Kitabı oku: «Maria Stuart», sayfa 2

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Fünfter Auftritt

Die Vorigen. Mortimer scheu hereintretend.

Mortimer (zur Amme).

Entfernt Euch, haltet Wache vor der Tür,

Ich habe mit der Königin zu reden.

Maria (mit Ansehn).

Hanna, du bleibst.

Mortimer. Habt keine Furcht, Mylady. Lernt mich kennen.

(Er überreicht ihr eine Karte.)

Maria (sieht sie an und fährt bestürzt zurück).

Ha! Was ist das?

Mortimer (zur Amme).

Geht, Dame Kennedy.

Sorgt, daß mein Oheim uns nicht überfalle!

Maria. (zur Amme, welche zaudert und die Königin fragend ansieht).

Geh! Geh! Tu, was er sagt.

(Die Amme entfernt sich mit Zeichen der Verwunderung.)

Sechster Auftritt

Mortimer. Maria.

Maria. Von meinem Oheim,

Dem Kardinal von Lothringen, aus Frankreich!

(Liest.) "Traut dem Sir Mortimer, der Euch dies bringt,

Denn keinen treuern Freund habt Ihr in England."

(Mortimer mit Erstaunen ansehend.)

Ist' s möglich? Ist's kein Blendwerk, das mich täuscht?

So nahe find ich einen Freund und wähnte mich

Verlassen schon von aller Welt – find ihn

In Euch, dem Neffen meines Kerkermeisters,

In dem ich meinen schlimmsten Feind –

Mortimer (sich ihr zu Füßen werfend). Verzeihung

Für diese verhaßte Larve, Königin,

Die mir zu tragen Kampf genug gekostet,

Doch der ich's danke, daß ich mich Euch nahen,

Euch Hilfe und Errettung bringen kann.

Maria. Steht auf – Ihr überrascht mich, Sir – Ich kann

So schnell nicht aus der Tiefe meines Elends

Zur Hoffnung übergehen – Redet, Sir –

Macht mir dies Glück begreiflich, daß ich's glaube.

Mortimer (steht auf).

Die Zeit verrinnt. Bald wird mein Oheim hier sei,

Und ein verhaßter Mensch begleitet ihn.

Eh' Euch ihr Schreckensauftrag überrascht,

Hört an, wie Euch der Himmel Rettung schickt.

Maria. Er schickt sie durch ein Wunder seiner Allmacht!

Mortimer. Erlaubt, daß ich von mir beginne.

Maria. Redet, Sir!

Mortimer. Ich zählte zwanzig Jahre, Königin,

In strengen Pflichten war ich aufgewachsen,

In finsterm Haß den Papsttums aufgesäugt,

Als mich die unbezwingliche Begierde

Hinaustrieb auf das feste Land. Ich ließ

Der Puritaner dumpfe Predigtstuben,

Die Heimat hinter mir, in schnellem Lauf

Durchzog ich Frankreich, das gepriesene

Italien mit heißem Wunsche suchend.

Es war die Zeit des großen Kirchenfests,

Von Pilgerscharen wimmelten die Wege,

Bekränzt war jedes Gottesbild, es war,

Als ob die Menschheit auf der Wandrung wäre,

Wallfahren nach dem Himmelreich – Mich selbst

Ergriff der Strom der glaubenvollen Menge

Und riß mich in das Weichbild Roms –

Wie ward mir, Königin!

Als mir der Säulen Pracht und Siegesbogen

Entgegenstieg, des Kolosseums Herrlichkeit

Den Staunenden umfing, ein hoher Bildnergeist

In seine heitre Wunderwelt mich schloß!

Ich hatte nie der Künste Macht gefühlt:

Es haßt die Kirche, die mich auferzog,

Der Sinne Reiz, kein Abbild duldet sie,

Allein das körperlose Wort verehrend.

Wie wurde mir, als ich ins Innre nun

Der Kirchen trat und die Musik der Himmel

Herunterstieg und der Gestalten Fülle

Verschwenderisch aus Wand und Decke quoll,

Das Herrlichste und Höchste, gegenwärtig,

Vor den entzückten Sinnen sich bewegte,

Als ich sie selbst nun sah, die Göttlichen,

Den Gruß des Engelsm, die Geburt des Herrn,

Die Heil'ge Mutter, die herabgestiegne

Dreifaltigkeit, die leuchtende Verklärung –

Als ich den Papst drauf sah in seiner Pracht

Das Hochamt halten und die Völker segnen.

O, was ist Goldes, was Juwelen Schein,

Womit der Erde Könige sich schmücken!

Nur er ist mit dem Göttlichen umgeben.

Ein wahrhaft Reich der Himmel ist sein Haus,

Denn nicht von dieser Welt sind diese Formen.

Maria. O schonet mein! Nicht weiter.Höret auf,

Den frischen Lebensteppich vor mir aus

Zu breiten – Ich bin elend und gefangen.

Mortimer. Auch ich war's, Königin! und mein Gefängnis Sprang auf, und frei auf einmal fühlte sich Der Geist,den Lebens schönen Tag begrüßend. Haß schwur ich nun dem engen dumpfen Buch, Mit frischem Kranz die Schläfe mir zu schmücken, Mich fröhlich an die Fröhlichen zu schließen. Viel edle Schotten drängten sich an mich, Und der Franzosen muntre Landsmannschaften. Sie brachten mich zu Eurem edeln Oheim, Dem Kardinal von Guise – Welch ein Mann! Wie sicher, klar und männlich groß! – Wie ganz Geboren, um die Geister zu regieren! Das Muster eines königlichen Priesters, Ein Fürst der Kirche, wie ich keinen sah!

Maria. Ihr habt sein teures Angesicht gesehn,

Des vielgeliebten, des erhabnen Mannes,

Der meiner zarten Jugend Führer war.

O redet mir von ihm. Denkt er noch mein?

Liebt ihn das Glück, blüht ihm das Leben noch,

Steht er noch herrlich da, ein Fels der Kirche?

Mortimer. Der Treffliche ließ selber sich herab,

Die hohen Glaubenslehren mir zu deuten

Und meines Herzen Zweifel zu zerstreun.

Er zeigt mir, daß grübelnde Vernunft

Den Menschen ewig in der Irre leitet,

Daß seine Augne sehen müssen, was

Das Herz soll glauben, daß ein sichtbar Haupt

Der Kirche not tut, daß der Geist der Wahrheit

Geruht hat auf den Sitzungen der Väter.

Die Wahnbegriffe meiner kind'schen Seele,

Wie schwanden sie vor seinem siegenden

Verstand und vor der Suada seines Mundes!

Ich kehrte in derKirche Schoß zurück,

Schwur meinen Irrtum ab in seine Hände.

Maria. So seid Ihr einer jener Tausende,

Die er mit seiner Rede Himmelskraft,

Wie der erhabne Prediger des Berges,

Ergriffen und zum ew'gen Heil geführt!

Mortimer. Als ihn des Amtes Pflichten bald darauf

Nach Frankreich riefen, sandt' er mich nach Reims,

Wo die Gesellschaft Jesu, fromm geschäftig,

Für Englands Kirche Priester auferzieht.

Den edeln Schotten Morgan fand ich hier,

Auch Euren treuen Leßley, den gelehrten

Bischof von Roße, die auf Frankreichs Boden

Freudlose Tage der Verbannung leben –

Eng schloß ich mich an diese Würdigen

Und stärkte mich im Glauben – Eines Tages,

Als ich mich umsah in des Bischofs Wohnung,

Fiel mir ein weiblich Bildnis in die Augen

Von rührend wundersamem Reiz; gewaltig

Ergriff es mich in meiner tiefsten Seele,

Und, des Gefühls nicht mächtig, stand ich da.

Da sagte mir der Bischof: Wohl mit Recht

Mögt Ihr gerührt bei diesem Bilde weilen.

Die schönste aller Frauen, welche leben,

Ist auch die jammernswürdigste von allen,

Um unsers Glaubens willen duldet sie,

Und Euer Vaterland ist's, wo sie leidet.

Maria. Der Redliche! Nein, ich verlor nicht alles,

Da solcher Freund im Unglück mir geblieben.

Mortimer. Drauf fing er an, mit herzerschütternder

Beredsamkeit mir Euer Märtyrtum

Und Eurer Feinde Blutgier abzuschildern.

Auch Euern Stammbaum wies er mir, er zeigt

Mir Eure Abkunft von dem hohen Hause

Der Tudor, überzeugt mich, daß Euch

Allein gebührt, in England zu herrschen,

Nicht dieser Afterkönigin, gezeugt

In ehebrecherischem Bett, die Heinrich

Ihr Vater, selbst verwarf als Bastardtochter.

Nicht seinem einz'gen Zeugnis wollt' ich traun,

Ich holte Rat bei allen Rechtsgelehrten,

Viel alte Wappenbücher schlug ich nach,

Und alle Kundige, die ich befragte,

Bestätigten mir Eures Anspruchs Kraft.

Ich weiß nunmehr, daß Euer gutes Recht

An England Euer ganzes Unrecht ist,

Daß Euch dies Reich als Eigentum gehört,

Worin Ihr schuldlos als Gefangne schmachtet.

Maria. O dieses unglücksvolle Recht! Es ist

Die einz'ge Quelle aller meiner Leiden.

Mortimer. Um diese Zeit kam mir die Kunde zu,

Daß Ihr aus Talbots Schloß hinweggeführt

Und meinem Oheim übergeben worden –

Des Himmels wundervolle Rettungshand

Glaubt' ich in dieser Fügung zu erkennen,

Ein lauter Ruf des Schicksals war sie mir,

Das meinen Arm gewählt, Euch zu befreien. Die Freunde stimmen freudig bei, es gibt Der Kardinal mir seinen Rat und Segen Und lehrt mich der Verstellung schwere Kunst. Schnell ward der Plan entworfen, und ich trete Den Rückweg an ins Vaterland, wo ich, Ihr wißt's, vor zehen Tagen bin gelandet. (Er hält inne.) Ich sah Euch, Königin – Euch selbst! Nicht Euer Bild! – O welchen Schatz bewahrt Dies Schloß! Kein Kerker! Eine Götterhalle, Glanzvoller als der königliche Hof Von England – O des Glücklichen, dem es Vergönnt ist, eine Luft mit Euch zu atmen! Wohl hat sie recht,die Euch so tief verbirgt! Aufstehen würde Englands ganze Jugend, Kein Schwert in seiner Scheide müßig bleiben Und die Empörung mit gigantischem Haupt Durch diese Friedensinsel schreiten, sähe Der Brite seine Königin!

Maria. Wohl ihr,

Säh jeder Brite sie mit Euren Augen!

Mortimer Wär' er, wie ich, ein Zeuge Eurer Leiden,

Der Sanftmut Zeuge und der edlen Fassung,

Womit Ihr das Unwürdige erduldet.

Denn geht Ihr nicht aus allen Leidensproben

Als eine Königin hervor? Raubt Euch

Des Kerkers Schmach von Eurem Schöheitsglanze?

Euch mangelt alles, was das Leben schmückt,

Und doch umfließt Euch ewig Licht und Leben.

Nie setz ich meinen Fuß auf diese Schwelle,

Daß nicht mein Herz zerrissen wird von Qualen,

Nicht von der Lust entzückt, Euch anzuschauen! –

Doch furchtbar naht sich die Entscheidung, wachsend

Mit jeder Stunde dringet die Gefahr,

Ich darf nicht länger säumen – Euch nicht länger

Das Schreckliche verbergen –

Maria. Ist mein Urteil

Gefällt? Entdeckt mir's frei. Ich kann es hören.

Mortimer. Es ist gefällt. Die zweiundvierzig Richter haben

Ihr Schuldig ausgesprochen über Euch. Das Haus Der Lords und der Gemeinen, die Stadt London Bestehen heftig dringend aud des Urteils Vollstreckung; nur die Königin säumt nocht – Aus arger List, daß man sie nötige, Nicht aus Gefühl der Menschlichkeit und Schonung.

Maria (mit Fassung).

Sir Mortimer, Ihr überrascht mich nicht,

Erschreckt mich nicht. Auf solche Botschaft war ich

Schon längst gefaßt. Ich kenne meine Richter.

Nach den Mißhandlungen, die ich erlitten,

Begreif ich wohl, daß man die Freiheit mir

Nicht schenken kann – Ich weiß, wo man hinauswill.

In ew'gem Kerker will man mich bewahren

Und meine Rache, meinen Rechtsanspruch

Mit mir verscharren in Gefängnisnacht.

Mortimer. Nein, Königin – o nein! nein! Dabei steht man

Nicht still. Die Tyrannei begnügt sich nicht,

Ihr Werk nur halb zu tun. Solang Ihr lebt,

Lebt auch die Furcht der Könign von England.

Euch kann kein Kerker tief genug begraben,

Nur Euer Tod versichert ihren Thron.

Maria. Sie könnt' es wagen, mein gekröntes Haupt

Schmachvoll auf einen Henkerblock zu legen?

Mortimer. Sie wird es wagen. Zweifelt nicht daran.

Maria. Sie könnt so die eigne Majestät Und aller Könige im Staube wälzen? Und fürchtet sie die Rache Frankreichs nicht?

Mortimer. Sie schließt mit Frankreich einen ew'gen Frieden,

Dem Duc von Anjou schenkt sie Thron und Hand.

Maria. Wird sich der König Spaniens nicht waffnen?

Mortimer. Nicht eine Welt in Waffen fürchtet sie,

Solang sie Frieden hat mit ihrem Volke.

Maria. Den Briten wollte sie dies Schauspiel geben?

Mortimer. Dies Land, Mylady, hat in letzten Zeiten

Der königlichen Frauen mehr vom Thron Herab aufs Blutgerüste steigen sehn. Die eigne Mutter der Elisabeth Ging diesen Weg, und Katharina Howard, Auch Lady Gray war ein gekröntes Haupt.

Maria (nach einer Pause).

Nein, Mortimer! Euch blendet eitle Furcht.

Es ist die Sorge Eures treuen Herzens,

Die Euch vergebne Schrecknisse erschafft.

Nicht das Schafott ist's, das ich fürchte, Sir.

Es gibt noch andre Mittel, stillere,

Wodurch sich die Beherrscherin von England

Vor meinem Anspruch Ruhe schaffen kann.

Eh' sich ein Henker für mich findet, wird

Noch eher sich ein Mörder dingen lassen.

Das ist's, wovor ich zittre, Sir! und nie Setz ich des Bechers Rand an meine Lippen, Daß nicht ein Schauder mich ergreift, er könnte Kredenzt sein von der Liebe meiner Schwester.

Mortimer. Nicht offenbarm, noch heimlich soll's dem Mord

Gelingen, Euer Leben anzutasten.

Seid ohne Furcht! Bereitet ist schon alles,

Zwölf edle Jünglinge des Landes sind

In meinem Bündnis, haben heute früh

Das Sakrament darauf empfangen, Euch

Mit starkem Arm aus diesem Schloß zu führen.

Graf Aubespine, der Abgesandte Frankreichs,

Weiß um den Bund, er bietet selbst die Hände,

Und sein Palast ist's, wo wir uns versammeln.

Maria. Ihr macht mich zittern, Sir – doch nicht für Freude.

Mir fliegt ein böses Ahnen durch das Herz.

Was unternehmt Ihr? Wißt ihr's? Schrecken euch

Nicht Babingtons, nicht Tichburns blut'ge Häupter,

Auf Londons Brücke warnend aufgesteckt,

Nicht das Verderben der Unzähligen,

Die ihren Tod in gleichem Wagstück fanden

Und meine Ketten schwerer nur gemacht?

Unglücklicher, verführter Jüngling – flieht!

Flieht, wenn's noch Zeit ist – wenn der Späher Burleigh

Nicht jetzt schon Kundschaft hat von euch, nicht schon

In eure Mitte den Verräter mischte.

Flieht aus dem Reiche schnell! Marien Stuart

Hat noch kein Glücklicher beschützt.

Mortimer. Mich schrecken

Nicht Babingtons, nicht Tichburns blut'ge Häupter,

Auf Londons Brücke warnend aufgesteckt,

Nicht das Verderben der unzähl'gen andern,

Die ihren Tod in gleichem Wagstück fanden;

Sie fanden auch darin den ew'gen Ruhm,

Und Glück schon ist's, für Eure Rettung sterben.

Maria. Umsonst! Mich rettet nicht Gewalt, nicht List.

Der Feind ist wachsam, und die Macht ist sein.

Nicht Paulet nur und seiner Wächter Schar,

Ganz England hütet meines Kerkers Tore.

Der freie Wille der Elisabeth allein

Kann sie mir auftun.

Mortimer. O das hoffet nie!

Maria. Ein einz'ger Mann lebt, der sie öffnen kann.

Mortimer. O nennt mir diesen Mann –

Maria. Graf Leicester.

Mortimer (tritt erstaunt zurück). Leicester!

Graf Leicester! – Euer blutigster Verfolger,

Der Günstling der Elisabeth – von diesem –

Maria. Bin ich zu retten, ist's allein durch ihn.

– Geht zu ihm. Öffnet Euch ihm frei,

Und zur Gewähr, daß ich's bin, die Euch sendet,

Bringt ihm dies Schreiben. Es enthält mein Bildnis

(Sie zieht ein Papier aus dem Busen, Mortimer tritt zurück und zögert es anzunehmen.)

Nehmt hin.Ich trag es lange schon bei mir,

Weil Eures Oheims strenge Wachsamkeit

Mir jeden Weg zu ihm gehemmt – Euch sandte

Mein guter Engel –

Mortimer. Königin – dies Rätsel –

Erklärt es mir –

Maria. Graf Leicester wird's Euch lösen.

Vertraut ihm, er wird Euch vertraun – Wer kommt?

Kennedy (eilfertig eintretend).

Sir Paulet naht mit einem Herrn vom Hofe.

Mortimer. Es ist Lord Burleigh. Faßt Euch, Königin!

Hört es mit Gleichmut an, was er Euch bringt.

(Er entfernt sich durch eine Seitentür, Kennedy folgt ihm.)

Siebenter Auftritt

Maria, Lord Burleigh, Großschatzmeister von England, und Ritter Paulet.

Paulet. Ihr wünschtet heut Gewißheit Eures Schicksals,

Gewißheit bringt Euch Seine Herrlichkeit

Mylord von Burleigh. Tragt sei mit Ergebung.

Maria. Mit Würde, hoff ich, die der Unschuld ziemt.

Burleigh. Ich komme als Gesandter des Gerichts.

Maria. Lord Burleigh leiht dienstfertig dem Gerichte,

Dem er den Geist geliehn, nun auch den Mund.

Paulet. Ihr sprecht, als wüßtet Ihr bereits das Urteil.

Maria. Da es Lord Burleigh bringt, so weiß ich es.

– Zur Sache, Sir.

Burleigh. Ihr habt Euch dem Gericht

Der Zweiundvierzig unterworfen, Lady –

Maria. Verzeiht, Mylord, daß ich Euch gleich zu Anfang

Ins Wort muß fallen – Unterworfen hätt' ich mich

Dem Richterspruch der Zweiundvierzig, sagt Ihr?

Ich habe keineswegs mich unterworfen.

Nie konnt' ich das – ich konnte meinem Rang,

Der Würde meines Volkes und meines Sohnes

Und aller Fürsten nicht so viel vergeben.

Verordnet ist im englischen Gesetz,

Daß jeder Angeklagte durch Geschworne

Von seinesgleichen soll gerichtet werden.

Wer in der Committee ist meinesgleichen?

Nur Könige sind meine Peers.

Burleigh. Ihr hörtet

Die Klageartikel an, ließt Euch darüber

Vernehmen vor Gerichte –

Maria. Ja, ich habe micht

Durch Hattons arge List verleiten lassen,

Bloß meiner Ehre wegen und im Glauben

An meiner Gründe siegende Gewalt,

Ein Ohr zu leihen jenen Klagepunkten

Und ihren Ungrung darzutun – Das tat ich

Aus Achtung für die würdigen Personen

Der Lords, nicht für ihr Amt, das ich verwerfe.

Burleigh. Ob Ihr sie anerkennt, ob nicht, Mylady,

Das ist nur eine leere Förmlichkeit,

Die des Gerichtes Lauf nicht hemmen kann.

Ihr atmet Englands Luft, genießt den Schutz,

Die Wohltat des Gesetzesm, und so seid Ihr

Auch seiner Herrschaft untertan!

Maria. Ich atme

Die Luft in einem englischen Gefängnis.

Heißt das in England leben, der Gesetze

Wohltat genießen? Kenn ich sie doch kaum.

Nie hab ich eingewilligt, sie zu halten.

Ich bin nicht dieses Reiches Bürgerin,

Bin eine freie Königin des Audlands.

Burleigh. Und denkt Ihr, daß der königliche Name

Zum Freibrief dienen könne, blut'ge Zwietracht

In fremdem Lande straflos auszusäen?

Wie stünd' es um die Sicherheit der Staaten,

Wenn das gerechte Schwert der Themis nicht

Die schuld'ge Stirn des königlichen Gastes

Erreichen könnte wie des Bettlers Haupt?

Maria. Ich will mich nicht der Rechenschaft entziehen,

Die Richter sind es nur, die ich verwerfe.

Burleigh. Die Richter! Wie, Mylady? Sind es etwa

Vom Pöbel aufgegriffene Verworfne,

Schamlose Zungendrescher, denen Recht

Und Wahrheit feil ist, die sich zum Organ

Der Unterdrückung willig dingen lassen?

Sind's nicht die ersten Männer dieses Landes,

Selbständig g'nug, um wahrhaft sein zu dürfen,

Um über Fürstenfurcht und niedrige

Bestechung weit erhaben sich zu sehn?

Sind's nicht die selben, die ein edles Volk

Frei und gerecht regieren, deren Namen

Man nur zu nennen braucht, um jeden Zweifel,

Um jeden Argwohn schleunig stumm zu machen?

An ihrer Spitze steht der Völkerhirte,

Der fromme Primas von Canterbury,

Der weise Talbot, der des Siegels wahret,

Und Howard, der des Reiches Flotten führt.

Sagt! Konnte die Berherrscherin von England

Mehr tun, als aus der ganzen Monarchie

Die edelsten auslesen und zu Richtern

In diesem königlichen Streit bestellen?

Und wär's zu denken, daß Parteienhaß

Den einzelnen bestäche – Können vierzig

Erlesne Männer sich in einem Spruche

Der Leidenschaft vereinigen?

Maria (nach einigem Stillschweigen).

Ich höre staunend die Gewalt des Mundes,

Der mir von je so unheilbringend war –

Wie werd ich mich, ein ungelehrtes Weib,

Mit so kunstfert'gem Redner messen können! –

Wohl! wären diese Lords, wie Ihr sie schildert,

Verstummen müßt' ich, hoffnugngslos verloren

Wär' meine Sache, sprächen sie micht schuldig.

Doch diese Namen, die Ihr preisend nennt,

Die mich durch ihr Gewicht zermalmen sollen,

Mylord, ganz andere Rollen seh ich sie

In den Geschichten dieses Landes spielen.

Ich sehen diesen hohen Adel Englands,

Des Reiches majestätischen Senat,

Gleich Sklaven des Serails den Sultanslaunen

Heinrichs den Achten, meines Großohms schmeicheln –

Ich sehe dieses edle Oberhaus,

Gleich feil mit den erkäuflichen Gemeinen,

Gesetze prägen und verrufen, Ehen

Auflösen, binden, wie der Mächtige

Gebietet, Englands Fürstentöchter heute

Enterben, mit dem Bastardnamen schänden

Und morgen sie zu Königinnen krönen.

Ich sehe diese würd'gen Peers mit schnell

Vertauschter Überzeugung unter vier Regierungen den Glauben viermal ändern –

Burleigh. Ihr nennt Euch fremd in Englands Reichsgesetzen,

In Englands Unglück seid Ihr sehr bewandert.

Maria. Und das sind meine Richter! – Lord Schatzmeister!

Ich will gerecht sein gegen Euch! – Seid Ihr's

Auch gegen mich – Man sagt, Ihr meint es gut

Mit diesem Staat, mit Eurer Königin,

Seid unbestechlich, wachsam, unermüdet –

Ich will es glauben. Nicht der eigne Nutzen

Regiert Euch, Euch regiert allein der Vorteil

Des Souveräns, des Landes. Ebendarum

Mißtraut Euch, edler Lord, daß nicht der Nutzen

Des Staats Euch als Gerechtigkeit erscheine.

Nicht zweifl' ich dran, es sitzen neben Euch

Noch edle Männer unter meinen Richtern.

Doch sie sind Protestanten, Eiferer

Für Englands Wohl und sprechen über mich,

Die Königin von Schottland, die Papistin!

Es kann der Brite gegen den Schotten nicht

Gerecht sein, ist ein uralt Wort – Drum ist

Herkömmlich seit der Väter grauen Zeit,

Daß vor Gericht kein Brite gegen den Schotten,

Kein Schotte gegen jenen zeugen darf.

Die Not gab diesen seltsame Gesetz;

Ein tiefer Sinn wohnt in den alten Bräuchen,

Man muß sie ehren, Mylord – die Natur

Warf diese beiden feur'gen Völkerschaften

Auf dieses Brett im Ozean, ungleich

Verteilte sie's und hieß sie darum kämpfen.

Der Tweede schmales Bette trennt allein

Die heft'gen Geister, oft vermischte sich

Das Blut der Kämpfenden in ihren Wellen.

Die Hand am Schwerte, schauen sie sich drohend

Von beiden Ufern an, sei tausend Jahren.

Kein Feind bedränget Engelland, dem nicht

Der Schotte sich zum Helfer zugesellte;

Kein Bürgerkrieg entzündet Schottlands Städte,

Zu dem der Brite nicht den Zunder trug.

Und nicht erlöschen wird der Haß, bis endlich

Ein Zepter waltet durch die ganze Insel.

Burleigh. Und eine Stuart sollte dieses Glück

Dem Reich gewähren?

Maria. Warum soll ich's leugnen?

Ja, ich gesteh's, daß ich die Hoffnung nährte,

Zwei edle Nationen unterm Schatten

Des Ölbaums frei und fröhlich zu vereinen.

Nicht ihres Völkerhasses Opfer glaubt' ich

Zu werden; ihre lange Eifersucht,

Der alten Zwietracht unglücksel'ge Glut

Hofft' ich auf ew'ge Tage zu ersticken

Und, wie mein Ahnherr Richmond die zwei Rosen

Zusammenband nach blut'gem Streit, die Kronen

Schottland und England friedlich zu vermählen.

Burleigh. Auf schlimmem Weg verfolgtet Ihr dies Ziel,

Da Ihr das Reich entzünden, durch die Flammen

Des Bürgerkriegs zum Throne steigen wolltet.

Maria. Das wollt' ich nicht – beim großen Gott des Himmels!

Wann hätt' ich das gewollt? Wo sind die Proben?

Burleigh. Nicht Streitens wegen kam ich her. Die Sache

Ist keinem Wortgefecht mehr unterworfen.

Es ist erkannt durch vierzig Stimmen gegen zwei,

Daß Ihr die Akte vom vergangnen Jahr:

"Wenn sich Tumult im Königreich erhübe

Im Namen und zum Nutzen irgendeiner

Person, die Rechte vorgibt an die Krone,

Daß man gerichtlich gegen sie verfahre,

Bis in den Tod die schuldige verfolge" –

Und da bewiesen ist –

Maria. Mylord von Burleigh!

Ich zweifle nicht, daß ein Gesetz, ausdrücklich

Auf mich gemacht, verfaßt, mich zu verderben, Sich gegen mich wird brauchen lassen – Wehe Dem armen Opfer, wenn derselbe Mund, Der das Gesetz gab, auch das Urteil spricht! Könnt Ihr es leugnen, Lord, daß jene Akte Zu meinem Untergang ersonnen ist?

Burleigh. Zu Eurer Warnung sollte sie gereichen,

Zum Fallstrick habt Ihr selber sie gemacht.

Den Abgrund saht Ihr, der vor Euch sich auftat,

Und treu gewarnet stürztet Ihr hinein.

Ihr wart mit Babington, dem Hochverräter,

Und seinen Mordgesellen einverstanden,

Ihr hattet Wissenschaft von allem, lenktet

Aus Eurem Kerker planvoll die Verschwörung.

Maria. Wann hätt' ich das getan? Man zeige mir

Die Dokumente auf.

Burleigh. Die hat man Euch

Schon neulich vor Gerichte vorgewiesen.

Maria. Die Kopien, von fremder Hand geschrieben!

Man bringe die Beweise mir herbei,

Daß ich sie selbst diktiert, daß ich sie so

Diktiert, geradeso, wie man gelesen.

Burleigh. Daß es dieselben sind, die er empfangen,

Hat Babington vor seinem Tod bekannt.

Maria. Und warum stellte man ihn mir nicht lebend

Vor Augen? Warum eilte man so sehr,

Ihn aus der Welt zu fördern,eh' man ihn

Mir, Stirne gegen Stirne, vorgeführt?

Burleigh. Auch Eure Schreiber, Kurl und Nau, erhärten

Mit einem Eid, daß es die Briefe seien,

Die sei aus Eurem Munde niederschrieben.

Maria. Und auf das Zeugnis meiner Hausbedienten

Verdammt man mich? Auf Treu und Glauben derer,

Die mich verraten, ihre Königin,

Die in demselben Augenblick die Treu'

Mir brachen, da sie gegen mich gezeugt?

Burleigh. Ihr selbst erklärtet sonst den Schotten Kurl

Für einen Mann von Tugend und Gewissen.

Maria. So kannt' ich ihn – doch eines Mannes Tugend

Erprobt allein die Stunde der Gefahr.

Die Folter konnt' ihn ängstigen, daß er

Aussagte und gestand, was er nicht wußte!

Durch falsches Zeugnis glaubt' er sich zu retten

Und mir, der Königin, nicht viel zu schaden.

Burleigh. Mit einem freien Eid hat er's beschworen.

Maria. Vor meinem Angesichte nicht! – Wie, Sir?

Das sind zwei Zeugen, die noch beide leben!

Man stelle sie mir gegenüber, lasse sie

Ihr Zeugnis mir ins Antlitz wiederholen!

Warum mir eine Gunst, ein Recht verweigern,

Das man dem Mörder nicht versagt? Ich weiß

Aus Talbots Munde, meines vor'gen Hüters,

Daß unter dieser nämlichen Regierung

Ein Reichsschluß durchgegangen, der befiehlt,

Den Kläger dem Beklagten vorzustellen.

Wie? Oder hab ich falsch gehört? – Sir Paulet!

Ich hab Euch stets als Biedermann erfunden,

Beweist es jetzo. Gib's kein solch Gesetz in England?

Paulet. So ist's, Mylady. Das ist bei uns Rechtens.

Was wahr ist, muß ich sagen.

Maria. Nun, Mylord!

Wenn man mich denn so streng nach englischem Recht

Behandelt, wo dies Recht mich unterdrückt,

Warum dasselbe Landesrecht umgehen,

Wenn es mir Wohltat werden kann? – Antwortet!

Warum ward Babington mir nicht vor Augen

Gestellt, wie das Gesetz es befiehlt? Warum

Nicht meine Schreiber, die noch beide leben?

Burleigh. Ereifert Euch nicht, Lady. Euer Einverständnis

Mit Babington ist's nicht allein –

Maria. Es ist's

Allein, was mich dem Schwerte des Gesetzes

Bloßstellt, wovon ich mich zu rein'gen habe.

Mylord! Bleibt bei der Sache. Beugt nicht aus.

Burleigh. Es ist bewiesen, daß Ihr mit Mendoza,

Dem spanischen Botschafter, unterhandelt –

Maria (lebhaft).

Bleibt bei der Sache, Lord!

Burleigh. Daß Ihr Anschläge

Geschmiedet, die Religion des Landes

Zu stürzen, alle Könige Europens

Zum Krieg mit England aufgeregt –

Maria. Und wenn ich's

Getan? Ich hab es nicht getan – Jedoch

Gesetzt, ich tat's! – Mylord, man hält mich hier

Gefangen wider alle Völkerrechte.

Nicht mit dem Schwerte kam ich in dies Land,

Ich kam herein als eine Bittende,

Das heil'ge Gastrecht fordernd, in den Arm

Der blutsverwandten Königin mich werfend –

Und so ergriff mich die Gewalt, bereitete

Mir Ketten, wo ich Schutz gehofft – Sagt an!

Ist mein Gewissen gegen diesen Staat

Gebunden? Hab ich Pflichten gegen England?

Ein heilig Zwangsrecht üb ich aus, da ich

Aus diesen Banden strebe, Macht mit Macht

Abwende, alle Staaten dieses Weltteils

Zu meinem Schutze aufrühre und bewege.

Was irgend nur in einem guten Krieg

Recht ist und ritterlich, das darf ich üben.

Den Mord allein, die heimlich blut'ge Tat,

Verbietet mir mein Stolz und mein Gewissen,

Mord würde mich beflecken und entehren.

Entehren sag ich – keineswegs mich

Verdammen, einem Rechtsspruch unterwerfen.

Denn nicht vom Rechte, von Gewalt allein

Ist zwischen mir und Engelland die Rede.

Burleigh (bedeutend).

Nicht auf der Stärke schrecklich Recht beruft Euch,

Mylady! Es ist der Gefangenen nicht günstig.

Maria. Ich bin die Schwache, sie die Mächt'ge – Wohl!

Sie brauche die Gewalt, sie töte mich,

Sie bringe ihrer Sicherheit das Opfer.

Doch sie gestehe dann, daß sie die Macht

Allein, nicht die Gerechtigkeit geübt.

Nicht vom Gesetze borge sie das Schwert,

Sich der verhaßten Feindin zu entladen,

Und kleide nicht in heiliges Gewand

Der rohen Stärke blutiges Erkühnen.

Solch Gaukelspiel betrüge nicht die Welt!

Ermorden lassen kann sie mich, nicht richten!

Sie geb' es auf, mit des Verbrechens Früchten

Den heil'gen Schein der Tugend zu vereinen,

Und was sie ist, das wage sie zu scheinen!

(Sie geht ab.)

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