Kitabı oku: «Fantastische Geschichten», sayfa 2

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„Wer bist du?“ Ben hatte seine Stimme wiedergefunden.

„Dein Dschinni!“, erwiderte der andere - noch immer in demütiger Haltung.

Ben wusste, was ein Dschinn war; schließlich war er belesen. Wenn auch nicht tausend, so hatte er doch eine große Anzahl der Märchen aus Tausendundeine Nacht gelesen. Aber er war sich nicht sicher, ob er nicht träumte. Jedes Kind weiß doch, dass Märchen nicht wahr sind. Darum konnte erst recht kein Märchenwesen leibhaftig vor ihm stehen.

Wie war das nur möglich?, überlegte Ben. Der Keller war verschlossen. Er hatte die Tür doch erst aufgeschlossen. Auch das Fenster stand nicht offen, und er hielt ja immer noch die Türklinke fest. Also konnte auch keiner von draußen hereingekommen sein. Der hätte ja an ihm vorbeigehen müssen. Er konnte also nur träumen. Der blaue Nebel, der damit verbundene süße, betäubende Duft - ein schöner Traum. Oder eine Halluzination?

„So was Verrücktes!“, sagte er zu sich selbst und lachte. „Ich träume schon mit offenen Augen. Es fehlt nur noch, dass ich nachher im Sessel aufwache.“ Er beruhigte sich und kam zu dem Schluss, dass es wirklich nur ein Traum sein konnte. Zwar in wenig schöner Umgebung, jedoch hatte er schon schlechter geträumt.

Ben war neugierig, wie die Sache weiter verlaufen würde. So entschloss er sich, dem Traumjungen zu antworten - natürlich in der Weise, wie es sich als Gebieter eines Dschinns geziemte, wie er es gelesen hatte: „Erhebe dich, Junge! Ich bin dir geneigt. Lass mich dein Gesicht sehen!“ Er postierte sich gebieterisch.

Da nahm er eine andere Stimme wahr. Er brauchte eine Weile, bis ihm klar wurde, woher sie kam - vom Radio. Die Sieben-Uhr-Nachrichten. Unweigerlich schmunzelte er. So einen in allen Einzelheiten exakten Traum hatte er noch nie. Er empfand jedoch das Geplärr des defekten Gerätes als störend. Vielleicht könnte der Traum dadurch schwinden? Er ging am Jungen vorbei auf den Apparat zu, um ihn auszuschalten. Dabei stieß er mit dem Knie an die Werkbank seines Vaters. Der Schmerz raubte ihm jeden weiteren Gedanken. Einen Augenblick lang war er wie gelähmt. Dann kam Wut in ihm auf und mit der Wut die Besinnung. Nachdem er mit der Hand sein Knie gerieben hatte, sah er ein, dass es kein Traum sein konnte. Er war in seinen Träumen schon von hohen Häusern gestürzt, hatte aber niemals etwas verspürt.

„O Schei ...!“, rief er - es war ein Lieblingsspruch seines Vaters, den er auch gern benutzte. „Menschenskind! Wie kommst du denn hierher?“ Er humpelte zum Jungen hin, der immer noch ergeben tat, und schubste ihn kumpelhaft.

„Erhabener Jüngling!“, sprach der ihn an. „Wisse, ich bin der Dschinni aus der Wunderlampe! Du hast mich gerufen. Ich stehe zu Diensten. Was ist dein Begehr, Meister?“

„Lass das erhabene Getue und diese blöde Verbeugung!“ Ben fasste ihn bei der Hand und zog ihn zum Sessel hin. Er wischte mit dem Ärmel seines Pullovers über den Sitz und sagte: „Damit du dich nicht dreckig machst. Setz dich und erzähle! Bist du wirklich ein Dschinn?“ Ben hob die Kupferlampe vom Boden auf, stellte sie auf dem Klubtisch ab und ließ sich voller Erwartung neben ihr auf dem Klubtisch nieder.

VIER

„Auf Weisung des Königs aller Dschinn“, begann der Dschinnjunge, „wurde ich in diese Kupferlampe gebannt. Damals sah sie besser aus. Sie glänzte fast so schön wie eine goldene Lampe. Es gibt größere, schönere unter Allahs Sonne … nicht nur aus Kupfer, sondern aus Silber und sogar aus Gold. Doch jeder junge Dschinn fängt klein an und muss sich bescheiden. Ich bekam die hier … sozusagen auf Probe. Muss mir erst eine bessere verdienen. Ich habe den Auftrag, demjenigen als Dschinni zu dienen, der an der Lampe reibt. Ich kann aber nur einen Wunsch erfüllen. Und ich muss einen kleinen Schatz hüten. Wenn möglich, soll ich ihn vergrößern; denn je größer der Schatz, je mächtiger der Dschinn …“

„Seit wann bist du denn der Geist der Lampe?“, unterbrach ihn Ben, der solange aufmerksam zugehört hatte.

„Bei Allah! Es werden wohl an die tausend Jahre und mehr sein.“

Ben blickte verwundert, denn sein Gegenüber sah nicht älter als er selbst aus.

„Wisse, o Erhabener! Wachstum und Alter des Dschinns hängen von seinen Taten und der erlangten Weisheit ab. Darum kann ich nur größer werden, wenn ich meine erste Tat vollbringe, wenn ich den einen Wunsch erfülle. Dann bin ich frei. Dann kann ich die Lampe für immer verlassen. Und ich kann endlich wie die anderen Dschinn hinaus in die weite Welt ziehen, lernen und gute Taten vollbringen, meinen Schatz vermehren und mit Allahs Hilfe groß und mächtig werden. Vielleicht bekomme ich auch eine neue Wunderlampe. Dann bestimmt eine größere … schönere. Dazu natürlich einen größeren Schatz. Um Gutes zu tun in Allahs Reich. Aber ich will nicht verschweigen, dass es auch andere Dschinn gibt. Solche, die sich ihren Schatz zusammenrauben, die den Menschen Unglück bringen. Das sind böse Geister wie die Marid, die fürchterlichsten unter ihnen. Sie sind von uns guten Dschinn verstoßen. Doch es ist leider so: Je mehr sie rauben, desto mächtiger werden sie.“ Er schien sich für diese Dschinn zu schämen, denn er hatte für einen Moment den Blick nach unten gesenkt. Dann fasste er sich wieder, um seine Erzählung fortzusetzen.

„Höre, o Erhabener, von Allah begnadeter Jüngling, da du mich aus meiner misslichen Lage befreitest ...“

„Lass das!“, unterbrach Ben ihn erneut. Er mochte solch Gerede nicht. Es war ihm peinlich, so angesprochen zu werden. „Sag einfach: Ben!“

„Verzeih mir, o Jüngling, Ben! Es ist die Freude, die ich über meine Errettung empfinde und die mich so reden lässt. Ich werde mich von nun an bemühen, mich zu mäßigen, weil du es willst, du mein ...“

„Hör´ auf!“, rief Ben gereizt. „Erzähle lieber weiter!“

„Allah ist mein Zeuge!“, setzte der Dschinni, etwas eingeschüchtert, seine Lebensgeschichte fort. „Mein Unglück war, dass über die lange Zeit, in der ich in der Lampe gebannt war, niemand an ihr gerieben hatte. Immer wurde nur Öl hinein gegossen. Sie wurde immer nur angezündet, damit sie brannte. Keiner kam jemals auf den Gedanken, sie zu putzen.“ Er griff nach der Kupferlampe und betrachtete sie traurig. „Sieh nur! Über und über ist sie mit Schmutz bedeckt. Und die vielen Beulen!“

„Mein Vater und ich, wir werden sie schon wieder zum Glänzen bringen.“ Ben nahm ihm die Lampe aus der Hand und stellte sie neben sich auf den Tisch zurück. „Erzähl doch weiter!“

Der Dschinni warf noch einen Blick auf die Lampe, blickte dann Ben in die Augen und begann weiterzuerzählen: „Auf einem Basar in Basra wurde damals die Wunderlampe zusammen mit anderem Hausrat angeboten. Hast du schon von dieser Stadt im Orient gehört? Sindbad, der Seefahrer, hatte zu dieser Zeit gerade sein Segelschiff im Hafen liegen. Von dort war er zu seinen berühmten Reisen übers Meer in aller Herren Länder aufgebrochen. Immer dann, wenn er das müßige, nur in Lustbarkeit schwelgende Leben in Bagdad, der Stadt des Kalifen Harun Al Raschid überhatte.

Wie gern wäre ich mit ihm in die weite Welt gesegelt“, seufzte der Dschinni. „Aber weder er noch einer von seiner Mannschaft, niemand wollte die Lampe kaufen. Es gab eben schönere. So wurde sie zuletzt einem alten Töpfer als Kaufgeschenk mitgegeben. Dem erhellte sie ab und zu sein ärmliches Haus, wenn er Öl zum Brennen hatte. Oh bei Allah, dem Erhabenen! Mit Freude hätte ich dem guten Mann geholfen. Ich versuchte auch ein paarmal, mich durch Klopfen bemerkbar zu machen, doch er vernahm es nicht. Letzten Endes, als der Alte starb, fielen die Gläubiger über seine wenige Habe her. So gelangte die Lampe an einen geizigen, reichen Kaufmann. Der konnte sie gar nicht gebrauchen; denn er besaß sogar welche aus Gold. Und er hatte andere, mit schönen Ornamenten verzierte, die für ihn brannten. Aber seine Habgier trieb ihn dazu, alles an sich zu reißen, was er bekommen konnte. Er war als Blutsauger der Armen in Basra verschrien. Ihm wollte ich um keinen Preis einen Wunsch erfüllen. Ich bat Allah, er möge mich davor bewahren. Und ich war völlig zufrieden, als man meine Kupferlampe eines Tages ins Warenlager trug und dort vergaß.“

Der Dschinni blickte Ben in die Augen, als erwartete er Zustimmung von ihm, doch der fragte nur: „Und … was geschah dann?“

„Tagein, tagaus stand die Wunderlampe nun im Lager neben der Tür und verstaubte immer mehr“, setzte der Dschinni seine Erzählung fort. „Ich weiß nicht mal mehr, wie viele Jahre vergingen. Schon bereute ich, dass ich es mir gewünscht hatte. War es nicht dumm von mir, zu wünschen, vergessen zu werden? Ich musste doch nur einen Wunsch erfüllen. Was konnte schon Großartiges dadurch geschehen? Der habgierige Kaufmann würde nur mehr Hab und Gut besitzen wollen. Und es wäre doch alles für ihn verloren, wenn auch ihn der Tod zu sich holte. Er würde vergehen wie sein Hab und Gut. Doch ich wäre frei … unendlich frei!“

Der Dschinnjunge sah den Menschenjungen an und überlegte: Würde er es verstehen? Ben hingegen war sichtlich verlegen, schlug die Augen nieder und war einen Moment lang in sich versunken. Dann stellte er fest, nachdem er seinen Blick wieder auf den Dschinni gerichtet hatte: „Du hast dich nicht verraten!“

Die Blicke beider trafen sich, ihre Augen begannen zu leuchten. Dann fügte Ben noch scherzhaft hinzu: „Sonst wärst du ja jetzt auch gar nicht hier, nicht wahr?“

Der Dschinni, sichtlich erleichtert, erzählte weiter: „Eines Nachts kamen zwei Räuber ins Warenlager. Sie zündeten meine Lampe an. Es war noch ein Rest Öl übrig geblieben. Ich machte, dass sie besonders hell brannte, damit die beiden alles Wertvolle finden und rauben konnten. Nur die Wunderlampe ließen sie zurück. Vor Wut warf der Kaufmann sie daraufhin auf die Straße. Davon ist die erste Beule zurückgeblieben. Eine Karawane, die durch die Stadt zog, fand sie am selben Tag noch und nahm sie mit. In einer Karawanserei vor der großen Wüste wurde sie mit Öl aufgefüllt und leuchtete dem neuen Besitzer und seinen Freunden, während sie speisten und Geschichten erzählten. Als sie aber eines Morgens alle aufbrachen, vergaßen sie sie. Der Wirt, ein ehrlicher Mensch, trug mich in seine Vorratskammer. Er wollte mich meinem letzten Besitzer zurückgeben, wenn die Karawane auf ihrem Rückweg wieder haltmachte. Aber diese kam nie mehr. Nach vielen Jahren zog ein neuer Wirt ein und stellte meine Lampe, inzwischen unansehnlich, in eine dunkle Ecke. Er besaß eine bessere, doch wegwerfen wollte er meine noch nicht.

Oh Allah, keinen Widerspruch gibt´s gegen deinen Spruch und deine Allmacht, denn nicht hast du Rede und Antwort zu stehen für dein Tun, und du hast Macht über alle Dinge!“ Der Dschinni machte eine tiefe Verbeugung bei diesen Worten und sah darauf demütig zur Kellerdecke empor.

„Mich hatte das Schicksal hart getroffen“, sagte der Dschinnjunge betrübt, als er sich wieder Ben zuwandte. „Es war wohl bestimmt, dass mich niemand aus meinem Gefängnis befreien sollte. Und es wurde in der Folgezeit weit schlimmer, als ich es damals ahnen konnte. Irgendwann, ich weiß nicht mehr genau, wurde die Karawanserei von plündernden Arabern überfallen, ausgeraubt und niedergebrannt. Meine Wunderlampe entdeckten sie nicht. Sie lag am Boden, völlig verstaubt in einer Ecke. Es war keine glänzende Stelle mehr an ihr.“

„Ist dir nichts passiert, als das Haus brannte?“ Ben war vom Leid des Dschinnjungen gerührt und bedauerte ihn.

„Nein“, antwortete der Dschinni, „Allah hielt seine schützende Hand über mich.“ Er rutschte darauf vom Sessel auf den Boden, kniete sich hin, und während er seine Arme zur Decke streckte und den Blick hob, rief er: „Es gibt keine Macht und keine Kraft außer bei Allah, dem Hohen und Erhabenen!“ Worauf er sich mehrmals verbeugte.

Diese Verbeugungen verwunderten Ben immer wieder. Welcher Sinn darin lag, war ihm ein Rätsel. Er traute sich aber nicht, den Dschinni danach zu fragen.

Nachdem der Dschinni einen Moment lang noch still verharrte, sah er Ben wieder in die Augen, setzte sich in den Sessel und erzählte von Neuem: „Es begann für mich eine unglückliche Zeit. Eine endlose Zeit. Die Mauern der Karawanserei stürzten ein, die Steine verwitterten. Der Wind wehte den heißen Wüstensand in die Ruine und deckte alles zu. Traurig war ich darüber, dass ich das Los so vieler Dschinn teilen müsste: Für ewig in der Wunderlampe gefangen. Verschollen, vergessen in der Unendlichkeit der Zeit. Dann, ich hatte alles Maß der Zeit verloren, wurde mir durch einen … ihr sagt wohl, Archäologen, mein Schatz geraubt. Ich habe dir doch zu Beginn davon erzählt. Er war in einer Ruine auf einer Oase, weit von mir in der Wüste, vergraben. Ich konnte nichts dagegen tun, weil ich unter Trümmern und Wüstensand in der Lampe gefangen saß.

Wieder vergingen unzählige Jahre, in denen ich betrübt war wegen meines gestohlenen Schatzes. Da schwor ich bei Allah, demjenigen die Hälfte davon abzugeben, der mich aus der Lampe befreite. Denn wenn ich frei wäre, würde ich mir schon mein Eigentum zurückholen, ganz gleich, an welchem Platz der Welt es sich auch befinden würde. Dann kam der Tag, an dem ich auf Befreiung hoffen konnte: Ein weißer Europäer war mit einer Handvoll Araber angereist, um den Wüstensand nach Schätzen aufzuwühlen ...“

„Ein Deutscher in Safarikleidung und Tropenhelm?“, fragte Ben.

„Ja … jedenfalls ein verrückter Mann, denn er hoffte, in der Ruine der Karawanserei wertvolle Krüge, Vasen und andere Dinge auszugraben. Neben einer Menge Scherben fand er die Wunderlampe. So gelangte ich in das Haus, wo du mich gefunden hast. Bei Allah! Der einfältige Mann, er war seinem Schatz zum Greifen nahe und spürte es nicht. Mühsam setzte er die gefundenen Scherben zusammen, säuberte und putzte den so wieder hergestellten Hausrat. Er glaubte, Wertvolles in den Händen zu haben. Aber dem wahrhaft Wertvollen, der kupfernen Lampe, schenkte er keine Beachtung. Das verbeulte Ding missfiel ihm. Darum schob er es von einer Ecke in die andere ...“

„Und zum Schluss bist du in der Truhe im Keller gelandet“, ergänzte Ben.

„Wo du mich gefunden und errettet hast. Dafür sei dir, du mein Erhab ... Ben, Dank auf Ewigkeit! Doch nun ist es an der Zeit, mir die Freiheit zu geben. Sage mir deinen Wunsch!“ Der Dschinni nahm wieder die ergebene Haltung vor Ben ein.

„Du sollst dich nicht vor mir verbeugen“, sagte Ben. „Ich will das nicht! Ich bin dein Freund. Ich werde dir auch ohne deine ständigen Verbeugungen helfen. Zuerst muss ich natürlich mit meinem Freund Fabian darüber sprechen. Schließlich haben wir beide dich gefunden. Ich sehe ihn aber erst morgen wieder. Bis dahin musst du dich gedulden.“

Ohne noch ein weiteres Wort abzuwarten, löste sich der Dschinni in blauen Dunst auf.

Ben war es recht so. Er nahm den Lappen, mit dem er begonnen hatte, seine Lampe zu reinigen, und wickelte sie darin ein. So wollte er sie in der Schultasche am nächsten Tag mit in die Schule nehmen.

FÜNF

Am nächsten Morgen wartete Fabian vor der Schule. Ben sah ihn schon von Weitem ungeduldig hin und her laufen. Etwas Besonderes musste vorgefallen sein, denn immer dann war der Freund völlig aufgelöst.

Sie hatten sich nicht mal richtig die Hand gegeben, da platzte es aus Fabian heraus: „Stell dir vor, Ben, die Decke ist total eingefallen!“

„Was für ´ne Decke?“

„Na, die Decke im Keller ...“, stotterte er. „Du weißt schon! Wo wir gestern waren ... In der Villa. Dort, wo die Truhe steht. Mein Vater war gestern Abend noch mit mir mit dem Auto hingefahren …“

„Ich hab´ mir schon so ´was gedacht“, unterbrach ihn Ben. „Und?“

„Nichts und!“ Fabian spürte den Vorwurf. „Wir sind nicht mehr ´reingekommen. Der Schutt hat sogar die Tür aufgedrückt. Wahrscheinlich haben wir sie gestern nicht eingeklinkt. Bestimmt ist alles futsch!“

„Na, dann brauchen wir uns wenigstens nicht mehr drum streiten“, erwiderte Ben schadenfroh.

„Wieso?“ Fabian sah ihn überrascht an.

„Ach, nur so!“, meinte Ben.

„Aber nach Trödelsachen suchen wir doch heute noch in der Villa, oder?“

„Ja, natürlich.“ Ben sagte es nur so hin. Im Moment war ihm anderes wichtiger - sein Erlebnis vom Vorabend. „Du, Fabian, ich muss dir was sagen. Die Kupferlampe …“

„Ach, das beulige Ding aus der Truhe. Das kannst du wegschmeißen. Dafür kriegen wir sowieso nichts von deinem Onkel. Was soll der damit anfangen?“

„Das kommt überhaupt nicht infrage!“ Ben hätte noch mehr gesagt, aber es klingelte zum Unterrichtsbeginn. Beide hatten Mühe, noch vor dem Erscheinen des Lehrers ihre Plätze in der Klasse einzunehmen.

Während der Unterrichtsstunde startete Ben einen zweiten Versuch, Fabian von der Wunderlampe zu erzählen. Aber der winkte nur ab. Auch in den kleinen Pausen bot sich keine Gelegenheit, ihn allein zu sprechen. Als Hans-Dampf-in-allen-Gassen, der er nun mal war, musste Fabian überall dabei sein, überall mitreden. So blieb Ben nur die große Pause.

Auf dem Schulhof führte Ben den Freund etwas abseits von den anderen Mitschülern. Fabian wunderte sich, weil Ben seine Schultasche mitgenommen hatte und fragte ihn, was er damit wolle; bekam aber statt einer Antwort die mit dem Lappen umwickelte Kupferlampe vor die Nase gehalten.

„Was soll das?“, fragte Fabian brummig. „Warum hast du das Ding mitgeschleppt? Ich habe dir doch gesagt, was wir damit machen.“

Ben ärgerte sich, dass Fabian so selbstverständlich voraussetzte, alles würde so getan, wie er es für richtig hielt. „Ich habe gar nicht die Absicht, die Lampe meinem Onkel zu geben“, sagte er verärgert. „Ich habe dir schon gestern gesagt, dass sie antik ist.“

Fabian lachte.

„Ja!“, sagte Ben heftig. „Sie ist schon über tausend Jahre alt.“

„Du spinnst!“ Fabian lachte wieder.

Verärgert packte Ben ihn am Arm, rüttelte ihn und sagte bissig: „Mensch! Fabian! Kannst du denn nicht mal einen Moment lang zuhören? Ich wollte es dir schon heute Morgen sagen. Unsre Kupferlampe ist eine echte Wunderlampe … mit einem echten Dschinn drin. Wie Aladins Wunderlampe …“

„Du hast wohl ´nen Vogel! Willst mich verkohlen, was?“ Fabian riss ihm die Lampe aus der Hand und warf sie zu Boden.

Während Ben sie aufhob, überlegte er, was er falsch gemacht hatte. Eigentlich hatte er erwartet, Fabian würde sich darüber freuen.

„Denkst du wirklich“, sagte er enttäuscht, „dass ich dich, als meinen besten Freund, verkohlen würde? Mensch, Fabian! Ich hab´s erst auch nicht geglaubt, als er vor mir stand. Gestern Abend. Im Keller. Ich dachte, ich träume. Aber er ist tatsächlich da. Ein Dschinnjunge! Leibhaftig stand er vor mir, wie du jetzt. Und er hat mir seine ganze Lebensgeschichte erzählt. Wie er der Geist der Lampe geworden ist. Dass er uns einen Wunsch erfüllen will. Wir sollen sogar die Hälfte seines Schatzes bekommen ...“

Ben erzählte nun alles der Reihe nach. Fabian staunte ganz schön. Dann wollte er sich selbst davon überzeugen, ob auch bestimmt ein Geist in der Lampe war, doch Ben hinderte ihn daran, mit dem Lappen an ihr zu reiben. Was würde das für ein Aufsehen geben, wenn der Dschinnjunge so einfach aus dem Nichts auf dem Schulhof erschiene? Darum vertröstete er Fabian auf den Nachmittag, wenn sie den Handwagen holen würden.

Natürlich war das Fabian nicht so ganz recht, bis nach Schulschluss warten zu müssen. Er schob nie eine Sache auf die lange Bank - schon gar nicht, wenn sie so unklar war wie diese. Er brauchte Klarheit bei allem, was ihn betraf, sonst hatte er keine Ruhe. Und um seine Ruhe war es tatsächlich geschehen. Er konnte sich in den beiden letzten Unterrichtsstunden auf nichts konzentrieren. Immerzu dachte er daran, was Ben ihm über die Kupferlampe und den Dschinnjungen erzählt hatte. Da war es ganz selbstverständlich, dass er sich, kaum bei Ben zu Hause angekommen, auch gleich im Keller die Wunderlampe griff und daran rieb. Aber nichts geschah. Keine Spur von blauem Rauch, wie er es nach Bens Schilderung erwartet hatte.

„Der ist auf und davon, dein Dschinn!“, spottete Fabian und sah den Freund misstrauisch an.

„Ach, gib her!“ Ben riss ihm die Lampe aus der Hand und versuchte selbst sein Glück. Ununterbrochen rieb er mit dem Lappen und schaute ratlos drein.

„Denkst du etwa“, sagte Fabian ärgerlich, „ich weiß nicht, wie man an ´ner Lampe reibt? Wenn es deinen Geisterjungen wirklich gibt, dann hast du ihn entkommen lassen. Aus ist´s mit dem Wunsch. Aus mit den Mountainbikes. Die hättest du dir wünschen sollen. Dann könnten wir uns das dämliche Tödel-Sammeln sparen. Das kann auch nur dir passieren.“

„Kannst du mir mal sagen, wie ich ihn hätte festhalten sollen, als er sich in Rauch auflöste?“, ereiferte sich Ben. „Und ... er ist kein Geisterjunge, sondern sein Dschinni!“

„Vielleicht gibt´s aber gar keinen Dschinni? Oder Geisterjunge … oder was weiß ich?“

„Ja, bezweifle es nur wieder“, erwiderte Ben mürrisch. „Das ist ja das Einfachste! Du machst es dir immer leicht, wenn mal nicht alles gleich so ist, wie es sein soll. Du kannst meinetwegen denken, was du willst. Es gibt ihn! Ob du´s nun glauben willst oder nicht. Ich hab´ mit ihm gesprochen. Basta!“ Er nahm die Einkaufsbeutel vom Haken und wollte den Keller verlassen. „So, und nun hole ich den Handwagen aus dem Schuppen. Und wenn du immer noch zur Villa willst, dann sollten wir uns beeilen.“

Sie ließen die Lampe zurück. Als sie dann zur Villa kamen, war die Eichentür zum Keller verschlossen. Mit Kreide stand darauf geschrieben: Einsturzgefahr - Betreten verboten! Unwillkürlich mussten sie daran denken, was ihnen am Vortage hätte passieren können.

Der Nachbar von Fabians Tante, Herr Kunze, wartete schon auf die beiden, als sie bei ihm eintrafen. Er gab ihnen eine alte Büfettuhr, die nicht mehr ging, Schallplatten und einen Stapel Bücher. Der Handwagen wurde halb voll. Dann, am Weidendamm, tauchte plötzlich der Dschinni vor ihnen auf. Er trat hinter einer Weide hervor, verbeugte sich und war wie beim ersten Mal in sein golddurchwirktes Gewand gekleidet. Fabian riss die Augen vor Erstaunen weit auf. Er konnte kein Wort hervorbringen. Ben hingegen überwand sein Überraschtsein schnell. Er vergewisserte sich, ob niemand zusah, und zerrte den Unerwarteten hinter einen Holunderstrauch.

„Du kannst doch nicht ... in diesem Aufzug ... in aller Öffentlichkeit“, schimpfte Ben den Dschinnjungen aus. „Du kannst doch nicht einfach so erscheinen! Wenn dich nun einer sieht?“

Der Dschinni fand nichts Besonderes dabei. Er sagte nur: „Ich bitte für mein Verspäten um Vergebung, Erhabener Jüngling! Doch Allah ist mein Zeuge, ich hatte Wichtiges zu erledigen und bin auch sehr in Eile. Hast du schon einen Wunsch, mein Gebieter?“

„Nein!“ Ben errötete.

Fabian platzte heraus: „Bei der Mathearbeit morgen in der Schule wirst du uns wohl kaum helfen können.“ Er war wie stets in solch einer Situation albern, versuchte damit, seine Verlegenheit zu überspielen.

„Dann überlegt es euch!“, hörten sie den Dschinni rufen. Schon war er dabei sich aufzulösen und flog als blaues Wölkchen davon.

„Erhabener Jüngling! Mein Gebieter!“, äffte Fabian nach und verbeugte sich tief vor Ben. Dem stand die Röte immer noch im Gesicht. Verärgert über die Spöttelei, stieß er den Lästerer an die Schulter, dass der sich rückwärts auf sein Hinterteil setzte.

„Nun sei doch nicht gleich eingeschnappt“, sagte Fabian besänftigend, streckte Ben seine Hand entgegen, um ihm hoch zu helfen „Es ist schon komisch! Eigentlich müsste der Bursche in der Lampe sitzen, wenn er nicht gerufen wird. Der aber macht sich gar nichts draus. Fliegt einfach so durch die Gegend. Da sieht man mal wieder, wie sehr doch die Märchen von der Wirklichkeit abweichen.“

Wieder versöhnt, zogen beide den Handwagen bis zur Sonnenburger Straße. Dann trennte sich Fabian von Ben, ihn noch mal daran erinnernd, dass sie nur gemeinsam sich was wünschen wollten.

SECHS

Daheim angekommen, ging Ben zuerst in den Keller, um nach seiner Kupferlampe zu sehen. Er konnte sich nicht entschließen, ob er sie mit in sein Zimmer nehmen sollte. Aber weniger der Entschluss, sie aus dem Keller mitzunehmen, als die Entscheidung, sie zu putzen, ließ ihn zögern. Würde der Dschinni erscheinen und wieder nach dem Wunsch fragen, wüsste er nichts zu antworten. Zwar wünschten beide, Fabian und er, sich neue Fahrräder mit so viel Gangschaltung wie möglich, aber der Freund hatte auf dem Heimweg entschieden, erst einmal richtig darüber nachzudenken. Der eine Wunsch sollte nicht sinnlos vergeudet werden. Schließlich gab es noch mehr Dinge auf der Welt als Mountainbikes.

Sollte er allein was wünschen, überlegte Ben, für sich selbst und für Fabian? Doch was würde der Freund sagen - er, der immer alles besser wusste, besser machte - wenn es nicht das Richtige wäre? Den Mut dazu hatte Ben nicht. So blieb die Lampe für diesen Abend, so schmutzig, wie sie noch war, im Keller.

Aber das half Ben wenig. Nach dem Zubettgehen, er war noch nicht lange auf seiner Liege eingeschlafen, da wurde er vom Dschinni geweckt. Das ganze Zimmer hatte der mit blauem Dunst gefüllt. Die Luft leuchtete und er selber auch. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, seine Gestalt völlig anzunehmen. Durchsichtig schwebte er über Bens Bettdecke und sprach mit hallender Stimme, als käme sie von weit, weit her: „Erhabener Jüngling! Ich bin gekommen, mein Versprechen einzulösen. Dies ist ein Teil meines Schatzes. Er sei nun dein!“ Und mit diesen Worten fielen goldene Ringe, Halsbänder, Armreifen und Spangen, zwei mit Edelsteinen besetzte Becher und eine reich mit Ornamenten verzierte Schale aus purem Gold auf das Deckbett.

Ben war sprachlos wegen der kostbaren Dinge. Doch ehe er noch fragen konnte, woher der Dschinni das alles hatte, war der bereits verschwunden.

Ben schaltete die Tischlampe ein und begutachtete das nächtliche Geschenk. Wunderschön war alles. Ein Schatz wie aus dem Märchenbuch lag vor ihm. Niemand, den er kannte, besaß so etwas. Was für Augen würde Fabian machen! Er nahm jedes Stück einzeln in die Hand, drehte und wendete es, zog an den Edelsteinen, klopfte an einem Becher. Dann stand er auf und brachte alles im Bücherbord unter, das an der Wand über seiner Liege hing. Darauf legte er sich wieder hin, löschte das Licht, um zu schlafen. Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Wirr sausten die Gedanken durch den Kopf: Was sollte er Fabian davon abgeben? Was würden die Eltern sagen ..? Fragen über Fragen. Er wusste keine Antworten.

Lange grübelte Ben. Dann fiel ihm ein, dass der Dschinni ja erzählt hatte, der Schatz sei von einem Archäologen ausgegraben worden. Auf einmal hatte er ein ungutes Gefühl, und er fragte sich: Woher kamen die Goldsachen? Sofort schaltete er das Licht an. Kurz entschlossen nahm er die Geschenke vom Bord und versteckte sie in seinem Spielzeugschrank. Vorerst sollte sie niemand sehen.

SIEBEN

Am Tag darauf vermied Ben in der Schule, mit Fabian über den Dschinni zu reden. Ihr Dschinni ließ sich zum Glück auch nicht sehen. Am Nachmittag trafen sich beide dann bei Ben zu Hause, um gemeinsam in dessen Zimmer die Hausaufgaben zu erledigen.

Ben war weiterhin einsilbig.

Fabian hatte sich schon in der Schule über Bens Verhalten gewundert. Er vermutete, dass der Freund etwas vor ihm verheimlichte. Nun, da die Aufgaben fertig waren, sprach Fabian ihn daraufhin an: „Du bist heute aber komisch! Hast du was? Ist was mit unsrem Lampengeist?“

Ben wollte nicht so recht mit der Sprache heraus. „Gestern ... gestern Abend“, stotterte er, „ich hatte schon geschlafen ... da wurde ich von ihm geweckt.“

„Und … was wollte er?“, fragte Fabian.

Ben schwieg und starrte auf die Tischplatte.

„Er ist wohl kaum vorbeigekommen, um dir eine gute Nacht zu wünschen. Wollte er den Wunsch wissen?“ Fabian sah Ben fragend an. „Und … hast du was gewünscht? Hoffentlich was Gescheites!“

Fabian mochte nicht, wenn man ihn auf die Folter spannte. „Also nichts Gescheites“, sagte er nach kurzer Pause verärgert, weil Ben weiter schwieg. „Das kann ich mir ja denken. Wir haben nur einen einzigen Wunsch, und du verpfuschst ihn.“

„Nein!“ Ben erhob sich von seinem Stuhl, ging zum Spielzeugschrank und öffnete ihn. „Nun reg´ dich wieder ab! Ich hab´ mir nichts gewünscht. Hier! Das hat er gebracht.“ Er hatte beide Hände voll mit den Goldsachen und legte sie vor Fabian auf den Tisch. „Das alles, das hat er mir auf´s Bett geworfen. Ein Teil seines Schatzes. Ich habe dir doch gestern davon erzählt.“

„Das ist ja fantastisch!“, rief Fabian und griff hastig danach. „Meinen Vater wird es glatt umhauen. Die Schale gefällt ihm sicher.“ Er nahm sie an sich und legte die linke Hand darauf. Mit der rechten griff er einen Armreif und einen zierlichen Ring mit einem feuerrot leuchtenden Rubin und schob beides zu Ben. „Für deine Mutter!“, bestimmte er. „Und das hier“, er legte noch einen Ring und einen Armreif beiseite, „das wird bestimmt meiner Mutter gefallen. Deinem Vater kannst du ja einen“, er überlegte kurz, „meinetwegen beide Becher vermachen. Den Rest sollen unsre Eltern für uns verkaufen. Das reicht dicke für die Fahrräder und noch ´nen Fernseher und Videospiel und Rekorder und ...“

Ben war sprachlos; Fabian hatte die Sachen nicht einmal genau betrachtet, aber schon aufgeteilt.

„Bist du nicht einverstanden?“, fragte Fabian, als er Bens sauren Blick bemerkte.

„Nein!“, antwortete er empört und sah dem erschrockenen Freund fest in die Augen.

„Willst du lieber die Schale für deinen Vater?“, fragte Fabian unsicher. „Wir können ja tauschen.“ Er schob ihm die Schale zu.

„Ich frage mich ehrlich, ob du nicht ganz klar im Kopf bist!“, erwiderte Ben vorwurfsvoll. „Was denkst du dir bloß? Glaubst du wirklich, wir können die Golddinger einfach so unsren Eltern in die Hand drücken? Die würden doch alles Mögliche denken. Und ob sie uns gleich unsren Dschinni abkaufen, das bezweifle ich. Du weißt doch selbst, er kommt ja nicht, wenn man ihn ruft. Ich sage dir: Wir tun das Zeug besser wieder dahin, wo ich´s versteckt habe! Ich möchte erst mal wissen, woher er´s hat, unser lieber Dschinni. Er hat mir nämlich erzählt, sein Schatz wurde schon vor Jahren von einem Archäologen ausgegraben und geraubt.“

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
220 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783738025903
Yayıncı:
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