräch sich dem Jazz zuwendet, gibt George zu, dass er diese auf Improvisation beruhende Musikform nicht mag – ebensowenig wie Paul. George spielt mit Johns und Pauls Unterstützung kurz ein Stück an, das nun wirklich kein Jazz ist, nämlich I’VE BEEN GOOD TO YOU (1:30) von den Miracles.
Und dann proben die Beatles, trotz allen Geredes um Oldies, Rock ’n’ Roll und flotte Stücke, doch weiter Georges neues Stück. Der erste Versuch, es durchzuspielen, misslingt jedoch, und Paul fängt an, diverse Verbesserungen vorzuschlagen, aber George will nichts ändern, sondern einfach nur mehr Sicherheit gewinnen: „Je besser man’s kennt, desto besser kann man auch die Lücken füllen.“ Eine fast vollständige Version von ALL THINGS MUST PASS (2:30) gelingt ihnen. George schreckt ein bisschen davor zurück, es mit der Perfektionierung zu übertreiben, aber mit Pauls Hilfe wird noch ein Weilchen an den Gesangsparts und unklaren Stellen gefeilt. George singt eine nicht ernst gemeinte Textvariante, in der seine „makrobiotischen Pillen“ vorkommen, und John macht ein paar halbgare Vorschläge für Klangeffekte. Paul daraufhin: „Wollen wir’s nochmal versuchen?“ John: „Versuchen wir’s einmal noch.“ Einmal also noch ALL THINGS MUST PASS (2:08+), dann ist auch Georges Lied darüber, dass alles vergehen muss, für heute geschafft.
Es ist 5.45 Uhr – Zeit, Feierabend zu machen? Nein, noch nicht, denn nun hat Paul noch ein Stück zu bieten, jenen etwas albernen, nach Kinderlied klingenden Song mit dem Titel MAXWELL’S SILVER HAMMER, den er am Morgen schon Ringo kurz vorgespielt hat, der nun aber zum ersten Mal von allen vier Beatles in Angriff genommen wird. Bilder von diesem ersten Versuch finden später im Film Let It Be Verwendung, allerdings kombiniert mit einer späteren Probe vom 7. Januar, weswegen man beim Betrachten des Films den Eindruck bekommt, die Beatles hätten sich mitten im Stück umgezogen und die Instrumente gewechselt. Bei den ersten Proben jetzt am 3. Januar spielt Paul Bass, und John sitzt am Klavier. Etwa eine halbe Stunde wird an dem Stück gearbeitet, meist anhand von Teildurchläufen oder Gefeile an einzelnen Passagen (wie immer hat Paul sehr genaue Vorstellungen, wie alles laufen soll, und gibt beispielsweise Ringo präzise Anweisungen für dessen Spiel). George, der überraschend viel Freude an dem Lied hat und fröhlich mitsingt, macht den Vorschlag, Paul solle doch ihm den Bass überlassen und sich ans Klavier setzen, um das Stück besser im Griff zu haben; Paul stimmt zu, und George lässt sich von den Helfern seinen Bass bringen (mit Pauls Instrument, das für einen Linkshänder besaitet ist, kann er nämlich nicht viel anfangen). John, der daraufhin den Gitarrenpart übernimmt, bringt allerdings nichts zustande, was wirklich zum Stück passt. Zwischendurch singt Paul einen Teil des Songs einmal in erheblich schnellerem Tempo, aber das ist kein Versuch, etwas auszuprobieren, sondern dient (ebenso wie ein paar Fragmente im Walzertakt, die George am Bass initiiert) nur der Auflockerung. Ein einziges Mal schaffen die Beatles dann mit einiger Mühe einen kompletten Durchlauf von MAXWELL’S SILVER HAMMER (2:26), ehe die Probe wieder in vergeblichen Anläufen und Detailarbeit zerfasert. George fragt Paul nach dem vollständigen Text, aber der ist, so erfährt er, noch nicht fertig. Am Ende läuft die Probe vollends auseinander; Paul pfeift nur noch die Melodie vor sich hin, und George übt minutenlang allein (und wiederum zum Teil im Walzertakt) seinen Basspart.
Die Luft ist definitiv raus, nicht nur aus der Probe des auf die Dauer recht nervtötenden Songs von Paul, sondern auch aus dem Tag überhaupt. Ringo verabschiedet sich: „Nacht, alle zusammen!“ Dann gehen auch Paul und John, dem George noch nachruft, er solle sich die von ihm produzierte Jackie-Lomax-Platte anhören; George möchte einen Tipp bekommen, welche Songfolge die beste sei. Und dann ist, obwohl George mit Glyn Johns noch weiter über Achtspurgeräte diskutiert, Feierabend und Wochenende.
Das Fazit dieses zweiten Probentags fällt durchwachsen aus. Die Beatles haben Spaß gehabt, allerdings vor allem beim Schwelgen in alten Nummern, meist Fremdkompositionen, die sie aber nicht mehr recht beherrschen. Von der Fähigkeit früher Livejahre, ein großes Repertoire von Songs nach Belieben aus dem Ärmel zu schütteln, sind sie weit entfernt. Das einzige Stück aus der eigenen Frühphase, das sie noch hinbekommen, ist ausgerechnet das unveröffentlichte One After 909. Johns Don’t Let Me Down, das am Vortag noch recht problematisch klang, können die Beatles nun auf präsentables Niveau bringen, doch mit Two Of Us und I’ve Got A Feeling sind sie kaum weitergekommen. Maxwell’s Silver Hammer schließlich, Pauls drittes Angebot, ist vielleicht ein Opfer der Ermüdung in Folge der allzu mühseligen und zähen Probenarbeit an Georges All Things Must Pass geworden, einem Song, der aufgrund seiner feierlich-getragenen Stimmung für das beabsichtigte Konzert nicht sehr geeignet scheint – und eigentlich klingt der Song auch gar nicht nach den Beatles, ebensowenig wie die Klavieretüden, mit denen Paul sich den Morgen vertrieben hat. Gerade die besten Teile des Songmaterials, mit dem die Beatles sich an diesem Tag beschäftigt haben, können ihr Potenzial nicht richtig entfalten, weil es eher Solosongs sind als Ensemblestücke. Johns Anspielungen auf eine Karriere nach den Beatles sowie Pauls und Ringos Versuche, George zu Soloauftritten zu ermutigen, gehen eigentlich in dieselbe Richtung. In diesem Sinne ist der Tag dem Gruppengedanken nicht förderlich gewesen.
Komplikationen
Montag, 6. Januar 1969, Filmstudio Twickenham
Wiederum ist es Paul, der als erster Beatle am Probenort ist. Kurz vor halb elf unterhält er sich mit Michael Lindsay-Hogg und Glyn Johns über das Abschiedskonzert von Cream, dem am Vorabend eine Sendung der BBC gewidmet war, und über Barry Ryans Hitsingle Eloise, die ihm gefällt, seinen Gesprächspartnern aber nicht. Paul spielt am Klavier OH! DARLING (1:33) und singt sich durch den Text des offenbar schon fertigen Songs (einige Sekunden dieser Probe sind später im Film Let It Be zu sehen). Paul überlegt, ob dies ein Stück für die Bandproben sein könnte, aber Lindsay-Hogg will lieber mehr über das letzte Stück vom Freitag wissen, Maxwell’s Silver Hammer. Paul meint, das sei ein bisschen wie die satirisch-parodistischen Lieder von Tom Lehrer, bringt dann das Gespräch auf One After 909, ein Stück, von dem alle gleich zu schwärmen anfangen. Paul: „Das war toll. Ich hatte an das nämlich gar nicht mehr gedacht, weil’s eines der ersten Stücke war, die wir geschrieben haben.“ Er schwelgt in alten Zeiten, erzählt davon, wie John und er sich nach der Schule getroffen und Songs geschrieben haben – unzählige Songs, die sie nie ganz für voll genommen haben, weil sie nicht richtig fertig wurden oder alberne Texte hatten (Paul singt ein paar Beispiele).
Lindsay-Hogg will wissen, ob es noch viele unveröffentlichte Aufnahmen von den Beatles gibt. Paul: „Decca hat noch ein paar Sachen.“ (Er meint die Bänder vom Vorspiel der Beatles Anfang 1962, nach dem Decca es ablehnte, sie unter Vertrag zu nehmen, weil „Gitarrenbands auf dem absteigenden Ast“ seien.) Außerdem gebe es noch eine Live-Aufnahme aus der Hollywood Bowl. Paul berichtet, gerade habe er sich wieder Sgt. Pepper angehört, und als er gefragt wird, ob die Platte ihm noch gefalle, bejaht er und schwärmt von den Geräuschen des Livepublikums am Anfang – wobei ihm das derzeitige Vorhaben einfällt: „Das hab ich mir bisher gar nicht als Vorbereitung einer Platte vorgestellt. Als ich mir Sgt. Pepper anhörte, kam mir wieder in den Sinn, wie es ist, ein Livekonzert zu spielen, auch wenn’s da nur eine künstliche Liveatmosphäre ist. Da lacht dann vielleicht plötzlich irgendwer, und man weiß nicht warum.“ Mit Glyn Johns diskutiert er die für einen Konzertmitschnitt nötige technische Ausrüstung. Paul gefallen Verstärker, mit denen man einen leichten Verzerrungseffekt erhält; als Beispiele erwähnt er Jimi Hendrix und The Who.
Dann taucht der verschlafene Ringo auf. Paul mit Nachdruck: „Guten Morgen?“ Ringo: „Ich will nicht lügen – mir geht’s nicht übertrieben gut!“ Lindsay-Hogg fragt, ob eigentlich beim ständigen Spielen mit großer Lautstärke das Gehör leide. Ringo: „Man gewöhnt sich dran. Ärgerlich ist es, wenn man Kopfhörer auf hat, und irgendwer dreht am falschen Knopf.“ Paul fällt ein, dass man mit gezieltem Feedback-Einsatz jemanden geradezu foltern könne.
John trifft ein (natürlich mit Yoko) und trällert kurz einen Frankie-Valli-Song, in den Paul einstimmt: C’MON MARIANNE (0:28). Lindsay-Hogg will wissen, ob die Royal Albert Hall nicht ein guter Ort für ihren Liveauftritt wäre, aber Paul hat offenbar keine Lust auf das Thema und lästert lieber wieder über die Cream-Sendung im Fernsehen, deren zerhackende Schnitte ihm ebenso missfallen haben wie die allzu albernen begleitenden Interviews.
Als letzter Beatle erscheint nun George und erzählt ausgiebig von seinen Schlafstörungen und den Problemen beim Versuch, Paul anzurufen, um ihn zu wecken. Derweil wird gefrühstückt. Gelangweilt singen George und Paul die Titelzeile aus I’VE GOT A FEELING (0:14). George: „Also – was ist das hier?“ Ringo: „Die Ruhephase.“ Paul: „Das sind einfach wir gegen den Morgen. Das hier ist Kaffee.“ Lindsay-Hogg fängt wieder von der Cream-Sendung an, die George allerdings gefallen hat.
George und Paul singen noch ein bisschen I’VE GOT A FEELING (0:07), und George sagt, er habe am Wochenende einen Gospelsong geschrieben. John: „Anrufung welches Heiligen?“ George: „Anrufung des Herrn. Hear Me Lord. Ich rufe dich an.“ Alle kichern. Lindsay-Hogg fragt nochmals nach dem geplanten Liveauftritt. George: „Ich denke, wir vergessen die Idee mit dem Auftritt komplett.“ Noch mehr Gekicher, nun allerdings etwas verkniffen. Paul: „Okay.“ John: „Bin auf deiner Seite.“ Paul: „Zurück in die Schule.“ Sie gehen zu ihren Instrumenten, und George singt beim Stimmen seiner Akustikgitarre eine Zeile aus Jerry Lee Lewis’ HIGH SCHOOL CONFIDENTIAL (0:10), spielt dann ein bisschen I’VE GOT A FEELING (0:50), wobei ihm vom Text kaum mehr als „oh yeah“ einfällt. Als nächstes probiert er zwei Passagen aus seinem neuen Gospelsong HEAR ME LORD (0:22/0:33), während die anderen weiterreden. George: „Das ist schon wieder nur so’n komischer Tag.“ Paul möchte mit der Probenarbeit anfangen, aber da das mäandernde Gespräch (hauptsächlich über Fragen der technischen Ausrüstung) noch nicht beendet ist, spielt George (zunächst akustisch, dann elektrifiziert) eine weitere Neukomposition, diesmal einen Blues: FOR YOU BLUE (0:43/1:00); beim zweiten Versuch singt Paul einen improvisierten Text dazu – dies ist endlich ein neuer Harrison-Song, der ensemblefähig ist.
Paul zupft ein bisschen am Bass herum, setzt sich dann an die Orgel und stimmt einen neuen Song an, bei dem er die Kollegen zum Mitmachen auffordert: CARRY THAT WEIGHT (1:31). Das Stück hat eine Middle Eight mit noch unfertigem Text, die später wieder aufgegeben werden wird. George klinkt sich aus, um mit John über dessen fiktionales 1969 Diary zu sprechen (auch Yoko wird dabei sehr gesprächig); Ringo hat sich unterdessen ans Klavier gesetzt und stimmt eine neue Eigenkomposition an, OCTOPUS’S GARDEN (0:37), deren Text bisher nur eine Strophe hat. Paul spielt dazu Orgel, leitet am Ende aber wieder zu CARRY THAT WEIGHT (0:20) über. Ringo erzählt, auf seinen Song sei er durch ein Gespräch mit einem Bootskapitän auf Sardinien gekommen – aber Paul interessiert sich mehr für sein eigenes Stück und probiert, unterstützt vom mitsingenden Ringo, noch ein Weilchen an CARRY THAT WEIGHT (1:31) herum.
Und noch ein neues, diesmal rein instrumentales Stück hat Paul in petto, das er nun in einer langen Improvisation an der Orgel auswalzt: THE CASTLE OF THE KING OF THE BIRDS (13:05), ein Stück, das er Jahre später für den Soundtrack des Zeichentrickfilms Rupert the Bear verwenden wird. Ringo am Schlagzeug und dann auch John und George an den Gitarren machen nach einiger Zeit mit, und es wird eine veritable (wenn auch zeitweise mangels Abwechslung etwas stumpfsinnige) Jam-Session daraus. Kaum ist sie beendet, initiiert Ringo am Schlagzeug eine neue Gruppenimprovisation (8:46+), die zunächst von Pauls Orgelriffs getragen wird, ehe John und George sich an den Gitarren nicht sonderlich einfallsreich in den Vordergrund spielen. Nach dem zähen Auslaufen der Improvisation beginnt John, ein Lied zu spielen und zu singen, das die anderen bestens kennen, weswegen sie gleich mitspielen: ACROSS THE UNIVERSE (2:34). Von diesem Song existieren eine Demoversion aus dem März 1967 sowie mehrere komplette Takes aus dem Februar 1968, darunter eine fertig abgemischte ‚endgültige’ Aufnahme. George will wissen, was aus der eigentlich geworden sei, doch John entgegnet, sie könnten eine bessere hinkriegen. Der gerade beendete Versuch allerdings klang eher stümperhaft, weshalb sich George mit einer flotten Version von Dylans I WANT YOU (3:15) zerstreut, an der sich alle drei Kollegen beteiligen, die aber in jeder Hinsicht völlig daneben geht. George fängt an, von Dylans erstem Auftritt mit elektrischer Gitarre 1965 zu erzählen, und kommt dann auf Bluesgitarristen zu sprechen. Paul fällt auch einer ein: „Wie heißt der noch gleich, der hier schon seit Jahren zugange ist? Ein Bluessänger, ein Amerikaner, der seit Jahren in Großbritannien tourt?“ Die Umstehenden nennen zahlreiche Namen, aber alle sind falsch, und endlich fällt es Paul selbst ein: „John Lee Hooker!“ Also improvisieren George und Paul (jetzt wieder am Bass) ein paar Bluesschnörkel (0:29), die ein bisschen nach Georges For You Blue klingen, aber ganz bestimmt nicht nach Hooker.
Aus dem Blues entwickelt sich eine kurze, riffbetonte Improvisation (1:05+), an der sich alle beteiligen, doch klingt das Ganze recht zäh. Aus der Lethargie reißt Paul die Kollegen mit einem flotten Bassrhythmus und einem sehr schnellen, boogieartigen Stück, dessen Text sich weitgehend auf die Zeile „You wear your women out“ (6:42) beschränkt; unklar ist, ob es sich dabei um ein Songfragment oder um einen reinen Augenblickseinfall handelt. Kurz vor Schluss der gemeinsamen Improvisation streut einer der Gitarristen ein paar Akkorde aus I’ve Got A Feeling ein, und dieser Appell an den Gemeinschaftsgeist hat Erfolg – es folgt eine vollständige Version von I’VE GOT A FEELING (4:08), die text- und struktursicher ausfällt, allerdings absolut schauderhaft klingt. Paul leiert kurz die Parodie einer angeblichen Analyse des Stücks durch William Mann, den Musikkritiker von The Times, herunter. Keiner der Beatles scheint in ernsthafter Probenstimmung zu sein, also nudeln sie ein bisschen auf ihren Instrumenten herum, bis Paul unvermittelt mit einem zappeligen Bassriff die übrigen Beatles animiert, zu einem von ihm herausgequäkten Ad-hoc-Text mit der Schlüsselformulierung „My imagination“ (4:04) zu improvisieren. Spielweise und Stimmung sind aufgekratzt und auf Krawall gebürstet, von Wohlklang keine Spur.
Aus dem folgenden Stimmen der Instrumente und Saitengefummel baut sich gleich die nächste Gruppenimprovisation (5:53) auf, diesmal in langsamerem Rhythmus und nicht gar so schrill, aber immer noch eher schroff als entspannt klingend. Die Beatles, hat es fast den Anschein, würden gern auch einmal wie die gerade aufgelösten Cream klingen – und entwickeln sogleich eine weitere Improvisation, nun mit einem um eine Spur schnelleren, auf Lässigkeit angelegten Rhythmus, über dem Paul recht unverständliche Zeilen um ein wiederholtes „I’m gonna pay for his ride“ (3:43) singt. Als die mit einem gekonnten Bluesschnörkel glücklich beendet ist, möchte zur Abwechslung nun John zur Probenarbeit zurückkehren und bringt sein einziges dafür taugliches neues Stück ins Gespräch.
Also stimmen die Beatles nochmals ihre Instrumente und spielen dann einmal DON’T LET ME DOWN (1:38+) – jenes Stück, das am Freitag zuvor so schön kompakt geklungen hatte, nun aber ziemlich zerfasert. Ein Versuch Johns, DON’T LET ME DOWN (0:56) vom Refrain her nochmals zu beginnen und improvisierte Varianten zuzugeben, wird zwar von Paul aufgenommen, scheitert aber an den Missklängen. John flüchtet sich in eine sofort von allen aufgenommene Interpretation von ONE AFTER 909 (2:49), die deutlich langsamer als am Freitag ausfällt, im Klang einigermaßen zäh – aller Schwung ist aus der Nummer raus. Aus Detailprökeleien von Paul am Bass und George an der Gitarre entsteht eine weitere Teilprobe von ONE AFTER 909 (1:40) im gleichen Tempo, die immerhin ein paar nette Ideen für Pedaleffekte von George abwirft. Über bluesige Phrasen von George improvisiert Paul passende Vokalkreischer mit der Motivzeile „They call me fuzz face“ (0:36), und damit haben sie sich in Stimmung gebracht für eine am Ende abbrechende Hardrockversion von ONE AFTER 909 (1:36); nun wollen sie offenbar nicht mehr wie Cream klingen, sondern wie die Rolling Stones. George verlangt ein anderes Wah-Wah-Pedal, improvisiert dann diverse Riffs und einen flinken Teildurchlauf von THAT’S ALL RIGHT (0:40) von Elvis Presley. Die harte Rock ’n’ Roll-Stimmung hat inzwischen auch John gepackt, der sich an Chuck Berrys THIRTY DAYS versucht (0:18), aber aufhört, als George beim Drehen an seinem Verstärker quietschende Rückkopplungen auslöst. Als George schließlich den Wah-Wah-Klang hinbekommt, den er sich vorgestellt hat, geht John auf seine Riffs ein, und das Spiel mit den Klangeffekten steigert sich zu einem improvisierten Gitarrenduett (1:56+).
Aber George hat mit seinen Wah-Wah-Effekten etwas anderes vor – er will den Song, den er am Wochenende geschrieben hat, ausprobieren, und so kommt es zu zwei immer wieder abbrechenden Durchläufen von HEAR ME LORD (3:03/2:20), anfangs von George solo bestritten, ehe John und Ringo zaghaft einsteigen. Zwischendurch fragt Paul George, ob er sich vorstellen könne, das beabsichtigte Konzert vor Ort in Twickenham abzuhalten. George kann sich das zwar vorstellen, findet aber nicht viel Gefallen an der Akustik und schlägt als Alternative die Räumlichkeiten der EMI vor, was wiederum Paul nicht sonderlich gefällt, der lieber eine Umgebung hätte, die ihnen schon vertraut ist. Also bringt er doch wieder Twickenham ins Gespräch und meint, hier gebe es ein kleines Studio mit einer Atmosphäre wie seinerzeit im Cavern Club. Von George Martin und Glyn Johns will er wissen, ob man vor Ort die nötige Aufnahmetechnik installieren könne. Könne man, meinen die Experten und fangen an, die Details zu diskutieren. Eine so große Nähe zwischen den Beatles und ihrem Publikum, wie sie Paul vorschwebt, schreckt George allerdings ab, was George Martin mit dem ironischen Vorschlag kommentiert, da könne doch Stacheldraht eine Hilfe sein. Vielleicht sollte man das Publikum erhöht platzieren – Ringo erkennt gleich, dass das schöne Effekte für die Kameras ergäbe. Paul: „Wir könnten das Publikum rundherum sitzen haben wie in so einem Gladiatorenring, erst herrscht Leere in der Mitte, und dann kommen wir mit Löwen und den Gitarren rein.“ Bei diesen Spinnereien fällt allen etwas ein, nur John schweigt lange, und als er nach seiner Meinung gefragt wird, spielt er ein Rock ’n’ Roll-Riff (0:25) auf der Gitarre und singt dazu seinen Kommentar: Ein intimes Setting finde er aus Gründen der Akustik besser als eine große Halle.
Wenn John mit der Gitarre zur Diskussion beitragen kann, dann kann George sich mit der Gitarre aus der Diskussion ausklinken – er vergnügt sich, indem er wieder einige Takte von HEAR ME LORD (0:15) spielt. Er und John dudeln ein paar Improvisationen auf ihren Gitarren, vielleicht haben sie beide die Nase voll von der Diskussion. Da die anderen aber immer noch weiterquatschen, unterbricht George sie schließlich und fragt Paul, ob er denn auch einen bestimmten alten Musichall-Song singen wolle. Als Antwort stimmt Paul das Lied gleich an, und zwar mit Schmackes: LEANING ON A LAMP POST (1:31). George und John unterstützen ihn an den Gitarren; jetzt ist wieder Musik angesagt, und John singt kurz ein eigenes Stück im Musichall-Stil, ANNIE (0:26), nicht ohne zu erwähnen, es sei für Ringo. Da will George nicht zurückstehen und stimmt (unterstützt von John an einer zweiten Gitarre) ein Lied auf eine „Maureen“ (2:08) an, von dem er behauptet, es stamme von Bob Dylan – äußerst unwahrscheinlich, aber Ringo gefällt es, denn seine Frau heißt Maureen. Es folgt Georges Soloversion von Chuck Berrys I’M TALKING ABOUT YOU (0:46), einem Song, den die Beatles 1963 bei einem ihrer BBC-Auftritte spielten. Damit zieht er zugleich den Schlussstrich unter einen von viel talking und wenig Proben gekennzeichneten Vormittag; auf Pauls Betreiben ziehen sie zur (letztlich fruchtlosen) Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für das Livekonzert los – Zeit für die Mittagspause.
Nach der Mittagspause geht das Gerede um Ort und Rahmen des geplanten Livekonzerts erst einmal weiter. Hauptkontrahenten in der Diskussion sind Yoko Ono, die für etwas möglichst Ungewöhnliches plädiert, zum Beispiel ein „poetisches“ Konzert ohne Publikum, und Michael Lindsay-Hogg, der auf ein möglichst „normales“ Konzert dringt (alles andere würde dem geplanten Film zuwider laufen), auch wenn er dafür gern einen spektakulären Schauplatz hätte. Paul versucht, zwischen den beiden Standpunkten zu vermitteln und dabei seine Gedanken zu sortieren: „Was ist der Nutzen eines Publikums? Der Nutzen eines Publikums kann sein: die pure Großzügigkeit, für die Leute zu spielen, weil man sie liebt. Oder Eintrittsgelder zu kassieren. Oder eine Reaktion zu bekommen, was der Show nützt. Aber das hieße doch, dass die Show allein nicht genug ist, dass wir vier nicht genug sind.“ Paul versucht, sich Yokos Standpunkt anzunähern, indem er einen ungewöhnliches Rahmen zumindest in Betracht zieht. George meint, ein Publikum könne Vor- und Nachteile haben – mit den Nachteilen meint er sehr wahrscheinlich das, was Yoko anspricht, nämlich das Klischee der jugendlichen Fans, die kreischen und sich die Kleider vom Leibe reißen. Paul: „Wir wollen doch zwei Konzerte geben. Wir könnten den einen Abend vor leerer Stille spielen und den anderen vor besetzten Reihen.“ Lindsay-Hogg bringt die Idee auf, irgendwo in idyllischer Umgebung am Meer zu spielen. Paul: „Aber das muss in England sein, weil – äh – wir beschlossen haben, nicht ins Ausland zu gehen.“ Und weiter: „Was Yoko sagte, ist richtig: Man kann nicht wieder das altbekannte Publikum haben – oder die altbekannte Szenerie. Wenn’s das altbekannte Publikum wäre, und wir wären alle nackt, dann hätten wir eine neue Szenerie.“ Also nicht das Publikum, sondern die Beatles verändern? George hätte allerdings lieber ein nacktes Publikum, als selbst nackt spielen zu müssen, findet dann aber: „Wichtig wäre, dass wir uns ein ganz neues Image schaffen. Wir könnten uns einfach ein Image überlegen, wie wir sein wollen. Wir könnten einfach eine Nachtclubcombo sein oder – irgendwas halt. Gedämpftes Licht und nur zehn Leute da.“ Paul hat eine ähnliche Idee: „Ein Ballsaal – wenn wir’s einfach wie eine Tanzveranstaltung aufziehen würden. Wir spielen alle unsere Nummern und spielen wie zum Tanz, ohne irgendwelche Ansagen, erst eine schnelle Nummer, dann eine langsame, und alle tanzen einfach. Kann schon sein, dass es eine Prügelei gibt, kann schon sein, dass die Dinge eben passieren, die bei Tanzveranstaltungen passieren.“ Das Problem dabei ist, muss er zugeben, dass sie halt die Beatles sind und keine beliebige Tanzcombo.
Aber sind sie überhaupt noch die Beatles? Die Beatles sind immerhin vier; an der Diskussion jedoch beteiligen sich nur zwei von ihnen; von Ringo nämlich ist nichts zu hören und, schlimmer noch, von John auch nicht. Yoko spricht für ihn, woraus sich für Paul das Problem ergibt, dass er diplomatisch reagieren muss, denn jeder Versuch, Yoko offen zu widersprechen, würde John, für den Yokos Wort inzwischen offensichtlich Gesetz geworden ist, den Beatles weiter entfremden. Was also tun?
Am besten, sie gehen wieder an die Arbeit, nehmen ihre Instrumente und spielen. Paul nimmt allerdings nicht sein eigenes Instrument, sondern setzt sich an Ringos Schlagzeug und entwickelt einen schleppenden Rhythmus, auf dem John und George, nachdem sie ihre Gitarren gestimmt haben, eine nicht übertrieben einfallsreiche Improvisation (5:16) aufbauen. Nach kurzer Pause wird relativ zusammenhanglos weitergejammt; zwischenzeitlich gehen die Improvisationen auf Georges Initiative hin in eine von ihm gesungene Interpretation des Smokey-Robinson-Songs TRACKS OF MY TEARS (2:22) über, dann wird weiter improvisiert, bis George seine Kollegen mitreißen kann zu einem Rock ’n’ Roll-Medley, bestehend aus recht beherzt gespielten Versionen von Larry Williams’ DIZZY MISS LIZZY (3:00), Barrett Strongs MONEY (THAT’S WHAT YOU WANT) (2:44), Jerry Lee Lewis’ FOOLS LIKE ME (3:38) sowie zwei Nummern von Carl Perkins, SURE TO FALL (2:45) und RIGHT STRING, WRONG YO-YO (3:32) – alles Stücke, die die Beatles in ihren frühen Jahren im Repertoire hatten, was allerdings nicht heißt, dass sie die Songs (oder gar deren Texte) noch gut beherrschen.
Inzwischen ist es nach drei; der Spaß beim Spielen alter Lieblinge scheint heute geringer als an den Tagen zuvor, und probentechnisch hat der Tag noch überhaupt nichts gebracht, abgesehen vielleicht von der Erkenntnis, dass bei den Proben am Vormittag auch Johns am meisten versprechender neuer Song nicht mehr richtig laufen wollte. Folgerichtig wird jetzt anderthalb Stunden lang intensiv und ausschließlich an DON’T LET ME DOWN gearbeitet. Da die Grundstruktur des Stücks steht, werden einzelne Passagen gezielt durchgenommen und Varianten probiert. Zunächst steht die Middle Eight im Zentrum der Aufmerksamkeit, da John befürchtet, sie könne eine Schwachstelle sein. Paul verfeinert seinen Basspart und probiert diverse Falsettharmoniegesänge aus, teilweise auch mit neuen Textpassagen, da er (wie übrigens auch John selbst) findet, der bisherige Text sei ein bisschen kitschig; außerdem möchte er, dass George mitsingt. George hingegen möchte lieber einen anderen Rhythmus ausprobieren.