Kitabı oku: «Drogen und soziale Praxis - Teil 2: Das Drogenthema und wie es in Berufsfeldern der sozialen Arbeit auftaucht», sayfa 3

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1.3Zusammenschau

In der Bevölkerung ist das Wissen um die Zusammenhänge zwischen regelmäßig zu hohem Alkoholkonsum und der Entwicklung gesundheitlicher Störungen wenig bekannt. Es gibt dazu einen erheblichen Informationsbedarf. Es gehört zu den Aufgaben eines jeden Sozialarbeiters, an der Information und Befähigung der Menschen zu einem gekonnten Umgang mit Alkohol mitzuwirken.

Alkoholfolgeerkrankungen bleiben oft unerkannt, weil sozial angepasstes und damit weitgehend unauffälliges Trinken in unserer Kultur bereits das Risiko mit sich bringen kann, eine Menge an Alkohol zu konsumieren, die gesundheitliche Beeinträchtigungen auslösen kann.

Die Trinksitten der verschiedenen sozialen Gruppen und Schichten unterscheiden sich zwar in ihrer konkreten Form, aber nicht wesentlich in Bezug auf die konsumierten Mengen. Deshalb kann in allen Bereichen Sozialer Arbeit auf Klienten getroffen werden, deren gesundheitliche Situation durch riskanten Alkoholkonsum mitgeprägt ist.

Sozialer Arbeit kommt bei der Früherkennung und Bewältigung von Alkoholfolgekrankheiten eine wichtige Rolle zu! Die vertrauensvolle Beziehung zwischen Klient und Sozialarbeiter ist eine gute Basis, erstens Zusammenhänge zwischen regelmäßig konsumierten Alkoholmengen und gesundheitlichen Problemen der Klienten aufzuklären; zweitens bei erkanntem regelmäßig zu hohen Alkoholkonsum und ätiologisch unklaren Beschwerden eine medizinische Klärung zu eventuell bereits vorliegenden Folgekrankheiten anzuregen; drittens bei Vorliegen einer Alkoholfolgekrankheit zu einer medizinischen Behandlung anzuregen und viertens Klienten dazu zu motivieren und zu befähigen, Veränderungen des Trinkens vorzunehmen, mit denen die empfohlenen Trinkmengen besser eingehalten werden können.

Oft verweigern Klienten den Besuch einer Drogenberatung. Um für einen gesundheitlich weniger riskanten Alkoholkonsum zu sensibilisieren und praktische Anregungen für eine Umsetzung zu geben, ist eine so hochspezialisierte Hilfe in der Regel auch nicht immer nötig. Hilfreiche Anregungen zu einer Veränderung des Trinkens können durchaus in den bereits bestehenden Beziehungen zwischen Sozialarbeiter und Klient gegeben werden.

Sozialarbeiter müssen deshalb für diese Thematik sensibilisiert sein, ein fachliches Grundwissen zu den dabei relevanten Zusammenhängen haben und sich zuständig auch für diesen Teil der Lebensbezüge der Klientel fühlen.

Zum professionellen Knowhow für eine Beratung zu Alkoholfolgekrankheiten und einem dazu passenden Risikomanagement gehören erstens das Wissen zu empfohlenen Trinkmengenlimits; zweitens Kenntnisse dazu, wie sich Trinkmengen ermitteln lassen; drittens methodische Ansätze, wie Klienten zu einer Gesamtschau auf das von ihnen praktizierte Trinken motiviert und angeleitet werden können und schließlich viertens Beratungsstrategien, mit denen passende Strategien zur Reduktion der regelmäßig konsumierten Alkoholmengen erarbeitet werden können.

Die Erarbeitung von und die Arbeit mit sachlichen Informationen können damit zu einer guten Ausgangsbasis werden, die Notwendigkeit einer Veränderung des Trinkverhaltens sachlogisch und weitestgehend ohne moralische Vorwürfe vorzutragen. Eine vorbehaltlose Dokumentation der Trinkgewohnheiten lässt die Forderung nach einer Trinkmengenreduktion oft auch für diejenigen Klienten sinnvoll und einsichtig werden, die mit ihren regelmäßig konsumierten Alkoholmengen ein hohes Risiko für gesundheitliche Probleme eingehen und einen solchen Zusammenhang in ihrem konkreten Fall kaum für möglich gehalten haben.

1.4Nachlesenswert

Büringer et al. (2000): Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen in Deutschland. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Band 128, Baden-Baden

Klingemann, H. (2004): Forschungs- und Diskussionsstand zum Kontrollierten Trinken in der Schweiz und ausgewählten Nachbarstaaten. In: Projekt im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit und in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen (EKA): Literatur und Expertenbericht zum Modul A der dreiteiligen wissenschaftlichen Studie „Kontrolliertes Trinken: Bestandsaufnahme und Umfrage zur Akzeptanz und Praxisumsetzung als Behandlungsziel, Bern, S. 80-99.

Körkel, J., Bahle, F. (2007): Damit Alkohol nicht zur Sucht wird - kontrolliert trinken: 10 Schritte für einen bewussteren Umgang mit Alkohol. Trias Verlag

Kruse, G., Körkel, J., Schmalz, U. (2000): Alkoholabhängigkeit erkennen und behandeln – mit literarischen Beispielen. Psychiatrie Verlag

Legnaro, A. (1981): Alkohol und Verhaltenskontrolle – Bedeutungswandlungen zwischen Mittelalter und Neuzeit in Europa. In: Rausch und Realität – Drogen im Kulturvergleich, Köln

Winter, E., Stoiber, I., Engel, H. (1987): Schicksal Abhängigkeit. Alkohol. Probleme. Auswege. Berlin

2Medikamentenkonsum: Grundproblem, Handlungsdruck und Handlungsmöglichkeiten von Sozialer Arbeit
2.1Der Konsum von Medikamenten: Weit verbreitet, oft selbstverständlich und kaum beachtet

In unserer Kultur beschränkt sich der Griff zu Medikamenten nicht mehr auf akute Phasen einer schweren Erkrankung. Die Einnahme von Arzneimitteln ist längst zu einem Alltagsphänomen geworden. Ca. 1250 Tabletten konsumiert der durchschnittliche Deutsche - vom Säugling bis zum Greis - pro Jahr (vgl. Glaeske, Schicktanz 2010). Die Ausgaben dafür sind weit höher als für das Brot, das täglich gegessen wird. Für 2010 ermittelte der Arzneimittelreport, dass die Barmer GEK, Deutschlands größte Krankenkasse, rund 3,9 Milliarden Euro nur für Medikamente ausgegeben hat. Dies ist ein Kostenzuwachs von 6,77 Prozent. Die gestiegenen Kosten gehen allerdings nicht nur auf Preissteigerungen zurück, sondern ergeben sich auch aus der größeren Menge verordneter Pillen und Tabletten: 80 Millionen Packungen Arzneimittel wurden den 9 Millionen Versicherten verordnet – 4,24 Prozent mehr als im Jahr zuvor (ebenda).

Der Markt für Pharmaka expandiert rasch und ungebrochen. Dafür sorgt auch eine entsprechende Werbung. Diese kommt mit dem Versprechen daher, nicht nur Unwohlsein, ein unbefriedigendes Befinden und Schmerzen umgehend abschalten zu können. Sie dröhnt auch mit der Zusicherung, selbst für die Zukunft Krankheit und Leiden vorbeugen und Alterung aufhalten zu können. Erfolgreich ist sie damit in allen sozialen Gruppen, Schichten und kulturellen Milieus.

Merkenswert: Unabhängig davon, ob es sich um verschreibungspflichtige oder freiverkäufliche Arzneimittel handelt, der Konsum von Medikamenten ist in unserer Kultur zu einer Selbstverständlichkeit geworden, die kaum noch hinterfragt und kritisch überdacht wird. Regelmäßiger Medikamentenkonsum ist weit und in fast allen sozialen Gruppen, Schichten und kulturellen Milieus stark verbreitet.

Deshalb muss Soziale Arbeit in allen Berufsfeldern damit rechnen, mit dem Thema Medikamentenkonsum und daraus abgeleiteten Problemen konfrontiert zu werden. Insofern gehört zu den professionellen Anforderungen, die prinzipiell an jeden gestellt sind, auch zu diesem Thema angemessen beratend und unterstützend handeln zu können.

2.2Kann denn Medikamenteneinnahme problematisch sein?

Die Etablierung des Medikamentenkonsums als selbstverständliche Facette im Alltag und die stetige Zunahme der konsumierten Mengen Arzneimittel sind Phänomene mit einem hohen Potenzial an Risiken und Gefährdungen:

 Problematisch an dieser Entwicklung ist erstens nicht allein die damit verbundene Illusion, dass Missbefinden, Unwohlsein und Stimmungstiefs im Leben der Menschen keinen Platz haben und deshalb umgehend und um jeden Preis abgeschaltet gehören. In der Folge ist es nicht immer die große Bedrängnis, die zur Pille greifen lässt; oft rechtfertigt schon eine kleine Wolke am Seelenhimmel den Griff zur Tablette. Mit dem Medikamentenkonsum werden Konflikte allerdings nur zugedeckt, verkümmert das normale Wechselspiel der Gefühle und schrumpft das Alltagserleben auf ein dumpfes Mittelmaß, in dem es zwar kein „zu Tode betrübt“, aber auch kein „himmelhoch Jauchzen“ mehr gibt.

 Bedenklich ist zweitens, dass mit dem ungebremsten Griff zur Pille altbewährte Strategien verloren gehen, wie sich die Selbstheilungsfähigkeiten von Körper und Seele anregen lassen und Schmerzen und Krankheit auch ohne Hightech-Medikamente bewältigt werden können.

 Zu den Problemen des selbstverständlichen Tablettenschluckens gehören drittens handfeste somatische Folgeerkrankungen, die als Nebenwirkungen eines regelmäßigen Medikamentenkonsums auftreten können: Die Europäische Gesellschaft für Dialyse und Transplantation schätzt beispielsweise, dass allein 10 bis 25 Prozent aller Nierenversagen und Dialysen auf das Konto übermäßigen Schmerzmittelgebrauchs gehen. Dazu kommt ein großer Teil der Magenschleimhautentzündungen, Magengeschwüre und Blutarmut, die sich als Auswirkungen eines regelmäßig zu hohen Arzneimittelkonsums identifizieren lassen.

 Zu den problematischen Folgen regelmäßigen Medikamentenkonsums zählen viertens auch paradoxe Umkehreffekte, die dafür sorgen, dass die eingenommenen Medikamente die Schmerzen und das Missbefinden auslösen, gegen die sie eingenommen werden. So werden gegen die Volkskrankheit Nummer eins „Kopfschmerz“ beispielsweise Riesenberge an Schmerzmitteln konsumiert. Weniger bekannt ist jedoch, dass bei regelmäßigem Schmerzmittelkonsum (ca. mehr als zehn Tage im Monat) eine Wirkumkehr einsetzen kann. Diese zeigt sich darin, dass durch die konsumierten Schmerzmittel paradoxerweise erst der Dauerkopfschmerz entsteht, den der Geplagte mit noch höheren Tablettendosen zu bekämpfen versucht.

 Völlig übersehen wird in der Regel fünftens, dass es bei bestimmten Konsumformen gar nicht um die schmerzstillenden Substanzen selbst geht, die den Verbrauch ankurbeln. Es sind vielmehr Zusatzstoffe wie Coffein oder Codein, die einen Psycho-Kick bewirken und einen vermehrten Verbrauch begründen.

 Neben psychischen Gewöhnungseffekten kann durch regelmäßigen Konsum sechstens auch eine körperliche Abhängigkeit provoziert werden. Von den circa 50.000 verschiedenen Arzneimitteln auf dem Markt haben etwa fünf Prozent das Potenzial, körperlich abhängig zu machen. Dies sind vor allem Schlaf- und Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine, opionid- und morphinhaltige Schmerzmittel, Aufputschmittel und Medikamente, die Alkohol enthalten. Aber auch Anregungs- und Hustenmittel sowie Appetitzügler gehören dazu. Typisch für diese Form der körperlichen Abhängigkeit ist der durch die Medikamente ausgelöste physische Gewöhnungseffekt (z. B. durch Benzodiazepin). Da die Empfindlichkeit der Nervenzellen für diese Wirkstoffe bei Dauerkonsum herabgesetzt wird, verlangt das Nervensystem nach vermehrter Zufuhr, weshalb immer mehr Pillen gebraucht werden, um den gleichen Effekt zu erzielen. In vorsichtigen Schätzungen wird davon ausgegangen, dass bis zu 1,9 Millionen Deutsche von pharmazeutischen Präparaten abhängig sind.

 Diese körperliche Abhängigkeit macht sich jedoch nicht allein in einer steigenden Toleranz gegenüber den gewohnheitsmäßig konsumierten Medikamenten und damit im Drängen nach immer größeren Mengen bemerkbar. Sie wird siebtens auch deutlich, wenn durch das Absetzen des Medikaments umgehend schwere Entzugserscheinungen auftreten, die allein schon deshalb den Verzicht auf die Medikamenteneinnahme als bedrohlich erscheinen lassen und den Patienten so zum Sklaven der Pille machen.

 Zu beachten sind achtens schließlich auch Zusammenhänge, die sich aus der oft langen Halbwertzeit vieler Medikamente und deren Speicherung im Körper ergeben. Diese sorgen selbst lange Zeit nach der Einnahme noch für die typischen Medikamentenwirkungen. Dazu kommt, dass sich durch die Speicherung auch der Medikamentenspiegel im Körper erhöht, wenn die Einnahmeabstände so kurz sind, dass die körperlichen Abbauprozesse der Arzneien noch nicht abgeschlossen sind. Auf diese Weise bauen sich im Körper Depots auf, die für Wirkungen auf den Konsumenten sorgen, wenn dieser längst nicht mehr darauf eingestellt ist und in seinem Handeln mögliche Beeinträchtigungen nicht berücksichtigt. Wenn es auch kaum Zahlen dazu gibt, wie viele Unfälle zu Hause und im Job als Folge regelmäßigen Medikamentenkonsums passieren und welches Unheil Tablettenschlucker auf der Straße anrichten – von einem erheblichen Dunkelfeld kann sicher ausgegangen werden.

Merkenswert: Wenngleich Medikamente bei der Behandlung schwerer Erkrankungen wichtige Hilfsmittel sind, muss der Umgang mit ihnen kritisch im Auge behalten werden. Fast alle Medikamente verursachen nicht sachgerecht eingenommen erhebliche physische und psychische Nebenwirkungen, können Entwicklungen hin zu einem Arzneimittelmissbrauch oder sogar einer Arzneimittelabhängigkeit anstoßen und mit erheblichen Selbst- und Fremdgefährdungen einhergehen.

Vor diesem Hintergrund gehören auch Sozialarbeiter zu den Berufsgruppen, die gegenüber ihren Klienten eine Informations- und Aufklärungspflicht zu den Risiken und Nebenwirkungen einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme haben und als Vertrauenspersonen ihrer Klienten Impulse und Anregungen geben sollten, problematische Umgangsweisen mit Arzneimitteln zu überdenken und zu beenden.

2.3Medikamentenkonsum differenzieren: Langzeitgebrauch, Medikamentenmissbrauch oder abhängig von Medikamenten?

Auch der Medikamentenkonsum ist als Phänomen wiederum in Formen des Gebrauchs, des Missbrauchs und der Abhängigkeit zu unterscheiden. Insofern kann an die grundlegenden Gedanken angeknüpft werden, die bereits im ersten Band dieser Reihe für den Konsum psychoaktiver Substanzen erläutert wurden (vgl. Drogen und soziale Praxis, Band 1, Kapitel „Drogenkonsum: Die Pflicht genau zu unterscheiden“).

Besondere Aspekte leiten sich jedoch aus der Tatsache ab, dass der Konsum von Medikamenten in Behandlungsroutinen und damit in ärztliche Empfehlungen und Anweisungen eingebunden ist. Diese machen eine spezielle Betrachtung erforderlich.

2.3.1Medikamentengebrauch: Eine Medikation bei ernsthaften Erkrankungen

Anders als der Konsum von Mitteln, die ausschließlich dem Genuss der Menschen dienen, sind Medikamente für jeden Menschen bei schweren Verletzungen, starken Erkrankungen und auch in akuten psychischen Notsituationen (z. B. bei Schicksalsschlägen) wichtige Hilfsmittel und dann in der Regel unverzichtbar.

Grundsätzlich handelt es sich bei Medikamenten um Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die ausdrücklich zur Heilung oder zur Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Deshalb werden mit ihrer Einnahme mehr oder weniger starke pharmakologische Veränderungen angestrebt, durch die die physiologischen Funktionen des Körpers wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst werden sollen.

Zusätzlich zu diesen biochemisch erklärbaren Effekten kommen aber in vielen Fällen auch psychische Wirkungen. Diese leiten sich aus den Wirkungserwartungen ab, die der Konsument an ein spezielles Medikament hat und können die damit erzielbaren Ergebnisse begünstigen, aber auch blockieren.

Merkenswert: Bei jeder Einnahme ist im Blick zu behalten, dass mit Medikamenten mehr oder weniger deutlich in eine Vielzahl körperlicher Wirkungszusammenhänge eingegriffen wird. Angestrebt werden bestimmte erwünschte Wirkungen, die sich aber keineswegs wie eine gezielt einschlagende Kanonenkugel einstellen. Vielmehr sind in der Regel immer sehr verschiedene Körperfunktionen an der Aufnahme, Verarbeitung und Ausscheidung der Medikamente beteiligt. Deshalb ist auch immer mit einer Reihe unerwünschter Wirkungen – den Nebenwirkungen – zu rechnen. Die Einnahme von Medikamenten hat also immer Risiken und Nebenwirkungen, weshalb damit generell ein bedachtsamer Umgang geraten ist.

Auch wenn die Werbung zu oft suggeriert, dass man nur einen „Spalt“-breit von Schmerzfreiheit und Wohlbefinden entfernt sei, sollte den natürlichen Heilungsprozessen Zeit und Gelegenheit gegeben werden, bevor zur pharmakologischen Hilfe gegriffen wird.

Gesundheit ist nicht Sein, sondern Tun!

Diese Aussage gilt besonders für Medikamente, die den schädigenden Folgen eines ungesunden Lebensstils begegnen sollen: Seien es Dämpfer zu hohen Cholesterins durch zu fette und tiereiweißlastige Ernährung, seien es Blutdrucksenker bei Bewegungsarmut, zu wenig Schlaf, zu viel Kaffee, Alkohol und Zigaretten, seien es Insulinpräparate zum Management von Zuckerkrankheiten, die sich aus jahrelanger Fehlernährung erklären usw.

Es beim Management dieser sogenannten „Zivilisationskrankheiten“ zu allererst mit einer Änderung des Lebensstils zu versuchen, ist keineswegs eine Frage des Zeitgeistes. Vielmehr unterstreichen unzählige nationale und internationale Studien, dass sich mit Bewegung und Ernährung erstaunliche gesundheitliche Effekte erreichen lassen. Diese Strategie erspart oftmals den Einsatz von Medikamenten bzw. reduziert die einzunehmende Menge deutlich. Letztlich verdoppelt sich der Gewinn, denn es summieren sich die gesundheitlichen Gewinne durch Veränderungen im Alltag und die Effekte, die sich aus Medikamente ergeben, die nicht eingenommen werden und deshalb den Körper nicht durch schwierige Nebenwirkungen belasten.

Merkenswert: Vor allem in langgezogenen und intensiven Prozessen der Beratung und Begleitung erhalten Sozialarbeitern in der Regel einen umfassenden Einblick in den Umgang der Klienten mit Medikamenten. Der Medikamentenkonsum kann deshalb immer auch ein Thema sein, zu dem sich Sozialarbeiter und Klient austauschen. Wichtige Ziele einer Beratung in Sachen „Umgang mit Medikamenten“ ist erstens die Ermutigung des Klienten, zu lernen, ein bestimmtes Maß an Missbefinden als zum Leben dazugehörig zu akzeptieren, zweitens Beschwerden erst einmal auszuhalten und dabei drittens seinen Selbstheilungskräften zu vertrauen, sich viertens Zeit und Gelegenheit zu geben, seine Beschwerden auch ohne massiven Einsatz von Medikamenten zu beseitigen. Insbesondere mit Blick auf die Zivilisationskrankheiten gilt es fünftens Klienten anzuregen, Einstellungen und Lebensstile zu verändern, eine hinnehmende Passivität zu sich einstellenden gesundheitlichen Störungen aufzugeben und sich sechstens aktiv um die Erhaltung der eigenen Gesundheit zu bemühen.

Grundsätzlich lassen sich für jeden Klienten Formen finden, mit denen er sich aktiv um Gesundung und Gesundheit bemühen kann – das Alter und der Gesundheitszustand verändern die Wahlmöglichkeiten, können aber nicht als absolute Hinderungsgründe gelten.

Medikamentengebrauch als Teil einer ärztlichen Behandlung

Die besondere Potenz vieler Medikamente und ihre oft komplizierten Wirkschemata sorgen dafür, dass viele Medikamente nicht frei verkäuflich sind und nur im Rahmen einer ärztlichen Behandlung verschrieben werden dürfen.

Hierbei kommt dem Arzt die Verantwortung zu, in Abhängigkeit von der Erkrankung und den körperlichen Gegebenheiten (z. B. Alter, Konstitution, Gewicht), psychischen Besonderheiten und sozialen Voraussetzungen des Patienten (z. B. Darreichungsform, Alltagsrhythmen) die Höhe, die Dauer und die Einnahmeintervalle der verschriebenen Medikamente festzulegen. Zweifellos sollten Arzt und Patient gemeinsam über eine passende Behandlung nachdenken und sich schließlich einvernehmlich auf eine bestimmte Medikation einigen. Nach der Festlegung auf ein bestimmtes Medikament und dessen Einnahmemuster gehört es jedoch zu den besonderen Mitwirkungspflichten des Patienten, dieses Einnahmemuster umzusetzen.

Verordnungen von Medikamenten müssen lebbar sein!

Wesentliche Bedingungen für die Wirksamkeit eines Medikaments sind in der Regel die bestimmungsgerechte Einnahme, das konsequente Befolgen ärztlicher Therapieanweisungen und ein großes Maß an Therapietreue. Angesprochen ist damit die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Compliance des Patienten trotz oftmals umfangreicher und belastender Forderungen.

Insbesondere bei langgezogenen Behandlungen, z. B. bei chronischen Erkrankungen, fällt es den Betroffenen regelmäßig schwer, stark beanspruchende Therapieempfehlungen einzuhalten. Studien belegen, dass bei vielen chronischen Erkrankungen nach einem Jahr nur noch etwa 50 % der Patienten die anfänglichen Therapieempfehlungen befolgen. Insofern sind für diese Prozesse Hilfe und Unterstützung auch durch Soziale Arbeit erwünscht. Stellen die Langzeitverordnungen die Patienten zudem vor enorme Herausforderungen, weil die Einnahmeintervalle und -routinen sehr aufwändig und einschränkend sind (z. B. vor dem Essen, in Stundentakten), besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Medikamente nicht bestimmungsgemäß eingenommen werden und der Erfolg einer Behandlung gefährdet wird.

Merkenswert: Soziale Arbeit, die Klienten mit Langzeitverordnungen betreut, sollte sich erstens dafür interessieren, wie es dem Klienten gelingt, den vorordneten Medikationen zu folgen, an welchen Therapieempfehlungen er regelmäßig scheitert, warum der Klient welche Compliance-Probleme hat und wie diesen begegnet werden kann. Zu berücksichtigen ist zugleich, dass sich oft erst im Fortgang einer langgezogenen Behandlung herausstellt, dass ein bestimmtes Einnahmemuster nicht als Alltagsroutine realisiert werden kann, sich nicht die erhofften Wirkungen zeigen oder aber nicht tolerierbare Nebenwirkungen entstehen. Insofern gehört zu den Aufgaben Sozialer Arbeit zweitens die Ermutigung zu und die Mithilfe bei Aushandlungsprozessen mit den behandelnden Ärzten, mit denen zu einer realisierbaren und passgerechten Medikation gefunden werden kann, die auch als Langzeitverordnung bestimmungsgerecht umgesetzt wird.

Wenngleich der Patient durchaus als Experte in seinen eigenen Angelegenheiten gelten kann, so ist er jedoch selten in der Lage, eigenständig eine sachgerechte Änderung der Medikation vorzunehmen. Dem Klienten ist deshalb abzuraten, Verordnungen, die nicht eingehalten werden können, zu ändern. Ziel sollte es vielmehr sein, einvernehmlich mit den behandelnden Ärzten zu einer lebbaren Therapieempfehlung zu kommen.

Wenn die gefundene Alternative vielleicht auch nicht die erste Wahl unter den möglichen Therapien ist, mag sie dennoch weit nutzbringender sein als eine effektive aber hochschwellige Initialtherapie, die nicht konsequent durchgehalten werden kann.

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22 aralık 2023
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