Saal bei der Herzogin von Friedland.
Gräfin Terzky. Thekla. Fräulein von Neubrunn. Beide letztern mit weiblichen Arbeiten beschäftigt.
Ihr habt mich nichts zu fragen, Thekla? Gar nichts?
Schon lange wart ich auf ein Wort von Euch.
Könnt Ihr's ertragen, in so langer Zeit
Nicht einmal seinen Namen auszusprechen?
Wie? Oder wär' ich jetzt schon überflüssig,
Und gäb' es andre Wege als durch mich?
Gesteht mir, Nichte. Habt Ihr ihn gesehn?
Ich hab ihn heut und gestern nicht gesehn.
Auch nicht von ihm gehört? Verbergt mir nichts.
Kein Wort.
Und könnt so ruhig sein!
Ich bin's.
Verlaßt uns, Neubrunn.
(Fräulein von Neubrunn entfernt sich.)
Gräfin Thekla.
Es gefällt mir nicht,
Daß er sich grade jetzt so still verhält.
Gerade jetzt!
Nachdem er alles weiß!
Denn jetzo war's die Zeit, sich zu erklären.
Sprecht deutlicher, wenn ich's verstehen soll.
In dieser Absicht schickt' ich sie hinweg.
Ihr seid kein Kind mehr, Thekla. Euer Herz
Ist mündig, denn Ihr liebt, und kühner Mut
Ist bei der Liebe. Den habt Ihr bewiesen.
Ihr artet mehr nach Eures Vaters Geist
Als nach der Mutter ihrem. Darum könnt Ihr hören,
Was sie nicht fähig ist zu tragen.
Ich bitt Euch, endet diese Vorbereitung.
Sei's was es sei. Heraus damit! Es kann
Mich mehr nicht ängstigen als dieser Eingang.
Was habt Ihr mir zu sagen? Faßt es kurz.
Ihr müßt nur nicht erschrecken —
Nennt's! Ich bitt Euch.
Es steht bei Euch, dem Vater einen großen Dienst
Zu leisten —
Bei mir stünde das! Was kann —
Max Piccolomini liebt Euch. Ihr könnt
Ihn unauflöslich an den Vater binden.
Braucht's dazu meiner? Ist er es nicht schon?
Er war's.
Und warum sollt' er's nicht mehr sein,
Nicht immer bleiben?
Auch am Kaiser hängt er.
Nicht mehr, als Pflicht und Ehre von ihm fordern.
Von seiner Liebe fordert man Beweise,
Und nicht von seiner Ehre – Pflicht und Ehre!
Das sind vieldeutig doppelsinn'ge Namen,
Ihr sollt sie ihm auslegen, seine Liebe
Soll seine Ehre ihm erklären.
Wie?
Er soll dem Kaiser oder Euch entsagen.
Er wird den Vater gern in den Privatstand
Begleiten. Ihr vernahmt es von ihm selbst,
Wie sehr er wünscht, die Waffen wegzulegen.
Er soll sie nicht weglegen, ist die Meinung,
Er soll sie für den Vater ziehn.
Sein Blut,
Sein Leben wird er für den Vater freudig
Verwenden, wenn ihm Unglimpf widerführe.
Ihr wollt mich nicht erraten – Nun so hört.
Der Vater ist vom Kaiser abgefallen,
Steht im Begriff, sich zu dem Feind zu schlagen
Mitsamt dem ganzen Heer —
O meine Mutter!
Es braucht ein großes Beispiel, die Armee
Ihm nachzuziehn. Die Piccolomini
Stehn bei dem Heer in Ansehn, sie beherrschen
Die Meinung, und entscheidend ist ihr Vorgang.
Des Vaters sind wir sicher durch den Sohn —
– Ihr habt jetzt viel in Eurer Hand.
O jammervolle Mutter! Welcher Streich des Todes
Erwartet dich! – Sie wird's nicht überleben.
Sie wird in das Notwendige sich fügen.
Ich kenne sie – Das Ferne, Künftige beängstigt
Ihr fürchtend Herz; was unabänderlich
Und wirklich da ist, trägt sie mit Ergebung.
O meine ahnungsvolle Seele – Jetzt —
Jetzt ist sie da, die kalte Schreckenshand,
Die in mein fröhlich Hoffen schaudernd greift.
Ich wußt' es wohl – O gleich, als ich hier eintrat,
Weissagte mir's das bange Vorgefühl,
Daß über mir die Unglückssterne stünden —
Doch warum denk ich jetzt zuerst an mich —
O meine Mutter! meinen Mutter!
Faßt Euch.
Brecht nicht in eitle Klagen aus. Erhaltet
Dem Vater einen Freund, Euch den Geliebten,
So kann noch alles gut und glücklich werden.
Gut werden! Was? Wir sind getrennt auf immer! —
Ach, davon ist nun gar nicht mehr die Rede.
Er läßt Euch nicht! Er kann nicht von Euch lassen.
O der Unglückliche!
Wenn er Euch wirklich liebt, wird sein Entschluß
Geschwind gefaßt sein.
Sein Entschluß wird bald
Gefaßt sein, daran zweifelt nicht. Entschluß!
Ist hier noch ein Entschluß?
Faßt euch. Ich höre
Die Mutter nahn.
Wie werd ich ihren Anblick
Ertragen!
Faßt Euch.
Die Herzogin. Vorige.
Schwester! Wer war hier?
Ich hörte lebhaft reden.
Es war niemand.
Ich bin so schreckhaft. Jedes Rauschen kündigt mir
Den Fußtritt eines Unglücksboten an.
Könnt Ihr mir sagen, Schwester, wie es steht?
Wird er dem Kaiser seinen Willen tun,
Dem Kardinal die Reiter senden? Sprecht,
Hat er den Questenberg mit einer guten
Antwort entlassen?
– Nein, das hat er nicht.
O dann ist's aus! Ich seh das Ärgste kommen.
Sie werden ihn absetzen, es wird alles wieder
So werden wie zu Regenspurg.
So wird's
Nicht werden. Diesmal nicht. Dafür seid ruhig.
(Thekla, heftig bewegt, stürzt auf die Mutter zu und schließt sie weinend in die Arme.)
O der unbeugsam unbezähmte Mann!
Was hab ich nicht getragen und gelitten
In dieser Ehe unglücksvollem Bund!
Denn gleich wie an ein feurig Rad gefesselt,
Das rastlos eilend, ewig, heftig treibt,
Bracht' ich ein angstvoll Leben mit ihm zu,
Und stets an eines Abgrunds jähem Rande
Sturzdrohend, schwindelnd riß er mich dahin.
– Nein, weine nicht, mein Kind. Laß dir mein Leiden
Zu keiner bösen Vorbedeutung werden,
Den Stand, der dich erwartet, nicht verleiden.
Es lebt kein zweiter Friedland; du, mein Kind,
Hast deiner Mutter Schicksal nicht zu fürchten.
O lassen Sie uns fliehen, liebe Mutter!
Schnell! Schnell! Hier ist kein Aufenthalt für uns.
Jedwede nächste Stunde brütet irgend
Ein neues, ungeheures Schreckbild aus!
Dir wird ein ruhigeres Los! – Auch wir,
Ich und dein Vater, sahen schöne Tage;
Der ersten Jahre denk ich noch mit Lust.
Da war er noch der fröhlich Strebende,
Sein Ehrgeiz war ein mild erwärmend Feuer,
Noch nicht die Flamme, die verzehrend rast.
Der Kaiser liebte ihn, vertraute ihm,
Und was er anfing, das mußt' ihm geraten.
Doch seit dem Unglückstag zu Regenspurg,
Der ihn von seiner Höh' herunterstürzte,
Ist ein unsteter, ungesell'ger Geist
Argwöhnisch, finster über ihn gekommen.
Ihn floh die Ruhe, und dem alten Glück,
Der eignen Kraft nicht fröhlich mehr vertrauend,
Wandt' er sein Herz den dunkeln Künsten zu,
Die keinen, der sie pflegte, noch beglückt.
Ihr seht's mit Euren Augen – Aber ist
Das ein Gespräch, womit wir ihn erwarten?
Er wird bald hier sein, wißt Ihr. Soll er sie
In diesem Zustand finden?
Komm, mein Kind.
Wisch deine Tränen ab. Zeig deinem Vater
Ein heitres Antlitz – Sieh, die Schleife hier
Ist los – Dies Haar muß aufgebunden werden.
Komm, trockne deine Tränen. Sie entstellen
Dein holdes Auge – Was ich sagen wollte?
Ja, dieser Piccolomini ist doch
Ein würd'ger Edelmann und voll Verdienst.
Das ist er, Schwester.
Tante, wollt Ihr mich
Entschuldigen?
(Will gehen.)
Wohin? Der Vater kommt.
Ich kann ihn jetzt nicht sehn.
Er wird Euch aber
Vermissen, nach Euch fragen.
Warum geht sie?
Es ist mir unerträglich, ihn zu sehn.
Ihr ist nicht wohl.
Was fehlt dem lieben Kinde?
(Beide folgen dem Fräulein und sind beschäftigt, sie zurückzuhalten. Wallenstein erscheint, im Gespräch mit Illo.)
Wallenstein. Illo. Vorige.
Es ist noch still im Lager?
Alles still.
In wenig Stunden kann die Nachricht da sein
Aus Prag, daß diese Hauptstadt unser ist.
Dann können wir die Maske von uns werfen,
Den hiesigen Truppen den getanen Schritt
Zugleich mit dem Erfolg zu wissen tun.
In solchen Fällen tut das Beispiel alles.
Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf,
Und wer der Vorderste ist, führt die Herde.
Die Prager Truppen wissen es nicht anders,
Als daß die Pilsner Völker uns gehuldigt,
Und hier in Pilsen sollen sie uns schwören,
Weil man zu Prag das Beispiel hat gegeben.
– Der Butler, sagst du, hat sich nun erklärt?
Aus freiem Trieb, unaufgefordert kam er,
Sich selbst, sein Regiment dir anzubieten.
Nicht jeder Stimme, find ich, ist zu glauben,
Die warnend sich im Herzen läßt vernehmen.
Uns zu berücken, borgt der Lügengeist
Nachahmend oft die Stimme von der Wahrheit
Und streut betrügliche Orakel aus.
So hab ich diesem würdig braven Mann,
Dem Butler, stilles Unrecht abzubitten;
Denn ein Gefühl, des ich nicht Meister bin,
Furcht möcht' ich's nicht gern nennen, überschleicht
In seiner Nähe schaudernd mir die Sinne
Und hemmt der Liebe freudige Bewegung.
Und dieser Redliche, vor dem der Geist
Mich warnt, reicht mir das erste Pfand des Glücks.
Und sein geachtet Beispiel, zweifle nicht,
Wird dir die Besten in dem Heer gewinnen.
Jetzt geh und schick mir gleich den Isolan
Hieher, ich hab ihn mir noch jüngst verpflichtet.
Mit ihm will ich den Anfang machen. Geh!
(Illo geht hinaus, unterdessen sind die übrigen wieder vorwärts gekommen.)
Sieh da, die Mutter mit der lieben Tochter!
Wir wollen einmal von Geschäften ruhn —
Kommt! Mich verlangte, eine heitre Stunde
Im lieben Kreis der Meinen zu verleben.
Wir waren lang nicht so beisammen, Bruder.
Kann sie's vernehmen? Ist sie vorbereitet?
Noch nicht.
Komm her, mein Mädchen. Setz dich zu mir.
Es ist ein guter Geist auf deinen Lippen,
Die Mutter hat mir deine Fertigkeit
Gepriesen, es soll eine zarte Stimme
Des Wohllauts in dir wohnen, die die Seele
Bezaubert. Eine solche Stimme brauch
Ich jetzt, den bösen Dämon zu vertreiben,
Der um mein Haupt die schwarzen Flügel schlägt.
Wo hast du deine Zither, Thekla? Komm.
Laß deinem Vater eine Probe hören
Von deiner Kunst.
O meine Mutter! Gott!
Komm, Thekla, und erfreue deinen Vater.
Ich kann nicht, Mutter —
Wie? Was ist das, Nichte!
Verschont mich – Singen – jetzt – in dieser Angst
Der schwer beladnen Seele – vor ihn singen —
Der meine Mutter stürzt ins Grab!
Wie, Thekla, Launen? Soll dein güt'ger Vater
Vergeblich einen Wunsch geäußert haben?
Hier ist die Zither.
O mein Gott – Wie kann ich —
(Hält das Instrument mit zitternder Hand, ihre Seele arbeitet im heftigsten Kampf, und im Augenblick, da sie anfangen soll, zu singen, schaudert sie zusammen, wirft das Instrument weg und geht schnell ab.)
Mein Kind – o sie ist krank!
Was ist dem Mädchen? Pflegt sie so zu sein?
Nun weil sie es denn selbst verrät, so will
Auch ich nicht länger schweigen.
Wie?
Sie liebt ihn.
Liebt! Wen?
Den Piccolomini liebt sie.
Hast du es nicht bemerkt? Die Schwester auch nicht?
O war es dies, was ihr das Herz beklemmte?
Gott segne dich, mein Kind! Du darfst
Dich deiner Wahl nicht schämen.
Diese Reise —
Wenn's deine Absicht nicht gewesen, schreib's
Dir selber zu. Du hättest einen andern
Begleiter wählen sollen!
Weiß er's?
Er hofft sie zu besitzen.
Hofft
Sie zu besitzen – Ist der Junge toll?
Nun mag sie's selber hören!
Die Friedländerin
Denkt er davonzutragen? Nun! Der Einfall
Gefällt mir! Die Gedanken stehen ihm nicht niedrig.
Weil du so viele Gunst ihm stets bezeugt,
So —
– Will er mich auch endlich noch beerben.
Nun ja! Ich lieb ihn, halt ihn wert; was aber
Hat das mit meiner Tochter Hand zu schaffen?
Sind es die Töchter, sind's die einz'gen Kinder,
Womit man seine Gunst bezeugt?
Sein adeliger Sinn und seine Sitten —
Erwerben ihm mein Herz, nicht meine Tochter.
Sein Stand und seine Ahnen —
Ahnen! Was!
Er ist ein Untertan, und meinen Eidam
Will ich mir auf Europens Thronen suchen.
O lieber Herzog! Streben wir nicht allzuhoch
Hinauf, daß wir zu tief nicht fallen mögen.
Ließ ich mir's so viel kosten, in die Höh'
Zu kommen, über die gemeinen Häupter
Der Menschen weg zu ragen, um zuletzt
Die große Lebensrolle mit gemeiner
Verwandtschaft zu beschließen? – Hab ich darum —
(Plötzlich hält er inne, sich fassend.)
Sie ist das einzige, was von mir nachbleibt
Auf Erden; eine Krone will ich sehn
Auf ihrem Haupte, oder will nicht leben.
Was? Alles – Alles! setz ich dran, um sie
Recht groß zu machen – ja in der Minute,
Worin wir sprechen —
(Er besinnt sich.)
Und ich sollte nun,
Wie ein weichherz'ger Vater, was sich gern hat
Und liebt, fein bürgerlich zusammengeben?
Und jetzt soll ich das tun, jetzt eben, da ich
Auf mein vollendet Werk den Kranz will setzen —
Nein, sie ist mir ein langgespartes Kleinod,
Die höchste, letzte Münze meines Schatzes,
Nicht niedriger fürwahr gedenk ich sie
Als um ein Königszepter loszuschlagen —
O mein Gemahl! Sie bauen immer, bauen
Bis in die Wolken, bauen fort und fort
Und denken nicht dran, daß der schmale Grund
Das schwindelnd schwanke Werk nicht tragen kann.
Hast du ihr angekündigt, welchen Wohnsitz
Ich ihr bestimmt?
Noch nicht. Entdeckt's ihr selbst.
Wie? Gehen wir nach Kärnten nicht zurück?
Nein.
Oder sonst auf keines Ihrer Güter?
Sie würden dort nicht sicher sein.
Nicht sicher
In Kaisers Landen, unter Kaisers Schutz?
Den hat des Friedlands Gattin nicht zu hoffen.
O Gott, bis dahin haben Sie's gebracht?
In Holland werden Sie Schutz finden.
Was?
Sie senden uns in lutherischen Länder?
Der Herzog Franz von Lauenburg wird Ihr
Geleitsmann dahin sein.
Der Lauenburger?
Der's mit dem Schweden hält, des Kaisers Feind?
Des Kaisers Feinde sind die meinen nicht mehr.
Ist's also wahr? Es ist? Sie sind
gestürzt? Sind vom Kommando abgesetzt? O Gott
Im Himmel!
Lassen wir sie bei dem Glauben.
Du siehst, daß sie die Wahrheit nicht ertrüge.
Graf Terzky. Vorige.
Terzky! Was ist ihm? Welches Bild des Schreckens!
Als hätt' er ein Gespenst gesehn!
Ist's dein Befehl, daß die Kroaten reiten?
Ich weiß von nichts.
Wir sind verraten!
Was?
Sie sind davon, heut nacht, die Jäger auch,
Leer stehen alle Dörfer in der Runde.
Und Isolan?
Den hast du ja verschickt.
Ich?
Nicht? Du hast ihn nicht verschickt? Auch nicht
Den Deodat? Sie sind verschwunden beide.
Illo. Vorige.
Hat dir der Terzky —
Er weiß alles.
Auch daß Maradas, Esterhazy, Götz,
Colalto, Kaunitz dich verlassen? —
Teufel!
Still!
Terzky! Gott! Was gibt's? Was ist geschehen?
Nichts! Laßt uns gehen.
Es ist nichts, Therese.
Nichts? Seh ich nicht, daß alles Lebensblut
Aus euren geisterbleichen Wangen wich,
Daß selbst der Bruder Fassung nur erkünstelt?
Ein Adjutant fragt nach dem Grafen Terzky.
(Ab. Terzky folgt dem Pagen.)
Hör, was er bringt —
(Zu Illo.)
Das konnte nicht so heimlich
Geschehen ohne Meuterei – Wer hat
Die Wache an den Toren?
Tiefenbach.
Laß Tiefenbach ablösen unverzüglich
Und Terzkys Grenadiere aufziehn. – Höre!
Hast du von Buttlern Kundschaft?
Buttlern traf ich.
Gleich ist er selber hier. Der hält dir fest.
(Illo geht. Wallenstein will ihm folgen.)
Laß ihn nicht von dir, Schwester! Halt ihn auf —
Es ist ein Unglück —
Großer Gott! Was ist's?
(Hängt sich an ihn.)
Seid ruhig! Laßt mich! Schwester! liebes Weib,
Wir sind im Lager! Da ist's nun nicht anders,
Da wechseln Sturm und Sonnenschein geschwind,
Schwer lenken sich die heftigen Gemüter,
Und Ruhe nie beglückt des Führers Haupt —
Wenn ich soll bleiben, geht! Denn übel stimmt
Der Weiber Klage zu dem Tun der Männer.
(Er will gehen. Terzky kömmt zurück.)
Bleib hier. Von diesem Fenster muß man's sehn.
Geht, Schwester!
Nimmermehr!
Ich will's.
Therese!
Komm, Schwester, weil er es befiehlt.
(Gehen ab.)
Wallenstein. Graf Terzky.
Was gibt's denn?
Es ist ein Rennen und Zusammenlaufen
Bei allen Truppen. Niemand weiß die Ursach,
Geheimnisvoll, mit einer finstern Stille,
Stellt jedes Korps sich unter seine Fahnen,
Die Tiefenbacher machen böse Mienen,
Nur die Wallonen stehen abgesondert
In ihrem Lager, lassen niemand zu
Und halten sich gesetzt, so wie sie pflegen.
Zeigt Piccolomini sich unter ihnen?
Man sucht ihn, er ist nirgends anzutreffen.
Wallenstein.
Was überbrachte denn der Adjutant?
Ihn schickten meine Regimenter ab,
Sie schwören nochmals Treue dir, erwarten
Voll Kriegeslust den Aufruf zum Gefechte.
Wie aber kam der Lärmen in das Lager?
Es sollte ja dem Heer verschwiegen bleiben,
Bis sich zu Prag das Glück für uns entschieden.
O daß du mir geglaubt! Noch gestern Abends
Beschwuren wir dich, den Octavio,
Den Schleicher, aus den Toren nicht zu lassen,
Du gabst die Pferde selber ihm zur Flucht —
Das alte Lied! Einmal für allemal,
Nichts mehr von diesem törichten Verdacht!
Dem Isolani hast du auch getraut,
Und war der erste doch, der dich verließ.
Ich zog ihn gestern erst aus seinem Elend.
Fahr hin! Ich hab auf Dank ja nie gerechnet.
Und so sind alle, einer wie der andre.
Und tut er Unrecht, daß er von mir geht?
Er folgt dem Gott, dem er sein Lebenlang
Am Spieltisch hat gedient. Mit meinem Glücke
Schloß er den Bund und bricht ihn, nicht mit mir.
War ich ihm was, er mir? Das Schiff nur bin ich,
Auf das er seine Hoffnung hat geladen,
Mit dem er wohlgemut das freie Meer
Durchsegelte; er sieht es über Klippen
Gefährlich gehn und rettet schnell die Ware.
Leicht wie der Vogel von dem wirtbarn Zweige,
Wo er genistet, fliegt er von mir auf,
Kein menschlich Band ist unter uns zerrissen.
Ja, der verdient, betrogen sich zu sehn,
Der Herz gesucht bei dem Gedankenlosen!
Mit schnell verlöschten Zügen schreiben sich
Des Lebens Bilder auf die glatte Stirne,
Nichts fällt in eines Busen stillen Grund,
Ein muntrer Sinn bewegt die leichten Säfte,
Doch keine Seele wärmt das Eingeweide.
Doch möcht' ich mich den glatten Stirnen lieber
Als jenen tiefgefurchten anvertrauen.