Kitabı oku: «Unternehmensstrafrecht und Unternehmensverteidigung», sayfa 8

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cc) Sonderfall der Überwachergarantenstellung: Compliance-Officer

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In den letzten Jahren wird über die Garantenstellung des Compliance-Officers diskutiert, der freilich im Regelfall nicht unmittelbar in der Leitungsebene eines Unternehmens angesiedelt ist, umgekehrt aber auch nicht als subalterner Mitarbeiter eingeordnet werden kann (siehe auch Rn. 458 f. sowie Rn. 634 ff.). Compliance dient der Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zum Nachteil außerhalb des Unternehmens stehender Personen oder Entitäten, selbst wenn unternehmensseitig das wesentliche Motiv in der Vermeidung von Sanktionen und Imageschäden zu sehen ist.[71] Die Diskussion hat noch an Intensität zugenommen, nachdem der BGH in BGHSt 54, 44, 48 ff. – Berliner Stadtreinigung – vor einigen Jahren in einem obiter dictum eine solche Möglichkeit angesprochen hatte.[72] In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt selbst ging es gar nicht um einen Compliance-Officer, sondern um den Leiter der Rechtsabteilung und Innenrevision eines öffentlich-rechtlichen Unternehmens; gerade dieser Aspekt wurde daraufhin vom BGH zur Begründung der Garantenstellung herangezogen, da bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen der Gesetzesvollzug Kern der Entfaltung unternehmerischer Tätigkeit sei.[73] Im Zentrum der weiteren Diskussion stand dann jedoch vor allem das kryptische obiter dictum, in dem nicht klargestellt wurde, ob die Haftung in einem solchen Fall derivativ auf einer Delegation der dem Unternehmen und seinen Organen obliegenden Pflichten oder originär auf dem Arbeitsverhältnis samt tatsächlicher Übernahme der hierdurch begründeten Verpflichtungen basiert:

[BGHSt 54, 44, 49 f.]

„Der Inhalt und der Umfang der Garantenpflicht bestimmen sich aus dem konkreten Pflichtenkreis, den der Verantwortliche übernommen hat. Dabei ist auf die besonderen Verhältnisse des Unternehmens und den Zweck seiner Beauftragung abzustellen. Entscheidend kommt es auf die Zielrichtung der Beauftragung an, ob sich die Pflichtenstellung des Beauftragten allein darin erschöpft, die unternehmensinternen Prozesse zu optimieren und gegen das Unternehmen gerichtete Pflichtverstöße aufzudecken und zukünftig zu verhindern, oder ob der Beauftragte weitergehende Pflichten dergestalt hat, dass er auch vom Unternehmen ausgehende Rechtsverstöße zu beanstanden und zu unterbinden hat. Unter diesen Gesichtspunkten ist gegebenenfalls die Beschreibung des Dienstpostens zu bewerten. Eine solche, in Großunternehmen als „Compliance“ bezeichnete Ausrichtung, wird im Wirtschaftsleben mittlerweile dadurch umgesetzt, dass sogenannte „Compliance Officers“ geschaffen werden (...) Deren Aufgabengebiet ist die Verhinderung von Rechtsverstößen, insbesondere auch von Straftaten, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden und diesem erhebliche Nachteile durch Haftungsrisiken oder Ansehensverlust bringen können (...) Derartige Beauftragte wird regelmäßig strafrechtlich eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB treffen, solche im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehende Straftaten von Unternehmensangehörigen zu verhindern. Dies ist die notwendige Kehrseite ihrer gegenüber der Unternehmensleitung übernommenen Pflicht, Rechtsverstöße und insbesondere Straftaten zu unterbinden (...).“[74]

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Bei einer originär auf den Arbeitsvertrag samt tatsächlicher Übernahme gestützten Garantenstellung bestünde die Möglichkeit, dass für den Compliance-Officer Verpflichtungen begründet werden, die noch über die den Geschäftsherrn treffenden Pflichten hinausgehen.[75] Hiermit wäre das Tor für eine zivilrechtlich induzierte, inflationäre Statuierung von Garantenpflichten geöffnet, was umso bedenklicher erscheint, als Compliance ohnehin die Tendenz zu einer Pflichtenexpansion eigen ist. Die besseren Gründe dürften deshalb dafür sprechen, vom derivativen Erwerb einer Überwachergarantenpflicht im Sinne der Geschäftsherrenhaftung auszugehen.[76] Denn bei einem solchen Ansatz wird der Bezug zur allgemeinen und weitgehend konsentierten Geschäftsherrenhaftung hergestellt, womit der im Anschluss an diese Entscheidung entstandenen und partiell durchaus interessegeleiteten Hysterie der Boden entzogen ist.[77] Dass der Geschäftsherr hierdurch keineswegs seine eigene Garantenstellung einbüßt, sondern ihn nach wie vor Auswahl-, Instruktions-, Kontroll- und Aufsichtspflichten treffen, ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen.[78] Er vermag seine Pflichten zwar zu delegieren, verliert hierdurch aber nicht den Status als Garant.[79]

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Allerdings muss der Compliance-Officer den Pflichtenkreis tatsächlich übernommen haben, während die bloße Denomination nicht genügt.[80] Eine Haftung ist überdies nur anzuerkennen, wenn die delegierte Pflicht auf die Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gerichtet ist, was entsprechende Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse voraussetzt.[81] Sollte der Compliance-Officer im Zuge seiner Tätigkeit auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten der Unternehmensmitarbeiter stoßen, wird im Regelfall aber die Benachrichtigung der Unternehmensleitung genügen.[82] Eine Information von Strafverfolgungsbehörden oder gar der Öffentlichkeit ist nicht erforderlich (siehe auch Rn. 39 ff., Rn. 46 ff.).[83] Soll der Compliance-Officer die Unternehmensleitung im Umgang mit straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Risiken lediglich beraten, scheidet die Inanspruchnahme als Garant aus.[84]

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Aus Verteidigungssicht kommt es darauf an, den übertragenen Pflichteninhalt exakt zu extrapolieren, um auf diese Weise zu verhindern, dass dem vertretenen Compliance-Officer im Strafverfahren überbordende Pflichten auferlegt werden. Insbesondere ist auf die derivative Natur der Pflicht zu insistieren, damit die Haftung des Compliance-Officers nicht weiter als die des Geschäftsherrn reicht. Zudem ist Tendenzen entgegenzutreten, eine straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortlichkeit allein auf die Denomination als Compliance-Officer zu stützen. Daher wird relevant, ob unternehmensseitig die zur Pflichterfüllung erforderlichen Befugnisse und sachlichen wie personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt wurden.

dd) Sonderfall der Überwachergarantenstellung: Betriebsbeauftragter

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In diesen Zusammenhang gehört ferner die Frage nach der Haftung von Betriebsbeauftragten. Sie sind ebenso wenig wie der Compliance-Officer direkt in der Unternehmensspitze, zugleich aber auch nicht auf untergeordneter Hierarchieebene angesiedelt. Es handelt sich um Personen, die unternehmensbezogen für die Einhaltung bestimmter gesetzlich vorgegebener Sicherheitsstandards zuständig sind, wobei inhaltlich nach Arbeitsschutz, Datenschutz und dem Schutz überindividueller Interessen (namentlich Umweltschutz) differenziert werden kann.[85] Betriebsbeauftragte haben in bestimmten sensiblen Bereichen die Umsetzung und Einhaltung der insoweit geltenden öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu gewährleisten.[86] Anstatt diese Aufgabe durch eigene Verwaltungsbehörden zu erfüllen, versucht der Gesetzgeber Einfluss auf die unternehmensinterne Organisation zu nehmen.[87] Ungeachtet dieses öffentlich-rechtlichen Hintergrundes wird der Betriebsbeauftragte nicht etwa als Beliehener tätig, sondern hat einen privatrechtlichen Status,[88] ohne zum Unternehmensorgan zu werden.[89] Je nachdem, ob es sich um eine innerhalb oder außerhalb des Betriebes angesiedelte Person handelt, liegt der Tätigkeit entweder ein Arbeits- oder Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde.[90] Allerdings wird die Unternehmensleitung durch die Existenz eines Betriebsbeauftragten keineswegs von ihrer Verantwortlichkeit dispensiert, sondern haftet neben dem Betriebsbeauftragten, sofern ihr eine eigenständige Verletzung von Auswahl-, Instruktions-, Kontroll- und Eingriffspflichten vorgeworfen werden kann.[91]

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Betriebsbeauftragten stehen im Regelfall keine Entscheidungsbefugnisse zu,[92] sondern die ihnen obliegenden Aufgaben lassen sich grob in Initiativ-, Kontroll-, Aufklärungs- und Berichtsfunktionen kategorisieren,[93] was Einfluss auf die straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Garantenpflichten hat. Denn man wird Betriebsbeauftragte nicht als Beschützergaranten ansehen können, da die Auferlegung einer solchen Position schon mangels umfassender Entscheidungskompetenzen zweifelhaft scheint; die Einzelfunktionen sprechen vielmehr für eine Überwachergarantenstellung.[94] Betriebsbeauftragte sind daher in dem ihnen sachlich obliegenden Bereich dafür zuständig, dass sich ein betriebliches Gefahrenpotential nicht realisiert, wobei ihre Pflicht nicht weiterreichen kann als die ihnen zugewiesenen Befugnisse.[95] Dementsprechend sind sie lediglich gehalten, ihren Initiativ-, Kontroll-, Aufklärungs- und Berichtspflichten nachzukommen, während keine Verpflichtung zur Verhinderung des Eintritts straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlich relevanter Erfolge besteht.[96] Nur bei Verletzung der ihnen obliegenden spezifischen Pflichten kommt eine Haftung aus einem unechten Unterlassungsdelikt in Frage. Weil die insoweit maßgeblichen Straf- und Bußgeldtatbestände oftmals Sonder- und Pflichtdelikte darstellen, setzt eine täterschaftliche Haftung voraus, dass sich die Sondereigenschaft bzw. -pflicht über die § 14 StGB, § 9 OWiG auf den Betriebsbeauftragten transferieren lässt.[97] Insoweit wäre im Zweifel auf § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB bzw. § 9 Abs. 2 Nr. 2 OWiG abzustellen, die aber gewisse Entscheidungsbefugnisse voraussetzen, an denen es dem Betriebsbeauftragten gerade fehlt (siehe Rn. 188 ff.).[98] Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass die institutionelle Ausgestaltung der Position des Betriebsbeauftragten nicht zwingend mit den Regelungsprinzipien des Gesellschaftsrechts im Einklang stehen muss.[99]

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Auch insoweit kommt es darauf an, gerade die Grenzen der Handlungspflichten in das Zentrum der Verteidigung zu rücken, da die Voraussetzungen einer straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Haftung durchaus hoch sind. Angesichts der ihnen zugewiesenen Funktionen ist insbesondere dem Versuch entgegenzutreten, Betriebsbeauftragten eine allgemeine Pflicht zur Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten aufzuerlegen, die einer Geschäftsherrenhaftung gleichkäme. Ansatzpunkte für Verteidigungsstrategien bieten ferner die Grenzen der Transferierung von Pflichten nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB, § 9 Abs. 2 Nr. 2 OWiG sowie gesellschaftsrechtliche Regelungsprinzipien.

ee) Beteiligung des Garanten

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Mit Blick auf die Art der Beteiligung gelten im Unterlassungsbereich die allgemeinen Grundsätze. Allerdings kann die Frage akut werden, ob das Nichteinschreiten einer Leitungsperson gegen Mitarbeiterstraftaten als Täterschaft oder Teilnahme anzusehen ist, sofern wegen der Natur des jeweiligen Tatbestandes als Sonder-, Pflicht- oder eigenhändiges Delikt die täterschaftliche Haftung nicht sowieso ausscheidet. An diesem Punkt ergibt sich eine Parallele zu der auch außerhalb des Unternehmensstrafrechts diskutierten Frage nach der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme – genauer: Beihilfe – im Bereich der Unterlassungsdelikte.[100]

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Teilweise werden von der im Bereich der Begehungsdelikte vertretenen Grundkonzeption abweichende Positionen formuliert. Auf der Grundlage der Tatherrschaftslehre argumentiert man, der Unterlassende könne niemals die Tatherrschaft im Sinne eines vom Vorsatz umfassten In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs innehaben, weshalb er als Gehilfe zu bestrafen sei.[101] Ist einer solchen Auffassung entgegenzuhalten, dass kein direkter Zusammenhang zwischen Verhaltensmodalität und Tatherrschaft besteht,[102] überzeugt auch die auf dem Boden der Pflichtdeliktslehre entwickelte Gegenposition nicht, nach der der Garant stets als Täter zu bestrafen ist: Unterlassungsdelikte seien Pflichtdelikte, bei denen der Verstoß gegen die Erfolgsabwendungspflicht täterschaftsbegründend wirke.[103] Zwar werden hierdurch klare Abgrenzungen möglich, dies jedoch nur um den Preis, dass im Unterlassungsbereich jeglicher Unterschied zwischen den Beteiligungsformen eingeebnet wird.[104] Eine dritte Position differenziert nach der Art der Garantenstellung: Beschützergaranten seien Täter, Überwachergaranten seien Teilnehmer.[105] Abgesehen von den sich aufdrängenden Abgrenzungsproblemen – teilweise lassen sich die jeweiligen Garantenstellungen nur schwer voneinander abschichten bzw. es können mehrere Garantenstellungen gleichzeitig vorliegen – sind die Fragen nach der Art der Garantenstellung sowie der Art der Beteiligung auf verschiedenen Ebenen angesiedelt.[106]

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Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, sich auf die allgemeinen Abgrenzungskriterien zurückziehen, was die Rechtsprechung veranlasst, die Abgrenzung subjektiv danach vorzunehmen, ob der Unterlassende mit Täter- oder Teilnehmerwillen untätig bleibt;[107] eine Abgrenzung, die im Bereich der Unterlassungsdelikte noch schwieriger als im Bereich der Begehungsdelikte zu treffen ist. Dementsprechend verwundert es nicht, wenn sie zusätzlich auf die Tatherrschaft bzw. den diesbezüglichen Willen als Kriterium für eine entsprechende subjektive Vorstellung abstellt. Die h.M. grenzt hingegen ebenso wie bei den Begehungsdelikten allein nach der Tatherrschaft ab, so dass es auf das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs ankommt.[108] Eine nur potentielle Tatherrschaft kann dabei nicht täterschaftsbegründend wirken,[109] denn die Tatherrschaft darf im Bereich der Unterlassungstaten nicht weniger aktuell sein als im Bereich der Begehungsdelikte. Sie ergibt sich insbesondere nicht schon aus der Möglichkeit des Eingreifens in einen Geschehensablauf, die für die Unterlassungshaftung ohnehin konstitutiv ist.[110] Es kommt vielmehr entsprechend allgemeinen Grundsätzen darauf an, ob der Unterlassende Zentral- und nicht nur bloße Randfigur des Geschehens ist. Dass der Geschäftsherr die Organisationsherrschaft über ein Unternehmen innehat, macht ihn nicht per se zur Zentralfigur für deliktisches Mitarbeiterhandeln, sondern die Tatherrschaft muss in Bezug auf den konkreten Rechtsverstoß des Mitarbeiters bestehen und einzeln begründbar sein. Derartige Gesichtspunkte sind aus Verteidigungssicht hervorzuheben.

ff) Haftung für die Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG

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Einen auf das Ordnungswidrigkeitenrecht bezogenen vertatbestandlichten Spezialfall der vertikalen Unterlassungshaftung regelt § 130 OWiG, bei dem es sich um einen eigenständigen Bußgeldtatbestand handelt (siehe auch Rn. 445 ff.).[111]

(1) Allgemeines

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Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens die sie treffenden Aufgaben in eigener Person oftmals nicht vollständig erfüllen können und sie daher im Wege der Delegation auf Mitarbeiter übertragen (siehe Rn. 74 ff.).[112] Wenn Mitarbeiter in einem solchen Fall eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begehen, ist angesichts des Auseinanderklaffens von Verantwortung (des Inhabers) und Verhalten (des Mitarbeiters) die Gefahr einer Sanktionslücke gegeben. Dies gilt gerade dann, wenn der Handelnde nicht zu dem in § 14 StGB, § 9 OWiG benannten Personenkreis zählt.[113]

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In diese Lücke stößt das echte Unterlassungsdelikt des § 130 OWiG, da die Verhängung einer Geldbuße gegen den Inhaber möglich wird, wenn er die ordnungsgemäße Erfüllung ihn selbst treffender Pflichten durch Mitarbeiter nicht sicherstellt und es deshalb zu einer Zuwiderhandlung kommt.[114] Die Norm ist deswegen von besonderer praktischer Relevanz, weil der Nachweis einer vorsätzlichen Aktivbeteiligung der Unternehmensleitung an Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten kaum jemals gelingt.[115] Eine Sanktionierung ist aus Sicht der Kontrollinstanzen oftmals nur über das mit spezifischen Nachweisschwierigkeiten behaftete (fahrlässige) Unterlassungsdelikt möglich.[116]

103

§ 130 OWiG zielt nicht unspezifisch auf die Gewährleistung genereller Normkonformität,[117] vielmehr geht es um die Verhinderung konkreter Gefahren für jene Rechtsgüter, die in den einzelnen Tatbeständen des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts geschützt werden.[118] Dieser Schutz soll über die Statuierung einer bereits im Vorfeld installierten Aufsichtspflicht erfolgen.[119] Im Hintergrund steht das Motiv, dass derjenige, der zur Erfüllung eigener Pflichten Dritte einsetzt, sich deren Zuwiderhandlungen entgegenhalten lassen muss, wenn er selbst nicht alles Erforderliche und Zumutbare unternimmt, um Rechtsverstöße zu vermeiden.[120] Sofern der Inhaber selbst Beteiligter der Straftat oder Ordnungswidrigkeit ist, erübrigt sich der Rückgriff auf die subsidiär geltende Vorschrift.[121]

104

Die besondere Relevanz der Vorschrift ergibt sich gerade im Zusammenspiel mit der Unternehmensgeldbuße nach § 30 OWiG, da § 130 OWiG eine Anknüpfungstat im Sinne dieser Vorschrift bildet (siehe Rn. 303 ff., Rn. 318 ff.).

(2) Inhaber eines Betriebes oder eines Unternehmens

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Täter können ausschließlich Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens sein; die Vorschrift stellt ein Sonderdelikt dar. Als Betrieb wird die technisch-organisatorische, als Unternehmen die rechtlich-wirtschaftliche Einheit verstanden, wobei der Gesetzgeber einschränkungslos beides erfassen wollte.[122] Ob ein Konzern, namentlich eine Obergesellschaft, in Bezug auf die Untergesellschaft oder den Unternehmensverbund im Ganzen Inhaber im Sinne des § 130 OWiG sein kann,[123] ist einstweilen nicht abschließend geklärt, im Ergebnis aber abzulehnen.[124] Zwar mag es nahe liegen, der innerhalb eines Konzerns erfolgenden Verlagerung von Sanktionsrisiken auf Tochtergesellschaften entgegenzuwirken,[125] jedoch ist insoweit auf die allgemeinen Haftungsgrundsätze namentlich der Unterlassungshaftung abzustellen.[126]

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Für das Merkmal der Inhaberschaft kommt es darauf an, ob der Person die Erfüllung der unternehmensbezogenen Pflichten obliegt, während Aspekte wie Eigentümerstellung oder Kapitalbeteiligung irrelevant sind.[127] Die dem Inhaber als Normadressaten in dieser (nicht: privater)[128] Eigenschaft obliegenden Pflichten müssen auf Mitarbeiter übertragen worden sein, wobei das Spektrum denkbar weit ist: Erfasst werden Inhaber einer Fabrik, einer Wohnungsbaugesellschaft, einer Agentur, aber auch eines Krankenhauses sowie einer Arzt- oder Anwaltspraxis.[129] § 130 Abs. 2 OWiG stellt klar, dass auch öffentliche Unternehmen erfasst werden, da eine Schlechterstellung von Unternehmen der Privatwirtschaft verhindert werden soll. Die Unternehmensinhaberschaft ist ein besonderes persönliches Merkmal,[130] das unter den Voraussetzungen des § 9 OWiG auf Organe, Vertreter und Beauftragte übergewälzt wird, die damit zu tauglichen Tätern werden.

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Angesichts des das Ordnungswidrigkeitenrecht beherrschenden Einheitstäterprinzips (§ 14 OWiG) entfällt eine Differenzierung nach Art der Beteiligung.

(3) Unterlassen von Aufsichtsmaßnahmen, die zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen gegen den Inhaber treffende Pflichten erforderlich und zumutbar sind

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Während früher streitig war, auf welche Pflichten sich § 130 OWiG bezieht,[131] werden nunmehr neben den aus Sonderdelikten resultierenden Pflichten auch solche aus Allgemeindelikten wie §§ 222, 229 StGB erfasst, sofern sie im engen Zusammenhang mit der Führung des Unternehmens stehen.[132] Um Rechtsverstöße der Mitarbeiter zu unterbinden, hat der Inhaber die zur Vermeidung von Rechtsverstößen erforderlichen und zumutbaren Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Maßstab ist jene Sorgfalt, die von einem ordentlichen Angehörigen des jeweiligen Tätigkeitskreises erwartet werden kann.[133] Eine nicht abschließende Aufzählung denkbarer Aufsichtsmaßnahmen enthält § 130 Abs. 1 S. 2 OWiG (vgl. „auch“), indem das Gesetz auf „die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen“ verweist. Sofern dies zur Vermeidung von Rechtsverstößen nicht ausreicht, muss der Inhaber weitere Maßnahmen ergreifen, deren Reichweite von den Umständen des Einzelfalles abhängt.[134] Anhaltspunkte sind etwa: Größe, Organisation und Betätigungsfeld des Unternehmens; Vielfalt und Bedeutung der zu beachtenden Vorschriften; unterschiedliche Überwachungsmöglichkeiten; Umfang und Grad der Gefahren.[135] Allerdings ist der Maßnahmenkatalog nicht unbegrenzt, da § 130 OWiG über die Merkmale der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit eine Restriktion vornimmt, die Ansatzpunkte für Verteidigungsstrategien bieten. Erforderlichkeit bedeutet, dass die Maßnahme objektiv geeignet sein muss, als mildestes Mittel unternehmensbezogene Verstöße zu verhindern.[136] Dementsprechend folgt aus der Vorschrift keine Pflicht zu einer „flächendeckenden Personalkontrolle“, sondern nur das Ergreifen solcher Maßnahmen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Unterbleiben unternehmensbezogener Verfehlungen bieten.[137] Die weitere Einschränkung, nach der die Aufsichtsmaßnahmen zumutbar sein müssen, ergibt sich aus der in § 130 Abs. 1 S. 1 OWiG enthaltenen Formulierung „die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre“. Unzumutbar sind daher die Belohnung für Denunziantentum, die Bespitzelung oder lückenlose Überwachung von Mitarbeitern.[138]

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