Kitabı oku: «"Nicht ohne den Mut zum Wagnis ..."», sayfa 9

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4.2.3 - in der Verbindungsstelle der FDJ und der kirchlichen Jugendarbeit

Mit der Errichtung einer Verbindungsstelle zwischen der FDJ und der kirchlichen Jugendarbeit im Juli 1946 sollte eine Instanz geschaffen werden, deren Aufgabe es war, ein Vertrauensverhältnis zwischen beiden Seiten zu schaffen und etwaige entstandene Schwierigkeiten zu bereinigen. Die offiziell zu errichtenden Verbindungsstellen zwischen FDJ und den Kirchen wurden zwar auch in der Provinz Sachsen errichtet und mit einem katholischen Vertreter besetzt.182 Sie hatten aber keine praktische Relevanz. Auch wenn sie als weiterer Versuch angesehen werden konnten, die Kirchen zu vereinnahmen bzw. aus den geringen Möglichkeiten für die katholische Jugendseelsorge einen größtmöglichen Freiraum durch diese Formen der Zusammenarbeit auszuschöpfen. Im Gegensatz zu den Verantwortlichen in manch anderem Bistum183 zeigten die katholischen Verantwortlichen im Kommissariat Magdeburg von Anfang an eine eher skeptische Zurückhaltung und verknüpften nicht all zu große Hoffnungen mit einer solchen Instanz. Denn alle noch so gut klingenden Versprechungen konnten die bestehende Skepsis der Kirche gegenüber der FDJ nicht verringern.184 Die kirchlichen Verbindungsstellen in den Bezirken und Kreisen wurden auf Empfehlung von H. Aufderbeck seitens der katholischen Kirche mit Geistlichen im Beobachterstatus besetzt. Sie erhielten die innerkirchliche Handlungsanweisung, ausschließlich bei den die Jugendseelsorge betreffenden Fragen die kirchlichen Interessen wahrzunehmen. H. Aufderbeck erbat sich, über alle Vorgänge in den Verbindungsstellen informiert zu werden.185 Die von den staatlichen Stellen beabsichtigte Integration der Kirchen in die FDJ über die Arbeit in den Verbindungsstellen zu erreichen, war angesichts der reservierten Einstellung der Kirchen nicht möglich. Aus diesem Grunde sah bereits 1947 die FDJ die Arbeit der Verbindungsstelle einseitig als beendet an.186 Für H. Aufderbeck wäre die Verbindungsstelle die einzig mögliche Form der Zusammenarbeit gewesen, die eine Vereinnahmung der Kirchen durch den Staat hätte ausschließen und die aufkommenden Konflikte hätte lösen können. Mit deren Auflösung klärten und verhärteten sich die Fronten zwischen beiden Seiten in der Provinz Sachsen.

4.2.4 – in der ”Jugend in der Union”

Da sich die katholische Jugendseelsorge in der SBZ politisch abstinent verhielt, wurde von den politisch ambitionierten Jugendlichen vor allem in der Jugendabteilung der CDU ein Gremium für christlich motivierte politische Jugendarbeit gesehen.187 So wie sich vereinzelt die jungen Männer und Frauen unter dem Dach der CDU formierten, bestanden auch persönliche Kontakte zwischen den Jugendlichen, die sich in der Partei engagierten und denen aus der katholischen Pfarrjugend. Aufgrund solcher Beziehungen erhielt die katholische Jugend in Halle Unterstützung in ihrer Gemeindearbeit durch die örtliche CDU.188 In den Nachkriegsmonaten war die „Jugend in der Union”189 in Halle um den hauptamtlichen Referenten der CDU-Provinz Sachsen, E. Ernst, derart aktiv, dass W. Ulbricht als staatlicher Vertreter des Jugendausschusses der Provinz Sachsen befürchtete, sie wolle eine eigene Jugendorganisation gründen.190 Diese politischen Aktivitäten der Hallenser Jugend in der CDU wurden abrupt dadurch beendet, dass E. Ernst 1947 in Haft kam. Er wurde aufgrund seiner kirchlichen und politischen Aufenthalte in den Westsektoren und Westberlin mit dem Vorwurf der Kontaktaufnahme zum amerikanischen Geheimdienst und antisowjetischer Gruppenbildung angeklagt und zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt.191 Als im Dezember 1947 die SMAD den Vorsitzenden der CDU in der SBZ, J. Kaiser, absetzte, wurde deutlich, dass für eine selbständig agierende christliche Partei im politischen System der SBZ kein Platz war. Unmittelbar danach wurde die „Junge Union“ in der SBZ verboten.192 Folglich zogen sich viele der kirchlich engagierten Mitglieder aus der Mitarbeit in der Partei zurück.193 Das Schicksal von E. Ernst und den anderen zeigt, dass eine eigenständige, christlich motivierte, politische Jugendarbeit mit der zentralisierenden Ausrichtung der staatlichen Jugendpolitik ebenfalls nicht zu vereinbaren war. Nur in der FDJ und dann auch nur in dem von der offiziellen Seite vorgegebenen Rahmen wurden politische Aktivitäten geduldet.

4.2.5 – mit dem „Werk der Jugend“ und den Jugendamtsausschüssen

Am unproblematischsten erfolgte das Miteinander zwischen staatlichen und kirchlichen Stellen im „Werk der Jugend", das den Jugendlichen helfen sollte, die materiellen und sozialen Folgen der nationalsozialistischen Zeit zu überwinden. Obwohl diese Zusammenarbeit zwischen beiden Stellen nur zwei Jahre dauerte, scheint dies in diesem Bereich ohne die sonst üblichen Reibereien möglich gewesen zu sein. Das „Werk der Jugend” wurde im September 1946 auch im Namen der katholischen Kirche gegründet und wurde von ihr als Kuratoriumsmitglied bis zu seiner Auflösung 1948 finanziell unterstützt. Mit dieser Einrichtung wurde versucht, notleidende Jugendliche unabhängig von weltanschaulichen Fragen, materiell zu unterstützen.194 H. Aufderbeck wurde zum ständigen Vertreter des Kommissariates Magdeburg beim Jugendwerk ernannt.195 Ebenso wie im Jugendwerk schien in den ersten Jahren die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und kirchlichen Stellen in den 1945 errichteten Jugendamtsausschüssen ohne größere Probleme zu verlaufen.196 Die vornehmlich soziale Ausrichtung beider Institutionen konnte die katholische Kirche vorbehaltlos unterstützen. Allerdings traten sowohl die Jugendamtsausschüsse als auch das „Werk der Jugend“ öffentlich und damit politisch wirksam nur selten in Erscheinung.197 Dies scheint auch der Grund dafür gewesen zu sein, weshalb beiden Einrichtungen von staatlicher Seite aus keine größere Bedeutung beigemessen wurde.

4.3 Die Verselbständigung von Paderborn-Ost zum Erzbischöflichen Kommissariat Magdeburg

Durch die Reformation und ihre Folgen im 16. und 17. Jahrhundert war das katholische Leben in Mitteldeutschland nahezu vollständig erloschen. Das 968 gegründete Erzbistum Magdeburg und seine Suffragane Merseburg, Meißen und Naumburg sowie das Bistum Halberstadt hörten auf zu bestehen.198 Nur noch vereinzelt gab es katholische Pfarreien im wechselnden Einflussbereich der angrenzenden Diözesen Breslau oder Paderborn. 1811 entstand mit dem Kommissariat Paderborn-Ost,199 dessen Sitz zunächst auf der Huysburg und ab 1828 in Magdeburg war, ein dem Bistum Paderborn zugeordnetes Gebiet zu dem Zweck, die Restbestände katholischen Lebens in der mitteldeutschen Diaspora seelsorglich besser betreuen und kirchlich verwalten zu können.200 Daraus entstand nach zahlreichen geographischen und politischen Veränderungen das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Während der ersten 100 Jahre seines Bestehens stieg die Zahl seiner Katholiken um ein Vielfaches an. Gab es 1829 nur 9 860 Katholiken, waren es 1933 bereits 143 337.201 Bedingt durch die politischen Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte eine neuerliche Zäsur. Die neuen politischen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland machten weitere Veränderungen unumgänglich, die zu einer kirchenorganisatorischen Aufwertung und Verselbständigung des Magdeburger Kommissariates führten und erst 1994 in der Neugründung des Bistums Magdeburg einen Endpunkt fanden.202 Das Gebiet des Erzbischöflichen Kommissariates Magdeburg entsprach wie auch das des heutigen Bistums Magdeburg zum größten Teil dem Gebiet des jetzigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt.203

Die Verselbständigung von Paderborn-Ost bzw. der katholischen Kirche der Provinz Sachsen auf kirchenorganisatorischer Ebene gegenüber Paderborn wurde von Erzbischof Jaeger bereits im Februar 1945 eingeleitet.204 Nachdem er von den Beschlüssen der Jalta-Konferenz und der bevorstehenden Teilung Deutschlands in Zonen erfahren hatte, stattete er Propst Weskamm umgehend für die befürchtete Separierung mit weitreichenden Vollmachten aus. Diese einzusetzen war für den Fall vorgesehen, dass es dem Erzbischof unmöglich werden sollte, Kontakt zum Kommissariat aufnehmen zu können. Damit wurde die Loslösung des Kommissariates Magdeburg von der Erzdiözese Paderborn vorbereitet. Der nächste Schritt erfolgte 1949 mit einer Auflistung weiterer Vollmachten, zu einem Zeitpunkt, da sich die Trennung der Zonen verfestigt hatte und die doppelte Staatsgründung bevorstand.205 Die weitere Einschränkung der persönlichen Kontaktaufnahme und des pastoralen Austausches zwischen Paderborn und Magdeburg durch die SMAD wurde zu diesem Zeitpunkt bereits befürchtet.206 Infolge der politischen Neuordnung im Nachkriegsdeutschland sollte der Bereich Paderborn-Ost einen zweiten, eigenen Orientierungspunkt erhalten. Die Pastoral richtete sich zunächst weiterhin an Paderborn aus.207 Kirchenpolitisch aber wurden die Entscheidungen, die vom Berliner Bischof getroffen wurden, auch für das Kommissariat Magdeburg immer erheblicher. Doch die beginnende Exkorporation aus dem Erzbistum Paderborn ging nicht nahtlos in eine Einbindung in die Ostdeutsche Ordinarienkonferenz über. Die Verantwortlichen in Magdeburg versuchten, sich sowohl eine relative Selbständigkeit gegenüber dem Erzbistum als auch gegenüber der Ordinarienkonferenz zu erhalten.

In der gesamtdiözesanen Jugendpastoral des Erzbistums Paderborn wurde nach dem Krieg noch nicht zwischen dem Ost- und dem Westteil unterschieden. Folglich mussten die bischöflichen Richtlinien des Erzbistums Paderborn für die kirchliche Jugendseelsorge und Jugendorganisation vom November 1945 zunächst auch als Orientierung für den östlichen Teil gedacht werden,208 obwohl sie durch die politische Situation in der SBZ nicht umsetzbar waren, gingen sie doch von einer organisierten Form der Jugendarbeit, auch außerhalb der Pfarreien, aus.209 Bei aller pragmatischen und später formellen Verselbständigung des Kommissariates galt aber für die Jugendseelsorge im Kommissariat Magdeburg wenn möglich immer auch das, was in Paderborn an Anregungen erstellt wurde. Als Angebot für Paderborn-Ost wurden in den ersten Jahren immer auch die Jugendlichen des Ostteiles zu allen zentralen Aktivitäten des Erzbistums nach Paderborn oder Hardehausen eingeladen.

In der Anfangszeit des Neuaufbaues versuchten vor allem die Seelsorger des Kommissariates den Kontakt nach Paderborn nicht abreißen zu lassen. Man erhoffte sich dadurch, dass die Jugendseelsorge im Ostteil des Bistums belebt würde.210 Zugleich war es vor allem für die Diaspora wichtig, durch solche Kontakte das Einheitsbewusstsein unter der neu entstehenden Jugend in der Erzdiözese zu stärken. Die Verbindung aufrecht zu halten aber war von beiden Seiten nicht ohne weiteres möglich.211 Bis 1944 hatte der gesamtverantwortliche Diözesanjugendseelsorger von Paderborn, A. Reineke, jedes Jahr auch die Dekanate des Kommissariates Magdeburg regelmäßig für zwei Wochen bereist. In diesen beiden Wochen standen Kontakte und Schulungen mit den Jugendseelsorgern des Kommissariates und mit den Jugendhelfern auf dem Programm. Zugleich pflegte er einen regen Erfahrungsaustausch mit H. Aufderbeck.212 Diese Besuchsmöglichkeiten wurden ab 1945 dadurch erschwert, dass es nicht mehr möglich sein sollte, ohne mehr oder weniger gravierende Behinderungen in die sowjetisch besetzte Zone einzureisen. Zur Sorge vor den eventuellen Schwierigkeiten, die mit einer Einreise in die SBZ verbunden waren, kam für A. Reineke noch seine Doppelbelastung hinzu, zusätzlich zur Arbeit als Jugendseelsorger auch die Leitung des neuen Paderborner Jugendhauses in Hardehausen übernehmen zu müssen, die seine Besuche in den Ostteil des Erzbistums reduzierten. Die Beanspruchung durch beide Aufgaben machte es ihm schließlich unmöglich, dem Ostteil des Bistums die bisher gewohnte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Folglich konnte auf offizieller Ebene in der Paderborner Jugendseelsorge dem Ostteil immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch die Besuche anderer Geistlicher wurden aufgrund der vielfältigen Schwierigkeiten spärlicher. Dass ein solcher Austausch aber unbedingt stattfinden musste, war den Verantwortlichen in Magdeburg, W. Weskamm und H. Aufderbeck ein besonderes Anliegen,213 selbst wenn mit den Ungewissheiten einer solchen Reise in die SBZ und später in die DDR den Jugendseelsorgern viele Schikanen zugemutet wurden, bereits beginnend mit der Antragstellung von solchen Reisen.214

Nicht nur die politischen Umstände verschärften die Trennung zwischen Ost und West in den folgenden Jahren. Dass man mit Problemen im westlichen Teil des Erzbistums hinreichend ausgelastet war, ließ den Blick der Paderborner für das Kommissariat im anderen Teil Deutschlands unschärfer werden. In einem Referat, gehalten vor englischen und deutschen Kirchenführern in Herford am 21. Oktober 1946, vermerkte der Paderborner Diözesanjugendseelsorger Reineke die Jugendseelsorge des Kommissariates Magdeburg nur noch in einem Nebenabsatz unter der Überschrift „Jugend im russisch besetzten Raum“.215 Bereits ein Jahr später wurde in einem Bericht an den Apostolischen Visitator, Bischof Muench, über die Jugendseelsorge in Paderborn der Ostteil des Erzbistums nicht mehr erwähnt.216 Diese Beispiele zeigen, dass der tagespolitische Alltag Fakten geschaffen hatte, die alle wohlgemeinten Versuche des Zusammenzuhaltens relativierten.217 Im Ostteil des Erzbistums aber wurden die sich reduzierenden persönlichen Kontakte sehr vermisst.218 A. Reinekes Erleichterung ist in den wenigen Zeilen seines Rückblickes über seine Zeit als Jugendseelsorger für Paderborn-Ost deutlich zu spüren, in denen er von der Errichtung des Jugendamtes in Magdeburg berichtet. Denn mit dessen Selbstständigkeit wurde er von der Verantwortung für die Jugendseelsorge des Kommissariates quasi entpflichtet.219

Es gab aber neben der politischen noch eine weitere West-Ost-Trennung im Kommissariat Magdeburg. Je weiter östlicher und nördlicher die Gemeinden lagen, desto ländlicher war das Gebiet und umso verstreuter waren die katholischen Gemeinden. Der Austausch zwischen den Jugendlichen war abseits der Industrieregionen viel spärlicher. So wie das gesamte Kommissariat sich nach Impulsen aus Paderborn sehnte, so warteten der nördliche und der östliche Teil des Kommissariates auch auf Impulse aus der Jugendseelsorge der großen Städte Magdeburg und Halle.220 Vor allem die im Verlaufe des Krieges zerstörte Infrastruktur erschwerte diesen Austausch zusätzlich.

Angesichts der vielfältigen Schwierigkeiten entwickelte sich der Aufbau des Jugendamtes in Magdeburg nur sehr schleppend. Einfacher war es in Berlin, wo zunächst ein Jugendseelsorgeamt für die geteilte Stadt zuständig war und der Ostteil wegen der räumlichen Nähe direkt davon profitieren konnte. Noch bis 1948 war die Jugendseelsorge in Magdeburg an das Seelsorgeamt in Paderborn angegliedert, ohne groß davon profitieren zu können. Waren 1949 in den anderen Bistümern der SBZ bereits mehrere hauptamtliche Mitarbeiter eingestellt,221 verzögerten vor allem die Umstände der Bestellung des Jugendseelsorgers eine frühere personelle Ausstattung des Jugendseelsorgeamtes im Kommissariat Magdeburg. Diese Probleme wurden auch nicht mit der Errichtung eines eigenen Seelsorgeamtes für das Kommissariat behoben. 1948 wurde H. Aufderbeck zum Leiter des von ihm aufzubauenden Seelsorgeamtes222 für das Kommissariat Magdeburg berufen.223 Er genoss als anerkannter Pastoraltheologe und experimentierfreudiger Theologe einen über das Kommissariat hinausgehenden, aber nicht unumstrittenen Ruf.224 Seine Aktivitäten sollten mit dieser Berufung fortan nicht nur Halle, sondern dem gesamten Kommissariat zugute kommen.225 Auch in seiner Funktion als Seelsorgeamtsleiter lag ihm die Jugendseelsorge am Herzen. Bis zur Ernennung von J. Brinkmann zum hauptamtlichen Jugendseelsorger fungierten ergänzend zum Engagement von H. Aufderbeck noch zwei nebenamtliche Jugendseelsorger jeweils für die Mädchen- und Jungenseelsorge.

Die äußeren Rahmenbedingungen der damaligen Zeit zeigen, dass personell wie organisatorisch in den ersten Nachkriegsjahren der Aufbau der Jugendseelsorge sehr spontan, ohne entwickelte Konzepte geschehen musste und vor allem von der Persönlichkeit des Jugendseelsorgers vor Ort bzw. der überregional agierenden Seelsorger Aufderbeck und Schmidt abhängig war. Jugendseelsorge erfolgte in erster Linie lokal und nicht zentral, eher charismatisch und weniger amtlich sowie oft auf äußere Begrenzungen reagierend. Es war eine Pastoral, die von Pragmatik, Kreativität und Persönlichkeit der Seelsorger geprägt war, denen der Dienst an der Jugend ein Herzensanliegen war. Wie auch schon in Zeiten vor dem Krieg lebten die Jugendlichen in einem engen Kontakt mit den Seelsorgern. Diese versuchten nicht, die Jugendseelsorge zu klerikalisieren und ausschließlich an ihre Person zu binden. Die Jugendlichen selbst hatten Verantwortung innerhalb der Jugendgruppen zu übernehmen. Dadurch wurde die Eigenständigkeit der Jugend erhalten. Die älteren Jugendlichen halfen den Seelsorgern bei der Jugendseelsorge an den jüngeren.

Die äußeren Bedingungen für die Jugendseelsorge hatten sich nach dem Krieg nicht wesentlich verändert. Da organisierte Jugend weiterhin verboten war, trafen sich die Gruppen zum katholischen Heimabend oder der Jugendstunde.226 Anfangs geschah dies auch heimlich, wenn vorhanden im Raum der Pfarrgemeinde oder in Privatwohnungen bzw. denen der Seelsorger. Unmittelbar nach dem Krieg waren solche Treffen von Jugendlichen durch die Sperrstunden meist noch zeitlich begrenzt bzw. gänzlich untersagt. 1945 gab es engagierte Jugendgruppen im Kommissariat Magdeburg vor allem in den Städten. Dort war es der katholischen Kirche möglich, auf bestehende Pfarrjugendgruppen zurückzugreifen. Bei größerer Zahl der Jugendlichen in den größeren Städten wurde bereits unterteilt in die Jugendgruppe für 14 -18jährige und die der älteren.

Bewegte man sich in Paderborn bei der Frage nach der Ausrichtung der Jugendseelsorge zwischen verbandlicher Tradition und „Schar“,227 erübrigte sich diese konzeptuelle Frage in Magdeburg, obwohl der Einfluss der Paderborner „Schar“228 schon in der Zeit des Nationalsozialismus auch im Ostteil des Bistums bis hinein in die Sprache Wurzeln geschlagen hatte.229 Die „Schar“ als Kern der Gemeindejugend, gedacht als deren lebendigster Teil, hatte immer eine elitäre Note. Sie sprach zwar nicht alle an, aber da der Gemeinschaftsgedanke auf fruchtbaren Boden fiel, hatte dieser Ansatz nicht nur bei den heimatvertriebenen und jugendbewegten Jugendlichen eine wichtige Integrationsfunktion, den einzelnen in das „Wir“ der Gruppe einzubinden. Vordringliche Aufgaben dabei waren, die Jugendlichen zu beheimaten und die Vertriebenen zu integrieren, sie katechetisch zu betreuen uns als Jugendhelfer auszubilden.230 Vor allem Heimabende dienten der seelsorglichen Betreuung und ermöglichten religiöse Erfahrungsräume.

Von nicht zu unterschätzendem Einfluss auf die ersten inhaltlichen Ausrichtungen der Jugendseelsorge in Magdeburg waren die Ansätze H. Aufderbecks. Jugendbewegt, von Altar und Bibel ausgehend, ruhte H. Aufderbecks Ansatz auf „drei Standbeinen“,231 die für die erste Generation der Verantwortlichen in der Jugendseelsorge zur Methode wurden. Die Jugendseelsorge stand im Dienst der „dreifachen religiösen Aufgabe“: Die Jugendlichen in die Geheimnisse der Liturgie einzuführen, ihnen die Heilige Schrift nahezubringen und für das Gemeinschaftserleben zu sensibilisieren. In der „Kernschararbeit“ konnte dies idealerweise umgesetzt werden. Ein Papier über die Jahresarbeit in der Jugendseelsorge des Kommissariates stellte diesen Ansatz als Anweisung für jede Pfarrei vor.232 Erstens sei die Bildung einer „Kernschar“ sowie die Schulung der Jugendlichen durch den Jugendseelsorger vonnöten. Dies sollte methodisch orientiert am „Christofer“233 und inhaltlich ausgerichtet an der „Christenfibel“234 geschehen. Die Feier des Jugendsonntags und in größeren Gemeinden das Angebot von Jugendpredigten seien die weiteren unablässigen Elemente der liturgischen Praxis. Zweitens sei an jeder Seelsorgestation die gesamte katholische Jugend mit Hilfe der „Kernschar“ des Pfarrortes zu erfassen und, wenn möglich, zu je einer eigenen Gruppe innerhalb des Ortes zusammenzubringen. Drittens sollten auf Dekanatstagen die konstitutiven Elemente der Jugendseelsorge auf regionaler Ebene verbreitet werden. Dazu zählten vor allem die katechetischen Arbeitskreise, die Singekreise sowie die Dekanatsjugendgottesdienste. Die solchermaßen beabsichtigte Heranbildung „feiner Jungen“ und „reiner Mädchen“ nach altem Ideal brachte bald die Jugendlichen in die Spannung zwischen konkretem Alltagserleben und der Pflege einer ästhetischen Kultur von Enthaltsamkeit und Verpflichtungen in Gebet, Werk und Schriftlesung.235 Für die Masse waren solche „Zusatzverpflichtungen“ schon bald nicht mehr nachvollziehbar und wurden mit dem Wegfall des autoritären Gesellschaftsverständnisses auch in der engagierten katholischen Jugend als Ideal hinfällig. Aus den Überlegungen von H. Aufderbeck klingt noch der aus der bündischen Zeit stammende Ansatz der Pastoral heraus. Durch die Verbindung von alltäglichen und christlichen Vollzügen sollte die Jugendseelsorge ganzheitlich ausgerichtet sein. Allein eine intellektuelle Erneuerung über die Katechese würde nicht ausreichen, um der Jugend in der Kirche wieder eine Heimat zu geben. Diese müsse in lebendigen Jugendgruppen und in deren liturgischen wie alltäglichen Vollzügen spürbar werden.

Durch die sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse wurde die Jugendseelsorge gezwungen, sich auch in praktischen Fragen neu auf die jeweilige Situation einzustellen. Ein kleines Beispiel dafür ist die Frage der Koedukation. In der Diaspora während des Krieges war sie eher ein Notkonstrukt, welches hin und wieder Anwendung fand, da üblicherweise geschlechtergetrennte Arbeit in der Jugendseelsorge bei den meisten Fragen für notwendig gehalten wurden.236 Doch in der SBZ wurde die Koedukation aus Ausdruck eines fortschrittlichen sozialistischen Weltbildes konsequent von Staat und FDJ propagiert. Als Bürger der sich modern gebenden „sozialistischen Gesellschaft“ konnten sich die Jugendlichen und damit auch die katholische Kirche diesem neuen gesellschaftlichen Einfluss nicht entziehen. Aus diesem Grunde war der schleichende Einzug der geschlechterübergreifenden Arbeit an der Jugend auch in der Jugendseelsorge der SBZ und später in der DDR nicht aufzuhalten.

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