Kitabı oku: «Right in your heart», sayfa 9

Yazı tipi:

Es wurde unheimlich, um Evinas vorhin verwendeten Begriff aufzufassen. Ja, selbstverständlich hatte er ihr näherkommen wollen. Er hatte sie flachlegen wollen – im Pool, im Wohnzimmer, auf der Terrasse … Herrgott! Wäre es ihm erlaubt gewesen, hätte er es sogar zwischen Eingangstür und Angel getrieben. Dieser Körper, diese Eleganz, diese gefühlvolle Seite … vier Jahre Abstinenz!

Meine Fresse!

Damit erklärten sich sämtliche ihrer Launen …

Sanfte Erregung huschte ihm durch den Leib.

Bestimmt war Evina längst klitschnass da zwischen den Beinen.

O ja, es war gut gewesen, es nicht zu überstürzen. Zum Einen, um sie besser kennenzulernen, zum Anderen, um ihr Verlangen weiter anzufachen.

Eine notgeile Frau – was gab es Besseres auf dieser Welt?

Er musste schmunzeln.

Ursprünglich hatte er vermutet, Evina würde ihn aus dem Bungalow werfen oder ihm den Kopf abreißen …

Stattdessen hatte sich dieses Treffen in eine Kummerkatenonkel-Sitzung verwandelt!

Was war in ihn gefahren, sodass er ihr all diese intimen Details verraten hatte?

Zuerst seine Ex.

Gut, diese Information hätte er ihr früher oder später bestimmt enthüllt.

Dann allerdings folgte die Sache mit Sandra – das Mädchen, das er beinahe in den Selbstmord getrieben hätte!

Er konnte sich nicht erinnern, dieses Erlebnis jemals irgendjemandem zuvor anvertraut zu haben – weder Mara noch irgendwelchen Verehrerinnen. Darüber hinaus hatte er Ewigkeiten nicht mehr daran gedacht.

Zu sehr erfüllte ihn Reue …

Verdrängung war da die einzige Option gewesen.

Wie auch immer …

Durch diese plötzliche Gesprächigkeit seinerseits hatte er kurzzeitig befürchtet, durch den kleinen Mückenstich auf seiner Wade irgendeinen Erreger aufgefangen zu haben. Dann hatte er das herrliche Essen verdächtigt. Zum Schluss hatte er die romantische Umgebung dafür verantwortlich gemacht, bis er endlich begriff, wen die Schuld tatsächlich traf: Evina.

Evina war es – abermals!

Sobald er ihr in die Augen blickte, kletterte dieses seltsame Gefühl in ihm hoch – erweckte Erinnerungen an Fehlleistungen, Sehnsüchte, Wünsche sowie Empfindungen aus Kindheitstagen.

Und wie sie selbst darauf los plapperte, ging es ihr offenkundig keinen Deut besser.

Und was sie erzählte!

Über ihre Mutter, die sie und ihren Vater im Stich gelassen hatte. Ihre Kindheit, die ausschließlich daraus bestand, es dem Vater recht zu machen. Die Angst, von anderen verletzt zu werden. Das Misstrauen gegenüber Fremden. Die schmerzenden Gefühle, die dann und wann über sie hereinbrachen …

Manchmal mutete es an, sie würde aus seinem Herzen sprechen …

Das konnte man bloß unheimlich nennen.

»Die Wahrheit ist«, entgegnete Evina. »Seit Lebzeiten suchte ich Geborgenheit. Da ich aber ebenso wahnsinnige Panik vor Betrug und Verletzungen fürchte, habe ich mich entschieden, alleine zu bleiben.«

Sie und Theo flanierten den weißen Sandstrand entlang. Zarte Wellen kitzelten ihre Füße und ein lauwarmer Wind spielte mit ihren Haaren.

»Ich habe mir eingeredet, im Alleinsein mein Glück zu finden. Funktionieren wollte es bedauerlicherweise nie.«

»Dennoch verstehe ich nicht, weshalb du One-Night-Stands feindlich gegenüberstehst. Liebe hin oder her – genieße deine Freiheit, deine Jugend. Das gehört zum Leben dazu. Solange man ungebunden ist, kann man tun, was man will.«

Ihr kritischer Gesichtsausdruck ging ihm durch und durch. »Ich kann das nicht. Für mich müssen wahre Gefühle im Spiel sein. Außerdem hätte ich in meinem langweiligen Dorf ohnehin niemanden gefunden. Die sind allesamt verheiratet.«

»Und Kollegen?«

»Alle unter der Haube. Mit Kind und Hund und Katze und Minivan.«

Er lachte. »Das typische langweilige Landleben, hm?«

»Ja. Einfach schrecklich! Das hat mich nie interessiert.«

»One-Night-Stands aber ebenso wenig.«

»Stimmt. Wie gesagt brauche ich keinen Mann, um zu kommen. Falls ich mit jemandem ins Bett springe, dann alleine mit demjenigen, der sich eine Beziehung mit mir wünscht.« Ihr Blick intensivierte sich. »Deshalb frage ich dich noch einmal: Geht es dir wirklich nicht um ein kurzes Abenteuer? Du scheinst nicht recht zu wissen, was du möchtest. Andererseits will ich dich zu nichts drängen. Genauso wenig höre ich Hochzeitsglocken – solltest du das von mir denken. Ich will bloß halbwegs in Erfahrung bringen, ob du dir mehr vorstellen kannst als einen einfachen Fick.«

Das letzte Wort erschreckte ihn. Dabei benutzte er es selbst oft. Bei Evina hingegen – da klang es abwertend. Es hörte sich nicht einmal nach Spaß an.

Er musste sich eingestehen: Bei ihr wäre er nicht mehr in der Lage gewesen, diesen Begriff zu benutzen.

Evina war zu besonders. Sie spielte in einer anderen Liga. Und das Wichtigste: Bei ihr konnte und wollte er sich eine längerfristige Bindung vorstellen.

»Gehen wir es einfach ruhig an.«

»Sicher.« Nickend griff sie sich an die Stirn. »Ich klinge wie eine Frau, die alles auf einmal will, stimmt’s?«

Er warf ihr ein Lächeln zu. »Ja, zum Teil schon.«

»Tut mir leid. So wollte ich nicht rüberkommen. Ich habe bloß Schiss, das ist alles … und ganz ehrlich?«

Neugier flammte in ihm auf.

»Wie ich es vorhin gesagt habe, könnte ich es mir vorstellen, mit dir einen One-Night-Stand zu haben. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn es mehr wird.«

Theo fasste nach ihrer Hand. »Deshalb möchte ich es ruhiger angehen.« Er lehnte sich zu ihr, gab ihr einen kurzen Kuss und zog sie ins Meer. »Und jetzt lassen wir das Grübeln und gehen eine Runde schwimmen.« Seine Arme um ihre Hüften geschlungen, ließ er sich ins Wasser fallen – und landete mit dem Hintern im Sand.

»Nun … tief ist es hier nicht«, stellte er lachend fest.

Das Wasser ging ihm eben einmal bis zu den Achseln – sitzend.

Evinas süßes Kichern entfesselte in seiner Magengegend ein leichtes Prickeln. »Ich glaube, jetzt fängt die Ebbe an.« Sie drückte ihn etwas nach hinten, legte ihre Arme um seinen Nacken – wie Saphire funkelten ihre blaugrauen Augen in der Sonne. »Wir müssen ein wenig weiter hinaus, dann klappt es vielleicht mit dem Schwimmen.«

»In Ordnung.« Er schob seinen rechten Arm unter ihre Kniekehlen und legte den linken um ihren Oberkörper.

»Du wirst jetzt nicht –«

Ehe sie weitersprechen konnte, hatte er sich bereits mit ihr in den Armen erhoben.

Neues, aufgeregtes Kichern drang aus ihrem Mund. »Was wird das?«

»Ich trage dich in tiefere Gewässer.«

Sie sich an seinen Oberkörper gepresst, schritt er bedächtig hinaus. Und tatsächlich, keine zehn Meter weiter war es ihm möglich, sich mit ihr ins Wasser gleiten zu lassen, ohne erneut im Sand stecken zu bleiben.

Langsam ließ er sie los, sie hingegen antwortete mit einer innigen Umarmung – und einem innigen Kuss, der ihm den Atem raubte.

Meine Fresse!

Diese Zärtlichkeit … diese Umsicht … und erst ihre Unsicherheit, die sie zu unterdrücken versuchte …

Das machte ihn schlicht und einfach geil.

Unvermittelt ließ sie von ihm ab.

»Ist es in Ordnung für dich?« Zweifel in Form von zusammengezogenen Augenbrauen traten in Erscheinung. »Oder klammere ich dir zu viel?«

Was?!

»Wie kommst du denn darauf?«

»Nun … mein Ex-Freund wollte nie kuscheln oder herumblödeln. Deshalb dachte –«

»So ein Boofke! Weshalb war der überhaupt mit dir zusammen? Da mache ich mit meinen One-Night-Stands mehr, als der in einer Beziehung!«

Diese Welt war vollgestopft mit Arschlöchern …

Evinas Miene spiegelte reine Fassungslosigkeit wider. »Ernsthaft? Ich … das –«

Um ihre ohnehin nichtssagende Stotterei zu beenden, erwiderte er ihren Kuss.

Dieses Mal ließ er sich wieder mehr Zeit.

Wie köstlich sie schmeckte! Wie gut sie sich anfühlte! Ihr heißer Körper, die kuscheligen Haare, ihre knackige Kehrseite, die sanften Lippen … ihre Zunge, die zögerlich die seine berührte, ihre lieblichen seinen Bart kraulenden Finger, welche irgendwann weiterwanderten, ihm durchs Haar glitten …

Es war, als würde Theo von etwas hinfortgezogen werden.

Lag dies an den Gezeiten, oder hatte es mit Evina zu tun?

Er verscheuchte den Gedanken und konzentrierte sich lieber auf diesen erregenden Kuss, der ihn allmählich seiner Sinne zu berauben drohte.

»Wenn du mich auf diese Weise weiter küsst –«, keuchte sie glückstrunken. »Werde ich ernsthaft nicht mehr lange warten können.«

Er lehnte seine Stirn an ihre. »Ich werde dir noch dermaßen einheizen – du wirst mich anbetteln, es heute Abend mit mir zu machen.«

»Also darum geht es!« Mit einem gezielten dennoch behutsamen Tritt und einem Stoß gegen seinen Oberkörper brachte sie ihn aus der Balance und unter Wasser, infolge dessen er sie an ihrer Taille packte, auftauchte und eine überraschend leise Evina über seinem Kopf hielt, welche sich an seinen Schultern festkrallte und die Beine horizontal von sich streckte – wie eine Rock 'n' Roll Akrobatin.

Er hatte gedacht, sie würde wenigstens irgendetwas von sich geben – und wenn es einfache Schimpfworte gewesen wären. Völlige Stille hingegen? Das überraschte ihn – dabei wollte er sie überraschen, ihr ein verschüchtertes Japsen oder Piepsen entlocken.

»Du bist wahnsinnig leicht. Und dein Gleichgewichtssinn scheint sehr ausgeprägt.«

»Lass mich wieder runter.« Evina hörte sich äußerst verschüchtert an.

Dann hatte er sie doch überrumpelt!

Meine Fresse!

Da zeugte ihre Reaktion aber von verdammt guter Selbstbeherrschung!

»Mit den Beinen voraus, in Ordnung?«

»Ja.«

Bedächtig setzte er sie zurück ins Wasser – und sie? Sie begann unvermittelt zu lachen – bekam sich nicht mehr in den Griff.

»Was ist jetzt los?«

»Das war –« Sie hielt sich die Hand vor den Mund, kicherte, wieherte, prustete. »Einfach komplett irre.«

»Wieso?« Ihr herzhaftes Lachen entlockte ihm selbst ein Kichern. »Weshalb ist das witzig?«

»Das hat mich an Dirty Dancing erinnert.« Ein weiterer Lachanfall unterbrach sie. »Dabei habe ich den Film nie gesehen.«

»Woher willst du dann wissen, ob diese Hebefigur wie in dem Film ausgefallen ist?«

Er musste zugeben, er hatte sich den Schinken ebenso wenig gegeben. Schließlich verabscheute er alles, was mit Tanzen in Verbindung gebracht werden konnte. Liebesschnulzen standen ähnlich tief im Kurs … und dann sollte er sich einen Tanzfilm mit einer Lovestory ansehen?

Nein. Danke!

»Na, dieses bescheuerte Hochheben«, erklärte sie. »Das wird in einer jeden Programmvorschau gezeigt. Und ebenso oft wird der Umriss dieser Szene als Titelcover verwendet.«

Jetzt verstand er. »Natürlich … klar.«

Sie warf sich ihm um den Hals, und er hätte beinahe wieder die Balance verloren.

Um Evina in ihre tiefgründigen, hypnotisierenden Augen blicken zu können, drückte er sie ein wenig von sich weg. »Dein Lachen ist ansteckend.«

Sie zog die Brauen hoch. »Dabei hast du gar nicht richtig gelacht.«

»Nun.« Theo fuhr ihr durchs Haar. »Normalerweise bringt mich niemand schnell zum Lachen. Insbesondere nicht Quatsch veranstaltende Frauen.« Ehe Evina zu einem Protest ansetzen konnte, fügte er schnell hinzu: »Du weißt, ich bin ein Macho.«

»Ein softer Macho«, vervollständigte sie glucksend.

Theo nahm ihre Hand in seine. »Schwimmen wir etwas weiter hinaus, oder sollen wir lieber spazieren?«

»Wie wäre es mit einem Wettschwimmen? Wer zuerst bei den Bungalows eintrifft?«

Er drehte sich zu den rundlichen an die dreihundert Meter entfernten Häuschen. »In Ordnung. Allerdings weiß ich nicht, ob wir schnell genug sind, um vor der Ebbe anzukommen.«

»Probieren wir es. Sonst können wir den Rest immer noch laufend zurücklegen.«

»Gute Idee.«

Und damit ging’s los.

Evina zischte ab wie eine Rakete. Sie kraulte, als ging es um ihr Leben. Dies wiederum fachte seinen ausgeprägten Ehrgeiz massiv an.

Eine Frau würde ihn unter keinen Umständen schlagen! Vor allem nicht in seiner Spitzendisziplin.

Er spannte seine Muskulatur an, steckte sämtliche Kraft in eine jede Armbewegung, fokussierte sich alleine auf die zwischen ihm und den Wasserbungalows liegende Distanz.

Atmung, Bewegung, Puls – er fühlte sich eins mit dem Meer, eins mit sich und der Umgebung.

Langsam aber sicher holte er Evina ein.

Sonnenuntergänge nach einem Gewitter … Mamas Fürsorge … die harte Ausbildung … Sehnsucht nach Liebe …

Diese eigenartige Empfindung entwickelte sich. Sie dehnte sich aus, füllte sämtliche Tiefen und Untiefen seiner Seele.

Nach wie vor misslang es ihm, sie zu benennen oder einzuordnen. Lediglich eines wusste er mit Sicherheit: Ausschließlich durch Evina entstand sie.

Theo versuchte, sie näher zu bestimmen – konzentrierte sich auf sein Innerstes, erspürte eine jede winzige Veränderung dieser zusehends anwachsenden schleierhaften Emotion. Sein Blick schweifte zu Evina und die nach wie vor beträchtliche Distanz zwischen ihnen.

Allmählich nahm die Emotion Konturen an – sie veränderte sich, verstärkte sich, festigte sich, wurde vertrauter …

Er hatte sie bereits gespürt. Vor einer halben Ewigkeit …

Der raue an seinen Knien schürfende Sand war es, welcher ihn aus den Überlegungen riss.

Scheiße.

Gar nicht gut.

Die nächste automatische Armbewegung nach vorn war ihm nicht mehr abzustoppen möglich – und damit rammte er die Hand in den Meeresboden.

Fluchend kniete er sich nieder.

Wo war er andauernd mit seinen Gedanken?

Derart abgelenkt war er nie gewesen … nicht einmal in seinen Kindheitstagen!

»Verfluchte Scheiße!«, hörte er Evina toben. »Bescheuerte Ebbe!«

Er wandte sich ihrer im niedrigen Wasser hochstemmenden und mit den Armen gestikulierenden Gestalt zu.

Es war zum Brüllen!

Ihr Bikini und Oberkörper waren von oben bis unten mit Sand verdreckt, selbst in ihrem Gesicht fand sich etwas von den weißen Körnern wider.

Hatte sie etwa mit dem Gesicht gebremst?

Er fing zu lachen an – und sie besah ihn giftig.

»Das ist nicht witzig!« Wutendbrand stapfte sie auf ihn zu. »Du siehst auch nicht eben besser aus!«

Er schaute auf sich herab. »Nun, wenigstens sind meine Shorts nicht voller Sand.«

»Dafür deine Haare.«

»Wie soll das gehen? Ich habe nicht mit dem Kopf gebremst – wie du.«

Evina bespritzte ihn mit Wasser. »Wie es aussieht, hast du dafür lieber dein Ohr benutzt.«

Was?!

Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, berührte seine Ohren.

Tatsächlich. Auf der rechten Seite spürte er etwas Raues.

»Siehst du?«

Etwas Sand vom Meeresboden ergreifend erhob er sich. »Hast recht gehabt.« Dies ausgesprochen, packte er sie und schmierte ihr den Sand in die Haare.

»Hey! Spinnst du?!«

Etwas Abstand zwischen einer fuchsteufelswilden Evina und ihn gebracht, musterte er sie eindringlich. »Jetzt passt du wenigstens wieder zu mir.«

Unvorstellbar schnell – und mit einem angedeuteten Lächeln auf den Lippen – trat sie zu ihm und hakte ihre Beine zwischen seine. Zu guter Letzt verpasste sie ihm einen Stoß – und er landete im knietiefen Wasser.

Breit grinsend setzte sie sich auf seinen Bauch. »Jetzt sind wir gleich.«

Theo legte seine Arme um ihre Hüften. »Du gibst nicht nach, oder?«

»Kein bisschen.«

»Umso besser.«

Sie kicherte. »Dann wird es nicht langweilig, oder?«

»Ganz genau.«

»Ich schlage vor, wir duschen uns erst einmal und führen den Spaziergang im Anschluss daran fort. Der Sand reibt nämlich an Stellen, an denen er nichts verloren hat.«

Theo musste lachen. »Mir geht’s ähnlich.«

»Dann komm.«

Sie stand auf und reichte ihm die Hand, welche er gerne ergriff.

Während sie zurückmarschierten, hatte sich dieses mysteriöse Gefühl nochmals verstärkt. Dadurch war es ihm endlich möglich, es zu benennen: kindliche Unbefangenheit.

Keine Scham, keine Zweifel, keine Sorgen, keine Ängste, keine Zwänge geißelten sein Herz. Er fühlte sich frei und unbeschwert. Wie in seinen frühesten Kindheitstagen. Eine Zeit, in welcher er die Welt ohne Vorurteile betrachtet hatte, und hundertprozentiges Vertrauen selbstverständlich gewesen war.

Hiermit war auch endlich geklärt, weshalb er andauernd an seine Kindheit denken musste und all die lang verdrängten Erinnerungen an die Oberfläche seines Verstands kletterten.

Diese Erkenntnis machte ihn einerseits wahnsinnig glücklich, andererseits bereitete sie ihm Unbehagen.

Verrennte er sich da in etwas, das ihm letztlich den Kopf kosten würde? Oder hatte er eben das größte Glück auf Erden gefunden?

Evinas knackige Kehrseite schob seine Grübeleien beiseite.

Über diese Dinge konnte er sich später das Gehirn zermartern! Nun wollte er die Zeit mit ihr genießen.

»Wie wär’s mit einer gemeinsamen Dusche?«

Blinzelnd drehte sie sich zu ihm. »Ich dachte, du wolltest es ruhiger angehen?«

»Will ich wohl … aber fragen kostet bekanntlich nichts.« Er bedachte sie mit einem Lächeln, welches sie sofort erwiderte. »Nun … habe ich keine Chance?«

»Leider nein.«

Er seufzte. »Aber Sex willst du?«

Kichernd verneinte sie. »Vorhin hätte ich es gemacht. Aber jetzt … du hast recht, wir sollten es langsam angehen.«

»Verdammt! Jetzt könnte ich mir selbst in den Arsch treten.«

Sie lachte – und er nahm ihre wunderschöne, kurvenreiche, muskulöse Gestalt in Augenschein.

Ein Traumweib …

»Na gut, Kleine. Dann treffen wir uns dort, wo wir heute Morgen übereinander gestolpert sind.«

Nickend und mit einem Okay gab sie ihm ihr Einverständnis, und sie setzten sich in Bewegung Richtung Rezeption, um die Zimmerschlüssel abzuholen.


Wie ausgemacht trafen wir uns vor dem Holzsteg, spazierten eine halbe Ewigkeit durchs seichte Meer und sprachen über unsere Jobs. Er erzählte mir von seinen Anti-Terrorismus-Aufträgen, die Suche nach entführten und vermissten Personen, die überdurchschnittlich langweilige Büroarbeit, spannende Auslandsaufenthalte, die Zusammenarbeit mit verschiedensten Regierungen und das erbauende Gefühl, wenn ein Fall erfolgreich gelöst werden konnte.

Ich erzählte ihm von senilen Rentnern, alkoholisierten Obdachlosen und schießwütigen Balkan-Arschlöchern.

Doch all das interessierte mich nicht mehr sonderlich. Theos Präsents war es, die ich genoss. All die interessanten privaten Details seines Lebens, seine Mimik und Gestik, der Klang seiner Stimme …

Je mehr Zeit ich mit ihm verbrachte, desto sympathischer wurde er mir.

Wie ich vermutet hatte, versteckte er sämtliche Gefühle hinter dieser Machofassade, die ihn, so dachte er wahrscheinlich, vor Verletzungen beschützte.

Genau wie ich!

Seit jeher hatte ich den harten Hund gemimt, meine gefühlvolle Seite hinter selbstbewussten Sprüchen verborgen …

Was waren wir beide dumm gewesen!

»Darf ich mitkommen?« Theo beaugapfelte mich hoffnungsvoll. »Mit dir auf einer gottverlassenen kleinen Insel … etwas Besseres könnte ich mir nicht vorstellen.«

Um mir meinen kleinen Inseltrip für morgen zu reservieren, hatten wir einen Abstecher zur Rezeption gemacht.

»Nun … eigentlich wollte ich das gerne alleine erleben. Ich brauche etwas Zeit zum Nachdenken. Sei mir nicht böse, okay?«

Eine attraktive asiatische Frau mit zusammengebundenen glänzend schwarzen Haaren notierte meine Daten in einem Kalender und informierte mich über die Abfahrtszeit.

Betrübt seufzend willigte Theo ein. »Keine Sorge, ich bin dir nicht böse … Schön gewesen wäre es dennoch.« Gedankenverloren wanderte sein Blick gen Rezeptionsdecke. »Stell dir vor: wir beide alleine dort. Was wir alles machen könnten.«

»Sex auf dem Strand wahrscheinlich, oder?«, vermutete ich grinsend.

»Exakt.«

»Aber der ganze Sand, der da in die unmöglichsten Körperöffnungen dringt … darauf bin ich nicht scharf.«

»Und mit einer Decke?«

»Tut mir leid. Den Ausflug mache ich alleine. Wir könnten aber einen Zweiten für übermorgen ansetzen.«

Er überlegte. »Als deinen Urlaubsabschluss sozusagen?«

»Ja … wieso eigentlich nicht?«

»In Ordnung. Dann geht der zweite Ausflug auf mich.«

Meine Herzfrequenz erhöhte sich.

»Super! Ich freue mich.«

Theo wollte wahrhaftig mit mir auf der verlassenen Insel Zeit verbringen! Und er zahlte sogar!

Heilige Scheiße!

Es wurde besser und besser!




Welche Filme siehst du dir gerne an?«, fragte ich einen mir gegenüber sitzenden und ein würzig duftendes Wok-Gericht mit Essstäbchen verspeisenden Theo.

»Action, Spannung, Thriller … solche Sachen. Und du?«

»Exakt dasselbe.«

Dramen, Liebesfilme und Fantasy hielt ich beim besten Willen nicht aus.

»Der Kopfgeldjägerfilm –« Theo lehnte sich etwas zu mir. »Mit Robert De Niro –« Er beäugte mich sekündlich intensiver. »Ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme.«

Wollte er etwa …?

Ich legte die Stirn in Falten. »Du meinst Midnight Run?«

Gleichermaßen schnell wie Überraschung in seinem Gesicht aufblitzte, unterband er jegliche Gefühlsregung und stopfte sich ein undefinierbares gebratenes Gemüse in den Mund. »Na gut, das war nicht sonderlich schwer.«

»Willst du mich testen?« Mit den Einweg-Bambus-Essstäbchen, welche sich unerwartet glatt und wertig anfühlten – für die Gäste auf den Malediven war offenkundig nichts zu teuer – fasste ich ein Stück Curryhuhn auf. »Wenn dem so ist … nur zu.«

Erst grinste er mich verspielt an, dann überlegte er angestrengt.

»Hmm … okay, wie wäre es hiermit: Sylvester Stallones Rolle handelt von einem alkoholkranken Polizeibeamten.«

Flott streckte ich den linken Arm nach oben. »Klare Sache: D-Tox.« Dies gesprochen machte ich eine Kunstpause und zog leicht an meiner Palpebra inferior. »… I. C. U.«

»Fuck!« Nun versuchte er seine Verblüffung erst gar nicht mehr zu verstecken. »Du bist gut.«

Kichernd ordnete ich ihn an, fortzufahren.

»El Alles.«

»Willst du mich beleidigen? Deadpool.«

Er kaute, schluckte. »Na gut … eine Aussage aus einer Komödie.«

»Ich bin bereit.«

»Du trauriges, pickliges, inzuchtgeschädigtes, unfähiges Stück Scheiße.«

»Nix zu verlieren.«

Er warf die Arme in die Höhe. »Meine Fresse! Das gibt’s nicht!«

Ich griente ihn an. »Frag mich weiter.«

»Langsam wirds schwierig.« Er fuhr sich über den Bart, grübelte. »Hmm … wie ist das: die drei Muscheln.«

Mir wurde es äußerst warm.

Dieser Streifen war einer meiner liebsten mit Stallone. Ein Klassiker des Actionfilm-Genres.

»Demolition Man.«

Kopfschüttelnd und hilflose Handgesten machend lehnte er sich zurück. »Allmählich gehen mir die Ideen aus.«

»Dann frage ich dich zur Abwechslung.«

»Gerne.« Lässig-selbstbewusst wölbte er eine Augenbraue. »Aber gib dir Mühe.«

»Ts … unterschätz mich nicht andauernd.«

»Das tue ich gar nicht.«

»Ach ja?« Mit den Stäbchen deutete ich auf diesen ausweichenden Mistkerl. »Bislang hat sich das für mich anders angehört.«

»Typisch Frau.« Ein ungeheures Grinsen konnte er sich ebenso wenig verkneifen wie die Tatsache akzeptieren, sich einmal nicht im Recht zu befinden. »Fasst Dinge auf, die auf eine derartige Weise nie gesagt wurden.«

Dieser kleine Saftsack!

»Offenbar braucht dein Ego etwas Auslauf.«

Ein herzliches Lachen seinerseits brachte mein Herz zum Klopfen. »Gut, der geht auf dich. Dennoch hast du dich noch nicht bewiesen.«

»Das folgt unmittelbar … nämlich jetzt. In welchem Film kommen folgende Namen vor: Marcus, Aurelio, John, Daisy.«

Unversehens riss er die Augen weit auf, lehnte sich mit den Unterarmen auf den Tisch und krallte sich am Holzplattenrand fest.

Und ich hatte meine schwere Mühe damit, nicht ruckartig zurückzuweichen.

»John fucking Wick!«, stieß er nach einigen Sekunden der Perplexität hervor. »Der Film ist der Wahnsinn! Der totale Wahnsinn! Ich liebe den!«

Ich schluckte den Rest meines Hühnchens hinunter, maßregelte meinen ausflippenden Puls.

Beruhige dich, Evina. Es ist bloß ein Film. Das sagt noch gar nichts aus.

Aber ich vergötterte den Streifen.

Und wenn es mit Theo in einer derartigen Tour weiterginge, würde ich diesen Pseudo-Macho bald ebenfalls vergöttern … obwohl ich mich in Zurückhaltung üben wollte.

Ja, Theo wurde in allen Belangen ein Traummann, dennoch bedeutete dies nicht, mich Hals-über-Kopf in ihn zu verlieben – gleichgültig, wie viele Gemeinsamkeiten wir teilten oder welche Erlebnisse uns geprägt hatten!

Ein wenig Wachsamkeit war nie verkehrt …

Um mein Pokerface zumindest halbwegs aufrecht zu erhalten, nippte ich an meinem Kokossaft.

»Ja? Echt? Du magst ihn?«

»Hey! Was glaubst du denn!« Theos Augenbrauen zogen sich leicht nach unten. »Das ist einer der besten Actionfilme des Jahrhunderts … Die Musik, die Kampfszenen – speziell das Gun Fu und die ruhigen Sequenzen – das ist Kunst, Mann!«

Ja, wahrhaftige Kunst – ebenso wie dieser Mann vor mir – Perfektion in Reinsubstanz …

Scheiße …

Ich räusperte mich. »Die Wahrheit ist: Ich liebe diesen Film ebenfalls. Sofern ich mich nicht gänzlich irre, habe ich ihn sicherlich an die fünf Mal angesehen. Und ich könnte ihn mir noch zehn Mal geben.«

»Echt jetzt?!« Ein breites Grinsen brachte Theo zum Strahlen. »Du bist ernsthaft der Wahnsinn! Einfach der Wahnsinn!«

»Na ja, jetzt übertreibst du.«

»Ganz und gar nicht!« Vehement schüttelte er den Kopf. »Ich kenne keine Frau, die diesen Film mag. Keine Einzige!«

Ich sollte die Einzige sein? Die einzige Frau …?

Überdimensionale Glückseligkeit rauschte mir durch die Adern.

»Na, zum Glück! Dann existieren wenigstens nicht viele Weiber, die mir Konkurrenz machen können.«

Obgleich ich Theo bereits übermäßig viel über mich anvertraut hatte, schimpfte ich mich im Geiste für diese unbedachte Aussage.

Stopp …

Weswegen begann ich erneut zu hadern?

Theos niedliches kehliges Kichern vernichtete meine Grübeleien. »Da geb ich dir recht. Und ich bin heilfroh, dass du es bist, die diese Ausnahme bildet.«

Wärme kroch mir in die Wangen. »Ich hoffe, du wirst diese Aussage nicht irgendwann bereuen.«

Elegant fasste Theo einen kleinen Knäuel Glasnudel auf. »Weshalb sollte ich das?«

Wie er mit den Essstäbchen hantierte – das war, gelinde gesagt, purer Sex. Ein waschechter Asiate hätte nicht mehr Professionalität an den Tag gelegt.

Diese Tatsache wiederum ließ diesen verdammten Interpolbullen ungleich erotischer erscheinen …

»Du bist eine klasse Frau. Und wenn wir schon dabei sind: Gerne entschuldige ich mich nochmals für meine bescheuerten Bemerkungen.« Dramatisch legte er die linke Hand aufs Herz. »Ich werde nun restlos und gnadenlos offen sein – und das soll etwas bedeuten, schließlich bin ich ein Macho …« Er grinste mich an. »Ich habe mich wirklich komplett in dir getäuscht.«

»Ha!« Mit den Stäbchen deutete ich auf mein sexy Gegenüber. »Also doch!«

»Siehst du?« Er streckte die Arme in einer lobpreisenden Weise von sich. »Und damit hast auch du dich in mir getäuscht.«

Dieser Seitenhieb hatte ja kommen müssen …

»Na gut …« Ich neigte mein Haupt in Demut. »Ich gebe dir ebenso recht. Damit sind wir quitt und wir vergessen alles, was vorgefallen ist, okay? Keine Egospielchen, Schuldzuweisungen und Vorurteile mehr.«

Nickend bejahte er. »Damit kann ich gut und gerne leben.«

»Dann setzen wir unser Ratespiel fort.« Ich trank einen weiteren Schluck süßlich-exotischen Saft. »Wie ist es hiermit: Abr-a-ham Lin-coln.«

Ich betonte eine jede Silbe, normalerweise genug, um zu wissen, wer damit gemeint war.

Theo runzelte die Stirn. »Das sagt mir nichts.«

»Kein bisschen?«

»Nope.«

»Ist aus The Hateful Eight von Quentin Tarantino.«

»Ah … Deshalb!« Er gab der Tischplatte einen sanften Klaps. »Den Film wollte ich gerne im Kino ansehen, leider hat mir zu der Zeit eine heikle Auslandsmission dazwischengefunkt.«

Solche Missionen schienen des Öfteren vorzukommen …

Wie viel Zeit verbrachte Theo dann eigentlich in Deutschland?

»Der Streifen ist cool – hat aber den typischen Quentin-Humor –«

»Der manchmal heftig ausfallen kann«, beendete er meinen Satz. »Man muss solche Anspielungen und Gewaltdarstellungen mögen.«

»Wie stehst du dazu?«

Er zuckte die Achseln. »Geht so. Manchmal passt es, manchmal ist es übertrieben. Aber im Namen der Kunst kann ich es gerne tolerieren … und du?«

»Ich sehe es ähnlich. Explizite Gewalt kann man als Stilmittel verwenden – speziell bei John Wick gefällt mir der Einsatz. Quentin hingegen übertreibt es meistens maßlos. Trotzdem gefallen mir seine Filme.«

Theo nickte – mutete auf eine verrückte Art zufrieden an.

Gefiel ihm meine Denkweise?

»Soll ich dir eine andere Frage stellen?«

»Ich bitte darum.«

»In Ordnung … wie ist das: Wir zwei gegen den Rest der Welt.« Ich stockte. »Ach ja, das Zitat stammt aus einer aktuellen Serie. Neuauflage eines Klassikers.«

Nun war ich gespannt.

Würde er die Serie kennen? Soweit ich wusste, standen eher Frauen drauf – des Hauptdarstellers wegen.

Theo überlegte fieberhaft, seiner tief gefurchten Stirn nach zu urteilen.

Es sah witzig wie interessant aus.

»Könnte das aus Sherlock sein?«

Ich legte die Stäbchen auf den Teller. »Echt jetzt? Du ziehst dir Sherlock rein?«

Er würgte ein Stück Fleisch hinunter – verzog dabei das Gesicht auf eine urkomische Weise. »Weshalb nicht?« Hüstelnd fasste er nach seinem Kokossaft und trank einen großen Schluck.

»Nun ja … auf Benedict Cumberbatch stehen ausschließlich Weiber – dachte ich zumindest.«

Er gluckste. »Mein Fall ist er zwar nicht – selbst dann nicht, wenn ich schwul gewesen wäre –«

Das entlockte mir ein lautes Lachen.

»Die Serie an sich ist aber sehr gut.« Er stellte das Glas zurück und nahm ein neues, dieses mal beträchtlich kleines Stück Fleisch zwischen die Stäbchen. »Schnell, intelligent, eine geile Kameraführung. Und der Soundtrack ist ohne jeden Zweifel erhaben.«

»Du sprichst mir hier aus der Seele – ein weiteres Mal.«

Das Gespräch fühlte sich herrlich an – ähnlich wie mit Dan.

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