Kitabı oku: «Jesus nach 2000 Jahren», sayfa 3
Mk 2,1-12: Die Heilung des Gelähmten
(1) Und als er wiederum nach Kapernaum kam, verbreitete es sich tagelang, daß er im Haus ist. (2) Und es versammelten sich viele, so daß nicht einmal der Platz vor der Tür ausreichte, und er redete zu ihnen das Wort. (3) Und sie kommen und tragen zu ihm einen Gelähmten, der von Vieren getragen wird. (4) Und da sie ihn nicht zu ihm tragen können wegen des Volkes, deckten sie das Dach ab, wo er war, und gruben es auf und lassen die Bahre herab, auf der der Gelähmte lag.
(5) Als Jesus ihren Glauben sah,
sagt er dem Gelähmten: »Kind, deine Sünden sind dir vergeben.« (6) Es saßen dort aber einige der Schriftgelehrten und dachten in ihren Herzen: (7) »Warum redet dieser so? Er lästert! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?« (8) Und sogleich erkannte Jesus in seinem Geist, daß sie so denken, und sagt ihnen: »Warum denkt ihr dies in euren Herzen? (9) Was ist leichter, dem Gelähmten zu sagen: ›Dir sind deine Sünden vergeben oder zu sagen: ›Steh auf und nimm deine Bahre und gehe‹? (10) Damit ihr aber erkennt, daß der Sohn des Menschen die Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf der Erde« –
sagt er dem Gelähmten: (11) »Dir sage ich, steh auf, nimm deine Bahre und geh in dein Haus!« (12) Und er stand auf und nahm sogleich die Bahre und ging vor allen weg, so daß alle außer sich gerieten und Gott priesen, indem sie sagten: »So etwas haben wir noch nie gesehen!«
Redaktion und Tradition
Das Stück enthält zwei erzählerische Spitzen, erstens das Wunder (V. 11–12), zweitens das Wort von der Vergebung der Sünden (V. 10). Letzteres wurde samt der dazugehörigen Szene (V. 6–9) in die Wundererzählung eingefügt. Das Stück V. 5b–10 ist nur im Zusammenhang der Geschichte von der Heilung des Gelähmten verständlich.
V. 1-2: Mk knüpft mit der Ortsangabe in V. 1a an 1,21 an. (Vorher war Jesus »in ganz Galiläa« [1,39] aufgetreten.) Die Überleitung zur nun folgenden Wundererzählung geht auf Mk zurück, einschließlich des Endes von V. 2: »Er redete zu ihnen das Wort« (vgl. 4,33; 8,32). Doch dürfte Mk in V. 1-2 den ursprünglichen Beginn der Erzählung eingeschmolzen haben, da die Anwesenheit Jesu im Haus für das Wunder notwendig ist (vgl. V. 4).
V. 3-5a: In V. 3 wird die ursprüngliche Überlieferung faßbar. V. 3f demonstrieren den Glauben der Träger des Gelähmten. Allerdings vertragen sich in V. 4 »abdecken« und »aufgraben« nicht. Wahrscheinlich hat Mk das Abdecken des Daches eingefügt, weil er an ein mit Ziegeln gedecktes Haus denkt, während das Aufgraben nur bei den palästinischen, aus Lehm gebauten Häusern möglich ist (vgl. weiter zu Lk 5,19).
V. 5b-10a: Wie bereits eingangs bemerkt, stehen innerhalb der Perikope zwei Stücke nebeneinander: eine Wundergeschichte (V. 3-5a.10b-12) und ein Streitgespräch über das Recht des Menschensohnes zur Sündenvergebung (V. 5b-10a). a) V. 3-5a.10b-12: Der große äußere Schwierigkeiten überwindende Glaube der Träger des Gelähmten wirft einen noch größeren Glanz auf den Wundertäter, der diesen Glauben verdient. b) V. 5b-10a: Mit der Bildung dieses Stückes führte die Gemeinde ihr Recht, Sünden zu vergeben, auf Jesus zurück; vgl. Mt 16,19; 18,18 (Bultmann, 13).
V. 10b-12 sind der organische Abschluß der Wundererzählung. Im Zusammenhang mit V. 5b-10a begründet das Wunder die Vollmacht zur Sündenvergebung.
Historisches
V. 3-5a.10b-12: Historisch ist die Heilung des Gelähmten nicht zu nennen. Die Erzählung gehört der Phase der urchristlichen Propaganda an, in der die Gestalt Jesu wie ein Magnet alle möglichen Mirakel an sich zog.
V. 5b-10a: Obwohl die Gestaltung dieses Streitgesprächs sicher erst auf die urchristliche Gemeinde zurückgeht, dürfte der Anspruch Jesu, Sünden an der dafür vorgesehenen jüdischen Instanz vorbei vergeben zu können, historisch sein (vgl. auch Lk 7,36-50). Wer als Jude heilte, wußte auch über den allgemein vorausgesetzten Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und Sünde Bescheid (vgl. Joh 5,14; 9,2f; 1Kor 11,30 usw.). Fähigkeit zur Heilung konnte daher direkt zum Anspruch, Sünden zu vergeben, führen, wenn eine zumindest latent antikultische Einstellung wie bei Jesus vorhanden war. Man beachte jedoch, daß Johannes der Täufer Sünden vergeben, aber offenbar keine »Wunder« getan hat.
Mk 2,13-17: Die Berufung des Levi und das Zöllnergastmahl
(13) Und er ging wiederum hinaus am Meer entlang. Und das ganze Volk kam zu ihm, und er lehrte sie. (14) Und als er entlangging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sagt ihm: »Folge mir!« Und er stand auf und folgte ihm.
(15) Und es geschieht, daß er in seinem Haus liegt, und viele Zöllner und Sünder lagen mit Jesus und seinen Jüngern. Denn es waren viele, und sie folgten ihm.
(16) Und die Schriftgelehrten der Pharisäer, als sie sahen, daß er mit den Sündern und Zöllnern ißt, sagten seinen Jüngern: »Mit den Zöllnern und Sündern ißt er?«
(17) Und als Jesus (das) hörte, sagt er ihnen: »Nicht bedürfen die Starken des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.«
Redaktion
V. 13: Dies ist ebenso wie 1,21; 1,39 eine mk Zustandsschilderung. Die Lehre Jesu ist wie 1,14f.21f seinen Taten vorgeordnet.
V. 14: Der Vers bezieht sich auf 1,16-18 zurück und entspricht dieser Stelle z.T. wörtlich. Das zweimal wiederholte Wort »nachfolgen« stammt von Mk.
V. 15-16: Die unvermittelte Nennung der Jünger in V. 15, die hier als eigene Größe bei Mk zum ersten Mal erscheinen, geht auf den Redaktor zurück. Er bereitet damit V. 16 und die Berufung der Zwölf (3,13-19) vor. Die Erwähnung der Schriftgelehrten der Pharisäer verknüpft die vorliegende Perikope mit dem nächsten Abschnitt (2,18-3,6), in dem entweder die Pharisäer allein (2,24) oder zusammen mit anderen Widersachern (2,18; 3,6) gegen Jesus auftreten.
V. 17: Der Satz vom Arzt schärft im Kontext des MkEv der Leserschaft ein, daß Jesus in der Tat Kranke heilt (vgl. 1,23-2,12). Die Verbindung von Sünde und Krankheit war in der vorausgehenden Erzählung (2,1-12) Thema.
Ertrag: Die Perikope verstärkt den Anspruch, der sich bereits in 2,5b-10 zeigte: Jesus ist derjenige, der Sünder ruft und ihnen die Sünden vergibt.
Tradition
Die Perikope enthält zwei Traditionsstücke: a) V. 14: Berufung des Zöllners Levi. b) V. 15-17: ein Streitgespräch mit dem V. 17c überlieferten Logion (»Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder«) als Ursprung. Dabei ist V. 17b (»Nicht bedürfen die Starken des Arztes, sondern die Kranken«) weisheitliche Verallgemeinerung von V. 17c. Die Szene V. 15f, die in sich traditionelles Kolorit hat (Jesus ißt mit Zöllnern und Sündern), wurde nachträglich hinzukomponiert. V. 16, die Frage an die Jünger, mit der Antwort Jesu darauf in V. 17 erweist die Tradition V. 15-17 als Gemeindebildung.
Historisches
V. 14: Die Jüngerschaft des Zöllners Levi ist historisch (doch gelten zur Art und Weise seiner Berufung die gleichen Vorbehalte wie zu Mk 1,16-20).
V. 15-16: Ebenso sind gemeinsame Mahlzeiten Jesu mit Sündern und Zöllnern historisch. Jesus war offenbar oft zu Gast in Häusern, deren Besitzer kein rechtes Verhältnis zur Thora mehr hatten und deswegen nach rechtgläubigem Urteil als gottlos galten.
V. 17b-c: Die Worte V. 17b und V. 17c passen gut in die Situation nach »Ostern« und sind deswegen ungeschichtlich.
Mk 2,18-22: Vom Fasten
(18) Und die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten. Und sie kommen und sagen ihm: »Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, deine Jünger aber fasten nicht?«
(19) Und Jesus sagte ihnen: »Können etwa die Hochzeitsgäste, während der Bräutigam bei ihnen ist, fasten? Solange sie den Bräutigam bei sich haben, können sie nicht fasten. (20) Es werden aber Tage kommen, wenn von ihnen der Bräutigam weggenommen wird, und dann werden sie an jenem Tage fasten.
(21) Niemand näht einen Lappen aus neuem Tuch auf ein altes Kleid. Sonst reißt das Füllstück ab, das neue vom alten, und es gibt (nur) einen schlimmeren Riß. (22) Und niemand gießt neuen Wein in alte Schläuche. Sonst zerreißt der Wein die Schläuche, und der Wein verdirbt und die Schläuche. Sondern neuen Wein in neue Schläuche!«
Redaktion und Tradition
V. 18a: »Jünger« knüpft an denselben Ausdruck in V. 15f an, »Pharisäer« an dasselbe Wort in V. 16.
V. 18b-20: Mk gibt, abgesehen von dem Zusatz »und die Jünger der Pharisäer«, eine Überlieferung wortgetreu wieder, welche die Zeit Jesu und die Zeit nach seinem Tod unterscheidet. V. 18b*-19a: Die Urtradition, die mit ihrem argumentativen Charakter den Ursprung in einer Debatte zeigt (Bultmann, 17), bestand aus V. 18b*-19a. V. 19b als Verknüpfung zwischen der Lebenszeit Jesu und der nach seinem Tod und V. 20 als Jesus in den Mund gelegte Prophezeiung sind Weiterbildungen nach dem Abscheiden Jesu.
V. 21-22: Die redaktionellen Eingriffe (kursiv) zeigen das mk Verständnis an: Ebenso wie die Lehre Jesu neu ist, so gehört das Evangelium als neuer Wein in eine neue Form, die gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer gerichtet ist. Der Doppelspruch – abzüglich der mk Hinzufügungen – hat seinen Ursprung in der Weisheitsliteratur und kann von jedem, der die Wirklichkeit beobachtet, nachvollzogen werden.
Historisches
V. 18b*-19a: Die Tradition setzt voraus, daß Jesus und seine Jünger nicht gefastet haben. Diese Voraussetzung erweist sich durch das Differenzkriterium als historisch zutreffend, denn in der Gemeinde entwickelte sich alsbald das Fasten als Praxis (s. sofort zu V. 19b-20). Die vorliegende Überlieferung ist sicher authentisch und bezeichnet das damalige Zusammensein Jesu mit seinen Jüngern als Hochzeit. Man wird dabei in der Annahme nicht fehlgehen, daß Jesus das mit den Jüngern eingenommene Mahl, zunächst gelegentlich, als Vorwegnahme des himmlischen Mahls gefeiert hat.
V. 19b-20: Diese Worte sind unecht und wurden Jesus erst nach seinem Tod in den Mund gelegt, um die Fastenpraxis der Gemeinde zu begründen. Vgl. die Frömmigkeitsregel des Fastens in Mt 6,16-18. Jesus und seine Jünger haben nicht gefastet (vgl. das gerade erörterte Traditionsstück V. 18b*-19a).
V. 21-22*: Diese Verse können auf Jesus zurückgehen, doch fehlt die dazugehörige Situation. Hinzu kommt die allgemeine Schwierigkeit in der geschichtlichen Beurteilung weisheitlichen Materials. Das Urteil bleibt unentschieden.
Mk 2,23-28: Das Ährenausraufen am Sabbat
(23) Und es geschah, als er am Sabbat durch die Saatfelder ging, da begannen seine Jünger, unterwegs die Ähren auszuraufen. (24) Und die Pharisäer sagten ihm: »Sieh, warum tun sie am Sabbat, was nicht erlaubt ist?«
(25) Und er sagt ihnen: »Habt ihr niemals gelesen, was David tat, als er Not litt und hungerte und die mit ihm, (26) wie er in das Haus Gottes zur Zeit des Hohenpriesters Abiathar eintrat und die Schaubrote aß, die zu essen nur den Priestern erlaubt ist, und auch denen, die mit ihm waren, (davon) gab?«
(27) Und er sagte ihnen: »Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen.
(28) Daher ist Herr der Menschensohn auch über den Sabbat.«
Redaktion
Mk hat verschiedene ihm vorliegende Traditionsstücke an dieser Stelle fast unverändert wiedergegeben. Gleichwohl ist der Abschnitt im Kontext des MkEv fest verankert. Auch die folgende Perikope (3,1-6) behandelt Jesu Stellung zum Sabbat. Im vorliegenden Abschnitt geht es ein weiteres Mal um den Konflikt Jesu mit den jüdischen Oberen und ihrem Gesetz, über dem Jesus als Menschensohn steht, vgl. V. 28: Dieser Vers ist traditionell, aber erst von Mk an das Ende der Perikope gestellt worden.
V. 23: »Seine Jünger« nimmt denselben Ausdruck aus V. 15f auf.
V. 24: »Pharisäer« als Gegner Jesu erscheinen vorher V. 16 und V. 18 (zweimal) und später 3,6.
V. 25-26: Vgl. 1Sam 21,2-7. Doch handelt es sich dort nicht um Abiathar, sondern um seinen Vater Ahimelech. Abiathar erscheint vielmehr erst in 1Sam 22,20. Weder Abiathar noch Ahimelech waren Hohepriester.
V. 27: Der Anfang (»und er sagte ihnen«) ist eine typisch mk Überleitungsformel.
Tradition
Die Perikope wird in der Sekundärliteratur auf zweierlei Art analysiert: a) V. 23f.27 gehören zusammen, und V. 25f.28 sind spätere Zusätze; b) V. 23-26 sind eine ursprüngliche Einheit, und V. 27-28 wurden zusammen oder einzeln hinzugefügt. Gegen Möglichkeit a) spricht jedoch, daß im Streitgespräch die Gegenfrage Jesu (V. 25f) stilgemäß ist. Außerdem dürfte der Schriftbeweis in V. 25f »auch ohne den szenischen Rahmen in den Debatten der Urgemeinde eine Rolle gespielt« haben (Bultmann, 14).
Folgende Schichtung der Perikope ist demnach festzustellen: V. 23-26: Streitgespräch; V. 27: Einzelwort; V. 28: christologischer Schluß.
Historisches
V. 23-26: Dieses Stück geht auf die Gemeinde zurück, denn Jesus verteidigt eine Handlung seiner Jünger.
V. 27: Der Vers ist ein jesuanischer Spitzensatz. Dahinter mag die Vorstellung stehen, daß der Sabbat göttliche Schöpfungsordnung ist, aber gerade deswegen in Extremsituationen dem Menschen als Ebenbild Gottes unterzuordnen sei. Vgl. zum jüdischen Denkhorizont von V. 27 auch 2Makk 5,19: »Der Herr (= Gott) hat nicht wegen des Ortes (= des Tempels) das Volk auserwählt, sondern wegen des Volkes den Ort.« Davon abgesehen, interpretiert Jesus die Thora, allgemein gesagt, von der Liebe her, d.h. unter dem Gesichtspunkt, ob sie dem Menschen dient. Dies hat er eines Tages auf die Kampfesformel von 2,27 gebracht. Es ist kein Wunder, daß sowohl Mt als auch Lk diesen Satz auslassen.
V. 28 ist eine nachösterliche Interpretation (wie 2,10). An ihrer Stelle hätte man vom Gedankengang her eigentlich die Folgerung erwartet: Also ist der Mensch Herr über den Sabbat. Eine solche Formulierung wird manchmal auch für ursprünglich gehalten, indem man eine falsche Übersetzung aus dem Aramäischen annimmt: In der aramäischen Muttersprache Jesu bedeute Sohn des Menschen nichts anderes als Mensch. Aber »Sohn des Menschen« ist nun einmal eine Hoheitsbezeichnung Jesu, wie auch aus anderen Stellen als V. 28 hervorgeht (vgl. 2,10).
Mk 3,1-6: Die Heilung am Sabbat
(1) Und er ging wiederum in eine Synagoge. Und es war dort ein Mensch mit einer vertrockneten Hand.
(2) Und sie belauerten ihn, ob er ihn am Sabbat heile, damit sie ihn anklagen könnten.
(3) Und er sagt dem Menschen mit der verdorrten Hand: »Steh auf in die Mitte!«
(4) Und er sagt ihnen: »Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses zu tun, ein Leben zu retten oder zu töten?« Sie aber schwiegen.
(5) Und er blickte sie mit Zorn an. Traurig über die Verstockung ihrer Herzen, sagt er dem Menschen: »Strecke die Hand aus!« Und er streckte sie aus, und seine Hand war wiederhergestellt.
(6) Und die Pharisäer gingen hinaus sogleich mit den Herodianern und faßten den Beschluß gegen ihn, damit sie ihn vernichteten.
Redaktion
Die Geschichte steigert im mk Kontext die Feindschaft zwischen den jüdischen Oberen und Jesus. Nach der erfolgten Heilung fassen diese den Beschluß, Jesus zu töten, was in Mk 14-15 auch gelingt.
V. 1: »Wiederum« verknüpft wie in 2,1 und 2,13 die Perikope mit dem Kontext.
V. 2: Die Sabbat-Thematik nimmt auf die vorige Perikope (2,23-28) Bezug. Die Jesus Belauernden sind die Pharisäer aus 2,24.
V. 3: Dadurch, daß der Kranke in die Mitte treten soll, wird ausgedrückt: Es geht um den Menschen (nicht um das Gesetz) – ebenso wie in 2,27.
V. 6: Dieser Vers ist ein redaktioneller Vorausverweis auf die Passion (vgl. später 8,31; 9,31; 10,33f; 12,12; 14-15). Er verrät ein biographisches Interesse, »das den Streit- und Schulgesprächen sonst fremd ist und der Pointe der Geschichte – die prinzipielle Frage nach der Sabbatheilung – nicht entspricht« (Bultmann, 9).
Tradition
Der Ursprung der Tradition ist eine Wundererzählung. Sie hat zahlreiche begriffliche Parallelen mit der in 1Kön 13,1-10 erzählten (Straf-)Wundergeschichte, welche das Verdorren und die Heilung der widergöttlichen Hand des Königs Jerobeams schildert. Diese Wundererzählung ist später zu einem Streitgespräch über die Sabbat-Thematik weiterentwickelt worden.
Zutreffend Bultmann: Das Streitgespräch hat einen geschlossenen Aufbau. »Sie aber schwiegen« (V. 4) und die Heilung (V. 5) bildeten den organischen Abschluß des Streitgesprächs. Das Logion in V. 4 (»Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses zu tun, ein [Menschen-]Leben zu retten oder zu töten?«) war nie isoliert, denn die Frageform entspricht als die typische Form des Gegenarguments dem in V. 2 implizit enthaltenen Vorwurf.
Historisches
Das Streitgespräch über die Erlaubnis, am Sabbat heilen zu dürfen, hat nie stattgefunden. Denn es ist deutlich von den Bedürfnissen der Gemeinde geprägt. Gleichwohl liegt dieser Szene das Wissen darüber zugrunde, daß Jesus zuweilen bewußt das Sabbatgebot übertreten hat (vgl. den Grundsatz Mk 2,27).
Das Wunder der spontanen Heilung der vertrockneten Hand erweist sich durch die Parallele in 1Kön 13,4-6 ebenfalls als unhistorisch, ganz abgesehen davon, daß es die Naturgesetze aufheben würde.
Mk 3,7-12: Großer Zulauf des Volkes und Heilungen
(7) Und Jesus zog mit seinen Jüngern zum See, und eine große Menge von Galiläa folgte (ihm) nach und von Judäa (8) und von Jerusalem und von Idumäa und von jenseits des Jordans und aus (der Gegend) um Tyrus und Sidon eine große Menge.
Als sie hörten, was er tat, kamen sie zu ihm.
(9) Und er sagte seinen Jüngern, daß wegen des Volkes ihm ein Boot zur Verfügung stehen solle, damit sie ihn nicht erdrückten.
(10) Viele nämlich heilte er, so daß sie sich auf ihn stürzten, um ihn zu berühren, (alle) die von Krankheit geplagt waren.
(11) Auch die unreinen Geister stürzten, wenn sie ihn erblickten, vor ihm nieder und schrien: »Du bist der Sohn Gottes.«
(12) Und er bedrohte sie vielmals, daß sie ihn nicht offenbar machen sollten.
Redaktion
Der Abschnitt ist ebenso wie 1,32-39; 6,53-56 eine redaktionelle summarische Bildung (und fällt darum als historische Quelle aus). Im Vergleich zu 1,32-34 ist das Interesse der Menschen an Jesus noch gesteigert. Die Dämonen sprechen nur hier das Bekenntnis, Jesus sei der Sohn Gottes (V. 11; s. aber auch 5,7). Vgl. vorher die Anrede Jesu als des »Heiligen Gottes« (1,24) durch einen Kranken mit einem unreinen (= dämonischen) Geist. Der erzählerische Schwerpunkt liegt in diesem Abschnitt mehr auf den Reaktionen auf Jesu Wundertaten als auf den Heilungen (V. 10a) selbst.
Mk 3,13-19: Die Berufung der Zwölf
(13) Und er steigt auf den Berg und ruft diejenigen, die er wollte, und sie gingen zu ihm.
(14) Und er setzte Zwölf ein, damit sie mit ihm seien und damit er sie sende, zu verkündigen (15) und die Vollmacht zu besitzen, die Dämonen auszutreiben.
(16) Und er übertrug dem Simon den Namen Petrus,
(17) und Jakobus, den Sohn des Zebedäus,
und Johannes, den Bruder des Jakobus,
und er übertrug ihnen den Namen Boanerges,
was bedeutet: Söhne des Donners.
(18) Und Andreas
und Philippus
und Bartholomäus
und Matthäus
und Thomas
und Jakobus, den Sohn des Alphäus,
und Thaddäus und Simon, den Kananäer,
(19) und Judas Iskariot, der ihn auch auslieferte.
Redaktion und Tradition
V. 13 ist mk Einleitung. Der Berg hat wie immer bei Mk eine symbolische Bedeutung und bezeichnet den Ort der Epiphanie (vgl. 9,2).
V. 14b-15 sind eine mk Einfügung, mit der Mk die ständige Begleitung Jesu durch die zwölf Jünger sowie deren spätere Aussendung (6,7-13) motiviert. Die Jünger erhalten die gleiche Vollmacht, Dämonen auszutreiben, wie Jesus sie immer wieder unter Beweis gestellt hat. Wie Jesus so die Jünger.
V. 19b ist Vorverweis auf 14,10-11.
Ertrag: Mk hat in die ihm überlieferte Namensliste der Zwölf referierende Zwischenbemerkungen eingefügt und sie mit einem erzählenden Rahmen versehen. Gleichzeitig fügt er in die Namensliste den Sendungs- und Vollmachtsgedanken ein.
Als Tradition schält sich eine Liste von zwölf Jüngern Jesu heraus, aus der sich noch einmal eine Dreierliste ausgliedern läßt. Diese Trias besteht aus Simon, Jakobus und Johannes, wobei die drei durch die ihnen von Jesus gegebenen Spezialnamen ausgezeichnet werden. Dabei fällt auf, daß der Beiname von Johannes und Jakobus auf aramäisch angegeben wird; Simon erhält dagegen einen griechischen Beinamen, Petrus, der die Benennung mit dem aramäischen Namen Kephas voraussetzt. Mit der Zwölferliste sind die anderen bekannten Zwölferlisten zu vergleichen (Mt 10,2-4; Lk 6,14-16; Apg 1,13), die aber keine großen Abweichungen aufweisen.
Simon der Kananäer (V. 18 Ende) heißt Simon der Eiferer (W. Bauer, 38).
Historisches
V. 14: Es ist sehr wahrscheinlich, daß Jesus zu seinen Lebzeiten einen Kreis der Zwölf berufen hat. Würde man diesen Kreis für eine nachösterliche Schaffung halten, so wäre schwer zu erklären, warum er unmittelbar nach seiner Einsetzung wieder eingegangen sein sollte. Denn Paulus hatte in Jerusalem nicht mehr mit dem Zwölferkreis (1Kor 15,5), sondern mit den drei »Säulen« Kontakt (Gal 2,9). Außerdem spricht die Existenz des Judas als eines der Zwölf für die Historizität des Zwölferkreises zu Lebzeiten Jesu. Denn wer hätte die Zugehörigkeit des Auslieferers Judas zum Zwölferkreis erfinden sollen, wenn dieser Kreis nicht geschichtlich gewesen wäre?
V. 16-17a: Die Übertragung des Namens Petrus (= aram. Kephas) ist ebensowenig historisch wie die Einsetzung eines etwaigen Dreierkollegiums Simon, Jakobus, Johannes (vgl. zu 9,2-8 und Gal 2,9). Beides wurde erst in der Urgemeinde ausgebildet (vgl. zu Mt 16,18-19).
V. 17b: Der Beiname der Zebedaiden, Boanerges, wird vielleicht durch Lk 9,54 historisch plausibel. »Den aramäischen Namen Boanerges für die Zebedaiden erwähnt Lc nicht, kennt ihn aber und erklärt ihn hier. Sie wollen selber das Feuer herabkommen lassen, trauen sich also zu, zu können, was der alttestamentliche Donnerer konnte« (Wellhausen, 504). Einer anderen Erklärung zufolge spielt ihre Benennung nicht auf ihren Charakter, sondern auf den Auftrag zu prophetisch-apokalyptischer Verkündigung an (vgl. Offb 6,1; 10,3f; 14,2; 19,6).