Kitabı oku: «So weit wie möglich weg von hier», sayfa 4
Von Ravensbrück wird sie ins Untersuchungsgefängnis Dresden überführt, von dort am 13. April 1940 wieder ins KZ Ravensbrück geschickt. Dort stirbt sie am 29. Mai 1942. Rosa Conradi ist erst 30 Jahre alt.
Im Jahr 2009 wird in Dresden der „Verein Stolpersteine für Dresden“ gegründet, der es sich zur Aufgabe macht, an die Bürger Dresdens zu erinnern, die während der Zeit des Nationalsozialismus aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder ihrer Sexualität ermordet worden sind. Im November 2009 wird in der Bautzner Straße 20 ein Stolperstein für Rosa Conradi gelegt.
Kapitel 2
Polen: Die Tragödie einer Nation
„Die blühendste Phantasie einer Greuelpropaganda ist arm gegen die Dinge, die eine organisierte Mörder-, Räuber- und Plündererbande unter angeblich höchster Duldung dort verbricht … Diese Ausrottung ganzer Geschlechter mit Frauen und Kindern ist nur von einem Untermenschentum möglich, das den Namen Deutsch nicht mehr verdient. Ich schäme mich, ein Deutscher zu sein.“
Helmuth Stieff, Leiter der Organisationsabteilung III im Generalstab des Heeres (später Widerstandskämpfer des 20. Juli, hingerichtet im August 1944) in einem Brief vom 21. 11. 1939 aus Warschau an seine Frau.
Am Ende des 18. Jahrhunderts erlebte Polen, dessen Geschichte bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht, seinen ersten Untergang in den sogenannten drei Teilungen: Russland, Preußen und Österreich teilten den Staat in drei Schritten unter sich auf, die Republik Polen hörte für die nächsten 120 Jahre auf zu existieren. Erst im Ergebnis des Ersten Weltkrieges erlangte Polen seine Souveränität zurück, es entstand die Zweite Polnische Republik.
Die hundertzwanzigjährige Geschichte der Fremdherrschaft war traumatisch für Polen. Die größere Katastrophe stand dem Land und seinen Bewohnern allerdings noch bevor: Sie begann mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht am 1. September 1939 und endete mit der völligen Zerstörung des Landes.
Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges hatte Polen eine Bevölkerung von 35 Millionen Menschen, darunter 3,3 Millionen Juden. Das war mit Abstand die größte Konzentration von Juden in ganz Europa. Die Mehrheit von ihnen lebte in den Städten, wo sie oft einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung ausmachten. Das Zentrum des polnischen Judentums war die Hauptstadt Warschau. Mit seiner reichen Kultur und Architektur hatte sich Warschau über die Jahrhunderte hinweg zu einer der bedeutenden europäischen Städte entwickelt und wurde das Paris des Ostens genannt. Die 375.000 Warschauer Juden – nur die Stadt New York hatte eine größere Zahl an jüdischen Einwohnern – machten fast 30 Prozent der Warschauer Bevölkerung aus. Das jüdische Leben in der Stadt pulsierte, die politischen Parteien hatten hier genauso ihren Hauptsitz wie die jüdischen Wohlfahrtsverbände, Bildungs- und Sportorganisationen, Jugendbewegungen sowie religiöse Institutionen. Es gab eine bedeutende jüdische Literatur- und Theaterszene, und mehr als hundert jüdische Zeitungen und Zeitschriften wurden in unterschiedlichen Sprachen publiziert.
Als die Deutschen ihren Nachbarstaat überfielen, glaubten die Polen noch an ihren schnellen Sieg. Hitler setzte für seinen Polenfeldzug jedoch nahezu 80 Prozent seines gesamten Feldheeres ein, dazu die gesamte Panzer- und Luftwaffe, und die Verbündeten Großbritannien und Frankreich erklärten dem Deutschen Reich zwar den Krieg, kamen den Polen aber militärisch nicht zu Hilfe. Die polnische Regierung verließ Warschau bereits vier Tage nach Kriegsbeginn. Die Polen kämpften heldenhaft, spätestens nach zwei Wochen war jedoch klar, dass sie keine Chance hatten. Mitte September, als die polnische Armee so gut wie besiegt war, überfiel die Sowjetunion das Land von Osten her und versetzte Polen den Todesstoß.
Erst nach schweren Luftangriffen und heftigem Artilleriebeschuss kapitulierte Warschau am 28. September. Einen Tag später besetzten deutsche Truppen die Stadt, am 5. Oktober nahm Adolf Hitler die Siegesparade der deutschen Wehrmacht im Zentrum der Stadt ab. Innerhalb von vier Wochen war die junge Zweite Republik zerstört, 200.000 Soldaten und Zivilisten waren tot, 700.000 Menschen in Gefangenschaft geraten. Das war jedoch erst der Anfang: Sowohl Hitler als auch Stalin beabsichtigten Polens völlige Vernichtung.
Im Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1939 teilten das Deutsche Reich und die Sowjetunion das Land unter sich auf. Der vom Deutschen Reich besetzte Teil mit etwa 23 Millionen Einwohnern, darunter 2,1 Millionen Juden, wurde in etwa zwei gleich große Gebiete aufgeteilt: die westlichen wurden direkt in das Deutsche Reich eingegliedert und zu den autonomen „Reichsgauen“ Danzig-Westpreußen und Wartheland gemacht, die östlichen Gebiete inklusive Warschau, Krakau und Lublin als sogenanntes „Generalgouvernement“ unter deutsche Administration gestellt. Die Nationalsozialisten planten, die eingegliederten Ostgebiete einzudeutschen und die Menschen im Generalgouvernement als Arbeitssklaven zu verwenden.
Die folgenden sechs Jahre deutscher Besatzungszeit in Polen waren von Terror und grenzenloser Brutalität gekennzeichnet. Die Polen wurden in unvorstellbarem Ausmaß entrechtet, erniedrigt, misshandelt und gemordet. Hitler und seine Vasallen hielten die Polen für Untermenschen und versprachen, das Land so zu „sanieren“, dass es nicht mehr stören würde. Sie sanierten es gründlich.
Noch im September 1939 wurde, um jegliche Opposition gegen die deutschen Besatzer im Keim zu ersticken, die polnische Elite liquidiert. Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD – mobile Sondereinheiten im Dienste der SS – erschossen Tausende von Aristokraten, Wissenschaftlern, Professoren, Lehrern, Ärzten, Priestern und Künstlern, darunter auch viele Juden. Tausende mehr wurden verhaftet und in deutsche Konzentrationslager verbracht. Polen wie Juden gleichermaßen wurden enteignet – bis 1942 allein wurden 112.000 jüdische Firmen und Geschäfte sowie 115.000 Gewerbebetriebe konfisziert. Juden wurden willkürlich auf der Straße aufgegriffen oder aus ihren Häusern geholt, um Bombenschutt aufzuräumen, Straßen zu säubern oder andere Hilfsarbeiten zu erledigen. Gleichzeitig begann die Verschleppung von Hunderttausenden polnischer Zivilisten als Zwangsarbeiter ins Deutsche Reich – gegen Ende des Krieges waren es weit mehr als eine Million Menschen.
In den eingegliederten polnischen Gebieten begann die „Eindeutschung“ und „Umvolkung“ – Polen mussten Platz machen für deutsche Aussiedler aus den sowjetisch besetzten Gebieten in Ostpolen und im Baltikum. Allein im Herbst 1939 wurden 90.000 Polen aus dem Warthegau in das Generalgouvernement deportiert. Die Vertriebenen durften nur je einen Koffer mitnehmen, die Mitnahme von Decken, Betten, Geld (außer 20 Zloty) oder Wertsachen (außer dem Ehering) war verboten. Die polnischen Schulen wurden geschlossen, das Sprechen der polnischen Sprache in der Öffentlichkeit wurde verboten. Polen und Juden wurden unter ein Sonderstrafrecht gestellt, das sie praktisch zum rechtlichen Freiwild machte.
Im Generalgouvernement errichtete derweil der Nazi-Jurist Hans Frank, Generalgouverneur und Herrscher über das „Nebenland des Deutschen Reiches“, wie er es selbst nannte, ein Schreckensregime gegen die Zivilbevölkerung. Obwohl er bereits im November gut „saniert“ hatte, ordnete Frank im Mai eine weitere „Außerordentliche Befriedungsaktion“ (AB-Aktion) an: die Liquidation der Führungselite, die noch am Leben war. Tausende von Polen wurden erschossen, Zehntausende ins KZ Auschwitz deportiert. Warschaus Universität sowie alle höheren Schulen wurden geschlossen, nur noch vierklassige Volksschulen waren erlaubt: Die Schulbildung der Polen im Generalgouvernement sollte nicht über einfaches Rechnen, das Schreiben des Namens und die Lehre vom Gehorsam gegenüber den Deutschen hinausgehen. Frank, der sein Hauptquartier in der Krakauer Burg aufgeschlagen hatte, dem ehemaligen Sitz der polnischen Könige, schwang sich zum absolutistischen Herrscher auf. Innerhalb von sechs Monaten beschlagnahmte der Kunstliebhaber den gesamten Kultur- und Kunstbesitz des Landes und der Kirchen, nicht ohne sich selbst dabei reichlich zu bedienen. Widerstandsaktionen wurden während der gesamten Besatzungszeit hart geahndet – für einen toten Deutschen wurden 50 bis 100 Polen exekutiert, willkürlich aus den Gefängnissen oder von der Straße geholt.
Sogleich nach seiner Amtsübernahme im November 1939 erließ Frank die ersten antijüdischen Gesetze: Ab dem 1. Dezember musste jeder Jude ab zehn Jahren ein weißes Armband mit blauem Davidsstern am rechten Ärmel des Oberarms tragen, jüdische Geschäfte und Firmen mussten ebenfalls mit dem Judenstern gekennzeichnet sein. Alle jüdischen Männer im arbeitsfähigen Alter wurden zu Zwangsarbeit herangezogen, Radios wurden eingezogen, Zugfahren war verboten, jüdische Bankkonten wurden gesperrt, Firmen beschlagnahmt, jüdische Schulen, Institute und Organisationen geschlossen.
Die Besatzer ordneten die Bildung von Judenräten an, von denen die jüdische Bevölkerung zunächst glaubte, dass sie eine jüdische Gemeindevertretung seien. Tatsächlich bedienten sich die Deutschen der Judenräte, um die antijüdischen Maßnahmen durchzusetzen. Die Rolle der Judenräte blieb darauf beschränkt, die Administration der Ghettos zu gewährleisten, die Ordnung aufrechtzuerhalten (mit Hilfe einer jüdischen Polizeitruppe, zu deren Gründung sie gezwungen wurden) sowie die deutschen Befehle auszuführen. Spätestens als die Judenräte von den Deutschen gezwungen wurden, die Deportationen zu organisieren, standen deren Mitglieder vor einem tragischen Dilemma.
Um die polnischen Juden zu konzentrieren und zu isolieren, wurden inzwischen im gesamten besetzten Polen Ghettos eingerichtet. Das Ghetto in Łódź war mit 165.000 Juden eines der ersten großen Ghettos und wurde im Frühjahr 1940 hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt. Es folgte das Warschauer Ghetto im Generalgouvernement, in dem 400.000 Juden auf engstem Raum zusammengepfercht worden waren und das Mitte November geschlossen wurde. Versuche, die abgeriegelten Ghettos zu verlassen, wurden mit dem Tode bestraft. Juden, die außerhalb der Ghettos aufgefunden wurden, erwartete ebenso wie deren polnische Helfer die Todesstrafe.
Die Lebensbedingungen in den Ghettos waren entsetzlich, Goebbels nannte sie in seinen Tagebuch-Aufzeichnungen „Todeskisten“. Üblicherweise wurden viel zu kleine Stadtgebiete im ärmsten Viertel der Stadt für viel zu viele Menschen abgegrenzt. Im Warschauer Ghetto lebten 30 Prozent der Bevölkerung auf 2,4 Prozent der Stadtfläche, sechs bis sieben Menschen mussten sich im Schnitt ein Zimmer teilen.
Eingeschlossen im Ghetto hatte die jüdische Bevölkerung keine Möglichkeit mehr, einer Arbeit nachzugehen – eine wirtschaftliche Tragödie selbst für diejenigen, die in den von den Deutschen errichteten Produktionsstätten arbeiteten und dafür einen Hungerlohn erhielten. Die Lebensmittel, die ins Ghetto geliefert wurden und die man auf Lebensmittelkarten erhielt, waren bei weitem nicht ausreichend, um davon überleben zu können. Nur einige wenige Juden hatten Erspartes retten können, viele verkauften ihre letzte Habe.
Schmuggel wurde zu einem lebensnotwendigen, aber gefährlichen Gewerbe. Im Warschauer Ghetto produzierten jüdische Untergrund-Werkstätten Schals, Küchenutensilien, Bürsten und dergleichen und tauschten sie gegen Essen ein. Kleine Kinder – nicht älter als vier oder fünf Jahre alt – kletterten unter Lebensgefahr über die Ghettomauer, um etwas zu essen zu finden für ihre Familien. Fast jeden Tag wurden Schmuggler erwischt – und geschlagen, drangsaliert oder erschossen.
Immer mehr Leute verarmten, verhungerten und erfroren, Typhus- und Tuberkulose-Epidemien grassierten, die Sterblichkeitsziffer in den Ghettos stieg enorm an. Allein im Jahr 1941 starben knapp 55.000 Menschen im Warschauer Ghetto und mehr als 11.000 im Ghetto Łódź, das entsprach einer Sterberate von 90 pro tausend beziehungsweise 76 pro tausend. Bereits im Folgejahr kletterte die Mortalität auf 140 beziehungsweise 160 pro tausend an – sterbende oder tote Menschen in der Gosse oder auf den Bürgersteigen gehörten zum Ghettoalltag. Emanuel Ringelblum, ein im Warschauer Ghetto lebender Historiker, gründete das Untergrundarchiv Oneg Schabbat (Freude am Sabbat), und dokumentierte mit Hilfe vieler Mitarbeiter das Leben im Ghetto. Ringelblum hat nicht überlebt, aber große Teile des versteckten Untergrundarchivs – eine unschätzbare historische Quelle.
Am 22. Juni 1941 begann die deutsche Wehrmacht ihren Ostfeldzug und überfiel die Sowjetunion, dicht gefolgt von den Einsatzgruppen des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA): Es war zugleich der Beginn des systematischen Massenmords an den russischen und den im sowjetisch besetzten Teil Polens lebenden polnischen Juden. Der Vernichtungsfeldzug wurde schnell auf den deutsch besetzten Teil Polens und auf alle besetzten Länder Europas ausgeweitet.
Im Januar 1942 fand auf Einladung von Reinhard Heydrich, Chef der Sicherheitspolizei und des SD, die Wannsee-Konferenz in Berlin statt – Thema: die „Endlösung der Juden“, wie die Nazis die Ermordung der europäischen Juden euphemistisch nannten. Während der Konferenz drängte Josef Bühler, Stellvertreter von Hans Frank, mit der „Endlösung“ im Generalgouvernement zu beginnen, weil es hier keine Transportprobleme gäbe und er die Judenfrage so schnell wie möglich zu lösen wünsche.
Bereits im Monat zuvor, im Dezember 1941, war das erste Vernichtungslager im Reichsgau Warthegau in Einsatz gegangen: Chełmno. Es war das erste Lager, in dem Gas zum Einsatz kam. Zu den ersten Opfern gehörten Juden und „Zigeuner“ aus dem Ghetto Łódź, darunter Juden aus dem heutigen Deutschland, Österreich, Luxemburg und der Tschechoslowakei, die nach Łódź abgeschoben worden waren. Bis März 1943 wurden mindestens 100.000 Menschen nach Chełmno deportiert – der Warthegau war nun, bis auf das Ghetto Łódź, judenfrei. Im April 1944 wurde die Arbeit in Chełmno wieder aufgenommen, um nunmehr auch die Juden des Ghettos Łódź zu vergasen.
Auch das Generalgouvernement hatte bereits im Herbst 1941 erste Vorbereitungen für die Ermordung der dort etwa zwei Millionen Juden (inklusive der seit August 1941 zum Generalgouvernement gehörenden Juden aus Lvov und Ostgalizien) getroffen. In der ersten Hälfte des Jahres 1942 wurden drei Vernichtungslager in Betrieb genommen: Bełżec, Sobibór und Treblinka. In Bełżec wurden ab März 1942 allein in den ersten vier Wochen 80.000 Juden aus Lublin, Lvov und anderen Ghettos im Distrikt Lublin und Galizien vergast – bis zum Dezember wurden es 600.000. In Sobibór wurden in den ersten drei Monaten zwischen Mai und Juli 1942 über 100.000 Juden aus Lublin, dem Protektorat Böhmen und Mähren, dem Deutschen Reich, der Ostmark und der Slowakei vergast, bis zum Herbst 1943 waren es 250.000.
Die mit Abstand größte „Aktion“ (so von den Nationalsozialisten genannt) im besetzten Polen fand vom 22. Juli bis zum 12. September im Warschauer Ghetto statt: eine Abfolge von Razzien und Aushebungen, in deren Folge etwa 300.000 Bewohner des Ghettos zum Umschlagplatz gebracht wurden, dem Güterbahnhof, der direkt an das Ghetto anschloss. Hier wurden die Menschen in Güterwagen gepfercht und nach Treblinka transportiert.
Bis zum Schluss versuchten die Nazis, ihre Absichten zu verschleiern und die Opfer zu täuschen. Sie propagierten, dass man die Juden umsiedeln würde an einen (nicht benannten) Ort, an dem es Arbeit gäbe und ordentliche Wohnungen. Trotz vieler Gerüchte wollten viele Juden nicht an die mit Recht unvorstellbaren Todesfabriken glauben. Andere jedoch machten sich keine Illusionen darüber, was sie erwartete. Sie versteckten sich in ihren Häusern, in Kellern, Dachkammern und Bunkern, um den Deportationen zu entkommen. Die SS jedoch räumte die Ghettos Haus um Haus, Straße um Straße. Die jüdische Polizei wurde gezwungen, jeden Tag eine bestimmte Anzahl von Juden abzuliefern, andernfalls drohte die Deportation der eigenen Familie. Adam Czerniaków, der Vorsitzende des Judenrates in Warschau, weigerte sich, die Deportationen zu organisieren und verübte am 23. Juli 1942 Selbstmord. Chaim Rumkowski, Vorsitzender des Judenrates im Ghetto Łódź, hoffte, wenigstens einen Teil der jüdischen Bevölkerung retten zu können. Auf Geheiß der Deutschen halfen er und der Ältestenrat, die Deportationen zu organisieren. Rumkowski befand sich auf dem letzten Transport aus dem Ghetto Łódź am 30. August 1944 und wurde in Auschwitz ermordet.
Nach der „Aktion“ im Sommer 1942 befanden sich noch etwa 55.000 – 60.000 hauptsächlich junge Menschen im Warschauer Ghetto. Sie waren verzweifelt, fühlten sich schuldig, dass sie keinen Widerstand geleistet hatten, und sie wussten, dass sie in Kürze ebenfalls deportiert werden würden. In dieser hoffnungslosen Situation schlossen sich verschiedene jüdische Parteien und Organisationen zur „Jüdischen Kampforganisation“ (ZOB) zusammen. Die ZOB nahm Kontakt mit der Armia Krajowa auf, der polnischen Widerstandsorganisation, die eine kleine Anzahl von Waffen lieferte. Währenddessen baute die Ghettobevölkerung Bunker mit Belüftungsschächten und Elektrizität und versorgte die Bunker mit Wasser und Nahrungsmitteln, um im Ernstfall dort längere Zeit überleben zu können.
Am 19. April 1943, am Vorabend des jüdischen Pessachfestes, kam die SS. Das Ghetto war gähnend leer – die gesamte Bevölkerung hielt sich versteckt –, und die Deutschen wurden von bewaffneten Widerstandskämpfern begrüßt: Es war der Anfang des Aufstands im Warschauer Ghetto – ein ungleicher Kampf zwischen ein paar hundert ausgehungerten Widerstandskämpfern, die nichts als ein paar Gewehre, Pistolen und Handgranaten besaßen, und knapp tausend schwer bewaffneten Deutschen. Dennoch hatten die Deutschen Schwierigkeiten mit der Partisanentaktik der Juden. Der Befehlshaber der Großaktion, SS-Gruppenführer Jürgen Stroop, beschloss daraufhin, das Ghetto systematisch niederzubrennen. Das Ghetto stand in Kürze in Flammen, die Bunker wurden zu Infernos. Dort, wo die Menschen noch aushielten, wurden sie mit Gasgranaten aus den Bunkern getrieben.
Der Aufstand dauerte fast vier Wochen, es war der größte jüdische Aufstand im besetzten Europa. Am 16. Mai verkündete Stroop, dass der ehemalige jüdische Wohnbezirk Warschau nicht mehr existiere. Um den Sieg entsprechend zu feiern, ließ er die Große Synagoge, die sich außerhalb des Ghettos befand, niederbrennen. In seinem Endbericht über die Aktion notierte er, dass seine Leute 56.065 Juden ergriffen hätten, von denen 7.000 im Kampf getötet worden seien. 7.000 Ghettobewohner wurden in das Vernichtungslager Treblinka deportiert, wo sie sofort nach Ankunft vergast wurden. Einige Tausend wurden in Arbeitslager, die meisten in die Konzentrationslager Majdanek, Poniatowa und Trawniki deportiert, wo sie kurze Zeit darauf, im November 1943, dem „Unternehmen Erntefest“ zum Opfer fielen – einer Erschießungsaktion, in der in den drei KZs 43.000 Juden erschossen wurden. Nur die Juden in den Arbeitslagern überlebten.
Am 1. August 1944, mehr als ein Jahr nach dem Aufstand im Warschauer Ghetto, begann der Warschauer Aufstand: der bewaffnete Kampf der Armia Krajowa gegen die deutsche Besatzungsmacht in Warschau. Zwei Monate lang lieferten sich polnische Widerstandskämpfer und deutsche Truppen heftige Gefechte und Straßenkämpfe um die Stadt, SS-Einheiten verübten in dieser Zeit furchtbare Massaker an der Zivilbevölkerung. Himmler hatte die Hinrichtung sämtlicher Personen im Aufstandsgebiet befohlen – egal, ob AK-Kämpfer oder Zivilisten und ohne Ansehen von Alter und Geschlecht. Allein im westlichen Stadtteil Wola wurden an einem einzigen Tag 50.000 Zivilisten kaltblütig erschossen – Frauen, Männer und Kinder. Die Rote Armee, die bereits vor den Toren Warschaus stand, stoppte ihre Offensive und wartete ab. Nach 63 Tagen – Warschau war ein Flammenmeer, es gab keine Nahrungsmittel mehr und kaum noch Wasser – kapitulierte die AK.
Die traurige Bilanz des Warschauer Aufstands: Zwischen 16.000 und 20.000 polnische Widerstandskämpfer und mehr als 160.000 polnische Zivilisten kamen ums Leben. Aber das war noch nicht das Ende: Reichsführer-SS Heinrich Himmler ordnete an, dass Warschau komplett von der Erde verschwinden müsse, kein Stein solle auf dem anderen bleiben, jedes Gebäude müsse dem Erdboden gleichgemacht werden. 100.000 Zivilisten wurden in deutsche Zwangsarbeitslager, 65.000 in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Die übrige Zivilbevölkerung wurde aus der Stadt in das restliche Gebiet des Generalgouvernements getrieben. Anschließend begannen die Deutschen mit der Vernichtung Warschaus oder dessen, was noch stehen geblieben war – mit Flammenwerfern und Sprengstoff zerstörten sie systematisch Haus um Haus, Straße um Straße. Sie konzentrierten sich dabei insbesondere auf historisch und architektonisch bedeutsame Gebäude sowie Kulturdenkmäler – die Universität, die Nationalbibliothek, das Brühlsche Palais, fast alle Theater, fast alle Kirchen. Zum Schluss holten sie mit Baggern die Telefonleitungen aus der Erde.
Im Januar 1945 waren 85 Prozent Warschaus zerstört, insgesamt 685.000 Bewohner der Stadt waren tot, und diejenigen, die noch lebten, hatten jegliche Habe verloren. Als die sowjetischen Truppen Warschau Mitte Januar 1945 befreiten, befreiten sie eine Stadt in Ruinen. Sie war menschenleer.
Der Vernichtungskrieg kostete allein in Polen insgesamt sechs Millionen Menschen das Leben, darunter waren knapp drei Millionen polnische Juden. Weniger als zwölf Prozent der polnischen Juden haben den Holocaust überlebt.