Kitabı oku: «Der Zauberring», sayfa 5

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Achtes Kapitel

Über des jungen Tebaldo heitres Gesicht hatten sich während des Erzählens immer tiefere Trauerschatten gelagert, so daß er am Schlusse seiner Geschichte wie ganz verwandelt erschien, vorhin einem fröhlichen Zechgesellen gleichsehend, jetzt aber einem Leichengaste, der mit seinem Herzen bei dem Begrabenen in der dunkeln Grube ist. Nach einigem Schweigen ermannte er sich, und sagte: »Ihr müßt es mir schon zugute halten, edle Ritter, wenn ich etwas, wie einen schwarzen Flor, über euer heitres Mahl und eure goldnen Weinbecher ausgebreitet habe. Ich bin sonst auch ein frischer Jüngling und gerne froh an Trank und lustiger Gesellschaft, nur daß sich oft die eben erzählte Geschichte zwischen mich und meine Vergnügungen zu drängen pflegt, und eh’ ich sie alsdann nicht vom Herzen herunter gesprochen habe, läßt sie mir keine Ruh. Das macht, mich haben Base und Oheim zu vielen Malen an das Grab Lisbertens geführt, und mir vorgesagt von ihrer Lieblichkeit und Treue, und von Ugucciones Verrat; – die Geschichte ist ordentlich mit mir aufgewachsen und in mich herein. Sollte mir auch Herr Uguccione einmal begegnen, so mag er sein Leben hüten. Ich kann mir kaum eine größere Lust denken in meinem Sinn, als ihm sein gold- und silberblankes Schwert in das Herz zu bohren, und ihm dazu in das Ohr zu rufen: Lisberta! Lisberta!«

Seine glühenden Augen brannten ihm dazu, wie zwei Mord- und Kriegsfeuer, die über ein empörtes Land in dunkler Nachtzeit hinflammen. Otto aber gab darauf, wie überhaupt auf seine letztern Reden, wenig acht. Sein ganzer Geist war noch bei der Geschichte und bei dem traurigen Gedanken an verlaßne Liebe. Da entsiegelte ihm zuletzt Vertraulichkeit und Wehmut die Lippen; er fing an, seinen Gefährten, – ohne Nennung der Familiennamen zwar, – zu erzählen, wie es ihm selbst ergangen sei, wie er so vergnüglich an den Ufern der Donau gelebt habe, von Kindheit an in schuldloser Minne zu seiner Muhme Bertha, wie er nun endlich von gewaltigeren Sehnen hinausgelockt worden sei und zerrissen habe das frühe, liebliche Band, und wie ihm jetzt mit den Schmerzen verlornen Liebe in den beiden Geschichten auch die Schmerzen des holden Mühmleins aufs Herz gefallen seien; und endlich beschloß er seine halb kindischen, halb männlichen Reden mit der Frage: ob wohl seine beiden Gefährten meinten, auch Bertha könne sterben, wie der Waldbruder und die schöne Mailänderin gestorben sei?

Da sahe ihm der fremde Ritter scharf ins Auge, und mit einer Eiskälte, die plötzlich über sein ganzes Gesicht und Wesen, wie in feindseliger Versteinung anzuschießen schien, sagte er: »Da Ihr soviel von Donaustrand und Bertha redet, heißet Ihr wohl gar Herr Ott’ von Trautwangen, und Euer schön Mühmlein ist Fräulein Lichtenried?« – Und kaum hatte Otto beides bejaht, so erhub sich der Fremde, setzte den schweren Helm, den er unter dem Arm mit herausgebracht und neben sich hingelegt hatte, auf den Kopf, und sprach: »Es ist sehr gut, daß wir einander hier treffen, denn ich bin Ritter Heerdegen von Lichtenried, Berthas Bruder, der nach langem Umherstreifen sein herangeblühtes Schwesterlein zu besuchen fuhr, und nun eben recht kommt, sie an einem so eingebildeten und törichten Schwätzer zu rächen, als Ihr seid.« – Der Schluß dieser Rede erstickte in Ottos Herzen jeglichen Gedanken an Sühne, wie geneigt er auch anfangs dazu gewesen sein mochte, und rasselnd fuhr er in die Höhe nach Schwert und Helm. Weil nun, indessen dieser seine Wehr zurechtschnallte, der Italiener einige begütigende Worte zu sprechen versuchte, entgegnete Heerdegen: »Gebt Euch keine Mühe. Hat der junge silberhelle Fant dorten wahr gesprochen, so bedarf es der Rache, hat er kindisch gelogen, so ist die Züchtigung an der Reihe.« – Otto stand bereits am Eingange der Laube, und winkte nach einem dichten Gebüsche hinab, welches sich in einiger Entfernung an den Ufern des Stromes dahinzog. Tönend schloß Heerdegen seinen Helm, und schritt an der Seite seines Gegners hinaus, während Tebaldo, – es schien mit großer Lustigkeit, – bald neben, bald vor den beiden Eisenmännern herwandelte.

»Verzeiht es mir, edle Herren«, sagte er unterweges, »daß ihr mich bei euerm ernsthaften Geschäfte so voll Vergnügen seht. Ich habe mir mein Lebtag nichts Besseres und Erquicklicheres wünschen können, als ein Gefecht zwischen zwei schwergewaffneten Rittern auf Leben und Tod mitanzusehn. Ja, ich wäre der ernsten Belustigung mit meiner eignen Gefahr gern selbsten in den Weg getreten; aber so hab ich höchstens einmal mit losem, leichtbewehrtem Räubergesindel zu tun finden können. Und wenn die Leute zum Scherze miteinander fechten, sind es die albernsten und höflichsten Possen zugleich, die ich mir irgend vorstellen kann. Preis denn und Segen meinem guten Glücke, weil es mir heute zu einer so furchtbar herrlichen Augenweide verhilft, denn ich weiß gewißlich, ihr werdet einander wie Helden treffen.«

Wo die Gebüsche sich mit den verschlungensten und finstersten Zweigen umfaßt hielten, tat sich den zürnenden Rittern ein freier Rasenplatz in der grünen Umhegung auf. Ohne weitre Abrede blieben sie beide zugleich stehen, hatten beide zugleich die Schwerter blank, und fielen einander mit ungeheuerm Ingrimm an; Tebaldo lehnte unfern von ihnen an dem Stamm einer hohen Linde. Schwirrend zischten die Schwertklingen durch die Luft, kein Hieb flach, aber jeglicher aufgefangen von den hallenden Schilden, aber doch rückprallend von der Helme gefiedertem Kamm, und so den frischen Rasen, statt mit Blut, mit buntem Federgestieb übersäend. Dazu schrie Ritter Heerdegen immer aus seinem rostigen Eisenkorb hervor mit zorndumpfer Stimme: »Bertha! Bertha!« und es war, als wanke Otto vor dem furchtbaren Rufe zurück, so wenig es auch der Stahl in Feindeshand vermochte, ihn zum Weichen zu bringen. Lichtenrieds Hiebe wurden häufiger und schmetternder, der junge Trautwangen fing an, bloße Schirmschläge zu tun, ohne mehr, schien es, auf Angriff zu sinnen; der halbe Schild flog ihm zerhauen von der Hand. Da brach er plötzlich los, wie ein verwundeter Leue; es war, als sei ihm ein Blitz entflammend in die Seele gefahren, und des Blitzes Farbe und Gestaltung ward kund, indem der junge Fechter, ungestüm seinen zerhauenen Schild auf den Rücken schleudernd, und das Schwert zu beiden Handen fassend, laut ausrief: »Gabriele! Gabriele!« wie mit Silberstimme aus dem Silberhelm hervor. Hell klangen zugleich seine gewaltigen Hiebe auf des Gegners Helm und Harnisch und Schild; plötzlich sprühte es wie ein roter Springborn aus Heerdegens Visier hervor, und sobald nur der junge Trautwangen sein Schwert zurückhielt, wegen des blutigen Regenstromes, sank auch Lichtenried, von keiner Anstrengung mehr gehalten, taumelnd und mit den Waffen zusammenrasselnd in das hohe Gras.

Tebaldo und Otto knieten neben dem Ohnmächtigen. Der Helm, vom grimmen Hiebe schon fast zertrümmert, war bald gelöst, und wie eine Purpurdecke lag das wallende Blut über Heerdegens Antlitz. So wie nun Otto, nach Ritterweise in der Heilkunst geübt, den furchtbaren Strom auf das schmerzloseste gehemmt und abgewaschen hatte, erkannte man, wie die Wunde links auf der Stirn beginne und sich von da zwischen den Augenbraunen durch auf die rechte Wange tief herunterziehe. Der Verband lag alsbald recht fest und gut, aber auch der Ritter lag in seiner Ohnmacht fest und still, ohne Regung, wie ein Toter. So von der Blässe gebleicht, von der Abspannung und leiser Milde übergossen, trat die Ähnlichkeit mit Bertha unverkennbar aus diesen Zügen hervor. Otto neigte sich über den Gefällten, und vergoß bittre Tränen. Ihm kam eine alte Geschichte zurück, die er und Bertha vor langer Zeit aus dem Munde des greisen Herrn Hugh vernommen hatten, von einem Ritter, der unbewußt seine Liebste in feindlicher Rüstung erschlug, und nun kam es ihm vor, als habe er jetzt die arme Bertha vollends erschlagen. »Ja, vollends erschlagen«, sagte er laut zu sich selbst, »das ist das rechte Wort. Denn den ersten Todesstoß gab ich ihr schon mit meinem leichtsinnigen Abschied, und mit dem Bruder mach’ ich sie gänzlich tot.«

Der junge Kaufherr erinnerte ihn, daß es an der Zeit sei, den Wunden nach der Herberge zurückzuschaffen; der Abend dunkle, und Rasten im Bett und unter Dach sei vor allen Dingen not. – Da luden die beiden Jünglinge ihren kaum noch so lustigen Zechgesellen bleich und starr auf die Schultern, und zwar so, daß Tebaldo dessen Haupt zu unterstützen bekam: »Denn«, sagte Otto traurig, »falls er unterweges erwachen sollte, würde er Euer Gesicht doch immer viel lieber so nahe an dem seinigen sehen, als meines. Zudem könnte ich mir einbilden, es wäre die tote Bertha, und ließe ihn im schreckhaften Wahnsinn fallen.«

In der Herberge kam Lichtenried wieder zu sich. Zwei Reisige, die ihm dienstfertig waren, traten zu seiner Pflege herbei, und als der Kranke merkte, daß sich Otto anschickte, noch länger hier zu verweilen, wohl gar bis zu seiner Wiederherstellung, sagte er: »Herr von Trautwangen, wenn Ihr mir irgend etwas zugute tun wollt, so reitet noch heute abend, noch diese Stunde von hier fort. Denn Euer Anblick ist mir so zuwider worden, daß ich ohne Zweifel daran sterben muß, falls Ihr mich zwingt, diese üble Arzenei noch länger zu gebrauchen.«

Da setzte sich Otto traurig zu Pferd, und ritt den eben heraufdämmernden Sternen entgegen, auf die lange duftige Landstraße hinaus, Tebaldo ihm zur Seiten.

Neuntes Kapitel

Zwei ungleiche Reiter waren es, welche unter dem nächtlichen Frühlingshimmel mitsammen dahin trabten; Otto schien allein das ganze Dunkel der Stunde in seine Seele aufgenommen zu haben, Tebaldo hingegen den Duft und die heitre Stille und das blitzende Leuchten des Gestirns. Dieser versuchte, einen Teil der fröhlichen Gabe in seines Gefährten Busen auszuschütten, und da es ihm mißlang, sang er allerhand Liebeslieder in seiner anmutigen Muttersprache durch das kühlige Nachtblau hin. Davon fühlte sich auch Otto nicht gestört. Eben weil er die Worte wenig oder gar nicht verstand, war es ihm, als flattre von den vielen Nachtigallen, welche rings umher aus Anger und Gebüschen die Reisenden anflöteten, eine fortsingend immer neben ihm her, und ihm ward wohl dabei, denn er konnte sich die zierlichen Töne ungehindert in den Sinn übersetzen, welcher seinem Herzen am behaglichsten klang.

So kamen sie endlich über eine grasige Anhöhe hinüber, und die große freie Reichsstadt Frankfurt leuchtete mit unzähligen Lichtern von beiden Mainufern herauf. Otto hielt überrascht seinen Gaul an. Eine solche Menge von hellen Fenstern hatte der Rittersohn, auf einsamer Burg erwachsen, noch niemalen beieinander erblickt, und jemehr sich die Häuser in die Finsternis zurückzogen, jemehr kam es ihm vor, als sehe er eine der kunstreichsten und festlichsten Erleuchtungen, welche es nur je auf Erden gegeben habe. Tebaldo weidete sich eine Zeitlang an dem Erstaunen seines edlen Genossen; dann sagte er: »Ja, Herr, dies ist die weltberühmte Stadt Frankfurt, und wenn es Euch gefällt, mit mir hineinzureiten, und mein Haus dadurch zu ehren, daß Ihr Euch als meinen Gast erzeigt, sollt Ihr wohl noch wundervollere und ergötzlichere Dinge zu sehn bekommen.«

Sie ritten darauf an zierlichen Gärten und Gartenhäusern diesseits der Tore vorbei. Meist war in den Gebäuden vieles Licht; und Saitenklang und Singen und das Getön zusammengestoßner Becher hallte daraus hervor; auch funkelte es durch zierliche Gitter aus manchen Bogengängen und hohen Lauben von goldnem Kerzenschein zwischen grünen Blättern, und noch anmutiger ließ sich von da herüber das Jubeln fröhlicher Gesellschaften vernehmen. Otto meinte, er seie schon lange in der Stadt. Da taten sich erst vor Tebaldos Ruf die ungeheuern Torflügel langsam voneinander, und man ritt durch das widerhallende, gebogne Torgewölb wie in eine Burg hinein, welches auch Otto zu Anfang glaubte, bis er jenseits in die lange erleuchtete Gasse hineinsah, und nun erst begriff, daß die Stadt selbsten eine riesengroße Burg ausmache, deren Bürger doch wohl mit ihrem Stolz, welchen er bisweilen von Herrn Hugh hatte schelten hören, nicht so gänzlich unrecht haben mochten.

Ottos Streithengst scheute soeben vor einigen blendenden Lichtstreifen, welche die hellen Fenster eines prächtigen Gebäudes aus zweien großen Erkern auf die Gasse herabwerfen, da sagte Tebaldo: »Wir sind zur Stelle, edler Gast.« – Und aus dem erleuchteten Hausflur hervor eilten viele glänzende Diener, ihrem Herrn, und auf dessen Wink, dem Ritter sein Roß abzunehmen. Otto sprang adeligen Schwunges leicht aus dem Sattel, und als die Dienerschaft nach den Zügeln seines Pferdes griff, sagte er: »Das geht nicht so leicht, ihr Herren. Den muß ich selbsten in den Stall führen, und absatteln und abstangen und anhalftern, auch ihm Futter vorwerfen, denn von andern Menschen leidet er’s nicht.« Des Hengstes loderndes Auge, sein hauender Vorderhuf gab Zeugnis dessen, so sein Herr gesprochen, und man leuchtete dem Ritter nach einem prächtigen Stallgebäude vor, worin viel edle Rosse an schön verzierten Krippen standen. Aber sie fuhren alle scheu zusammen, als Ottos lichtbrauner Hengst an der Hand seines ehrnen Herrn durch die hohen Gewölbe wiehernd und stampfend hinschritt, und nur des Ritters ernster Zuruf ihn hinderte, irgendwo seine Kräfte im Kampf gegen einen der furchtsam schnaubenden Genossen zu versuchen. Die Dienerschaft sahe sich nach Halfterketten um, den hitzigen Gast damit anzulegen, aber Otto sagte. »Das hülfe nichts, liebe Herren. Er sprengt so was leicht. Wenn ich’s hingegen ihm sage, bleibt er still.« – »Ruhig, Bursch!« rief er; und der Hengst stand wie ein Lamm, und schnoberte friedlich in dem Hafer, den ihm der Herr vorschüttete. Darauf ging Otto mit Tebaldo, welcher seines ritterlichen Besuches am Eingange geharrt hatte, hinauf in den Saal.

Oben war es zwischen den kerzenhellen Wänden bunt und vielfarbig, und von mannigfacher Pracht erfüllt, denn es wogte eine große Menschenmenge unter den feierlichen Bogen umher, und im Hintergrunde sah es aus, wie eine erhöhte Bühne, auf welcher noch buntere, wunderlichere und glänzender ausgeschmückte Gestalten ihr Spiel trieben. Man konnte alsbald bemerken, daß Tebaldo des Festes König war, denn die minder Geehrten der Gesellschaft wichen ihm mit ehrerbietigen Bücklingen aus, die Vornehmsten, sowohl Frauen als Männer, und unter diesen viele mit güldnen Ratsherrenketten, drängten sich begrüßend um ihn her, und nahmen seine Entschuldigungen, daß er, der Wirt, so spät gekommen sei, als Gunstbezeugungen auf. Das Spiel auf der Bühne im Hintergrunde der Halle schwieg, und schien den Wink des gebietenden Herrn wegen Fortdauer oder Aufhören demütig zu erwarten, bis Tebaldo, nachdem er sich mit seinem Gast auf einer Bank, mit Purpurkissen belegt, ganz vorne niedergelassen hatte, durch ein Kopfnicken ganz freundlich für das Fortspielen entschied.

Nun sahe man, daß in der Mitte des Schauplatzes ein reichgeschmückter, prächtiger Mann auf einem erhöhten Lehnsessel saß, mit vielen Goldsäckeln in der Hand, und auf seiner Brust mit goldnen Lettern den Namen Plutus tragend, wie bei den alten römischen Helden der Gott des Reichtums geheißen war. Diesem näherten sich von allen Seiten vielfach verschiedne Gestalten, als da sind: Priester, Hofleute, Gelehrte, Sänger, Pilger, Richter und so weiter, und baten mit den demütigsten Gebärden um seinen Schutz. Dann warf ihnen Plutus nach Belieben wenig oder viel von den Goldsäcken zu, und sie empfahlen sich, wie sie gekommen waren, jedes mit einem deutsamen gereimten Sprüchlein im Munde. Endlich kam auch ein geharnischter Kriegsmann, der beugte sich gar dienstfertig vor Herrn Plutus und sprach:

»Für Beulen Silber, Gold für Blut!

Herr, gib dein Gut, so schlag’ ich gut!«

Herr Plutus wollte eben eine sinnreiche Antwort geben, da fuhr Herr Ott’ von Trautwangen zürnend in die Höhe, schlug ans Schwert und rief aus: »Der Bursch dort schändet seinen Harnisch, und ich will’s ihm auf seinen Kopf beweisen, falls er das Herz hat, mir zu stehn!«

Halb lächelnd, halb erschreckt blickte die Gesellschaft auf den jungen Zornigen hin, während Tebaldo mit großem Ingrimm die Gaukler auseinander jagte, ihnen die Niedrigkeit ihrer schändlichen Gesinnungen vorwarf, und den Bestürzten auf immer den Eintritt in sein Haus untersagte. Dann kehrte er wieder schamrot zu Otto zurück, und bat ihn mit den erlesensten und zierlichsten Worten, er sollte es nicht auf ihn schieben, daß jenes Pöbelgezücht den reichen Kaufmannsstand durch eine so empörende Vergleichung mit den Waffen zu ehren sich eingebildet habe. Vor diesen Reden ward Otto mild und froh, und entschuldigte sich, daß er seinerseits so ungebührlich aufgefahren sei, worauf man denn insgesamt mit großer Heiterkeit zu einem Mahle ging, welches in einem andern Saale mit fürstlicher Pracht zubereitet war.

Aber wie glänzend auch die Lichter funkelten, wie würzig die Speisen dufteten, wie feurig erlabend die Becher kreisten, – Otto konnte sich des Erinnerns an jene zwei häßlichen Reime nicht entschlagen. Keinesweges zwar, als hätte er einen Unwillen gegen seinen edlen Wirt empfunden, oder gegen die Gesellschaft, aber er mußte sich immer sagen, er werde hier für das Blut, welches er dem edlen Heerdegen von Lichtenried aus der Stirn gehauen habe, so prächtig bewirtet, und empfange doch ohne Zweifel Gold für Blut, denn ob es nun Weingold sei, oder Metallgold, das gelte ja im Grunde einerlei. Zudem schwirrte ein ewiges Reden von Geld und Gut, von Gewinn und Verlust durch die Versammlung hin; ja, als Tebaldo mit edlem Unwillen, schien es, das Gespräch auf den Kreuzzug zu bringen suchte, welchen König Richard Löwenherz bald beginnen werde, ging wieder nur eine Berechnung los, ob die Genueser mehr dabei gewinnen würden, oder die Venetianer. Da ward es in Ottos Gemüt, als sprudle der rote Wein aus christlichen Ritteradern in die Becher, und als trinke man ihn hier mit Lust, zur wohlschmeckenden Arzenei. Ja, ihm selbst, – so glaubte er, – schenke Heerdegen immer die Goldpokale voll, und sage ihm aus seinem zerhauenen Eisenkorbe dumpf ins Ohr: »Hast dir den Weinkeller aus meiner tiefen Wunde geöffnet, hast dir dein schwellendes Lager hier bereitet, indem du mich auf mein Schmerzenslager gebettet hast; mag sein, daß es noch gar ein Totenlager wird.« Da konnte es Otto nicht länger aushalten; es drehte sich alles wie im halben Wahnsinn um ihn her. Und so sprang er auf und bat Tebaldo leise, ihn ziehn zu lassen, er müsse in einer Herberge übernachten, den Grund wolle er ihm morgen sagen. – »Ich brauche ihn nicht zu hören«, antwortete Tebaldo sehr betrübt, »denn ich weiß ihn schon. Aber kommt nur morgen um Gottes willen wieder, sonst muß ich denken, ihr verachtet auch mich.« – »So wahr der Herr lebt, ich komme morgen, und habe Euch sehr lieb!« sagte Otto. – Damit küßten sie einander, und Otto führte, von einem Diener Tebaldos geleitet, seinen scheuenden, vom Schlaf aufgestörten Hengst durch die dunkeln Straßen in eine nahe Herberge hinein.

Zehntes Kapitel

Der Morgen sah schon hell in die Fenster, da brach das Geräusch der Wagen und Fuhrleute und Ausrufer gewaltsam durch Ottos verworrne Träume; erwacht, fuhr er schnell in die Kleider und an die Scheiben, denn er meinte, es gehe draußen etwas Außerordentliches vor. Aber bald ward er inne, daß dieses bunte Gewirr, welches ihm so ungewöhnlich vorkam, hier eben die rechte Alltäglichkeit ausmache, worüber sich niemand verwundere; vielmehr müsse jedermann im Schrecken auffahren, wenn es plötzlich zur Ruhe käm’, wie ein Müller vor dem unvermuteten Stocken seiner Mühle. Auch begriff er wohl, daß so viele große Häuser, – die mehrsten an Größe dem weitgesehenen Burgsitze seines Vaters vergleichbar, – mit einer ungeheuern Menge von Menschen, mit sehr vielem Zank und Frieden, und Zorn und Liebesgruß in den Herzen und auf den Lippen zusammenhängen müßten. War ja dessen in der einsamen Veste Trautwangen seit ihrer Erbauung so vieles umgegangen, und ging gewißlich noch mit diesem Augenblicke drinnen um! Hier in der Stadt mochten wohl viele Berthas weinen, und viele Walthers singen, und viele alte Herrn Hughs nach ihren fernen Söhnen fragen! –

In solchen Gedanken ward der junge Rittersmann durch einen Diener Tebaldos unterbrochen, welcher ihm, von dem Kaufherrn dazu angestellt, alle sein reisiges Gezeug wohl geputzt und sonnenblank ins Zimmer trug, auch sich erbot, ihn zu wappnen; er verstehe sich darauf. Indem sich nun Otto wohlgefällig nach dem hellen Gewaffen umsah, sprach der Diener: »Ihr müßt verzeihen, edler Herr, daß auf dem Küris, grade über der Herzgrube, ein kleiner Flecken sitzen geblieben ist. Er mag von erst jüngst darauf gesprühtem Blute sein, zum wenigsten kommt es mir so vor, aber weil man ihn in den ersten Stunden vernachlässigt hat, ist Rost daraus geworden, der sich wohl nicht verlieren wird, solange die prächtige Rüstung selbsten besteht. Aber fürwahr, edler Ritter, es ist nicht meine Schuld.« – »Nein, Gutfreund, es ist nicht deine Schuld«, wiederholte Otto langsam und traurig, und starren Blickes auf den Küris schauend, denn er erkannte wohl Heerdegen von Lichtenrieds Blut, das gegen ihn aufgesprüht sein mußte, als er sich beim Verbande über ihn hingebeugt hatte. Nun kam ihm die ganze Rüstung unheimlich vor, er hatte gar keine Lust, sie überhaupt wieder anzulegen, und schickte den Diener mit einem Gruße an Tebaldo fort. Er habe schon einen, der ihn wappne, und wolle in kurzem nachkommen, sagte er. Aber es war an kein Wappnen zu denken. Als er allein war, ging er erhitzt in der Stube auf und ab, wie ein edelscheues Roß an dem Harnisch vorbei, und wenn er ihm ja einmal nahe kam, geschah es, um mit allen Künsten, deren er sich aus den Lehren der alten Knappen und Reisigen seines Vaters entsinnen konnte, an dem Blutflecken zu reiben und zu putzen, sich immermehr dadurch überzeugend, wie ganz vergeblich sein Bestreben sei. »Es geht nicht aus!« seufzte er dann, und schritt noch unwilliger und herzbetrübter umher.

Da vernahm er endlich im Nebengemach ein lautes Sprechen, ein Schelten und Verwünschen, das schnell durch seine Sinne drang, weil von Waffenstücken die Rede war, so dem Eigner mißhagten, und sich nicht recht wollten anlegen lassen. Im Wunsche, den wirren Gedanken seines Hauptes, den schmerzhaften Schlägen seines Herzens zu entfliehen, riß Otto ungestüm die Tür auf, ein halb geharnischter Ritter trat ihm eben so ungestüm entgegen, und fragte, was er wolle? Aber beide blieben einander in Verwunderung gegenüber stehn, weil Otto alsbald sah, daß er den ehemaligen Gegner Folkos von Montfaucon, den Grafen Archimbald von Walbeck, vor sich hatte, und auch dieser den Jüngling, den Zeugen seines Kampfes und seines Unfalls, zu erkennen schien. Man verständigte sich bald, und Archimbald sagte: »Ich bin nicht eitel genug, Euch zu wünschen, daß Ihr mir im Fallen vor den Waffen des fränkischen Freiherrn Gesellschaft leisten möchtet. Vielmehr sähe ich es von Herzen gern, wenn Ihr der schönen Gabriele ihren Ring wiedererkämpftet, und ob auch, die Wahrheit zu sagen, nicht viel Wahrscheinlichkeit dazu vorhanden ist, so weiß doch niemand, was ihm bevorsteht, im Übeln sowohl, als im Guten; Glück also auf die Fahrt! Es kann sich alles nach Euern Hoffnungen fügen. Für jetzt aber gebt acht, wie widerwärtig es mir ergeht. Im Grimm über jenen unglücklichen Abend hatte ich es verschworen, meine schwarz und silberne Adlerrüstung je wieder zu tragen, und überhaupt gelobt, so lange ohne Harnisch zu gehn, bis ich mich in einen kleiden möchte, den ich einem Ritter, selbst ungepanzert, abgewonnen hätte. Das ist mir nun endlich gelungen; aber seht einmal, was mein Widersacher für verfluchte Binsenstengel zu Gliedern gehabt hat! Ich kann nicht in Arm-, nicht in Beinschiene hinein, die kleinen Panzerhandschühlein hab’ ich schon aus Ärger durch die Scheiben geschmissen, und auch Brust- und Rückenharnisch will nirgends zusammenschließen.« – Wirklich sprangen in demselben Augenblick vor des Ritters unwilligen Bewegungen wieder einige Schnallen der halb angelegten Rüstung, und wie zwei Knappen herzutreten wollten, den Schaden zu bessern, wies sie Archimbald unwillig zurück, sprechend: »Es wird ja doch nichts draus. Gebt euch keine Mühe. Und das schlechte Gezeug mir vom Leibe zu schaffen, bin ich allein Mannes genug.« – Damit riß er Schnallen und Riemen vollends voneinander, und warf die Waffen so gewaltig auf den Boden, daß Nägel und Hefte klingend heraussprangen. Wehmütig schaute er zugleich nach seinen schwarzsilbernen Waffen hin, die im Winkel lagen, und von Otto leichtlich an dem wunderlichen Adlerhelme wieder erkannt wurden, und sagte: »Als ich Euch führte, da war ich noch ein Kerl! Nun find’ ich am Ende nimmermehr ein Gezeug wieder, das recht zu meinen Gliedern paßt.«

Otto mußte dabei an die Scheu gedenken, mit welcher er noch vor kurzem seine Silberrüstung betrachtet hatte, und sagte zu Archimbald: »Herr Graf, wir finden uns wohl zur guten Stunde, und können einander leichtlich aus der Not helfen. Wenn Ihr es verschworen habt, Euern Harnisch wieder zu tragen, hab’ ich da drinnen einen liegen, den ich nicht wieder tragen mag, aus Gründen, die ich Euch ebensowenig erzählen mag; aber es sind auf Ehre keine, die dem Gewaffen Schande machen.« – »Ihr seht mir auch nicht darnach aus, junger Degen«, entgegnete Archimbald mit freundlichem Lächeln. – »Nun gut denn«, rief Otto, »so laßt uns tauschen.« – »Topp«, sprach Archimbald. »Ich denke, unsre Harnische passen uns einander, denn wir sind alle zwei von altem, hochdeutschem Heldenwuchs.« – Da war die Silberrüstung bald herbeigeschafft. Jedem der beiden Ritter half einer von Archimbalds Knappen, und bald standen sie verwandelt einander gegenüber; aus dem milden Leuchten des Silberhelmes Archimbalds trotzendes Antlitz, und dem dräuenden Adlervisier Ottos blühende, fast jungfräuliche Züge hervorblickend. Dann schritten sie nach entgegengesetzten Richtungen das Gemach starktönend auf und ab, zu prüfen, wie ihnen die neuen Sturmgewande behagten, und beide damit zufrieden, schüttelten sie sich die beerzten Hände, und ließen den Tausch gelten; wobei sich Archimbald recht von Herzen freute, daß nun doch die Adlerrüstung dem zierlichen Folko von Montfaucon noch einmal warm machen werde. »Denn«, sagte er, »warm macht Ihr ihm auf allen Fall, Herr von Trautwangen; dafür bürgt mir Euer Händedruck, und Euer ganzes kriegerisch adliges Wesen.« – So schieden sie nun als sehr gute Freunde: Archimbald, um seine Rosse zur Abfahrt zu rüsten; Otto, um den jungen Kaufherrn mit dem versprochenen Besuche zu erfreuen.

In seinem großen, reich angefüllten Handelsgewölbe stand der reiche Tebaldo, viele Schreiber und Diener um sich her, und noch außerdem eine Anzahl von Boten und Käufern, wobei es seltsam anzusehn war, wie er teils dem ganzen Treiben, abfertigend und durch Winke verteilend, als ein gewaltiger Fürst vorstand, teils aber auch nirgends wo es Not tat, Hand anzulegen verschmähte, ja bisweilen selbst die Elle zum Abmessen köstlicher Stücke Tuch erfaßte. Eben war er in diesem Geschäfte begriffen, da ward er plötzlich Ottos gewahr, ohne ihn zwar zu erkennen, denn obgleich der junge Rittersmann schon eine ganze Zeitlang am Eingange zugesehn hatte, nahm er sich doch in der silberschwarzen Adlerrüstung ganz verwandelt aus, und hatte noch obenein den Helmsturz heruntergelassen. Aber Tebaldo schoß demungeachtet liebevoll auf ihn zu, wie es das Eisen auf den Magnetstein zu tun pflegt, weil alles ritterliche Gewaffen ein Magnetstein für das Eisen in des jungen Kaufherrn Gemüte war, und fragte: »Steht Euch irgend was zu Dienste, mein kriegrisch hoher Degen? Ihr sollt vor allen andern bedient werden.« – Da schlug Herr Ott’ von Trautwangen das Visier in die Höhe, und Tebaldo rief, einen Schritt im halben Schrecken zurücktretend: »O Gott, wie seid Ihr so viel herrlicher noch, als Ihr gestern wart! Und muß ich nun eben jetzt vor Euch stehn, mit der Elle in der Hand?« – Dabei schlug er das zierliche Kaufmannsgerät gegen einen Pfeiler, daß es in viele Stücke zersprang. Dieweil es nun aus Elfenbein und Gold zusammengesetzt war, meinten alle Diener, das könne nur wider Willen geschehen sein. Die mehrsten liefen herzu, huben die Stücke auf, suchten zusammen, was von der eingelegten Arbeit abgesprungen war, und versicherten ihrem Herrn tröstend und hülfsfertig, man könne das kostbare Werkzeug wohl bald wieder instand setzen. Der aber vernahm von ihren Worten nichts, sondern zog den Rittersmann eilig mit sich die Steigen hinauf.

Angelangt mit seinem Gaste in einem zierlichen, abgelegnen Gemach, faßte Tebaldo desselben beide Hände zusammen, beugte sich mit glühendem Antlitze darüber, und sagte leise: »O um Gott, edler Herr von Trautwangen, wollet es mir nicht abschlagen, daß ich als Euer Knapp’, oder Reitersmann, oder als was Ihr sonsten mögt, nur auf alle Weise bewaffnet und streitfertig mit Euch in die Welt hinausziehen darf!« – Otto sah ihn ganz verwundert an, und führte ihm freundlich sein Warenlager zu Gemüt, und sein glänzendes Haus, und wie ihn die Sterne auf einen ganz andern Pfad gewiesen hätten, als er jetzt eben einzuschlagen denke. – »Sagt das nicht«, entgegnete der junge Kaufmann heftig, »ich bin ein Milaneser von Geburt, und es haben wohl schon deutsche Schilde, ja selbst kaiserliche Waffen erprobt, daß unsre Bürgerschwerter zu hauen verstehn. Es ist noch so etwas von dem alten Römerwesen in uns, lieber Herr. Ja, auch die Genossen des gestrigen Mahles müßt Ihr nicht gar nach den trocknen Worten ihres Hin- und Hersprechens beurteilen. Ich hatte selbst meinen Ärger daran, sahet Ihr wohl, aber mehr, weil Ihr es mißverstandet, als weil ich es hätte mißverstehen können.« – »Das tat ich eben nicht«, entgegnete Otto, »nur weil so viel von Preis und Ware gesprochen ward, kam es in meinen erhitzten Sinn, als seie Fest und Nachtlager auch bloß Ware, und der Preis sei Heerdegens Blut. Da mußt ich fort. Im übrigen sag’ ich Euch das so heraus, weil ich nun klüger worden bin, und wohl weiß, daß Ihr mir den tollen Wahn verzeiht, lieber Tebaldo. Gegen all’ die Leute hab’ ich nichts.« – »Ihr tätet auch unrecht daran«, antwortete der Kaufherr. »Seht, es kleidet ja Gott die Bäume und Gräser und Blumen all’ in verschiednes Gewand, und sind doch all’ miteinander zufrieden, und schmücken einmütig den Wald. Und wahrlich, auch jene Leute schmücken den großen Wald der Christenheit recht ehrsam aus. Nicht nur, daß sie erquickenden Schatten ausbreiten über Berg und Tal, sie stehn auch dem Blitze gar standhaft und fest, wenn es die Zeit erheischt. Der ganze Unterschied von ihnen zu Euch ist, daß ihre Worte ein Kaufmanns- oder Schifferröcklein anziehn, die Euern ein blankes Waffenkleid. Aber wer sich drauf verstehet, kennet die trefflichen, eignen Gedanken leicht und vergnüglich aus beiden heraus. Verachtet mir also die Kaufherren nicht, und mich noch viel minder, der ich gar übergehn will von ihnen zu Euch.« – »Lieber Tebaldo«, sagte Otto, »davon laßt doch ab. Ihr seid älter, verständiger auch wohl, als ich. Wie sollt’ ich denn Euer Rittersmann und Führer werden, und Euch alles ersetzen in der Welt, was Ihr hier viel Reiches verliert?« – »Nun, wenn ich verständiger bin«, lächelte Tebaldo, »wäre das Überlegen ja meine eigne Sache.« – »Zudem«, sagte Otto, »habe ich Euch sehr lieb, und es sollte mir durchs Herz gehen, dafern Ihr irgend Schaden nähmt; Schaden aber nähmt Ihr gewiß, denn Ihr habt wohl noch kaum viel schneidende Waffen in der Hand gehabt, geschweige daß Ihr sie zu führen wüßtet. – Tebaldo sah ihm mit einem scharfen Lächeln, wie gutmütig spottend, in die Augen, dann drehte er sich, und stieß eine nahe Tür auf, durch welche eine Kammer voll auserlesener Panzerhemden, Pickelhauben, Armbrüste, Tartschen und Streitäxte sichtbar ward. – »Es ist nur Gewaffen von Reisigen, nicht von Rittern«, sagte Tebaldo, »aber gut zu führen weiß ich’s.« – Damit nahm er eine schöne Armbrust von der Wand, spannte sie sehr kräftig, legte den Bolzen auf, und zeigte durch das geöffnete Fenster in seinen Garten. »Dem Astloche des alten Eichbaumes dorten gilt es«, sagte er, und nach kaum augenblicklichem Zielen schwirrte die Sehne, und flog der Bolzen in das ferne Ziel hinein, daß nur die bunten Federn, noch von der Gewalt des Schusses zitternd, daraus hervorsahen. Schnell hatte darauf Tebaldo eine Streitaxt zur Hand, und traf ein gutes Panzerhemd so tüchtigen Schwunges, daß die Ringe klirrend und gesprengt auf den Boden niederrasselten. »Wollt Ihr mich mitnehmen?« fragte er darauf mit freundlicher Zuversicht den jungen Ritter. – »Ei von Herzen gern«, sagte der: »ich seh’, Ihr seid in Waffen frisch und mit der Zunge freudig. Wo gäb’s wohl einen bessern Reisegesellen auf aller Welt? Aber Tebaldo, mein herzlieber Tebaldo, mit den goldnen Sporen wird es ja dennoch nichts, dieweil Ihr nicht ebenbürtig seid. Und wenn Ihr nun nie zum Rittersmann erwachsen mögt, was wollt Ihr dann unnötig mein Knappe sein?« – »So laßt mich nur immer für Euern Reisigen gelten«, sagte Tebaldo etwas finster. »Es ist nicht so, wie Ihr meint. Junkherrn reiten nach goldnen Sporen, Bürgerjünglinge reiten nach Siegs- und Bürgerkränzen aus. Wenn ich mit Euch des Kriegs Erfahrenheiten gesammelt habe, und Mailands Heerbanner mir folgt zu Lust und Gewinn über alle italischen Fürsten und Herzoge hinaus, da läßt sich’s der goldnen Sporen schon vergessen.« – »Ich habe Euch nicht beleidigen wollen«, sagte Otto mit einiger Befremdung, und gleich war die finstre Glut in Tebaldos Augen wieder verweht, und ein ganzer Maienhimmel von Scherz und Freundlichkeit lächelte daraus hervor. Nun geleitete er seinen ritterlichen Freund zu einem kostbaren Frühmahle hinab, und überhaupt verging der Tag in Schmaus und Festlichkeit, wobei mitunter der Kaufherr zu wichtigen Geschäften abgerufen ward, und sie mit großem Eifer zu betreiben schien, so daß Otto schon fast zu glauben anfing, es seie mit dem Hinausziehen als Reisiger nur ein lustig keckes Redespiel gewesen. Nur am Abend, als Tebaldo den Ritter in ein köstliches Schlafgemach führte, – diesmal bei ihm zu übernachten, hatte er ihm gleich am Morgen versprechen müssen, – sagte er ihm ins Ohr: »Morgen, ehe die Sonne aufgeht, Herr von Trautwangen! Einen Anwalt meines Vermögens hab’ ich schon bestellt.« –

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