Kitabı oku: «Das Heilige Fest», sayfa 3
Die beiden Pole der Heiligkeit
Um das auszudrücken, was die moderne Sprache unterschiedslos „heilig“ nennt, hatten unsere Vorfahren zwei verschiedene Wortstämme: hail für die uns zugekehrte, Heil wirkende Seite der Götter, in der wir sie als Verwandte und Freunde erfahren, und den Stamm wîh, der in „weihen“ und im nordischen Wort vé (Heiligtum) erhalten ist. Er bezeichnet die göttliche Eigenschaft des hoch Erhabenen, Unfassbaren oder Numinosen, denn das lateinische numen ist dasselbe wie das germanische guþ oder guð, nach Tacitus „jenes Geheimnis, das sie in einziger Ehrfurcht schauen.“
Das Ritual spricht beide Pole der Heiligkeit an. Wir rufen die Götter um ihr Heil an, und wir verehren sie für ihre Erhabenheit und Größe, in der sie unabhängig davon, wie heilvoll ihr Wirken für uns ist, heilig im Sinn des altgermanischen wîh sind. Man kann auch sagen, dass hail den nahen und wîh den fernen Aspekt der Götter ausdrückt, hail ihre Gegenwart in Midgard, ihr Natur-Einssein um uns und in uns, und wîh ihre Besonderheit, in der sie in Asgard leben, oder ihre Verwandtschaft mit uns und das Mysterium ihrer Göttlichkeit. Denn obwohl das Heidentum Welt und Götter, Diesseits und Jenseits nicht kategorisch trennt, wie es die dualistischen Religionen tun, weiß es um die Unterschiede: Menschen und Götter gehören derselben Wirklichkeit an, aber sie sind natürlich verschieden. Beide Aspekte, Angehörigkeit und Verschiedenheit, gehören zusammen.
Beide lässt ein gutes Ritual auch erfahren: Wir spüren das Heil, das von den Göttern kommt, und wir sind ergriffen, von Bewunderung und Ehrfurcht erfüllt und manchmal auch erschreckt von ihrem Geheimnis, dem – wie es der Religionsforscher Rudolf Otto bezeichnete – mysterium fascinosum und mysterium tremendum, dem begeisternden und dem erzittern lassenden Geheimnis des Numinosen.
Verehrung der Götter
Ein heidnisches Ritual auszuüben hieß in altnordischer Sprache blóta und auf Althochdeutsch bluozan oder ploazzan. Der Begriff ist sprachwissenschaftlich nicht ganz geklärt, hat aber sicher nichts mit dem Blut (nordisch blóð) von Opfertieren zu tun, sondern hängt wahrscheinlich mit blotna, nass werden, und eventuell deutsch platschen zusammen, bezieht sicht also ursprünglich auf das Benetzen der Erde oder des Altars beim Trankopfer, das nordisch blót oder althochdeutsch bluostrar heißt. Die schwedische Religionsgeschichtlerin Britt-Mari Näsström zitiert auch eine Ableitung aus der indogermanischen Wurzel *bhle (schwellen) und erklärt diese damit, dass das Opfer etwas vermehrt oder neu schafft, wie es in manchen Schöpfungsmythen – in der Edda beispielsweise das Opfer Ymirs – vorkommt.
Wie schließlich blót jedes Opfer bezeichnete, wurde auch blóta für jede Opferhandlung verwendet, wobei man nicht sagte, dass man den Göttern Gaben opferte (goðum gjöf), sondern man „blotete“ die Götter mit Gaben (goð gjöfum). Das lässt manche an ein magisches „Stärken“ denken, geht in Wirklichkeit aber auf die allgemeine Bedeutung von blóta zurück, die schon das gotische blotan hatte: „verehren“.
Bloten heißt im traditionellen Verständnis einfach „die Götter (mit Opfern) verehren“, und das ist auch typisch für das Heidentum. Es ist eine polytheistische Religion, in deren Mittelpunkt nicht magische Kräfte, mystische Einweihungen oder Verheißungen gleich welcher Art stehen, sondern die Götter und ihre Verehrung in kultischen Riten. Was immer sonst noch mit einem Ritual verbunden sein mag – und das kann vieles Verschiedenes sein – immer wendet es sich primär an die Götter und dient dazu, ihnen die gebührende Ehre zu erweisen.
Diese Ehre ist keine Anbetung, denn das wäre eine Huldigung mit Demutsgesten und der inneren Haltung des Dienens und der Unterwerfung, die nach germanischen Begriffen wertlos wäre. Diener und Kriecher können den Göttern keine Ehre erweisen, denn nur wer Ehre hat, kann welche geben. Mit Würde und Stolz, die uns als ihren Verwandten auch zustehen, müssen wir vor die Götter treten, sonst würden sie uns erst gar nicht beachten. Oder schlimmer: Sich ihnen unwürdig zu nähern, wäre sogar eine Beleidigung.
Auf dem heiligen Fest sind die Götter die Ehrengäste. Wir geben es ihnen zu Ehren und stellen sie, ihre Würde und ihre ehrenvollen und heilbringenden Taten in seinen Mittelpunkt. Die übliche Art, in der unsere Vorfahren das bei verdienten Menschen taten, bestand darin, sie mit Trinksprüchen, Reden und Liedern über ihre Taten, einem festlichen Mahl und Geschenken zu ehren, und genauso verfuhren sie mit den Göttern.
Ihre Verehrung war nicht anders als die eines Helden oder erfolgreichen Königs, und wie von ihm erwartete man von den Göttern ebenfalls eine Gegenleistung. Und dazu hatte man auch das Recht.
Die Gabe will stets Vergeltung
Neben bluostrar gab es im Althochdeutschen für ein heidnisches Opfer auch das Wort gelt oder gilt, das manchmal davon unterschieden wurde: Die Franken mussten bei der christlichen Taufe allem them bluostrum indi den gelton, allen Blótar und Opfern, abschwören – sie dürften genau zwischen bluostrar für Trank- und gelt für Speise- und Sachopfer unterschieden haben. Im sächsischen Taufgelöbnis ist dagegen mit nur einem Wort von allum diobolgeldae, allen „Teufelsopfern“, die Rede.
Gelt, gotisch gild, hängt mit vergelten zusammen, die nordische Form gildi bedeutet direkt „Rückzahlung, Vergeltung“. Ein Opfer an die Götter wurde von den germanischen Völkern als eine Vergeltung für ihre Wohltaten aufgefasst und unterscheidet sich vom römischen Brauch nach der Formel do ut des – „Ich gebe, damit du gibst“ – wohl darin, dass im Vordergrund nicht die Bitte um kommende, sondern der Dank um erwiesene Segnungen steht, folgt ansonsten aber derselben Logik. Opfern unterliegt den Regeln des Gabentauschs, die auch innerhalb der menschlichen Gesellschaft gelten. Die Edda bestätigt dies durch den Vers: „Die Gabe will stets Vergeltung.“
Der vorangehende Satz „Besser nicht gebetet als zuviel geboten“ ist vordergründig eine Warnung. Man soll die Götter nicht durch übertriebenen Dank beschämen und bei Bitten nicht versuchen, sie durch große Opfer ungebührlich in die Pflicht zu nehmen. Der Hintergrund ist, dass das Opfer genauso gesehen wurde wie das Geschenk unter Menschen, das in der germanischen Kultur mehr als nur ein Dank für erbrachte Leistungen, Zeichen der Wertschätzung oder wie auch bei den Indianern ein Maß für die Ehre der Edelmänner war, die an ihrer Freigiebigkeit gemessen wurden.
Geschenke und Gegengeschenke wurden auch bewusst eingesetzt, um gegenseitige Bindungen herzustellen und zu festigen. Ein Gefolgsherr band seine Männer nicht nur durch einen Treueeid an sich, sondern auch durch reichliche Geschenke. Ebenso wurden Ehen durch Mitgift und Morgengabe und Bündnisse zwischen Sippen und Stämmen durch den Austausch von Geschenken besiegelt. Verwandte brachten bei Besuchen Geschenke mit und erhielten welche, Freunde, die nicht verwandt waren, tauschten Geschenke aus, und Blutsbrüder festigten ihren Bund auch durch ein Geschenk.
Die Bedeutung von Geschenken ging so weit, dass Männer, die sie einander gegeben hatten, zueinander nicht mehr „frei“ standen, das heißt sie durften einander nicht mehr schaden. Der Gabentausch hatte zwischen ihnen Frieden geschaffen, denn mit dem Geschenk geht vom einen zum anderen auch das Heil über, das jemand hat und das allen Dingen anhaftet, die von ihm kommen, zumindest allen bedeutenden. Man gibt damit nicht bloße Gegenstände, sondern einen Teil von sich selbst, ja sogar vom Wichtigsten, das man hat.
Deshalb hat es eine tiefe Bedeutung, wenn man das Opfer als ein Geschenk an die Götter definiert. Aus dem Geist der germanischen Kultur verstanden, bedeutet das sehr viel mehr als alle denkbaren anderen Deutungen. Es ist eine Bindung zwischen Göttern und Menschen, die unsere Verwandtschaft und Freundschaft immer wieder erneuert und mehr und mehr stärkt, und es ist ein Fluss des Heils, der ihres und unseres zu einem Heil zusammenschweißt.
Êwa – der heilige Vertrag
Dies alles mündet in einer klaren und für unsere Ahnen selbstverständlichen, in allen ihren Erfahrungen auf der Hand liegenden Regel: Götter und Menschen sind durch eine Art von „Recht“ und „Sitte“ verbunden, die auf
Althochdeutsch êwa heißt, ein Begriff, der heute nur noch im Wort „Ehe“ erhalten ist: durch ein Treuebündnis oder, in juristischer Nüchternheit gesagt, einen Vertrag auf Gegenseitigkeit – Gabe und Vergeltung, göttliche Segnungen gegen Opferpflicht. Ja, richtig: Pflicht.
Das wird nicht immer gern gehört. Viele, die mit der Zuwendung zum Heidentum auch das befreiende Gefühl verbinden, den Geboten und Verboten einer autoritären Religion entronnen zu sein, wollen es lieber als unverbindliches Angebot sehen, in dem man Rituale aus vielerlei Gründen durchführen kann, aber nicht muss. Alle diese Gründe haben ihre Berechtigung und machen einen wichtigen Teil des Werts aus, den Rituale für den einzelnen haben. Wenn wir die Religion unserer Ahnen aber wirklich seriös und authentisch in ihrem Geist wiederbeleben möchten, muss uns klar sein, dass für sie die Verehrung der Götter neben allen Erfahrungen, Reifungsprozessen und handfesten Vorteilen, die sie bringt, auch und vor allem eine heilige Pflicht war.
Die Götter haben unsere Welt geordnet und uns mit Leben und Geist erfüllt, sie schützen und leiten uns, geben uns Wachstum und Fruchtbarkeit, Erfolg und viele andere Segnungen. Es ist nur recht und billig, sie dafür zu ehren und ihnen mit Gebeten und Opfern Dankbarkeit und Treue zu zeigen – für germanisches Denken Ehrensache: Man opfert den Göttern auch, um sich ihnen als ehrenhafter Mensch und als eine Gemeinschaft zu zeigen, die Ehre besitzt und des Heils, das sie gewähren, würdig ist.
Die êwa erfordert es, dass die Gemeinschaft als Ganzes und jeder nach seinen Möglichkeiten den Göttern die Ehre erweist, die ihnen gebührt. Das ist der heilige Vertrag, der zwischen ihnen und unseren Ahnen bestand und den jeder, der sich dem germanischen Heidentum zuwendet, von Neuem schließt. Es ist auch alles, was die Götter von uns verbindlich erwarten. Sie fordern weder, dass wir bestimmte Dinge über sie glauben, noch dass wir ihnen gehorchen und unser Leben in ihren Dienst stellen. Was wir von ihnen lernen, wie wir uns spirituell und persönlich entwickeln, wie tief wir in ihre Geheimnisse eindringen, welche Fertigkeiten und Kräfte wir entfalten und manches andere, was für den einzelnen in seiner heidnischen Praxis noch alles Bedeutung hat, ist seine eigene Sache. Die Götter selbst verlangen nur, dass wir sie gebührend verehren.
Der heilige Platz
Tacitus rühmt an den Germanen seiner Zeit, dass sie es „unter der Würde der Himmlischen finden, sie in Wänden einzuschließen“, und nennt als Kultplätze luca ac nemora, Wälder und Haine. Zahlreiche Ortsnamen in Deutschland, England und Skandinavien, die auf -loh, -low, -lund oder ähnlich enden, lassen sich auf sie zurückführen. Archäologisch sind Kulthaine schwer auszumachen. Viel besser erforscht sind Opfermoore wie das berühmte Thorsberger Moor bei Schleswig oder Oberdorla in Thüringen. Feste Kultgebäude gab es aber ebenfalls. Schon für das dritte Jahrhundert ist in der Siedlung auf der Feddersen Wierde in Niedersachsen eine Halle nachweisbar, die auch für Kultversammlungen diente. In Skandinavien entwickelte sich daraus der als hof (mit sächlichem Geschlecht) bekannte „Tempel“-Typ der Wikingerzeit, der aus einer Blóthalle mit angebautem Altarraum bestand.
Wenn historische Quellen, teilweise sogar Tacitus selbst, von germanischen Tempeln berichten, konnte es sich allenfalls um solche Hallen, aber nicht um Götterschreine im römischen Sinn handeln, obwohl es in römisch beherrschten Gebieten auch das gab. Das Wort templum muss ja nicht immer ein Gebäude bezeichnen. Rudolf Simek stellt fest, dass es vielfach „wohl ganz allgemein für Heiligtum“ stand, denn noch im 8. und 9. Jahrhundert wurden entsprechende germanischen Wörter wechselnd als „heilige Stätte, heiliger Hain“ oder „Tempel“ glossiert: gotisch alhs, angelsächsisch alh oder ealh und althochdeutsch und altsächsisch alah („geschützter Ort“), das gleichbedeutende angelsächsische bearo und althochdeutsche baro oder paro sowie angelsächsisch heargh und althochdeutsch harug, das dem nordischen hörgr (Altar) entspricht und eine Stätte mit einem Altar beschreibt.
Eine vielsagende Bezeichnung ist das altenglische Wort friðgeard (neuenglisch frithgard), das wörtlich „Friedensgarten“ bedeutet und damit einen eingefriedeten Platz unter freiem Himmel meint, der in lateinischen Texten oft fanum genannt wird. So berichtet die mönchische „Vita Columbani“ von einem mit Holz eingefriedeten, von Bäumen umgebenen fanum der Langobarden Anfang des 7. Jahrhunderts, weitere fana werden im 6. Jahrhundert im fränkischen Gallien und in Fredegars Bericht über den Friesenzug Karl Martells erwähnt. Die nordische Bezeichnung vé bedeutet einfach „geweihter Ort“.
Nach diesen Beispielen bevorzugen wir heute den Kult unter freiem Himmel, am besten auf Waldlichtungen oder Wiesen am Waldrand, denn dort sind wir der Natur und den Göttern am nächsten und können die Opfergaben direkt der Erde oder einem offenen Feuer übergeben. Ideal sind historische Heiligtümer und natürliche Kraftorte, die besonderes Heil in sich tragen, aber auch jeder andere geeignete Platz in der Natur kann zum heiligen Platz werden.
Dazu muss er umhegt, das heißt vor schädlichen Kräften geschützt, für die Dauer des Rituals von der profanen Umwelt abgegrenzt, dem rituellen Zweck geweiht und von den Göttern geheiligt werden. Er wird zu einem Ort zwischen den Welten, an dem wir mit Göttern und Ahnen dieselbe Gegenwart teilen. Als der Ort, der alle vereint, ist der Kultplatz für die Dauer des Rituals das Zentrum des Kosmos, in dem der Weltbaum Yggdrasil alles, was existiert, vereint. Dies symbolisiert die Irminsul (altsächsisch: „erhabene Säule“), die an ihm aufgestellt werden kann und während des Rituals Yggdrasil ist.
Für die Umhegung und zeitweilige Weihe des Platzes als Kultort gibt es mehrere Möglichkeiten, die im Praxisteil beschrieben werden. Ein fixer, auf Dauer eingerichteter Kultplatz oder ein Tempel muss natürlich nicht jedes Mal neu umhegt und geweiht werden. Bei freien Plätzen empfiehlt sich eine feste Umzäunung. Im Thorsberger Moor etwa war die Stelle im See, an der von einem Steg aus die Opfergaben ins Wasser geworfen wurden, von einem Flechtwerkzaun umgeben. Das eigene Haus als natürlicher Hort des Sippenfriedens bedarf, wenn man darin ein Ritual abhält, keiner zusätzlichen Umhegung.
Die heilige Zeit
Das Ritual hat nicht nur einen heiligen Ort, der den profanen Raum überschreitet. Auch die Zeit des Rituals ist heilige Zeit, die vom alltäglichen Zeitlauf abgegrenzt und von ihm qualitativ verschieden ist. Wie der heilige Ort zwischen den Welten, steht sie zwischen den Zeiten und vereinigt sie zu einer zeitlosen Gegenwart. Die Götter und Ahnen sind im Ritual nicht nur hier, sondern auch jetzt, und wir selbst treten aus dem linearen Zeitablauf und haben Teil an der Zeit des Mythos, von dem es heißt: „Er war nie, ist aber immer“.
So feiern wir in den Jahresfesten nicht nur die Wenden zwischen Frühling, Sommer, Herbst und Winter des aktuellen Jahres und die Segnungen, die uns die Götter in der endenden Jahreszeit gegeben haben und in der kommenden geben mögen. Wir treten, wie es der Religionsphilosoph Micea Eliade als wesentlich für das Ritual beschreibt, zugleich auch in die mythische Urzeit ein, in der die Götter die Welt und die Zeiten geordnet haben. Wir gedenken dieser Tat nicht nur. Wir vereinigen uns mit der zeitlosen Ewigkeit, in der sie immer wieder von Neuem getan wird. Auch jeder andere Mythos, den wir im Ritual zelebrieren, findet jedes Mal wirklich statt und wird aktuelle Gegenwart.
Damit ist aber auch der profane Zeitpunkt, an dem wir ein Ritual halten, nicht austauschbar. Wenn wir im Ostarafest feiern, wie der Frühling den Winter besiegt und die Welt neu geschaffen und mit Leben erfüllt wird, dann kann das rituelle Geschehen nur stattfinden, wenn das auch in der Welt um uns so ist.
Heidnische Feste sind jahreszeitlich gebunden, wobei schon in der Bronzezeit als entscheidender Faktor die relative Bewegung der Sonne erkannt wurde. Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen, bereits vor 3600 Jahren auf der in Sachsen-Anhalt gefundenen „Himmelsscheibe von Nebra“ exakt markiert, wurden gewissenhaft beobachtet und bildeten nicht nur die Grundlage des bäuerlichen Arbeitsjahrs, sondern auch des Festkalenders. Das hatte allerdings nicht immer und überall die gleichen Konsequenzen. Es gab je nach Volksstamm und Zeitalter verschiedene Festtermine und zum Teil auch verschiedene Feste. Nur Jul (Wintersonnenwende) war vermutlich immer allen Germanen gemeinsam.
Heute orientieren sich viele Heidengruppen wieder an den astronomischen Fixpunkten, von denen wir annehmen, dass sie von unseren frühesten Vorfahren ebenso exakt als Festtermine genutzt wie beobachtet wurden. Auch der VfGH feiert die vier großen Jahresfeste möglichst genau zu den astronomischen Jahreszeitdaten, obwohl das nicht in jedem Fall unbedingt der historischen Tradition entspricht. So zeigt der altfränkische Name ostarmanoth für den April, dass zumindest die Franken das Ostara-Fest nicht exakt zu Frühlingsbeginn, sondern einige Wochen später, vielleicht zum ersten Vollmond danach, feierten. Die astronomische Bindung macht aber trotzdem Sinn. Sie drückt aus, dass die Jahresfeste nicht nur „Vegetationsfeste“ sind, wie sie oft auf einen einzelnen Aspekt reduziert gedeutet werden, sondern die ganze große Ordnung des Kosmos feiern.
Zusätzlich kann jede regionale Gruppe, Familie oder Einzelperson natürlich weitere Feste feiern, und darüber hinaus gibt es auch Rituale, die an aktuelle Ereignisse, und solche, die an keine bestimmte Zeit gebunden sind. So dankt man für ein Kind, wenn es geboren ist, und kann ein Blót für eine Gottheit, die man das ganze Jahr über besonders verehrt, zu jeder Zeit im Jahr abhalten.
Altar und Götterbilder
Nach Tacitus hielten es die Germanen auch für unwürdig, die Götter in Menschengestalt abzubilden. Es gab nur die schon beschriebenen einfachen, roh behauenen Kultpfähle, die keine Gottheiten abbilden, sondern lediglich ihre Anwesenheit andeuten sollten. Vermutlich handelt es sich auch noch bei den „Baummännern“ (trémenn) der nordischen Saga-Literatur um solche bewusst sparsam bearbeiteten Baumstämme. Beschreibungen realistischer Götterbilder der Wikingerzeit, wie sie der christliche Chronist Adam von Bremen, manche Saga-Autoren und auch Snorri Sturluson liefern, werden von der heutigen Forschung angezweifelt, allerdings räumt auch der hier besonders kritische Rudolf Simek ein, dass kleine Figuren wie etwa die als Freyr-Darstellung bekannte Statuette aus Rällinge in Schweden wohl tatsächlich Götterbilder waren, die er aber eher als Amulette deutet und nicht als Kultfiguren, vor denen man Gebete sprach und Opfer brachte.
Ganz ausschließen lässt sich das freilich nicht, und zumindest im römisch beherrschten Gebiet zeigen realistisch gearbeitete Darstellungen, allen voran die zahlreichen Matronensteine aus dem Rheinland, dass es für ihre durchwegs germanischen Stifter nicht unvereinbar mit ihrer religiösen Tradition war, vor Kultbildern zu beten. Daher sollten wir auch heute für beide Möglichkeiten offen sein.
Vor den Kultpfählen oder Götterbildern stand in der Regel ein aus Steinen errichteter Altar, der althochdeutsch harug und nordisch hörgr hieß und auf dem in einem nordischen Tempel (hof) ein goldener oder silberner Armring lag. Er war das Amtszeichen des „Priesters“ (goði) und ein heiliges Symbol, auf das Schwörende beim Eid „auf den Ring“ ihre Hand legten. Eine andere Einrichtung wird auf Nordisch als stallr oder stalli bezeichnet, wörtlich ein Gestell, auf dem nach der Literatur auch Götterbilder gestanden haben sollen. Wahrscheinlicher ist, dass es sich dabei um Balkenkonstruktionen handelte, wie sie in West- und Nordeuropa seit der Bronzezeit belegt sind. Sie bestanden aus vier oder mehr senkrechten Pfählen, die oben durch Querbalken verbunden waren und zum Aufhängen verschiedener festlicher Dekorationen und Symbole dienten.
Es ist nur ratsam, auf einem Kultplatz auf eigenem Grund und Boden, der dauerhaft vor fremdem Zugriff geschützt ist, einen festen Altar zu errichten. Auf öffentlich zugänglichen Plätzen begnügen wir uns damit, auf einem Tuch oder an den Wurzeln eines Baumes die Opfergaben und rituellen Geräte auszulegen.
Die Ausrichtung des Altars ist – wie auch die Richtung, in die man sich für Gebete, Anrufungen und Opfer wendet und in die bei Kreisritualen der Leiter blickt – traditionsgemäß der Norden, die Richtung des Polarsterns, um den sich der Himmel scheinbar dreht.