Kitabı oku: «Maria Stuart», sayfa 4
Vierter Auftritt
Die Vorigen. Ritter Paulet mit Mortimern.
Elisabeth. Da kommt Amias Paulet. Edler Sir,
Was bringt Ihr uns?
Paulet. Glorwürd'ge Majestät!
Mein Neffe, der ohnlängst von weiten Reisen
Zurückgekehrt, wirft sich zu deinen Füßen
Und leistet dir sein jugendlich Gelübde.
Empfange du es gnadenvoll und laß
Ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst.
Mortimer (läßt sich auf ein Knie nieder).
Lang lebe meine königliche Frau,
Und Glück und Ruhm bekröne ihre Stirne!
Elisabeth. Steht auf. Seid mir willkommen, Sir, in England.
Ihr habt den großen Weg gemacht, habt Frankreich
Bereist und Rom und Euch zu Reims verweilt.
Sagt mir denn an, was spinnen unsre Feinde?
Mortimer. Ein Gott verwirre sie und wende rückwärts
Auf ihrer eignen Schützen Brust die Pfeile,
Die gegen meine Königin gesandt sind.
Elisabeth. Saht Ihr den Morgan und den ränkespinnenden
Bischof von Roße?
Mortimer. Alle schottische
Verbannte lernt' ich kennen, die zu Reims
Aschläge schmieden gegen diese Insel.
In Ihr Vertrauen stahl ich mich, ob ich
Etwa von ihren Ränken was entdeckte.
Paulet. Geheime Briefe hat man ihm vertraut,
In Ziffern, für die Königin von Schottland,
Die er mit treuer Hand uns überliefert.
Elisabeth. Sagt, was sind ihre neuesten Entwürfe?
Mortimer. Es traf sie alle wie ein Donnerstreich,
Daß Frankreich sie verläßt, den festen Bund
Mit England schließt; jetzt richten sie die Hoffnung
Auf Spanien.
Elisabeth. So schreibt mir Walsingham.
Mortimer. Auch eine Bulle, die Papst Sixtus jüngst
vom Vatikane gegen dich geschleudert,
Kam eben an zu Reims, als ich's verließ,
Das nächste Schiff bringt sie nach dieser Insel.
Leicester. Vor solchen Waffen zittert England nicht mehr.
Burleigh. Sie werden furchtbar in des Schwärmers Hand.
Elisabeth (Mortimer forschend ansehend).
Man gab Euch schuld, daß Ihr zu Reims die Schulen
Besucht und Euren Glauben abgeschworen?
Mortimer. Die Miene gab ich mir, ich leugn' es nicht,
So weit ging die Begierde, dir zu dienen!
Elisabeth (zu Paulet, der ihr Papiere überreicht).
Was zieht Ihr da hervor?
Paulet. Es ist ein Schreiben,
Das dir die Königin von Schottland sendet.
Burleigh (hastig darnach greifend).
Gebt mir den Brief.
Paulet (gibt das Papier der Königin).
Verzeiht, Lord Großschatzmeister!
In meiner Königin selbsteigne Hand
Befahl sie mir den Brief zu übergeben.
Sie sagt mir stets, ich sei ihr Feind. Ich bin
Nur ihres Lasters Feind; was sich verträgt
Mit meiner Pflicht, mag ich gern erweisen.
(Die Königin hat den Brief genommen. Während sie ihn liest, sprechen Mortimer und Leicester einige Worte heimlich miteinander.)
Burleigh (Zu Paulet).
Was kann der Brief enthalten? Eitle Klagen,
Mit denen man das mitleidsvolle Herz
Der Königin verschonen soll.
Paulet. Was er
Enthält, hat sie mir nicht verhehlt. Sie bittet
Um die Vergünstigung, das Angesicht
Der Königin zu sehen.
Burleigh (schnell).
Nimmermehr!
Talbot. Warum nicht? Sie erfleht nichts Ungerechtes.
Burleigh. Die Gunst des königlichen Angesichts
Hat sie verwirkt, die Mordanstifterin,
Die nach dem Blut der Königin gedürstet.
Wer's treu mit seiner Fürstin meint, der kann
Den falsch verräterischen Rat nicht geben.
Talbot. Wenn die Monarchin sie beglücken will,
Wollt Ihr der Gnade sanfte Regung hindern?
Burleigh. Sie ist verurteilt! Unterm Beile liegt
Ihr Haupt. Unwürdig ist's der Majestät,
Das Haupt zu sehen, das dem Tod geweiht ist.
Das Urteil kann nicht mehr vollzogen werden,
Wenn sich die Königin ihr genahet hat,
Denn Gnade bringt die königliche Nähe –
Elisabeth (nachdem sie den Brief gelesen, ihre Tränen trocknend).
Was ist der Mensch! Was ist das Glück der Erde!
Wie weit ist diese Königin gebracht,
Die mit so stolzen Hoffnungen begann,
Die auf den ältsten Thron der Christenheit
Berufen worden, die in ihrem Sinn
Drei Kronen schon aufs Haupt zu setzen meinte!
Welch andre Sprache führt sie jetzt als damals,
Da sie das Wappen Englands angenommen
Und von den Schmeichlern ihres Hofs sich Königin
Der zwei britann'schen Inseln nennen ließ!
– Verzeiht, Mylords, es schneidet mir ins Herz,
Wehmut ergreift mich, und die Seele blutet,
Daß Irdisches nicht fester steht, das Schicksal
Der Menschheit, das entsetzliche, so nahe
An meinem eignen Haupt vorüberzieht.
Talbot. O Königin! Dein Herz hat Gott gerührt,
Gehorche dieser himmlischen Bewegung!
Schwer büßte sie fürwahr die schwere Schuld,
Und Zeit ist's, daß die harte Prüfung ende!
Reich ihr die Hand, der Tiefgefallenen;
Wie eines Engels Lichterscheinung steige
In ihres Kerkers Gräbernacht hinab –
Burleigh. Sei standhaft, große Königin. Laßt nicht
Ein lobenswürdig menschliches Gefühl
Dich irreführen. Raube dir nicht selbst
Die Freiheit, das Notwendige zu tun.
Du kannst sie nicht begnadigen, nicht retten, So lade nicht auf dich verhaßten Tadel, Daß du mit grausam höhnendem Triump Am Anblick deines Opfers dich geweidet.
Leicester. Laßt uns in unsern Schranken bleiben, Lords.
Die Königin ist weise, sie bedarf
Nicht unsers Rats, das Würdigste zu wählen.
Die Unterredung beider Königinnen
Hat nichts gemein mit des Gerichtes Gang.
Englands Gesetz, nicht der Monarchin Wille
Verurteilt die Maria. Würdig ist's
Der großen Seele der Elisabeth,
Daß sie des Herzens schönem Triebe folge,
Wenn das Gesetz den strengen Lauf behält.
Elisabeth. Geht, meine Lords. Wir werden Mittel finden,
Was Gnade fordert, was Notwendigkeit
Uns auferlegt, geziemend zu vereinen.
Jetzt – tretet ab!
(Die Lords gehen. An der Türe ruft sie den Mortimer zurück.)
Sir Mortimer! Ein Wort!
Fünfter Auftritt
Elisabeth. Mortimer.
Elisabeth. (nachdem sie ihen einige Augenblicke forschend mit den Augen gemessen).
Ihr zeigtet einen kecken Mut und seltne
Beherrschung Eurer selbst für Eure Jahre.
Wer schon so früh der Täuschung schwere Kunst
Ausübte, der ist mündig vor der Zeit,
Und er verkürzt sich seine Prüfungsjahre.
– Auf eine große Bahn ruft Euch das Schicksal,
Ich prophezei es Euch, und mein Orakel
Kann ich, zu Eurem Glücke! selbst vollziehn.
Mortimer. Erhabene Gebieterin, was ich
Vermag und bin, ist deinem Dienst gewidmet.
Elisabeth. Ihr habt die Feinde Englands kennen lernen.
Ihr Haß ist unversöhnlich gegen mich,
Und unerschöpflich ihre Blutentwürfe.
Bis diesen Tag zwar schützte mich die Allmacht,
Doch ewig wankt die Kron' auf meinem Haupt,
Solang sie lebt, die ihrem Schwärmereifer Den Vorwand leiht und ihre Hoffnung nährt.
Mortimer. Sie lebt nicht mehr, sobald du es gebietest.
Elisabeth. Ach, Sir! Ich glaubte mich am Ziele schon
Zu sehn und bin nicht weiter als am Anfang.
Ich wollte die Gesetze handeln lassen,
Die eigne Hand vom Blute rein behalten.
Das Urteil ist gesprochen. Was gewinn ich?
Es muß vollzogen werden, Mortimer! Und ich muß die Vollziehung anbefehlen. Mich immer trifft der Haß der Tat. Ich muß Sie eingestehn und kann den Schein nicht retten. Das ist das Schlimmste!
Mortimer. Was bekümmert dich
Der böse Schein bei der gerechten Sache?
Elisabeth. Ihr kennt die Welt nicht, Ritter. Was man scheint, Hat jedermann zum Richter; was man ist, hat keinen. Von meinem Rechte überzeug ich niemand, So muß ich Sorge tragen, daß mein Anteil An ihrem Tod in ew'gem Zweifel bleibe. Bei solchen Taten doppelter Gestalt Gibt's keinen Schutz als in der Dunkelheit. Der schlimmste Schritt ist, den man eingesteht, Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren.
Mortimer (ausforschend).
Dann wäre wohl das beste –
Elisabeth (schnell). Freilich wär's
Das Beste – O mein guter Engel spricht
Aus Euch. Fahrt fort, vollendet, werter Sir!
Euch ist es ernst, Ihr dringet auf den Grund,
Seid ein ganz andrer Mann als Euer Oheim –
Mortimer (betroffen).
Entdecktest du dem Ritter deinen Wunsch?
Elisabeth. Mich reuet, daß ich's tat.
Mortimer. Entschuldige
Den alten Mann. Die Jahre machen ihn
Bedenklich. Solche Wagestücke fordern
Den kecken Mut der Jugend –
Elisabeth (schnell). Darf ich Euch –
Mortimer. Die Hand will ich dir leihen, rette du
Den Namen, wie du kannst –
Elisabeth. Ja, Sir! Wenn Ihr
Mich eines Morgens mit der Botschaft wecktet:
Maria Stuart, deine blut'ge Feindin,
Ist heute nacht verschieden!
Mortimer. Zähl auf micht.
Elisabeth. Wann wird mein Haupt sich ruhig schlafen legen?
Mortimer. Der nächste Neumond ende deine Furcht.
Elisabeth. – Gehabt Euch wohl, Sir! Laßt es Euch nicht leid tun,
Daß meine Dankbarkeit den Flor der Nacht
Entlehnen muß – Das Schweigen ist der Gott
Der Glücklichen – die engsten Bande sind's,
Die zärtesten, die das Geheimnis stiftet!
(Sie geht ab.)
Sechster Auftritt
Mortimer (allein).
Geh, falsche, gleisnerische Königin!
Wie du die Welt, so täusch ich dich. Recht ist's,
Dich zu verraten, eine gute Tat!
Seh ich aus wie ein Mörder? Lases du
Ruchlose Fertigkeit auf meiner Stirn?
Trau nur auf meinen Arm und halte deinen Zurück, gib dir den frommen Heuchelschein Der Gnade vor der Welt, indessen du Geheim auf meine Mörderhilfe hoffst – So werden wir zur Rettung Frist gewinnen! Erhöhen willst du mich – zeigst mir von ferne Bedeutend einen kostbarn Preis – Und wärst Du selbst der Preis und deine Frauengunst! Wer bist du, Ärmste, und was kannst du gebe? Mich locket nicht des eiteln Ruhmes Geiz! Bei ihr nur ists den Lebens Reiz – Um sie, in ew'gem Freudenchore, schweben Der Anmut Götter und der Jugendlust, Das Glück der Himmel ist an ihrer Brust – Du hast nur tote Güter zu vergeben! Das eine Höchste, was das Leben schmückt, Wenn sich ein Herz, entzückend und entzückt, Dem Herzen schenkt in süßem Selbstvergessen, Die Frauenkrone hast du nie besessen, Nie hast du lieben einen Mann beglückt! – Ich muß den Lord erwarten, ihren Brief Ihm übergeben. Ein verhaßter Auftrag! Ich habe zu dem Höflinge kein Herz – Ich selber kann sie retten, ich allein, Gefahr und Ruhm und auch der Preis sei mein! ( Indem er gehen will, begegnet ihm Paulet.)
Siebenter Auftritt
Mortimer. Paulet.
Paulet. Was sagte dir die Königin?
Mortimer. Nichts, Sir.
Nichts – von Bedeutung.
Paulet (fixiert ihn mit ernstem Blick).
Höre, Mortimer!
Es ist ein schlüpfrig glatter Grund, auf den
Du dich begeben. Lockend ist die Gunst
Der Könige, nach Ehre geizt die Jugend.
– Laß dich den Ehrgeiz nicht verführen!
Mortimer. Wart Ihr's nicht selbst, der an den Hof mich brachte?
Paulet. Ich wünschte, daß ich's nicht getan. Am Hofe
Ward unsers Hauses Ehre nicht gesammelt. Steh fest, mein Neffe. Kaufe nicht zu teuer! Verletze dein Gewissen nicht!
Mortimer. Was fällt Euch ein? Was für Besorgnisse!
Paulet. Wie groß dich auch die Königin zu machen
Verspricht – Trau ihrer Schmeichelrede nicht.
Verleugnen wird sie dich, wenn du gehorcht,
Und, ihren eignen Namen reinzuwaschen,
Die Bluttat rächen, die sie selbst befahl.
Mortimer. Die Bluttat, sagt Ihr –
Paulet. Weg mit der Verstellung!
Ich weiß, was dir die Königin angesonnen,
Sie hofft, daß deine ruhmbegier'ge Jugend
Willfähr'ger sein wird als mein starres Alter.
Hast du ihr zugesagt? Hast du?
Mortimer. Mein Oheim!
Paulet. Wenn du's getan hast, so verfluch ich dich,
Und dich verwerfe –
Leicester (kommt). Werter Sir, erlaubt
Ein Wort mit Eurem Neffen. Die Monarchin
Ist gnadenvoll gesinnt für ihn, sie will,
Daß man ihm die Person der Lady Stuart
Uneingeschränkt vertraue – Sie verläßt sich
Auf seine Redlichkeit –
Paulet. Verläßt sich – Gut!
Leicester. Was sagt Ihr, Sir?
Paulet. Die Königin verläßt sich
Auf ihn, und ich, Mylord, verlasse mich
Auf mich und meine beiden offnen Augen. (Er geht ab.)
Achter Auftritt
Leicester. Mortimer.
Leicester (verwundert).
Was wandelte den Ritter an?
Mortimer. Ich weiß es nicht – Das unerwartete
Vertrauen, das die Königin mir schenkt –
Leicester (ihn forschend ansehend).
Verdient Ihr, Ritter, daß man Euch vertraut?
Mortimer (ebenso).
Die Frage tu ich Euch, Mylord von Leicester.
Leicester. Ihr hattet mir was in geheim zu sagen.
Mortimer. Versichert mich erst, daß ich's wagen darf.
Leicester. Wer gibt mir die Versicherung für Euch?
– Laßt Euch mein Mißtraun nicht beleidigen!
Ich seh Euch zweierlei Gesichter zeigen
An diesem Hofe – Eins darunter ist
Notwendig falsch, doch welches ist das wahre?
Mortimer. Es geht mir ebenso mit Euch, Graf Leicester.
Leicester. Wer soll nun des Vertrauens Anfang machen?
Mortimer. Wer das Geringere zu wagen hat.
Leicester. Nun! Der seid Ihr!
Mortimer. Ihr seid es! Euer Zeugnis,
Des vielbedeutenden, gewalt'gen Lords,
Kann mich zu Boden schlagen; meins vermag Nichts gegen Euren Rang und Eure Gunst.
Leicester. Ihr irrt Euch, Sir! In allem andern bin ich
Hier mächtig, nur in diesem zarten Punkt,
Den ich jetzt Eurer Treu' preisgeben soll,
Bin ich der schwächste Mann an diesem Hof,
Und ein verächtlich Zeugnis kann mich stürzen.
Mortimer. Wenn sich der allvermögende Lord Leicester
So tief zu mir herunterläßt, ein solch
Bekenntnis mir zu tun, so darf ich wohl
Ein wenig höher denken von mir selbst
Und ihm in Großmut ein Exempel geben.
Leicester. Geht mir voran im Zutraun, ich will folgen.
Mortimer (den Brief schnell hervorziehend).
Dies sendet Euch die Königin von Schottland.
Leicester (schrickt zusammen und greift hastig darnach).
Sprecht leise, Sir – Was seh ich! Ach! Es ist
Ihr Bild!
(Küßt es und betrachtet es mit stummem Entzücken.)
Mortimer (der ihn während des Lesens scharf beobachtet).
Mylord, nun glaub ich Euch.
Leicester (nachdem er den Brief schnell durchlaufen).
Sir Mortimer! Ihr wißt des Briefes Inhalt?
Mortimer Nichts weiß ich.
Leicester. Nun! Sie hat Euch ohne Zweifel
Vertraut –
Mortimer. Sie hat mir nichts vertraut. Ihr würdet Dies Rätsel mir erklären, sagte sie. Ein Rätsel ist es mir, daß Graf von Leicester, Der Günstling der Elisabeth, Mariens Erklärter Feind und ihrer Richter einer, Der Mann sein soll, von dem die Königin In ihrem Unglück Rettung hofft – Und dennoch Muß dem so sein, denn Eure Augen sprechen Zu deutlich aus, was Ihr für sie empfindet.
Leicester. Entdeckt mir selbst erst, wie es kommt, daß Ihr
Den feur'gen Anteil nehmt an ihrem Schicksal,
Und was Euch ihr Vertraun erwarb.
Mortimer. Mylord,
Das kann ich Euch mit wenigem erklären.
Ich habe meinen Glauben abgeschworen
Zu Rom und steh im Bündnis mit den Guisen.
Ein Brief des Erzbischofs zu Reims hat mich
Beglaubigt bei der Königin von Schottland.
Leicester. Ich weiß von Eurer Glaubensänderung,
Sie ist's, die mein Vertrauen zu Euch weckte.
Gebt mir die Hand. Verzeiht mir meinen Zweifel.
Ich kann der Vorsicht nicht zu viel gebrauchen,
Denn Walsingham und Burleigh hassen mich,
Ich weiß, daß sie mir lauernd Netze stellen.
Ihr konntet ihr Geschöpf und Werkzeug sein,
Mich in das Garn zu ziehn –
Mortimer. Wie kleine Schritte
Geht ein so großer Lord an diesem Hof!
Graf, ich beklag Euch!
Leicester. Freudig werf ich mich
An die vertraute Freundesbrust, wo ich
Des langen Zwangs mich endlich kann entladen.
Ihr seid verwunder, Sir, daß ich so schnell
Das Herz geändert gegen die Maria.
Zwar in der Tat haßt' ich sie nie – der Zwang
Der Zeiten machte mich zu ihrem Gegner.
Sie war mir zugedacht seit langen Jahren,
Ihr wißt's, eh' sie die Hand dem Darnley gab,
Als noch der Glanz der Hoheit sie umlachte.
Kalt stieß ich damals dieses Glück von mir;
Jetzt im Gefängnis, an des Todes Pforten
Such ich sie auf, und mit Gefahr des Lebens.
Mortimer. Das heißt großmütig handeln!
Leicester. – Die Gestalt
Der Dinge, Sir, hat sich indes verändert.
Mein Ehrgeiz war es, der mich gegen Jugend
Und Schönheit fühllos machte. Damals hielt ich
Mariens Hand für mich zu klein, ich hoffte
Auf den Besitz der Königin von England.
Morimer. Es ist bekannt, daß sie Euch allen Männern
Vorzog –
Leicester. So schien es, edler Sir – und nun, nach zehn
Verlornen Jahren unverdroßnen Werbens,
Verhaßten Zwangs – O Sir, mein Herz geht auf!
Ich muß des langen Unmuts mich entladen –
Man preist mich glücklich – wüßte man, was es
Für Ketten sind, um die man mich beneidet –
Nachdem ich zehen bittre Jahre lang
Dem Götzen ihrer Eitelkeit geopfert,
Mich jedem Wechsel ihrer Sultanslaunen
Mit Sklavendemut unterwarf, das Spielzeug
Des kleinen grillenhaften Eigensinns,
Geliebkost jetzt von ihrer Zärtlichkeit
Und jetzt mit sprödem Stolz zurückgestoßen,
Von ihrer Gunst und Strenge gleich gepeinigt,
Wie ein Gefangener vom Argusblick
Der Eifersucht gehütet, ins Verhör
Genommen wie ein Knabe, wie ein Diener
Gescholten – o die Sprache hat kein Wort
Für diese Hölle –
Mortimer. Ich beklag Euch, Graf.
Leicester. Täuscht mich am Ziel der Preis! Ein andrer kommt,
Die Frucht des teuren Werbens mir zu rauben.
An einen jungen blühenden Gemahl
Verlier ich meine lang beseßnen Rechte,
Heruntersteigen soll ich von der Bühne,
Wo ich so lange als der Erste glänzte.
Nicht ihre Hand allein, auch ihre Gunst
Droht mir der neue Ankömmling zu rauben.
Sie ist ein Weib, und er ist liebenswert.
Mortimer. Er ist Kathrinens Sohn. In guter Schule
Hat er des Schmeichelns Künste ausgelernt.
Leicester. So stürzen meine Hoffnungen – ich suche
In diesem Schiffbruch meines Glücks ein Brett
Zu fassen – und mein Auge wendet sich
Der ersten schönen Hoffnung wieder zu.
Mariens Bild, in ihrer Reize Glanz,
Stand neu vor mir, Schönheit und Jugend traten
In ihre vollen Rechte wieder ein,
Nicht kalter Ehrgeiz mehr – das Herz verglich,
Und ich empfand, welch Kleinod ich verloren.
Mit Schrecken seh ich sie in tiefes Elend
Herabgestürzt, gestürzt durch mein Verschulden.
Da wird in mir die Hoffnung wach, ob ich
Sie jetzt noch retten könnte und besitzen.
Durch eine treue Hand gelingt es mir,
Ihr mein verändert Herz zu offenbaren,
Und dieser Brief, den Ihr mir überbracht,
Versichert mir, daß sie verzeiht, sich mir
Zum Preise schenken will, wenn ich sie rette.
Mortimer. Ihr tatet aber nichts zu ihrer Rettung!
Ihr ließt geschehn, daß sie verurteilt wurde,
Gabt Eure Stimme selbst zu ihrem Tod!
Ein Wunder muß geschehn – Der Wahrheit Licht
Muß mich, den Neffen ihres Hüters, rühren,
Im Vatikan zu Rom muß ihr der Himmel
Den unverhofften Retter zubereiten,
Sonst fand sie nicht einmal den Weg zu Euch!
Leicester. Ach, Sir, es hat mir Qualen g'nug gekostet!
Um selbe Zeit ward sie von Talbots Schloß´
Nach Fotheringhay weggeführt, der strengen
Gewahrsam Eures Oheims anvertraut.
Gehemmt ward jeder Weg zu ihr, ich mußte
Fortfahren vor der Welt, sie zu verfolgen.
Doch denket nicht, daß ich sie leidend hätte
Zum Tode gehen lassen! Nein, ich hoffe
Und hoffe noch, das Äußerste zu hindern,
Bis sich ein Mittel zeigt, sie zu befrein.
Mortimer. Das ist gefunden – Leicester, Euer edles
Vertraun verdient Erwiderung. Ich will sie Befreien, darum bin ich hier, die Anstalt Ist schon getroffen, Euer mächt'ger Beistand Versichert uns den glücklichen Erfolg.
Leicester. Was sagt Ihr? Ihr erschreckt mich. Wie? Ihr wolltet –
Mortimer. Gewaltsam auftun will ich ihren Kerker,
Ich hab Gefährten, alles ist bereit –
Leicester. Ihr habt Mitwisser und Vertraute! Weh mir!
In welches Wagnis reißt Ihr mich hinein!
Und diese Wissen auch um mein Geheimnis?
Mortimer. Sorgt nicht. Der Plan ward ohne Euch entworfen,
Ohn' Euch wär' er vollstreckt, bestünde sie Nicht drauf, Euch ihre Rettung zu verdanken.
Leicester. So könnt Ihr mich für ganz gewiss versichern,
Daß in dem Bund mein Name nicht genannt ist?
Mortimer. Verlaßt Euch drauf! Wie? So bedenklich, Graf,
Bei einer Botschaft, die Euch Hilfe bringt!
Ihr wollt die Stuart retten und besitzen,
Ihr findet Freunde, plötzlich, unerwartet,
Vom Himmel fallen Euch die nächsten Mittel –
Doch zeigt Ihr mehr Verlegenheit als Freude?
Leicester. Es ist nichts mit Gewalt. Das Wagestück
Ist zu gefährlich.
Mortimer. Auch das Säumen ist's!
Leicester. Ich sag Euch, Ritter, es ist nicht zu wagen.
Mortimer (bitter).
Nein, nicht für Euch, der sie besitzen will! Wir wollen sie bloß retten und sind nicht so bedenklich –
Leicester. Junger Mann, Ihr seid zu rasch
In so gefährlich dornenvoller Sache.
Mortimer. Ihr – sehr bedacht in solchem Fall der Ehre.
Leicester. Ich seh die Netze, die uns rings umgeben.
Mortimer. Ich fühle Mut, sie alle zu durchreißen.
Leicester. Tollkühnheit, Raserei ist dieser Mut.
Mortimer. Nicht Tapferkeit ist diese Klugheit, Lord.
Leicester. Euch lüstet's wohl, wie Babington zu enden?
Mortimer. Euch nicht, des Norfolks Großmut nachzuahmen.
Leicester. Norfolk hat seine Braut nicht heimgeführt.
Mortimer. Er hat bewiesen, daß er's würdig war.
Leicester. Wenn wir verderben, reißen wie sie nach .
Mortimer. Wenn wir uns schonen, wird sie nicht gerettet.
Leicester. Ihr überlegt nicht, hört nicht, werdet alles
Mit heftig blindem Ungstüm zerstören,
Was auf so guten Weg geleitet war.
Mortimer. Wohl auf den guten Weg, den Ihr gebahnt? Was habt Ihr denn getan, um sie zu retten? – Und wie? Wenn ich nun Bub g'nug gewesen, Sie zu ermorden, wie die Königin Mir anbefahl, wie sie zu dieser Stunde Vor mir erwartet – Nennt mir doch die Anstalt, Die Ihr gemacht, ihr Leben zu erhalten.
Leicester (erstaunt).
Gab Euch die Königin diesen Blutbefehl?
Mortimer. Sie irrte sich in mir, wie sich Maria
In Euch.
Leicester. Und Ihr habt zugesagt? Habt Ihr?
Mortimer. Damit sie andre Hände nicht erkaufe,
Bot ich die meinen an.
Leicester. Ihr tatet wohl.
Dies kann uns Raum verschaffen. Sie verläßt sich
Auf Euren blut'gen Dienst, das Todesurteil
Bleibt unvollstreckt, und wir gewinnen Zeit –
Mortimer (ungeduldig).
Nein, wir verlieren Zeit!
Leicester. Sie zählt auf Euch,
So minder wird sie Anstand nehmen, sich
Den Schein der Gnade vor der Welt zu geben.
Vielleicht, daß ich durch List sie überrede,
Das Angesicht der Gegnerin zu sehn,
Und dieser Schritt muß ihr die Hände binden.
Burleigh hat Recht. Das Urteil kann nicht mehr
Vollzogen werden, wenn sie sie gesehn.
– Ja, ich versuch es, alles biet ich auf –
Mortimer. Und was erreicht Ihr dadurch? Wenn sie sich
In mir getäuscht sieht, wenn Maria fortfährt,
Zu leben – Ist nicht alles wie zuvor?
Frei wird sie niemals! Auch das Mildeste,
Was kommen kann, ist ewiges Gefängnis.
Mit einer kühnen Tat müßt Ihr doch enden,
Warum wollt Ihr nicht gleich damit beginnen?
In Euren Händen ist die Macht, Ihr bringt
Ein Heer zusammen, wenn Ihr nur den Adel
Auf Euren vielen Schlössern waffnen wollt!
Maria hat noch viel verborgne Freunde;
Der Howard und der Percy edle Häuser,
Ob ihre Häupter gleich gestürzt, sind noch
An Helden reich, sie harren nur darauf,
Daß ein gewalt'ger Lord das Beispiel gebe!
Weg mit Verstelllung! Handelt öffentlich!
Verteidigt als ein Ritter die Geliebte,
Kämpft einen edeln Kampf um sie. Ihr seid
Herr der Person der Königin von England,
Sobald Ihr wollt. Lockt sie auf Eure Schlösser,
Sie ist Euch oft dahin gefolgt. Dort zeigt ihr
Den Mann! Sprecht als Gebieter! Haltet sie
Verwahrt, bis die Stuart freigegeben!
Leicester. Ich staune, ich entsetze mich – Wohin
Reißt Euch der Schwindel? – Kennt Ihr diesen Boden?
Wißt Ihr, wie's steht an diesem Hof, wie eng
Dies Frauenreich die Geister hat gebunden?
Sucht nach dem Heldengeist, der ehemals wohl
In diesem Land sich regte – Unterworfen
Ist alles, unterm Schlüssel eines Weibes,
Und jedes Mutes Federn abgespannt.
Folgt meiner Leitung. Wagt nichts unbedachtsam.
– Ich höre kommen, geht.
Mortimer. Maria hofft!
Kehr ich mit leerem Trost zu ihr zurück?
Leicester. Bringt ihr die Schwüre meiner ew'gen Liebe!
Mortimer. Bringt Ihr die selbst! Zum Werkzeug ihrer Rettung
Bot ich mich an, nicht Euch zum Liebesboten!
(Er geht ab).
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.