Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Assja», sayfa 6

Yazı tipi:

XV

Zur verabredeten Stunde fuhr ich über den Rhein und das erste Gesicht, das mir am entgegengesetzten Ufer begegnete« war derselbe Knabe, der am Morgen zu mir gekommen war. Er schien mich erwartet zu haben.

– Von Fräulein Annette, sagte er, und übergab mir wieder einen Zettel. Assja zeigte mir an, sie bestimme einen anderen Ort für unsere Zusammenkunft. Ich sollte in anderthalb Stunden nicht zur Capelle, sondern in's Haus zur Frau Luise kommen, unten anklopfen und in das dritte Stock hinaufsteigen-.

– Wieder ja? fragte mich der Knabe.

– Ja, wiederholte ich, und schritt dem Rheinufer zu. Nach Hause zurückzukehren, dazu war es nicht mehr Zeit, in den Gassen herumschleudern – wollte ich nicht. Außerhalb der Stadtmauer befand sich ein kleiner Garten mit einer bedeckten Kegelbahn und Tischen für Biergäste. Ich trat hinein. Einige, schon ältliche Gäste schoben Kegel; polternd rollten die Kugeln und von Zeit zu Zeit ließen sich beifällige Ausrufe hören. Ein hübsches Dienstmädchen mit rothgeweinten Augen brachte mir eine Kanne Bier; ich sah ihr ins Gesicht. Sie wandte sich rasch ab und ging fort.

– »Ja, ja,« ließ sich ein in der Nähe sitzender, beleibter und rothbäckiger Bürger vernehmen: – »unser Hannchen ist heute sehr betrübt. Ihr Bräutigam ist unter die Soldaten gegangen.« Ich warf einen Blick nach ihr: sie hatte sich in einen Winkel gedrückt und die Wange auf die Hand gestützt; die Thränen rieselten eine nach der anderen an ihren Fingern hinab. Es forderte Jemand Bier; sie brachte das Bier und kehrte auf ihren Platz zurück. Ihr Gram wirkte auf mich zurück; ich verfiel in Nachdenken über meine bevorstehende Zusammenkunst: ich dachte an sie, aber mit Besorgniß, nicht mit Freude. Nicht leichten Herzens begab ich mich zu dieser Zusammenkunft, kein Hingeben freudiger, wechselseitiger Liebe stand mir bevor; ich hatte ein gegebenes Versprechen zu halten, eine schwierige Pflicht zu erfüllen. »Mit ihr darf man nicht scherzen« – diese Worte Gagins hatten sich wie Pfeile in meine Seele hineingebohrt. Und hatte ich denn nicht erst vor vier Tagen, in jenem Boot, das die Wellen dahintrugen, nach Glück geschmachtet? Es schien möglich zu werden – ich aber schwankte, stieß es fort; ich mußte es von mir fortstoßen . . . Das Unerwartete in demselben machte mich verwirrt. Selbst Assja, mit ihrem feurigen Kopfe, ihrer Vergangenheit, ihrer Erziehung, dieses anziehende aber sonderbare Wesen – ich gestehe es, es flößte mir Furcht ein. Lange kämpften in mir diese Gefühle. Die angesetzte Frist rückte heran. » Ich kann sie nicht heirathen,« entschied ich zuletzt: – »sie wird nicht erfahren, daß auch ich sie lieb hatte.«

Ich stand auf – und nachdem ich dem armen Hannchen einen Thaler in die Hand gedrückt hatte (wofür sie mir nicht einmal dankte), begab ich mich zum Hause der Frau Luise. Dämmerungsschatten schwebten bereits in der Luft und über die dunkele Gasse leuchtete am Himmel ein schmaler Streif im Widerscheine der Abendröthe. Ich pochte leise an die Thür; sie wurde sogleich geöffnet. Ich trat über die Schwelle und befand mich plötzlich im Dunkeln.

– Hierher! ließ sich die Stimme einer alten Frau vernehmen. Sie werden erwartet.

Tappend that ich ein paar Schritte, eine knochichte Hand faßte die meinige.

– Sind Sie es, Frau Luise, fragte ich?

– Ich bin’s, antwortete mir dieselbe Stimme: – ich bin’s, mein schmucker, junger Herr. Die Alte führte mich dann eine steile Treppe hinauf, und blieb auf dem Absatze des dritten Stockes stehen. Beim matten Lichte, das durch ein kleines Fensterchen hereinfiel, erblickte ich das runzelige Gesicht der Bürgermeisterswittwe. Ein widerlich schlaues Lächeln verzerrte ihre eingefallenen Lippen und zog die glanzlosen, kleinen Augen zusammen. Sie wies mir eine kleine Thür. Ich öffnete mit zitternder Hand und warf die Thür hinter mir zu.

XVI

Es war ziemlich finster in dem kleinen Gemach, in welches ich trat, und ich wurde Assja‘s nicht sogleich gewahr. In ein großes Umschlagetuch gehüllt, saß sie auf einem Stuhle beim Fenster und hielt den Kopf weggewandt und fast versteckt, wie ein erschrockenes Vögelchen. Ihr Athem ging rasch und sie zitterte am ganzen Leibe. Sie that mir unsäglich leid. Ich trat zu ihr heran. Sie wandte den Kopf noch mehr ab . . .

– Anna Nikolajewna, redete ich sie an.

Sie richtete sich plötzlich auf, wollte mich anblicken – vermochte es nicht. Ich ergriff ihre Hand, sie war kalt und blieb wie abgestorben in der meinigen liegen.

– Ich wünschte . . . begann Assja und versuchte zu lächeln, doch ihre bleichen Lippen wollten ihr nicht gehorchen: – ich wollte . . . Nein, ich kann nicht, sagte sie und verstummte. Und wirklich, die Stimme brach ihr bei jedem Worte.

Ich setzte mich neben sie.

– Anna Nikolajewna, wiederholte ich und konnte gleichfalls nichts weiter hervorbringen.

Stillschweigen trat ein. Ich hielt immer noch ihre Hand und blickte sie an. Sie blieb in derselben, sich in sich selbst zurückziehenden Haltung wie vorhin, athmete schwer und biß still ihre Unterlippe, um nicht zu weinen und die hervorbrechenden Thränen zurückzuhalten . . . Ich hielt die Augen auf sie gerichtet: es lag Etwas rührend Hilfloses in ihrer schüchternen Unbeweglichkeit: es schien, sie habe den Stuhl kaum erreichen können und sei in demselben zusammengebrochen. Das Herz ging mir über . . .

– Assja, sagte ich kaum hörbar . . .

Sie schlug langsam die Augen zu mir auf . . . Oh, Blick einer liebenden Frauenseele, wer beschreibt dich? Diese Augen, sie drückten Flehen, Zutrauen, Frage, Hingebung aus . . . Ich vermochte nicht, ihrem Zauber zu widerstehen. Ein brennendes Feuer durchzuckte mich wie von Stichen glühender Nadeln; ich beugte mich nieder und drückte meine Lippen auf ihre Hand . . .

Ein bebender Laut, wie von unterbrochenem Seufzen, schlug an mein Ohr und ich spürte auf meinem Haare die zarte Berührung einer Hand, die wie ein Blatt zitterte. Ich hob den Kopf und sah ihr Gesicht. Wie so schnell umgewandelt kam es mir vor! Der Ausdruck der Angst war von demselben verschwunden, der Blick schweifte weit hinaus in den Raum und zog mich nach, die Lippen waren etwas geöffnet, die Stirn bleich wie Marmor und die Locken nach hinten geschoben, als wenn der Wind sie zurückgeworfen hätte. Sie vergaß Alles, zog sie an mich – willig gehorchte ihre Hand und der ganze Körper folgte derselben nach, der Shawl glitt von den Schultern herab und ihr Kopf neigte sich still an meine Brust und legte sich an meine brennenden Lippen . . .

– Die Ihre . . . flüsterte sie kaum hörbar.

Schon schlang sich mein Arm um ihren Körper . . . da durchzuckte mich plötzlich wie ein Blitz der Gedanke an Gagin. – Was machen wir! rief ich aus und rückte zurück . . . Ihr Bruder . . . weiß Alles . . . Er weiß, daß wir hier zusammenkommen.

Assja sank auf den Stuhl.

– Ja, fuhr ich fort, indem ich aufstand und auf die andere Seite des Zimmers trat. – Ihr Bruder weiß Alles . . . Ich mußte ihm Alles erzählen.

– Sie mußten? stammelte sie kaum vernehmbar. Sie konnte noch immer nicht zu sich kommen und verstand mich nur unvollständig.

– Ja, ja, wiederholte ich mit einer gewissen Erbitterung: – und daran sind Sie schuld, Sie allein.

Warum haben Sie Ihr Geheimniß verrathen? Wer hat Sie gezwungen, Ihrem Bruder Alles zu erzählen? Er selbst war heute bei mir und theilte mir Ihre Unterredung mit ihm mit.

Ich vermied es« Assja anzusehen und ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab. – Jetzt ist Alles verloren, Alles, Alles.

Assja wollte von ihrem Sitze aufstehen.

– Bleiben Sie, rief ich: – bleiben Sie, ich bitte Sie. Sie haben es mit einem Manne von Ehre zu thun – ja, mit einem Manne von Ehre. – Aber, um des Himmels Willen, was hat Sie so aufgeregt? Sollten Sie an mir eine Veränderung bemerkt haben? Ich konnte es aber unmöglich vor Ihrem Bruder geheim halten, als er mich heute besuchte.

»Was rede ich denn da?« dachte ich bei mir, und der Gedanke, daß ich ein ehrloser Betrüger wäre, daß Gagin um unsere Zusammenkunft wisse, daß Alles ausgeschwatzt, verdreht und verdorben sei, – durchkreuzte mir jetzt das Gehirn.

– Ich hatte ja den Bruder nicht rufen lassen, erwiederte Assja mit erschreckter, tonloser Stimme, – er war aus freien Stücken gekommen.

– Nun sehen Sie einmal, was Sie da angerichtet haben, fuhr ich fort. – Sie wollen jetzt fortreisen . . .

– Ja, ich muß fort, flüsterte sie ebenso leise: – auch habe ich Sie nur deßhalb hierher gebeten, um von Ihnen Abschied zu nehmen.

– Und Sie denken, erwiederte ich: – es wird mir leicht sein, von Ihnen zu scheiden?

– Warum denn mußten Sie es dem Bruder erzählen? wiederholte Assja mit dem Ausdrucke der Verwunderung.

– Ich sage Ihnen – ich durfte nicht anders verfahren. Wenn Sie sich nicht selbst verrathen hätten . . .

– Ich hatte mich auf meinem Zimmer eingeschlossen, erwiederte sie treuherzig: – ich wußte nicht, daß meine Wirthin einen anderen Schlüssel hatte . . .

Diese unschuldige Ausrede, aus ihrem Munde, in solcher Minute – brachte mich damals fast auf . . . Jetzt aber kann ich nicht ohne Rührung daran zurückdenken. Armes, ehrliches, aufrichtiges Kind!

– Und somit ist denn Alles aus! begann ich wieder: – Alles. Jetzt müssen wir uns trennen, Ich warf einen verstohlenen Blick auf Assja . . . ihr Gesicht wurde immer röther. Sie war, ich fühlte es« beschämt und beängstigt. Ich selbst bewegte mich und redete wie ein Fieberkranker. – Sie haben dem keimenden Gefühle nicht Zeit gelassen, sich zu entfalten, Sie selbst haben unsern Bund zerrissen, Sie hatten kein Zutrauen zu mir, Sie hegten Zweifel gegen mich.

Während ich redete, hatte sich Assja mehr und mehr nach vorne gebeugt – und sank plötzlich auf die Kniee, ließ den Kopf in ihre Hände fallen und brach in Schluchzen aus. Ich stürzte auf sie zu, versuchte sie aufzurichten, sie aber sträubte sich dagegen. Ich kann Weiberthränen nicht ertragen: wenn ich sie sehe, verliere ich sogleich alle Fassung.

– Anna Nikolajewna, Assja, rief ich wiederholt: – ich bitte, ich beschwöre Sie, um Gottes Willen hören sie auf . . . ich ergriff wieder ihre Hand.

Doch zu meinem größten Erstaunen, sprang sie plötzlich auf, – stürzte schnell wie der Blitz zur Thür und verschwand . . .

Als einige Zeit darauf Frau Luise hereintrat, – stand ich noch in der Mitte des Zimmers, wie vom Blitz getroffen. Ich faßte es nicht, wie diese Zusammenkunft ein so rasches, so dummes Ende nehmen konnte, da ich selbst noch nicht den hundertsten Theil von Dem gesagt hatte, was ich sagen wollte und mußte, und ich noch ungewiß war, wie sie endigen werde.

– Ist das Fräulein fort? fragte mich Frau Luise und zog ihre gelben Augenbrauen bis an den Haaraussatz in die Höhe.

Ich gaffte sie an wie ein Blödsinniger – und ging fort.

XVII

Ich verließ die Stadt und nahm meinen Weg in‘s Freie hinaus. Aerger, wüthender Aerger quälte mich. Ich überhäufte mich mit Vorwürfen. Wie war es mir möglich gewesen, den Grund zu verkennen, der Assja veranlaßt hatte, den Zusammenkunftsort abzuändern; wie hatte ich nicht zu würdigen gewußt, was es ihr kosten mußte, zur Alten zu gehen; warum hatte ich Sie nicht zurückgehalten! Unter vier Augen mit ihr, in dem einsamen, spärlich erleuchteten Zimmer, fand ich die Kraft, hatte ich das Herz, – sie von mir zu stoßen, ihr sogar Vorwürfe zu machen . . . Und jetzt verfolgte mich ihr Bild, ich that ihr Abbitte; wie Feuer zehrte an mir die Erinnerung an jenes bleiche Gesicht, jene feuchten und scheuen Augen, das aufgelöste Haar über dem gebeugten Nacken, das sanfte Anschmiegen ihres Kopfes an meine Brust. – »Die Ihre« . . . tönte ihr Flüstern in meinem Ohre noch nach. »Ich habe gewissenhaft gehandelt« – suchte ich mir einzureden . . . Lüge! War das denn der Schluß, den ich wirklich gewollt hatte? bin ich denn im Stunde, mich von ihr zu trennen? kann ich sie wohl verlieren? Wahnsinniger! Wahnsinniger! wiederholte ich mit Erbitterung.

Unterdessen war die Nacht hereingebrochen. Mit großen Schritten eilte ich dem Hause zu, wo Assja wohnte.

XVIII

Gagin kam mir entgegen.

– Haben Sie meine Schwester gesehen? rief er mir schon von Weitem zu.

– Ist sie denn nicht zu Hause? fragte ich.

– Nein!

– Sie ist nicht zurückgekehrt?

– Nein. Verzeihen Sie mir, fuhr Gagin fort: – ich hielt es nicht mehr aus; ich bin, unserer Verabredung zuwider, bei der Kapelle gewesen; dort war sie nicht; sie muß also nicht hingegangen sein.

– Sie ist nicht zur Kapelle gegangen.

– Und Sie haben sie nicht gesehen? Ich mußte bekennen. daß ich sie gesehen hatte.

– Wo?

– Bei der Frau Luise. – Vor einer Stunde trennten wir uns, setzte ich hinzu: – ich glaubte bestimmt, sie sei nach Hause zurückgekehrt.

– Wir wollen warten, sagte Gagin.

Wir traten in das Haus und nahmen neben einander Platz. Wir schwiegen. Uns beiden war gar nicht wohl zu Muthe. Fortwährend blickten wir uns um nach der Thür und horchten hin. Endlich erhob sich Gagin.

– Da hört aber Alles auf! rief er: – ich fühle das Herz im Leibe nicht mehr. Sie bringt mich noch um, bei Gott . . . Kommen Sie, wir wollen sie aufsuchen.

Wir gingen hinaus. Draußen war es schon ganz dunkel geworden.

– Wovon haben Sie denn mit ihr gesprochen? fragte mich Gagin, indem er den Hut auf die Augen rückte.

– Höchstens fünf Minuten war ich mit ihr zusammen, erwiederte ich: – ich sprach mit ihr, wie wir es verabredet haben.

– Wissen Sie, sagte er: – besser wir gehen ein Jeder für sich, auf diese Weise können wir sie eher treffen. – Auf jeden Fall, in einer Stunde kommen Sie her.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
10 aralık 2019
Hacim:
70 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 5, 2 oylamaya göre
Ses
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Ses
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Ses
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Ses
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 5, 3 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 3,8, 4 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre