Kitabı oku: «In Your Arms», sayfa 6

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Dabei liebte ich Pudding!

In der Zeit vor meinen Allergien hatte ich Milchprodukte für mein Leben gern verspeist. Speziell Joghurt, Milchshakes und Kakao.

Der stetig verzweifelter dreinschauende junge Mann schob meine Überlegungen beiseite.

»Nein, nicht auch das!« Nervös blickte er durch den Raum. Alsbald er einen gewissen Schrank anvisiert hatte, hellte seine Miene sich auf. »Wie wäre es dann mit Soja? Wir haben Sojamilch. Ich kann Ihnen damit einen Pudding kochen.«

Es erwärmte mein Herz … und ein weiteres Mal meine Wangen. Derartige Fürsorge von einem mir gänzlich fremden Mann … das erlebte ich heute zum ersten Mal.

»Leider … leider gibt es da noch ein Problem.« Allmählich wusste ich nicht mehr wohin mit meiner Scham. Dieser wunderbare Mensch versuchte alles, um mir etwas zu essen zu richten, und ich vertrug keine seiner genannten Zutaten. »Ich bin gegen Soja genauso allergisch wie gegen Milch und Weizen.«

Als der Jüngling dies vernommen hatte, hielt er inne – musterte mich bloß intensiv. Es lief mir im Sekundentakt heiß und kalt den Rücken hinab.

»Nun –« Unvermittelt eilte er zur linken Seite, öffnete einen Schrank, griff nach zwei Eiern und hielt sie mir entgegen. »Wie wäre es mit Eierspeise? Dürfen Sie Eier essen?«

Ich warf ihm ein erleichterndes Lächeln zu. »Ja, die darf ich.«

Meine Worte brachten sein Gesicht zum Strahlen. »Dann koche ich Ihnen diese ganz flott.«

»Warten Sie.« Ich trat zu ihm, und er machte einen Schritt auf die Seite. »Ich kann das selbst … Sie müssen sich nicht für mich abmühen.«

Das wäre ja noch schöner gewesen, wenn er mir zu dieser späten Stunde ein Essen kredenzt hätte! Er war lediglich der Kellner. Darüber hinaus beschlich mich die Vermutung, dass seine Schicht längst beendet sein sollte.

»Aber … aber das ist immerhin mein Job.«

Lächelnd streckte ich die rechte Hand zu ihm. »Geben Sie mir die Eier. Ich mache das gerne selbst.«

»Aber …«

Weshalb zierte er sich solchermaßen? Brachte ich ihn dadurch etwa in Schwierigkeiten? Durfte ich mich nicht in der Küche aufhalten?

Unsicherheit stieg in mir auf. »Ist es verboten, wenn ich mir das Essen selbst koche? Bekommen Sie Probleme, wenn ich hier bin?« Zwar klangen meine Zweifel laut ausgesprochen noch tausendmal unlogischer – immerhin half ich ab morgen in der Küche aus – andererseits reagierte dieser Mann derart seltsam, sodass ich allmählich selbst nicht mehr wusste, was ich denken oder wie ich mich verhalten sollte.

Er schüttelte sein hübsches Haupt. »Nein, überhaupt nicht.«

»Warum darf ich mein Essen dann nicht alleine kochen?«

»Weil ich dafür da bin.«

Nun war ich es, die den Kopf schüttelte. »Wie lange sind Sie schon auf den Beinen?«

Ich musste gestehen, normalerweise hätte ich einem fremden Menschen niemals eine persönliche Frage wie diese gestellt. Erstens trat ich ihm damit viel zu nahe, zweitens ging es mich nichts an.

Hier allerdings gab mir irgendetwas das Gefühl, es geradewegs zu tun. Dieser Mann wirkte nicht wie meine unfreundlichen Kolleginnen oder eine Person, welche andere gerne schikanierte oder beleidigte.

Er mutete einfühlsam an … und introvertiert.

Wie ich.

»Nun.« Der Jüngling hielt inne. »… seit circa sechs Uhr morgens.«

Ich atmete lautlos aus. »Dann wird es Zeit, dass Sie langsam ins Bett kommen. Es ist doch schon neun.«

Würde ich mich in seiner Situation befinden – ich wäre im Stehen eingeschlafen.

Ich brauchte meine acht bis zehn Stunden Schlaf – mindestens.

Er errötete. »Dann machen wir es anders.« Mit den Eiern in der Hand trat er zum rechts gelegenen Herd. »Kochen wir gemeinsam, dann sind wir am schnellsten.« Aus einem unteren Schrank zog er eine kleine Pfanne hervor, stellte diese auf die Herdplatte und schaltete sie ein. »Sie können die Eier aufschlagen … und ich hole die Zutaten. Sonst würden Sie bestimmt ziemlich lange danach suchen, oder?«

Meine Wangen erglühten.

Ich war so dumm! Wie kam ich auf die Idee, alleine zu kochen, wenn ich nicht einmal im Ansatz wusste, wo all die benötigten Küchenutensilien lagen und standen, um mir eine Eierspeise zuzubereiten?

»Da haben Sie wohl recht.«

Ein herzerwärmendes zartes Lächeln huschte über seine sanften Gesichtszüge. »Dann hole ich das Salz und den Pfeffer.«

Peinlich berührt gesellte ich mich zu ihm. »Ich brauche bloß Salz. Das reicht völlig.«

»Gut.« Er eilte auf die andere Seite.

Und ich wandte mich der Pfanne zu.

Fehlte noch etwas? Ja … die Butter.

Angestrengt hielt ich nach einem Kühlschrank Ausschau.

Wo war er nur? Die Kästen sahen sich alle zum Verwechseln ähnlich.

Das konnte in den kommenden Tagen ja noch heiter werden …

»Wo ist denn der Kühlschrank? … Ich bräuchte nämlich etwas Butter.«

Exakt gegenüber dem Herd öffnete der Mann eine mit Edelstahl verkleidete Schranktür. »Hier ist er. Man erkennt ihn beinahe nicht, oder?«

»Ja, alles sieht gleich aus. Wie lange haben Sie gebraucht, bis Sie sich gemerkt haben, wo sich all die Dinge befinden?«

Die Butter in der linken Hand und den Salzstreuer in der rechten haltend trat er zu mir. »Ganz ehrlich?« Seine schmalen Lippen formten ein weiteres zärtliches Lächeln. »Bei manchen Sachen suche ich selbst jetzt noch.«

Es war mir unmöglich, ein Kichern zu unterdrücken. »Ernsthaft?«

Von einer Sekunde auf die andere verschwand sein liebreizender Ausdruck, und Furcht legte sich über ihn.

Und mir wurde es kalt.

Hatte ich etwas Falsches gesagt? Hatte ich ihn verletzt?

O Gott!

Hegte er etwa die Vermutung, ich würde ihn auslachen?

»Mir gehts bei vielen Dingen gleich«, versuchte ich freundlich-beruhigend einzulenken. »Nur betrifft es weniger Dinge, die ich suche … sondern Dinge, die ich andauernd vergesse, obwohl ich sie längst dutzende Male gemacht habe.«

Glücklicherweise entspannten seine Züge sich. »Wie genau meinen Sie das?«

»Nun ja …« Ich zuckte die Achseln, fasste nach der Butter und öffnete sie. »Ich –«

»Warten Sie.« Vorsichtig nahm er mir die Butter aus der Hand. »Das kann ich erledigen.« Er machte einen Schritt nach links, öffnete eine Lade und entnahm einen kleinen Holzkochlöffel.

Eine jede seiner Bewegungen vollführte er mit unwahrscheinlicher Sanftheit und Bedachtsamkeit.

Wenn er nach einem Gegenstand fasste, dann griff er diesen nicht einfach an – seine Finger küssten ihn, liebkosten ihn. Sie gaben ihm das Gefühl, besonders zu sein … gebraucht zu werden.

Sorgsam gab er etwas von der Butter in die Pfanne.

»Bitte, fahren Sie fort«, ermunterte er mich, seine Stimme unsagbar sanft klingend – und mich aus meinen kruden Überlegungen ziehend.

Himmelherrgott Sakrament!

Dass meine Gedanken sich ab und an einmal in höhere Gefilde aufmachten, stellte nichts Neues dar … Doch derart abgelenkt … das war ich wahrhaftig noch nie gewesen. Erst recht nicht durch eine anwesende Person!

Zum wiederholten Male stieg mir eine beschämende Wärme ins Gesicht. »Mir … nun –« Ich hüstelte. »Zum Beispiel wird mir gezeigt, wie ich eine gewisse Abrechnung machen muss … und beim nächsten Mal habe ich wieder alles vergessen.«

Die Erinnerung daran schmerzte mir in meinem Innersten – und es nagte an meinem nahezu nicht mehr vorhandenen Selbstwertgefühl.

»Das kenne ich.« Die Augen des jungen Mannes begannen zu leuchten. »Das ist mir selbst bereits ein paar Mal passiert.«

»Es ist furchtbar«, erwiderte ich leise und blickte zur Pfanne.

Zwar fühlte ich mich nun ein wenig niedergeschlagen, dafür schien es dem Kellner viel besser zu gehen. Und seltsamerweise half diese Erkenntnis, meine eigenen negativen Empfindungen abzuschwächen.

»Die Butter ist heiß«, bemerkte er. »Sie können die Eier somit ruhig aufschlagen.«

»Oh … ja, natürlich.«

Jetzt wurde es wahrlich kritisch!

Flott brach ich die Eierschalen auf und ließ das Innere in die Pfanne gleiten.

»Genügen Ihnen zwei Eier?«

»Ja, natürlich.«

Er reichte mir den Salzstreuer. »Bitte.«

Lächelnd fasste ich danach und blickte in sein wunderschönes Gesicht. »Vielen Dank.«

Diese Situation war komplett verrückt!

Da rührte ich gemeinsam mit einem mir völlig fremden Mann eine Eierspeise zusammen und fühlte mich dabei wie zu Hause bei meinen Eltern.

Diese eigenartige Vertrautheit … diese Verbundenheit …

War es normal, auf eine solche Weise zu empfinden?

Ich hegte starke Zweifel.

An meiner Arbeit fanden Menschen üblicherweise allzeit etwas auszusetzen. Sie besserten mich im Sekundentakt aus, machten mich auf Fehler aufmerksam, kritisierten und schimpften. Darüber hinaus hatte ich in Gegenwart fremder Menschen stets mit starkem Unwohlsein zu kämpfen – nebst mich halb wahnsinnig machender Nervosität. Besonders, wenn ich mit oder neben Personen Arbeiten verrichten musste.

Aber hier? Hier kochten wir bloß … ohne Druck, ohne Stress, ohne Gezeter … ohne Angst.

Angst.

Natürlich!

Nun wusste ich, was mir seltsam vorkam! Die Versagensangst war verschwunden. Ich hegte keinerlei Bedenken, etwas falsch zu machen.

Das erste Mal überhaupt.

Der Kellner reichte mir den Holzkochlöffel. Dankend nahm ich ihn entgegen und rührte die zwei Eier kräftig um.

Weshalb fühlte ich diese Angst nicht mehr? Lag es an den Leuten, oder am Wetter? Der Schnee hatte mir wohl seit jeher Geborgenheit vermittelt …

Womöglich lag es doch alleine daran – und an dem Unfall.

Während ich mir das Gehirn zermarterte, färbte das mit dem Dotter vermengte Eiklar sich weiß.

Weshalb sollte meine Angst urplötzlich verschwinden? Immerhin plagte ich mich damit seit Jahren herum. Da konnten einige offenbar nette Menschen nichts daran ändern …

Der Mann stellte einen Teller neben den Herd. »Brot habe ich leider keines, das Sie essen dürfen. Ist das sehr schlimm?«

Verneinend schüttete ich die Eierspeise auf den Teller. »Überhaupt nicht. Ich esse Eier sehr gerne ohne Beilage.« Ich suchte des Mannes klaren Blick. »Wo darf ich die Pfanne hinstellen.«

»Warten Sie –« Behutsam nahm er sie mir aus der Hand.

Im Detail sah dies folgendermaßen aus: Zögerlich, ja nahezu verängstigt trat er zu mir und fasste nach dem Griff, ohne dabei meine Hand zu berühren. Darauffolgend ließ ich los und er machte hektisch zwei Schritte zurück. »Ich wasche sie ab. Essen Sie in der Zwischenzeit.«

Das war einfach unglaublich …

»Kann ich nicht noch etwas tun?« Ich wandte mich zu Butter und Salzstreuer. »Soll ich das wegräumen?«

»Nein, nein.« Ein kräftiges Kopfschütteln seinerseits folgte. »Essen Sie. Sonst wird es kalt.«

»In Ordnung … Danke.«

Währenddessen er die Pfanne in die Spüle legte, warf er mir ein schüchternes Lächeln zu – und mein Herz fing wie wahnsinnig zu rasen an.

Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit mir …

Ich machte mich auf den Weg hinaus – nach wie vor ein schlechtes Gewissen in mir lungernd, ihn mit dem schmutzigen Geschirr alleine zurückgelassen zu haben.

»Eierspeise?«, rief Walter mir von der Theke zu.

Nickend steuerte ich ihn an.

»Und nicht einmal ein Brot?« Stirnrunzelnd musterte er den Teller. »Das ist aber eine ganz schön magere Ausbeute.«

»Nein, das passt schon.«

Eben bemerkte ich das Fehlen von Besteck, da tauchte der junge Mann neben mir auf und legte eine silberne Gabel auf den Tresen. »Die haben Sie vergessen.«

Ich wollte mich bedanken, aber er war längst auf den Weg zurück in die Küche.

»Jan denkt an alles«, kam es vom Barkeeper.

Jan.

Genau.

So hatte Walter ihn genannt.

Jan.

Ein wunderschöner Name … Er klang sanft. Irgendwie weich, zärtlich … wie er Dinge anfasste – behutsam, liebevoll.

Ich verscheuchte alle wirren Einfälle und fing endlich zu essen an. Beim dritten Happen wurde ich mir erst meines Hungers gewahr. Im Folgenden brauchte ich keine fünf Minuten, um den Teller restlos zu leeren und in die Küche zu tragen.

Jan war eben dabei, die gewaschene Pfanne wegzuräumen.

Verwunderung lag auf seinen sanften Zügen. »Sie sind schon fertig?«

»Ja.« Ich trat zur Spüle.

»Wollen Sie noch etwas? Haben Sie noch Hunger?«

Die Wahrheit war: Ja, ich hatte nach wie vor Hunger. Meine Erschöpfung wog dennoch um ein Vielfaches schwerer, sodass ich mich weit mehr nach einem kuscheligen Bett sehnte.

»Das Einzige, das ich jetzt noch will, ist, heiß duschen und mich ins Bett kuscheln … Der Tag war anstrengend genug gewesen.«

Er lächelte mich an. »Mir gehts ähnlich.« Zögerlich gesellte er sich zu mir. »Ich werde den Teller noch schnell abwaschen.«

»Nein, nein. Ich mache das. Sie können gerne gehen.«

Kopfschüttelnd wie bedachtsam nahm er mir das Geschirr aus der Hand und drehte den Wasserhahn auf.

Da konnte ich wohl hoch und niederhüpfen, dieser Mann würde nicht nachgeben.

Schweigend beobachtete ich ihn bei seinem Tun. Es wurde mir regelrecht warm dabei. Dermaßen lieblich, ja rücksichtsvoll, wie er mit dem Geschirr umging, hätte ich ihn am liebsten stundenlang zugesehen.

Zärtlich griff er nach dem Geschirrtuch, trocknete den Teller ab und räumte ihn nahezu geräuschlos weg. »Geschafft.« Nachdem er das Tuch fürsorglich über den Ofengriff gehängt hatte, drehte er sich zu mir. »Ein weiterer Tag überstanden.«

Erschrocken ob der Tatsache, ihn ungeniert beobachtet zu haben, räusperte ich mich. »Vielen Dank nochmals.«

Sein Lächeln wuchs an. Auf eine Art schien seine Schüchternheit abzunehmen. »Keine Ursache.«

Gemeinsam traten wir in den Essbereich.

»Dann wünsche ich Ihnen eine gute Nacht.«

Ein letztes Mal blickte ich in seine hellgrünen klaren Augen. »Das wünsche ich Ihnen ebenfalls.«

Für den Moment eines Wimpernschlags erweckte Jan den Eindruck, den Speisesaal nicht verlassen zu wollen. Doch ehe ich weiter darüber nachzudenken in der Lage gewesen wäre, drehte er sich um und ging los. Flott schritt er an der Theke vorbei weiter hinaus Richtung Rezeption.

»Er ist ein netter Bursche, oder?«, riss Walter mich aus meiner abermaligen Glotzerei.

Himmel! Das wurde sekündlich schrecklicher!

Ein Gähnen unterdrückend wandte ich mich zu meinem Lebensretter um. »Ja, das ist er wirklich … ihr alle seid anders als die Leute, die ich kenne.«

Der Schneepflugfahrer zog die Augenbrauen hoch. »Wie meinst du das denn?«

»Nun ja.« Ich überlegte. »Die meisten Personen sind das genaue Gegenteil … kühl, distanziert.«

»Dann wohnst du in der falschen Gegend.«

Ich musste schmunzeln. »Ja, wahrscheinlich.«


Dass diese Zeit nie vorübergeht


Hand in Hand schlendern wir durch das Einkaufszentrum.

»Wie wäre es hiermit?« Christina zeigt auf ein Bistro, dessen Sitzgelegenheiten sich in einer groß angelegten, geschwungenen Aussparung neben dem Gang befindet. »Das kenne ich. Es schmeckt da sehr gut.«

»Einverstanden.«

Wir wählen einen etwas abseits gelegenen Tisch und setzen uns.

Mit zusehends heißer werdenden Wangen legt sie ihre Hand auf meine. »Diese wunderbaren Dinge, welche du vorhin mit mir anstelltest … Ich kann es nach wie vor kaum fassen …« Unvermittelt formen Tränen sich in ihren strahlenden Augen. »So sehr habe ich es mir gewünscht … so sehr.« Die letzten Worte sind nicht mehr denn ein gepresstes Flüstern. »Sag mir bitte, dass es kein Traum ist. Ich habe Angst, aufzuwachen – in einem leeren kalten Bett, ohne dich.«

Ich bette meine linke Hand auf ihre. »Das ist kein Traum. Dafür fühlt es sich erstens viel zu schön an. Und zweitens vermag ich gar niemals etwas solchermaßen Wunderschönes zu träumen.« Ich schenke ihr ein breites Lächeln. »Deshalb kann es kein Traum sein. Zumal ich selbst jede Sekunde aufzuwachen vermute.«

Ihr süßes herzerwärmendes Kichern erfüllt die Luft, vermischt sich mit Musikklängen und Gesprächsfetzen der vorbeischreitenden kauffreudigen Menge. »Das beruhigt mich … Dennoch fürchte ich mich bereits davor, dass diese schöne Zeit ein jähes Ende findet.« Bekümmert blickt sie zur Seite, auf welcher eine Orchidee ihre üppige rosa Blütenpracht würdevoll präsentiert. »Mein Leben lang trug ich diesen Wunsch in meinem Herzen … Ein Leben lang wartete ich, betete ich, hoffte ich … so fürchterlich viele Jahre … dennoch hält sich stets diese Beklommenheit im Hintergrund, uns früher oder später zu trennen – uns aneinander sattzusehen.« Zögerlich wendet sie sich mir zu. »Das will ich nicht. Niemals. Ich will bei dir sein. Mein Leben lang.«

Diese unbeschreibliche Geborgenheit sich in meiner Seele ausbreitend drücke ich Christinas Hand. »Das will ich ebenso!« Ich lehne mich über den rundlichen Metalltisch und gebe ihr einen kurzen Kuss. »Da wir beide gleich empfinden und dieselben Sorgen teilen, bin ich mir sicher, dass unsere Liebe allen Problemen trotzen wird.«

»Und wenn irgendwann der Alltag über uns hereinbricht?«

»Dann werden wir beide dafür kämpfen, ihn erfolgreich zu verscheuchen … selbst wenn dies bedeutet, uns jeden Tag vor Wut mit Tellern zu bewerfen.«

Für einen Moment scheint Christina erschrocken. Doch schließlich versteht sie die Bedeutung meiner Aussage und fängt herzlich zu lachen an – ein solch glückliches Lachen, bei welchem mir keine andere Wahl bleibt, denn miteinzustimmen.

»Unsere Liebe hat erst angefangen«, erkläre ich weiter, alsbald unsere überschwängliche Freude sich gelegt hat. »Geben wir ihr Zeit, um zu wachsen und zu gedeihen. Sie ist ein zärtliches Pflänzchen, welches schnell verwelken kann. Bei uns allerdings, da bin ich mir sicher, wird dies niemals geschehen.«

»Du kleiner Poet.« Sichtlich berührt wie beruhigt tätschelt Christina meinen Handrücken. »Eine jede deiner Äußerungen ist unwahrscheinlich kostbar.«

Ohne es zu wollen, erröte ich. »Für dich würde ich alles tun – ein paar unscheinbare Worte aneinanderzureihen, ist da das Mindeste.«

Kichernd schüttelt sie ihr entzückendes Haupt. »Du bist wie aus meinen geheimen Träumen entsprungen.«

Heftige brennende Gefühlswellen brechen über mich herein. »Das Kompliment gebe ich uneingeschränkt zurück.«

Solange ich lebe, werde ich meine Liebe zu ihr aufs Neue erblühen lassen – und ihr diese Blüten zum Geschenk machen.

Wie eine stolze Orchidee.

Wenn eine Blüte verwelkt, erblüht die nächste.

Kapitel 6 – Wunsch und Wirklichkeit


Erst, wenn Liebe dich überschwemmt, dich hinfort reißt, dich deines

Verstandes beraubt, ist sie echt.

Das klingt toll?

Ist es auch!

Bloß hat diese Sache einen gewaltigen Haken:

Dieses Gefühl muss stets von zwei Seiten kommen.


Es konnte doch peinlicher werden!

Jan eilte die Stufen hoch.

Jetzt bloß ab ins Zimmer und unter die Dusche, dachte er und sperrte die Tür auf.

Grundgütiger!

Dieses bezaubernde Wesen einer Frau!

In der ersten Sekunde hatte er sie nicht wiedererkannt. Daran waren aber lediglich das wunderhübsche figurbetonte Kleid mit dem Blumenmuster und die hüftlangen, gewellten, durch die schummrige Abendbeleuchtung dunkelbraun wirkenden Haare schuld gewesen!

Alsbald sie sich umgedreht hatte … Himmel! Da war es ihm heiß und kalt geworden.

Ihre meerblauen Augen … ebenso blau, wie er sich Christinas Augen stets vorgestellt hatte. Sanft geschwungene Augenbrauen … einer Prinzessin würdig. Ihr süßer Mund … zum Küssen gemacht.

Wenn es ihm gestattet gewesen wäre, hätte er sie stundenlang betrachtet. Stundenlang und eine Ewigkeit …

Jan legte seine Kleidung ab und huschte unter die Dusche.

Und dann bestand sie darauf, selbst zu kochen! … Mit ihm zu kochen!

Solch eine elegante wie betörende Frau, welche mit einem minderwertigen Küchengehilfen zusammenarbeitete … Konnte dies denn der Realität entsprechen?

Je mehr Zeit verging, umso fantastischer mutete die letzte halbe Stunde an.

War sie etwa gar ein weiterer bittersüßer Tagtraum, entsprungen aus seinem sich nach Liebe sehnenden Herzen?

Er drehte das Wasser heiß auf.

Wie sehr er sich von ihrem edlen Aussehen hatte täuschen lassen!

Sie war keine verwöhnte, eingebildete Tochter eines reichen Geschäftsmannes. Sie war eine herzensgute, bezaubernde, liebevolle Tochter eines reichen Geschäftsmannes!

Dass er einen solchen Umstand noch erleben durfte.

Wenn er an die letzten Jahre zurückdachte, erinnerte er sich bestenfalls an eine Handvoll gutherziger – und üblicherweise betagter – Gäste, welche ihn und die anderen Hotelbediensteten wie Gleichberechtigte behandelt hatten.

Aber eine junge wunderhübsche Frau wie sie …?

Nein.

Das hatte es bislang nicht gegeben.

Das heiße Wasser strömte über seinen schmerzenden Rücken, lockerte die verspannte Muskulatur.

Lisa.

So hatte Walter sie genannt.

Lisa.

Welch wunderschöner Name!

Er schloss die Augen, gab sich dem Gefühl des ihn umarmenden Wassers hin. Doch gleichgültig wie gut es sich anfühlte, das kostbare Nass vermochte es einfach nicht, sein rasend Herz zu beruhigen. Seine Nervosität, hervorgerufen durch Lisas Grazie und die Art, wie sie ihn anblickte – voller Güte und Liebe – raubte ihm nach wie vor den Atem.

Wie es ihm gelungen war, sich mit ihr zu unterhalten – darüber wunderte er sich selbst jetzt.

Für gewöhnlich saß er lieber irgendwo alleine, las ein Buch oder beobachtete die vorüberziehenden Wolken. Bloß manchmal, wenn er sich sicher und geborgen fühlte, kamen ihm Worte über die Lippen.

Lisa.

Wie gerne hätte er sie länger um sich gehabt.

Als sie gemeinsam in den Speisesaal zurückgegangen waren … mein Gott … wie schön es sich angefühlt hatte, sie an seiner Seite zu wissen. Er hatte sich zwingen müssen, weiter zu gehen und nicht bei ihr zu bleiben … ihre Hand zu erfassen … sie an sich zu drücken.

Wie schmeckten ihre Küsse? Wie würde es sich anfühlen, wenn sie in seinen Armen läge?

Grundgütiger!

Sie sah ihr doch so ähnlich! … Ihre Ausstrahlung, ihre Gesten … als wäre seine Romanfigur zum Leben erwacht.

Er schüttelte den Kopf.

Dabei war sein Buch einzig und allein aus Sehnsucht entstanden.

Er hatte es zu jener Zeit geschrieben, als seine große Liebe ihn zum ersten Mal verlassen hatte. Damals war seine Welt zusammengebrochen. Aber noch ehe er die Geschichte zu Ende verfasst hatte, kam sie zu ihm zurück. Er hatte es als eine Art Zeichen angesehen, hatte vermutet, sein Traum von einer lebenslangen zärtlichen Partnerschaft würde endlich Wahrheit werden. Er machte ihr einen Heiratsantrag. Sie stimmte zu. Er vollendete sein Werk und veröffentlichte es.

Damals hatte er tatsächlich auf ein Happy End gehofft. Er hatte geglaubt, die Frau aus seinem Roman wäre seine Verlobte gewesen.

Wie töricht er gewesen war!

Niemals war sie diese Frau gewesen, und niemals würde sie es sein!

Er fuhr sich durchs nasse Haar.

Weshalb hatte es nicht glücken dürfen? Weshalb war sie nicht geblieben? Weshalb hatte sie nicht die fürsorgliche und gefühlsbetonte Frau darstellen können, die er sich inniglich wünschte?

Lisas meerblaue Augen blitzten vor ihm auf.

Ja, Lisa war es! Sie war es.

Das wiederum hörte sich solchermaßen töricht an, sodass er allmählich nicht mehr wusste, was er denken oder empfinden sollte.

Derart oft hatte er sich geirrt. Derart oft hatte er gelitten …

Dabei fühlte es sich unwahrscheinlich richtig an – ihre Gegenwart, ihr Aussehen, ihr Benehmen.

Schlicht und ergreifend alles.

Er fasste nach dem Duschgel.

Verrennte er sich da in irgendetwas? War er etwa bereits dermaßen kleinmütig, auf dass es bloß eine hübsche Frau bedarf, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen?

Er fühlte sich zerrissen, verunsichert – einsam.

Existierte wahre Liebe? Existierte bedingungsloses Vertrauen? Vermochte eine Frau es, einen Mann bis in alle Ewigkeit zu lieben?

Wie oft hatte er sich über diese Fragen den Verstand zermartert – einzig, um sich ungleich verzweifelter und frustrierter zu fühlen?

Er seufzte.

Seine Verlobte hatte ihm alle Träume geraubt. Sie hatte ihn innerlich getötet und weggeworfen.

Anfangs hatte er wahrhaftig angenommen, seine große Liebe gefunden zu haben. Für ihn war gar nichts anderes vorstellbar gewesen. Er war blind gewesen – blind und taub. Zu spät war ihm bewusst geworden, dass Liebe stets von zwei Seiten kommen musste.

Für sie hatte er sich aufgeopfert – alles gegeben, was er geben konnte. Und Sie? Ihr war es nie genug gewesen. Sie wollte haben und bekommen – Geschenke, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Gewand, Schmuck, Schminke … Geben, jedoch war ihr kein Begriff gewesen.

Jan verteilte das frische Duschgel auf seiner Haut.

Vielleicht sollte er versuchen, die Sache etwas ruhiger anzugehen.

Fakt war: Lisa stellte etwas ganz Besonderes dar – Zweifel hin oder her.

Bedauerlicherweise vermochte diese Feststellung ihm keine Garantie dafür zu geben, von ihr nicht ebenso ausgenutzt zu werden, wie es durch seine ehemalige Verlobte geschehen war.

Er musste sich vorsichtig vortasten – sie beobachten, zwischen den Zeilen lesen, akribisch darauf hören, was sie sagte. Womöglich war es ihm auf diese Weise möglich, einen kurzen Blick auf ihr wahres Gesicht zu erhaschen.

Er duschte zu Ende, trocknete sich ab und schlüpfte in seine weiße dünne Trainingshose. Tief durchatmend trat er ans Fenster und zog den Vorhang zur Seite. Das ausgestrahlte Licht der Außenbeleuchtung wie die beleuchteten Fenster der angrenzenden Häuser waren durch den dichten Schneefall kaum mehr auszumachen.

Obwohl er den Schnee aus tiefster Seele liebte, wurde es nun selbst ihm etwas mulmig zumute. Wenn der Schneefall diese Intensität beibehielt, da war er sich sicher, würde es nicht mehr lange dauern, bis die ersten Dächer nachgaben.

Mit anwachsender Sorge zog er die Vorhänge zu und kuschelte sich in das kleine Bett. Hoffentlich verunglückte niemand da draußen. Hoffentlich hielten die Häuser dem gewaltigen Gewicht des Schnees stand. Hoffentlich geschahen keine Autounfälle. Aber weit mehr hoffte er, Lisa morgen erneut zu begegnen.

Womöglich durfte er ihr das Frühstück servieren … oder das Mittagessen. Und vielleicht – wenn es ihm gelang, seinen vermaledeiten Mut zusammenzukratzen – würde er sie auf ein Getränk einladen … am Abend, nach getaner Arbeit. Womöglich konnten sie ein wenig zusammensitzen und reden.

Worüber?

Er wusste es nicht.

Einfach zusammensitzen … in ihre wunderschönen Augen blicken, ihre Hand ergreifen, sie in die Arme nehmen …

Seufzend drehte er sich auf die Seite.

Ihre Haare hinter ihre Ohren streichen, seine Lippen auf ihre legen …

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