Kitabı oku: «Das Holly Summer Lesebuch», sayfa 8
George ist schon total genervt und verdreht nur noch die Augen. »Gibt es bei euch Frauen immer nur dieses eine Thema, außer shoppen natürlich? Der Mann ist echt cool. Er hat verdammt viel erreicht in seinem Leben. Ihr solltet nicht nur die Klatschblätter lesen, sondern auch mal die Fachzeitschriften«, beschwert George sich in gespielter Entrüstung und lacht.
Wir Frauen kichern.
»Also, was machen wir heute Abend, Leute?«, wechselt er das Thema. »Das Wochenende steht vor der Tür und ich möchte so schnell wie möglich die Gegend kennenlernen, besonders die In-Clubs. Seid ihr dabei?«
Ich lehne dankend ab, da ich schon die Nacht zuvor kaum geschlafen habe. Außerdem muss ich dringend Kleidung und einige Kosmetikartikel kaufen gehen, danach werde ich ohnehin nur noch den Wunsch haben, mich im Bett zu verkriechen. Da Carol mir versprochen hat, mich auf meiner Shoppingtour zu begleiten, löst sich unsere kleine Gruppe jetzt schnell auf.
Mrs. Gordon, die Hauswirtin, ist wirklich ein Engel. Sie hat uns mit einem Stadt- und Fahrplan der Busse losgeschickt und noch einige Tipps gegeben, in welchen Geschäften man günstig einkaufen kann. Innerhalb von zwei Stunden haben wir alles Nötige gefunden, was ich für die nächsten Tage brauche. Völlig erschöpft von dem langen Tag, kann mich Carol noch auf einen Kaffee in Robertos Cucina, einem kleinen italienischen Bistro ganz in der Nähe von McQueens Firmenimperium, überreden, an dem wir vorbeikommen. Und sofort sehe ich ihn wieder in meinen Gedanken vor mir. Seine dunklen Augen, sein markantes Gesicht gehen mir nicht mehr aus dem Sinn. Vielleicht hoffe ich insgeheim, ihm heute noch einmal über den Weg zu laufen? Carol reißt mich aus meinen Gedanken.
»Ganz nett hier«, stellt sie fest, als wir uns einen gemütlichen Platz am Fenster neben dem Eingang suchen.
»Ja, und die Preise sind bezahlbar. Das Bistro sollte man sich auf jeden Fall merken«, antworte ich, nachdem ich einen kurzen Blick auf die Speisekarte geworfen habe.
Der Kellner kommt an unseren Tisch und nimmt die Bestellung entgegen. Ich entscheide mich für einen Milchkaffe und Carol bestellt sich eine heiße Schokolade.
»Das sollte ich eigentlich nicht, aber ab und zu brauche ich das einfach«, behauptet sie, dabei schaut sie an sich herunter.
»Also, ich finde, du brauchst überhaupt kein schlechtes Gewissen zu haben bei deiner Figur«, beruhige ich sie schnell.
Sie lächelt mich dankbar an.
Der Kellner geht ein paar Schritte Richtung Eingang und begrüßt den Mann, der gerade das Bistro betreten hat. Matthew.
»Tag, Roberto, wie geht es Ihrer Frau? Hat sie sich von ihrem Unfall wieder erholt?«
»Ja, sie geht schon wieder ohne Krücken. Wie immer, Mr. McQueen?«, fragt der Kellner mit seinem italienischen Akzent, als er auch schon geschäftig hinter dem Tresen verschwindet. Mein Chef nickt ihm zu und setzt sich an einen der hinteren Tische, ohne mich oder Carol zu bemerken. Er zieht sein iPhone aus der Tasche und nimmt die Menschen um sich herum nicht mehr wahr.
Hm, so wie er sich mit dem Kellner des Restaurants unterhalten hat, scheint er ihn wohl besser zu kennen und hält sich hier anscheinend öfter auf. Ich kann meinen Blick einfach nicht von ihm losreißen. Unauffällig beobachte ich ihn für einen Moment, bis Carols Stimme mich wieder ins Hier und Jetzt holt.
»Vivien? Alles okay?«
»Was hast du gesagt?«
Sie schüttelt nur amüsiert den Kopf. »Der hat es dir ja ganz schön angetan, was?«
»Wer?«
Sie deutet mit dem Kopf in Richtung Mr. McQueen. »Na er, der uns bis jetzt keines Blickes gewürdigt hat.« Sie zwinkert mir verschwörerisch zu. Verdammt, sieht man mir meine Faszination so deutlich an?
»Ach was. Ich hätte nur nicht gedacht, ihn hier zu sehen«, flunkere ich. Dabei war doch genau das meine Hoffnung.
Als McQueen aufschaut, treffen sich unsere Blicke für einen kurzen Moment. Er lächelt mich an, nickt, wendet dann aber seine Aufmerksamkeit dem Mann zu, der gerade das Bistro betritt. McQueen steht auf, die beiden begrüßen sich, setzen sich und ich bin für ihn scheinbar vergessen.
Es ist bereits spät am Abend, als Greg Montgomery, der Geschäftspartner und Freund von Matthew, sich mit ihm in dessen Haus trifft.
»Was gibt es so Dringendes? Geht es um den Deal mit den Chinesen?«, eröffnet Greg das Gespräch. Greg folgt Matthew in sein Wohnzimmer und lässt sich lässig auf das bequeme Ledersofa fallen. »Ich habe heute übrigens Beverly in der Stadt getroffen. Habt ihr euch getrennt?«
Matthew verzieht grimmig das Gesicht. »Ja, hat nicht gepasst.«
Diesen Ton kennt Greg von Matthew. Also war das mit dem Model wieder mal eine von Matthews Fast-Food-Beziehungen, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt waren. Da sollte er wohl nicht weiter fragen. Schnell wechselt er das Thema. »Jane sagte, du hast eine neue Assistentin?«
Matthew atmet hörbar aus. »Martha hat sich den Fuß gebrochen und wird für einen längeren Zeitraum ausfallen, aber …«
Greg schaut Matthew fragend an. »Und du hast so schnell Ersatz für sie?«
Unruhig erhebt sich Matthew vom Sofa. »Ich habe Vivien O’Brian, einer der neuen Praktikantinnen, den Job angeboten«, erklärt er verhalten.
»Eine Praktikantin? Ruf doch die Agentur an, die besorgen dir eine fähige Aushilfe.«
»Nein, Vivien ist die Richtige«, antwortet Matthew entschieden.
»Sie hat doch keine Ahnung von deinen Geschäften.«
»Sie hat etwas an sich. Außerdem spricht sie Chinesisch.«
»Sie hat was? Aha.«
Jetzt lächelt Matthew. »Verlass dich auf meine Menschenkenntnis. Ich sage dir, ich habe ein Gespür dafür, ob jemand fachlich kompetent ist oder nicht. Lass dich nicht von Äußerlichkeiten täuschen.« Dabei schüttelt er amüsiert den Kopf.
»Was heißt Äußerlichkeiten? Ich kenne sie ja nicht mal.«
Greg beobachtet seinen Freund verwirrt. Wenn es sich um Angestellte handelt, ist Matthew in der Regel streng und anspruchsvoll. Und was Frauen angeht: Sein Freund weiß genau, was er will, und das nimmt er sich. Die Frauen, mit denen er bisher zusammen war, interessiert seine arrogante besitzergreifende Art recht wenig. Sie sehen nur sein fantastisches Aussehen und seinen Reichtum. Große Emotionen sind da selten im Spiel.
Matthew lächelt und spricht in Gedanken versunken weiter: »Sie tanzte mit einer besudelten Bluse hier an und hat selbstbewusst versucht, ihr kleines Missgeschick zu überspielen, indem sie ihren Blazer über ihre Brust gezogen hat. Dabei hat sie mich fast herausfordernd angestarrt«, spricht er weiter und Greg kann sehen, dass Matthew mit den Gedanken immer noch bei ihr ist, so als würde er die ganze Situation noch einmal heraufbeschwören. Doch schnell fasst er sich und redet weiter. »Wir haben zusammen zu Mittag gegessen.« Dabei schüttelt Matthew belustigt den Kopf. »Ich habe mich heute Nachmittag mit Aaron wegen des Marketingkonzeptes zu einem Kaffee bei Roberto getroffen und da habe ich sie wiedergesehen. Sie saß zufällig mit der anderen Praktikantin, Carol Carson, an einem der Tische und hat mich heimlich beobachtet«, erklärt er amüsiert. »Ich werde morgen Abend alles Weitere mit ihr besprechen. Es wäre mir recht, wenn du dabei sein könntest. Deine Sekretärin hat den Termin für dich bestätigt. Ich nehme an, du bist bereits informiert?«, verkündet Matthew.
»War heute Nachmittag noch nicht im Büro. Ich bin überrascht, dass du jetzt schon väterliche Gefühle für unsere Praktikanten entwickelst. In der Regel willst du von Frauen nur das Eine.«
Matthew schaut Greg daraufhin nur verwundert an. »Wer spricht denn hier von väterlichen Gefühlen?«
Greg schnaubt. »Matthew, das Mädchen ist zu jung für dich. Ich hoffe, du weißt, was du tust.« Er hat eine genaue Ahnung, was in Matthew vorgeht, und es gefällt ihm nicht. Diesmal ist es anders als bei den Beziehungen, die Matthew nach Gwen hatte, und Greg fürchtet, dass dieses Mädchen doch nur eine andere, neue Version von Gwen sein könnte.
»Ich halte die Risiken so gering wie möglich, das weißt du, Greg.« Plötzlich wirkt Matthew kühl und distanziert, so als spüre er Gregs Vorbehalte und nähme sie ihm übel.
Matthew McQueen hat heute Morgen überraschend angerufen und mich abends zu sich in sein Haus gebeten. Er will mich so schnell wie möglich in mein Arbeitsgebiet einführen, da bereits in der nächsten Woche die erste Geschäftsreise ansteht. Ich habe mit einem Gefühl von Tausenden von Schmetterlingen im Bauch zugesagt. »Um neunzehn Uhr wird Roger Sie abholen. Seien Sie pünktlich«, wies er mich an.
Ich bin aufgeregt, ihn wiederzusehen, dabei habe ich ihn gerade erst kennengelernt und einige Stunden mit ihm verbracht.
»Vivien, vielleicht ist dein Gepäck heute angekommen?«, sagt Carol zu mir, als wir das Appartementhaus betreten.
»Ich frage bei Mrs. Gordon nach. Mit ein bisschen Glück ist der Koffer tatsächlich da. Ich brauche schließlich etwas Angemessenes für heute Abend.«
»Wenn er nicht da ist, kann ich dir mein schwarzes Cocktailkleid ausleihen. Du weißt schon, das mit dem tiefen Rückenausschnitt. Es hat dir so gut gefallen. Du willst doch heute Abend einen guten Eindruck machen«, schlägt Carol mir augenzwinkernd vor.
»So tiefgründig soll der Eindruck dann auch nicht werden«, maßregle ich Carol, die mich augenzwinkernd anschubst. Carol ist meiner Freundin Jo in vielen Dingen ähnlich, außerdem außerordentlich lieb und hilfsbereit und ich könnte mir vorstellen, in ihr eine neue Freundin zu finden. Die Chemie zwischen uns hat sofort gestimmt.
In diesem Moment öffnet Mrs. Gordon die Wohnungstür. »Guten Abend, Ms. O’Brian. Schön, dass Sie klingeln, ich wollte Ihnen eine Nachricht an die Appartementtür hängen: Ihr Gepäck wurde vor einer Stunde bei mir abgegeben.«
»Danke, Mrs. Gordon, ich nehme es gleich mit.« Ich lächle sie an und nehme meinen riesigen Trolley dankend entgegen.
Um neunzehn Uhr stehe ich geduscht, in meinem neuen Rock und der grauen Bluse, die er mir gekauft hat, vor dem großen Spiegel in meinem Appartement. Ich tupfe noch einige Tropfen von meinem Lieblingsparfüm hinter beide Ohren und auf die Handgelenke. Fertig! Meine langen blonden Haare fallen mir seidig glänzend über den Rücken. Ich lächle mir zu und drehe mich ein paar Mal vor meinem Spiegel hin und her.
Der schrille Klingelton an der Tür lässt mich kurz zusammenzucken. Okay, Showtime! Ich schnappe mir meine Handtasche und die Schlüssel.
Vor der Haustür begrüßt mich Roger freundlich. Er hält mir galant die Autotür auf, und ich steige in den schwarzen SUV. Roger sagt mir, dass die Fahrt nicht sehr lange dauern wird, und ich schließe in freudiger Erwartung die Augen.
Als Roger den Wagen durch ein schmiedeeisernes hohes Tor fährt, erwache ich aus meinen Tagträumen. Hier wohnt also Matthew.
Es ist noch nicht dunkel, sodass ich das zweigeschossige Haus aus roten Backsteinen vom Wagen aus bewundern kann. Eine lange Einfahrt schlängelt sich bis hin zu einer großen Garage, die an das Haus anschließt. Roger parkt, öffnet die Wagentür und hält mir, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, galant die Hand entgegen. Ich muss schmunzeln.
»Hier entlang, bitte«, weist Roger mir den Weg. Er begleitet mich zum Eingang, der sich auf der linken Seite des Hauses befindet, öffnet die Tür und lässt mich eintreten.
»Darf ich Ihnen Ihre Jacke abnehmen? Mr. McQueen ist sicher im Salon.«
Ich nicke, während ich mich bewundernd umschaue und er mir aus der Jacke hilft. Die verglasten Doppeltüren öffnen sich und Matthew tritt in das Foyer. Er kommt mit einem Lächeln auf den Lippen auf mich zu, während Roger noch an der Tür stehen bleibt.
»Danke, Roger, ich brauche Sie heute Abend nicht mehr. Ein schönes Wochenende, bis Montag«, sagt er zu seinem Fahrer. Roger wünscht uns einen schönen Abend und zieht sich diskret zurück.
Matthew macht eine einladende Geste, ihm zu folgen. »Vivien, ich freue mich, dass Sie da sind.«
Hinter der Glastür befindet sich ein Wohnzimmer. Eine breite Fensterfront bietet einen atemberaubenden Blick auf den Charles River, wo gerade die Sonne untergeht.
»Was kann ich Ihnen zu trinken anbieten?«, fragt er mich.
»Ein Mineralwasser.«
»Ist Ihr Gepäck wieder da?«, möchte er von mir wissen, während er mir mit einer Geste signalisiert, Platz zu nehmen. Dann entschuldigt er sich kurz und verschwindet in den offenen Küchenbereich.
»Ja, es wurde heute Nachmittag gebracht«, rufe ich ihm noch nach, dabei schaue ich mich bewundernd in dem geräumigen Wohnzimmer um. Ich höre, wie er den Kühlschrank öffnet und wieder schließt, bevor er mit einer Flasche Mineralwasser wieder im Wohnzimmer erscheint. Er nimmt zwei hohe Kristallgläser aus der Bar, füllt Mineralwasser hinein und überreicht mir eines der Gläser.
»Sie haben ein schönes Haus«, lobe ich.
»Soll ich Sie herumführen?«
»Gerne«, antworte ich etwas perplex und stelle das Glas auf dem Wohnzimmertisch ab. Ich folge ihm in das Foyer. Er zeigt mir die Räume im Erdgeschoss, die hochmoderne Küche, das Esszimmer, sein Arbeitszimmer, dann führt er mich weiter die geschwungene Treppe hinauf in den ersten Stock. Er deutet auf die erste Tür, sein Schlafzimmer, führt mich aber nicht hinein. Wir gehen weiter, beinahe bis zum Ende des Gangs. »Und das ist das Gästezimmer. Sie können es zum Umkleiden benutzen, wenn wir abends unterwegs sind.«
»Ich könnte das auch in meinem Appartement tun«, antworte ich schlagfertig.
Er schaut mich an, bevor er antwortet: »Wir werden viel unterwegs sein. Manche Abendessen finden auch in meinem Haus statt, sodass wir vom Büro oder wo wir auch immer gerade sind, direkt hier herfahren.«
Ich nicke und schaue interessiert in den Raum. Er ist hübsch eingerichtet, alles wirkt neu, aber dem Zimmer fehlt die persönliche Note. Es ist mir bereits im ganzen Haus aufgefallen. Es gibt keine Bilder, die an den Wänden hängen, oder andere Gegenstände, die auf seinen Bewohner hinweisen. Die ganze Wohnung wirkt, als wäre sie für einen Bericht in Harper’s BAZAAR hergerichtet worden.
Matthew räuspert sich. »Die Kleider, die ich gestern Mittag in der Boutique geordert habe, waren selbstverständlich für Sie, Vivien«, spricht er mich jetzt an und deutet dabei auf die Tür neben dem Bett. »Sie hängen alle in dem begehbaren Schrank.«
Ich drehe mich um und schaue ihm jetzt direkt in die Augen. »Aber das ist doch nicht nötig«, antworte ich, obwohl das Mädchen in mir, das schöne Dinge liebt, sich freut. Die selbstbewusste Frau sieht das Ganze mit eher gemischten Gefühlen.
Matthew zieht leicht die Augenbrauen nach oben und atmet hörbar aus. »Vivien, wenn Sie mich künftig zu Geschäftsterminen begleiten, brauchen Sie eine entsprechende Garderobe.« Dabei nimmt er eine Tüte mit dem Logo der Boutique von der Kommode und überreicht sie mir.
»Ich habe doch gesehen, dass Sie sich in das Kleid verliebt haben. Schon als Sie es im Schaufenster bewundern konnten. Es passt zu Ihnen. Das Türkis des Kleides unterstreicht Ihre blauen Augen.« Er schmunzelt mich erwartungsvoll an.
Ich nehme ihm die Tüte aus der Hand und greife hinein. Zum Vorschein kommt das Sommerkleid, das mir so gut gefallen hat. Ich atme hörbar ein und lächle ihn glücklich an. »Dass Sie das bemerkt haben. Aber das kann ich unmöglich zu Geschäftsterminen anziehen«, sage ich unsicher, obwohl mein Herz doch erfreute Hüpfer macht.
»Das ist ein privates Geschenk. Es ist schön, Menschen mit einer kleinen Geste eine Freude machen zu können«, antwortet er. »Martha bekommt ein monatliches Kontingent von mir für repräsentative Kleidung zur Verfügung gestellt. Darum habe ich Ihnen die Sachen gekauft. Sie werden sie brauchen. Sehen Sie es einfach als Arbeitskleidung an, okay?«
Ich nicke etwas benommen. So habe ich es noch nicht betrachtet.
»Sie können sich gleich etwas Passendes aussuchen und schauen, ob die anderen Kleider auch Ihrer Größe entsprechen. Ich hatte vergessen, Ihnen zu sagen, dass ich noch Gäste erwarte. Ich habe Greg Montgomery mit seiner Partnerin für heute Abend zum Essen dazu gebeten. Greg ist mein Jurist und Finanzberater in der Firma und außerdem ein enger Freund von mir. Sie werden gleich hier sein, also suchen Sie sich etwas Schönes aus. Ich werde mich ebenfalls noch schnell umziehen und warte unten auf Sie.« Er nickt mir aufmunternd zu.
Bevor ich etwas erwidern kann, dreht er sich schon um und eilt den Gang entlang und die Treppe hinunter. Ich betrete kopfschüttelnd den begehbaren Schrank. Hier hängen einige schicke Outfits. Ich streiche bewundernd mit der Hand über den zarten Stoff des atemberaubenden silbernen Kleides aus fließender Seide, das ich bereits im Laden anprobieren durfte, und auf dem Schrankboden stehen auch die megahohen schwarzen Pumps. Ich ziehe neugierig eine Schublade auf, in der tatsächlich verführerische Dessous liegen. Soll das etwa alles für mich sein? Meine Hand fährt über den zarten Kleiderstoff und ich kann trotz aller Alarmglocken, die gerade in meinem Kopf läuten, nicht widerstehen, mich in diesem Outfit zu sehen. Aber die Unterwäsche? Das geht zu weit. Hat er die Dessous etwa auch für mich gekauft? Vielleicht hat er sie sogar selbst ausgesucht. Oh mein Gott. Obwohl ich verstehe, warum. Unter so einem dünnen, anliegenden Kleid sollte man auch die passende Unterwäsche tragen. Wird er mich darin sehen wollen? Ach was, so ein Unfug. Meine Fantasie geht wohl mit mir durch. Die Verkäuferin schien ihn gut zu kennen, wahrscheinlich ist sie schlicht gut in ihrem Job und weiß um die Wichtigkeit passender Dessous unter figurbetonter Kleidung.
Noch beschwingt von der Euphorie, solch edle Kleidung besitzen zu dürfen, zögere ich nicht lange und ziehe mich schnell aus.
Die Seide schmiegt sich sanft an meinen Körper und ich betrachte mich im Spiegel. Wow, das Kleid ist echt der Hammer.
Ein leichtes Klopfen unterbricht meine Gedanken. »Herein«, rufe ich.
Die Tür öffnet sich und Matthew erscheint. Lässig lehnt er sich in den Türrahmen und sein Blick zieht mich praktisch aus. Wollte er nicht unten auf mich warten? »Sehr schön, genau so habe ich mir dich vorgestellt.« Sein Gesicht nimmt einen sanften Ausdruck an. Auch er hat sich umgezogen und sieht in seinem Abendanzug atemberaubend elegant aus.
Seit wann haben wir denn zu dem vertraulichen Du gewechselt? Ich beschließe, ihn ebenfalls zu duzen.
Ich schüttle etwas hilflos den Kopf. »Das Kleid ist wunderschön, vielen Dank, Matthew, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« Ich strahle ihn an.
Sein Blick wird warm. »Sag gar nichts. Allein dein Lächeln ist für mich Dank genug«, sagt er.
Für ihn ist das Thema scheinbar erledigt, denn er wechselt wieder in den Smarter-Geschäftsmann-Modus, als er weiterspricht: »Komm, wir haben einen Gast zum Essen, den wir nicht warten lassen sollten. Greg hat von unterwegs angerufen, er kommt heute allein. Er ist bereits da.«
Er hält mir wieder die Hand entgegen. Ich gehe etwas zögernd auf ihn zu, er legt seine Finger auf meinen Rücken, genau auf die Stelle, an der der Stoff aufhört, und ich spüre, wie ein Kribbeln durch meinen Körper fährt.
»Tun die Menschen immer, was du von ihnen verlangst?«, frage ich mutig.
Er schaut mich belustigt an. »Ich bin es gewöhnt, dass man meine Befehle ausführt.«
Seine Befehle ausführt! Tja, ich bin heute nicht zum ersten Mal sprachlos und folge ihm die Treppe hinunter. Und in diesem Moment fallen mir die Worte von Carol ein: Pass auf!
Ich betrete, gefolgt von Matthew, der immer noch die Hand auf meinem Rücken liegen hat, den Wohnbereich und werde dort von Greg, seinem Finanzberater, mit einem herzlichen Lächeln empfangen.
»Greg, das ist Vivien O’Brian, meine neue Assistentin. Vivien, Greg Montgomery, meine rechte Hand und Berater in allen Finanzfragen. Du wirst in den nächsten Wochen häufig auch mit ihm zu tun haben.«
Wir begrüßen uns und ich bemerke, wie Greg fragend eine Augenbraue hochzieht und Matthew dabei ansieht. Greg legt mir ein mehrseitiges Schriftstück vor und bittet mich, es durchzulesen und dann zu unterschreiben. Es ist eine Verschwiegenheitserklärung.
»Das ist obligatorisch, Vivien«, erklärt Greg. »Wir müssen uns absichern, dass nichts, was das Geschäft betrifft, nach außen gelangt.«
»Klar, das ist kein Problem«, erwidere ich. Ich nehme den schwarzen Montblanc-Füller, den Matthew mir reicht, und unterschreibe. Matthew wirkt nun wesentlich entspannter.
Während des Essens, besprechen Greg und Matthew die Einzelheiten der Verträge für das Asiengeschäft und geben mir einen ersten Einblick in mein Aufgabengebiet. Ich soll Matthew in der nächsten Woche zu einem Geschäftstermin im Ausland begleiten. Außerdem will Matthew, dass ich direkt nach der Geschäftsreise im Marketingteam eingearbeitet werde, das für das Projekt verantwortlich ist. Jetzt bin ich wirklich begeistert, denn das ist genau mein Ding. Für den Marketingbereich habe ich mich schon immer interessiert.
Ich genieße den Abend. Greg ist ein angenehmer Gesprächspartner und schon bald sind wir in ein interessantes Gespräch vertieft. Greg und Matthew haben an der gleichen Universität, in Harvard, studiert, wie Greg mir erzählt. Ich mag Greg auf Anhieb. Er ist mit seinen geschätzten einsfünfundachtzig ein Stückchen kleiner als Matthew. Beide Männer sind durchtrainiert, und da sie ihre Sakkos bereits ausgezogen haben, sind ihre Oberarmmuskeln nicht zu übersehen. Was würde Jo jetzt sagen, wenn sie mich hier sehen könnte?
Matthew beobachtet mich während des Essens, und auch später beim Kaffeetrinken mustert er mich immer wieder mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.
Auch mein Blick begegnet dem seinen einige Momente länger, als es angemessen wäre, und bald kann ich das Knistern und die immer stärker werdende Spannung in der Luft zwischen uns fast körperlich spüren. Habe ich mich also doch nicht getäuscht? Immer wieder ruht sein durchdringender Blick auf mir. Und ich kann es selbst kaum glauben, aber sobald ich ihm in die Augen sehe, ist da dieses seltsame Kribbeln in meinem Inneren, das mich vollkommen neben mir stehen lässt. Ich erliege immer mehr der erotischen Ausstrahlung dieses Mannes. Dabei ist er doch mein Boss!
Das muss jetzt wirklich aufhören, ermahne ich mich innerlich.
Nach dem Essen erhebt sich Matthew. »Vivien, entschuldige uns für einen Augenblick. Ich habe einige Papiere, die ich Greg noch mitgeben möchte, bevor wir nach Asien fliegen.«
Wir stehen vom Tisch auf, betreten den Wohnbereich und Matthew schiebt mich sanft zu der weitläufigen weißen Ledersitzgruppe. »Ich bin gleich wieder da«, flüstert er mir zu.
Mir entgeht nicht, wie Greg ihm einen undefinierbaren Blick zuwirft, dann wendet er sich mir zu.
»Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, Vivien, wir sehen uns am Montag im Büro«, sagt Greg und verabschiedet sich von mir, bevor beide Männer in Richtung von Matthews Arbeitszimmer verschwinden.
Ich lehne mich in die weichen Polster und schließe kurz die Augen. Was für ein Tag.
»Matthew, ich habe deinen Blick gesehen. Du bist wieder auf der Jagd. Du hast doch nicht etwa vor, was mit Vivien anzufangen? Was soll das?«, entfährt es Greg, während er im Arbeitszimmer aufgebracht auf und ab geht. »Ich kenne dich lange genug. Hast du mir nicht erzählt, dass sie lediglich Martha vertreten soll? Und wieso beziehst du sie jetzt schon in das Marketing mit ein? Du hast doch genug fähige Leute dafür. Oder ist das wieder mal eine deiner Anwandlungen, was deine Menschenkenntnis betrifft? Glaubst du wirklich, dass es sinnvoll ist, Vivien jetzt schon in Aarons Teams mitarbeiten zu lassen?«
Matthew hebt abwehrend die Hand, will Greg unterbrechen, doch der redet hitzig weiter. »Matthew, die Kleine ist doch viel zu jung für dich. Jetzt, wo ich sie kennengelernt habe, kann ich dir nur sagen, du bist verrückt. Du bist vierunddreißig, sie dreiundzwanzig. Sie ist ein unschuldiges junges Ding. Okay, ich muss dir Recht geben, sie ist intelligent und macht auf mich einen fantastischen Eindruck. Sie kann sich wunderbar artikulieren und ich denke, sie wird Martha würdig vertreten, das ist nicht der Punkt. Aber sie wirkt auf mich nicht, als hätte sie viel Erfahrung mit Männern. Wenn du keine ernsthaften Absichten mit ihr hast, kann ich dir nur raten, die Finger von ihr zu lassen. Vivien ist zu schade für deine kurzen Eskapaden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie sich wie eins von deinen Betthäschen benutzen lässt, oder hast du mehr mit ihr im Sinn als ein kleines Abenteuer? Denk doch nur an deine katastrophale Ehe mit Gwen. Warst du es nicht, der gesagt hat: Keine tiefer gehenden Beziehungen mehr? Und dann noch eine Angestellte, eine Praktikantin. Verflucht, Matthew! Ich habe gestern schon versucht, dir das auszureden.« Greg schüttelt gleichzeitig verärgert und besorgt den Kopf. »Oder täusche ich mich? Ist es nur beruflich? Entdeckst du deine Mentoren-Fähigkeiten? Ist Vivien aus diesem einen Grund heute Abend hier?«, fragt Greg, dabei dreht er den Kopf zur Tür.
Matthew sagt immer noch nichts. Er lässt nur gedankenverloren den Kugelschreiber in seiner Hand durch seine Finger gleiten. Sein Schweigen bestätigt Greg alles.
»Hast du nicht auch so genug Abwechslung? Warum ausgerechnet sie? Du hast immer Privates und Geschäftliches getrennt. Das ist doch immer deine Rede gewesen?«
Endlich legt Matthew den Stift aus der Hand und funkelt seinen Freund entschlossen an. »So, meinst du? Kümmere dich gefälligst um die Verträge mit den Asiaten und nicht um meine privaten Entscheidungen«, unterbricht Matthew aufgebracht Gregs Redefluss. Dann fährt er sich durch die Haare und lässt sich in seinen breiten Schreibtischsessel fallen. »Ach verdammt, Greg, seit sie in mein Büro gestolpert ist, will ich sie haben. Ich hätte sie am liebsten schon an ihrem ersten Tag in mein Büro gezerrt und sie auf meinem Schreibtisch genommen. Glaub mir, diesmal ist es anders. Sie ist jung, intelligent, keine von diesen oberflächlichen Frauen und ich werde mir die Kontrolle nicht noch einmal aus der Hand nehmen lassen. Dieses Mal nicht. Ich weiß, was ich tue. Und was die Marketing-Angelegenheit betrifft: Ich habe mich mit Aaron unterhalten. Er braucht dringend Unterstützung in seinem Team. Vivien war ursprünglich auch für seine Abteilung eingeteilt. Sobald das Geschäft abgeschlossen ist, werde ich sie wie geplant seiner Abteilung zuteilen.«
Einen Augenblick lang fixiert Greg seinen Freund. »Du bist verrückt. Vollkommen verrückt«, antwortet Greg, nun belustigt, als wüsste er etwas, das Matthew verborgen blieb.
»Mag sein, aber sie hat so etwas Ehrliches und Unschuldiges an sich«, sagt Matthew und senkt nachdenklich den Blick.
»Ich hoffe, du weißt, was du tust. Sie weiß es scheinbar nicht mehr. Meinst du, mir wäre nicht entgangen, wie sie dich angesehen hat? Was heißt angesehen? Angehimmelt hat sie dich, wie ein junger Welpe seinen Herren. Matthew, überleg dir, was du tust. Du könntest dich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Sie ist eine Praktikantin in deinem Unternehmen. Mit ihr kannst du deine Spielchen nicht treiben!«, beschwört Greg seinen Freund ein letztes Mal.
Doch dieser verzieht keine Miene. »Wir werden sehen«, antwortet Matthew nachdenklich.
»Ach, mach, was du willst, sag aber nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Wir sehen uns dann am Montag.« Mit diesen Worten verlässt Greg kopfschüttelnd das Arbeitszimmer.
Ich sitze mit geschlossenen Augen auf dem Ledersofa. Als sich mir von hinten zwei Hände auf die Schultern legen, zucke ich kurz zusammen. Ich habe Matthew nicht gehört, er muss sich lautlos wie ein Tiger bewegt haben. Seine Hände sind warm und kraftvoll, als sie mir von den Schultern zum Nacken hinaufstreichen und sanft meine Muskeln massieren. Ich ziehe erschrocken die Luft ein. Was soll ich tun? Ihn gewähren lassen? Ich sollte irgendetwas sagen, aufstehen und gehen. Aber irgendeine fremde Macht hält mich auf diesem Sofa fest.
»Entspann dich, Vivien«, höre ich seinen sanften Befehl hinter mir, und ich tue es, gebe mich dem ungewohnten Gefühl von Verlangen hin.
Verlangen, das ist es, was ich in seiner Gegenwart empfinde. Ich kann es nicht mehr leugnen. Bin ich denn verrückt? Aber dieser Gedanke verschwindet so schnell, wie er aufgeflackert ist. Und ich wäre ja auch nicht die Erste, die sich in ihren Chef verliebt. Verdammt, ich will ihn und er will mich.
Plötzlich nimmt Matthew seine Hände von mir und umrundet das Sofa, bis er vor mir steht.
Ich öffne die Augen und sein begehrlicher Blick ruht fest auf mir. Matthew streckt mir die Hand entgegen. Ich ergreife sie ganz automatisch und während ich mich in seinem Blick verliere, zieht er mich mit einer schnellen Bewegung hoch, sodass ich direkt an seiner Brust lande. Ich bin wie hypnotisiert. Mein Gesicht ist von seinem nur einige Zentimeter entfernt und ich muss den Kopf leicht in den Nacken legen, um ihn anzusehen.
Mein Herz schlägt schneller, mein Atem kommt stoßweise und ich fühle wieder dieses Kribbeln im Bauch.
Was geschieht hier mit mir? So habe ich noch nie empfunden. Bei meinem ersten Freund habe ich nicht annähernd solch intensive Gefühle gehabt. Na ja, vielleicht sind wir deshalb auch nie übers Schmusen und Küssen hinausgekommen. Er war eben nicht der Richtige. Und bei den Typen, die ich nach ihm kennengelernt hatte, habe ich schnell gemerkt, dass hier keine Basis für eine längere Beziehung vorhanden war. Wir waren ein paar Mal aus, das war es dann auch schon. Ich bin einfach zu bodenständig, ich sehe meinen Weg ganz genau vor mir. Was ich mir wünsche, ist eine ehrliche Beziehung, die auf Vertrauen basiert. Ob Matthew mir eine Perspektive für eine wirkliche Beziehung geben wird, weiß ich nicht. Ich will es auch im Moment gar nicht wissen. Bei keinem habe ich jemals derartiges Begehren verspürt. Wenn ich jetzt nachgebe, werde ich es spätestens morgen früh bereuen, das weiß ich. Aber in diesem Augenblick schalte ich meine Vernunft einfach aus. arMatthew sieht fragend in meine Augen, als warte er auf eine Antwort, eine Zustimmung. Er zögert kurz. Dann löst er seine Krawatte und lässt sie auf das Sofa fallen. Sein Mund ist meinem jetzt nur noch ein winziges Stück fern … und dann küsst er mich.