Kitabı oku: «Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler», sayfa 8

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DAS LEBEN DES BILDHAUERS MINO AUS FIESOLE

Vita di Mino. Scultore da Fiesole (1568)

Wenn unsere Künstler in den Werken, die sie ausführen, nach nichts anderem streben als danach, den Stil ihres oder den eines anderen vortrefflichen Meisters zu imitieren, sei es, weil ihnen ihre Arbeitsweise gefällt oder die Haltungen der Figuren beziehungsweise das Aussehen der Gesichter oder der Faltenwurf der Gewänder, und sie dann nur diese studieren, werden sie sie mit der Zeit zwar durchaus ähnlich ausführen, damit allein aber niemals die Vollendung der Kunst erlangen, weil ganz offensichtlich nur selten einer an die Spitze kommt, der immer nur hinterher gegangen ist.1 Die Nachahmung der Natur verfestigt sich nämlich im Stil desjenigen Künstlers, der die lange Erfahrung zu einem Stil hat werden lassen, weshalb die Nachahmung ein fester Bestandteil der Kunst ist und vorsieht, daß das, was du ausführst, das Schönste der natürlichen Dinge wiedergibt, und zwar unverfälscht und ohne den Stil deines Meisters oder den von anderen, die ihrerseits die Dinge, die sie der Natur entnommen haben, in Stil verwandeln. Und mag es auch so scheinen, als seien die Werke vortrefflicher Künstler natürliche oder zumindest naturähnliche Gebilde, ist es doch bei aller Sorgfalt unmöglich, sie so ähnlich zu schaffen, daß sie naturgleich sind, und, selbst wenn man die besten heraussucht, einen so perfekten Körper zu erschaffen, daß die Kunst sie [die Natur] übertrifft. Und wenn dem so ist, folgt daraus, daß vollendete Malereien und Skulpturen nur mit solchem entstehen können, welches ihr entnommen ist, und daß, wer ausschließlich die Stile anderer Künstler studiert und keine natürlichen Körper und Gebilde, seine Werke notwendigerweise weniger gut als die Natur schaffen wird und auch weniger gut als derjenige, dessen Stil man entlehnt. Man hat daher bei vielen unserer Künstler beobachten können, welche, die Natur außer acht lassend, nichts anderes als die Werke ihrer Meister studieren, daß sie diese nicht vollständig erfaßt haben und ihren Meister nicht überholen konnten, sondern der Begabung, die ihnen mitgegeben wurde, ungeheuer geschadet haben. Hätten sie hingegen Stil und natürliche Dinge gemeinsam studiert, würden sie mit ihren Werken mehr Früchte hervorgebracht haben, als sie es taten.2 Zu sehen ist dies an den Werken des Bildhauers Mino da Fiesole,3 dessen Begabung ihn befähigt hatte, zu tun, was er wollte, der jedoch, verzaubert4 vom Stil seines Meisters Desiderio da Settignano,5 der schönen Anmut, die jener den Köpfen von Frauen und Kindern und auch sonst jeder seiner Figuren gab und die ihm nach seinem Urteil besser als die der Natur schienen, nur diesen [Stil] praktizierte und verfolgte, dafür die natürlichen Vorbilder vernachlässigte und als unwichtig abtat und in der Kunst deshalb eher begnadet war als fundiert.6

Auf der Anhöhe von Fiesole, dieser schon altehrwürdigen Stadt nahe Florenz, wurde der Bildhauer Mino di Giovanni geboren,7 und als man ihn in eine Steinmetzlehre bei Desiderio da Settignano gab, einem jungen und in der Bildhauerei vortrefflichen Mann, zeigte er eine solche Veranlagung für diesen Beruf, daß er während des Zuhauens der Steinquader lernte, die von Desiderio in Marmor geschaffenen Werke aus Ton nachzubilden. Und diese gelangen ihm so ähnlich, daß jener, als er sah, mit welchem Gewinn er sich dieser Kunst zugewandt hatte, ihn vorantrieb und an seinen Marmorwerken einsetzte, bei denen er sich mit größter Umsicht bemühte, den zugrundeliegenden plastischen Entwurf zu wahren. Er beschäftigte sich noch nicht lange damit, als er bereits einige Erfahrung in dieser Tätigkeit gesammelt hatte, worüber Desiderio sich unendlich freute, Mino aber noch mehr über dessen Liebenswürdigkeit, weil er sah, wie bereitwillig jener stets darauf bedacht war, ihn die Fehler vermeiden zu lehren, die man in jener Kunst machen kann. Während er sich also anschickte, in diesem Beruf vortrefflich zu werden, wollte es sein Pech, daß Desiderio in ein besseres Leben überging. Dieser Verlust traf Mino sehr, der Florenz verzweifelt verließ und nach Rom zog,8 wo er einigen Meistern zur Hand ging, die damals Werke aus Marmor und Grabmäler für Kardinäle ausführten, die nach Sankt Peter in Rom kamen (und heute durch den Neubau zugrunde gegangen sind). Auf diese Weise wurde er als erfahrener und hinreichend tüchtiger Meister bekannt und bekam von Kardinal Guillaume d’Estouteville,9 dem sein Stil gefiel, den Auftrag, den Marmoraltar auszuführen, wo der Leichnam des Heiligen Hieronymus in der Kirche Santa Maria Maggiore aufbewahrt wird; dazu Szenen im Flachrelief mit Episoden aus seinem Leben, die er zur Vollendung brachte und darin jenen Kardinal porträtierte.10 Später, als der Venezianer Papst Paul II. seinen Palast in San Marco errichten ließ,11 setzte er Mino dort bei der Ausführung einiger Wappenschilde ein.12 Nach dem Tod jenes Papstes wurde Mino mit seinem Grabmal beauftragt, das er zwei Jahre später fertigstellte und in Sankt Peter errichtete. Dieses Grabmal galt mit seinen Verzierungen und Figuren in jener Zeit als das prachtvollste, das jemals für einen Papst ausgeführt worden war. Bramante13 hat es dann beim Abbruch von Sankt Peter niedergerissen, so daß es viele Jahre lang unter dem Schutt vergraben war und 1547 von einigen Venezianern an einer Wand in der Nähe der Kapelle von Papst Innozenz14 in Alt-Sankt-Peter wiedererrichtet wurde.15 Und obwohl einige der Meinung sind, daß dieses Grabmal von der Hand des Mino del Reame16 stamme, so ist es, obgleich sie fast zur selben Zeit lebten, ganz ohne Zweifel ein Werk von Mino da Fiesole.17 Wahr hingegen ist, daß besagter Mino del Reame dort am Sockel einige Figürchen geschaffen hat, die man zu bestimmen vermag (wenn er denn wirklich Mino hieß und nicht, wie manche behaupten, eher Dino). 18

Um nun aber zu unserem Mino zurückzukehren: Nachdem jener sich in Rom mit dem besagten Grabmal, dem Sarkophag in der Minerva und der naturgetreuen Statue von Francesco Tornabuoni19 aus Marmor darauf, die man für ausgesprochen schön hält,20 und anderen Werken mehr einen Namen gemacht hatte, dauerte es nicht sehr lange, bis er mit einer hübschen Summe, die er zurücklegen konnte, nach Fiesole heimkehrte und sich eine Frau nahm. Nur wenig später schuf er im Dienst der Ordensfrauen von Murate21 im halbhohen Relief ein Marmortabernakel, das zur Aufbewahrung des Sakraments dienen sollte und von ihm mit all der Sorgfalt, die in seiner Macht stand, zur Vollendung gebracht wurde.22 Noch hatte er es nicht an der Wand montiert, als die Nonnen von Sant’Ambrogio von Minos Eignung erfuhren und ihm, weil sie ein vom Einfall her ähnliches, nur reicher verziertes Rahmenornament zur Verwahrung der hochheiligen Reliquie des Sakramentswunders ausführen lassen wollten,23 dieses Werk übertrugen, welches er so sorgfältig vollendete, daß jene Ordensfrauen ihm bereitwillig gaben, was er als Preis für jenes Werk verlangte, so zufrieden waren sie mit ihm.24 Nur wenig später übernahm er auf Ansuchen von Messer Diotisalvi Neroni25 die Ausführung einer im Halbrelief ausgeführten kleinen Tafel, darin die Figuren der Madonna mit dem Kind im Arm, eingerahmt von den Heiligen Laurentius und Leonhard, die eigentlich für die Priester oder das Kapitel von San Lorenzo bestimmt gewesen war.26 Sie ist dann aber in der Sakristei der Badia von Florenz geblieben, während er für jene Mönche einen Marmortondo mit der Reliefdarstellung einer Madonna mit ihrem Kind im Arm schuf, das sie über dem Hauptportal angebracht haben, das in die Kirche führt.27 Weil es allgemein großen Anklang fand, bekam er den Auftrag zu einem Grabmal für den prächtigen Herrn Ritter Bernardo Giugni, der dieses Denkmal als der ehrenwerte und hochgeschätzte Mann, der er war, von seinen Brüdern wohlverdient hat. Mino hat für dieses Grabmal neben dem Sarkophag und dem darauf liegenden naturgetreu wiedergegebenen Toten eine Justitia ausgeführt, die in hohem Maß Desiderios Stil imitiert, würde er nur ihr Gewand durch den Steinschnitt nicht ein wenig zerhackt gestaltet haben.28 Dieses Werk gab Anlaß, daß der Abt und die Mönche der Badia von Florenz, wo dieses Grabmal zur Aufstellung gekommen war, ihm auch jenes des Grafen Ugo übertrugen, welcher der Sohn des Markgrafen Uberto di Madeborgo [Magdeburg] war und dieser Abtei große Vermögen und Privilegien hinterlassen hatte;29 und weil sie ihn aus diesem Grund mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ehren wollten, ließen sie Mino ein Grabmal aus Carrara-Marmor schaffen, welches das schönste Werk war, das Mino je geschaffen hat.30 Denn es gibt dort ein paar Putten, die das Wappen jenes Grafen halten und in kindlicher Anmut ganz keck dastehen, und neben der Figur des toten Grafen, die er mit seinem Abbild auf dem Sarg darstellte, in der Mitte der Wand über der Bahre die Figur einer Caritas mit einigen Kindern, die sehr sorgfältig ausgeführt und sehr gut mit dem Ganzen in Einklang gebracht ist. Gleiches ist in einer Lünette [darüber] zu sehen, darin eine Madonna mit dem Kind im Arm, die Mino dem Stil Desiderios so ähnlich schuf, wie er nur konnte. Und hätte er seine Arbeitsweise mit dem Studium lebendiger Vorbilder unterstützt, wäre ihm in der Kunst zweifellos enormer Erfolg beschieden gewesen. Dieses Grabmal hat inklusive aller Ausgaben 1600 Lire gekostet und wurde 1481 von ihm fertiggestellt. Er machte sich damit große Ehre und bekam in der Folge den Auftrag, in der Bischofskirche von Fiesole in einer Kapelle nahe dem Chor, und zwar, wenn man hinaufsteigt, rechter Hand, ein weiteres Grabmal für Bischof Leonardo Salutati31 auszuführen, den Bischof jenes Klosters, wo er ihn im Pontifikalgewand porträtierte und so ähnlich schuf wie nur irgend möglich.32 Für denselben Bischof schuf er einen sehr gut gearbeiteten lebensgroßen Christuskopf aus Marmor,33 der mit den anderen Dingen aus dem Nachlaß an das Ospedale degli Innocenti ging. Heute verwahrt ihn der hochehrwürdige Don Vincenzio Borghini,34 Prior jenes Spitals, unter seinen meistgeschätzten Werken dieser Künste, an denen er sich in einer Weise ergötzt, die in Worte zu fassen mir nicht gelingen will.

In der Pfarrei von Prato schuf Mino eine Kanzel ganz aus Marmor, an der Szenen mit der Madonna sehr sorgfältig ausgeführt und so präzise zusammengesetzt sind, daß das ganze Werk wie aus einem Stück erscheint. Diese Kanzel befindet sich an der Ecke des Chors, fast im Zentrum der Kirche und über einer Reihe von Ornamenten, die nach Anweisung desselben Mino entstanden.35 Dieser schuf das Porträt von Piero di Lorenzo de’ Medici und das seiner Ehefrau, die ganz natürlich und ähnlich waren.36 Beide Porträtköpfe standen viele Jahre lang über zwei Türen von Pieros Gemach im Hause Medici, [jeweils] überwölbt von einer Lünette; später kamen sie mit vielen anderen Porträts berühmter Männer jenes Hauses in die guardaroba von Herzog Cosimo.37 Er schuf auch eine Madonna aus Marmor, die sich heute im Audienzsaal der Arte dei Fabbricanti befindet.38 Und nach Perugia, zu Herrn Baglione Vibi,39 schickte er eine Marmortafel, die in die Sakramentskapelle von San Pietro kam; es handelt sich bei diesem Werk um ein Tabernakel, eingerahmt von einem Heiligen Johannes und einem Heiligen Hieronymus, die zwei gut gelungene Figuren im halbhohen Relief sind.40 Zudem stammt von seiner Hand im Dom von Volterra das Sakramentstabernakel und zwei Engel, die es einrahmen und dabei so schön und sorgfältig ausgeführt sind, daß dieses Werk zu Recht von allen Künstlern gelobt wird.41 Eines Tages schließlich wollte Mino einige Steine versetzen, weil ihm aber die Gehilfen, die er benötigt hätte, nicht zur Verfügung standen, überanstrengte er sich in einer Weise, daß er einen Hitzschlag erlitt und daran starb. So wurde er in der Pfarrkirche von Fiesole von Freunden und Verwandten im Jahr 1486 ehrenvoll beigesetzt.42

Ich weiß nicht, von wessen Hand das Porträtbild in unserem libro de’ disegni stammt; bekommen habe ich es zusammen mit einigen mit Blei[stift] ausgeführten Zeichnungen von Mino, die sehr schön sind.43

Ende der Lebensbeschreibung des Bildhauers Mino da Fiesole.


Einleitung zum Leben des Lorenzo Costa

Giorgio Vasari blickt innerhalb der Vite, die er bekanntlich im Auftrag der in Florenz ansässigen Familie Medici verfaßte, gelegentlich und für die zweite Edition auch ganz gezielt über die Grenzen der Toskana hinaus. Für Oberitalien hielt er etwa Andrea Mantegna in Mantua, Francesco Francia in Bologna oder Boccaccio Boccaccino in Cremona als führende Maler für erwähnenswert. Unangetastet blieb dabei stets das künstlerische Primat der Toskana, auf das er in der Vita des aus Ferrara stammenden Malers Lorenzo Costa gleich zu Beginn verweist: Dieser habe die Florentiner Vorherrschaft in den Künsten erkannt und sei, um die Werke von Filippo Lippi und Benozzo Gozzoli zu imitieren, eigens in die Stadt gekommen und viele Monate geblieben, auch wenn er ein von Natur aus begabter Maler gewesen sei. Während ein Florenzaufenthalt zeitlebens nicht zu belegen ist, begleitete Costa 1503 nachweislich eine Gesandtschaft des Bologneser Senats zur Papstwahl nach Rom, wo er sich mit aktuellen Kunstströmungen auseinandersetzen konnte; davon besaß Vasari wiederum keine Kenntnis.

Lorenzo Costa (* 1460 Ferrara – † 1535 Mantua) entstammte einer seit mehreren Generationen in Ferrara ansässigen Malerfamilie. Sicher machte er seine ersten künstlerischen Schritte in der Werkstatt des Vaters Giovanni Battista Costa, der für die Familie Este tätig war.

In der ersten Edition der Vite war Vasari lediglich in einem längeren Passus zu Beginn der Lebensbeschreibung des Ercole de’ Roberti (* um 1456 Ferrara – † 1496 ebenda) auf Costa und einige seiner Werke eingegangen, nannte ihn jedoch »Lorenzo Cossa«, den Namen mit jenem eines anderen Malers mischend, Francesco del Cossa (* 1436 Ferrara – † 1478 Bologna).

Als die Bentivogli Anfang der 1480er Jahre zahlreiche Künstler in Bologna beschäftigten, folgte ihnen die Künstlerfamilie Costa dorthin. Vasari berichtet, daß Costa sowohl bei der Ausmalung des Palastes der Bentivogli als auch ihrer Kapelle in San Giacomo Maggiore in Bologna mitwirkte und Kapellen der städtischen Honoratioren, etwa in San Petronio, auszustatten half. Viele dieser Angaben sind korrekt. Manchmal stellt Vasari sogar die einzige und früheste, beinahe zeitgenössische und damit um so wichtigere Quelle für Costas Werke dar, die dieser aber auch meist signierte und datierte. Besonders genau beschreibt Vasari eine große Tafel mit dem Martyrium des Heiligen Sebastian in San Petronio, vielleicht weil sie der Florentiner Bildsprache besonders nahekommt. Sie gilt heute nicht mehr als von des Künstlers Hand, sondern wird einem anonym gebliebenen Meister zugeschrieben.

Vasaris kenntnisreiche Angaben zu Bologna rühren von seinem mehrmonatigen Aufenthalt in der Universitätsstadt her, in der er eigene Malaufträge ausführte. Es ist bekannt, daß Vasari Bologna zwar wegen seiner vielen gebildeten Bewohner schätzte, von der Stadt als Kunstzentrum aber keine allzu hohe Meinung hatte. Bereits 1529 hatte Vasari bei den Festdekorationen für Papst Clemens VII. und Kaiser Karl V. mitgewirkt. 1539 hielt er sich acht Monate dort auf, um das Refektorium von San Michele in Bosco zu freskieren. Beim zweiten Aufenthalt nutzte er die Gelegenheit, sich mit Kunstwerken der Stadt zu beschäftigen (vgl. Vasari, Mein Leben, S. 29–32). Kenntnisreich und ausführlich beschreibt er das Leben von Francesco Francia, um so verwunderlicher sind die Vermischungen und Lücken bei Lorenzo Costa.

Während er Francia mit dem für die Bentivogli von fünf Malern freskierten Cäcilienzyklus verbindet, erwähnt er Costa in diesem Zusammenhang nicht. Vasari war sich allerdings bewußt, daß er Costas Schaffen nur unvollständig beschrieb. Er wolle nur die besten Werke Lorenzo Costas aufführen, so die Begründung, auch sei das Erwähnte alles, was er über den Künstler herauszufinden vermocht habe.

Immerhin widmet er ihm in der zweiten Edition der Lebensbeschreibungen eine eigene Vita, für die er gezielt neue Informationen sammelte. In der Torrentiniana war Costa lediglich zu Beginn der Vita des Ercole de’ Roberti erwähnt worden. Hier wie dort vermischte Vasari Costas Werke mit denen des ebenfalls aus Ferrara stammenden Malers Francesco del Cossa, der rund zwanzig Jahre vor Costa in Bologna tätig gewesen war. Auch wenn der Biograph die beiden Künstler 1568 nicht mehr zu einem Lorenzo Cossa vereint, führt er doch das klar von Francesco stammende Griffoni-Polyptychon aus San Petronio und (heute verlorene) Fresken der Garganelli-Kapelle im Dom von Bologna unter Lorenzo Costas Namen auf.

Vasari weiß Francesco del Cossa, dessen berühmte Fresken im Palazzo Schifanoia zu Ferrara in den gesamten Vite nicht erwähnt werden, offensichtlich in beiden Editionen nicht als eigene Künstlerpersönlichkeit zu fassen und stiftete mit der Vermischung der beiden Künstler lang anhaltende Verwirrung bei nachfolgenden Kunsthistorikern. Erst im 20. Jahrhundert wurden beider Künstler Hände eindeutig geschieden. Die nicht erhaltenen Kapellenausstattungen in Ferrara und Ravenna, für die Vasari seine Angaben 1568 leicht spezifiziert, mögen eher von Francesco del Cossa als von Lorenzo Costa stammen.

Durch zahlreiche Quellen gesichert ist Lorenzo Costas Wechsel – nach der reichen Schaffensphase in Bologna – an den Hof der Gonzaga in Mantua im Jahr 1506. Auch Vasari berichtet davon, der Mantua zweimal besuchte, in erster Linie um die Werke von Andrea Mantegna, Costas dortigem Vorgänger als Hofkünstler, und die seines Nachfolgers Giulio Romano zu studieren, Vasaris bewundertem Freund. Anläßlich seines zweiten Aufenthalts im Jahr 1566 wird sich die Gelegenheit ergeben haben, den von Francesco II. Gonzaga ausgebauten Palazzo San Sebastiano zu besichtigen. Vasari beschreibt zwei sich damals dort befindliche, heute nicht mehr erhaltene Gemälde Costas recht ausführlich. Von ihnen hätten wir ohne seine Notizen keine Kenntnis. Auch das Selbstporträt Costas erhielt er bei dieser Gelegenheit von Fermo Ghisoni, einem ehemaligen Schüler des Malers.

Kein Einblick wurde ihm offensichtlich in die Kunstsammlungen, das berühmte studiolo, Isabella d’Estes gewährt, für die Lorenzo Costa zwei Leinwände mit allegorisch-mythologischen Szenen schuf. Vasari erwähnt sie genausowenig wie Porträts der Gräfin und ihrer erstgeborenen Tochter Eleonora von des Malers Hand.

Costas vielfältige Wirkungsfelder – sei es als Miniaturmaler in Bologna zusammen mit Francesco Francia für ein von Giovanni II. Bentivoglio 1502 in Auftrag gegebenes Stundenbuch, sei es als gebildeter und musikalischer Hofmann in Mantua – finden keinen Eingang in Vasaris Vita.

Costas Stil bewertet Vasari (wie etwa auch den Andrea Mantegnas) als trocken und schneidend, womit er ihre Einordnung in die maniera seconda markiert. Dabei hatte Costa, gerade in Mantua, einen stile dolce entwickelt, den Vasari in Oberitalien sonst beispielsweise im Werk von Giovanni Bellini fand. »Trotz seines etwas trockenen und scharfkantigen Stils [schuf er] viele lobenswerte Werke«, lautet das Fazit von Giorgio Vasari über den Maler Lorenzo Costa aus Ferrara.

AZ

DAS LEBEN DES FERRARESER MALERS LORENZO COSTA

Vita di Lorenzo Costa Ferrarese. Pittore (1568)

Obwohl die Menschen in der Toskana die Künste des disegno mehr als in allen anderen Gegenden Italiens und vielleicht Europas ausgeübt haben, soll das nicht heißen, daß nicht auch in anderen Gegenden zu allen Zeiten immer wieder die ein oder andere Begabung erwacht ist, die es in diesen Berufen zu Erlesenheit und Vortrefflichkeit gebracht hat, wie wir dies in vielen Lebensbeschreibungen bis hierher zeigen konnten und dies künftig noch mehr zeigen werden. Wohl wahr ist, daß man dort, wo es keine Ausbildung gibt und die Menschen nicht daran gewöhnt sind zu lernen, nicht so schnell vortrefflich wird wie an jenen Orten, an denen die Künstler schon immer in Konkurrenz zueinander arbeiten und lernen. Sobald aber einer oder zwei den Anfang machen, scheint dies immer viele andere dazu zu bringen – so groß ist die Macht der Kunst –, ihnen nachfolgen zu wollen, zur Ehre ihrer selbst und ihrer jeweiligen Heimat.1

Der Ferrareser Lorenzo Costa,2 der von Natur aus der Kunst der Malerei zugeneigt war und gehört hatte, daß in der Toskana Fra Filippo, Benozzo und andere berühmt und sehr angesehen waren, begab sich also nach Florenz, um ihre Werke zu sehen. Bei seiner Ankunft gefiel ihm ihr Stil so gut, daß er viele Monate dort blieb und alles tat, um sie nachzuahmen, insbesondere was das Zeichnen nach der Natur anging.3 Dies gelang ihm so gut, daß er nach seiner Rückkehr in die Heimat dort trotz seines etwas trockenen und scharfkantigen Stils viele lobenswerte Werke schuf, wie im Chor der Kirche San Domenico in Ferrara zu sehen, der vollständig von seiner Hand ausgeführt ist und die Sorgfalt erkennen läßt, mit der er die Kunst ausübte, und den großen Einsatz, mit dem er seine Werke ausführte.4 Und in der guardaroba des Herzogs von Ferrara sieht man von seiner Hand viele Bilder mit naturgetreuen Porträts, die hervorragend und sehr lebensähnlich ausgeführt sind. Auch in den Häusern der Edelleute gibt es Werke von seiner Hand, die in großer Verehrung gehalten werden.5 In Ravenna malte er in der Kirche San Domenico für die Kapelle des Heiligen Sebastian eine Tafel in Öl und einige Szenen in Fresko, die sehr gelobt worden sind.6 Man holte ihn dann nach Bologna, wo er in San Petronio für die Kapelle der Mariscotti in einer Tafel einen pfeildurchbohrten Heiligen Sebastian an der Säule malte, dazu viele weitere Figuren, in einem Werk, welches das beste Gemälde in Tempera war, das in jener Stadt bis dahin geschaffen worden war.7 Ebenfalls von ihm stammte die Tafel mit dem Heiligen Hieronymus in der Kapelle der Castelli8 und auch die vom Heiligen Vinzenz, die sich, gleichfalls in Tempera ausgeführt, in der Griffoni-Kapelle befindet. Ihre Predella ließ er von einem seiner Schüler ausführen, der sich dabei viel besser anstellte als er selbst in der Tafel, wovon an gegebener Stelle die Rede sein wird.9 In derselben Stadt und in derselben Kirche schuf Lorenzo für die Kapelle der Rossi in einer Tafel die Madonna und die Heiligen Jakobus, Georg, Sebastian und Hieronymus – das beste Werk, das er je geschaffen hat, und das mit dem lieblichsten Stil.10

Anschließend trat Lorenzo in den Dienst von Herrn Francesco Gonzaga, dem Markgrafen von Mantua, für den er im Palast von San Sebastiano viele Szenen in einem Gemach schuf, die teils in Gouache, teils in Öl ausgeführt sind.11 In einer von ihnen ist die Markgräfin Isabella naturgetreu in Begleitung vieler Edelfrauen porträtiert, die zu unterschiedlichen Instrumenten singend einen liebreizenden Einklang bilden. Eine andere [Szene] zeigt die Göttin Latona [Leto], wie sie getreu der Sage einige Bauern in Frösche verwandelt. In der dritten ist Markgraf Francesco zu sehen, der von Herkules auf dem Pfad der Tugend zur Spitze eines der Ewigkeit geweihten Berges geführt wird.12 In einem anderen Bild ist derselbe Markgraf, einen Stab in der Hand, mit triumphierender Geste auf einem Sockel zu sehen, um ihn herum viele seiner Edelleute und Diener mit Standarten in Händen, die angesichts seiner Größe frohlocken und jubilieren, und zahllose unter ihnen sind nach dem Leben porträtiert. Auch malte er im großen Saal, dort wo sich heute Mantegnas Triumphdarstellungen befinden,13 zwei Bilder, will heißen eines auf jeder Stirnwand. Das erste, in Gouache ausgeführte Bild zeigt eine Vielzahl nackter Figuren, die Herkules zu Ehren Feuer entzünden und Opfer darbringen, darin auch die lebensgetreuen Porträts des Markgrafen und seiner drei Söhne Federico,14 Ercole15 und Ferrante,16 die später sehr bedeutende und illustre Fürsten geworden sind; außerdem gibt es dort noch einige Porträts herausragender Edelfrauen.17 In dem anderen, das viele Jahre nach dem ersten in Öl ausgeführt wurde und zu den letzten Werken gehörte, die Lorenzo ausführte, ist der zum Mann herangewachsene Markgraf Federico gezeigt, der als Generalhauptmann unter Leo X. mit einem Stab in der Hand erscheint, um ihn herum viele Edelmänner, die Costa getreu nach der Natur porträtiert hat.18 In Bologna malte er im Palast des Messer Bentivoglio im Wettstreit mit anderen Meistern einige Gemächer aus, auf die wir aber nicht weiter eingehen werden, da sie bei der Zerstörung dieses Palasts verlorengegangen sind.19 Nicht unterlassen will ich es, darauf hinzuweisen, daß von den Werken, die er für die Bentivoglio ausführte, allein die Kapelle erhalten geblieben ist, die er für Messer Giovanni in San Jacopo schuf, wo er in zwei Szenen zwei Triumphdarstellungen mit zahlreichen Porträts malte, die als wunderschön gelten.20 Ebenso schuf er in San Giovanni in Monte im Jahr 1497 für Jacopo Chedini in einer Kapelle, in der er nach seinem Tod bestattet werden wollte, eine Tafel mit einer Madonna, Johannes dem Täufer, dem Heiligen Augustinus und weiteren Heiligen.21 In San Francesco malte er in einer Tafel eine Geburt Christi, den Heiligen Jakobus und den Heiligen Antonius von Padua.22 In San Pietro nahm er für Domenico Garganelli, der ein Edelmann aus Bologna war, eine wunderschöne Kapelle in Angriff, doch was immer auch der Grund dafür gewesen sein mag, ließ er sie, nachdem er ein paar Figuren an der Decke ausgeführt hatte, unvollendet beziehungsweise gerade eben begonnen zurück.23

In Mantua malte er neben den Werken, die er für den Markgrafen schuf und von denen wir weiter oben berichtet haben, in San Silvestro eine Tafel mit der Madonna und auf der einen Seite den Heiligen Sylvester, der ihr die Bevölkerung jener Stadt anempfiehlt, und auf der anderen die Heiligen Sebastian, Paulus, Elisabeth und Hieronymus.24 In jene Kirche kam besagte Tafel, wie man hört, nach Costas Tod, dessen Lebensweg in Mantua endete, wo seine Nachfahren später immer gelebt haben, und der für sich und seine Nachkommen in dieser Kirche eine Grabstätte haben wollte.25 Er schuf noch viele andere Malereien, über die ich nichts weiter sagen werde, da wir der besten ausreichend gedacht haben.26 Sein Porträt habe ich in Mantua von dem vortrefflichen Maler Fermo Ghisoni bekommen, der mir zusicherte, daß es von Costas eigener Hand stamme,27 der ein passabler Zeichner war, wie man es in unserem libro an einer Federzeichnung auf Pergament sehen kann, die ein Urteil des Salomon und einen Heiligen Hieronymus in chiaroscuro zeigt, die sehr gut ausgeführt sind.28

Schüler von Lorenzo waren sein Landsmann Ercole da Ferrara, dessen Vita weiter vorn beschrieben werden wird,29 und der ebenfalls aus Ferrara stammende Lodovico Malino, von dem in seiner Heimat und an anderen Orten viele Werke zu finden sind. Sein bestes war allerdings eine Tafel in der Kirche San Francesco in Bologna, in einer Kapelle nahe dem Haupteingang, in der dargestellt ist, wie der zwölfjährige Jesus Christus mit den Gelehrten im Tempel disputiert.30 Auch Dosso der Ältere aus Ferrara, von dessen Werken an entsprechender Stelle die Rede sein wird, hat bei Costa die Grundlagen erlernt.31 Und dies ist alles, was ich über das Leben und die Werke des Ferraresers Lorenzo Costa habe herausfinden können.

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