Kitabı oku: «Tristan und Isolde», sayfa 5
VI. Das höfische Kind.
Nun, Tristan, der ist heim gekommen
Unbewust, ihr habts vernommen
Und wähnte doch hier fremd zu sein.
Der unvermeinte Oheim,
Mark, der tugendliche Mann,
That gar tugendlich daran,
Wars gleich zu sehr nicht eben Noth,
Er bat zumal und gebot
All dem Hofgesinde,
Daß es dem fremden Kinde
Gut und gnädig wäre
Und ihm mit Reden Ehre
Bot und mit Geselligkeit.
Sie waren all dazu bereit
Mit willigem Muthe.
Seht, Tristan ward, der gute,
Des Königs Ingesinde so.
Der sah ihn gern und war sein froh.
Denn Ihn zog auch sein Herz dahin.
Er blickte gern und oft auf ihn,
Denn er war zu allen Zeiten
Höfisch an seiner Seiten
Und trug sich ihm zu Diensten an,
Wo er nur Gelegenheit gewann.
Wo Marke hingieng oder war,
Sah man ihn den andern immerdar;
Auch nahm ihm Marke das für gut;
Er trug ihm immer holden Muth
Und freute sich, wenn er ihn sah.
Nun geschahs am Hofe da
In den ersten acht Tagen,
Daß Marke selbst ritt mit ihm jagen,
Und viel des Hofgesindes auch,
Zu schauen seinen Jagdgebrauch
Und wahrzunehmen seiner Kunst.
Sein Jagdpferd nahm da Mark aus Gunst
Und schenkt' es ihm mit holden Sitten:
So gut war Tristan nie beritten
Gewesen; stark wars, schön und schnell.
Dazu ein Hörnlein süß und hell
Hieß er ihm geben in die Hand
Und sprach: »Tristan, dir ist bekannt,
Daß du mein Jägermeister bist.
Nun zeig uns wie dein Jagdbrauch ist:
Nimm deine Hunde, fahr hinaus
Und stelle deine Warten aus,
Wo du denkst, sie sollten stehn.«
»Nein, Herr, so kann es nicht ergehn«,
Sprach Tristan, der höfsche Knab:
»Sendet eure Jäger ab,
Daß sie die Warte besetzen
Und die Hunde von den Seilen hetzen;
Sie kennen jeden Weg und Schlich
Und wißen beßer als ich,
Wohin der Hirsch sich ziehet
Und vor den Hunden fliehet.
Sie kennen die Gelegenheit;
Ich habe noch zu keiner Zeit
Hier gejagt und bin ein fremder Knecht.«
»Weiß Gott, Tristan, du hast Recht:
Du kannst hierauf dich nicht verstehn.
Die Jäger müßen selber gehn;
Sie mögen das beßer schlichten.«
Die Jäger giengen dieß verrichten:
Sie koppelten die Hunde
Und stellten in der Runde
Ihre Warten aus zur Birsch.
Bald hetzten sie auf einen Hirsch
Und jagten ihn im Wettestreit
Schier bis an die Abendzeit:
Da erjagten ihn die Hunde.
Nun kam zur selben Stunde
Herr Marke und sein Freund Tristan
Mit manchem höfischen Mann
Herbei, ihn abzufangen.
Die Jagdhörner klangen
In mancherlei Getöne
Und bliesen all so schöne,
Daß König Marken dieses Spiel
Und seinen Leuten wohlgefiel.
Als der Hirsch war gefällt,
Da wurde Tristan hingestellt,
Des Königs heimischer Gast,
Und gebeten, daß er sie den Bast
Nun nach der Reihe ließe sehn.
Tristan sprach: »Das soll geschehn«,
Und begann nach ihrem Wunsch zu thun.
Aber mich bedünkt es nun,
Daß es überflüßig wäre
Euch zweimal Eine Märe,
Dieselbe, vorzutragen.
Wie er beim ersten Jagen
Den Hirsch entbästet, gleichen Brauch
Hielt er bei dem zweiten auch.
Den Bast und die Furkîe,
Und die Kunst bei der Curîe,
Als sie die sahen, in der Runde
Gestanden sie aus Einem Munde,
Daß Niemand diese Dinge
Nach beßrer Art vollbringe,
Noch ihnen beßre mög erfinden.
Der König ließ zu Rosse binden
Den Hirsch und wandte sich hindann,
Er und sein Jäger Tristan.
Und all die Messenîe
Mit Stangen und Furkîe
Ritten sie darauf nach Haus.
Ein lieber Hofmann überaus
War Tristan nun in Tintajoel.
Gesind und König hielt ihn wohl
Und erbot ihm gern Geselligkeit.
Auch war er immerdar bereit
Reich und Arm zu dienen.
Hätt er Jeden nur von ihnen
Auf seinen Armen mögen tragen,
Er hätt es Keinem abgeschlagen.
Den Segen hatt ihm Gott gegeben,
Er konnt und wollte Allen leben:
Lachen, Tanzen, Singen,
Reiten, Laufen, Springen,
Bescheiden sein und Schallen,
Das konnt er wohl mit Allen.
Er lebte wie man wollte
Und wie die Jugend sollte.
Was Einer immer begann,
Das hob er gerne mit ihm an.
Nun aber trug es sich zu,
Daß Marke eines Tags der Ruh
Nach Tisch zu pflegen sitzen blieb;
Da ist ja immer Kurzweil lieb.
So horcht' er nach gewohnter Weise
Auf eines Harfenspielers Weise,
Des besten, den man kannte,
Und großen Meister nannte;
Derselbe war ein Galois.
Da kam Tristan der Parmenois
Und setzte sich zu seinen Füßen
Und nahm des Liedes und der süßen
Noten wahr mit allem Fleiß;
Und wärs ein schwerverpönt Geheiß,
Sein Gedenken bliebe nicht verschwiegen.
Das Herz begann ihm hoch zu fliegen
Und mit dem Herzen flog der Muth.
»Meister«, sprach er, »ihr harfet gut,
Ihr wißt die Saiten anzuschlagen,
Dem Erfinder würd es selbst behagen.
Dieß schöne Lied hat ein Britun
Erfunden von dem Herrn Gurun
Und dem Fräulein seiner Minne.«
Dieß nahm in seine Sinne
Der Harfner, ob es Anfangs schien
Als hätt er wenig Acht aufs ihn,
Bis er sein Spiel geendet.
Zu dem Kinde jetzt gewendet
»Was weist du«, sprach er, »liebes Kind,
Von wannen diese Noten sind?
Verstehst du etwa dieses Spiel?«
»Ach, Meister«, sprach Tristan, » nicht viel.
Einst hatt ich einge Meisterschaft;
Nun hat sie so geringe Kraft,
Daß ich vor euch zu blöde bin.«
»Nicht doch, nimm diese Harfe hin:
Laß hören, welche Leiche
Spielt man im Britenreiche.«
»Gebietet ihr es, Meister mein,
Und solls mit euern Hulden sein,
Daß ich euch spiele?« sprach Tristan.
»Ja, trauter Knabe, heb nur an.«
Als er die Harfe nahm zur Hand,
Wie wohl sie seinen Händen stand!
Sie waren, las ich, schön und fein,
Daß sie nicht schöner konnten sein.
Weich und linde, klein und schlank
Und wie ein Hermelin so blank;
Mit diesen rührt' und schlug er schöne
Grund- und schnelle Wandeltöne,
Seltsame, süße, reine.
Da dacht er auch an seine
Lieder aus der Briten Land;
Den Hammer setzt' er ein gewandt,
Zog diese Saite nieder,
Die andre höher wieder
Bis sie standen wie sie sollten stehn.
Nun, das war alsbald geschehn:
Der neue Harfenist, Tristan,
Fieng seines neuen Amtes an
Zu warten klug und weise.
Seine Noten zu der Weise,
Seine seltsamen Grüße,
Die harft' er also süße,
Und begleitete so schön
Sich selbst mit Saitengetön,
Daß Alles zu der Stelle lief,
Dieser Jenen näher rief.
Eilends lief die Höflingsschar
Herbei, die in den Kammern war
Und wähnten doch zu spät zu kommen.
Herr Mark hatt Alles wohl vernommen:
Er saß, des Spieles achtend,
Seinen Freund Tristan betrachtend,
Und verwunderte sich sehr,
Daß so höfsche Gabe der,
Und gute Kunst in seiner Brust
(Er war sich ihrer doch bewust)
Verhehlen mochte bisheran.
Nun, weiter spielte Tristan
Und wob den Leich hinein mit Sinn
Von der stolzen Freundin
Graland des Schönen:
Den ließ er süß ertönen
Und harfte so zu Preise
Die britunische Weise,
Daß da Mancher stund und saß,
Der seines Namens schier vergaß.
Da begannen Herz und Ohren
Als würden sie zu Thoren
Aus ihrer Pflicht zu wanken;
Da wurden Gedanken,
Seltsame, zu Tag gebracht;
Da ward zu manchem Mal gedacht:
»Ach, selig sei der Kaufmann,
Der so höfschen Sohn gewann!«
Seine Finger, ach, die weißen,
Wie sah man die sich fleißen
Und wühlen in den Saiten;
Sie konnten Töne spreiten,
Daß der Pallas wurde voll.
Da zahlten Augen wohl den Zoll:
Sie gaben alle Acht darauf
Und folgten seiner Hände Lauf.
Nun wars mit diesem Leich geschehn:
Einen Boten ließ der König gehn,
Der sprach, es wünschten Viele,
Daß er noch einen spiele.
»Mu voluntiers«, sprach Tristan;
Herrlich hub er wieder an
Einen Liebesleich wie eh
Von der curtoisen Thisbe
Aus dem alten Babylon:
Den harft' er in so schönem Ton
Und wandelte den Grundton auch
Nach so meisterlichem Brauch,
Daß es den Harfner Wunder nahm.
Als die Gelegenheit dann kam
Flocht der tugendliche Knabe
Zu aller Ohren Labe
Seine Chanzonen mit hinein:
Er sang die Leichnötelein,
Britunische, galoisische,
Lateinische, französische,
So süß mit seinem Munde:
Sie wusten in der Runde
Nicht, welches süßer wäre
Oder würdiger der Ehre,
Ob sein Harfen oder Singen.
Sich hub von diesen Dingen,
Von seinem Spiel, von seinem Sang
Gerede viel, Gerede lang,
Indem sie All gestanden
Sie hätten in den Landen
Das nie gehört, gesehen nie.
Der sprach dort und dieser hie.
Ach, was ist das für ein Kind!
Was ist er uns ein Ingesind!
Alle Kinder, die nun leben,
Möchte man zu Tausche geben
Für den Einen Tristan gleich.«
Als nun Tristan seinen Leich
Zu Ende brachte nach Begehr,
Herr Marke sprach: »Tristan, geh her.
Der dich das hat gelehret,
Der sei vor Gott geehret
Und du mit ihm: das hat wohl Grund.
Ich hörte gerne deinen Mund
Lieder singen vor der Nacht,
Wenn doch dein Auge gern noch wacht.
Nicht wahr, das thust du mir und dir?« –
Ja, gerne, Herr. – »Nun sage mir,
Kannst du noch ander Saitenspiel?« –
Nein, sprach er, Herr. »Zier dich nicht viel;
So lieb als ich dir bin, Tristan,
Die rechte Wahrheit sag mir an.«
Die Wahrheit sprach er da getreuer:
»Ihr braucht mich nicht so hoch und theuer
Zu mahnen, Herr: ich hätt es wohl
Schon so gesagt, da ich es soll,
Und ihr es wollet wißen.
Herr, ich war beflißen
Zu lernen jedes Saitenspiel;
Und kann von Keinem doch so viel,
Ich wüste gern davon noch mehr.
Auch hab ich es nur nebenher
Und nicht jeden Tag getrieben;
Und bin dabei geblieben
Kaum in das siebente Jahr
Oder wenig drüber, das ist wahr.
Man lehrte mich in Parmenie
Fiedelspiel und Symphonie;
Harfen und Rotten
Lehrten mich Galiotten,
Zwei Meister galoise;
Mich lehrten Britanoise
(Sie waren aus der Stadt zu Lut)
Die Leier und das Sambiut.«
Sambjut, was ist das, lieber Mann?
»Das beste Saitspiel, das ich kann.«
»Seht«, sprach das Hofgesinde,
»Gott hat diesem Kinde
Zu recht wonniglichem Leben
Seiner Gnaden viel gegeben.«
Noch fragt' ihn König Marke mehr:
»Tristan, ich hörte dich vorher
Britunnisch singen und galois,
Gut Latein und auch franzois;
Kannst du die Sprachen?« – »Herre, ja,
So ziemlich wohl.« Von fern und nah
Kam der Haufe da gedrungen,
Wer nur in fremden Zungen
Sprach aus einem Nachbarland,
Der versucht' ihn allzuhand,
Bald in dieser, bald in der;
Da fiel antworten ihm nicht schwer
Ihnen Allen in der ihren,
Norwegern oder Iren,
Allmannen, Schotten, Dänen.
Da mochte wohl sich sehnen
Manch Herz nach Tristans Gaben:
Die wollten Alle haben;
Ein Jeder wollte sein wie er,
Und rief mit herzlichem Begehr
Süß und wonniglich ihm zu:
»Ach, Tristan, wär ich doch wie du!
Tristan, du magst wohl gerne leben:
Dir sind im Übermaß gegeben
Alle Gaben, die ein Mann
Auf der Welt nur haben kann.«
Groß Wunder ward auch dorten
Von ihm gemacht mit Worten:
Hört! sprach Dieser, hört! sprach Der;
Alle Welt die höre her:
»Ein vierzehnjähriges Kind
Kann alle Künste, die nur sind.«
Da sprach Herr Marke: »Tristan höre,
An dir ist was ich nur begehre,
Alles kannst du was ich will,
Jagdkunst, Sprachen, Saitenspiel.
So wollen wir Gesellen sein,
Du mein Geselle und ich dein.
Wir wollen Tages reiten jagen:
Des Abends finden wir Behagen
An höfischen Dingen:
Harfen, Fiedeln, Singen,
Das kannst du wohl, das thu du mir.
Ich kann ein Spiel, das thu ich dir,
Das auch dein Herz dir wohl begehrt:
Schön Gewand, manch schnelles Pferd,
Und wonach noch sonst der Sinn dir zielt,
Geb Ich dir: das ist wohl gespielt.
Sieh, mein Schwert und meine Sporn,
Meine Armbrust und mein golden Horn,
Geselle, die befehl ich dir:
Die übernimm und pflege mir,
Und sei du höfisch und sei froh.«
Nun ward der Heimatlose so
Bei Hof ein lieb Gesinde.
Man sah an einem Kinde
Den Segen nie, nicht vor noch nach,
Denn was er that und was er sprach,
Das däucht und war auch also gut,
Daß alle Welt ihm holden Muth
Und geneigtes Herze trug.
Der Rede sei hiemit genug.
Wir legen diese Märe nieder
Und greifen zu der andern wieder,
Was sein Vater Marschall Don Rual,
Li foitenant et li leal,
Als er ihm gieng verloren,
Für Rath deshalb erkoren.
VII. Wiederfinden.
Don Rual li foitenant
Fuhr aus Parmenîe dem Land
Über Meer mit großem Gut,
Denn also stand ihm der Muth,
Nicht wieder wollt er kommen,
Er hätte denn vernommen
Zuvor gewisse Märe,
Wo sein Junker wäre.
So kam er gen Norwegen:
Da forscht' er allerwegen
Umher in den Landen
Nach seinem Freund Tristanden.
Was half ihm das? er war nicht da,
Sein Suchen all umsonst geschah.
Als er ihn dort nicht heimisch fand,
Gen Irland wandt er sich zuhand.
Da konnt er, seht, auch dort nicht mehr
Von ihm erfahren als vorher.
Doch weil sich jetzt sein Gut begann
Zu mindern, daß es schier zerrann,
Bequemt' er sich, zu Fuß zu laufen
Und seine Pferde zu verkaufen
Er schickte seine Leute
Heim mit dem letzten Deute;
Sich selber ließ er in der Noth
Und gieng betteln um das liebe Brot.
So trieb er fort sein Wandern
Von einem Reich zum andern,
Von Landen zu Landen,
Und forschte nach Tristanden
Drei Jahre wohl oder mehr,
Bis er endlich all so sehr
Von seines Leibes Schöne kam
Und also ab an Farbe nahm,
Daß wer nicht zuvor gekannt sein Wesen,
Daß er je ein Herr gewesen
Wohl schwerlich glauben würde.
Diese schmähliche Bürde
Der Landstreichergestalt,
Trug der edle Don Rualt
Ohne daß die Armut,
Wie sie weiß Gott doch Manchem thut,
Den guten Willen ihm benahm.
Als es ins vierte Jahr nun kam,
Da war er in Dänemark
Und sucht' und forscht' auch da so stark
Von Statt zu Stätten fern und nah;
Von Gottes Gnaden traf er da
Jene beiden Pilger an,
Die sein Jungherr Tristan
Damals auf dem Waldweg fand.
Nach diesem fragt' er sie zuhand;
Auch sagten sie ihm Märe,
Wann und wie lang es wäre,
Daß ihnen eben solch ein Knabe
Aufstieß wie er beschrieben habe,
Des Führer sie nicht lang geblieben;
Wobei sie ihn genau beschrieben
Nach Antlitz und Haaren,
Nach Reden und Gebahren,
Dazu nach Wuchs und Gewand;
Und wie geschickt und gewandt
Sein Gehaben war in allen Dingen.
Wer mocht es noch in Frage bringen,
Ob es sein lieber Jungherr wär?
Die beiden Waller bat er sehr,
Daß sie ihm doch die Stätte,
Wo er sie verlaßen hätte,
Wenn sie die anders kennten,
Um Gotteswillen nennten.
Da sagten sie dem Marschall:
»Bei Tintajöl in Cornewal
War es, wo wir von ihm kamen.«
Da ließ er mehrmals sich den Namen
Nennen des Orts, und sprach zumal:
»Nach welcher Hand liegt Cornewal?«
»Es stößt«, versetzten sie sogleich,
Jenseits auf Britannenreich.«
Ach, dacht er, Gott und Herre mein,
Hier zeigt sich deiner Gnade Schein.
Ist Tristan, wie ich hier vernommen,
Denn nach Cornewal gekommen,
So ist er unbewust daheim,
Denn Marke ist sein Oheim.
Gott, weise mich auf gleiche Pfade;
Ach, süßer Gott, in deiner Gnade
Laß mir nur noch so wohl geschehn,
Daß ich Tristanden möge sehn.
Von der Märe, die ich hier vernommen,
Laß mir noch Herzensfreude kommen.
Sie gefällt mir wohl und ist auch gut:
Ich fühle meinen schweren Muth
Erleichtert, seit ich sie gewann.
»Ihr selgen Leute«, sprach er dann,
»Mög euch der Jungfrau Sohn bewahren;
Ich will auf meine Straße fahren
Und sehn, ob ich ihn finde.«
»Er weis' euch zu dem Kinde,
Der aller Welten hat Gewalt.«
»Dank«, sprach der gute Don Rualt;
»Gebietet mir, ich muß zur See.«
»Freund«, sprachen sie, »ade, ade!«
Da schritt der Marschall immer zu,
So unverdroßen, daß zur Ruh
Er keinen halben Tag sich nahm,
Bis daß er zu dem Meere kam.
Da fand er Ruh, das war ihm leid:
Denn noch lag kein Schiff bereit;
Doch als ein Schiff sich endlich fand,
Fuhr er nach Britannenland.
Durch Britannien streift' er hin
Mit so eifrigem Sinn,
Daß nie ein Tag so lange währte,
Daß er je zu ruhn begehrte:
Er durchstrich ihn bis zur Nacht.
Ihm gab dazu die Hoffnung Macht,
Daß er Tristanden finden werde:
Die macht' ihm jegliche Beschwerde
Sanft und alle Mühe leicht.
Als Cornewal nun war erreicht,
Da fragt' er nach der Märe,
Wo Tintajöle wäre;
Und als man ihm die Weisung gab
Setzt' er weiter seinen Stab
Und kam dahin nach kurzer Müh
Eines Sonnabends früh,
Als man zur Messe sollte gehn.
Da gieng er vor das Münster stehn,
Und sah vorüber ziehn die Leute.
Da hielt er lang sich still und scheute,
Und spähte, ob er einen
Darunter sah erscheinen,
Der ihm zu seiner Frage
Bescheidentlich behage.
Denn allzeit dacht er noch bei sich:
»Dieß Volk ist schmucker viel als ich;
An wen hier meine Frag ergeht,
So fürcht ich, daß er es verschmäht
Mich zu bescheiden über ihn,
Weil ich so schlecht gekleidet bin.
Nun rathe Gott, was fang ich an.«
Der König Marke zog heran
Mit einer herrlichen Schar.
Der getreue Mann nahm ihrer wahr
Und ersah nicht, den er wollte;
Dann, als der König sollte
Von der Messe heim zu Hofe gehn,
Da gieng Rual zur Seite stehn
Und trat dann mit bescheidnem Sinn
Zu einem alten Hofmann hin:
»Ach, Herr«, begann er, »saget mir
Bei eurer Güte, wißet ihr
Ob hier ein Kind am Hof verkehrt –
Man sagt, es sei dem König werth,
Und ist Tristan genannt.«
»Ein Kind«, sprach Jener gleich zur Hand,
»Ich weiß von keinem Kinde;
Ein Knapp ist hier Gesinde,
Der nächstens nehmen soll das Schwert.
Dem König ist er lieb und werth,
Denn er weiß der Künste viel
Und manch höfisches Spiel;
Und ist nun aus den Kinderschuhn:
Ein starker Jüngling ist er nun
Mit braungelockten Haaren
Und schönem Gebahren.
Fremd ist hier der junge Mann.
Den wir heißen Tristan.«
»Nun sagt mir, Herr«, sprach Rual da,
»Seid ihr hier Ingesinde?« – »Ja.«
»So ehrt euch selbst damit und thut
Mir das Eine noch zu gut;
Gewiss, ihr thut sehr wohl daran:
Sagt ihm, hier sei ein armer Mann,
Der ihn sprechen möcht und sehn.
Laßt ihn auch dabei verstehn,
Ich sei von seinen Landen.«
Da sagte Der Tristanden,
Ihm sei ein Landsmann gekommen.
Tristan kam, als ers vernommen,
Und sobald er ihn ersah,
Mit Mund und Herzen sprach er da:
»Ei, so sei gebenedeit
Gott im Himmel allezeit,
Daß ich dich, Vater, hab erschaut.«
So grüßt' er erst ihn überlaut;
Dann lief er freudig auf ihn an
Und küsste den getreuen Mann,
Wie ein Kind den Vater soll.
Das war auch billig und wohl,
Es waren Vater und Kind.
Von allen Vätern, die nun sind
Oder jemals waren, that wohl sicher
An seinem Kinde väterlicher
Keiner als an ihm Rual.
Ja, Tristan hatte hier zumal
Vater, Mutter, Bruder, Mann:
Alle Freunde, die er je gewann,
Hielt er in den Armen da.
Gar inniglich begann er: »Ah!
Getreuer Vater, theurer Mann,
Meine liebe Mutter, sag mir an,
Meine Brüder, leben sie auch noch?«
»Ich weiß nicht«. sprach er, »Sohn; jedoch
Sie lebten, als ich scheiden muste.
Allein von deinem Verluste
Betraf sie nicht geringes Leid;
Doch wie sie lebten seit der Zeit,
Das kann ich dir nicht sagen.
Ich sah seit langen Tagen
Niemand, den ich sonst gekannt,
Wie ich auch unser Heimatland
Seit dem unselgen Tag nicht sah,
Da mir an dir so weh geschah.«
»Ach, trauter Vater«, fiel er ein,
»Was soll mir das für Märe sein:
Wohin ist dein schöner Leib gekommen?«
»Sohn, den hast Du mir benommen.«
»So will ich dir ihn wieder geben.«
»Sohn, das möchten wir erleben.«
»Vater, so komm zu Hof mit mir.«
»Dahin, Sohn, geh ich nicht mit dir:
Du siehst wohl selbst, ich wäre
Dem Hofe nicht zur Ehre.«
»Doch, Vater, doch, es muß geschehn,
Mein Herr, der König, soll dich sehn.«
Rual, der höfsche, gute,
Gedacht in seinem Muthe:
»Bei Marke schadet mir nicht groß,
Wenn er mich sieht so nackt und bloß:
Er wird mich gerne schauen,
Denn ich kann ihm vertrauen,
Daß er seinen Neffen bei sich hat.
Und wenn ich Alles, was ich that,
Von Anfang bis zu Ende sage,
So scheint ihm schön, was ich auch trage.«
Tristan nahm ihn bei der Hand;
All sein Schmuck und sein Gewand
War, wie es da nur konnte sein,
Ein armselig Röckelein,
Verschabt und verschlißen
Und hier und da zerrißen:
Das hatt er ohne Mantel an.
Die Kleider, die der gute Mann
Unter seinem Rocke trug,
Die waren jämmerlich genug,
Vernutzt und auch beschmutzt sogar.
Durch Versäumniss war sein Haar
Am Haupt und an dem Barte
So verfilzt zu der Schwarte,
Daß er wie ein Wilder sah;
Auch gieng der Preisliche da
Bloß an Füßen und an Beinen,
So verwittert must er auch erscheinen
Wie alle Die natürlich sind,
Denen Frost und Hunger, Sonn und Wind
Schein und Farbe hat benommen.
So sah man ihn vor Marke kommen.
Als der ihm in die Augen sah,
Zu Tristan sprach Herr Marke da:
»Sag an, Tristan, wer ist der Mann?«
»Mein Vater, Herr«, so sprach Tristan.
»Ist das wahr?« – »Ja, Herre mein.«
»So soll er uns willkommen sein«,
Sprach da Marke freudiglich;
Höfisch neigte Rual sich.
Da kam alsbald die Ritterschaft
Gelaufen wie mit Heereskraft,
Auch drang das Hofgesind heran
Und Alle riefen Mann für Mann:
»Sire, Sire, Dê us sal.«
Nun sollt ihr wißen, daß Rual,
Trug er jetzo leider
Unhofgemäße Kleider,
So war doch kaum auf Erden
An Leib und an Geberden
Ein Mann vollkommener als er.
Er sah gar adellich und hehr
Und war von Gliedern und von Mark
Gewachsen wie ein Heune stark;
Seine Arm und Beine waren lang,
Schön und herrlich war sein Gang,
Nichts fehlte seiner Wohlgestalt;
Nicht zu jung auch war er noch zu alt,
Nein, eben in den besten Jahren,
Wo Jugend sich und Alter paaren
Und dem Leben rechte Kraft verleihn.
So fürstlich sah er darein
Wie ein Kaiser schauen soll.
Seine Stimme wie ein Horn erscholl;
Seine Reden waren wohl gesetzt.
Gar herrlich sah man ihn jetzt
Vor all den Herren stehn im Saal;
Es war nicht heut das erste Mal.
Da begannen sich mit Staunen
Herrn und Ritter zuzuraunen;
Sie sprachen hin, sie sprachen her:
Ja, sprachen Alle, ist das der?
Ist das der höfsche Kaufmann,
Zu dessen Ruhm sein Sohn Tristan
So viel uns sprach zu mancher Zeit?
Wir haben von der Würdigkeit
Des Mannes Wunder viel vernommen:
Wie ist er so zu Hof gekommen?
Viel solcher Rede noch geschah;
Der gute König schickt' ihn da
Sogleich zur Kemenaten
Und ließ ihn da berathen
Mit herrlichen Gewanden;
Auch ward er von Tristanden
Gebadet und gekleidet schnelle.
Ein Hütlein war für ihn zur Stelle,
Das setzt' aufs Haupt der werthe Mann:
Da stand es keinem beßer an,
Denn schön von Antlitz war der Held,
Jeder Zug ins Ebenmaß gestellt.
Tristan nahm ihn an die Hand
Herzlich, wie ers im Herzen fand,
Und führt' ihn wieder hin zu Mark.
Da begann er ihnen stark
Und mächtig zu gefallen.
Eine Rede wars bei Allen:
Seht, wie gut Gewand so bald
Den Mann gemacht hat wohlgestalt!
Die Kleider stehn dem Kaufmann
Schön, ja unvergleichlich an;
Auch schaut er selber fürstengleich.
Wer weiß, er ist der Ehren reich:
Er hat davon die Weise wohl,
Wenn man die Wahrheit sagen soll.
Seht nur, wie herrlich er geht
Und wie ihm Thun und Laßen steht
In höfischen Gewanden.
Auch mag man an Tristanden
Seinen Werth gar wohl erschaun:
Ein Geschäftsmann könnte traun
Sein Kind so höfisch nicht erziehn,
Wär ihm nicht edler Sinn verliehn.
Als man jetzt das Waßer nahm
Und der König zu den Tischen kam,
Da setzt' er seinen Gast Rual
An seine Tafel und befahl,
Daß man ihm höfisch dien und wohl
Wie man dem Höfschen dienen soll.
Zu Tristan sprach er: »Vor der Schar
Der Gäste nimm des Vaters wahr.«
Nun, ich will meinen, das geschah.
Er bot ihm so viel Ehre da
Als ihm Jemand bieten könnte,
Weil es sein Herz ihm gönnte.
Auch aß Rual der gute
Sein Theil mit willgem Muthe,
Denn Tristan macht' ihn froh und frank,
Tristan würzt' ihm Speis und Trank;
Daß er Tristan vor sich sah,
War das höchste Heil, das ihm geschah.
Als nun zu Ende gieng das Mal,
Unterhielt der König sich im Saal
Mit dem Gast und fragt' ihn allerhand,
Sowohl von seinem Heimatland
Als über seine Reise.
Sie sprachen nicht so leise,
Die Ritter hörtens und die Herrn
Und vernahmen seine Märe gern.
»Herr«, sprach Rual, »es geht fürwahr
Jetzt schon tief ins vierte Jahr,
Seit ich aus meiner Heimat schied;
Und wo ich immer hingerieth
Nicht andrer Märe fragt' ich nach,
Als der, die mir am Herzen lag
Und um die ihr mich auch hier erseht.«
»Was war das?« – »Tristan, der hier steht.
Und doch hab ich Kinder eine Zahl,
Fürwahr, Herr, die mir Gott befahl,
Und gönn es allen auch so wohl
Als man nur seinen Kindern soll:
Drei Söhne: wär ich dort geblieben,
Nicht länger braucht ichs zu verschieben,
Zwei möchten jetzt wohl Ritter sein.
Und hätt ich nur die halbe Pein
Erlitten um sie alle Drei,
Wie fremde mir auch Tristan sei,
Die ich um ihn allein ertrug,
Es wär fürwahr des Leids genug.«
»Fremde?« fiel der König ein,
»Sagt mir an, wie kann das sein?
Euer Sohn doch ist er, wie er spricht.«
»Nein, Herr, verwandt ist er mir nicht,
Als nur sofern, ich bin sein Mann.«
Tristan erschrak und sah ihn an.
Der König sprach: »So thut uns kund,
Warum denn und aus welchem Grund
Erlittet ihr um ihn die Noth,
Daß ihr Weib und Kinder floht,
Wie ihr sprecht, so lange Frist,
Wenn er euer Sohn nicht ist?«
»Herr König, das weiß Gott und ich.«
»Freund, so belehrt davon auch mich«,
Begann der gute König,
»Es wundert mich nicht wenig.«
»Wüst ich«, sprach der Getreue,
»Daß es mich nicht gereue
Und daß mir diese Märe
Zu sagen ziemend wäre:
Herr, so möcht ich Wunder sagen,
Wie sich das Ding hat zugetragen
Und gefügt von Anfang an
Mit euerm Diener Tristan.«
Der König und die Herrn zumal
Und als das Ingesind im Saal,
Die baten ihn zur Stunde
Wie aus Einem Munde:
»Sagt uns, seliger Mann,
Getreuer Mann, wer ist Tristan?«
Da hub der Marschall an und sprach:
»Herr, es geschah vor manchem Tag,
Wie ihr wohl wißt und alle die,
Die zu den Zeiten waren hie,
Mit Riwalin, dem Herren mein,
Des Mann ich war und sollte sein
Noch heut, wenn Gott nur wollte,
Daß er noch leben sollte –
Daß er so viel zu euerm Preise
Vernahm und in so mancher Weise,
Bis er Leute mir und Land
Zumal befahl in treue Hand.
Zu diesen Landen kam er so,
Daß er euch kennen lerne, froh,
Und ward eur Ingesinde hier.
Des Weitern schweig ich, wißet ihr
Doch selber, was ihm widerfuhr
Mit der schönen Blanscheflur:
Wie er zur Freundin sie gewann
Und wie sie bald mit ihm entrann.
Als sie zu Lande kamen,
Und sich zur Ehe nahmen,
Das ist in meinem Haus geschehn:
Ich habs und mancher Mann gesehn.
Auch befahl er sie in meine Pflege,
Und pflag ich ihrer aller Wege
So gut ich immer konnte.
Nicht lang darnach begonnte
Der Ritter einen Heereszug,
Entbot die Seinen schnell genug
Und fuhr auch bald von dannen
Mit Freunden und mit Mannen
Und ward in einem Kampf erschlagen;
Ihr hörtet es wohl selber sagen.
Und als die leide Mär uns kam
Und die schöne Frau vernahm,
Wie es ergangen wär im Streit,
Das war ein tödtliches Leid,
Das so tief ins Herz ihr schlug –
Hier steht Tristan, den sie trug;
Den gebar sie in der bittern Noth;
Sie selber lag, die Mutter, todt.«
Darüber fiel den treuen Mann
So inniglicher Jammer an,
Es ward an ihm wohl offenbar:
Saß er doch und weinte gar
Als ob er kindisch wäre.
Auch sah man von der Märe
Den andern Herren allen
Die Augen überwallen.
Auch der gute König Mark
Nahm den Jammer sich so stark
Und Ruals Bericht zu Herzen,
Daß seines Herzens Schmerzen
In Thränen aus den Augen floßen
Und ihm Wang und Kleid begoßen.
Tristanden that die Kunde
Gar weh im Herzensgrunde,
Geschah ihm gleich kein Leid daran,
Als daß er an dem treuen Mann
Den Vater, den er sein geglaubt,
Sich auf einmal sah geraubt.
So saß Rual der gute
Mit traurigem Muthe
Und sagte dem Gesinde
Von dem verwaisten Kinde,
Dem er ein treuer Pfleger war,
Seit es die Mutter gebar.
Er sagte, wie's auf sein Geheiß
Verhohlen ward mit allem Fleiß;
Wie er das Gerücht verbreiten ließ,