Kitabı oku: «Unschuldig angeklagt und verurteilt», sayfa 6

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Hilarius erklärt, dass die Furcht des Herrn etwas ist, das man lernen muss, indem man betet und nach Weisheit und Erkenntnis strebt, und dass sie nichts gemein hat mit unserer natürlichen Furcht, von Krankheit, Gefahren oder Naturkatastrophen betroffen zu werden.

Ich bin für eine richtig verstandene Gottesfurcht, und das nicht etwa, weil ich Gott für grausam oder unberechenbar oder feindselig halte. Ich habe im Lauf der Jahrzehnte viele Diskussionen mit dem Hinweis auf die Schrift eröffnet, die lehrt, dass nur »die vollkommene Liebe […] die Furcht vertreibt« (1 Joh 4,18) und dass niemand von uns behaupten kann, dass seine Liebe vollkommen ist.

Gott wird oft auf eine Art gutmütiger Onkel oder Großvater reduziert: gemächlich, freundlich, anspruchslos und ineffektiv. Es ist erstaunlich, wie wenig Zeit in den Lehrplänen im Fach Religion über die Jahre hinweg dafür vorgesehen ist, das Profil Gottes zu schärfen und zu erklären. Als ich Weihbischof war, habe ich mit den Schülern, die gefirmt werden sollten, Gespräche geführt und wir haben dabei regelmäßig um Antworten auf die Frage gerungen, was es bedeutet, wenn die Kirche lehrt, dass Gott »Geist« ist.

Die neue Übersetzung in der Messliturgie habe ich begrüßt, die et cum Spiritu tuo mit »und mit deinem Geiste« wiedergibt. Dadurch hat der Begriff Eingang ins regelmäßige Beten – und damit Beachtung gefunden und war nicht mehr so leicht zu ignorieren.

Gott ist der Geist der Liebe, der durch seinen Sohn das Universum geschaffen hat und der jedes Verbrechen vergibt, wenn echte Reue erweckt wird. Selbst Stalin, Hitler, Pol Pot und Mao kämen dafür infrage. Das ist außergewöhnlich.

Wenn sich der Niedergang des Christentums fortsetzt, wird die Gesellschaft weniger vergebungsbereit sein. Konstantin war der erste christliche römische Kaiser und ich bewundere ihn sehr, denn er hat soziologische Strömungen entstehen lassen, die die Menschen zu Gott und zum Guten hingeführt haben. Peter Brown, der beste lebende Experte für die Geschichte des frühen Christentums, stellte fest, dass damals viele zum katholischen Glauben hingeführt wurden. Aus einem unbekannten Grund hat Konstantin seinen Sohn Crispus töten lassen, und seine heidnischen Gegner behaupteten, er sei deshalb Christ geworden, weil seine Sünden hier vergeben werden konnten, denn im Heidentum ist die Ermordung eines erwachsenen Kindes ein unverzeihliches Verbrechen. Abtreibung war allerdings gang und gäbe.

Herr Jesus, lass neue Menschen wie Elija unter uns erstehen, Männer und Frauen, die insbesondere in Australien die Flamme des christlichen Monotheismus am Brennen halten. Wir wollen nicht, dass unser Land eine trockene, ausgedörrte Einöde wird, in der die Sehnsucht nach Transzendenz schwach, der Aberglaube dagegen stark ist.

Freitag, 22. März 2019

Ein zweiter Tag, der anders war, nicht wegen des zweiten AFL-Spiels zwischen Collingwood und Geelong, sondern weil der sympathische Vollzugsbeamte, ein großer, offenherziger Mann, mir drei Hofgänge erlaubt hat. Den ersten in der Morgenkühle gegen 9.00 Uhr, den zweiten gegen 13.00 Uhr und den dritten gegen 16.00 Uhr, als die Sonne schon ans Untergehen dachte. Es war ein schöner Nachmittag, als die Sonne sich in den benachbarten Wolkenkratzern spiegelte und ich ein paar Vögel singen und zwitschern hörte. Ich habe den Gesang der Vögel immer geliebt – auch wenn »Gesang« bei manchen australischen Vögeln, zum Beispiel dem Kookaburra26, vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist. Der Vogelgesang ist ein Geschenk, aber wir halten ihn meist für selbstverständlich. Trakt 8, in dem ich untergebracht bin, liegt im fünften Stock, sodass es richtige Klettervögel sein müssen.

Außerdem bin ich zweimal zum Blutabnehmen in die Medizinische Abteilung gerufen worden, weil die erste Probe nicht ausgereicht hat. Die indische Krankenschwester, die das Blut abnehmen sollte, hatte nicht viel Erfahrung auf diesem Gebiet. Man merkte ihr das auch an, denn sie war ein wenig angespannt. Eine erfahrenere irische Schwester konnte sie unterstützen. Es ging nur darum sicherzustellen, dass mein Blut dünnflüssig genug ist, um keinen Schlaganfall zu bekommen. Abgesehen davon, dass ich immer noch erkältet bin, habe ich keinerlei gesundheitliche Probleme, auch wenn einige Zeitungen berichten, dass ich im Krankenhaus läge. Ich weiß nicht, wer oder was hinter solchen Gerüchten steckt.

Eine kleine Abordnung der Verantwortlichen des Gefängnisses hat mir ein paar Fragen gestellt. Sie wollten wissen, wie ich zurechtkomme. Ich habe ihnen erklärt, dass alles in Ordnung sei, dass ich keine Klagen habe und es zu viel zu essen gebe. Der Drogen- und Alkohol-Beauftragte fragte mich, ob ich ihm irgendetwas mitteilen wolle, und ich habe geantwortet, dass ich mir in meiner gegenwärtigen Lage weder das eine noch das andere beschaffen könne. Die Leiterin der Gruppe, Miss Kendall, wünschte mir viel Glück für mein Berufungsverfahren.

Der Tag war auch deshalb ungewöhnlich, weil ich nicht genug Zeit für mein komplettes Tagesprogramm hatte!

Auf H.s Vorschlag hin habe ich meine Laken und Decken gewechselt, um meine Erkältung loszuwerden. Anstelle der zwei alten dünnen Decken bekam ich eine von derselben Sorte und eine neue schwere, dunkle Decke, die definitiv etwas ausmachen wird. Ich danke Gott für diesen freundlichen Vorschlag und freue mich über eine weitere kleine Gnade.

Das Leben ist momentan recht schlicht – mit gelegentlichen kleinen Beeinträchtigungen wie einer Zahnbürste mit zu kurzem Griff, der sich bei Gebrauch verbiegt, und dünnen Plastikmessern, die nicht wirklich gut schneiden. Beide sind so entworfen, damit man sie nicht als Waffe benutzen kann.

Meine Müllentsorgungstechnik wird immer besser. Ich versuche, eine große braune Papiertüte zu bekommen, wickle meinen Müll in Zeitungspapier und stopfe ihn bis zur täglichen Müllabholung kurz vor dem Nachteinschluss gegen 16.00 Uhr in die Tüte. Das Duschwasser ist heiß, genau wie es für die Internatsschüler Ende der 1940er- und in den 1950er-Jahren am St-Patrick’s in Ballarat war. Das Gefängnisessen ist allerdings besser und reichlicher als damals am St Pat’s.

In den Zeitungen steht, dass ich 23 Stunden täglich in Einzelhaft verbringe. Es ist aber nicht wie bei den Schweigeexerzitien, denn ich habe einen Fernseher, hier und da Kontakt mit dem Wachpersonal, das nicht feindselig ist, Termine (beim Arzt zum Beispiel), Gespräche mit den Anwälten und zweimal in der Woche, nämlich montags und donnerstags, Besuche von draußen. Mein Hofgang, in der Regel zweimal eine halbe Stunde, findet ebenfalls in der Isolation statt.

Leider ist Rances ACL27 komplett gerissen, sodass er zwölf Monate ausfällt, aber glücklicherweise hat Geelong in einer hervorragenden Partie gegen Collingwood gewonnen. Collingwood hat viele Chancen vertan, vor allem im zweiten Viertel, und bei Geelong haben alle sechs Neuzugänge gut gespielt.

Einige meiner engsten Freunde und Verwandten sind Pies-Fans.28 In den Fragestunden, die ich bei den Firmlingen eingeführt hatte, als ich zwischen 1987 und 1996 Weihbischof war, hat mich immer jemand nach meiner Lieblingsmannschaft gefragt. Dann habe ich um Ruhe gebeten, die auch ausnahmslos eintrat, und erklärt, dass ich zwei Mannschaften die Daumen drücke: Richmond und jedem Team, das gegen Collingwood spielt. Was folgte, waren mehr oder weniger tumultartige Zustände. In Wirklichkeit habe ich eine heimliche Schwäche für Collingwood, seit sie vor Jahrzehnten, als »sie« uns nach Queensland verbannen wollten, Geld für uns [Richmond] gesammelt hatten, damit wir in Melbourne bleiben konnten.

Nach wie vor treffen Briefe ein, die mir Mut zusprechen, einige davon sind wirklich schön geschrieben und zutiefst spirituell, wenn nicht gar theologisch. Eine Briefschreiberin in New South Wales hat – wie einige andere auch – meine Situation mit der von Lindy Chamberlain verglichen, deren Baby von einem Dingo [australischen Wildhund] verschleppt worden war. Auch sie wurde von der öffentlichen Meinung gnadenlos verurteilt.

Die Briefschreiberin hat mich daran erinnert, dass Gottes heilige Kriegerengel um mich herumstehen und dass der Helm des Heils, der Schild des Glaubens und das Schwert des Geistes mich beschützen. Sie bat mich auch, meinen Klägern zu vergeben, sie zu segnen und für sie zu beten, was ich auch tue, und das ohne große Probleme.

Sie weist darauf hin, dass sowohl der heilige Paulus als auch der Pilger aus The Pilgrim’s Progress und auch Lindy Chamberlain über ihre Erfahrungen im Gefängnis geschrieben haben, und forderte mich auf, dasselbe zu tun, um Zeugnis von Gottes Güte abzulegen und auf diese Weise »vielen anderen Hoffnung zu schenken, die ihre eigenen Prüfungen durchstehen müssen, damit sie standhaft bleiben in ihrem Glauben an Gottes erlösende Macht und Liebe sowie in der Treue zu seinem Wort«.

Ich weiß, dass all die Gebete für mich nach Gottes Plan nicht vergeudet sein werden, und möglicherweise ist auch dieses Tagebuch Teil eines solchen Plans.

Ein wunderbarer Brief kam von den vier verbleibenden Mitgliedern des Instituts Johannes Paul II. für Ehe und Familie, dessen Gründung ich 2001 unterstützt habe und das nun wegen finanzieller Engpässe im Erzbistum Melbourne – demselben Bistum, das erst kürzlich zehn Millionen für ein Bürogebäude ausgegeben hat – geschlossen worden ist. Eine der schlimmsten Fehlentscheidungen in der Geschichte der Erzdiözese. Owen Vyner, ein Absolvent des JPII, der aus Westaustralien stammt und inzwischen am Christendom College in Front Royal im US-Bundesstaat Virginia lehrt, hat mir ebenfalls einen schönen Dankesbrief geschrieben.

Anna Silvas, eine prominente Theologin aus Armidale in New South Wales, hat auch zur Feder gegriffen. Was mich betrifft, ist sie zu gütig, denn Gott muss sich manchmal auch mit einem mangelhaften Werkzeug zufriedengeben, aber sie legt einen »erhabenen« Glaubenskontext klar dar.

»Heute habe ich viel an Kardinal Pell im Gefängnis – genauer gesagt in der Einzelhaft – gedacht. Unser Herr liebt ihn zu sehr, um ihm dies zu ersparen. Auch einem so heiligen Mann wie Johannes dem Täufer blieb die Haft in Herodes’ Kerker nicht erspart, und während er dort war, hat er meiner Meinung nach so etwas wie eine Dunkle Nacht durchlitten, die sein Herz bis in die letzten Fasern geprüft und ihn durch und durch geläutert hat. Das letzte Wort, das unser Herr vor seinem Tod an Johannes gerichtet hat, ist erschütternd: ›Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt‹. Deshalb glaube ich, dass Johannes auch im Leiden der Vorläufer unseres Herrn gewesen ist. Unser Herr hat in der ganzen psychischen Realität seiner menschlichen Natur Verlassenheit erduldet – Vernichtung, wie Johannes vom Kreuz es mit Bezug auf den lateinischen Text von Psalm 73 nennt. Das ist die erlauchte Gesellschaft, in der – ein Privileg! – Kardinal Pell sich nun aufhalten darf.«

Gott, unser Vater, wir vereinen unsere Prüfungen und Anfechtungen mit dem Erlöserleiden deines Sohnes. Möge aus diesem Durcheinander irgendetwas – viel! – Gutes erwachsen, damit das Reich Gottes sich ausbreitet und immer mehr Menschen glauben, dass Gott gut zu ihnen (und zu uns) ist.

Samstag, 23. März 2019

Schwere Stürme letzte Nacht in Melbourne, vor allem in den östlichen Vorstädten, wo es auch Überschwemmungen gegeben hat. Ich habe den Regen durch mein getöntes, doppelt verglastes und vergittertes Fenster nicht einmal bemerkt. Die einzige Konsequenz für mich war, dass ich heute Morgen, als ich zum Hofgang aufgefordert wurde, beschloss, diesen lieber auf den Nachmittag zu verlegen, weil es noch regnete und die jüngere, freundliche indische Wärterin Angst hatte, dass ich ausrutschen könnte. Heute ist der zweite Tag, an dem ich ohne meinen Gehstock unterwegs bin, weil ich mich nicht mehr hin und wieder ein bisschen wackelig auf den Beinen fühle.

Kein Besuch, weder von Schwester Mary noch vom Anwaltsteam, aber beide kommen wahrscheinlich morgen, weil Sonntag ist. David hat mir am Telefon erzählt, dass Kartya auf jeden Fall kommt.

Margaret ist im St-John’s-Krankenhaus in Bendigo gestürzt. Sie bleibt dort wegen einer Harnwegsinfektion. Wenn sie einen Platz zur Verfügung haben werden, schließt sich eine zweiwöchige Rehabilitation an. Gott sei Dank ist nichts gebrochen.

Briefe treffen immer noch ein, heute habe ich rund 20 davon geöffnet. Nur ein paar sind »seltsam« in theologischer oder psychologischer Hinsicht oder in beidem. Die meisten sind schön und Ausdruck eines tiefen Glaubens. H., der Vollzugsbeamte, hat mir erzählt, dass gestern Morgen um 6.00 Uhr, als er seinen Dienst antrat, schon ein paar Frauen vor dem Gefängnis gestanden und gebetet haben. Viel Unterstützung und viel, viel Feindschaft – aber nicht im Gefängnis in Trakt 8, zumindest nicht unter dem Wachpersonal.

Greg Craven hat geschrieben, dass die Verleihung der Ehrendoktorwürde der University of Divinity29 an Frank Brennan verschoben wird, um die Gefühle der Opfer nicht zu verletzen.30 Der Protest gegen Greg beim Mitarbeitertreffen sah so aus, dass ein Viertel der Belegschaft Anstecker trug. Zwischenfälle gab es nicht, aber einige feindselige Fragen. Sein Treffen mit dem akademischen Personal im Aquinas Campus in Ballarat verlief absolut harmonisch. Es ist ein trauriges Zeichen der Spaltung und Bitterkeit und ein Ausdruck von Identitätspolitik, dass es als opferfeindlich bewertet wird, wenn jemand Gerechtigkeit für mich fordert. Ich sage es noch einmal: Gerechtigkeit haben wir erst dann, wenn wir Gerechtigkeit für alle haben. Wenn ich mein Berufungsverfahren gewinne – und selbst wenn ich es verlieren sollte –, werde ich nicht opferfeindlich sein. Aber es ist unabdingbar, dass die Kläger vor Gericht beweisen, dass ihnen Schaden zugefügt worden ist.

Die erste Lesung im Brevier stammt wieder aus dem Buch Exodus und berichtet, wie Gott jene Weisungen verkündet, die wir in den Zehn Geboten zusammengefasst haben (Exodus, Kap. 20). Als Erwachsener und sogar schon als Kind habe ich sie immer für wesentlich gehalten. Ich erinnere mich, dass ich vor 50 Jahren einen Satz von Bertrand Russell, dem berühmten atheistischen Philosophen, gelesen habe. Er hat behauptet, die Zehn Gebote seien wie eine Abschlussprüfung mit zehn Fragen, von denen nur sechs beantwortet werden müssten. Clever, aber zu bequem.

Bei einer anderen Gelegenheit habe ich einer Psychologin erklärt, dass die Gebote wie eine liebevoll betriebene Bahnstrecke oder Autobahn seien, die man für die Reise benutzt, und sie hat mir geantwortet, dass die Landschaft abseits der Autobahn viel interessanter sei. Doch man kann auch vom Zug aus vieles sehen – und zwar ohne sich in der Wüste zu verlaufen!

Bei beiden Familiensynoden31 haben einige laut verkündet, dass die Kirche ein Lazarett oder ein Zufluchtsort sei. Das ist nur ein Bild von der Kirche und bei Weitem nicht das nützlichste oder wichtigste, denn die Kirche muss aufzeigen, wie man gar nicht erst krank wird, wie man Schiffbruch vermeidet, und hierbei spielen die Gebote eine wesentliche Rolle. Jesus selbst hat gesagt: »Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben« (Joh 15,10).

Jim Wallace, ein guter Freund und ehemaliger Vorsitzender der australischen christlichen Lobby, der sich dafür einsetzt, die jüdisch-christlichen Werte in der Gesellschaft hochzuhalten, hat mir einen sehr ermutigenden Brief geschrieben, in dem er die Schwäche des australischen Rechtssystems beklagt. Außerdem nannte er vier Bibelstellen, die er für seine morgendliche Betrachtung benutzt hat, als er für mich betete.

Zu meiner Überraschung waren sie alle aus dem Alten Testament und mir ist bewusst geworden, dass ich noch nie regelmäßig mit einem alttestamentlichen Text – außer vielleicht Ezechiel – Betrachtung gehalten habe. Ich habe mich im Lauf der Jahre kontinuierlich mit dem Alten Testament beschäftigt (ich denke an Leon Kass’ wundervolles Werk über das Buch Genesis), habe die Propheten und die Psalmen lieben gelernt und bin ein echter Verehrer von Elija geworden, weil ich glaube, dass er unter Ahab und Isebel den Monotheismus gerettet hat. Die Parallelen zu heute sind nicht zu übersehen. Ich bin kein Anhänger der Lehre Marcions32: Ich glaube, dass Gott durch das Alte Testament spricht.

Jims Schriftstellen passten alle vier zu meiner Situation, 1 Sam 17,47 vielleicht besonders, wo David sich an die Philister wendet: »Denn es ist ein Krieg des Herrn und er wird euch in unsere Hand geben.«

Mein heutiges Gebet will ich mit den Worten des bald heiligen John Henry Newman33 halten:

Schenke uns Vertrauen auf dich, o Jesus […]! Schenke uns die ruhige Gewissheit, o Herr, dass wir dir umso näher sind, je größer unsere Betrübnis ist!

5. WOCHE
GEISTLICHE MITTELMÄSSIGKEIT
24. März bis 30. März 2019

Sonntag, 24. März 2019

Ich habe den heutigen Tag mit einer Fernsehsendung über Prinzessin Diana1 beendet. Darin wurde ihr tragisches Schicksal von ihrer Warte aus erzählt. Wie das Establishment darüber dachte, dass eine 20-Jährige, die nicht studiert hatte, aus einer zerrütteten Familie stammte und eine unglückliche Kindheit erlebt hatte, die Rolle der Princess of Wales ausfüllen konnte, ist immer noch ein Geheimnis, aber es scheint auch nicht viel darüber diskutiert worden zu sein.

Natürlich hat die Geschichte auch eine andere Seite, aber dass Charles an seiner Beziehung zu Camilla2 festhielt, auch nach der Hochzeit, war für eine junge und unerfahrene Braut inakzeptabel. Und es lässt sich auch nicht mit der christlichen Lehre vereinbaren. Eine kampferprobte 30-jährige Zynikerin hätte das Ganze vielleicht als arrangierte Ehe betrachtet und es geschafft zu überleben, aber Diana litt schon zum Zeitpunkt der Trauung darunter, dass sich ihr Leben so stark verändert hatte.

Offenbar wollte sie die Windsors – William zuliebe – nicht zu Fall bringen, aber sie tanzte aus der Reihe, erzählte ihre Geschichte in der Öffentlichkeit, ließ (nicht zuletzt mit der Hilfe von John Major)3 die Monarchie erzittern und rächte sich an Charles.

Sie war strahlend schön, und ich staune noch immer, wie tief und groß die Liebe und Verehrung war, die die Menschen ihr entgegengebracht haben. Die Öffentlichkeit hat ihr ihre Fehler vergeben und sie als Opfer erkannt.

Bald nach ihrem Tod 1997 ernannte mich [Jozef] Kardinal Tomko, der Präfekt der Vatikanischen Kongregation für die Evangelisierung der Völker, zum Apostolischen Visitator für die Priesterseminare von Westneuguinea und Sulawesi in Indonesien. In Nord-Sulawesi wurden die Seminaristen im ersten Jahr noch nicht im Hauptseminar in Manado untergebracht, sondern wohnten rund 20 Kilometer weiter entfernt an der Küste. Die Seminaristen – es waren viele – wohnten jeweils in Gruppen von sechs oder zehn in eigenen Häusern auf ein und derselben Anlage. Die meisten der Häuser hatten konventionelle katholische Namen, doch eines war nach Prinzessin Diana benannt. Mit etwas gekünstelter Strenge fragte ich, wie um alles in der Welt das denn geschehen sei. Der Sprecher des Grüppchens nahm die Herausforderung an und erklärte, ihr Haus sei nach der Prinzessin benannt, um die Studenten daran zu erinnern, wie leicht man auf den falschen Weg geraten kann! Ich ließ es dabei bewenden, empfahl keine Namensänderung und fand den Vorfall anrührend, aber auch bemerkenswert. Die Medien haben Fremde auf beiden Seiten des Globus zusammengebracht, die in Bann gezogen waren von der Mystik der Tradition, der Schönheit, Dianas echter und natürlicher Menschlichkeit und der Tragödie ihres Lebens und ihres Todes.

Diana wurde mit einem Rosenkranz begraben, den ihr Butler in den Sarg gelegt hatte, und sie war Mutter Teresa begegnet, doch Nigel Boonham, der Bildhauer, dem sie für eine Statue Modell gesessen hatte, war sich sicher, dass ihre religiöse Sensibilität nicht sehr ausgeprägt gewesen war.

Ein schöner, klarer Tag und bei beiden Hofgängen konnte ich durch das offene Dach des Hofes die Sonne sehen. Es hilft, wenn die Sonne scheint, denn regnerische Tage können die Stimmung dämpfen. Ich erinnere mich noch an meine ersten drei Wochen an der Universität Oxford im Jahr 1967. Dort habe ich knapp vier glückliche Jahre verbracht, in denen die Sonne nicht ein einziges Mal hinter den Wolken hervorkam. 1971 konnte ich mir dann schon vorstellen, in England zu leben (wenn meine Familie dort gewesen wäre). Da ich in den 1940er- und 1950er-Jahren in Ballarat aufgewachsen bin, kam ich mit den Wintern in Oxford klar, aber ich vermisste die australischen Sommer. In meinem ersten Sommer in England bin ich an einem schönen, warmen Tag nicht schwimmen gegangen, weil ich noch warten wollte, bis es ein bisschen heißer würde. Das war ein großer Fehler, denn das war der heißeste Tag des ganzen Sommers gewesen.

Bis heute ist es mir nicht gelungen, einen Besen zu bekommen, aber Schwester Mary hat mir erklärt, dass man normalerweise beim Hofgang darum bittet, seine Zelle reinigen zu dürfen. Das hat mir niemand gesagt. So habe ich die Sache beim Hofgang nun zur Sprache gebracht und hatte am Ende einen Staubsauger, einen blau-weißen Wischer und ein Eukalyptus-Desinfektionsspray. Mit ein bisschen weniger Staub wird vielleicht meine Erkältung schneller abklingen.

Ein paar Aussie-Rules-[Football]-Spiele habe ich abgeschaltet, weil sie entweder zu einseitig oder ein bisschen farblos waren. Trotz des ruhigen Lebens im Gefängnis muss ich gestehen, dass ich immer noch so eine Art Sport-Snob bin.

Die Lesungen heute waren nicht so ergiebig, überhaupt nicht hilfreich für die Betrachtung. Augustinus hat einen guten Kommentar über die Samariterin und ihr hartnäckiges spirituelles Unverständnis verfasst, und die sieben Engel im Buch der Offenbarung haben ihr grimmiges Werk vollendet. Das Rätselhafte daran ist nicht nur das Ausmaß der Zerstörung – in den Jahrtausenden der Geschichte finden sich Beispiele für ähnlich furchtbare Ereignisse –, sondern die Tatsache, dass die Engel, apokalyptisch gesprochen, Gottes Werk tun.

Gott, unser Vater, hilf uns, deine Schöpfung zu lieben und für ihre Schönheit und Fruchtbarkeit dankbar zu sein, die schon in diesem Leben alles Böse und alles Leid mehr als wettmachen. Auch wenn ich nicht glaube, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, ist mein Blick auf die Heilsgeschichte dennoch nicht mit einem Trauerflor umgeben. Hilf uns, an die Kraft deiner Liebe zu glauben.

PS: Kartya [Gracer] und Paul [Galbally] haben mich am Vormittag besucht und Schwester Mary war am Nachmittag da. Mary hat gesagt, es sei zwei Wochen her, dass sie mich zuletzt besuchen konnte, und wir haben verabredet, dass sie immer dienstags um 13.00 Uhr kommt.

Montag, 25. März 2019

Keinen der anderen Häftlinge habe ich je zu Gesicht bekommen, und wir sind zu zwölft in Trakt 8. Alle in Einzelhaft. Ich weiß nicht, wer die anderen sind, auch wenn einer von ihnen vermutlich Gargasoulas und einer vielleicht ein muslimischer Terrorist ist. Zumindest ein paar sind geistesgestört.

Heute Morgen während meines halbstündigen Hofgangs war der Häftling im Hof nebenan sehr aufgebracht. Er hat laut und obszön geflucht, während er mit einem Freund oder Berater sprach – seinem Anwalt vielleicht –, dessen Stimme ich nicht verstehen oder jedenfalls nicht deutlich hören konnte.

Später, als ich nach dem Besuch meiner Nichte Georgie auf dem Rückweg in meine Zelle war, zog eine Wachmannschaft im Gemeinschaftsraum gerade weiße Uniformen an. Sie hatten einen Deutschen Schäferhund bei sich. Ich dachte, es wäre irgendeine Übung. Als ich wieder in meiner Zelle war, fragte ich, was denn los sei, und bekam zu hören, dass ich das schon noch erfahren würde.

Später stellte sich heraus, dass ein Häftling sich geweigert hatte, seine Zelle zu verlassen, und dass man die Wachmannschaft gerufen hatte, damit sie ihn mithilfe von Gas herausholten. Irgendwann gab der Hund ein merkwürdiges Jaulen von sich, Stimmen wurden laut und es gab so etwas wie ein Gerangel. Hauptwachtmeister H. fragte durch die kleine Klappe in meiner Tür, ob bei mir alles in Ordnung sei. Da ich nicht wusste, was vor sich ging, antwortete ich, natürlich sei bei mir alles in Ordnung.

Als ich einige Zeit danach versuchte, eine Nachricht unter meiner Tür in den Flur durchzuschieben, stellte ich fest, dass die Öffnung unter der Tür blockiert war – offensichtlich wegen des Gases, wie mir inzwischen klar geworden war. Und das war es dann. Der Häftling war verlegt worden, wie man mir sagte. Kein lautes Geschrei mehr. Keine Obszönitäten.

Bisher hatten sich beinahe jeden Abend zwei Häftlinge – einer von ihnen nicht weit von mir – in breitestem australischem Englisch, aber manchmal auch in einer fremden Sprache gegenseitig angebrüllt.

Heute Abend hat es noch kein derartiges Wortgefecht gegeben und auch keine muslimischen Gebete. Vielleicht war der zwangsweise verlegte Gast der muslimische Terrorist.

Ich habe eine nette Stunde mit Georgie verbracht, die aus Bendigo hergekommen ist. Margaret schlägt sich im Krankenhaus in Bendigo offenbar ganz wacker, und Georgie hat mir sehr ans Herz gelegt, ein Tagebuch zu führen, um mit meiner Lage fertigzuwerden und mit meinen Gefühlen umzugehen. Ich konnte ihr berichten, dass ich schon damit begonnen habe. Sie wollte Näheres über meinen Tagesablauf wissen.

Ich muss ein kleines Versäumnis bekennen: Jedem Präsenzbesuch geht eine Leibesvisitation voraus, eine entwürdigende Prozedur. Heute war ein neuer Wachmann da, dem ich noch nie begegnet bin. Er war sehr energisch und befahl mir unter anderem, meine Socken auszuziehen. Als Nächstes sagte er, ich solle aufhören, mir die Socken auszuziehen. Entnervt warf ich ein, dass er mir doch gerade vor einer Minute befohlen habe, die blöden Dinger auszuziehen.

Weitere Worte fielen nicht. Er war eher jung, förmlich, vielleicht ein bisschen abweisend, aber nicht bösartig, glaube ich, und als ich ging, habe ich mich bei ihm bedankt. Weniger als ein Sturm im Wasserglas, und doch …

Heute ist ein Stapel Briefe aus Galballys Kanzlei angekommen, allesamt ermutigend, viele nehmen Bezug auf das österliche Thema des Erlöserleidens Jesu.

Bei anderen ist das Spektrum größer. Ein Häftling hat mehrere lange, anspruchsvolle Botschaften voller Zuspruch, nützlicher Ratschläge und interessanter Kleinigkeiten verfasst. Er wies auch darauf hin, dass er sich nicht an einem Gespräch mit einigen Mithäftlingen über meine Situation beteiligt hatte, und zitierte ein chinesisches Sprichwort: »Versuche nicht, einem Schwein das Singen beizubringen. Du verschwendest deine Zeit und nervst das Schwein.« Paul Galbally freute sich genauso wie ich darüber und meinte, er werde es in sein Repertoire aufnehmen.

Schwester Mary hat mir die Abschrift einer hervorragenden Predigt von Mary M. McGlone mitgebracht, einer Josefsschwester aus den USA.4 Es geht darin um Mose, und sie wehrt sich dagegen, dass man sich ihn wie die Skulptur des Michelangelo in Rom als imposante, muskelstrotzende Persönlichkeit vorstellt. Vielmehr sei er »ein geflohener Übeltäter« gewesen, der »sich darauf verließ, dass sein Schwiegervater ihm eine Arbeit gab«. Das stimmt, aber danach sollte noch sehr viel mehr geschehen.

McGlones Hauptthema war, dass »Jesu Vater die Angewohnheit hat, durch die glücklosesten Menschen und ungünstigsten Umstände zu wirken«. Hoch qualifizierte Mitarbeiter seien bei Gott Mangelware, erklärte sie. Ich fand das alles tröstlich und ermutigend.

Ich gebe nicht vor, keine weltlichen Fähigkeiten und nicht dieses oder jenes erreicht zu haben – trotz meiner Fehler und Versäumnisse –, aber ich fühle mich dem Drama, das sich um mich herum abpielt, spirituell nicht gewachsen. Meine abenteuerlichen Erlebnisse und deren Ausgang sind wichtig für die Kirche in Australien, und es tröstet mich zu hören, dass Gott sich geistlich mittelmäßiger Menschen bedient.

Herr Jesus, hilf uns allen, in deine Fußstapfen zu treten und uns auf das Wesentliche – Glauben, Hoffnung und Liebe – zu konzentrieren.

Ein weiteres Mal will ich mir ein paar Verse von John Henry Newman aus einem meiner Lieblingsgedichte zu eigen machen:

Führ, liebes Licht, im Ring der Dunkelheit

führ du mich an.

Die Nacht ist tief, noch ist die Heimat weit,

führ du mich an!

Behüte du den Fuß: der fernen Bilder Zug

begehr ich nicht zu sehen: ein Schritt ist mir genug. 5

Dienstag, 26. März 2019

Meine Theorien über den Häftling, den sie mit Gas aus seiner Zelle geholt haben, sind größtenteils falsch. Heute Morgen habe ich wieder muslimischen Gebetsgesang gehört, aber gedämpft, von weiter weg. Und am frühen Abend, kurz nach dem Nachteinschluss, gab es auch wieder ein lautes Wortgefecht, nur kurz, und vielleicht auch mit einer anderen, dritten Stimme dazwischen. Später am Abend konnte weiter entfernt wieder den Gesang der muslimischen Gebete hören.

Alles in allem bin ich kein bisschen klüger. Vielleicht ist der Häftling, nachdem sie ihn mit Gas herausgeholt haben, wieder in seine Zelle zurückgebracht worden. Wenn ich kann, versuche ich morgen mehr herauszufinden.

Offenbar war ich heute auf der Titelseite der Herald Sun mit einer Schlagzeile über Pell, die Hölle und meine Zelle. In dem Artikel wird behauptet, dass meine Zelle gleich neben der von Gargasoulas liegt.6 Den heutigen Kommentaren der Wärter entnehme ich, dass das zutreffen könnte. Sie haben mir erzählt, dass bei ihrer Ankunft Fernsehteams und eine Gruppe von Leuten vor dem Eingangstor gestanden hätten, die für mich beteten. Schwester Mary meinte, der Artikel könnte mir zusätzliche Sympathien einbringen.

Ich hatte eigentlich andere Sorgen. Heute Morgen kamen zwei Leute des Strafvollzugsmanagements vorbei, um über meine künftige Unterbringung zu reden. Der Hauptwachtmeister meint immer noch, dass ich entweder ins Remand Centre oder in eine andere Einrichtung in der Nähe von Melbourne verlegt würde. Nach Port Phillip, das privatisiert worden ist und bei den Häftlingen – ebenso wie bei den Wärtern hier – nicht den besten Ruf genießt, würde man mich nicht bringen.