Kitabı oku: «Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43», sayfa 2
Morgens gibt es Kaffee, der reichlich und dünn ausgeteilt wird; man muss aber zu viel Wasser trinken, um eine Tasse Kaffee zu bekommen, und die einzige Rettung war, ihn so heiß wie möglich zu verschlucken. Es gehört dann wirklich ein Feinschmecker dazu, starken von schwachem zu unterscheiden. Zu diesem Gebräu verarbeiteten wir eine braune bimssteinartige Masse, die „Schiffszwieback“ genannt, aber erst, in heißem Kaffee aufgeweicht und mit Butter gestrichen, genießbarer wird, als sie auf den ersten Anblick verspricht. Butter wird übrigens alle Sonnabende, nach dem Schiffsausdruck „gefasst“, und es war daher nötig, ein Gefäß mit Deckel dafür zu haben, wie auch eine eigene Kaffeekanne. Die Butter, die wir bekamen, war gut und auch reichlich, dass man, wenn man nicht gar zu dick aufstrich, wohl eine Woche damit auskommen konnte; doch wird sie nicht jedem Manne einzeln, sondern immer für fünf gegeben, wobei es wieder ein Glück war, dass wir uns unsere Gesellschaft vorher ausgesucht hatten und jetzt nicht verpflichtet waren, mit Krethi und Plethi Haus zu halten. Sehr gut kam es uns auch zu statten, dass wir Zucker mitgenommen hatten, denn außer etwas Sirup zum Pudding, der sonntags ausgeteilt wird, gibt es weiter nichts Süßes. Der Zerbrechlichkeit der Kaffeetassen wegen hatten wir uns mit Zinnbechern versehen, die auch den Dienst sehr gut verrichten; doch schmeckt der Kaffee und Tee schlecht aus diesen blechernen Gefäßen.
Am Mittag hatten wir gelbe Erbsen und Speck, das gewöhnliche Montagsessen, dienstags Bohnen und Pökelfleisch, mittwochs graue Erbsen und Speck, donnerstags Erbsen und Pökelfleisch, freitags Sauerkraut und Speck, sonnabends Pflaumen und Reis mit Fleisch, und sonntags Pudding und Pökelfleisch. Der Speck und das Pökelfleisch, da beide sehr gesalzen sind, werden den Abend vorher in Seewasser gelegt, das, obgleich selbst salzig, doch den größten Teil des im Fleische enthaltenen Salzes herauszieht, worauf sie, mit den Hülsenfrüchten zusammengekocht, ein ganz schmackhaftes Essen liefern, – besonders wenn man hungrig ist. Den Pudding aber, den wir uns selber zurechtmachen mussten, will ich etwas näher beschreiben.
Der Steuermann gab uns schon am Sonnabend den Wink, uns einen Sack zu nähen, in welchem wir unseren Pudding kochen könnten; wir möchten ihn aber nicht zu klein machen, damit für fünf Mann hineinginge. Der Engländer sagt: a wink is as good as a nod to a blind horse, und wir ließen uns das nicht zweimal sagen, so dass, als wir am nächsten Morgen mit unserem Sack ankamen, der Steuermann laut auflachte und meinte, da ginge für fünfundzwanzig Mann hinein. Wir bekamen übrigens reichlich Mehl und Pflaumen. Eine große Schwierigkeit war, jetzt eine Art Trog zu bekommen, in dem wir die Masse ankneten konnten; aber auch das wurde zuletzt ermöglicht. Mlhr. und Vgl. streiften sich die Ärmel in die Höhe und fingen an, die Masse aus Leibeskräften mit Wasser und Butter zusammen zu kneten; zu der ganzen Mischung gossen wir noch etwas von unserem Rum, taten dann das Ganze in den Sack, der eine 12–14 Zoll lange und 6–7 Zoll im Durchmesser haltende Wurst bildete, banden ihn oben recht fest zu und übergaben alles nun seinem Schicksal und dem Koch, welcher es in einen ungeheuren Kessel zu den anderen Würsten hineinwarf. Um ihn später wieder zu erkennen, mussten wir übrigens ein Zeichen daran machen, das in einem daran gehängten Stückchen Holz mit der Kojennummer bestand. Auf ähnliche Weise wurde auch unser Fleisch gezeichnet.
Als wir am ersten Sonntagmittag unser Gebäck auseinander schnitten, wozu wir für die Doppelkoje, d. h. auf zehn Mann, eine Flasche Sirup bekamen, war das Innere noch ein weißer Brei; das verschlug uns aber nicht das geringste. Die nicht gare Masse wurde mit einem Löffel herausgenommen, wieder in den Sack getan, zugebunden und dann noch einmal dem kochenden Wasser übergeben, und mit der größten Behaglichkeit wurde dann dieses „erste Kind unserer Laune“ verzehrt. Am Abend gibt's Tee und Schiffszwieback, und den Tee ebenfalls dünn genug. Doch genug jetzt über Essen und Trinken; ich habe dies auch nur hier angeführt, um wenigstens ein kleines Bild von der Haushaltung auf einem mit Auswanderern beladenen Schiffe zu geben.
Wir waren jetzt der französischen Küste nahe, die, erst als blauer Streifen auftauchend, immer größer und deutlicher wurde. Noch vor Dunkelwerden liefen wir nahe genug an Calais vorbei, die Türme und Häuser zu erkennen, und nach England hinüberschneidend, bekamen wir auch Albions Küste vor Nacht zu sehen. Deutlich erkennen ließ sich aber nichts mehr, nur glänzten hellstrahlend Dovers beide Leuchttürme nach kurzer Zeit durch die Nacht, während auch noch die französischen Leuchtfeuer sichtbar waren. Am nächsten Tage jedoch kamen wir ziemlich nahe am englischen Ufer vorbei, und majestätisch dehnten sich die weißen Kreidefelsen zu unserer Rechten hin, von der glühenden Morgensonne mit rosenfarbenem Schimmer übergossen. Gegen Abend fuhren wir an der Insel Wight vorbei. Leider drehte sich der Wind, so dass wir nur durch Lavieren höchst langsam vorwärts kamen. Überhaupt ist der Kanal bei ungünstigem Winde eines der fatalsten und sogar gefährlichsten Gewässer. Das Fahrwasser ist sehr schmal und gestattet nur wenig Raum zum Kreuzen, während die südlich gelegenen Ufer von Frankreich und Holland meist seicht sind, und selbst an der englischen Küste, nahe der Themsemündung die Goodwinsands liegen, an denen schon unzählige Schiffe strandeten.
Bis zum 27. Mai trieben wir uns im Kanal herum und ließen dann erst die Insel Scilly, das letzte englische Land, zurück, somit der alten Welt ein ernstfreundliches Lebewohl bietend.
Fahr denn wohl, du neblige Küste,
Fahr denn wohl, du nördlich Land!
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Kapitel zwei – Der Atlantische Ozean
Kapitel zwei – Der Atlantische Ozean
Wir segelten nun im Weltmeere, das uns mit seinem gewaltigen Wasserzirkel umzog. Einen lieblichen Anblick bot die ungeheure Anzahl von Fischerbooten, die sich auf dem keineswegs ruhigen Wasser schaukelten und sich mit ihren bald gelben, bald weißen, bald roten, bald ganz schwarzen Segeln gar malerisch ausnahmen. Das Wasser war übrigens hier noch grün, und diese seegrüne Farbe ist besonders vom am Bugspriet oder hinten am Steuerruder wirklich wundervoll. Noch lebendiger wurde das Gemälde durch eine Masse von Braun- und Schweinefischen, die sich in Scharen in den Wellen herumjagten. Auch schwammen viele fremdartige, sonderbar aussehende Dinge im Meer herum, die ich aber nicht näher betrachten konnte, da es mir an einem Netze fehlte, sie herauf zu ziehen. Ich beschloss daher, mir ehester Tage eins zu machen.
Einige Tage ging die Sache so recht gut; das Wetter wurde besser, und alle Seekranken, selbst die Frauen, erholten sich und zeigten sich wieder auf dem Verdeck. Ich hatte mir ein kleines Netz gestrickt, das ich an eine lange Stange befestigte und stets in Bereitschaft hielt, wenn etwas Merkwürdiges am Schiffe vorbeischwimmen sollte. Und in der Tat war für mich alles, was im Wasser schwamm, merkwürdig oder doch wenigstens untersuchungswert. So fing ich denn eine Masse gallertartiger, lebender Wesen, Quallen, die, wie es schien, willenlos im Wasser trieben, aber doch sinken und steigen und, wie ich fast glaube, sich auch willkürlich bewegen konnten. Eine Art derselben war mir besonders merkwürdig; sie waren einzeln ungefähr 5 bis 6 Zoll lang und 1½ bis 2 Zoll dick und inwendig hohl und schienen nur eine Art Magen zu haben, der, der einzige feste Körper im ganzen Tiere, einen dunkeln Fleck bildete. Alles andere war ein gallertartiger Stoff, der, wenn man ihn aus dem Wasser zog und ein paar Stunden auf einem trockenen Brette liegen ließ, sich in Seewasser auflöste und nur den Magen, eine schleimige, undurchsichtige Masse und eine sehr dünne, äußerst feine Haut zurückließ. So häufig ich nun auch diese Tierchen einzeln herumschwimmen sah, so waren sie doch auch in Unmassen aneinander gereiht zu sehen, und zwar immer mit der breiten Seite zusammengeklebt, dass die dunkeln Flecke des Körpers alle regelmäßig an einer Seite saßen. Solcher Art bildeten sie, aus Hunderten von einzelnen Tieren bestehend, schlangenartige Körper, die sich ringelten und fortbewegten und ganz hübsch in dem kristallhellen Seewasser aussahen. Auch fing ich einige Schnecken, die vollkommen unseren Landschnecken glichen. In ihren Häusern enthielten sie aber einen tief indigoblauen Saft, der eine herrliche Farbe geben muss, denn ich schrieb mir einige Zeilen mit diesem Safte auf, um zu sehen, wie er die Farbe halten würde, und er veränderte sich auch nicht im mindesten. Außerdem schwamm noch eine große Anzahl solcher gallertartiger Wesen in allen möglichen Formen und Gestalten herum, manche atmenden Geldbeuteln ähnlich. Das schönste aber von allen diesen Geschöpfen ist unstreitig eine Blasenqualle, fälschlich der Nautilus und von den Engländern „das portugiesische Kriegsschiff“ genannt. Von dem Umfange einer großen Karpfenblase, in blauen, grünen und roten Farben spielend, ragt er ungefähr 3½ Zoll über das Wasser hervor, kann nach Gefallen seinen Kurs steuern und taucht bei Sturmwind unter. Zahlreiche zwei, drei und vier Fuß lange Fühlfäden gehen von dem Hauptkörper aus, hängen gerade hinunter ins Wasser und müssen wohl die besondere Eigenschaft besitzen, dem Tiere seine Nahrung zu erhaschen. Ich fing ein solches mit dem Netze und brachte diese polypenartigen Fasern zufällig auf den oberen Teil meiner Hand, wo sie einen Schmerz verursachten, der dem von Brennnesseln hervorgebrachten gleichkommt. Bei Nacht glühen diese Tiere wie Phosphor.
Wir flogen nun mit günstigem Winde der neuen Heimat zu, und der Anblick der See und des Himmels war wahrhaft wundervoll. Der Ozean hatte jetzt seine eigentümliche Farbe, ein so wunderbar schönes Blau, angenommen, dass mich ordentlich eine Sehnsucht erfasste, hineinzuspringen und mich von diesem klaren, azurnen Wasser tragen zu lassen. Derartigen Wünschen machte aber rasch die obere Floße eines Haifisches ein Ende, der, als er das Schiff sah, ruhig hielt und es an sich vorbeistreichen ließ. Der Gedanke, zwischen die sechs Reihen Zähne einer solchen Bestie zu kommen, hatte doch etwas gar zu Unpoetisches.
Meine Aufmerksamkeit wurde jedoch bald auf etwas anderes gelenkt. Es war ein schwarzer Punkt auf dem Wasser, dem wir näher und näher kamen; erst glaubte ich, dass es eine Klippe sei, und fragte den Steuermann danach; doch meinte dieser, dass keine Klippe dort herum sein könne, sondern dass es etwas Schwimmendes sein müsse. Und so war es. Es kam näher, und als wir an ihm vorbei segelten, erkannten wir es als die zerrissenen Überreste eines Schiffes. Nun gibt es auf der ganzen Welt nichts Geeigneteres, die gute Laune einer in sich selbst vergnügten Schiffsgesellschaft zu stören, als solch ein kleines memento mori, das sich der fröhlichen Menschenseele so ganz wie aus dem Himmel herabgefallen zeigt. Oft sehr zur rechten Zeit mag es uns an jene lange Reise erinnern, die uns allen ja bevorsteht, und wo dann so ein Wrack den Posthof, von dem wir ausfuhren, und der eben gesehene Haifisch recht gut die erste Station vorstellen könnten.
Am 30. Mai war der Wind wieder ungünstig, und die See ging hohl. Die meisten Passagiere wurden auch richtig wieder seekrank, die Zahl der „Tapferen“ hatte sich aber doch auch verstärkt, und wir hielten wacker aus. Eine andere Freude stand uns aber trotzdem bevor. Eines schönen Morgens kam unser Doktor mit einem sehr blassen und bedenklichen Gesichte zu uns und erzählte, dass die Blattern an Bord ausgebrochen wären. Eins der Mädchen hatte sie, wie sich bald nachher zeigte, sehr heftig und bösartig. Der Zimmermann musste nun vor allen Dingen einen Verschlag vorn im Schiffe, wo bis jetzt Taue und Stricke aufbewahrt worden waren, zur Krankenstube einrichten, damit, wenn es irgend möglich wäre, keiner der anderen Passagiere angesteckt würde. Dahin wurde die Kranke geschafft, und die Gemüter beruhigten sich wieder etwas.
Als wir noch ruhig auf dem Verdeck standen, gab es auf einmal einen Mordspektakel im Zwischendeck; Flüche von Männern, Kreischen von Frauen und Schreien von Kinderstimmen schallte in einem ohrzerreißenden Chor von unten herauf. Rasch war ich unten, und hier bot sich meinen Blicken ein allerdings höchst komisches Schauspiel. Alles, was nur klettern konnte, hatte sich in die obersten Kojen, auf Kisten und Koffer oder auf sonst irgendeinen hohen Gegenstand geflüchtet, um nur vom Boden entfernt zu sein, den ein kleiner, weißer Spitz ganz allein einnahm. Dieser knurrte dabei und biss um sich, dass ihm der Schaum vor dem Maule stand, und alles schrie, als ich die Leiter hinuntersprang: „Ein toller Hund, ein toller Hund!“ Das Tier biss indes nach den ihm zunächst liegenden Sachen, taumelte auf Deck herum und geriet endlich zwischen zwei kleine Kisten, wo ich es, ehe es sich daraus wieder befreien konnte, hinten im Genick erwischte und aufhob. Machtlos schnappte und zappelte es dabei, aber nie werde ich den Schrei vergessen, den die Frauen in der Koje gerade über mir ausstießen, als ich den Hund emporhob und ihnen denselben dadurch etwas näher brachte. Ich ließ das arme Geschöpf jedoch nicht los, trug es die Leiter hinauf und warf es über Bord.
Es war der einzige Hund, den wir auf dem Schiffe hatten, und er gehörte dem guten Wilhelm, der in Bremerhaven mit Teer begossen wurde. Er schien die Sache aber sehr kühl zu nehmen und meinte, es wäre recht gut, dass das Tier fort sei, es wäre ihm doch immer nur mit den Pfoten ins Essen gefahren. Sein Vater und er blieben noch lange auf dem Verdeck, und als sie zuletzt wieder hinuntergingen, bekamen sie einen nicht eben freundlichen Empfang von der alten Frau, die seekrank im Bette lag. „Wilhelm – du – und – dein – Vater – ihr – seid – recht – dumme – Jungen, – lässt – mich – arme – alte – kranke – Frau – hier – unten – allein – liegen, – und – lauft – auf – dem – Verdeck – herum.“ Wilhelm, der größte Tollpatsch, der mir in meinem ganzen Leben vorgekommen, führte seine Verteidigungsrede mit vielem Eifer auf Plattdeutsch und setzte sich dabei auf die Hutschachtel seiner Mutter, die, ehe es jene bemerkte, zusammenbrach und den ganz verdutzten Jungen in ihrem Schoß aufnahm. Wilhelm bekam darauf verschiedene Ohrfeigen.
Bis zum 4. Juni hatte sich der Wind ganz gelegt und die See glich einem Spiegel, der nur durch die stete Bewegung und das Wogen der ungeheuren Wasserfläche hier und da gestört, aber nicht unterbrochen wurde. Das Schiff stand ganz ruhig, und wieder packte mich eine unwiderstehliche Lust zum Baden. Der Kapitän hatte das freilich der vielen Haifische wegen streng verboten; H. und ich aber sprangen früh am Morgen, als jener noch schlief, über Bord und wälzten uns, von dem lauen Salzwasser leicht getragen, mit unbeschreiblicher Wonne in dem klaren Elemente herum. Eine ungeheure Müdigkeit, wie ich sie nie nach einem Flussbade gespürt habe, erfasste mich jedoch nach dieser Seewasserpartie, bei der ich auch wohl ein wenig zu viel von dem salzigen Elemente geschluckt hatte.
Ich verschlief den Mittag, und als ich um zwei Uhr wieder aufs Verdeck kam, wurde flott getanzt. Das Schiff lag aber keineswegs ganz ruhig, denn wenn es auch nicht durch das Wasser zog, machte doch das fortwährende Wogen der See, dass es oft gar bedeutend von einer Seite zur anderen schwankt. Da war denn nichts possierlicher anzusehen, als wenn sich ein Teil der Tänzer, vielleicht fünf oder sechs Paare, auf der einen Seite schwenkte und das Schiff sich plötzlich schwerfällig auf die andere wälzte. Die Walzenden suchten dann wohl mit übergebeugtem Körper einen Augenblick das Gleichgewicht zu halten, rollten aber doch bald, den Gesetzen der Schwerkraft nachgebend, in einem Knäuel auf die andere Seite.
Als es dunkel wurde, hörte das Tanzen auf, aber desto schöner und wunderbarer wurde die See, da sich eine kleine Brise gerade mit Sonnenuntergang erhoben hatte, welche die ruhige Oberfläche kräuselte und uns leise vor sich her trieb.
Die dunkle See schien dabei wie mit Myriaden Funken und Sternen besät, und besonders da, wo das Schiff die Wogen durchschnitt und den weißen Schaum zurückwarf, glühte alles, als ob die Wellen in Feuer ständen. Jede Woge, die am Bug des Schiffes emporspritzte, leuchtete so, dass ich die Buchstaben in einem Buche genau erkennen konnte; auch hinten am Steuerruder war der Anblick herrlich. Obgleich es Deckpassagieren nicht erlaubt ist, die Grenzen des Zwischendecks zu überschreiten, war doch Kapitän Volkmann, der sich überhaupt höchst liebenswürdig und freundlich gegen die Passagiere benahm, nicht sehr streng in der Überwachung dieser Regel, und oft habe ich stundenlang dem Funkeln und Strahlen am Steuerruder zugesehen.
Als ich noch so dastand, die einzelnen auftauchenden und versinkenden Sterne betrachtend, hörte ich ein Brausen und Schnauben, ich sah auf, und ein ungeheurer Braunfisch von 18–20 Fuß Länge schnitt mit seinem dunklen Körper durch das von ihm aufgeregte blitzende und leuchtende Wasser, so dass er im Feuer zu schwimmen schien. Dicht unter mir, nahe am Steuerruder, verschwand er.
Am nächsten Tage begegneten wir einem Schiffe und fuhren keine fünfzig Schritt weit an ihm vorüber. Die Kapitäne riefen sich die Längen- und Breitengrade zu, unter denen sie sich befanden, ihre eigenen Berechnungen damit zu vergleichen; ebenso den Ort ihrer Bestimmung und ihrer Abfahrt. Von unserem Schiffe stieg dabei die Bremer Flagge, von dem anderen die der Vereinigten Staaten von Nordamerika empor. Der Amerikaner war nach Oporto in Portugal bestimmt.
Ein eigenes Gefühl ist es, auf dem ungeheuren Ozean ein anderes Schiff, gewissermaßen eine andere kleine Welt, herankommen zu sehen, es anzurufen und bald darauf das gewaltige Gebäude zu beobachten, bis es, nur noch ein kleiner, weißer Punkt, am fernen Horizonte verschwindet. Nur noch einsamer kommt dann dem armen Auswanderer die Wasserwüste vor.
Am 7. Juni liefen wir 11 deutsche Meilen die Wache (4 Stunden); das Schiff flog durch die Wellen, und dabei ging die See gar nicht so hoch, so dass nur sehr wenige von uns sich unwohl befanden. Die meisten hatten sich auf dem Verdeck gesammelt, wo sie in malerischen Gruppen umhergelagert waren. Hier lagen einige auf den Planken und spielten Karten, dort hatte sich eine fromme alte Frau mit einem Gebetbuch in die Ecke gesetzt; ein paar Mädchen strickten und lasen. Gar häufig konnte man auch, abgesondert von den übrigen, hier und da eine Gestalt sehen, welche, die Stirne kraus gezogen und mit dem Munde allerlei sonderbare Laute nachahmend, emsig beschäftigt war, sich aus einem kleinen Buche englische Redensarten einzuprägen.
Diese ruhigen, angenehmen Tage haben wir untereinander Frikadellen-Tage genannt, und zwar aus folgender Ursache. Das viele salzige Fleisch und den Speck, den wir bekamen, konnten wir nicht ganz verzehren, taten es also an ruhigen, freundlichen Tagen zusammen (versteht sich, nur wir fünf) und hackten es mit Messern, Beilen und Hirschfängern so klein, wie nur irgend möglich, rührten es dann mit ein paar Eiern an, formten Frikadellen daraus, wobei nicht vergessen ward, noch etwas kleingestoßenen Schiffszwieback unter die Masse zu tun, und buken das Ganze mit Butter.
Häufig zeigten sich jetzt auch die Schweinefische, die wohl ihren Namen von ihrer spitzen, rüsselförmigen Schnauze bekommen haben. In Herden spielten sie vorn um das Schiff herum und sprangen einander jagend, oft mit dem ganzen, wohl 5 bis 8 Fuß langen Körper aus dem Wasser, was einen wunderhübschen Anblick gewährte.
Schon fing ich an, des fortwährend ruhigen Wetters wegen besorgt zu werden, dass wir gar keinen Sturm bekommen und auf diese Art den wahren Reiz der Seereise verlieren würden; solche Angst war aber nutzlos gewesen. Am 16. fing der Wind schon gewaltig an zu blasen, die Wellen wurden höher und höher, die Gesichter länger und länger, und um Mitternacht hatte Boreas alle Säcke offen. Das Schiff fuhr, ganz auf einer Seite liegend, bloß unter dem Sturm, doppelt gerefften großen und Vorstengenstag-Segel pfeilschnell durch die wie mit Sternen und Leuchtkugeln durchflochtenen Wogen, und der Schaum zischte kochend vorbei. Dabei pfiff der Wind durch das Takelwerk wie durch einen entblätterten Wald, und melancholisch klappten die Taue an die Masten. Mir war wohl in diesem Aufruhr der Elemente, und über Bord gelehnt, sah ich dem Toben und Stürmen der rastlosen Wogen mehrere Stunden lang zu. Erst gegen Morgen ging ich wieder auf meine Matratze, die ich mir aus der Koje gezogen hatte, da es eine reine Unmöglichkeit war, zu fünfen darin zu schlafen, um wenigstens noch ein oder zwei Stunden zu ruhen.
Der nächste Tag beleuchtete ein wildes, herrliches Schauspiel. Hoch auf bäumten und wälzten sich die ungeheuren dunkelblauen Wellen, mit durchsichtig grünem Kamm und weißem Silberschaume gekrönt, hoben sich einen Augenblick in ihrer vergänglichen Herrlichkeit, und schienen dann in sich selber zu versinken, einer anderen, noch gewaltigeren Woge Platz zu machen.
Mitten in diesen himmelanspritzenden und züngelnden Wellen kam jetzt eine Schar ungeheurer schwarzer Braunfische geschwommen, die sich mit toller Lust in dem brausenden kochenden Ozean herumtummelten. In die höchsten Wellen stürzten sie sich, diese 15–20 Fuß langen Kolosse, ließen sich von ihnen auf den höchsten Gipfel heben und stürzten sich dann, ihnen voraus, spielend und schnaubend in den blauen Abgrund. Es war ein großartiger Anblick. Die Seeleute wollen auch aus dem Zuge, den diese Tiere nehmen, die kommende Richtung des Windes prophezeien, sind aber noch nicht ganz einig darüber, indem einige behaupten, der Wind werde daher kommen, wohin sie ziehen, andere hingegen, dass der Wind ihnen folge; also bloß eine kleine Meinungsverschiedenheit über Hin und Her.
Der Sturm wurde jetzt so heftig, dass das Steuerruder festgebunden werden musste und das Schiff, ein Spiel der Wellen und Winde, auf den Wogen einher tanzte. Als diese eben am tollsten sprangen, sahen wir ein Fahrzeug, das mit nur wenigen Segeln pfeilgeschwind vor dem Sturme daher jagte; wir selber aber wurden von den Wassern so umhergeworfen, dass wir nur dann und wann das andere Segel erblicken konnten, welches in diesem Augenblick, auf den höchsten Gipfel einer Riesenwelle gehoben, auf einem Berge zu stehen schien, während im nächsten Augenblicke nicht einmal mehr die höchsten Mastspitzen desselben sichtbar waren. Es schoss schnell an uns vorbei und war in kurzer Zeit verschwunden. Sich an Deck aufzuhalten, wurde jetzt eine höchst missliche Sache, denn die Wellen schlugen mit Macht vorn und an der Seite über Bord, und wer ihnen trotzen wollte, konnte wenigstens darauf rechnen, bis auf die Haut durchnässt zu werden.
Am 19. Juni morgens ließ der Sturm etwas nach, fing aber gegen Abend wieder mit verdoppelter Kraft an. In unserem Zwischendeck sah es jetzt gräulich aus; die Seekrankheit hatte ihren Gipfel erreicht, und mit wenigen Ausnahmen war alles krank. Hauptspaß machten mir einige junge Leute, die unten im Deck mit leichenblassen Gesichtern, das zinnerne Töpfchen zwischen den Knien haltend, dasaßen und, das Näherkommen der Krankheit fühlend, mit ruhiger Ergebung den Ausgang abwarteten. H. und ich legten ein Stück recht fetten Speck in eine Schüssel, deckten sie zu, gingen hinunter zu den Leidenden und fragten sie mitleidig, wie es ihnen ginge. Sie schüttelten statt aller Antwort traurig mit dem Kopfe. „Wollen Sie nicht etwas zu sich nehmen?“ fragte H. mit der liebevollsten, sanftesten Stimme. Schon der Gedanke an etwas Essbares verursachte ihnen Ekel, und mit den sauersten Gesichtern von der Welt winkten sie uns, nicht davon zu reden; aber wir waren hiermit noch nicht befriedigt. Ich nahm den Deckel ab, und H. fragte wieder, indem er die fette Speckscheibe in die Höhe hob, liebreich und außerordentlich teilnehmend: „Vielleicht ein bisschen Speck essen?“ Als ob dies das Stichwort gewesen wäre, auf das die Seekrankheit gewartet hätte, so wirkte wie mit einem wunderbaren Zauber diese einzige Frage, und wir beide zogen uns, fast erschrocken über das so plötzliche Gelingen unseres Planes, wieder aufs Verdeck zurück.
Zu Mittag bekamen wir Erbsensuppe. Ich hatte mir eben einen Teller voll hinuntergenommen, wozu nicht wenig Geschicklichkeit gehörte, dieselbe auch schon fast verzehrt, als H. fluchend und schimpfend die Leiter herunterkam, an deren Fuße, gerade unter der Öffnung, er stehen blieb. Hier erzählte er, wie ihn einer von den Oldenburgern ganz mit Erbsensuppe begossen habe und zeigte uns, noch ganz rot vor Zorn, den begossenen Überrock. Ich lehnte etwas weiter zurück gegen unsere Koje, als in demselben Augenblicke eine zinnerne Schüssel mit eben solcher Erbsensuppe durch die Öffnung herabflog und sich auf den armen, vom Schicksal verfolgten H. wiederum so vollständig entleerte, dass ihm davon die Augen ganz bedeckt wurden. Das war aber noch nicht alles, die Suppe war bloß das Vorspiel oder der Anfang der Mahlzeit. Ihr folgte nämlich auf dem Fuße – wer anders als unser unglücklicher Wilhelm, der mit dem Kopfe voran seiner Suppe wie ein echter Ritter in Glück und Unglück folgte, übrigens auch bei dem gefährlichen Sprunge den Hals brechen konnte, hätte nicht H. sogleich Suppe und Jüngling auf seine Schultern genommen. Beide stürzten nun zusammen in die Brühe, und vergebens würde es sein, auch nur einen Versuch zu machen, H's. Wut zu beschreiben. Wir mussten hinzuspringen und den armen Wilhelm aus seinen Klauen befreien, er hätte ihn sonst erwürgt. Bände könnte man überhaupt mit all den Szenen und Anekdoten füllen, die während des Sturms im Zwischendeck und auch wohl in der Kajüte Schlag auf Schlag folgten; leider lassen sich aber eben die besten davon nicht gut erzählen, denn die Natur hilft sich da oft auf wenn auch nicht geheimnisvolle, doch wunderbare Weise.
Am 2. Juli brach sich der Sturm, und obgleich die See noch ungeheuer hoch ging, das Schiff noch bedeutend schwankte und wenig Friede und Ruhe an Bord zu finden war, so löste man doch das Steuerruder wieder, die Reffs wurden aus dem großen Mastsegel genommen, das Focksegel, Vortop-, große Top-, Besansegel und der Klüver gesetzt, und wir fuhren, zwar nicht unseren Kurs, denn wir mussten mit Nordwestwind segeln, fuhren aber doch wieder einmal, und das war ein Trost.
Denselben Nachmittag begegneten wir wieder einem Schiffe unter Bremer Flagge. Die Kapitäne tauschten durch das Sprachrohr ihre Mitteilungen aus und zogen, als sie sich trennten, zum Abschiedsgruß ihre Flaggen dreimal auf und nieder. Wir eilten dem fremden Lande, das andere Schiff mit vollen Segeln der Heimat zu, und mit gar wehmütigen Gefühlen sah ich die schneeweißen Segel weiter und weiter fliegen, bis das Auge ihre Spur am fernen Horizont verlor.
Nachgerade fing uns aber denn doch die Zeit an lang zu werden, und immer noch war keine Aussicht, mit solch ungünstigem Winde die ersehnte ferne Küste so bald zu erreichen. Wir näherten uns jetzt der Bank von Neufundland, über deren Südspitze wir weggingen, und dichter Nebel fing an, die See zu bedecken. Da gegen Abend wieder ein Schiff gesehen wurde und gleich darauf der Nebel dicker und dicker wurde, so musste ein Mann fortwährend vorn auf dem Verdeck die Glocke läuten, oder in ein langes, blechernes Horn stoßen, das weit auf dem Wasser hin schallte, ein Zusammenrennen mit einem anderen Fahrzeuge zu verhindern. Auch schien unser Kapitän bedeutende Angst vor Eisbergen zu hegen, von denen ihm das andere Schiff gesagt hatte. Häufig wurde das Thermometer in die See hinabgelassen, die Temperatur des Seewassers zu erfahren, da dasselbe beim Herannahen von Eisbergen sogleich bedeutend fällt.
Der Nebel lag feucht und dick auf dem Wasser, und die Luft war recht kühl, so dass uns unsere Mäntel sehr zu statten kamen; der Wind aber wehte immer noch aus Nordwest.
Die Blattern schienen uns auch noch nicht verlassen zu wollen: Ein Matrose hatte sie bekommen und war ebenfalls in das Krankenzimmer gebracht worden. Am 28. Juni war die Kälte so stark, wie bei uns im Dezember, und wenn drei Vierteile der Passagiere nicht mit Gewalt und Schwefelräucherungen auf das Verdeck in die freie Luft getrieben worden wären, so hätte sich keiner von ihnen aus seiner Dunsthöhle hinausgewagt. Es wundert mich nur heute noch, dass wir nicht mehr Kranke an Bord hatten, denn reine Luft ist doch die Hauptstütze der Gesundheit, und diese fehlte im Zwischendeck gänzlich.
In dieser Nacht drehte sich der Wind zu unseren Gunsten, wobei es ziemlich stark zu regnen anfing, und da ich mit meiner Matratze gerade unter der Öffnung lag, wurde ich durch und durch nass, ehe ich aufwachte.
Der 4. Juli, das Freiheitsfest der Amerikaner, rückte jetzt heran, und der Kapitän sagte uns, dass er das Fest feiern und allen Passagieren einen Punsch geben wolle, und auch wir beschlossen jetzt, etwas dazu vorzubereiten. Ein junger Mann namens Zllr., der schon einmal in Amerika gewesen war, entwarf den Plan.
Erstens wurde ein Transparent mit dem amerikanischen Wappen gemalt, den Streifen und Sternen mit dem aufsteigenden Adler, und den Namen der vier Revolutionshelden: Washington, Lafayette, Franklin und Kosciuszko als Unterschrift. Dann traf es sich, dass einer der Passagiere zufällig Schwärmer und anderes Feuerwerk bei sich führte, die er bei dieser Gelegenheit zum Besten gab. Um zwölf Uhr in der Nacht vom 3. auf den 4. Juli begann die Feierlichkeit. Das Transparent wurde zuerst angezündet und dabei ein für dieses Fest eigens verfertigtes Lied zur Melodie God save the king abgesungen, dann das Feuerwerk abgebrannt und die Schwärmer aus unseren Flinten geschossen. Die Nacht war ruhig, und herrlich nahmen sich die dahinsausenden Feuerstrahlen im Widerschein der dunklen Wasserfläche aus.
Der Kapitän rief jetzt unsere Koje mit noch einigen anderen der Zwischendecks-Passagiere in die Kajüte, wo Punsch herumgereicht wurde, und unterdessen teilte der Steuermann den anderen Passagieren und Matrosen ihren Punsch auf dem Verdecke aus und nötigte besonders den weiblichen Teil der Auswanderer fortwährend zum Trinken. Die Folgen hiervon blieben nicht aus.