Kitabı oku: «Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler», sayfa 2
DAS LEBEN DES ARETINERS PARRI SPINELLI
Vita di Parri Spinelli Aretino (1568)
Der Maler Parri di Spinello Spinelli aus Arezzo wurde, nachdem er die Grundlagen der Kunst bei seinem Vater gelernt hatte,1 von dem Aretiner Leonardo Bruni2 nach Florenz gebracht, wo ihn Lorenzo Ghiberti3 in der Schule aufnahm, in der viele junge Leute unter seiner Anleitung lernten. Und weil damals gerade die Türen von San Giovanni gesäubert wurden, setzte man ihn zusammen mit vielen anderen an diese Arbeit, wie weiter oben schon gesagt worden ist.4 Während er auf diese Weise beschäftigt war, schloß er, weil ihm seine Art zu zeichnen gefiel, Freundschaft mit Masolino da Panicale, den er in vielen Dingen nachzuahmen begann,5 wie er es teilweise auch mit dem Stil von Lorenzo degli Angeli tat.6 Parri schuf seine Figuren sehr viel schlanker und gelängter als jeder andere Maler vor ihm, denn wo die anderen sie maximal zehn Köpfe hoch machen, schuf er sie elf, manchmal sogar zwölf hoch. Keineswegs ließ sie das mißgestaltet wirken, obwohl sie schmal waren und sich immer in einem Bogen mal zur rechten, mal zur linken Seite neigten, weil es ihm schien, wie er selbst sagte, daß sie auf diese Weise mehr Kühnheit besaßen.7 Der Faltenwurf der Gewänder war überaus feinteilig und stoffreich in den Säumen, die seinen Figuren von den Armen bis auf die Füße herabfielen. Die Farbgebung in Tempera beherrschte er aufs trefflichste und die des Fresko perfekt. Er war außerdem der erste, der bei der Arbeit in Fresko auf die Verwendung von verdaccio [Erdgrün] unter den Hauttönen verzichtete, um sie dann mit rosigen Fleisch- und chiaroscuro-Tönen aquarellartig durchscheinend zu übermalen, wie es Giotto und die anderen alten Maler noch getan hatten.8 Statt dessen verwendete Parri für das Anrühren der Grundierungen und Farbtöne kräftige Grundfarben und setzte sie mit großem Urteilsvermögen an die ihm passend erscheinenden Stellen, will heißen die hellen Tönen an die höchste Stelle, die mittleren Werte zu den Seiten hin und die dunklen an den äußeren Konturen. Mit dieser Arbeitsweise demonstrierte er größere Leichtigkeit in den Werken und verlängerte die Lebensdauer der Malereien in Fresko, da er die Farben, nachdem er sie an den entsprechenden Stellen aufgebracht hatte, unter Verwendung eines recht großen, weichen Pinsels miteinander in Einklang brachte. Obendrein führte er die Werke mit derart sauberer Präzision aus, daß man sich nichts Besseres wünschen kann, und seine Farbgebungen sind ebenfalls ohnegleichen.9
Nachdem Parri folglich viele Jahre fern der Heimat verbracht hatte, wurde er, als der Vater starb, von seinen Angehörigen zurück nach Arezzo gerufen,10 wo er neben vielen anderen Dingen, über die zu berichten zu lange dauern würde, eine Reihe von Werken schuf, die auf keinen Fall verschwiegen werden dürfen.11 Im Alten Dom freskierte er drei verschiedene Madonnen12 und malte auf der Innenseite des Hauptportals jener Kirche zur Linken des Eingangs in Fresko eine Szene mit dem Seligen Tommasuolo, der in jener Zeit ein Eremit des Sackbrüderordens war und Mann mit heiliger Lebensführung.13 Und weil er in seiner Hand einen Spiegel zu tragen pflegte, in dem er, wie er erklärte, die Passion Jesu Christi sah, porträtierte Parri ihn in jener Szene auf Knien mit dem Spiegel in der rechten Hand, die er zum Himmel erhoben hat. Darüber schuf er Jesus Christus auf einem Thron aus Wolken und um ihn herum sämtliche Mysterien der Leidensgeschichte, die er alle mit wunderschöner Kunstfertigkeit sich auf solche Weise in dem Spiegel widerspiegeln ließ, daß nicht nur der Selige Tommasolo sie sehen konnte, sondern jeder, der dieses Gemälde betrachtete. Das war eine wirklich einfallsreiche und schwierige Erfindung und so schön, daß viele nach ihm davon gelernt haben, vielerlei Dinge mit Hilfe von Spiegeln abzubilden. Da ich nun einmal auf dieses Thema zu sprechen gekommen bin, will ich nicht verschweigen, was dieser heilige Mann einst in Arezzo vollbracht hat, und dies trug sich folgendermaßen zu.
Unermüdlich darum bestrebt, unter den Aretinern für Eintracht zu sorgen, indem er mal predigte, mal Unglücke vorhersagte, mußte er am Ende jedoch erkennen, daß er nur seine Zeit vergeudete. Da betrat der Selige eines Tages den Palast, in dem die Sechzig sich versammelten und wo er sie Tag für Tag zu Rate sitzen, aber keine anderen Beschlüsse fassen sah als solche, die der Stadt schadeten. Als er sah, daß der Saal sich gefüllt hatte, packte er sich den weiten Saum seines Gewandes mit glühenden Kohlen voll, trat damit kühn vor die Sechzig und all die anderen Magistrate der Stadt, warf sie ihnen vor die Füße und sprach: »Meine Herren, das Feuer ist unter Euch, gebt acht, Euer Untergang naht«, und mit diesen Worten ging er. Aber da es Gott gefiel, hatte die Einfachheit und gutgemeinte Warnung jenes heiligen Mannes solche Macht, daß diese Geste auf einmal vollbrachte, was alles Predigen und Drohen nicht hatte ausrichten können, sie sich also nur wenig später einig wurden und sie jene Stadt dann viele Jahre lang in gedeihlichem Frieden und Ruhe für jedermann regierten.
Um aber auf Parri zurückzukommen, der nach besagtem Werk in der Kirche und dem Spital von San Cristoforo neben der Annunziata-Bruderschaft für M[ad]onna Mattea de’ Testi, Ehefrau von Carcascion Florinaldi, der jenem Kirchlein stattliche Einkünfte vermacht hatte,14 in einer Kapelle einen gekreuzigten Christus freskierte und rings um ihn und über ihm vielerlei Engel, die durch eine verdunkelte Luft fliegen und bitterlich weinen. Zu Füßen des Kreuzes sind auf der einen Seite Magdalena und die Marien, welche die ohnmächtige Madonna in Armen halten, und auf der anderen die Heiligen Jakobus und Christophorus.15 Auf die Wände malte er die Heilige Katharina, den Heiligen Nikolaus, die Verkündigungsmadonna und Jesus Christus an der Säule; und im Bogenfeld über dem Portal besagter Kirche eine Pietà, den Heiligen Johannes und die Madonna. Die [Bilder] im Inneren aber sind (abgesehen von der Kapelle) zerstört worden. Außerdem hat man den Bogen beim Einbau eines modernen Portals aus macigno-Stein abgerissen, auch weil man mit den Einkünften jener Bruderschaft ein Kloster für einhundert Nonnen zu errichten gedachte.16 Für jenes Kloster hat Giorgio Vasari17 ein vielbeachtetes Modell vorgelegt, das dann aber verändert oder besser gesagt verstümmelt worden ist, und zwar von demjenigen, dem unwürdigerweise die Leitung dieses bedeutenden Baus angetragen wurde. So trifft man häufig auf sogenannte gelehrte, meist jedoch ahnungslose Männer, die mit ihrer vorgeblichen Kennerschaft immer wieder großtuerisch den Architekten geben und Bauaufsicht führen wollen und damit in der Regel die Entwürfe derjenigen zugrunde richten, die, sich in Studien und praktischer Arbeit aufreibend, in kompetenter Weise Baupläne entwerfen. Und dies geschieht zum Schaden der Nachwelt, weil sie des Nützlichen und Angemessenen, der Schönheit, des Ornaments und der Großartigkeit beraubt wird, welche für Bauwerke, und allen voran für öffentliche, gefordert sind.18
Parri arbeitete auch in der Kirche von San Bernardo, einem Kloster der Olivetanermöche, wo er zwei Kapellen ausgestaltete, die das Hauptportal auf der Innenseite einrahmen. In der zur Rechten, die der Dreifaltigkeit geweiht ist, schuf er einen Gottvater, der mit den Armen einen Christus am Kreuz stützt, und darüber die Taube des Heiligen Geistes in einem Engelsreigen; außerdem malte er auf eine Wand derselben Kapelle in vollendeter Weise einige Heilige in Fresko. In der anderen, der Madonna geweihten [Kapelle] ist die Geburt Christi dargestellt und einige Frauenfiguren, die ihn in einer kleinen hölzernen Wanne waschen und dies mit einer weiblichen Anmut tun, die mehr als trefflich zum Ausdruck gebracht ist. In der Ferne befinden sich auch ein paar Schäfer in der ländlichen Kleidung jener Epoche, die ihre Schäfchen hüten und sehr lebhaft und höchst aufmerksam den Worten des Engels lauschen, der sie anweist, nach Nazareth zu gehen. Auf der anderen Wand ist die Anbetung der Könige gezeigt, mit den Trossen, Kamelen, Giraffen und dem gesamten Gefolge jener drei Könige, die ihre Schätze ehrfurchtsvoll darbieten und Christus im Schoß der Mutter anbeten. Darüber hinaus schuf er in der Wölbung und einigen der Giebelfelder außen ein paar wunderschöne Szenen in Fresko.19 Wie es heißt, hat zu der Zeit, als Parri dieses Werk ausführte, Bruder Bernhardin aus Siena,20 ein Franziskaner und Mann heiliger Lebensführung, in Arezzo gepredigt und viele seiner Mitbrüder dadurch zu einem wahren geistlichen Leben bewegt wie auch zahlreiche andere Menschen bekehrt, weshalb er für sie die Kirche von Sargiano bauen wollte und dafür von Parri das Modell anfertigen ließ.21 Als er später hörte, daß eine Meile vor der Stadt im Wald bei einem Brunnen viele schlimme Dinge geschahen, machte er sich, die gesamte Einwohnerschar Arezzos im Gefolge, eines Morgens dorthin auf, in der Hand ein großes Holzkreuz, so wie er es gewöhnlich zu tragen pflegte. Dann ließ er nach einer feierlichen Predigt den Brunnen abtragen, den Wald roden und kurze Zeit später mit dem Bau eines Kapellchens beginnen, das dort zu Ehren der Madonna unter dem Weihtitel Santa Maria delle Grazie errichtet wurde.22 Im Inneren wünschte er sich nun, daß Parri, wie er es dann tat, mit eigener Hand die Glorreiche Jungfrau malen würde, wie sie mit ausgebreiteten Armen die gesamte Bevölkerung von Arezzo unter ihrem Mantel birgt. Diese hochheilige [Figur der] Jungfrau hat an jenem Ort dann viele Wunder gewirkt und tut dies auch weiterhin. An diesem Ort hat die Gemeinde von Arezzo später eine wunderschöne Kirche errichten und in ihrem Zentrum die von Parri geschaffene Madonna aufstellen lassen. Rings um den Altar und darüber ist sie mit reichverziertem Rahmenwerk aus Marmor und Figuren eingefaßt worden, wie es in der Vita von Luca della Robbia23 und seines Neffen Andrea24 gesagt worden ist und wie es nach und nach in den Lebensbeschreibungen derer zu berichten sein wird, deren Werke jenen heiligen Ort zieren.25
Die Verehrung, die er jenem heiligen Mann entgegenbrachte, hat Parri nicht lange danach veranlaßt, besagten Heiligen Bernhardin auf einem großen Pfeiler im Alten Dom in Fresko zu porträtieren. An jenem Ort malte er außerdem in einer kleinen, ihm geweihten Kapelle die Verherrlichung jenes Heiligen im Himmel, umringt von einer Engelsschar und dazu drei Halbfiguren: zwei auf den Seiten, welche Geduld und Armut darstellten, und eine darüber, das war die Keuschheit – drei Tugenden, die jenen Heiligen bis zu seinem Tod begleitet haben. Unter seinen Füßen hatte er einige Bischofsmützen und Kardinalshüte, um zu veranschaulichen, daß er alles Weltliche verhöhnt hat und solche Würden immer verschmähte. Und unterhalb von diesen Malereien war die Stadt Arezzo in der Gestalt abgebildet, die sie zu jener Zeit aufwies.26 Ebenso freskierte Parri an der Außenseite des Doms für die Annunziata-Bruderschaft in einem Kapellchen oder besser gesagt in einer Maestà27 die Madonna, wie sie sich durch die Verkündigung des Engels vor Schreck mit dem ganzen Körper wegdreht.28 Und in dem kreuzgratgewölbten Himmel schuf er in jeder Ecke zwei Engel, die durch die Luft fliegen und auf verschiedenen Instrumenten musizieren, wobei sie wirken, als würden sie sich aufeinander einstimmen, und man beinahe einen allerliebsten Wohlklang zu hören vermeint. Auf den Wänden sind noch vier Heilige dargestellt, will heißen auf jeder Seite zwei. Die Fähigkeit, seine Vorstellung mit noch anderen Mitteln zum Ausdruck zu bringen, hat er dann an den beiden Pfeilern demonstriert, die am Eingang den vorderen Bogen tragen. Auf dem einen ist nämlich eine wunderschöne Caritas, die liebevoll ein Kind stillt, ein anderes herzt und das dritte an der Hand hält; auf dem anderen dann eine neuartig gemalte Figur des Glaubens, die in der einen Hand den Kelch und das Kreuz hält und in der anderen einen Becher mit Wasser, den sie über dem Kopf eines Jungen ausgießt und ihn so zum Christen macht.29 Alle diese Figuren sind ohne Zweifel die besten, die Parri in seinem ganzen Leben geschaffen hat, und auch im Vergleich mit den modernen sind sie ganz wunderbar.30
Derselbe malte innerhalb der Stadt in der Kirche Sant’Agostino im Chor der Brüder viele Figuren in Fresko, die am Stil der Kleider zu erkennen sind und an ihren gelängten, schlanken und verdrehten Körpern, wie weiter oben gesagt worden ist.31 Am Lettner der Kirche San Giustino freskierte er einen Heiligen Martin zu Pferd, der ein Stück von seinem Gewand abschneidet, um es einem Bedürftigen zu geben, und noch zwei weitere Heilige.32 Außerdem hat er in der Bischofskirche, und zwar auf eine Mauerwand, eine Verkündigung gemalt, die heute halb zerstört ist, weil sie viele Jahre lang ungeschützt im Freien war.33 In der Pieve derselben Stadt malte er die Kapelle aus, die sich heute in der Nähe des Raumes der Kirchenbauverwalter befindet und durch die Feuchtigkeit fast vollständig verfallen ist. Und dieser arme Maler hatte wirklich Pech mit seinen Werken, weil nahezu der größte Teil von ihnen durch Feuchtigkeit oder Abriß zerstört worden ist.34 Auf eine runde Säule besagter Pieve malte er einen Heiligen Vinzenz in Fresko35 und in San Francesco schuf er für die Familie Viviani rings um eine Madonna im halbhohen Relief einige Heilige und in dem Bogen darüber die Apostel, die den Heiligen Geist empfangen. In der Wölbung sind einige weitere Heilige und seitlich Christus mit dem Kreuz auf der Schulter, aus dessen Seite Blut in einen Kelch fließt, und um besagten Christus einige sehr gut gemachte Engel.36 Ihr gegenüber schuf er für die Bruderschaft der Steinmetze, Maurer und Schreiner in ihrer Kapelle der Heiligen Vier Gekrönten37 eine Madonna, besagte Heilige mit den Werkzeugen jener Zünfte in Händen und darunter, ebenfalls in Fresko, zwei Szenen mit ihren Taten und wie sie enthauptet und ins Meer geworfen werden. Wunderschön sind in diesem Werk die Haltungen und Kraftanstrengungen derer, die sich jene in Säcken steckenden Körper auf die Schultern laden, um sie zum Meer zu tragen, weil ihnen Bereitschaft und Lebendigkeit anzusehen sind. Außerdem freskierte er in San Domenico auf der rechten Wand unweit des Hauptaltars eine Madonna, den Heiligen Antonius und den Heiligen Nikolaus für die Familie Alberti aus Catenaia, einst Herren jenes Ortes, die sich nach der Zerstörung desselben in Arezzo und Florenz niederließen. Und daß es sich um ein und dieselbe Familie handelt, zeigt das Wappen der einen wie der anderen, weil es dasselbe ist. Dabei trifft es zu, daß die in Arezzo heute nicht mehr Alberti, sondern Catenaia genannt werden, während jene in Florenz Alberti heißen und nicht Catenaia.38 Ich erinnere mich zudem, gesehen und auch gelesen zu haben, daß die einst in den Alpen von Catenaia gelegene Abtei del Sasso, die heute abgerissen und nach weiter unten Richtung Arno verlegt worden ist, von eben diesen Alberti für die Kamaldulenserkongregation erbaut worden ist; heute gehört sie zum Angeli-Kloster in Florenz, das es als ursprüngliche Stiftung besagter Familie anerkennt, die in Florenz zum Hochadel gehört.
Im alten Audienzsaal der Bruderschaft von Santa Maria della Misericordia malte er eine Madonna, die mit ihrem Mantel die Bevölkerung von Arezzo schirmt,39 wo er die damaligen Klosterleiter in zeitgenössischen Gewändern nach dem Leben porträtierte. Unter ihnen war einer, den sie Braccio nannten, heute allerdings, wenn von ihm die Rede ist, Lazzaro der Reiche genannt wird; er starb 1422 und hinterließ alle Reichtümer und sein gesamtes Vermögen jenem Kloster, das es zugunsten der Armen Gottes verteilt und die heiligen Werke der Barmherzigkeit mit großer Nächstenliebe ausübt.40 Diese Madonna wird auf der einen Seite vom Heiligen Papst Gregor eingerahmt, auf der anderen vom Heiligen Donatus, der Bischof und Schutzherr der Bevölkerung von Arezzo war.41 Und weil Parri ihnen mit diesem Werk hervorragende Dienste erwiesen hatte, ließen diejenigen, die jene Bruderschaft damals leiteten, ihn in einer in Tempera gemalten Tafel eine Madonna mit dem Kind im Arm ausführen, dazu einige Engel, die ihr den Mantel aufhalten, unter dem sich besagte Bevölkerung versammelt hat, darunter die Märtyrerheiligen Laurentius und Pergentinus. Diese Tafel wird alljährlich am zweiten Juni nach draußen gebracht und von den Männern jener Bruderschaft in einer Prozession feierlich bis zur Kirche besagter Heiligen getragen, wo sie auf einen silbernen Sarg gestellt wird, den der Goldschmied Forzore, Parris Bruder,42 angefertigt hat und der die sterblichen Hüllen der Heiligen Laurentius und Pergentinus birgt. Ich sage nach draußen bringen, weil dieser Altar unter einem Zeltdach am Canto alla Croce aufgebaut wird, an der jene Kirche liegt, weil diese klein ist und die Menschenmenge, die zu diesem Fest herbeiströmt, nicht aufnehmen könnte. Die Predella, auf der diese Tafel aufsetzt, enthält eine kleinfigurige Darstellung des Martyriums dieser beiden Heiligen und ist so gut gemacht, daß es für ein kleinformatiges Werk eine wunderbare Sache ist.43 Von Parris Hand stammt im Borgo a Piano ein Tabernakel unter dem Dachvorsprung eines Hauses, darin das Fresko einer Verkündigung, die sehr gelobt wird. Und für die Bruderschaft der Puraccioli in Sant’Agostino freskierte er die Heilige Jungfrau und Märtyrerin Katharina, die wunderschön ist.44 Ebenso malte er in der Kirche von Muriello für die Bruderschaft der Cherici eine drei Ellen hohe Heilige Maria Magdalena.45 Und in San Domenico malte er dort, wo neben dem Eingangsportal die Glockenseile hängen, die Nikolaus-Kapelle mit Fresken aus, darin ein großes Kruzifix mit vier Figuren, das so gut gearbeitet ist, daß es wie eben gemalt aussieht. Im Bogenfeld schuf er zwei Szenen mit dem Heiligen Nikolaus, und zwar als er den Jungfrauen die goldenen Kugeln zuwirft und als er zwei vor dem Tod rettet; in dieser Szene sieht man den Henker, der sich anschickt, ihnen die Köpfe abzuschlagen, was sehr gut gemacht ist.46
Während Parri mit der Ausführung dieses Werks beschäftigt war, wurde er von einigen bewaffneten Verwandten überfallen, mit denen er wegen irgendeiner Mitgift im Streit lag. Weil aber ein paar Männer sofort bei ihm waren und ihm zu Hilfe eilten, taten sie ihm kein Leid an. Trotzdem heißt es, daß die Angst, die er dabei ausstand, dafür gesorgt habe, daß er seine Figuren nicht mehr nur zu einer Seite geneigt schuf, sondern sie von diesem Tag an fast immer reichlich verschreckt darstellte.47 Und weil er viele Male Opfer neidischer Zungen und mißgünstiger Angriffe geworden worden war, schuf er in dieser Kapelle eine Szene mit brennenden Zungen und um sie herum ein paar Teufel, die das Feuer schüren. In der Höhe war ein sie verfluchender Christus und seitlich standen die Worte: A LINGUA DOLOSA [der bösen Zunge].48
Mit viel Eifer betrieb Parri das Studium der Kunst und zeichnete ganz hervorragend, wie es viele Zeichnungen belegen, die ich von seiner Hand gesehen habe,49 darunter ganz besonders ein Fries mit zwanzig Szenen aus dem Leben des Heiligen Donatus, den er für seine Schwester schuf, die ausgezeichnet stickte; und wie man glaubt, hat er ihn ausgeführt, weil am Hauptaltar der bischöflichen Kirche Verzierungen angebracht werden sollten. In unserem libro befinden sich einige Blätter, die er sehr gut mit der Feder gezeichnet hat.50 Porträtiert wurde Parri von Marco aus Montepulciano, der ein Schüler von Spinello war, im Kreuzgang von San Bernardo in Arezzo.51
Er lebte sechsundfünfzig Jahre und hat sein Leben dadurch verkürzt, daß er von Natur aus melancholisch und einzelgängerisch war und sich allzu beharrlich in seine künstlerischen Studien und seine Arbeit vergrub.52 Bestattet wurde er in Sant’Agostino im selben Grab, in dem sein Vater Spinello zur Ruhe gebettet worden war; und alle virtuosen Menschen, die von ihm Kenntnis hatten, waren über seinen Tod betrübt.53
Ende der Lebensbeschreibung des Malers Parri Spinelli. 54