Kitabı oku: «Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch», sayfa 9

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Das 32. Kapitel: Handelt abermal von nichts anderm als der Säuferei, und wie man die Pfaffen davon soll abschaffen

Wie dies vorüber, musste ich wieder aufwarten wie zuvor, mein Pfarrer war noch vorhanden, und wurde sowohl als andere zum Trunk genötiget, er aber wollte nicht recht daran, sondern sagte: Er möchte so bestialisch nicht saufen; hingegen erwies ihm ein guter Zechbruder, dass er, Pfarrer, wie eine Bestia, er, der Säufer, und andere Anwesende aber wie Menschen söffen. »Denn«, sagte er, »ein Vieh säuft nur so viel als ihm wohl schmecket und den Durst löscht, weil sie nicht wissen was gut ist, noch den Wein trinken mögen; uns Menschen aber beliebt, dass wir uns den Trunk zunutz machen, und den edlen Rebensaft einschleichen lassen, wie unser Voreltern auch getan haben.« »So wohl«, sagt' der Pfarrer, »es gebührt mir aber rechte Maß zu halten.« »Wohl«, antwort jener, »ein ehrlicher Mann hält sein Wort«, und ließ ihm darauf einen mäßigen Becher einschenken, denselben dem Pfarrer zuzuzotteln; er hingegen ging durch und ließ den Säufer mit seinem Eimer stehen.

Als dieser abgeschafft war, ging es drunter und drüber, und ließ sich ansehen, als wenn diese Gasterei ein bestimmte Zeit und Gelegenheit sein sollte, sich gegeneinander mit Vollsaufen zu rächen, einander in Schand zu bringen oder sonst ein Possen zu reißen; denn wenn einer expediert wurde, dass er weder sitzen, gehen oder stehen mehr konnte, so hieß es: Nun ists wett! Du hast mirs hiebefür auch so gekocht, jetzt ist dirs eingetränkt!, und so fortan etc. Welcher aber ausdauren und am besten saufen konnte, wusste sich dessen groß zu machen, und dünkte sich kein geringer Kerl zu sein; zuletzt dürmelten sie alle herum, als wenn sie Bilsensamen genossen hätten. Es war eben ein wunderliches Faßnachtspiel an ihnen zu sehen, und war doch niemand, der sich darüber verwundert' als ich; einer sang, der ander weinet', einer lachte, der ander traurete, einer fluchte, der ander betete, einer schrie überlaut Courage, der ander konnte nicht mehr reden, einer war stille und friedlich, der ander wollte den Teufel mit Raufhändeln bannen, einer schlief und schwieg still, der ander plaudert', dass sonst keiner vor ihm zukommen konnte; einer erzählte seine liebliche Buhlerei, der ander seine erschrecklichen Kriegstaten, etliche redeten von der Kirch und geistlichen Sachen, andere von Ratione Status, der Politik, Welt- und Reichshändeln; teils liefen hin und wider und konnten an keiner Stelle bleiben, andere lagen und vermochten nicht, den kleinesten Finger zu regen, geschweige aufrecht zu gehen oder zu stehen, etliche fraßen wie die Drescher und als ob sie acht Tage Hunger gelitten hätten, andere kotzten wieder, was sie denselbigen ganzen Tag eingeschlucket hatten. Einmal, ihr ganzes Tun und Lassen war dermaßen possierlich, närrisch, seltsam, und dabei so sündhaftig und gottlos, dass der mir entwischte üble Geruch, darum ich gleichwohl so gräulich zerschlagen worden, nur ein Scherz dagegen zu rechnen. Endlich setzt' es unten an der Tafel ernstliche Streithändel, da warf man einander Gläser, Becher, Schüsseln und Teller an die Köpf, und schlug nicht allein mit Fäusten, sondern auch mit Stühlen, Stuhlbeinen, Degen und allerhand Siebensachen drein, dass etlich der rote Saft über die Ohren lief, aber mein Herr stillete den Handel gleich wiederum.

Das 33. Kapitel: Wie der Herr Gubernator ein abscheulichen Fuchs geschossen

Da es nun wieder Fried worden, nahmen die Meistersäufer die Spielleut samt dem Frauenzimmer, und wanderten in ein ander Haus, dessen Saal auch zu einer andern Torheit erkoren und gewidmet war; mein Herr aber setzte sich auf sein Lotterbett, weil ihm entweder vom Zorn oder der Überfüllung wehe war, ich ließ ihn liegen, wo er lag, damit er ruhen und schlafen könnte, war aber kaum unter die Tür des Zimmers kommen, als er mir pfeifen wollte und solches doch nicht konnte. Er rief, aber nicht anders als ›Simpls‹. Ich sprang zu ihm und fand ihn die Augen verkehren wie ein Vieh, das man absticht; ich stund da vor ihm wie ein Stockfisch und wusste nicht was zu tun war: er aber deutet' aufs Tresor und lallete: »Br-bra-bring da das; du Schuft, la-la-lang-langs Lavor, ich m-mu-muss e-ein Fu-Fuchs schießen!« Ich eilete und brachte das Lavorbecken, und als ich zu ihm kam, hatte er ein Paar Backen wie ein Trompeter; er erwischte mich geschwind bei dem Arm und akkommodierte mich zu stehen, dass ich ihm das Lavor gerad vors Maul halten musste, solches brach ihm mit schmerzlichen Herzstößen ohnversehens auf, und goß eine solche wüste Materi in bemeldtes Lavor, dass mir vor unleidentlichem Gestank schier ohnmächtig wurde, sonderlich weil mir etliche Brocken (sal. ven.) ins Gesicht spritzten: Ich hätte beinahe auch mitgemacht, aber als ich sah, wie er verbleichte, ließ ichs aus Furcht unterwegen, und besorgte, die Seel würde ihm samt dem Unflat durchgehen, weil ihm der kalte Schweiß ausbrach, und sein Angesicht einem Sterbenden ähnlich sah: Als er sich aber gleich wieder erholte, hieß er mich frisch Wasser holen, damit er seinen Weinschlauch wieder ausspülete.

Demnach befahl er mir den Fuchs hinwegzutragen, welcher mich, weil er in einem silbern Lavor lag, nichts Verächtliches, sondern ein Schüssel voller Vor-Essen für vier Mann zu sein bedünkt', das sich beileib nicht hinwegzuschütten gebührte; zudem wusste ich wohl, dass mein Herr nichts Schlimmes in seinen Magen gesammlet, sondern herrliche und delikate Pastetlein, wie auch von allerhand Gebackens, Geflügel, Wildpret und zahmem Vieh, welches man alles noch artlich unterscheiden und kennen konnte, ich schummelte mich damit, wusste aber nicht wohin, oder was ich draus machen sollte, durfte auch meinen Herrn nicht fragen. Ich ging zum Hofmeister, dem wies ich dieses schöne Traktament, und fragte, was ich mit dem Fuchs machen sollte? Er antwortet': »Narr gehe, und bring ihn dem Kürschner, dass er den Balg bereite.« Ich fragte, wo der Kürschner sei? »Nein«, antwortet' er, da er mein Einfalt sah, »bring ihn dem Doktor, damit er daran sehe, was für ein Zustand unser Herr habe.« Solchen Aprilengang hätte ich getan, wenn der Hofmeister nicht was anders gefürcht hätte, er hieß mich derowegen den Bettel in die Küche tragen, mit Befehl, die Mägd solltens aufheben und ein Pfeffer drüber machen, welches ich ernstlich ausrichtet, und deswegen von den Schleppsäcken mächtig agiert worden.

Das 34. Kapitel: Wie Simplicius den Tanz verdorben

Mein Herr ging eben aus, als ich meines Lavors los worden, ich trat ihm nach gegen ein großes Haus zu, allwo ich im Saal Männer, Weiber und ledige Personen so schnell untereinander herumhaspeln sah, dass es frei wimmelte; die hatten ein solch Getrippel und Gejohl, dass ich vermeinte, sie wären alle rasend worden, denn ich konnte nicht ersinnen, was sie doch mit diesem Wüten und Toben vorhaben möchten? ja ihr Anblick kam mir so grausam, fürchterlich und schrecklich vor, dass mir alle Haar gen Berg stunden, und konnte nichts anders glauben, als sie müßten aller ihrer Vernunft beraubt sein: Da wir näher hinzukamen, sah ich, dass es unsere Gäst waren, welche den Vormittag noch witzig gewesen. »Mein Gott!« gedacht ich, »was haben doch diese armen Leut vor? Ach, es hat sie gewißlich eine Unsinnigkeit überfallen.« Bald fiel mir ein, es möchten vielleicht höllische Geister sein, welche in dieser angenommenen Weis dem ganzen menschlichen Geschlecht durch solch leichtfertig Geläuf und Affenspiel spotteten, denn ich gedachte, hätten sie menschliche Seelen und Gottes Ebenbild in sich, so täten sie auch wohl nicht so unmenschlich. Als mein Herr in Hausöhrn kam und zum Saal eingehen wollte, hörete die Wut eben auf, ohne dass sie noch ein Bückens und Duckens mit den Köpfen, und ein Kratzens und Schuhschleifens mit den Füßen auf dem Boden machten, dass mich deuchte, sie wollten die Fußstapfen wieder austilgen, die sie in währender Raserei getreten; am Schweiß, der ihnen über die Gesichter floß, und an ihrem Geschnauf konnte ich abnehmen, dass sie sich stark zerarbeitet hatten; aber ihre fröhlichen Angesichter gaben zu verstehen, dass sie solche Bemühungen nicht sauer ankommen.

Ich hätte trefflich gern gewusst, wohin doch das närrisch Wesen gemeint sein möchte? fragte derowegen meinen Kameraden und vertrauten Herzbruder, der mich erst kürzlich das Wahrsagen gelehret, was solche Wut bedeute? oder wozu dieses rasende Trippen und Trappen angesehen sei? Der berichtet' mir für eine gründliche Wahrheit, dass sich die Anwesenden vereinbart hätten, dem Saal den Boden mit Gewalt einzutreten. »Warum vermeinst du wohl«, sagt' er, »dass sie sich sonst so tapfer tummlen sollten? hast du nicht gesehen, wie sie die Fenster vor Kurzweil schon ausgeschlagen? eben also wird es auch diesem Boden gehen.« »Herr Gott«, antwortet ich, »so müssen wir ja mit zugrund gehen, und im Hinunterfallen samt ihnen Hals und Bein brechen?« »Ja«, sagt' mein Kamerad, »darauf ists angesehen, und da geheien sie sich den Teufel darum, du wirst sehen, wenn sie sich also in Todsgefahr begeben, dass jeder ein hübsche Frau oder Jungfer erwischt, denn man sagt, es pflege den Paaren, so also zusammenhaltend fallen, nicht bald wehe zu geschehen.« Indem ich dieses alles glaubte, überfiel mich eine solche Angst und Todessorg, dass ich nicht mehr wusste, wo ich bleiben sollte, und als die Musikanten, deren ich bisher noch nicht wahrgenommen, noch dazu sich hören ließen, auch die Kerl den Damen zuliefen wie die Soldaten ihrem Gewehr und Posten, wenn sie die Trommel Lärmen rühren hören, und jeder eine bei der Hand ertappte, wurde mir nicht anders, als wenn ich allbereit den Boden eingehen, und mich und viel andere mehr die Häls abstürzen sähe: Da sie aber anfingen zu gumpen, dass der ganze Bau zitterte, weil man eben ein drollichten Gassenhauer aufmachte, gedachte ich, »nun ists um dein Leben geschehen!« Ich vermeinte nicht anders, als der ganze Bau würde urplötzlich einfallen; derowegen erwischte ich in der allerhöchsten Angst eine Dame von hohem Adel und vortrefflichen Tugenden, mit welcher mein Herr eben konversierte, unversehens beim Arm wie ein Bär, und hielt sie wie eine Klett; da sie aber zuckte, und nicht wusste, was für närrische Grillen in meinem Kopf steckten, spielte ich das Desperat, und fing aus Verzweiflung an zu schreien, als wenn man mich hätte ermorden wollen: Das war aber noch nicht genug, sondern es entwischte mir auch ohngefähr etwas in die Hosen, so einen über alle Maßen üblen Geruch von sich gab, dergleichen meine Nase lange Zeit nicht empfunden. Die Musikanten wurden jähling still, die Tänzer und Tänzerinnen höreten auf, und die ehrliche Dam, der ich am Arm hing, befand sich offendiert, weil sie sich einbildet', mein Herr hätte ihr solches zum Schimpf tun lassen: Darauf befahl mein Herr, mich zu prügeln und hernach irgendhin einzusperren, weil ich ihm denselben Tag schon mehr Possen gerissen hatte: Die Furierschützen, so exequieren sollten, hatten nicht allein Mitleiden mit mir, sondern konnten auch vor Gestank nicht bei mir bleiben; entübrigten mich derohalben der Stöß, und sperreten mich unter eine Stiege in Gänsstall. Seithero hab ich der Sach vielmals nachgedacht, und bin der Meinung worden, dass solche Excrementa, die einem aus Angst und Schrecken entgehen, viel üblern Geruch von sich geben, als wenn einer ein starke Purgation eingenommen.

Ende des ersten Buches

Das zweite Buch
Das 1. Kapitel: Wie sich ein Ganser und eine Gansin gepaart

In meinem Gänsstall konzipierte ich, was beides vom Tanzen und Saufen ich im ersten Teil meines ›Schwarz und Weiß‹ hiebevor geschrieben, ist derowegen ohnnötig, dies Orts etwas Ferners davon zu melden: Doch kam ich nicht verschweigen, dass ich damals noch zweifelte, ob die Tänzer den Boden einzutreten so gewütet oder ob ich nur so überredet worden? Jetzt will ich ferner erzählen, wie ich wieder aus dem Gänskerker kam: Drei ganzer Stund, nämlich bis sich das Praeludium Veneris (der ehrlich Tanz sollt ich gesagt haben) geendet hatte, musste ich in meiner eigenen Unlust sitzen bleiben, ehe einer herzuschlich, und an dem Riegel anfing zu rappeln; ich lausterte wie ein Sau, die ins Wasser harnt, der Kerl aber, so an der Tür war, machte solche nicht allein auf, sondern wischte auch ebenso geschwind herein, als gern ich heraußen gewesen wäre, und schleppte noch dazu ein Weibsbild an der Hand mit sich daher, gleichwie ich beim Tanz hatte tun sehen: Ich konnte nicht wissen, was es abgeben sollte, weil ich aber vieler seltsamer Abenteuren, die meinem närrischen Sinn denselben Tag begegnet, schier gewohnt war, und ich mich drein ergeben hatte, fürderhin alles mit Geduld und Stillschweigen zu ertragen, was mir mein Verhängnis zuschicken würde; also schmiegt ich mich zu der Tür mit Furcht und Zittern das End erwartend; gleich darauf erhub sich zwischen diesen beiden ein Gefispel, daraus ich zwar nichts anders verstund, als dass sich das eine Teil über den bösen Geruch desselben Orts beklagte, und hingegen der ander Teil das erste hinwiederum tröstete: »Gewißlich schönste Dame«, sagt' er, »mir ist versichert von Herzen leid, dass uns die Früchte der Lieb zu genießen vom mißgünstigen Glück kein ehrlicher Ort gegönnet wird; aber ich kann daneben beteuren, dass mir Ihre holdselige Gegenwart diesen verächtlichen Winkel anmutiger macht als das lieblichste Paradeis selbsten.« Hierauf hörte ich küssen, und vermerkte seltsame Posturen, ich wusste aber nicht was es war oder bedeuten sollte, schwieg derowegen noch fürders so still als ein Maus. Wie sich aber auch sonst ein possierlich Geräusch erhub, und der Gänsstall, so nur von Brettern unter die Stiege getäfelt war, zu krachen anfing, zumaln das Weibsbild sich anstellte, als ob ihr gar wehe bei der Sach geschehe, da gedachte ich, das sind zwei von den wütenden Leuten, die den Boden helfen eintreten und sich jetzt hieher begeben haben, da gleicherweis zu hausen und dich ums Leben zu bringen. Sobald diese Gedanken mich einnahmen, sobald nahm ich hingegen die Tür ein, dem Tod zu entfliehen, dadurch ich mit einem solchen Mordio-Geschrei hinauswischte, das natürlich lautet' wie dasjenige, das mich an denselben Ort gebracht hatte, doch war ich so gescheit, dass ich die Tür hinter mir wieder zuriegelte und hingegen die offene Haustür suchte. Dieses nun war die erste Hochzeit, bei der ich mich mein Lebtag befunden, unangesehen ich nicht dazu geladen worden, hingegen durfte ich aber auch nichts schenken, wiewohl mir hernach der Hochzeiter die Zech desto teurer rechnete, die ich auch redlich bezahlte. Günstiger Leser, ich erzähle diese Geschieht nicht darum, damit er viel darüber lachen solle, sondern damit meine Histori ganz sei, und der Leser zu Gemüt führe, was für ehrbare Früchte von dem Tanzen zu gewarten seien. Dies halte ich einmal für gewiß, dass bei den Tänzen mancher Kauf gemacht wird, dessen sich hernach eine ganze Freundschaft zu schämen hat.

Das 2. Kapitel: Wann trefflich gut zu baden sei

Ob ich nun zwar dergestalt aus dem Gänsstall glücklich entronnen, so wurde ich jedoch erst meines Unglücks recht gewahr, denn meine Hosen waren voll, und ich wusste nicht wohin damit; in meines Herrn Quartier war alles still und schlafend, dahero durfte ich mich zur Schildwacht, die vorm Haus stund, nicht nähern, in der Hauptwach Corps de Garde wollte man mich nicht leiden, weil ich viel zu übel stank, auf der Gassen zu bleiben war mirs gar zu kalt und unmöglich, also dass ich nicht wusste wo aus noch ein. Es war schon weit nach Mitternacht, als mir einfiel, ich sollte mein Zuflucht zu dem vielgemeldten Pfarrer nehmen. Ich folgete meinem Gutbefinden, vor der Tür anzuklopfen, damit war ich so importun, dass mich endlich die Magd mit Unwillen einließ. Als sie aber roch was ich mitbrachte (denn ihre lange Nas verriet gleich meine Heimlichkeit), wurde sie noch schelliger; derowegen fing sie an mit mir zu keifen, welches ihr Herr, so nunmehr fast ausgeschlafen hatte, bald hörete: Er rufte uns beide vor sich ans Bett, sobald er aber merkte, wo der Has im Pfeffer lag, und die Nas ein wenig gerümpft hatte, sagte er: Es sei niemals, ohnangesehen was die Kalender schreiben, besser baden, als in solchem Stand, darin ich mich befände, er befahl auch seiner Magd, sie sollte bis es vollends Tag wurde, meine Hosen waschen und vor den Stubenofen hängen, mich selbst aber in ein Bett legen, denn er sah wohl, dass ich vor Frost ganz erstarrt war. Ich war kaum erwärmt, da es anfing zu tagen, so stund der Pfarrer schon vorm Bett, zu vernehmen wie mirs gangen und wie meine Händel beschaffen wären, weil ich meines nassen Hemds und der Hosen halber noch nicht aufstehen konnte, zu ihm zu gehen: Ich erzählte ihm alles, und machte den Anfang an der Kunst, die mich mein Kamerad gelehret, und wie übel sie geraten. Folgends meldet ich, dass die Gäst, nachdem er der Pfarrer hinweg gewesen, ganz unsinnig worden wären, und (maßen mich mein Kamerad also berichtet) sich vorgenommen hätten, dem Haus den Boden einzutreten; item in was für ein schreckliche Angst ich darüber geraten, und auf was Weis ich mich vorm Untergang konservieren wollen, darüber aber in Gänsstall gesperret worden, auch was ich in demselben von den zweien, so mich wieder erlöst, für Wort und Werk vernommen, und welchergestalt ich sie beide an meine Statt eingesperret hätte. »Simplici«, sagt' der Pfarrer, »deine Sachen stehen lausig, du hattest einen guten Handel, aber ich sorg! ich sorg! es sei verscherzt; pack dich nur geschwind aus dem Bett und troll dich aus dem Haus, damit ich nicht samt dir in deines Herrn Ungnad komme, wenn man dich bei mir findet.« Also musste ich mit meinem feuchten Gewand hinziehen, und zum erstenmal erfahren, wie wohl einer bei männiglich daran ist, wenn er seines Herrn Gunst hat, und wie scheel einer hingegen angesehen wird, wenn solche hinket.

Ich ging in meines Herrn Quartier, darin noch alles steinhart schlief, bis auf den Koch und ein paar Mägd, diese putzten das Zimmer, darinnen man gestern gezecht, jener aber rüstete aus den Abschrötlin wieder ein Frühstück oder vielmehr ein Imbiß zu. Am ersten kam ich zu den Mägden, bei denen lag es hin und wider voller zerbrochener so Trink- als Fenstergläser, an teils Orten war es voll von dem, so unten und oben weggangen, und an andern Orten waren große Lachen von verschüttetem Wein und Bier, also dass der Boden einer Landkarten gleichsah, darinnen man unterschiedliche Meer, Inseln und trockene oder fußfeste Länder hätte abbilden und vor Augen stellen wollen. Es stank im ganzen Zimmer viel übler, als in meinem Gänsstall; derowegen war auch meines Bleibens nicht lang daselbsten, sondern ich machte mich in die Küchen, und ließ meine Kleider beim Feur am Leib vollends trocknen, mit Furcht und Zittern erwartend, was das Glück, wenn mein Herr ausgeschlafen hätte, ferners in mir wirken wollte; daneben betrachtet ich der Welt Torheit und Unsinnigkeit, und zog alles zu Gemüt, was mir verwichenem Tag und selbige Nacht begegnet war, auch was ich sonst gesehen, gehört und erfahren hatte. Solche Gedanken verursachten, dass ich damals meines Einsiedlers geehrtes dürftig und elend Leben für glückselig schätzte, und ihn und mich wieder in vorigen Stand wünschete.

Das 3. Kapitel: Der ander Page bekommt sein Lehrgeld, und Simplicius wird zum Narren erwählt

Als mein Herr aufgestanden, schickt' er seinen Leibschützen hin, mich aus dem Gänsstall zu holen, der brachte Zeitung, dass er die Tür offen, und ein Loch hinter dem Riegel mit einem Messer geschnitten gefunden, vermittelst dessen der Gefangene sich selbst erledigt hätte: Ehe aber solche Nachricht einkam, verstund mein Herr von andern, dass ich vorlängst in der Küchen gewesen. Indessen mussten die Diener hin und wieder laufen, die gestrigen Gäst zum Frühestück einzuholen, unter welchen der Pfarrer auch war, welcher zeitlicher als andere erscheinen musste, weil mein Herr meinetwegen mit ihm reden wollte, ehe man zur Tafel säße. Er fragte ihn erstlich, ob er mich für witzig oder für närrisch hielte? oder ob ich so einfältig oder so boshaftig sei? und erzählet' ihm damit alles, wie unehrbarlich ich mich den vorigen Tag und Abend gehalten, welches teils von seinen Gästen übel empfunden und aufgenommen werde, als wäre es ihnen zum Despekt mit Fleiß so angestellt worden, item dass er mich hätte in einen Gänsstall versperren lassen, sich vor dergleichen Spott, so ich ihm noch hätte zufügen können, zu versichern, aus welchem ich aber gebrochen und nun in der Küchen umgehe, wie ein Junker, der ihm nicht mehr aufwarten dürfe; sein Lebtag sei ihm kein solcher Poß widerfahren, als ich ihm in Gegenwart so vieler ehrlicher Leut gerissen, er wisse nichts anders mit mir anzufangen, als dass er mich lasse abprügeln, und weil ich mich so dumm anließe, wieder für den Teufel hinjage.

Inzwischen als mein Herr so über mich klagte, sammleten sich die Gäst nach und nach, da er aber ausgeredet hatte, antwort der Pfarrer: Wenn ihm der Herr Gouverneur ein kleine Zeit mit ein wenig Geduld zuzuhören beliebte, so wollte er von Simplicio der Sachen halber eines und anders erzählen, daraus nicht allein seine Unschuld zu vernehmen sein, sondern auch denen, so sich seines Verhaltens halber disgustiert befinden wollten, alle ungleichen Gedanken benommen würden.

Als man dergestalt oben in der Stuben von mir redete, akkordierte der tolle Fähnrich, den ich an meine Stell selbander eingesperrt hatte, unten mit mir in der Küchen, und brachte mich durch Drohwort und einen Taler, den er mir zusteckte, dahin, dass ich ihm versprach, von seinen Händeln reinen Mund zu halten.

Die Tafeln wurden gedeckt, und wie den vorigen Tag mit Speisen und Leuten besetzt, Wermut-, Salbei-, Alant-, Quitten- und Zitronenwein musste neben dem Hippokras den Säufern ihre Köpf und Mägen wieder begütigen, denn sie waren schier alle des Teufels Märtyrer. Ihr erstes Gespräch war von ihnen selbsten, nämlich wie sie gestern einander so brav vollgesoffen hätten, und war doch keiner unter ihnen, der gründlich gestehen wollte, dass er voll gewesen, wiewohl den Abend zuvor teils bei Teufelholen geschworen, sie könnten nicht mehr saufen, auch ›Wein mein Herr!‹ geschrien und geschrien hatten. Etliche zwar sagten, sie hätten gute Räusch gehabt, andere aber bekenneten, dass sich keiner mehr vollsöffe, seit die Räusch aufkommen. Als sie aber von ihren eigenen Torheiten beides zu reden und zu hören müd waren, musste sich der arme Simplicius leiden: Der Gouverneur selbst erinnerte den Pfarrer, die lustigen Sachen zu eröffnen, wie er versprochen hätte.

Dieser bat zuvörderst, man wollte ihm nichts für ungut halten, dafern er etwa Wörter reden müßte, die seiner geistlichen Person übel anständig zu sein vermerkt würden; fing darauf an zu erzählen, erstlich aus was für natürlichen Ursachen mich die Leibesdünste zu plagen pflegten, was ich durch solche dem Secretario für eine Unlust in die Kanzlei angerichtet; was ich neben dem Wahrsagen für ein Kunst dawider gelernet, und wie schlimm solche in der Prob bestanden; item wie seltsam mir das Tanzen vorkommen, weil ich dergleichen niemalen gesehen, was ich für Bericht deshalber von meinem Kameraden eingenommen, welcher Ursachen halber ich dann die vornehme Dame ergriffen, und darüber in Gänsstall kommen. Solches aber brachte er mit einer wohlanständigen Art zu reden vor, dass sie sich trefflich zerlachen mussten, entschuldigt' dabei meine Einfalt und Unwissenheit so bescheidentlich, dass ich wieder in meines Herrn Gnad kam und vor der Tafel aufwarten durfte, aber von dem was mir im Gänsstall begegnet, und wie ich wieder daraus erlöst worden, wollte er nichts sagen, weil ihn bedünkte, es hätten sich an seiner Person etliche saturnische Holzböck geärgert, die da vermeinten, Geistliche sollten nur immer sauer sehen; hingegen fragte mich mein Herr, seinen Gästen ein Spaß zu machen, was ich meinem Kameraden geben hätte, dass er mich so saubere Künste gelehret? und als ich antwortet »nichts!« sagte er: »So will ich ihm das Lehrgeld für dich bezahlen«, wie er ihn denn hierauf in ein Futterwanne spannen und allerdings karbeitschen ließ, wie man mirs den vorigen Tag gemacht, als ich die Kunst probiert und falsch befunden hatte.

Mein Herr hatte nunmehr genug Nachricht von meiner Einfalt, wollte mich derowegen stimmen, ihm und seinen Gästen mehr Lust zu machen, er sah wohl, dass die Musikanten nichts galten, solang man mich unterhanden haben würde, denn ich bedünkte mit meinen närrischen Einfällen jedermann, über siebzehn Lauten zu sein. Er fragte, warum ich die Tür an dem Gänsstall zerschnitten hätte? Ich antwortet: »Das mag jemand anders getan haben.« Er fragte: »Wer denn?« Ich sagte: »Vielleicht der, so zu mir kommen.« »Wer ist denn zu dir kommen?« Ich antwortet: »Das darf ich niemand sagen.« Mein Herr war ein geschwinder Kopf, und sah wohl, wie man mir lausen musste, derowegen übereilt' er mich, und fragte, wer mir solches denn verboten hätte? Ich antwortet gleich: »Der tolle Fähnrich« -. und demnach ich an jedermanns Gelächter merkete, dass ich mich gewaltig verhauen haben müßte, der tolle Fähnrich, so mit am Tisch saß, auch so rot wurde wie ein glühende Kohl; also wollte ich nichts mehr schwätzen, es würde mir denn von demselben erlaubt. Es war aber nur um einen Wink zu tun, den mein Herr dem tollen Fähnrich anstatt eines Befehls gab, da durft ich reden was ich wusste. Darauf fragte mich mein Herr, was der tolle Fähnrich bei mir im Gänsstall zu tun gehabt? Ich antwortet: »Er brachte eine Jungfer zu mir hinein.« »Was tat er aber weiters?« sagte mein Herr. Ich antwortet: »Mich deuchte, er wollte im Stall sein Wasser abgeschlagen haben.« Mein Herr fragte: »Was tat aber die Jungfer dabei, schämte sie sich nicht?« »Ja wohl nein Herr!« sagte ich, »sie hub den Rock auf, und wollte dazu (mein hochgeehrter, zucht-, ehr- und tugendliebender Leser verzeihe meiner unhöflichen Feder, dass sie alles so grob schreibt, als ichs damals vorbrachte) scheißen.« Hierüber erhub sich bei allen Anwesenden ein solch Gelächter, dass mich mein Herr nicht mehr hören, geschweige etwas weiters fragen konnte, und zwar war es auch nicht weiters vonnöten, man hätte denn die ehrliche fromme Jungfer (scil.) auch in Spott bringen wollen.

Hierauf erzählte der Hofmeister vor der Tafel, dass ich neulich vom Bollwerk oder Wall heimkommen und gesagt: Ich wüßte wo der Donner und Blitz herkäme, ich hätte große Blöcher auf halben Wagen gesehen, die inwendig hohl gewesen, in dieselben hätte man Zwiebelsamen samt einer eisernen weißen Rüben, der der Schwanz abgeschnitten, gestopft, hernach die Blöcher hintenher ein wenig mit einem zinkigen Spieß gekitzelt, davon wäre vornenheraus Dampf, Donner und höllisch Feuer geschlagen. Sie brachten noch mehr dergleichen Possen auf die Bahn, also dass man schier denselben ganzen Imbiß von sonst nichts als nur von mir zu reden und zu lachen hatte. Solches verursachte einen allgemeinen Schluß zu meinem Untergang, welcher war, dass man mich tapfer agieren sollte, so würde ich mit der Zeit einen raren Tischrat abgeben, mit dem man auch den größten Potentaten von der Welt verehren, und die Sterbenden zu lachen machen könnte.

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