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Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung 1990–2050 (UN, World Population Prospects (2009))

Dieses rasante Tempo der Bevölkerungszunahme erhöht den Ressourcendruck, treibt den Emissionsausstoß an und vermindert die Qualität der globalen Umweltgüter, die Voraussetzung für Leben und Produktion sind.

Problematisch dabei ist, dass 95 % der Zunahme in armen Ländern stattfindet, aber gerade jene im Überlebenskampf keine Rücksicht auf die Umwelt nehmen können. Experten fordern, bei der Energieverschwendung müsste den Industrieländern, beim Bevölkerungswachstum den Entwicklungsländern Einhalt geboten werden.

2.4 Der Rio-Gipfel

Die Weltgemeinschaft ist seit 1992 der nachhaltigen Entwicklung verpflichtet –jedes einzelne Land für sich, aber auch gemeinsam, müssen wir dieses Versprechen umsetzen.

Ursula Eid

Erkenntnis und Handeln sind bisweilen zwei Paar Stiefel. Während Meadows’ Studie die Grenzen des Wachstums bereits vor vier Jahrzehnten ins globale Bewusstsein gehoben hatte, brauchte der Brundtland-Bericht immerhin nur zwei Jahre, bis er 1989 in der UNO-Vollversammlung Beachtung fand. Endlich war der Entschluss geboren, Taten folgen zu lassen. Hatte der vormalige Bericht auf dringenden Handlungsbedarf in internationalem Rahmen hingewiesen, ging es nun darum, Forderungen und Vorschläge in verbindliche Verträge und Konventionen zu überführen. Als Instrument wählte die UNO hierfür eine Konferenz – exakt 20 Jahre [49]nach der ersten weltweiten Umweltkonferenz 1972 in Stockholm. Die Startbahn war frei für die Planung der bis dato größten Umwelt- und Entwicklungskonferenz der Welt, der legendären Rio-Konferenz von 1992.

Die so genannte Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (United Nations Conference on Environment and Development, UNCED) ist geläufig unter dem Begriff Erd-Gipfel, Rio-Gipfel und Weltumwelt-Konferenz. Sie tagte vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro. Die Besonderheit der Konferenz lag in ihrem stattlichen Umfang von zwölf Tagen und der großen Anzahl von Teilnehmern aus insgesamt 178 Staaten. Auch was die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen anging, setzte die Konferenz neue Maßstäbe, nahmen doch 2.400 Vertreter von NGOs teil, weitere 17.000 Menschen beteiligten sich am parallel stattfindenden NGO-Forum.18

Die Herkulesaufgabe war, die Umwelt- und Entwicklungsanliegen zusammenzubringen und sie in ein Abkommen zu überführen, das weltweite Verbindlichkeit beansprucht. Nicht nur umweltpolitische Probleme waren Gegenstand der Konferenz; vielmehr sollten auch die drängenden globalen Entwicklungsprobleme im umweltpolitischen Zusammenhang behandelt werden. Ziel war es, die Weichen für eine weltweite, nachhaltige Entwicklung zu stellen. Dabei war die Öffentlichkeit insbesondere für die Abhängigkeit des Menschen von seiner Umwelt zu sensibilisieren ebenso wie für die Rückkopplung weltweiter Umweltveränderungen auf sein Verhalten bzw. seine Handlungsmöglichkeiten.

Es war ein langer Weg von den Verhandlungen der Regierungen bis zur Verabschiedung der Dokumente. Und einer, auf dem zäh gerungen [50]wurde. Umso mehr wird der Erdgipfel als bisheriger Höhepunkt weltweiter politischer Bemühungen um Nachhaltigkeit angesehen. Trotz der Interessengegensätze – etwa beim Thema Wald- oder Klimaschutz – konnten sich die Staatsmänner und -frauen auf die Unterzeichnung von sechs Dokumenten einigen, die die formaljuristische Verankerung von Nachhaltigkeit befördert haben.


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Abb. 9: Die wichtigsten Abkommen der Rio-Gipfels 1992

Im Nachfolgeprozess der Rio-Konferenz wurde die Kommission für Nachhaltige Entwicklung (Commission on Sustainable Development, CSD) gegründet, die den Umsetzungsprozess der Konferenzergebnisse überwacht. Als Nachfolgekonferenzen fanden 1997 die Konferenz Rio+5 in New York und 2002 der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg statt. Im Juni 2012 fand mit Rio+20 erneut ein Gipfeltreffen in Brasilien statt, das unter dem Titel Konferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung lief.

Insgesamt hielt das Leitbild Nachhaltigkeit durch den Rio-Gipfel Einzug in die Politik. Allerdings wurde die Problematik von den Ländern in Art und Intensität unterschiedlich angegangen, in der Strategie wie in der Umsetzung. Nach wie vor krankt es zudem an der geringen gesetzlichen Einklagbarkeit und damit Durchsetzungskraft.

Johannesburg Summit – the show must go on

Die größte Nachfolgekonferenz von Rio war der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg/Südafrika mit ca. 20.000 Vertretern von Regierungen, der Wirtschaft, NGOs und Kommunen. [52]Diese mündete nach Marathondebatten über Konsensformulierungen in die Verabschiedung einer Politischen Erklärung der Staats- und Regierungschefs („The Johannesburg Declaration on Sustainable Development“). Wichtigstes Ergebnis: neue Prioritäten, Zielmarken und Umsetzungsprogramme wurden vorgegeben zur weiteren Umsetzung des Leitbildes. Erstmals wurden quantifizierbare Ziele, insbesondere die Millenniumsziele, in den Aktionsplan aufgenommen. Zentrale neue Ziele waren:

a) Bis zum Jahr 2010 soll der Rückgang der Artenvielfalt deutlich reduziert werden.

b) Bis zum Jahr 2015 soll die Zahl der Menschen, die in absoluter Armut, d.h. von weniger als einem USD pro Tag, leben, um 500 Mio. reduziert werden, weltweit alle Kinder eine Grundschulausbildung erhalten und der Anteil der Menschen, die keinen Zugang zu sanitärer Grundversorgung haben, halbiert werden.

c) Bis zum Jahr 2020 soll eine Minimierung der gesundheits- und umweltschädlichen Auswirkungen bei der Produktion und dem Gebrauch von Chemikalien erreicht werden.

Das Hauptproblem hinsichtlich der Umsetzung der Millenniumsziele waren zu knappe Finanzmittel. Um die Gelder zu gewinnen, wurde die sogenannte Global Marshall Plan Initiative als Einnahmequelle erwogen.

Global Marshall Plan Initiative – Welt in Balance

Eine weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft zu etablieren, ist das Ziel der Initiative. Denn nur so bekommt die Weltwirtschaft den Ordnungsrahmen, den es für eine nachhaltige Entwicklung braucht. Ihrem Selbstverständnis nach ist die Global Marshall Plan Initiative „eine Plattform für eine Welt in Balance“. Getragen von rund 5.000 Unterstützern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft organisieren sich diese als Netzwerk mit flachen Hierarchien und ohne Zentrale. Bereits in den 1990er Jahren unterstützten die Idee Persönlichkeiten wie Kofi Annan, Al Gore, Michail Gorbatschow, Prinz El Hassan bin Talal, Jane Goodall oder George Soros. Deutsche Befürworter sind u.a. Joschka Fischer (der 100 Milliarden DM [53]pro Jahr für die Einrichtung einer Ökosozialen Marktwirtschaft forderte), Hans-Dietrich Genscher, Hubert Weinzierl, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Jakob von Uexküll und Sandra Maischberger. Ihre Kernforderungen für eine gerechtere Globalisierung lauten:


globale Etablierung ökologischer und sozialer Standards für eine nachhaltige Entwicklung
Überwindung der entwürdigenden Armut der Hälfte der Weltbevölkerung; Verwirklichung der Menschenrechte und Menschenwürde für alle
Beförderung weltweiten Friedens, globaler Sicherheit und Befriedung von Terrorismus
Gestaltung eines neuen Wirtschaftswunders durch Nutzung brachliegender Human-Potenziale von drei Milliarden Menschen weltweit.

„Der Wille zum Wandel muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen.“, ist die Initiative überzeugt. Zu diesem Zweck schärft sie das Bewusstsein für die Zusammenhänge der Globalisierung durch Information, Allianzen und Druck „von unten“.19

2.5 Die Agenda 21

Die Agenda 21 nimmt sich der drängendsten Probleme der heutigen Zeit an und ist zur gleichen Zeit bemüht, die Welt auf die Herausforderungen des nächsten Jahrhunderts vorzubereiten. Sie ist Ausdruck eines globalen Konsenses und einer auf höchster Ebene eingegangenen politischen Verpflichtung zur Zusammenarbeit im Bereich von Entwicklung und Umwelt.

Präambel Agenda 21

Die Rio-Konferenz machte eines deutlich: Nachhaltige Entwicklung lässt sich nur durch ein Handlungsprogramm von globaler Reichweite [54]erreichen. Und das war die Agenda 21 (→QR). Mit der in Rio verabschiedeten Agenda 21 wurden detaillierte Handlungsaufträge unter sozialen, ökologischen und ökonomischen Vorzeichen gegeben, um einer weiteren Verschlechterung der Situation des Menschen und der Umwelt entgegenzuwirken und eine nachhaltige Ressourcennutzung sicherzustellen.

Von 172 Landesvertretern unterzeichnet, ist die Agenda 21 damit ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert. Sie ist ein Maßnahmenpaket, das sich an alle Akteure, Ebenen und Bereiche richtet. Ihr zufolge sind es vor allem die Regierungen der einzelnen Staaten, die auf nationaler Ebene die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung planen müssen, in Form von nationalen Strategien, Umweltplänen und Aktionsprogrammen. Dabei sind auch regierungsunabhängige Organisationen und andere Institutionen zu beteiligen. Wichtig für den Erfolg der Maßnahmen und Projekte ist eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit bzw. der Bevölkerung, weil sie das Rückgrat der Gesellschaft sind. Eine Verantwortung kommt auch den Kommunalverwaltungen zu, die für ihren Bereich die Umsetzung der „Lokalen Agenda 21“ im Konsens mit ihren Bürgern herstellen soll.

Global denken – lokal handeln

Die Agenda 21 besteht aus insgesamt 40 Kapiteln, in denen alle relevanten Politikbereiche und Handlungsmaßnahmen angesprochen werden. In der Präambel heißt es: „Durch eine Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen und ihre stärkere Beachtung kann es uns jedoch gelingen, die Deckung der Grundbedürfnisse, die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen, einen größeren Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme und eine gesicherte, gedeihlichere Zukunft zu gewährleisten. Das vermag keine Nation allein zu erreichen, während es uns gemeinsam gelingen kann: in einer globalen Partnerschaft, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist.“

Die Agenda 21 ist thematisch in vier Bereiche unterteilt:

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Abb. 10: Themenbereiche der Agenda 21

Anlässlich des „Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung“ in Johannesburg 2002 vermeldeten die Vertreter der Kommunen nach zehn Jahren nur mittelmäßige Erfolge. In Deutschland besteht derzeit in rund 2.600 Kommunen ein Beschluss zur Erarbeitung einer Lokalen Agenda 21, das heißt, dass ein nachhaltigkeitsorientiertes Handlungsprogramm, das auf die örtlichen Voraussetzung abgestimmt ist, entwickelt werden soll. Insgesamt stehen die Bemühungen für die Lokale Agenda 21 unter dem Motto „Global denken – lokal handeln!“ bzw. unter dem Vorzeichen des Prinzips Glokalität.

[56]2.6 Die Millennium-Entwicklungsziele

Today it is increasingly clear that UN objectives: peace, security, development, go hand in hand with prosperity and growing markets. If societies fail, so will markets.

Kofi Annan

Die Millennium-Entwicklungsziele – auf Englisch Millennium Development Goals oder kurz MDGs – der Vereinten Nationen sind acht Entwicklungsziele, die im Jahr 2000 von der UNO, der Weltbank, der OECD und mehreren Nichtregierungsorganisationen formuliert worden sind. Hauptziel dabei ist, die weltweite Armut zu halbieren und dies innerhalb desselben Zeitrahmens, der für die anderen Ziele ausgegeben wurde, bis 2015. Am 9. September 2000 verabschiedeten 189 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen mit der Millenniumserklärung einen Katalog grundsätzlicher, verpflichtender Zielsetzungen für alle UN-Mitgliedstaaten. Armutsbekämpfung, Friedenserhaltung und Umweltschutz wurden als die wichtigsten Ziele der internationalen Gemeinschaft bestätigt. Das Hauptaugenmerk lag hierbei auf dem Kampf gegen die extreme Armut. Hauptanliegen war die globale Zukunftssicherung, also die Gewährleistung einer weltweiten nachhaltigen Entwicklung, mit vier Handlungsfeldern:


Frieden, Sicherheit und Abrüstung
Entwicklung und Armutsbekämpfung
Schutz der gemeinsamen Umwelt
Menschenrechte, Demokratie und gute Regierungsführung.

Die Ziele sind hier genannt, weitere Informationen dazu finden sich in Kapitel 5.


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Abb. 11: Millenniumsentwicklungsziele (UN 2000)

[58]Zehn Jahre später wurden die MDGs und ihre Umsetzung auf der 65. UN-Generalversammlung (vom 20. bis 22. September 2010 in New York) einer Zwischenbilanz unterzogen. Auf der sogenannten „Weltarmutskonferenz“ mahnte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon: Es gebe Fortschritte, aber auch noch viel zu tun. Kritiker indes sprechen davon, dass die Ziele weit verfehlt werden und die Arm-Reich-Schere sich unaufhörlich erweitert. Karl-Albrecht Immel von der Welthungerhilfe sagt: „In den Industrieländern und einigen Entwicklungsländern insbesondere in Asien ist der Pro-Kopf-Konsum in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. In Afrika dagegen steht einem Durchschnittshaushalt heute rund ein Fünftel weniger zur Verfügung als 1980. In den Ländern mit dem reichsten Fünftel der Erdbevölkerung ist das Pro-Kopf-Einkommen heute rund 90 Mal so hoch wie in jenen Staaten, in denen das ärmste Fünftel der Menschheit lebt. Selbst in der „Blütezeit“ des Kolonialismus gab es nicht annähernd ein solches weltweites Wohlstandsgefälle. Noch im Jahr 1960 hatte das Verhältnis bei 30:1, im Jahr 1990 bei 60:1 gelegen.”

2.7 Weltklimagipfel Durban

Der Glaube an das unbegrenzte Wachstum der Wirtschaft und nationale Egoismen sind die Ursachen des Scheiterns des Klimagipfels in Durban.

Hubert Weinzierl

2012 ist das Jahr, in dem das einzige völkerrechtlich verbindliche Instrument der Klimaschutzpolitik, das Kyoto-Protokoll auslief. Wie jenes Abkommen nach seinem Ablauf verlängert werden könne, war die zentrale Frage auf der Weltklimakonferenz 2012 in Durban/Südafrika. Vom 28.11. bis 11.12.2011 debattierten Vertreter aus knapp 200 Staaten über ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Nach erneut zähen Verhandlungen einigte sich der Gipfel auf einen Kompromiss, während die Beschlüsse hinsichtlich der Umsetzung unverbindlich blieben. Demnach sollte 2012 in Katar das Kyoto-[59]Protokoll mit einer zweiten Verpflichtungsperiode verlängert werden und bis zum Jahr 2015 ein verbindliches Klimaschutzabkommen, ein sogenannter Weltklimavertrag, ausgehandelt werden, der 2020 in Kraft treten soll. Erstmals wollen dann auch Länder wie die USA und China verbindliche Ziele mittragen, Kanada trat im Anschluss an die Verhandlungen aus dem Kyoto-Protokoll aus. Norbert Röttgen sagte am 16.12.2011 in einer Regierungserklärung zu den Ergebnissen des Klimagipfels: „Mit den Ergebnissen dieser Konferenz hinken wir dem Problem hinterher. Klimaschutz findet statt, er entwickelt sich dynamisch. Aber die Maßnahmen, die einzelne Staaten getroffen haben, die Maßnahmen, die die Staatengemeinschaft getroffen haben, sind in der Summe nicht ausreichend. Wir tun immer noch zu wenig“.

2.8 Die wichtigsten Stationen

The science is getting worse faster than the politics is getting better.

David Miliband

Die wichtigsten Konferenzen, Abkommen und Bündnisse zum Thema Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Klimaschutz sind nachfolgend aufgelistet:


1946Internationale Konvention zur Regelung des Walfangs
1948Gründung der Welt-Naturschutzunion
1961OECD – Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: gegründet, um die Arbeit der Vorläuferorganisation OEEC (Organisation for European Economic Co-operation) und konkret die politische Stabilisierung Westeuropas vor dem Hintergrund des Ost-West-Konflikts fortzusetzen.
1968Europäische Wassercharta
19721. Internationale Konferenz über die menschliche Umwelt in Stockholm
[60]1973Washingtoner Artenschutzübereinkommen – Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen
1976HABITAT: UN-Konferenz über menschliche Siedlungen
1979Weltklimakonferenz, Konferenz der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zur Veränderung des Klimas
Nord-Süd- bzw. Brandt-Report: Das Überleben sichern. Gemeinsame Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer. Forderung an die Industrieländer, die Entwicklungsländer stärker zu unterstützen.
1982Weltcharta für die Natur
1985Wiener Abkommen zum Schutz der Ozonschicht
1987Internationale Konferenz zum Schutz der Ozonschicht in Montreal
Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen; erstmalige Definition des Begriffs Nachhaltige Entwicklung in einem politischen Dokument
1990Gründung von Klimabündnis e.V., einer Instiution zur Förderung von Städtepartnerschaften zwischen Industrie- und Entwicklungsländern
1992Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung bzw. Erdgipfel oder Rio-Konferenz – Meilenstein für die Integration von Umwelt- und Entwicklungsfragen; seit Stockholm 1972 die erste größere internationale Konferenz zur Diskussion von Umweltfragen in einem globalen Rahmen
1993Menschenrechtskonferenz, Wien
WHO-Programm: Globale Strategie für Gesundheit und Umwelt (Global Strategy for Health and Environment): dient als Arbeitsrahmen für die Erfüllung der in der Agenda 21 vereinbarten Ziele [61]Weltwaldkonferenz, Jakarta: Folgekonferenz der Wald-Deklaration, verabschiedet auf der Rio-Konferenz 1992
1994UN-Klimarahmenkonvention, UN-Weltbevölkerungskonferenz, UN-Artenschutz-Konferenz, Nassau/Bahamas, 1. Vertragsstaatenkonferenz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt, der Artenschutz-Konvention
Aalborg-Charta: Charta der Europäischen Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit
Inselstaatenkonferenz, Barbados, „Weltkonferenz zur nachhaltigen Entwicklung der kleinen Inselstaaten“
19951. UN-Klimakonferenz Berlin/Deutschland
19962. UN-Klimakonferenz Genf/Schweiz
WACLAC – Weltversammlung der Städte und Gemeinden, Istanbul
HABITAT II, Istanbul: 2. UN-Konferenz über menschliche Siedlungen
19973. UN-Klimakonferenz Kyoto/Japan – erstmals werden rechtlich verbindliche Ziele für Emissionshöchstmengen für Industrieländer international festgelegt.
Weltgipfel Rio+5 New York/USA – Ernüchterung nach Bilanzierung der Bemühungen seit 1992; Diskussion um die Entwicklung der Vorgaben des ersten Weltgipfels.
1. Weltwüstenkonferenz, Rom
19984. UN-Klimakonferenz Buenos Aires/Argentinien – Arbeitsplan zur Ausgestaltung des Kyoto-Protokolls.
Aarhus-Konvention: EU-Übereinkommen über den Zugang zu Informationen und Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren in Umweltangelegenheiten
19995. UN-Klimakonferenz Bonn/Deutschland
20006. UN-Klimakonferenz Den Haag/Niederlande – Scheitern und Aussetzen der Klimaverhandlungen [62]Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen in New York, mit Verabschiedung der acht Millenniumsziele, die bis 2015 erreicht werden sollen.
20016. UN-Klimakonferenz Bonn/Deutschland – Fortführung der vorigen Klimakonferenz und Einigung über Kyoto-Protokoll-Ausgestaltung
7. UN-Klimakonferenz Marrakesch/Marokko
2002Weltgipfel Rio+10 Johannesburg/Südafrika – erneute Diskussion der Umsetzungsmöglichkeiten der Rio-Konventionen in Zeiten voranschreitender Globalisierung
8. UN-Klimakonferenz Neu Delhi/Indien
20039. UN-Klimakonferenz Mailand/Italien – Verabschiedung neuer Leitlinien für Emissionsberichterstattung und Übereinkunft zu kohlenstoffbindenden Aufforstungsprojekten (Clean Development Mechanism, CDM)
200410. UN-Klimakonferenz Buenos Aires/Argentinien – Überlegungen zu Möglichkeiten der Anpassung an unvermeidbare Klimawandelfolgen
200511. UN-Klimakonferenz Montreal/Kanada – Beschluss über Kyoto-Protokoll-Fortschreibung nach 2012; Aushandlung neuer Grenzwerte für Treibhausgasemissionen
200612. UN-Klimakonferenz Nairobi/Kenia – Beschluss eines Fonds zur Unterstützung afrikanischer Länder
200713. UN-Klimakonferenz Bali/Indonesien – gemäß „Fahrplan von Bali“ soll 2009 ein Folgeabkommen samt inhaltlicher Anforderungen für das Kyoto-Protokoll beschlossen werden.
200814. UN-Klimakonferenz Posen/Polen
200915. UN-Klimakonferenz Kopenhagen/Dänemark – laut rechtlich unverbindlichem „Minimalkonsens“ ist die Erderwärmung auf maximal 2° C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
[63]201016. UN-Klimakonferenz Cancún/Mexiko – es wurden keine völkerrechtlich bindenden Maßnahmen getroffen.
201117. UN-Klimakonferenz in Durban/Südafrika – Ziel war es, ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu finden – Beschluss, das Kyoto-Protokoll zunächst ab 1. Januar 2013 mit einer zweiten Verpflichtungsperiode zu verlängern, Reduktionsziele und Dauer der zweiten Verpflichtungsperiode sollten auf der 18. UN-Klimakonferenz in Katar 2012 festgelegt werden.
201218. UN-Klimakonferenz Doha/Katar (sogenannter Weltgipfel Rio+20) – Beschluss der Fortsetzung des Kyoto-Protokolls bis 2020 in letzter Minute; Russland, Kanada, Japan und Neuseeland erklärten ihren Austritt.
Weltgipfel Rio+20 Rio de Janeiro/Brasilien – Ansinnen der Staats- und Regierungschefs der Welt, dem Thema nachhaltiger Entwicklung neuen Schwung zu verleihen; BUND-Vorsitzender Hubert Weiger kritisierte, blumige Absichtserklärungen und ein Aufguss früherer Gipfelbeschlüsse würden dem globalen Ressourcenschutz nicht helfen. Gipfelergebnisse wurden gemischt aufgenommen.
201319. UN-Klimakonferenz Warschau/Polen – Konferenz endet nur mit einer Einigung auf die Grundsätze eines Abkommens.
201420. UN-Klimakonferenz Lima/Peru
201521. UN-Klimakonferenz Paris/Frankreich

Insgesamt lässt sich der Prozess der Etablierung des Nachhaltigkeitsleitbildes auf politischer Ebene – wie er sich anhand obiger Konferenzen und Abkommen abzeichnet – als ambivalent beschreiben. Einerseits lässt sich die Herausbildung der Gedanken des Umweltschutzes und sozialer Gerechtigkeit an der zunehmenden Regelmäßigkeit, Institutionalisierung und Internationalisierung politischer Treffen ablesen. Andererseits verlaufen dieser Verstetigungs- [64]und Aufwertungsprozess des Themas Nachhaltigkeit, die damit einhergehende globale politische Konsensfindung als auch die Umsetzung von Maßnahmen im Verhältnis zur Relevanz des Themas viel zu langsam, fragmentarisch und unkoordiniert. Somit lässt sich die nachhaltigkeitsbezogene Institutionen-, Kapazitäten- und Willensbildung als erratisch, im Sinne von „ein Schritt vor und ein Schritt zurück“, beschreiben.

Als Beispiel hierfür kann das 1997 beschlossene Kyoto-Protokoll gelten, das bis heute als wichtigster Beschluss für den globalen Klimaschutz aufgrund seiner annähernd sanktionsfähigen Wirkung angesehen werden kann. Demgegenüber sind alle Bemühungen auf internationaler Ebene seitdem als zaghaft und rückschrittlich zu bewerten. So offenbarten die Verhandlungen zur Fortschreibung des Klimaschutzabkommens die großen Schwierigkeiten zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern zu einem Konsens zu gelangen, da sich die Parteien gegenseitig Zugeständnisse abverlangen, bevor sie jene eingehen, was in einer Patt-Situation resultiert, die wiederum die Bemühungen, sich der Herausforderung des Klimawandels zu stellen, stagnieren lässt.

Für viele Akteure wie z.B. Umweltschutzverbände, Menschenrechtsorganisationen oder wissenschaftliche Einrichtungen ist dies insofern befremdlich, weil das politische Verhalten mit den durch die Medien vermittelten Erkenntnisfortschritten kontrastiert, die klimawandelbedingte Veränderungen zunehmend bestätigen (wie Überschwemmungen, Wirbelstürme oder Meeresspiegelanstieg; vgl. aktueller Weltklimabericht des IPCC von 2013, S. 43). Auch für die globale Zivilgesellschaft führt es zu Irritationen, wenn Politiker und Regierungen vor dem Hintergrund der sich erhärtenden Klimawandelhypothese nicht konsequent aktiv werden.

Fazit – Es geht voran, aber zu langsam

Der Ursprung des Nachhaltigkeitsprinzips geht auf das Jahr 1713 zurück. In den darauffolgenden 300 Jahren griffen vor allem Politik und Zivilgesellschaft das ressourcenökonomische Prinzip erneut auf. Im 20. Jahrhundert verstärkte sich das Bewusstsein der Weltgemeinschaft für Probleme wie Umweltverschmutzung, Überbevölkerung, Armut und Ressourcenerschöpfung. Zu Beginn des Jahrhunderts fanden erste internationale [65]Konferenzen zum Thema Naturschutz statt. Ab Mitte der 1970er Jahre wuchs das öffentliche und politische Interesse an Umweltschutz-Themen. Es wurden bindende Regelungen zwischen Staaten zum Schutz der Umwelt beschlossen, so z.B. das Washingtoner Artenschutzabkommen. Die Probleme wurden spezifischer, die Ziele konkreter.

Ein vorläufiger Höhepunkt war 1972 der alarmierende Bericht „Grenzen des Wachstums“, der ein neues Denken und Handeln in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft forderte. 1987 lieferte der Brundtland-Bericht die erste formale politische Definition von Nachhaltigkeit, die bis heute als die klassische, gültige und am weitesten akzeptierte Definition anzusehen ist.

An der Schwelle zum 3. Jahrtausend markierte die weltweite Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 den Höhepunkt gemeinsamer globaler Nachhaltigkeitsbemühungen, nämlich von 178 Staaten. Hieraus ging auch die maßgebliche globale Agenda 21 hervor. Die Erfolge der Millenniumsentwicklungsziele bleiben seit dem Jahr 2000 indes genauso aus wie die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls zum Klimaschutz.

International wurden in den Folgejahren nach Rio viele verschiedene Gremien und Arbeitsorgane gegründet und Konferenzen durchgeführt. Bis heute sind die Aktivitäten umfangreich und unübersichtlich geworden. Das Prinzip Nachhaltigkeit ist dabei, sich seinen Weg zu bahnen. Leicht hat es das Thema dabei aber nicht.

Literatur

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Costanza, R. (1991) Ecological Economics. The Science and Management of Sustainability. New York. Columbia University Press.

Dueck, G. (2008) Abschied vom Homo Oeconomicus. Warum wir eine neue ökonomische Vernunft brauchen. Eichborn.

[66]Grober, U. (2010) Die Entdeckung der Nachhaltigkeit: Kulturgeschichte eines Begriffs. München.

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Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (1992) Agenda 21. Rio de Janeiro.

Meadows, D. et al. (1972) Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. dva Stuttgart.

Meadows, D. et al. (2008) Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update: Signal zum Kurswechsel, 3. Aufl., Stuttgart.

Ott, K.; Döring, R. (2008) Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit, Marburg.

Radermacher, F.J.; Beyers, B. (2011) Welt mit Zukunft: Die ökosoziale Perspektive, 7. Aufl., Hamburg.

Rogall, H. (2008) Ökologische Ökonomie. Eine Einführung. Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden.

Schumacher, E.F. (1973) Small is Beautiful: Economics as if People Mattered. Harper New York.

Siebenhüner, B. (2001) Homo sustinens – Auf dem Weg zu einem Menschenbild der Nachhaltigkeit. Metropolis Marburg.

Stern, N. (2007) The Economics of Climate Change. The Stern Review. Cambridge University Press Cambridge.

5 Hans Carl von Carlowitz (1732) Sylvicultura Oeconomica. Haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht. Kessel, Remagen-Oberwinter (Wiederauflage 2009).

6 Grober (2010), S. 115

7 Grober (2010), S. 128 f. Im Original siehe Carl von Linné (1735), Systema Naturae. Johan Wilhelm de Groot, Leiden.

8 Grober (2010), S. 177

9 Meadows et al. (1972), S. 17

10 Meadows et al. (1972), S. 79

11 Graham Turner: A Comparison of The Limits to Growth with Thirty Years of Reality. In: Socio-Economics and the Environment in Discussion. CSIRO Working Paper Series Number 2008–09. Juni 2008; New Scientist: Prophesy of economic collapse „coming true“. 17. November 2008

12 Meadows et al. (2006), S. 264

13 Daly (1990), S. 2. Als physikalische Teildisziplin bietet die Thermodynamik z.B. mit ihrem Entropiegesetz Ansätze, die als Gegenentwürfe zum neoklassischen Paradigma genutzt werden könnten und an denen sich Wirtschaftsprozesse orientieren könnten. Demnach wären jene Prozesse etwa als unwiederbringlicher Verzehr eines endlichen Vorrats an Ressourcen zu begreifen. Siehe Daly, H.E.: Toward Some Operational Principles of Sustainable Development. In: Ecological Economics, Bd. 2 (1990) H.1; S. 1–6. Siehe auch Georgescu-Roegen, N.: The Entropy Law and Economic Process. Cambridge 1971.

14 In der Schifffahrt bezeichnet der in der Ökologie geläufige Begriff der Tragekapazität bzw. carrying capacity die maximal mögliche Fracht, bevor das Schiff Gefahr läuft unterzugehen.

15 Auf diese Definition als Ausgangspunkt bezieht sich auch die Dissertation der Autorin mit dem Titel „Klima, Wälder, indigene Völker“. Dort zeigt sie auf, wie Umweltveränderungen menschliche Entwicklung beeinflussen. Da indigene Völker besonders nah an, mit und in der Natur leben, lässt sich der Zusammenhang von Umwelt und Entwicklung gut aufzeigen. So ist bspw. der Regenwald die notwendige Basis für kulturelles wie wirtschaftliches (Über-)Leben und beeinflusst damit die Entwicklung einer Gemeinschaft.

16 IPCC Fifth Assessment Report (AR5), Climate Change 2013, The Physical Science Basis. WMO. Genf.

17 The American Association for the Advancement of Science (AAAS). Science Without Borders, 177th Meeting. 16–21.02.2011, Washington, DC

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