Kitabı oku: «Homeward Bound», sayfa 5

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Micha hätte beinahe laut geschnaubt. Er? Noch etwas vorhaben? Nicht in dieser Stadt. Hier wollte niemand etwas mit ihm zu tun haben.

Außer… vielleicht doch?

»Äh, nein«, gab er zu. »Ich wollte mich nur nicht aufdrängen.«

Das Lächeln, das sich auf Swifts Gesicht ausbreitete, war atemberaubend. »Mein lieber Mann…«, sagte er. »Mach dich nicht lächerlich. Ich freue mich, wenn du noch bleibst. Wir freuen uns beide. Imogen betet dich an. Du hast offenbar Zauberkräfte. Komm schon. Ich koche dir zum Dank Pasta Carbonara.« Er lachte leise. »Normalerweise gibt es die nur, wenn ich schummele und nicht auf die Kalorien achte. Aber vielleicht schmecken sie Imogen.«

Micha schlug das Herz bis zum Hals. Er beobachtete, wie Swift eine Bierflasche öffnete und ihm weiterreichte. Dann öffnete er eine zweite Flasche für sich selbst und stieß mit Micha an. Wow. Er – Micha Perkins – war bei Swift Coal zum Essen eingeladen. In welcher Realität war er denn jetzt gelandet?

Verrückt.

»Danke.« Micha räusperte sich. Auf dem Herd stand ein Topf mit angebrannten Bohnen. Swift seufzte und kippte sie in den Mülleimer.

»Die sind bei Imogen überhaupt nicht angekommen«, meinte er kopfschüttelnd.

Micha lachte, als Swift den Topf ins Spülbecken stellte, um ihn später zu reinigen. Dann holte er einen sauberen Topf aus dem Schrank und füllte ihn mit Wasser für die Nudeln.

»Äh…«, sagte Micha und spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Er riss kleine Fetzen aus dem Etikett seiner Bierflasche und überlegte, was er Swift sagen sollte und was nicht. Andererseits – Swift hatte ihn extra angerufen, um Ratschläge für den Umgang mit Imogen zu bekommen. Er hatte ihn nicht als Kumpel angerufen. Es war also besser, über dieses Thema zu reden, als gar nichts zu sagen. Besonders, weil Swift ihm über die Schulter einen aufmunternden Blick zuwarf.

»Du solltest dich vielleicht über kinderfreundliche Rezepte informieren«, sagte Micha. »Sie essen wesentlich kleinere Portionen als Erwachsene. Besonders, wenn der Erwachsene gerade aus dem Fitnessstudio kommt. Und sie sind kleine Süßmäuler. Oh! Und du kannst ihr einen von diesen niedlichen kleinen Tellern besorgen, die unterteilt sind in Protein, Kohlehydrate, Gemüse…«

Micha merkte, dass er zu plappern anfing, verstummte und biss sich auf die Lippen. Er schaute auf die Bierflasche mit dem zerfetzten Etikett.

Swift lachte nur.

»Das sind wunderbare Vorschläge. Danke, Mann. Ich bin dir so dankbar, dass du gekommen bist.« Swift schüttelte grinsend den Kopf und schnitt weiter den Schinken, den er für die Käsesoße brauchte. »Wann immer du etwas brauchst, bin ich für dich da. Versprochen.«

Micha riskierte einen kurzen Blick und schaute schnell wieder zur Seite, bevor er rot werden konnte. Swift war ein netter Kerl, aber sein Angebot war nur freundschaftlich gemeint. Micha sollte ihm dafür dankbar sein und es nicht überinterpretieren.

»Ich bin froh, mal aus dem Haus zu kommen und etwas anderes zu machen. Es ist echt cool«, gestand er. »Nicht, dass ich meiner Familie nicht dankbar wäre!«, platzte er dann heraus, als er merkte, wie sich das angehört haben musste. »Es kann nur sehr anstrengend sein, weil so viel los ist.«

Swift sah ihn nachdenklich an, während er in dem Topf mit der Käsesoße rührte. »Was du durchgemacht hast, muss hart gewesen sein. Haben sie dich in der Untersuchungshaft wenigstens gut behandelt?«

Als Swift das Gefängnis erwähnte, fühlte sich Micha so gedemütigt, dass er am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Aber in Swifts Blick, ebenso wie in seiner Stimme, lag nur Mitgefühl. Micha atmete tief durch. Vielleicht war es ja sogar eine gute Idee, mit jemandem darüber zu reden.

»Nach dem ersten Schock war es ganz okay. Ich war nur in Untersuchungshaft, nicht in einem richtigen Gefängnis. Ich habe mich möglichst unauffällig verhalten. Und danach – also nach der Gerichtsverhandlung – war ich verdammt erleichtert, weil ich gleich entlassen wurde. Ich muss jetzt nur sauber bleiben.« Er lachte reumütig. »Und ich nehme es nicht als selbstverständlich hin – weder meine Kleidung wieder zurückzuhaben, noch zu essen, was mir schmeckt, oder in meinem eigenen, ruhigen Zimmer zu schlafen.« Er schüttelte den Kopf. Ihm war etwas schwummrig zumute. »Ich will mit Menschen wie dem Kerl, der mir diese Schwierigkeiten eingebrockt hat, nichts mehr zu tun haben. Ich will nicht im Knast landen. Und ich bin verdammt froh, dass meine Familie für mich da war und mich aufgenommen hat.«

Swift runzelte die Stirn. »Sie lieben dich«, sagte er, als wäre das selbstverständlich. »Außerdem hast du nichts angestellt. Rhett meint, du wärst da unwissentlich mit reingezogen worden. Es ärgert mich, dass sie dich überhaupt so lange in Haft behalten haben. Aber ich bin auch froh, dass du es jetzt hinter dir hast.« Swift sah aus, als hätte er noch mehr sagen wollen, dann aber seine Meinung geändert. Er zeigte auf Michas Bier. »Hey, lass das nicht warm werden«, scherzte er. Dann musste ihm etwas eingefallen sein, denn sein Gesichtsausdruck änderte sich. »Oh Mist. Machst du dir Sorgen, weil du noch fahren musst? Du kannst gerne auf meinem Sofa übernachten. Es ist ein Schlafsofa und man kann es ausziehen.«

Er strahlte hoffnungsvoll. In Michas Bauch flatterten Schmetterlinge.

Verdammt aber auch. Swift lud ihn erst zum Abendessen ein und bot ihm dann das Sofa an?

Micha wurde sofort von Zweifeln gepackt. Er wollte so sehr daran glauben, dass Swifts Angebot ernst gemeint war. Dass Swift ihn besser kennenlernen, vielleicht sogar sein Freund werden wollte. Aber diese bösartige Stimme in seinem Kopf meldete sich wieder zu Wort. Warum sollte jemand dich zum Freund wollen?, sagte sie.

Micha war allerdings noch nie gut darin gewesen, auf seinen Verstand zu hören.

Sein Schwanz war wesentlich leichter zu überzeugen und forderte seinen Verstand auf, den Mund zu halten. Wann sonst sollte er denn die Möglichkeit bekommen, Zeit mit Swift zu verbringen?

Dann verschwanden die letzten Zweifel, als Micha sich daran erinnerte, was Swift über Imogen gesagt hatte. »Na ja«, meinte er bedächtig. »Wenn ich hier übernachte, kann ich dir morgen helfen, Imogen für die Schule vorzubereiten.«

Swifts Lächeln wurde noch strahlender, als wäre ihm dieser Gedanke noch gar nicht gekommen. »Oh ja! Das wäre prima. Danke, Mann. Du bist der Beste.«

Der Rest des Abends verlief ohne weitere Zwischenfälle.

Imogen war von der Pasta begeistert und ließ sich anstandslos baden. Selbst Butter verbrachte den Rest des Abends damit, friedlich unter Imogens Bett zu lauern.

Micha machte sich Gedanken über die Wohnungseinrichtung. Besonders über das gesichtslose Zimmer Imogens. Hier musste dringend etwas geschehen, aber Swift darauf anzusprechen, wäre unhöflich gewesen. Micha konnte Vorschläge machen, wenn er danach gefragt wurde, wollte sich aber nicht ungebeten einmischen.

Zu seiner Enttäuschung machte Swift einen vollkommen erschöpften Eindruck, als Imogen endlich im Bett lag. Micha hatte sogar ein schlechtes Gewissen, sich dabei helfen zu lassen, das Sofa herzurichten und ihn nach der Bettwäsche zu fragen, weil er nicht wusste, wo Swift sie aufbewahrte. Seine Hoffnung, noch ein Bier mit Swift trinken zu können, löste sich in Wohlgefallen auf. Es wäre sowieso egoistisch gewesen. Swift war auch so schon mehr als großzügig gewesen. Micha sollte nicht allzu gierig sein und noch mehr von ihm erwarten.

Er legte sich schließlich auch ins Bett, schloss die Augen und atmete einige Male tief durch. Es war ein guter Tag gewesen. Er hatte ohne Zwischenfälle eine ganze Schicht im Diner durchgestanden.

Er hatte ein verstörtes Kind beruhigt und war von einem erwachsenen Mann eingeladen worden. Einem Mann, der obendrein auch noch verdammt sexy und süß und ein liebenswerter Spinner war. Und er war für kurze Zeit seiner Familie entkommen, die es zwar gut mit ihm meinte, ihn dadurch aber auch oft unter Druck setzte.

Ja. Alles in allem war heute der beste Tag gewesen, den er seit langer Zeit erlebt hatte.

Micha war schon fast eingeschlafen, als sein Handy klingelte. Er runzelte die Stirn. Pops wusste, dass er hier war, und hatte gemeint, es wäre in Ordnung. (Er hatte sogar gemeint, es wäre Wunderbar! und Micha damit zum Schmunzeln gebracht. Pops freute sich fast noch mehr als Micha selbst, dass er neue Freunde fand.) Vielleicht war es Spam?

Micha sackte der Magen in die Kniekehle, als er das Handy aktivierte und den Namen auf dem Bildschirm erkannte.

Es war eine unbekannte Nummer und er las den Namen des Absenders erst am Ende der Nachricht. Sofort wurde ihm übel und er hielt das Handy fest umklammert.

Habe gehört, du bist raus. Dein Haus vermisst dich. Wann kommst du zurück? Dale.

Er musste sich eine neue Nummer zugelegt haben, denn Micha hatte die alte blockiert. Er biss die Zähne zusammen, schaltete das Handy aus und legte es auf die Armlehne des Sofas. Er wollte nicht über eine Antwort nachdenken.

Weil diese Antwort eindeutig war: Niemals. Er würde nie wieder in das Haus in Seattle zurückkehren.

Aber er hatte das Gefühl, dass Dale diese Antwort nicht hören wollte.

Kapitel 7

Swift

Sie kamen auf den letzten Drücker an die Haltestelle. Der Schulbus wäre ihnen beinahe vor der Nase weggefahren.

Swift hätte nie gedacht, dass es so lange dauern würde, bis ein kleines Mädchen ausgehbereit war. Die Antwort war offensichtlich: dreimal länger als erwartet. Er hatte Imogen mitsamt ihrem kleinen Rucksack schließlich einfach auf den Arm genommen, um aus dem Haus zu kommen. Auf dem Weg zur Tür hatte ihm Micha noch die Dose mit ihrem Pausenbrot in die Hand gedrückt, dann waren sie losgelaufen – gerade in dem Augenblick, als der gelbe Bus auf der Straße auftauchte.

Glücklicherweise brauchte der Bus noch eine halbe Minute, bis er anhielt. Das gab Swift genügend Zeit, die erschrocken aussehende Imogen auf dem Bürgersteig abzustellen, ihre Jacke zu richten und das Pausenbrot in ihrem Rucksack zu verstauen.

»Ich hoffe, du hast viel Spaß an deinem ersten Schultag, mein Häppchen«, sagte er strahlend und nahm sie an den Händen. »Du wirst bestimmt viele neue Freunde finden in deiner Klasse, okay?«

Imogen blies die Backen auf und schob ihre Brille hoch. »Okay, Daddy. Ich gebe mein Bestes.«

Swift zwinkerte ihr zu und drückte sie sanft am Arm. »Dann wird es perfekt. Sie werden dich alle lieben.«

Die Tür des Busses öffnete sich zischend in der kühlen Morgenluft. Hinterm Steuer saß eine Frau mittleren Alters, die Imogen freundlich anlächelte. »Wen haben wir denn hier?«

Imogen holte tief Luft und marschierte schnurstracks zur Treppe. »Hallo. Ich bin neu. Ich heiße Imogen Dillard und bin fünfeinviertel Jahre alt.«

Die Fahrerin grinste. »Hallo, Imogen Dillard. Ich heiße Lonnie Hall und bin zweiundfünfzigeinhalb Jahre alt. Ich bin deine Fahrerin. Wie wäre es, wenn du dir einen Sitzplatz suchst? Dann können wir gleich losfahren.«

»Okay. Danke.« Imogen drehte sich um und winkte Swift enthusiastisch zu, obwohl der nur wenige Schritt entfernt stand. »Tschüss, Daddy!«, rief sie laut.

»Tschüss, mein Häppchen«, sagte Swift und winkte zurück.

Es war dumm, aber als der Bus um die Ecke bog und verschwand, hatte Swift einen Kloß im Hals. Er blinzelte knurrend die Tränen weg und schüttelte sich. Dann machte er sich wieder auf den Weg zum Haus. Ihm fiel jetzt erst auf, dass er immer noch seine Pantoffeln trug.

Swift musste lachen. Die Nachbarn würden sich wohl nicht darum scheren. Außerdem zählte sowieso nur, dass Imogen nichts vergessen und er sie sicher zum Bus gebracht hatte.

Dank Micha.

Wirklich, der Mann hatte sich heute früh durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Nicht durch den fehlenden Schuh, der in der Mikrowelle wieder zum Vorschein kam, nicht durch die Frage, was Imogen als Pausenbrot mitnehmen sollte oder wie man ihre verrückt langen Haare mit der neuen Bürste am besten entwirrte. Micha war nicht ein einziges Mal in Panik geraten, während Swift mehr als einmal fest davon überzeugt gewesen war, noch vor seinem siebenunddreißigsten Geburtstag den Verstand zu verlieren.

Das absolute Sahnehäubchen war aber, dass Micha ihn gar nicht bemerkte, als er ins Haus zurückkam. Micha war nämlich vollkommen in ein YouTube-Video versunken. Swift schaute ihm über die Schulter und sah, dass es sich um einen Lehrfilm handelte, in dem erklärt wurde, wie man Zöpfe flocht.

Swifts Herz machte einen kleinen Hüpfer und er trat einen Schritt zurück, bevor Micha ihn bemerkte. Ehrlich – wer war dieser Mann? Bevor Micha nach Seattle gezogen war, hatte Swift ihn schon für cool gehalten, aber jetzt? Er hätte nie gedacht, dass aus Micha ein solcher Mann werden könnte.

Wut flammte in ihm auf, als er an diese Arschlöcher dachte, die beinahe Michas Leben ruiniert hätten. Wie konnte jemand einen so lieben Kerl so schamlos ausnutzen?

Micha hätte beinahe für eine Tat büßen müssen, mit der er gar nichts zu tun hatte. Es war reines Glück, dass er mit einem blauen Auge davongekommen war.

Swift hätte Micha am liebsten direkt gefragt, wie lange er in Pine Cove zu bleiben gedachte. Er wollte nämlich seine ganze Überredungskraft einsetzen, um ihn von einer Rückkehr nach Seattle abzubringen, damit Micha nicht wieder in die Nähe dieser Idioten kam, die ihn nicht zu schätzen wussten. Aber das war nicht Swifts Entscheidung und ging ihn auch nichts an. Er hatte schon als junger Mann gelernt, dass man nicht alles im Leben kontrollieren konnte – auch wenn man sich das auch wünschen mochte. Er wusste auch, dass er mit seiner Art, anderen Menschen helfen zu wollen, manchmal zu viel des Guten wollte. Menschen mussten ihre eigenen Fehler machen, um daraus zu lernen, auch wenn ihm das oft Kummer bereitete.

Also behielt Swift seine Gedanken für sich. Das hieß aber noch lange nicht, dass er Micha nicht loben konnte. Das hatte Micha nämlich durch seinen Einsatz heute früh mehr als verdient. Ohne ihn hätte Swift es nicht geschafft.

»Wirklich«, sagte er, um sich bemerkbar zu machen, als er ins Wohnzimmer zurückkam. »Du kannst zaubern. Ohne deine Magie hätten wir sie nie rechtzeitig aus dem Haus gekriegt.«

Micha wurde rot. Swift war überrascht, wie sehr ihm das gefiel. Noch mehr überraschte ihn aber, dass es seinem Schwanz auch zu gefallen schien. Verdammt, der sollte sich besser zusammenreißen. Micha war Rhetts kleiner Bruder und damit verbotenes Terrain. Außerdem war er – soweit Swift wusste – nicht schwul. Jedenfalls sprach nichts dafür.

Micha hatte nie über das Thema gesprochen und Swift hatte auch noch nie erlebt, dass er mit jemandem ausging. Aber… guter Gott. Wie Micha ihn jetzt durch die dunklen Wimpern ansah, ließ Swift für einen kurzen Augenblick beinahe unsicher werden. So sahen sich heterosexuelle Männer normalerweise doch nicht an, oder? Andererseits war an Micha Perkins nichts normal.

Er war ein ganz besonderer Mensch.

»Das lernst du schneller, als du denkst«, versprach Micha und hielt ihm sein Handy hin. »Ich habe ein Video gefunden, das dir vielleicht dabei helfen kann. Ich habe das Gefühl, Zöpfe sind die einzige Möglichkeit, um ihre Haarpracht zu bändigen.«

»Haarpracht«, wiederholte Swift schmunzelnd und nahm ihm das Handy ab. »Niedlich.«

Er setzte sich zu Micha ans Ende des Sofas und sah sich einige Minuten lang schweigend den kurzen Film an.

»Ja«, sagte er dann nickend und gab Micha das Handy zurück. »Das ist prima. Kannst du mir den Link schicken?«

Er stand auf und dehnte sich. Sein Rücken knackste. Swift hatte in den letzten Tagen kaum trainieren können und sein Körper fing an zu protestieren. Er wollte heute früher ins Aspire gehen, um vor dem ersten Kurs noch Zeit für einige Übungen und einen kurzen Dauerlauf zu finden.

»Willst du einen Kaffee? Oh… und hast du auf dem Sofa einigermaßen bequem geschlafen?«

Micha schüttelte lachend den Kopf. »Alles bestens. Jedenfalls mit dem Sofa. Aber dann bin ich von einem drohenden Knurren aufgeweckt und angefunkelt worden…«

Swift musste ebenfalls lachen. »Da wir gerade von dem Biest reden… Ich muss es noch füttern. Dabei ist er zu Imogen immer so lieb. Ich könnte schwören, er hat eine gespaltene Persönlichkeit. Wie dieser Kerl in den Hobbit-Filmen.«

»Gollum, ja«, sagte Micha und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Ein Kaffee wäre jetzt gut. Dann verziehe ich mich wieder. Du musst bestimmt bald zur Arbeit.«

Swift zuckte mit den Schultern. »Ja, aber ich habe noch etwas Zeit. Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie dankbar ich dir bin. Ich habe keine Ahnung, wie jemand das allein schaffen kann. Wirklich, du hast mir den Verstand bewahrt.«

Da war es wieder, dieses Erröten. Und selbst, wenn es nichts zu bedeuten hatte – Swift freute sich, dass er Micha ein gutes Gefühl gegeben hatte.

»Die meisten Eltern entwickeln eine morgendliche Routine«, sagte Micha schulterzuckend. »Ein schreiendes Baby zu beruhigen und ihm die Windeln zu wechseln, ist bestimmt auch nicht einfach. Ich hatte damit bei meinen Nichten und Neffen nichts zu tun, aber ich habe gesehen, wie erschöpft meine Geschwister und ihre Partner in dieser Zeit immer waren.«

Sie gingen in die Küche. Swift hatte es in dem Chaos glücklicherweise irgendwie geschafft, die Kaffeemaschine in Gang zu setzen. Schuldbewusst stellte er Butter sein Schälchen mit Futter hin und nahm dann zwei Tassen von dem Ständer auf der Anrichte.

»Amy war ganz allein«, sagte er reumütig. »Ihre Mom war zu nichts zu gebrauchen und ihr Dad hat sich schon vor langer Zeit aus dem Staub gemacht. Ob sie wohl dachte, ich würde ihr nicht helfen?«

Micha kam zu ihm und nahm ihm eine der Tassen ab. Als ihre Finger sich berührten, sprang schon wieder dieser Funke über.

Micha sah so klein und jung aus in dem T-Shirt, das viele seiner Tattoos unbedeckt ließ. Swift hatte ihm für die Nacht eine Jogginghose geliehen. Micha hatte die viel zu große Hose am Bund fest verschnürt, aber sie rutschte ihm trotzdem auf den Hüften nach unten.

Gott, was für ein lieber Mann. Und sein Lächeln… Swift fühlte sich allein durch Michas Anwesenheit besser.

»Ich glaube, es ist nie leicht, Eltern zu werden«, meinte Micha. »Die Menschen reagieren sehr unterschiedlich darauf. Einige haben Probleme, suchen sich aber keine Hilfe, obwohl sie das tun sollten.«

Er biss sich auf die Lippen und starrte sinnierend auf die gurgelnde Kaffeemaschine. Swift musste an das kleine, ausgesetzte Baby denken, in einen Pullover gewickelt und mit einem Zettel, auf dem sein Name stand. Vielleicht hatte Michas Mutter auch nicht um Hilfe bitten können? Sie würden es wohl nie erfahren.

Swift blies die Backen auf, zog die Kanne aus der Maschine und goss Micha Kaffee ein. »Du hast recht. Wichtig ist nur, dass Amy endlich Hilfe bekommt und Imogen hier bei mir ist. Sicher und geborgen.«

»Stimmt«, sagte Micha.

Sie sahen sich in die Augen. Dann räusperte sich Micha, drehte sich um und holte die Sahne aus dem Kühlschrank. Swift wurde von einem merkwürdigen Stolz gepackt, weil Micha sich hier so zu Hause fühlte, dass er sich schon in der Küche auskannte.

»Ich dachte mir…«, fing Micha an und verstummte dann kopfschüttelnd wieder. »Entschuldige. Ich sollte aufhören, mich ständig einzumischen.«

Swift runzelte schnaubend die Stirn. »Mann, du hast mir das Leben gerettet. Wenn dir noch mehr einfällt, dann will ich es um Gottes willen wissen. Ich bin ganz Ohr.«

Micha lachte und nippte an seinem Kaffee. Swift zeigte einladend auf den Esstisch und sie setzten sich. Micha trank noch einen Schluck Kaffee, dann nickte er.

»Was immer auch passieren mag, Imogen gehört jetzt zu dir. Sie ist ein Teil deines Lebens. Ich dachte mir, du solltest vielleicht aus dem Gästezimmer so bald wie möglich ihr Zimmer machen.« Er rieb mit dem Daumen über den Tassenrand. »Du könntest neue Bettwäsche kaufen und eine Kiste für ihre Spielsachen. Solche Sachen eben. Alles, was das Zimmer weniger…«

Swift ließ sich durch Michas Daumen ablenken, der sich immer noch am Tassenrand hin und her bewegte. Verdammt aber auch. Er war auf bestem Weg, sich in Micha zu verknallen. Damit musste jetzt Schluss sein. Es gab wesentlich wichtigere Dinge. Beispielsweise Michas Vorschlag.

»Was es weniger unpersönlich macht? Weniger kalt? Oder unerträglich praktisch?«, ergänzte Swift, weil Micha offensichtlich zu höflich war, Swifts Einrichtung zu kritisieren. Swift war während der Arbeit an seinem Haus nervös und angespannt gewesen. Als er mit den unbegrenzten Optionen konfrontiert wurde, die ihm bei der Einrichtung der Zimmer offenstanden, waren monochrom und gerade Linien die einfachste Wahl gewesen. Damit hatte er sich wohlgefühlt.

Bis jetzt. Er wusste, dass Imogens Spielsachen in dem Zimmer fehl am Platz wirkten, und wollte auch, dass sie sich hier zu Hause fühlte.

»Sorry«, murmelte Micha verlegen. »Es ist nur so, dass Kinder bunte Farben mögen.«

»Nein, schon gut. Das ist eine wunderbare Idee«, sagte Swift begeistert. »Ich könnte hübsche rosa Sachen kaufen… Ballerinas und so. Ich wette, bei Sweet Cherry Sue's gibt es das alles.«

Micha öffnete den Mund und zog die Augenbrauen hoch. Dann zog er eine Grimasse, als wüsste er nicht, ob er etwas sagen sollte oder nicht. Swift nickte und trank einen Schluck Kaffee. Er musste noch unter die Dusche, wollte die Zeit mit Micha aber gerne noch etwas länger genießen.

Micha fühlte sich durch Swifts Nicken offensichtlich ermutigt. »Nach allem, was Imogen gesagt hat, als wir im Garten spielten, liebt sie Entdeckungsreisen. Schatzkarten, Kompasse, Piraten und alles, was mit Naturwissenschaft zu tun hat«, sagte er und fügte dann hastig hinzu: »Aber wenn du meinst, Prinzessinnen und Ballerinas gefallen ihr, dann ist das auch gut. Hauptsache, sie fühlt sich in dem Zimmer wohl.«

Swift grinste schief. »Nein, du hast recht. Sie liebt Piraten, nicht wahr? Und Meerjungfrauen! Ich besorge eine Mischung aus Jungen- und Mädchensachen, dann wird schon das Richtige dabei sein.« Er überlegte. »Ich glaube, meine Schwester würde mir jetzt eine kleben, weil ich von Jungen- und Mädchenspielsachen gesprochen habe.«

Micha lachte schüchtern hinter seiner Tasse. »Deine Schwester hört sich sympathisch an.«

Swift wurde von Eifersucht gepackt. Es war verrückt. Und dumm. Micha durfte sich für Frauen interessieren. Außer…

»Es wundert mich, dass ihr euch noch nicht kennt«, sagte er so beiläufig wie möglich. »Kestrel ist allerdings viel jünger als ich. Sie ist erst fünfzehn.«

Micha reagierte unerwartet. Er lächelte und schnipste mit den Fingern. »Weißt du was? Ich glaube, sie ist mit meiner Nichte Pepper befreundet. Darcy hat sie erwähnt. Die Stadt ist doch verdammt klein, was?«

Swift versuchte, Michas Reaktion richtig zu deuten. Vielleicht war er doch nicht an seiner Schwester interessiert. Es war lächerlich, wie erleichtert und erfreut er darüber war. Aber nach den harten Tagen, die hinter ihm lagen, musste man das verstehen. Er hatte etwas Nachsicht verdient.

»Ja, die Stadt ist klein. Nach dem Großstadtleben muss es ein Schock für dich sein, wieder in einer Kleinstadt zu leben.«

Mist. Swift wünschte, er hätte das Thema nicht angesprochen. Das Lächeln verschwand aus Michas Gesicht. »Es ist nett hier«, sagte er, ließ die Tasse kreisen und beobachtete, wie der Kaffee im Kreis wirbelte. »Seattle war zum Schluss ziemlich verrückt. Aber ich…« Er hob seufzend den Kopf und sah Swift an. »Ich weiß nicht, ob ich hierher passe.«

Micha hatte gestern Abend schon etwas Ähnliches gesagt und Swift überlegte, was er damit meinen könnte. Micha war zwar erst als zehnjähriges Pflegekind zu Sunny und Tyee gekommen, aber sie hatten ihn bald darauf adoptiert und er hatte mehrere Jahre in Pine Cove gelebt, bevor er nach Seattle gegangen war. Glaubte er wirklich, nicht hierherzugehören?

»Deine Familie ist doch froh, dass du wieder zurück bist, oder?«, fragte er leise. Er wollte sich nicht einmischen, doch der Gedanke, dass Micha sich hier nicht wohlfühlen könnte, gefiel ihm ganz und gar nicht. »Sie sind doch froh, dass es dir gut geht?«

Micha nickte seufzend. »Ja«, sagte er mit fester Stimme. »Aber das ist ja das Problem. Ich bin das schwarze Schaf in der Familie. Ich habe nur mit Mühe meinen Schulabschluss geschafft, habe nicht studiert und hier nie meinen Platz gefunden. Ich scheine Ärger anzuziehen wie ein Magnet.« Er schüttelte den Kopf. »Sie sind sehr nachsichtig, aber es ist meine eigene Schuld, dass ich zum schwarzen Schaf geworden bin. Ich komme mir vor, als hätte ich ihre Geduld und ihr Verständnis nicht verdient.«

Swift konnte dem nicht recht folgen. Was hatte Micha denn Schlimmes angestellt? Die Festnahme und anschließende Verurteilung waren nicht seine Schuld, darüber waren sich alle einig. Sicher, er hatte sich mit den falschen Leuten eingelassen, aber damit war es jetzt vorbei.

»Sie sind so perfekt und glücklich«, fuhr Micha traurig fort. »Es ist schwer zu erklären, aber ich fühle mich noch mehr als Versager, wenn ich mit ihnen zusammen bin.« Er nippte an seinem Kaffee und sah Swift mit einem kleinen Lächeln an. »Es hat den Druck etwas weggenommen, dass ich ihnen für kurze Zeit entkommen konnte. Also vielen Dank. Wenn ich es schaffe, wieder einen klaren Kopf zu bekommen und einen Neuanfang zu wagen, werde ich ihre Existenz auch nicht mehr als Beweis für mein eigenes Versagen sehen.« Er lachte bitter und verdrehte die Augen. »Ich liebe sie nämlich sehr.«

Swift dachte einen Moment darüber nach. »Das hört sich doch vollkommen logisch an«, sagte er schließlich. »Meine Mom war auch glücklich, als sie mich nach dem Studium wiedergesehen hat. Aber ich musste trotzdem meine Schwingen ausbreiten, verstehst du? Es war nicht so, dass ich meine Familie nicht geliebt hätte. Ich musste nur mein eigenes Leben beginnen.«

Micha sah ihn erleichtert an. Dann schnaubte er und seine Mundwinkel zuckten. »In meinem Fall ist es schon der zweite Versuch, ein eigenes Leben zu beginnen. Das macht es umso wichtiger. Ich darf es nicht wieder vermasseln. Ich muss einen neuen Weg finden. Einen guten. Damit meine Familie stolz auf mich sein kann.«

Ohne es recht zu merken, hatte Swift den Arm ausgestreckt und seine Hand auf Michas kleinere Hand gelegt. »Sie sind jetzt schon stolz auf dich. Du bist ihr Kind. Ich verstehe aber, dass du deinen eigenen Weg finden willst. Und das wirst du auch, da bin ich mir ganz sicher!« Er grinste.

Micha starrte ihn mit offenem Mund an. Dann senkte er den Blick und schaute auf ihre Hände. Swift lachte verlegen und zog hastig die Hand zurück, um nach seiner Tasse zu greifen.

»Tut mir leid, dass ich dir einen Motivationsvortrag gehalten habe.«

Micha lachte nervös. »Schon gut«, murmelte er. »Danke.«

Es war, als wäre Swift plötzlich ein Licht aufgegangen. Tausend Gedanken schossen ihm gleichzeitig durch den Kopf, während er Micha schweigend anstarrte.

Micha rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Was ist denn los?«

Swift schüttelte sich und wedelte aufgeregt mit den Händen.

»Sorry. Mir ist gerade eine Idee gekommen. Oder mehrere. Äh… hättest du gern etwas mehr Ruhe und Abstand, um dir einen Job zu suchen?«

Micha zuckte mit den Schultern. »Es geht schon«, sagte er zögernd. »Sie haben alle ihre Arbeit und meine Geschwister wohnen nicht mehr zu Hause. Ich habe Zeit für mich allein. Ich bin nur ein Baby.«

Swift schürzte die Lippen. »Du vergisst, dass ich Rhett kenne. Versteh mich nicht falsch, ich liebe deine Familie, als wäre sie meine eigene. Aber sie sind das personifizierte Chaos und mischen sich ständig überall ein – angeblich, weil sie nur helfen wollen.« Er malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. Micha musste lachen und nickte. »Also«, fuhr Swift fort und hoffte, er würde in kein Fettnäpfchen treten, das irgendwo herumstand. »Warum bleibst du nicht einfach hier?«

Micha hätte beinahe den Kaffee über den Tisch gespuckt, hielt sich aber gerade noch rechtzeitig die Tasse vor den Mund. Swift lehnte sich erschrocken zurück, während Micha sich den Mund abwischte. »W-was?«

War die Idee denn so fürchterlich? Swift fand das nicht. Und selbst wenn er ein klitzekleines Eigeninteresse hatte, weil er in Micha verknallt war – er würde nie danach handeln.

Nicht, wenn es Micha nicht genauso ging.

Er schnipste sich im Kopf in die Realität zurück. Das alles hatte nun wirklich nichts mit seinem Vorschlag zu tun.

»Pass auf. Ich habe dir versprochen, mich für deine Hilfe zu revanchieren und… na ja. Wäre es nicht eine Hilfe für dich, wenn du etwas Abstand zu deiner Familie hättest?« Er wedelte mit den Händen und rieb sich verlegen den Nacken. »Oh Gott. Das hört sich an, als wollte ich dich als Babysitter engagieren, ja? Ich wollte nicht… Das ist nicht… Mist. Vergiss es einfach. Ehrlich. Ich habe nur an mein Schlafsofa gedacht, aber mein Leben ist komplizierter geworden und…«

»Kompliziert stört mich nicht«, sagte Micha leise und rutschte wieder auf seinem Stuhl hin und her. Dann sah er Swift mit seinen großen braunen Augen an und lächelte. »Und Kinder erst recht nicht. Das mit dem Abstand hört sich fantastisch an, auch wenn es nur ein paar Tage wären. Aber ich will dir nicht im Weg sein.«

Swift blinzelte ihn an. »Im Weg? Mann, das bist du nicht. Ich würde mich über deine Gesellschaft freuen. Ich habe das Gefühl, das haben wir in unserer Zeit mit Rhett verpasst. Sieben Jahre mögen in diesem Alter ein großer Unterschied gewesen sein, aber jetzt können wir doch Freunde werden, oder?«

Jetzt fing er schon wieder damit an, alle Menschen einzusammeln, die ihm über den Weg liefen. Doch Micha lächelte nur. Er schien sich nicht daran zu stören. »Das wäre schön«, sagte er zögerlich.

Swift bemerkte erstaunt, dass er übers ganze Gesicht grinste, als er Micha in die Augen sah.

Er riss sich aus seinen Betrachtungen und warf einen Blick auf die Wanduhr. »Mist, ich muss los. Ich habe meine verkürzte Arbeitszeit noch nicht eingeteilt.« Er kniff sich in den Nasenrücken und stellte gedanklich eine Liste der Dinge zusammen, die er erledigen musste. »Ich suche noch nach meinem Ersatzschlüssel, bevor ich gehe. Imogen kommt erst um halb vier aus der Schule zurück und wenn ich nicht früher Schluss machen kann, sollte ich wenigstens eine Pause einschieben können. Ich habe heute Nachmittag keine Termine.«

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