Kitabı oku: «Right in your heart», sayfa 7

Yazı tipi:

Am liebsten hätte ich den Urlaub gecancelt. Ein paar Minuten später fiel mir eine bessere Idee ein: Theo zusammenschlagen und dann den Urlaub canceln. Und noch etwas später wollte ich lediglich heulen und mich ins Bett verkrümeln. Was war bloß los mit meiner Gefühlswelt? In der Vergangenheit hatte ich mich stets im Griff gehabt. Ich weinte äußerst selten – und wenn es denn einmal geschah, dann allein zu Hause unter der Dusche. Des Weiteren sprach ich nahezu gar nicht über persönliche Vorlieben oder Meinungen meinerseits. Niemals ließ ich mich auf fremde Personen ein, hielt sämtliche Beziehungen – ob beruflich oder privat – ausnahmslos kühl.

Ich blieb auf Abstand.

Immer!

Immer, verdammt noch mal!

Die einzige Ausnahme bildete Dan: Ihm hatte ich private Dinge anvertraut. Und zum Glück zeigte er jedes Mal großes Verständnis und Seriosität. Dass ich jedoch einen fremden Typen – unerheblich, ob Interpolbulle oder nicht – derart nahe an mich lassen würde, sodass ich mir überdies eine Beziehung mit diesem vorzustellen begann, bildete den Tiefstpunkt in der Geschichte meines erbärmlichen Daseins! Die Sache mit der Selbstbefriedigung hätte mich längst warnen müssen! Ich war drum und dran mich in diesen Idioten zu verlieben – oder wenigstens, ihn übermäßig sympathisch zu finden.

Ach, was!

Das tat ich doch längst!

Wohin hatte sich meine Härte verabschiedet? Hatte ich sie zu Hause gelassen? Hatte das romantisch-exotische Ambiente Schuld? Oder war ich letzten Endes wirklich nur notgeil?

Mit Tränen in den Augen absolvierte ich meine letzten zwanzig Liegestütze, die ich zuvor nicht mehr durchgehalten hatte.

Erst versagte ich beim Sport und zu allem Überfluss zeigte ich Schwäche bei fremden Männern!

Dieser Urlaub entwickelte sich allmählich zu einem Albtraum. Ein Albtraum mit schöner Hintergrundkulisse.

Außer Atem zog ich mir meinen dunkelblauen Bikini an und stieg hinab in den türkisfarbenen in der Sonne silbern funkelnden Pool.

Das Meerwasser fühlte sich ziemlich kühl an, hervorgerufen durch meinen erhitzten Körper.

Möglicherweise gelang es der Kälte, meinen Verstand zu reaktivieren und diese bescheuerten Bilder von wilden Nächten mit Theo zu vertreiben. Das Verlangen, nachzugeben und es mit ihm zu treiben, ohne über die Konsequenzen nachzudenken.

Ging das überhaupt: Sex ohne Liebe?

Nein. Nicht in meinem Fall.

Finge ich etwas mit ihm an, würde ich mein Herz verlieren – das wiederum brächte mich letzten Endes um.

Ergo: Ich musste handeln.

Ich musste meine aufwallenden Gefühle abschalten, ehe es zu spät war. Ich durfte mich nicht mehr mit ihm abgeben. Keine Sekunde mehr. Am besten mit niemandem mehr.

Die Idee mit der Abreise wurde zusehends attraktiver.

Wie auch immer ich mich entschied, zumindest bis morgen blieb ich.

Ich wollte unbedingt die verlassene Insel besuchen. Da hatte ich ohnehin Ruhe vor Theo und könnte meine wirren Gedanken ordnen, stundenlang aufs Meer glotzen, mich von den Wellen hypnotisieren lassen …

Ich atmete tief durch.

Ja, womöglich würde mir diese Abwechslung helfen.

Ausgelaugt von dem Gefühlschaos lehnte ich mich zurück und beobachtete zarte über das Firmament ziehende Schleierwolken.

Die Zeit bis zum Mittagessen würde ich im Bungalow verbringen. Ich konnte und wollte nicht mehr hinaus und Theo über den Weg laufen. Die Gefahr war zu groß. Darüber hinaus hätte unser Treffen wahrscheinlich erneut in einer Katastrophe gemündet.

Ich stieß mich von der Wand ab, glitt zur gegenüberliegenden zum Meer zeigenden Seite, legte die Arme auf den verfliesten Poolrand, verschränkte sie und stützte das Kinn darauf ab.

Anmutig und erhaben lag der kristallblaue Ozean in friedlicher Ruhe vor mir. Sanfte Wellen glitzerten in der Sonne. Kleine Haie, deren Haut silbergrau schimmerte, schwammen auf der Suche nach Futter gemächlich Richtung Strand.

Mein Blick schweifte zu dem Punkt, an welchem Horizont und Wasser sich zu vermischen begannen … und meine Gedanken drifteten ab – in die Vergangenheit … in eine Zeit, die mich am stärksten geprägt hatte.

Geboren worden war ich in Kärnten. Im zarten Alter von sechs hatte meine Mutter, damals eine aufstrebende Rechtsanwältin, einen reichen Geschäftsmann meinem Vater und mir vorgezogen.

Seit diesem Tage kümmerte sich mein Vater um mich. Bis zu seinem Tode sollte sich an diesem Umstand nichts ändern.

Mein Vater hatte meine Mutter abgöttisch geliebt. Niemals wäre es ihm gelungen, sich in eine andere Frau zu verlieben, geschweige denn ein zweites Mal zu heiraten. Anstatt sich selbst glücklich zu machen, steckte er all seine Kraft in meine Erziehung.

Er war streng, aber gerecht.

Mir mangelte es an nichts. Ich erhielt vernünftiges Essen, gewaschene Kleidung und Süßigkeiten. Wünschte ich mir etwas Besonderes, wie zum Beispiel neues Spielzeug, musste ich Leistung erbringen.

Ohne Leistung gibt es nichts auf dieser Welt, hatte er stets zu sagen gepflegt.

Und er behielt behalten. Wie in allen Dingen.

Wenn sich mein Notendurchschnitt verschlechterte, erhielt ich keine Geschenke. Wenn mir Fehler passierten, gab es Hausarrest.

Geschlagen jedoch hatte er mich nie. Nicht ein einziges Mal, allerdings hatte ich ihm auch niemals Anlass dazu gegeben.

Beinahe ausschließlich brachte ich sehr gute Noten mit nach Hause – meine Abschlüsse bestand ich regelmäßig mit ausgezeichneten Erfolgen. Darauf war er jedes Mal unglaublich stolz.

Dann hatte ich nicht bloß Materialistisches erhalten, ebenso hatte er mich mit Umarmungen und berührenden Worten beschenkt.

Niemals hatte er gezögert, um mir zu verdeutlichen, wie viel ich ihm bedeutete.

Aber selbst bei Misserfolgen hatte er mich stets anzuspornen versucht. Er war kein Vater, der seine Kinder runtermachte, wenn diese nicht funktionierten.

Wie gesagt, er war zwar streng, dafür gerecht – und niemals herzlos.

Seit jeher wollte er aus mir eine selbstständige Frau machen. Es war ihm zuwider, seine Tochter mit blöden Zicken spielen zu sehen.

Für mich war es ein Leichtes, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Schließlich nervten all diese barbiepuppenspielenden Mädchen mich mindestens gleichermaßen wie quengelnde, unerzogene Kinder.

Mein Vater wollte, dass ich einen verantwortungsvollen Beruf erlernte. Darum entschied ich mich für die Polizei.

Wie glücklich ich ihn damit gemacht hatte! Welche unwahrscheinliche Freude er ausgestrahlt hatte, als ich ihm erzählte, wie einfach es mir gefallen war, die Aufnahmeprüfung zu bestehen.

Diese Augenblicke waren mir die liebsten. Das waren die Momente, für die ich lebte: andere glücklich zu machen … sie nicht zu enttäuschen.

Mein Vater starb, da hatte ich eben mein einundzwanzigstes Lebensjahr erreicht.

Ein einfacher Herzinfarkt hatte ihn mir genommen.

Ich wusste, ich hatte ihn niemals enttäuscht. Diese Gewissheit gab mir die nötige Kraft, um weiterzumachen. Dessen ungeachtet hatte der Verlust ein einschneidendes Erlebnis dargestellt. Die Gewissheit, von einem Tag auf den anderen vollkommen allein durch die Welt zu gehen, hatte mich für einige Zeit regelrecht gelähmt. Es gab keine weiteren Verwandten, mit welchen ich in Kontakt stand, und bedeutend weniger Freunde oder gute Bekannte. Nichtsdestotrotz hatte ich gekämpft – und gesiegt.

Doch je länger ich alleine auf der Straße des Lebens dahinschritt und über meine Kindheit sinnierte, desto einsamer fühlte ich mich.

Schlussendlich wurde ich mir der bitteren Tatsache bewusst: Mein Leben lang hatte ich für meinen Vater gelebt. Ich hatte dafür gekämpft, ihn glücklich zu machen. Mit meinem Fleiß hatte ich versucht, sein Herzensleid zu lindern, ihm eine gute Tochter zu sein. Manchmal hatte ich mich sogar dabei ertappt, mich für seine gescheiterte Beziehung schuldig zu fühlen – zu glauben, meine Geburt hätte meine Mutter dazu bewogen, uns zu verlassen.

Mit der neuen Freiheit und dem fehlenden Druck seitens meines Vaters verschwanden die Schuldgefühle. Stattdessen taten sich mehr und mehr Zweifel auf: Habe ich mich durch dieses Für-jemanden-anderes-Leben selbst enttäuscht? Was habe ich aus meinem Leben gemacht? Wie will ich meine Zukunft gestalten? Was wünsche ich mir vom Leben?

Mein Vater hatte mir eingebläut: »Lass dich nicht auf eine Beziehung ein. Lediglich dann, wenn du dir hundertprozentig sicher bist. Und nicht einmal dann! Männer brechen dir das Herz. Sie spielen mit dir. Es gibt nicht viele, die es ernst meinen. Wenn du das im Hinterkopf behältst, wirst du niemals unglücklich werden. Glaub mir.«

Und ich hatte ihm geglaubt.

Und ich hatte mich daran gehalten.

Bis ich auf Jake traf. Dieses verfickte Arschloch. Meine Alarmglocken hatten geschrillt, dennoch hatte ich sie ignoriert.

Ich hatte wahrhaftig angenommen, mir würde es niemals passieren, betrogen zu werden. Ich war mir hundertprozentig sicher gewesen. Denn im Verborgenen hatte ich stets vermutet, irgendwann den Partner fürs Leben zu finden – glücklich zu werden, eine wundervolle Beziehung zu führen.

… mit einem rücksichtsvollen liebenden Mann an meiner Seite das Leben gemeinsam bestreiten …

Ich hatte es mir innigst gewünscht, ja schier eingebildet – ich ignorierte alles um mich herum. Kein Betrug, kein Missverständnis, keine Probleme waren für mich vorstellbar gewesen. Zu wunderbar hatte sich die Verliebtheit angefühlt, zu glücklich war ich gewesen, nicht mehr ignoriert zu werden, Komplimente zu erhalten, geküsst zu werden.

Alleine diesen einen liebevollen Mann hatte ich vor mir gesehen. Ein Mann, an den ich mich anlehnen durfte …

Dass exakt dieser Wunsch mir das Genick brechen würde, hatte ich nicht eine Sekunde lang in Betracht gezogen.

Und mein Vater hatte recht behalten.

Männer logen und betrogen. Ebenso wie Frauen. Sie waren allesamt dieselben verlogenen, egoistischen, abartigen Drecksäcke.

Lediglich alleine konnte man glücklich werden.

Eine meine Seele herausreißende Empfindung brach über mich herein.

Ja, ausschließlich alleine konnte man glücklich werden.

Bloß, wie sollte ich mein Glück finden, wenn ich nicht mehr wusste, wie ich weitermachen sollte?

Dermaßen viele Dinge hatte ich ausprobiert, hatte alles versucht, um mich abzulenken. Dennoch überkam mich von Zeit zu Zeit dieses schreckliche Gefühl – diese bohrende Einsamkeit, dieses brennende Verlangen nach Liebe und Verständnis … nach einem Zuhause.

Es stimmte, ich besaß alles, um mich glücklich fühlen zu können: Einen Job, eine Wohnung, ein Auto, warmes Wasser, gutes Essen … aber diese zwischenmenschlichen Gefühle, die fehlten manchmal … nein … sie fehlten andauernd … unbeschreiblich.

Und je länger ich mich auf der Insel aufhielt, desto intensivere Ausmaße nahmen diese an. Zu Hause waren sie abgeschwächter – möglicherweise hatten mein Job und das Training mich stark genug gefordert …

Weshalb musste das Verlangen nach Nähe und Geborgenheit sich derart heftig anfühlen?

Ich starrte auf die Wellen, überlegte, wie es sein würde, wenn Theo kein Macho gewesen wäre …

Er wäre der perfekte Partner.

Ein Mann, an den ich mich anlehnen durfte, wenn ich es brauchte, ein ähnlicher Job mit den gleichen Prioritäten, und anscheinend weiteren Gemeinsamkeiten: Der Spaziergang, den er in der Früh machen wollte … sein Frühstück – ich vergötterte Schinken und Eierspeise – seine kämpferischen Fähigkeiten. Dies waren Dinge, die ich schätzte, Dinge, die ich mochte, Dinge, die ich liebte.

Verfluchte Drecksscheiße!

Tränen raubten mir die Sicht auf das glitzernde Meer.

Weshalb musste die Einsamkeit stets schmerzen?

Es klopfte an der Tür.

Ein weiteres Mal Scheiße!

Die Beweise meiner Schwäche von den Wangen wischend stieg ich aus dem Pool, trocknete mich behelfsmäßig ab und lief zur Eingangstür.

Ohne nachzudenken, öffnete ich sie.

Heute weiß ich: Das würde ich niemals wieder tun!

»Hey, Kleine. Was hältst du von einer Runde Kickboxen auf der anderen Seite der Insel?«

Theo stand da, in all seiner Pracht: Das offene strahlend weiße Leinenhemd, die kurze naturfarbene Hose und die gewellten Haare, welche der Wind ihm in die goldenen Augen wehte.

Abermals raubte es mir den Atem.

Weshalb?

Keine Ahnung.

Seine Stirn gekraust trat er einen Schritt zu mir. »Du siehst noch schlechter aus. Was ist los?«

Weshalb interessierte es ihn, wie es mir ging? Tat er das ebenfalls, um mich ins Bett zu bringen?

Irgendwie wurde ich aus diesem Menschen nicht schlau. Und das Allerschlimmste: Bei ihm schrillten keine Alarmglocken.

Dabei war es offensichtlich!

Er wollte keine Beziehung. Er wollte einen Fick. Mehr nicht.

Ich versuchte, die Tür zuzumachen – und wurde von ihm geschickt daran gehindert.

Mit beiden Händen drückte er das Türblatt in meine Richtung. »Ich glaube … wir sollten ernsthaft vernünftig miteinander reden.«

»Ich kenne dich nicht«, erwiderte ich und hielt mit aller Kraft dagegen. »Ich werde dir nichts über mich erzählen. Also lass es.«

Einerseits mutete er wütend an, andererseits besorgt. »Gut.« Damit hob er die Hände in einer beschwichtigenden Geste in die Höhe – allerdings nicht ohne einen Fuß gegen das Türblatt zu stellen. »Ich gebe es zu: Ich wollte dich überreden, eine Nacht mit mir zu verbringen – wie ich es dir von Anfang an sagte … Aber jetzt.« Damit deutete er Richtung Boden. »Ich stehe hier, um mit dir zu reden – ganz vernünftig und ehrlich. Ich will wissen, was mit dir los ist. Du reagierst extrem seltsam.« Er stockte, überlegte. »Dabei interessiere ich mich normalerweise nicht für mysteriöse und kratzbürstige Weiber.«

Kratzbürstig?!

»Ich bin Single«, fuhr er fort, ehe ich etwas einwerfen konnte. »Will meinen Spaß und fertig.«

Zeigten seine Wangen etwa einen Anflug von Pink?

»Aber bei dir bin ich schlichtweg zu neugierig. Du lässt mir keine Ruhe. Außerdem begegnen wir uns andauernd … und würden uns weiterhin begegnen. Da bleibt mir gar keine andere Wahl, als dich immer wieder anzusehen und zu rätseln, weshalb du derart eigenartig rüberkommst.«

Es entstand eine Pause, in welcher sein Blick sich kontinuierlich intensivierte. Und logischerweise tat sich flugs eine Hitzewelle in mir auf.

»Ich bin ein typischer Single-Mann. Ich liebe es zu flirten, heiße Nächte mit scharfen Weibern zu verbringen und manch einem männlichen Konkurrenten den Schädel einzuschlagen. Davon einmal abgesehen bin ich aber sicherlich kein herzloses, berechnendes, egoistisches Arschloch, das auf Frauenfang geht und auf Gefühlen anderer herumtrampelt.«

Er atmete hörbar durch.

Anscheinend fiel ihm diese Stellungnahme schwer.

»Ja, ich will Sex mit dir. Nein, ich will dich nicht verletzen, solltest du dich davor fürchten. Es geht mir wirklich nur um eine einmalige Sache. Das sage ich dir ganz offen. Ich werde dir nicht die große Liebe vorspielen, damit ich es mit dir treiben kann. Ebenso wenig werde ich dich anlügen oder dir nicht ernst gemeinte schleimige Komplimente zusäuseln.« Ein Hauch von Argwohn huschte ihm über seine Gesichtszüge. »Und solltest du, in sexueller Hinsicht, überhaupt nichts von mir wollen, könnte ich –« Mahnend erhob er den Zeigefinger. »Könnte ich es mir sogar vorstellen, dich als eine gute Freundin anzusehen. Ein Kumpel, verstehst du?« Für den Bruchteil einer Sekunde wandte er sich zur Seite. »… So etwas habe ich nämlich nicht … um ehrlich zu sein.« Theo schnitt eine Grimasse. »Jetzt klinge ich wie eine verweichlichte, eierlose Fotze.« Er schüttelte seine Gestalt. »Ekelhaft.«

Zuallererst wollte ich heulen – und das einzig aufgrund seiner entwaffnenden Ehrlichkeit.

Allmählich verstand ich mich selbst nicht mehr …

Anstatt zu weinen, fing ich aber zu lachen an – unbeschwert und ungezwungen.

Es fühlte sich herrlich an.

Wann hatte ich das letzte Mal aus vollem Herzen gelacht?

Wahrscheinlich vor drei Jahren …

»Hey, das ist nicht witzig. Ich vollführe hier einen Seelenstriptease alleine für dich und du lachst mich aus! Da kann ich auf eine Freundschaft mit dir getrost scheißen!«

Seelenstriptease. Das war zum Brüllen!

Lachend schüttelte ich den Kopf. »Tut mir leid.«

Theo wurde zusehends mürrischer. Dies bekundeten seine sich zu Schlitzen verengenden Augen. »Dann lach nicht so bescheuert! Schließlich sind wir keine Kinder!« Dies gesprochen drückte er die Tür auf und trat ein, infolge dessen ich kichernd einen Schritt auf die Seite machte.

»Hörst du endlich auf, oder soll ich gehen?«

»Gut. Okay. Ist schon in Ordnung. Ich lache dich jedenfalls nicht aus, solltest du das glauben.«

»Diesen Eindruck erweckst du aber«, konterte er beleidigt und stellte sich in die Mitte des Wohnraumes.

Währenddessen ich ihn dabei beobachtete, wie er sich in meinem Domizil umschaute, hallte mir seine letzte Äußerung nochmals durch den Sinn: »Ja, ich will Sex mit dir. Nein, ich will dich nicht verletzen.«

Sofern er dies ernst meinte, besaß er augenscheinlich mehr Hirn als der Pöbel’sche Durchschnitt. Dies wiederum entfachte eine erst kürzlich abgestorbene Hoffnung, mich in ihm womöglich nicht gänzlich geirrt zu haben.

Vielleicht sollte ich ihm eine Chance einräumen … eine Freundschaft wäre mir in jedem Fall Willkommen.

»Hier sieht’s genauso aus, wie in meiner Bude«, riss er mich aus meinen Überlegungen. »Zumindest mit einer anderen Einrichtung hatte ich gerechnet.«

Ich schloss die Tür und trat zu ihm. »Worüber willst du mit mir reden?«

Theo drehte sich um – zeigte mir ein verschmitztes, unheilschwangeres Grinsen. »Zuallererst werde ich mir meine Sachen ausziehen.«

»Bitte was?!«

Bevor ich etwas Weiteres erwidern konnte, hatte er das Hemd bereits auf die Seite geworfen und die schwarzen Schlappen wegggekickt.

Scheiße!

Was wollte er damit bezwecken?!

»Ich habe dir gesagt«, brachte ich zittrig entgegen. »Ich mache es nicht mit dir. Was soll das also werden?«

Wenn er nun nackt vor mir stünde, was würde ich tun? Ihm um den Hals fallen oder ihn zusammenschlagen?

»Darum geht es nicht.«

Er zog die Short runter –

Und ich atmete auf.

Gott sei Dank präsentierte er mir eine schwarze eng anliegende Badeshorts, die, nebenbei erwähnt, seinen knackigen Hintern unverschämt gut in Szene setzte.

»Ich will mit dir im Pool sitzen und reden.«

»Und auf der Couch geht das nicht?«

»Nein, das ist langweilig.« Die Hose landete auf seinem Hemd, dann fasste er nach meiner Hand und zerrte mich hinaus.

Ich ließ ihn gewähren.

Vorerst.

»Sogar der Pool sieht ident aus. Interessant.«

Mit einem sanften Lächeln und meinen Körper von oben bis unten begutachtend glitt er ins Wasser – ich folgte.

»Ach ja, hübscher Bikini. Modelst du nebenbei?«

Was?

Modeln?

»Nein. Wie kommst du darauf?«

Verblüffung verdrängte Freude und restlichen Schelm. »Willst du mich verarschen?«

»Nein.« Ich schaute gen Himmel, dann zurück zu ihm. »Ich glaube nicht. Weshalb auch?«

»Aber du siehst umwerfend schön aus. Das müssen dir bestimmt hunderte Leute vor mir gesagt haben.«

Frische Hitze jagte mir durchs Gedärm.

Zwar war ich mir über meine schlanke Gestalt im Klaren, jedoch hübsch gefühlt – das hatte ich mich nie. Fernerhin hatten mir äußerst wenige Menschen Komplimente gemacht.

»Nein … das passiert sehr selten«, gab ich nach einigem Zögern zu. »… Mein Ex war einer der wenigen, der mir Komplimente gemacht hat. Und der hat mich letzten Endes betrogen.«

Gerne hätte ich meinen Hinterkopf gegen den Poolrand geschlagen.

Wie kam ich auf die Idee, Theo dieses intime Detail aus meinem Leben zu verraten? Wieso erzählte ich derlei Dinge? War ich nicht mehr ganz bei Trost? War irgendeine Krankheit dabei auszubrechen? Eine Psychose? Ein Burn-out? Eine Depression? Schizophrenie?

Theo wirkte ernsthaft betroffen. »Wie kann dich ein Mann betrügen? Spinnt der denn?«

Ich rang um Fassung. »Nun … ich glaube –«

»Dieses Arschloch gehört niedergedroschen und abgestochen!« Sein intensiver Blick drang mir bis in die Seele vor. »Hast du ihm wohl eine verpasst?«

»Was … wie? … Nein.« Hilflos gestikulierte ich mit den Händen. »Ich war geschockt gewesen. Schließlich waren wir erst fünf Monate zusammen. Ich habe nicht damit gerechnet. Überhaupt nicht.«

Seine Augen wuchsen an. »Und danach. Hast du ihn wenigstens danach geschlagen?«

Seine Äußerung raubte mir die Sprache.

Kein Mann zuvor hatte auf eine solche Weise reagiert. Keiner. Kein Einziger!

»Ich bin Polizist«, presste ich irgendwann mit größter Mühe hervor. »Ich kann nicht einfach irgendwelche Leute niederschlagen! Schließlich sind wir nicht in einem Achtziger-Jahre-Film mit Robert De Niro oder Sylvester Stallone.«

Ein niedliches Grinsen stahl sich auf seine Lippen. »Ja, stimmt natürlich. Dennoch. Dem Typen würde ich eine Lektion erteilen, die er im Leben nicht mehr vergisst.«

»Dann wärst du der Erste, der das für mich tun würde.«

»Bitte was?!« Geschockt, fassungslos, ungläubig suchte er nach einer Erwiderung, hielt dann aber inne.

Und mich überkamen neue Zweifel.

Sollte ich weitersprechen? Sollte ich ihm noch mehr verraten? Konnte ich ihm tatsächlich trauen? Immerhin kannte ich ihn kaum.

Von einer Sekunde auf die andere legte sich meine Angst, und Ruhe breitete sich aus.

Weswegen zweifelte ich?

Eigentlich war es komplett egal! Denn einmal ernsthaft: Was konnte Theo mir antun? Neben blöde Bemerkungen schieben … gar nichts!

Außerdem: Ich hatte ihm ohnehin längst Erlebnisse anvertraut, über die alleine Dan Bescheid wusste.

Ich sammelte Mut und schob sämtlichen Stolz zur Seite. »Ich habe, wie du, keine Kumpel, okay? … Und ich habe keine Verehrer. Da hast du etwas missverstanden. Genauso wenig sieht es mit richtig guten Freunden aus. Ein paar nette Kollegen, ja, aber das war’s schon.«

»Aber … aber … deine Verehrer …« Theo erweckte den Eindruck, unmittelbar vor einem Hirnschlag zu stehen. »Die … die dir Rosen schenken.« Er schluckte. »Männer, die dir den letzten Nerv rauben, weil sie dir ständig nachsteigen …«

Was faselte der Typ da?

»Äh, sorry, aber ich verstehe jetzt gar nichts mehr.«

Er befeuchtete die Lippen, fuhr sich über den Bart und richtete seine Aufmerksamkeit zum Horizont. »Ich dachte die gesamte Zeit, du wärst frustriert, weil du dich andauernd mit Verehrern herumplagen müsstest.«

Hä?!

»Du warst es doch, der zu Beginn meinte, ich würde an Sexfrust leiden! Oder habe ich da etwas falsch aufgefasst?«

»Nein, das stimmt wohl.« Er wandte sich wieder mir zu. »Ich dachte, du wärst sexuell frustriert. Dann allerdings habe ich mir deinen Körper genau angesehen – und erst deine Kampftechnik! Da wurde mir klar, das kann unmöglich der Fall sein. Du bist eine Spitzenfrau. Ein jeder Mann muss sich um dich reißen.«

Eine Gänsehaut jagte mir über den Körper.

»Ist das dein Ernst? Denkst du das wirklich? Oder willst du mich damit rumkriegen?«

Kopfschüttelnd lehnte er sich zurück und legte die muskulösen Oberarme auf den Poolrand. »Ich schwöre es dir – hoch und heilig. Ich will mich nicht einschleimen oder dir etwas vorspielen. Absolut nicht! Allerdings hätte ich nichts gegen einen One-Night-Stand einzuwenden.« Er zwinkerte mir zu. »Wie vorhin erwähnt.«

Gefühlswellen jagten mir durch den Körper, denen ich nicht mehr lange Herr bleiben würde. Gefühlswellen, entstanden durch Vermutungen und Hoffnungen.

Lag es im Bereich des Möglichen, dass Theo diese Nummer ausschließlich abzog, um von einer überdurchschnittlichen Empfindsamkeit abzulenken?

Ängstigte er sich vor Verletzungen, Kummer und Betrug?

Spielte er den harten, sexsüchtigen Macker, um sich vor Enttäuschungen zu schützen?

»Du bist kein Macho«, stellte ich mit erzwungener Ruhe fest.

Erst wirkte er betroffen, dann hellte sich seine Miene auf. »Tja, manchmal bin ich ein softer Macho.«

Ein softer Macho? Was sollte das bitte schön sein?

Ich kicherte meine auftretende Unsicherheit weg. »Du spinnst.«

»Nein, ich bin einfach ehrlich zu dir. Ich will nämlich wissen, warum du derart griesgrämig reagierst. Ist es deines Ex wegen?«

Ich zögerte.

Äußerst lange.

»Sag schon. Ich lache dich nicht aus.«

»Wurdest du ebenfalls betrogen?«, warf ich ein, um einer Antwort auszuweichen.

In seinen Augen blitzte etwas auf. »Wenn du mir verrätst, ob dein Ex Schuld an deinem Frust hat, gebe ich dir eine Antwort.«

Grübelnd blickte ich auf das glitzernde Salzwasser.

Sollte ich …? Sollte ich nicht …?

Ach, drauf geschissen!

»Nun … ja. Er hat mich tief verletzt. Dabei war ich kein junger Hüpfer mehr. Ich habe lange darauf gewartet, eine Beziehung einzugehen … und dann geht mir sofort der erste Freund fremd.«

Theo sprang regelrecht in die Höhe. »Was?! Er war dein Erster?«

Wasser schwappte über den Poolrand, mein Herz setzte kurzfristig aus.

Er lehnte sich zu mir. »Wann ist das gewesen?«

»Mit achtundzwanzig.«

Sein Gesichtsausdruck nahm beträchtlich verstörtere Ausmaße an. »Wie alt bist du dann?«

»Zweiunddreißig.«

»Halleluja!« Sein Ausruf ließ mich unwillkürlich zusammenzucken. »Du bist schon so alt!«

»Hey! Ich bin nicht alt!«

Seine Aussage schmerzte.

Außerordentlich.

Sah ich etwa derart alt … verbraucht aus?

O Scheiße!

Meinten deshalb alle, ich müsse sesshaft werden, da ich auf dem Singlemarkt in wenigen Jahren keine Chancen mehr hatte?

»Ich dachte, du wärst vielleicht fünfundzwanzig, oder –« Perplex hielt er ein. »Steh auf! Ich muss dich noch mal komplett sehen … Das kann einfach nicht sein.«

Meine Wangen erhitzten.

Theo schätzte mich so viel jünger?

Das war unwahrscheinlich beruhigend. Und es schmeichelte mir ungemein.

»Du kannst mich mal!«, entgegnete ich gespielt bestürzt, dafür mit einem Lächeln. »Was glaubst du eigentlich?! Geht es hier alleine darum, wie ich aussehe?«

Unter keinen Umständen durfte er bemerken, wie nah mir seine Aussage ging.

Unter keinen Umständen!

»Ja aber –« Sichtlich nervös vollführte er Handgesten. »Du siehst dermaßen jung aus … Das habe ich nie für möglich gehalten.«

Plötzlich schoss mir etwas durch den Verstand: Entstand seine Aufgekratztheit etwa durch mich? Theo, der Macho – nervös in Gegenwart einer Frau?

Falls meine Vermutung stimmte, sprach Theos Reaktion eindeutig für einen vernünftigen und beziehungsfähigen Charakter und gegen einen One-Night-Stand verehrenden Proleten.

»Langsam wirst du mir unheimlich.« Ich brachte etwas Abstand zwischen uns.

»O nein!« Theo rutschte mir nach. »Ich bin nicht unheimlich. Ich erkenne lediglich, wie falsch ich dich eingeschätzt habe.« Er überlegte. »Das wiederum bedeutet: Ich lag mit dem Sexfrust richtig.«

Ich errötete und senkte den Blick. »Ja. Wahrscheinlich.«

Scheiße!

Wieso sagte ich das wieder?!

»Aber was hast du dann gegen einen One-Night-Stand einzuwenden?« Seiner nonchalanten Stimmlage nach zu urteilen, berührte mein Geständnis ihn nicht sonderlich. »Wir könnten uns eine tolle Nacht machen. Keine Verpflichtungen, kein Stress.«

Ich wandte mich nach links – einerseits, um ihm nicht mehr in diese wunderschönen Augen sehen zu müssen, andererseits, um meine erhitzten Wangen zu verstecken. »Ich kann das nicht.«

Unerwartet fasste er nach meinem Kinn und drehte mein Gesicht zu sich zurück. »Wieso nicht? Verhütest du nicht? Hast du keinen Gummi mit? … Ich habe genügend dabei, da brauchst du dir keine Gedanken zu machen.«

»Ja … nein –« Verzweifelt suchte ich nach Erwiderungen. »Ich habe keinen Gummi mit, aber daran liegt es nicht.«

»Woran dann?«

Ich räusperte mich. »Erstens … erstens hatte ich noch keinen One-Night-Stand und zweitens –«

»Du hattest noch nie …?!« Er runzelte die Stirn. »Das kann gar nicht sein –«

»Und zweitens will ich das nicht.«

»Ja … aber weshalb?«

Abermals zögerte ich.

Wenn ich ihm meinen Wunsch – meine Sehnsucht – anvertraute, wie würde er reagieren?

Würde er mich verstehen? Oder würde er glauben, ich wäre eine bescheuerte Pussy, die heiraten und Kinder auf die Welt setzen und sich von ihrem Mann aushalten lassen wollte?

Verflucht!

Irgendwie musste ich ihm meine Sachlage darlegen, ohne mich in einem falschen Licht zu präsentieren.

Das Letzte, das ich wollte, war ein Mann, der mich in die Schublade Hausmütterchen steckte.

»Ich … ich kann nicht mit jemandem ein Techtelmechtel anfangen, den ich nicht kenne und der nichts für mich empfindet.«

»Aber ich empfinde etwas für dich«, erwiderte er keck. »Ich finde dich attraktiv.«

»Mir geht es um ein wenig mehr. Mehr Gefühle. Mehr Zwischenmenschliches. Einfach um … Liebe.«

Endlich war es raus …

Grund zur Freude kam dennoch keine auf – das lag an meinem auftretenden Stolz und der peinlichen Gewissheit, nun einen ähnlichen Seelenstriptease wie Theo vorzuführen …

Das gefiel mir nicht. Ganz und gar nicht.

Doch seltsamerweise erleichterte es mich.

Verdammte Scheiße!

Es war zum Verrücktwerden!

Jedes Mal, wenn Theo in meiner Nähe weilte, spielte meine Gefühlswelt verrückt …

Ich rieb mir über die Nase.

Wie sollte ich nun weiter vorgehen?

Da Theo nichts einwarf und mir selbst nichts einfiel, um mein Gesagtes abzumildern oder das Thema in eine andere Richtung zu lenken, ignorierte ich jegliche Zweifel und fuhr fort. »Ich will ausschließlich mit jemandem schlafen, der sich mit mir eine Beziehung wünscht. Ich will Geborgenheit und Sicherheit. Reiner Sex interessiert mich nicht. Für einen Orgasmus brauche ich keinen Mann, verstehst du?«

Kein Wort brachte er über die Lippen, dafür sagten seine Züge genug: »Noch ein Heimchen am Herd mit Harmoniebedürfnis.«

Verdammt noch einmal!

»Aber glaub jetzt ja nicht, ich würde Kinderwünsche oder Ähnliches hegen.«

Ich durchtrennte die Luft mit meiner rechten Hand. Gleichzeitig verfluchte ich mich tausendmal im Geiste.

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