Kitabı oku: «Kunsthistorische Aufsätze», sayfa 2

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Unter den Schulen Nordfrankreichs sind Isle de France, Champagne und Picardie, der Heimatboden des künftigen gotischen Stils, in der romanischen Epoche verhältnismäßig die schwächsten. Ihr Stil ist eklektisch, am meisten verwandt dem der westlichen Rheinlande. Von 1100 ab werden Versuche im Gewölbebau angestellt, doch nur in kleinerem Maßstab; im Ganzen herrscht die Flachdecke bis 1150. Nur die beiden an den Flügeln stehenden Schulen, die burgundische und die normannische, waren dem Süden ebenbürtig in der Kunstkraft, überlegen im Einfluss nach außen. – Von Burgund gingen die beiden großen abendländischen Klosterreformen aus, die kluniazensische und die zisterziensische. Beide propagierten wo nicht einen eigenen Stil, so doch ein bestimmt formuliertes Bauprogramm; auch lehrten sie, darin zumal für Deutschland wichtig, eine bessere Mauertechnik. Das Urbild der Kluniazenserkirchen wurde gegeben durch den Bau des Abtes Majolus vom Jahr 981. Hundert Jahre später wurde er abgebrochen unter Abt Hugo dem Großen und ein ganz kolossaler, überaus prächtiger Neubau errichtet, das größte Kirchengebäude, das in der romanischen Epoche überhaupt entstanden ist. Er erlangte nicht mehr den gleichen internationalen Einfluss wie die ältere Kirche. Gleichwohl ist er ein baugeschichtlicher Merkstein dadurch, dass in ihm das Problem der Einwölbung der Basilika zum ersten Mal seine Lösung fand. Cluny war der Mittelpunkt der jüngeren burgundischen Schule, die durch Größe der monumentalen Gesinnung und vornehme künstlerische Kultur zu ihrer Zeit, d. i. in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, den höchsten Platz in der abendländischen Baukunst einnahm. In eigentümlicher Weise klingen in ihr Vorahnungen so der Gotik wie der Renaissance zusammen: an jene erinnert die Raumgestaltung und der Gliederbau im Großen, an diese der Formenapparat. Nur die konstruktive Lösung konnte nicht ganz befriedigen, da das Wagnis der Überspannung des Mittelschiffes mit einem durchlaufenden Tonnengewölbe als zu kühn sich erwies. – Der Aufschwung der normannischen Schule datiert von der Klosterreform durch Abt Wilhelm von Fécamp. Er brachte von Cluny die Grundrissdisposition und die Doppeltürme der Fassade. Im Übrigen entwickelte sich die normannische Bauart selbständig. Ihr eignet feste Willenskraft und klarer Verstand. Der Gedanke der Wölbung, und zwar der Wölbung der Basilika, begann sie schon bald nach der Mitte des 11. Jahrhunderts zu beschäftigen; hohe Emporen sollten die Mittelschiffswände gegen den Gewölbedruck sichern. Indessen kamen die Hauptgewölbe nicht zur Ausführung; aber die Emporen, die starken Bündelpfeiler verblieben dem System und gaben ihm sein straffes und wehrhaftes Aussehen; dazu ein Detail, dem antike Erinnerungen, überhaupt das Pflanzenornament, gänzlich fremd waren, das nur mit starren geometrischen Formen, mit Ecken und Spitzen, Schuppen und Kerben, Zacken und Sternen operierte, das aus Eichenholz geschnitzt und aus Eisen geschmiedet zu sein schien; der stärkste Gegensatz zu dem weichlichen, qualligen Formcharakter des Südwestens; ob aber im Zusammenhang mit altgermanischen Erinnerungen, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Mit den Normannen ist dieser Stil übers Meer gegangen und hat sich die britische Insel so vollständig unterworfen, dass dort von einem Nachleben sächsischer Art nichts zu entdecken ist.

Über Italien ist im Rahmen dieser Übersicht nur kurz zu sprechen. Es zeigt ein nicht weniger vielgestaltiges Bild als Frankreich, aber nicht aus Überfluss an spontanen Trieben, sondern aus Mangel an Widerstandskraft gegen fremde Einflüsse. Wo diese nicht hinkamen, da war lange Zeit nur Stagnation und Verwilderung. Der Dom von Pisa, 1063 begonnen, aber zu nicht geringem Teil erst im 12. Jahrhundert ausgeführt, gibt das erste Beispiel eines höheren Lebensgefühls, das in einem Hauptpunkt mit der Tendenz der nordalpinen Länder, ohne von ihr abzuhängen, übereinstimmt: in der mit dem Inneren gleichartigen Behandlung des Außenbaus. Bis tief ins 13. Jahrhundert zehrt die toskanische Architektur von den hier gegebenen Gedanken, zu denen nur die Florentiner, durch selbständige Beobachtung und Deutung der Antike – wie in Südfrankreich ein verfrühter Anlauf zur Renaissance – einige neue Züge hinzubrachten. In Rom wusste man nichts anderes, als die gebrechlichen Basiliken der alten Zeit immer wieder aufs neue auszuflicken mit Bausteinen aus dem antiken Trümmerfeld. Den ersten Platz, wenn nach Menge und Glanz der Bauwerke zu urteilen wäre, dürften Apulien und Sizilien beanspruchen, aber es fehlte zugleich Einheit und Konsequenz; byzantinische, arabische, normannische, pisanische und lombardische Motive geben mit älteren lokalen Erinnerungen das bunteste Durcheinander. Fühlung mit den Bestrebungen jenseits der Alpen hatte nur die Lombardei. Hier kam um dieselbe Zeit wie in Burgund und am Rhein die Wölbung der Basilika zustande. Es scheint, dass Versuche mit dem Hallensystem vorausgegangen waren; ob als selbständige Erfindung oder als Import aus Südfrankreich, ist nicht festzustellen. Der Vorzug des lombardischen Systems ist seine große Festigkeit, sein Mangel die befangene Raumbildung. Diagonalrippen und Strebemauern sind bekannt, also der Idee nach ein Analogon zu den Anfängen des gotischen Stils: aber es wurden keine weiteren Folgerungen daraus gezogen. Das Äußere ist Backsteinrohbau, sehr massig, in den Gliederungsmotiven unorganisch. Aus der lombardischen Architektur spricht trotzige, schwere Größe, sehr selten Anmut. Man hat ihre Hauptwerke – aus dem 12. Jahrhundert – lange für weit älter gehalten als sie sind.

Im Vergleich mit Frankreich und Italien zeigt Deutschland im romanischen Stil ein einheitliches Bild; ein einheitlicheres als nachmals im gotischen; die Entwicklung der beiden Länder bewegte sich in dieser Hinsicht entgegengesetzt. Und die deutsche Baukunst hatte, um nicht in primitiver Rohheit stecken zu bleiben, die Einheit auch viel nötiger. Ein doch nicht ganz geringes Verdienst um sie möchten wir den Königen zuschreiben, teils durch die zahlreichen bedeutenden Kirchenbauten, die sie unmittelbar beförderten, vielleicht noch mehr durch ihre engen Beziehungen zur hohen Geistlichkeit. Großenteils aus dem Hofklerus gingen die Bischöfe, das will sagen, die großen Bauherren, hervor; im Dienst des Königs waren sie weit gereist, hatten sie viel gesehen; auf der damaligen Entwicklungsstufe konnte der wandernde Hof mehr für die Zirkulation der künstlerischen Gedanken und Kräfte tun, als es einer festen Hauptstadt möglich gewesen wäre. Die größten Bauunternehmungen liegen in der Zeit vor dem Investiturstreit; was in Mainz, Worms, Speyer, Straßburg, Limburg, Hersfeld, Würzburg, Bamberg, Regensburg, Magdeburg, Hildesheim, Bremen damals geschah, durchweg durch Männer, die zum Hofe in naher Verbindung standen, ist in der Größe der Intention im 12. Jahrhundert nicht wieder erreicht worden. Einen gewissen Erfolg in anderer Form brachte die mit Cluny zusammenhängende Hirsauer Schule, die vor allem für Süddeutschland wichtig wurde, aber auch bis nach Thüringen und Sachsen ihren Einfluss erstreckte. Im Ganzen liegt doch die beste Kraft des deutschen Bauwesens im sächsischen und fränkischen Stamm. Gegen das Ausland ist Deutschland in dieser Zeit abgeschlossen, die Verbindung mit dem Westfrankenreich war abgebrochen; mehr, doch auch nicht tiefgreifende Beziehungen bestanden zu Italien. Die lombardischen Wanderarbeiter waren als Kenner der Steinbearbeitung geschätzt und brachten auch manche neue Schmuckformen mit.

Die sächsischen Bauten gehen selten über mittlere Größe hinaus; ihr Wert liegt in der klaren Grundrissdisposition – durchweg im Sinn des lateinischen Kreuzes –, den harmonischen Raumverhältnissen, der sorgfältigen, maßvollen, in der Zeit der Reife glänzenden, aber aller Phantastik abholden Einzelbehandlung. Die Schwaben und Bayern, soweit sie nicht durch die Hirsauer Schule auf neue Bahnen geführt werden, bleiben in altertümlichen, schwach gegliederten Anlagen befangen und ihr Formensinn neigt zum Derben oder Grotesken; kleine Architekturbilder von malerischer Tendenz gelingen ihnen am besten.

Die rheinische Kunst erreicht die Meisterschaft in der großartigen Gruppierung vieltürmiger Anlagen, wofür die Dome von Mainz, Worms, Speyer (Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts umgestaltet) und zahlreiche Kirchen des Niederrheins allbekannte Beispiele geben. Hier auch wurde mit dem Gewölbebau begonnen. Gleich mit Aufgaben ersten Ranges. An der Spitze stehen die von Kaiser Heinrich IV. umgebauten Dome von Speyer und Mainz. Ihr System ist das der Basilika mit Kreuzgewölben. Das große Problem wurde also fast gleichzeitig mit Cluny in Angriff genommen, für den Durchschnittsstand der deutschen Baukunst vorerst noch zu kühn. Größere Verbreitung gewann der Gewölbebau selbst in den Rheinlanden erst 50 Jahre später. Bis er in Schwaben und Sachsen Wurzel fasste, vergingen weitere 50 Jahre, und noch immer verdrängte er die Holzdecke nicht ganz. Zunächst war der Fortschritt ein unzweideutiger auch nur im Praktischen; künstlerisch war das deutsche System, das sog. gebundene, wenig ausgiebig.

So wurde am Schluss des 12. Jahrhunderts – das erste Mal, dass es in einer Hauptfrage geschah – die Erfahrung des Auslandes zu Hilfe gerufen. Bis dahin hatte sich die deutsche Baukunst, nach der großen Rezeption in der Karolingerzeit, wesentlich aus eigener Kraft fortgebildet. Aus fremden Kunstkreisen nahm sie gelegentlich ornamentale Anregungen an, wie die Handelsartikel der Kleinkunst sie vermittelten, oder allgemein gehaltene Vorschriften des Bauprogramms, wie sie die Kluniazenser und Zisterzienser mitbrachten, oder es wurden italienische Maurer in Dienst gestellt. Das alles griff nicht tief. Etwas anderes ist es mit der jetzt angeknüpften Beziehung zur nordfranzösischen Schule. In dieser waren wichtige konstruktive Entdeckungen im Gang. Dass sie die Entstehung eines ganzen neuen Stils in sich schlossen, wurde schwerlich erkannt. Jedenfalls ging die Absicht der Deutschen, indem sie Schüler der Franzosen wurden, nicht nach dieser Richtung. Sie eigneten sich nicht das französische System im Ganzen an, sondern nur so viel herausgegriffene Glieder desselben, als nötig schien, ihren eigenen Kompositionen mehr Bewegungsfreiheit zu schaffen. Hiermit tritt der romanische Stil in seine letzte, blühendste Phase. Man bezeichnet sie nach alter Gewohnheit noch immer als die Phase des Übergangsstils, obgleich die diesem Namen zugrundeliegende historische Konstruktion als irrig erkannt ist. Zum Schönsten dieses sog. Übergangsstils gehört eine von Köln ausgehende, um und nach der Wende des 12. zum 13. Jahrhunderts entstandene Gruppe von Kirchen (Apostelkirche, Groß-S. Martin, S. Quirin in Neuß u. a. m.), die sehr verschieden vom gotischen Gedanken, in freier Weise an antike Nischensysteme anknüpfen. So hat auch Deutschland eine Art Protorenaissance gehabt. – Ein Hauptinteresse des Spätromanismus betrifft die Detailformen. Diese verlieren nun den letzten Rest von dem strengen und wortkargen Wesen der älteren Zeit. Geschmeidige Kraft, Fülle ohne Unruhe, leichter Fluss der ornamentalen Erfindung, schöne Sicherheit des plastischen Ausdrucks und vor allem ein unbeschreibbarer, bis auf den heutigen Tag nicht verflüchtigter poetischer Duft, dies zusammen lässt die Hohenstaufenzeit als die glücklichste in der Geschichte der deutschen Baukunst erscheinen, jedenfalls als die Zeit, in welcher die Begriffe der Vornehmheit und der Volkstümlichkeit in erfreuliche Nähe gerückt waren; vornehm von Geburt und Sitte waren die Bauherren, aus dem Volk kamen und in beneidenswerter Naivität schufen die Künstler. Volkstümlich ist die deutsche Kunst noch einmal, im 15. und frühen 16. Jahrhundert, gewesen, aber nicht mehr vornehm. Und vornehm noch einmal im 18. Jahrhundert, aber nicht mehr volkstümlich.

Ein bedeutsamer Zug in der künstlerischen Kultur des Jahrhunderts der Staufer ist endlich das Eindringen künstlerischer Absichten in den Wohnbau. Voran gingen die Klöster mit ihren Refektorien, Kapitelsälen und Kreuzgängen. Doch konnte es sich hier nach der Natur der Sache nur um Innenarchitekturen handeln. Heitere und glänzende Repräsentation nach außen kennzeichnet den vornehmen Profanbau. In der Burg waren der Entfaltung dieser Tendenz bestimmte Grenzen gesetzt, doch wird man nicht übersehen dürfen, dass auch die unmittelbar dem Wehrzweck dienenden Teile in der schönen und mächtigen Behandlung der Quadertechnik und der ausdrucksvollen Führung der Silhouetten mit Bewusstsein auf den ästhetischen Eindruck abgestimmt wurden. In den Städten greift der Steinbau um sich. Das Patrizierhaus ist nicht mehr unter allen Umständen Stadtburg, ein neuer Typus mit offenen Fensterreihen und hohen Giebeln, der Anfang zum Bürgerhaus des späten Mittelalters, bahnt sich den Weg. Ja es nehmen sogar in Stadtbefestigungen hier und da die Tore einen Charakter mehr des festlichen Empfanges als der Abwehr an.

Das mittelalterliche Kultursystem war in die Phase sommerlicher Reife getreten, als ein neuer Stil, der gotische, geboren wurde. Neu ist er freilich nur bedingungsweise zu nennen. Er tritt nicht in Opposition zu den Zielen der bisherigen Entwicklung, es ist vielmehr das Hauptproblem derselben, die Gewölbebasilika, das er mit vollkommeneren Mitteln zu lösen unternimmt. Der Vielheit nationaler und landschaftlicher Varianten, in die der romanische Stil immer mehr sich auseinandergelegt hatte, macht er ein Ende; er siegt als künstlerischer Ausdruck des eben damals kräftig vordringenden Einheitsstrebens im Geistesleben der abendländischen Völker. Obgleich in seinem Ursprung landschaftlich scharf begrenzt, ist er nach seiner Tendenz kosmopolitisch.

Der gotische Stil nimmt seinen Ausgang vom konstruktiven Gebiet, und zwar von einer bestimmten Einzelfrage. Wie ist die Form des Kreuzgewölbes gemäß den Bedingungen des basilikalen Aufbaus zu verbessern? Zugleich materiell fester und formell biegsamer zu machen? Das vollentwickelte gotische Gebäude ist in seiner Erscheinung unsäglich kompliziert, und doch sind die Grundgedanken einfach und von so geschlossener Fügung, dass sie sich in eine kurze, dreigliedrige Formel zusammenfassen lassen: Konzentration des Gewölbedruckes auf die Eckpunkte mittels selbständig gemauerter Diagonal- und Randbögen; Einführung des Spitzbogens als desjenigen, der den geringsten Seitenschub ergibt und für das Verhältnis von Grundlinie zu Scheitelhöhe freie Wahl gestattet; Widerlagerung durch ein selbständiges Strebesystem. Einzeln waren diese Formen schon alle, auch der Spitzbogen, in der romanischen Baukunst verschiedener französischer Schulen vorgekommen, das Neue liegt in ihrer Verbindung. Daraus entwickeln sich alle übrigen Eigenschaften des Systems mit fast naturgesetzlicher Folgerichtigkeit. Wurden die tragenden Mauern für die Last des Gewölbes nur intermittierend von Punkt zu Punkt in Anspruch genommen und wurde an jedem Punkt der auf ihn wirkende Druck in eine seitliche und eine senkrechte Komponente gespalten, so dass nur noch die letztere in Frage kam, dann konnte auch die Mauer, ähnlich wie schon das Gewölbe, zerlegt werden in aktive und passive Bestandteile, in solche, welche struktive Arbeit leisten und solche, welche lediglich zum Raumabschluss dienen. Die Letzteren sind für die Stabilität des Gebäudes entbehrlich. Sie werden angewendet, nur wo andere Zwecke es erheischen, vor allem an der Decke; dagegen die Wände, welche jetzt nur noch Füllungen zwischen Pfeilern sind, können so vollständig von den Fensteröffnungen absorbiert werden, wie man jeweils für gut befindet. Es war gleichsam eine Ehrenfrage für das System, darin bis an die letzte Grenze zu gehen. Gewiss hätte man sich soweit nicht vorgewagt, hätte nicht eine andere inzwischen ebenfalls vervollkommnete Technik ihre Dienste angeboten: die Glasfabrikation. Das Korrelat zur Auflösung der Steinwände ist ihr Ersatz durch Glaswände. Sie sollen aber nicht bloß vor Wind und Wetter schützen, sie haben auch eine ästhetische Aufgabe. Ein Raum ohne Wände, ohne solche, die das Auge als Raumgrenze empfindet, wäre ästhetisch ein Widerspruch in sich selbst. Es darf also die verglaste Fensteröffnung nicht als ein Leeres erscheinen. So wird sie mit einem Gitterwerk feiner steinerner Stäbe und Bögen ausgestattet, und die Glastafeln werden gefärbt. Damit ist der zerstörte Flächenzusammenhang wiederhergestellt, sind gleichsam Teppiche zwischen den Pfeilern ausgespannt von unerhörter Farbenpracht, durchlässig für das von außen eindringende Licht, eine Schranke für das von innen vordringende Auge des Beschauers. Nichts mehr im Steinwerk ist ruhende Masse (außer den Gewölbekappen), alles Bewegung. Und diese teilt sich dem Raumbild selber mit, das sich nun gewaltig in die Höhe reckt. Neben allem, was unmittelbar im System liegt, sind die Veränderungen in den Proportionen, dann aber auch in der Beleuchtung wesentliche Momente in der Wandlung der Grundstimmung vom Romanischen zum Gotischen. Äußerste Vervielfältigung der Einzelglieder, Steigerung der Höhen, Verringerung der Durchmesser, Schweifung der horizontalen Linien, Verlegung des Gemäldeschmucks in die Fenster und Durchflutung des Raumes mit farbigem Licht; damit ist die Basilika, obschon in den allgemeinsten Bestimmungen unverändert, doch zu einem völlig neuen ästhetischen Charakter umgebildet. Die Gotik ist in den Mitteln, die sie anwendet, ganz Logik, im Gefühlsausdruck ganz Mystik. Kann ein vollkommeneres Symbol der mittelalterlich-kirchlichen Weltanschauung als in dieser Synthese gedacht werden?

Noch eine andere Seite in der geschichtlichen Stellung des gotischen Stils, die wir hier freilich nur ganz eilig streifen können, verlangt gewürdigt zu werden. Sie bedeutet ein sehr merkwürdiges Kapitel in der Geschichte der menschlichen Arbeit. Wir wissen, wie sehr den nordischen Völkern der Steinbau ursprünglich etwas Fremdes und Mühsames war. Bis zum Jahr 1100 bleibt der Mauerbau schlecht gefugt, die Meißelführung ungelenk. Von dann ab ist der Fortschritt rapid, mit unverkennbarer Überlegenheit der Romanen. Der gotische Stil ist recht eigentlich ein Triumph der Arbeit, und er stellt seinen Sieg über die Materie mit heller Freude ins Licht. Kann man in runder Summe sagen, dass ein gotischer Bau im Vergleich zu einem gleich großen romanischen dreimal weniger Material braucht, so erfordert er das Zehnfache an Arbeit. Der gotische Stil wurde nur möglich durch einen großen Umschwung aller gewerblichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Entstehung des gotischen Stils fällt zusammen mit den Anfängen der Geldwirtschaft. An die Energie, mit der die neuen, nach modernem Maßstab noch immer sehr unvollkommenen Hilfsmitteln ausgenutzt wurden, kann nicht ohne größte Bewunderung gedacht werden.

Der gotische Stil zeigt sich vom romanischen durch einen tieferen Einschnitt nur dort getrennt, wo er als ein fremder eindrang. Im Land seines Ursprungs, in Nordfrankreich, ging er in fließendem Übergang aus den älteren Zuständen hervor. Die Schule der Isle de France war länger als irgendeine andere im Frankenreich dem Wölbungsproblem ausgewichen; frühestens um 1100 hatte sie, in noch rein romanischen Formen, mit ihren ersten Versuchen begonnen, und schon 1140 erstand der Bau, der den Ruhm genießt, der Erstgeborene des gotischen Stils zu sein, die Abteikirche St. Denis. Nebenher hatte auch in mehreren Nachbarschulen der gotische Kerngedanke, d. i. das Kranzrippengewölbe, zu keimen begonnen, in der Normandie, im Anjou, in Nordburgund. Entscheidend war doch, dass die franko-picardische, dank einer eben jetzt einsetzenden, ungemein regsamen Bautätigkeit, sich an die Spitze stellen konnte. Überall sonst war eine gewisse Sättigung eingetreten durch die großartigen Leistungen der ersten Hälfte des Jahrhunderts: hier im Norden war noch alles nachzuholen. Die Erfahrungen der älteren Schulen hatte man zur Verfügung, man hatte frische Kräfte und freie Bahn. Die Schnelligkeit, mit der das neue System sich entfaltete, mit der der Gedankenprozess sofort in Taten sich umsetzte, stellt das Werden des gotischen Stils in stärksten Gegensatz zu dem trägen Zeitmaß der früheren Jahrhunderte. In wenig mehr als 100 Jahren sind alle Stadien bis zur Vollendung durchlaufen. In dieser Zeit wurden sämtliche Kathedralkirchen Nordfrankreichs (deren Zahl etwa dreimal so groß ist als die aller deutschen Dome zusammengenommen) neu gebaut. Nur diese ungeheure Betriebsamkeit in dichter räumlicher Nähe erklärt die rapide Abwicklung, die durch keine Nebengedanken sich ablenken ließ, die mit unaufhaltsamer Konsequenz die vorgezeichnete Linie bis zum Ziel verfolgte. Angenommen, es hätte gleich zu Anfang das ganze System in einem einzigen Kopf fertig dagelegen, während es doch die stufenweise sich aufbauende Leistung vieler ist, es hätte nicht prompter und nicht einheitlicher in die Erscheinung treten können.

Um den Weg von den ersten klargedachten Äußerungen bis zum Gipfel zurückzulegen, braucht der gotische Stil, wie gesagt, wenig mehr als 100 Jahre. Der jenseits des Gipfels liegende zweite Teil ist dreimal so lang. Jeder dieser Hauptabschnitte kann noch einmal durch zwei geteilt werden, wodurch wir folgende vier Phasen erhalten: Frühzeit 1140 bis 1200; klassische Vollendung 1200 bis 1270; doktrinäres Beharren 1270 bis 1400; Auflösung und letzte Verteidigung gegen neue Kräfte 1400 bis 1550. Die letzte Phase liegt, weltgeschichtlich betrachtet, schon nicht mehr im Rahmen des Mittelalters.

Beginnen wir die Schilderung der Frühgotik mit dem Grundriss, wie üblich, so zeigt sich, dass die neuen Bestrebungen mit diesem sich noch nicht beschäftigten; er bleibt schwankend; auffallend oft wird die auf dem Weg über die südlichen Niederlande aus Köln eingewanderte Kleeblattanlage gewählt; reiche, noch ganz romanisch gedachte Turmgruppierung bleibt beliebt. Das Spezifische ist das System des Aufbaus. Das Prinzip der Zerlegung ist vollständig durchgeführt, aber insofern doch mit Vorsicht, als die Intervalle sowohl in waagerechter als in senkrechter Richtung kurz genommen werden, d. h. die Pfeiler (sie sind rund gestaltet) stehen dicht, und der Aufbau ist in vier Glieder geteilt: Erdgeschossarkaden, Empore, Triforium, Lichtgaden. Den vertikalen Linienzug durchschneidet somit wiederholt ein horizontaler. Die Einzelbildung ist kräftig, der romanischen noch geistig verwandt. Beispiele: die Kathedralen von Paris, Sens, Noyon, Laon.

Der klassische Stil vereinfacht. Das Emporengeschoss wird ausgeschaltet, der Aufbau auf den Dreiklang gestimmt. Zugleich steigern sich die Höhenmaße sowohl relativ als absolut. Es kommen die ganz großen Fenster und in ihnen die Maßwerkgliederungen auf. Das Strebesystem erhält unumwunden die Herrschaft über die Außenansicht. Der Grundriss gewinnt eine Normalgestalt von großer Konzinnität: dreischiffiges Querhaus, fünfschiffiger Chor mit Umgang und Kapellenkranz, fast eine Kirche für sich, glänzender, perspektivischer Reize voll. Dagegen Reduzierung der Türme auf die zwei an der Fassade. Am großartigsten und reinsten ist das Ideal in den drei Musterkathedralen von Chartres (seit 1195), Reims (seit 1210), Amiens (seit 1218) ausgesprochen. Eine interessante, aber keine Nachfolge findende Variation in den Kathedralen von Bourges und le Mans. Am weitesten vorgeschritten, mit schärfster Zuspitzung des Gedankens, schon etwas spitzfindig und etwas virtuosenhaft in den Querschiffsfassaden der Notre-Dame in Paris und im Chor der Kathedrale von Paris.

Die dritte Epoche bringt die Resultate der zweiten in schulmäßig anwendbare Regeln, die, mit gelehrtem Hochmut zur Schau gestellt, über den wirklichen Zweck hinausgetrieben werden. Es ist mehr Verstandesarbeit als Phantasieschöpfung. Die Bautätigkeit ist auch quantitativ im Rückgang. Erst in dieser Epoche werden die Provinzen des Südens und des äußersten Westens für die Gotik gewonnen.

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