Kitabı oku: «Lesen in Antike und frühem Christentum», sayfa 20

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Dass die ParagraphosParagraphos in antiken Hss.Handschrift/Manuskript insgesamt eher als inhaltlich ausgerichteter Strukturmarker verwendet wurde,92 denn als Vorlesehilfe diente, legt sodann die Verwendung in Kommentartexten,93 in medizinischenMedizin Fachtexten,94 in dokumentarischen, insbesondere listenartigen PapyriPapyrus und OstrakaOstraka,95 die wiederum eindeutig in einen nicht-performativen Verwendungszusammenhang gehören, sowie in Texten nahe, die aus schulischen Kontexten stammen.96 Zudem existieren Quellenbelege, in denen exakt die Verwendung als Strukturmarker reflektiert wird. So hat die Paragraphos bei Isokr.Isokrates or. 15,59 die Funktion, eine Stelle in einem ManuskriptHandschrift/Manuskript zu finden, von der an vorgelesen werden soll: ἀρξάμενος ἀπὸ τῆς παραγραφῆς ἀνάγνωθι τὰ περὶ τῆς ἡγεμονίας αὐτοῖς. Die These von W. A. Johnson, die Paragraphos habe in literarischen Prosatexten dazu gedient, das Vortragslesen zu unterstützen, indem er anzeigte, wo eine Pause zu machen sei, wäre hingegen neu zu diskutieren.97 Einerseits ist die methodische Validität seines praktischen Selbstversuchs hinterfragbar, andererseits kann er keine wirklichen Belege anführen und kommt zu seiner Schlussfolgerung durch die Vorannahme, dass man in der Antike generell lautLautstärkelaut gelesen hat.98

ad c) Paratextuelle Elemente

In den frühen PapyriPapyrus finden sich sodann auch schon paratextuelleParatext Elemente99 und solche Elemente, die lediglich visuellvisuell wahrgenommen und nicht lautlich realisiert werden können. Auch hier besteht wiederum das Problem, dass die meisten Papyri zu fragmentarisch sind, um Aussagen über die paratextuellen Elemente zu machen. Immerhin sind in 4,100 66101 und 75 TitelangabenTitel erhalten. In zahlreichen neutestamentlichen Papyri haben sich Reste der PaginierungPaginierung erhalten (u. a. 1, 38, 39, 45, 46, 66, 100, 106; vgl. auch MajuskelMajuskel 0189 [P.Berol. inv. 11765]. Titelangaben (als inscriptiones und subscriptionessubscriptio), Paginierung und sogar Verzierungen102 finden sich sodann in KodexKodex P.Bodm 7–8 (=72).10–12.13, der allerdings eine eigenwillige Neuzusammenstellung nicht nur neutestamentlicher Schriften bietet.103 Interessant ist der Kodex für das Thema dieser Studie aber wegen des verzierten Friedenswunsches für den Schreiber und den LeserLeser, der jeweils unter der subscriptio mit dem Titel geschriebenSchriftGeschriebenes wurde: ειρηνη τω γραψαντι και τω αναγινωσκοντι. Ob der Schreiber sich hier selbst Frieden wünscht, er den Wunsch aus seiner VorlageVorlage abschreibt oder an einen zukünftigen Schreiber denkt, braucht hier nicht entschieden zu werden.104 Aufschlussreich ist, dass der FriedenswunschFriedenswunsch nicht etwa die auch in christlichen Quellen verbreitete Fachbezeichnung für einen VorleserVorleser/SekretärSekretär ἀναγνώστηςἀναγνώστης verwendet, sondern das PartizipPartizip von ἀναγιγνώσκωἀναγιγνώσκω, das für gewöhnlich den (individuellen) RezipientenRezipient meint105

So gut wie alle neutestamentlichen griechischen Hss.Handschrift/Manuskript (und von Beginn der Überlieferung an auch die lateinischen Hss.; ferner auch die anderen Versionalhandschriften) weisen die bekannten und vor allem bezüglich ihrer Herkunft und Funktion viel diskutierten Nomina sacra auf.106 Bei den Nomina sacra handelt es sich um Kontraktionskürzungen einiger wichtiger Namen in den neutestamentlichen Schriften, die mit einem Strich über der Abkürzung graphisch markiert werden. Diese recht eigenwillige Form der Abkürzung kann weder aus dem Gebrauch des TetragrammsTetragramm abgeleitet werden noch steht sie in einem Zusammenhang mit der Ersparnis von Platz oder von Zeit beim SchreibenSchreiben. Die Form entspricht auch nicht den gängigen Abkürzungskonventionen in der Antike, die vorrangig durch Suspensionskürzungen geprägt waren, wobei unterschiedliche Formen der Markierung – selten auch ein Strich über der Abkürzung analog zu den Nomina sacra – verwendet wurden. Zudem ist ein höherer Standardisierungsgrad erkennbar, vergleicht man den Variantenreichtum der situationsbezogenen Abkürzungspraxis in der Antike.107 Innerhalb der Uneinheitlichkeit der Anzahl und Stringenz der Abkürzungen in den Hss. kann ein gemeinsamer Bestand von vier Wörtern extrapoliert werden (Θεός, Κύριος, Ἰησοῦς, Χριστός), die wohl in allen neutestamentlichen Hss. relativ regelmäßig kontrahiert werden (, jeweils im Genitiv usw.). Der Befund ist dahingehend klar, dass das System der Nomina sacra schon sehr früh aufgekommen sein muss, auch wenn die genaue Herkunft umstritten ist.108 Eine besondere Stellung unter den symbolischen Zeichen in den neutestamentlichen Hss. nimmt das sog. StaurogrammStaurogramm ein (), das ebenfalls früh bezeugt ist (in 45, 66, und 75, also spätestens für die erste Hälfte des 2. Jh.) und zu Beginn innerhalb der Nomen-sacrum-analogen Abkürzung des Substantives σταυρός (), ferner z. T. auch des Verbes σταυρόω (z.B. 75 42vo 25, Lk 24,7Lk 24,7 ) verwendet wurde.109

Gerade beim StaurogrammStaurogramm ist es sinnfällig, dass es sich dabei um ein ikonographischesLese-ikonographie Zeichen für die Kreuzigung handelt.110 Aber auch die Nomina sacra insgesamt sind Phänomene die nur visuellvisuell wahrgenommen werden können und es erschließt sich nicht, dass sie eine Funktion für ein vermeintliches „lautes“ VorlesenRezeptionkollektiv-indirekt der neutestamentlichen Texte gehabt haben sollten. Eine solche These findet sich z.B. bei C. M. Tuckett, der – einer bestimmten Vorstellung der LesepraxisLese-praxis im frühen ChristentumChristentum in den Befund projizierend – formuliert: Nomina sacra „may have functioned primarily as reading aidsLese-hilfe (reading aid) to assist some who were perhaps not as proficient as others to read the text more easily.”111 Gerade angesichts der Schwierigkeiten des Lesens von scriptio continuaSchriftscriptio continua würden die Nomina sacra „key“ words herausheben: „the intent may been simply to enable the reader to get his/her bearings a little more easily when reading the text, to identify one or two key words in a passage and make the necessary mental adjustments (e.g. by fixing on at least one point where there was a word break) more easily.”112

Diese These ist nicht zuletzt deshalb fragwürdig, da sie Schwierigkeiten moderner LeserLeser mit der Entzifferung der scriptio continuaSchriftscriptio continua ins frühe ChristentumChristentum projiziert, die sich am Quellenbefund nicht belegen und sich aus Sicht der modernen LeseforschungLese-forschung nicht halten lassen (s. o.). Zudem würde die Auswahl der Wörter unter der Voraussetzung der These äußerst kontingent erschienen, da a) in unterschiedlichen Texten unterschiedliche „key“ words in Frage kämen und b) Namen, die Lesern, weil sie aus dem griechischen Endungssystem herausfallen, tatsächlich Schwierigkeiten bereiten haben, mit einem ApostrophApostroph markiert wurden, wie die Auswertung der hebräische Namen oben gezeigt hat. Hier wäre zu fragen, warum zwei unterschiedliche Markierungssysteme nebeneinander verwendet worden sind. Viel eher sind die Nomina sacra in einem weiteren Sinne einem Phänomen von Elementen in antiken Hss.Handschrift/Manuskript und InschriftenInschriften zuzuordnen, die bewusst für die visuellevisuell Wahrnehmung gestaltet worden sind und in der Forschung zum Lesen in der Antike als eigene Evidenz häufig unberücksichtigt bleibt. Hierzu gehören z.B. AkrostichaAkrostichon, BuchstabenBuch-stabe- und Alphabetspiele, PalindromePalindrom, das Phänomen der IsopsephieIsopsephie, Figurengedichte,113 ferner auch bildliche Darstellungen und kleinere Zeichnungen.114 Daraus folgt insgesamt: Durch die Nomina sacra bekommen die neutestamentlichen, aber auch andere frühchristliche Schriften einen unverwechselbaren „typographischen“ Charakter, in dem die christliche Identität zu Ausdruck kommt und durch den sie bis heute sehr einfach zu identifizieren sind.115

ad d) Die Breite der Kolumnen

Zuletzt ist noch die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Breite der Kolumnen in antiken Hss.Handschrift/Manuskript und ihrer Verwendung zu besprechen. Diesbezüglich hat Johnson postuliert, die literarischen PapyriPapyrus der Kaiserzeit seien für performative Lesungen im Kontext von Veranstaltungen der sozialen ElitenElite konzipiert gewesen. Dabei rekurriert er insbesondere auf seine systematische Untersuchung des Befundes literarischer Papyri in Oxyrhynchos,116 den er auf der Grundlage kognitionspsychologischerKognitionswissenschaften Erwägungen, die er vor allem aus der oben besprochenen Untersuchung von P. Saenger übernimmt,117 folgendermaßen auswertet: Die durchschnittliche Breite literarischer Texte auf RollenRolle (scroll) war mit 15 bis 25 BuchstabenBuch-stabe so schmal gestaltet,

“that the whole line could be taken in by the parafovealparafoveal preview vision, and approximated the amount of text typically read by the eye ahead of the voice. The result was that the line beginnings themselves provided natural points for the ocular fixation, and the ‚decoding‘ of the letters could proceed regularly on a line-by-line basis.”118

Das Problem von Johnsons Argumentation ist hier weniger, dass die zugrunde liegenden Überlegungen P. Saengers auf überholten Forschungspositionen basieren (s. o.). Denn es geht ja hier weniger um die Frage der WorterkennungWort-erkennung in der scriptio continuaSchriftscriptio continua als um den Vorteil schmalerer Kolumnen für den Leseprozess, der – unabhängig von der Frage nach der lautlichen Realisierung – unbestritten ist.119 Das eigentliche Problem besteht darin, dass er die kognitionspsychologischen Vorteile, die für den Leseprozess aus den relativ schmalen Kolumnen erwachsen, ohne weitere Nachweise und Argumentation mit dem performativen VorlesenRezeptionkollektiv-indirekt verknüpft. Eine solche Vereindeutigung ist aber auf der Grundlage des Befundes in den Hss.Handschrift/Manuskript (s. o.) nicht möglich und projiziert eine postulierte Form der LesepraxisLese-praxis in den Befund hinein. Noch viel schwerer wiegt allerdings, dass die kognitionspsychologischen Vorteile der kürzeren Kolumnen grundsätzlich für andere Modalitäten des Lesens genauso gelten. Dies hat L. Battezzato zuletzt überzeugend nachgewiesen – für die individuell-direkteLektüreindividuell-direkt Lektüre vielleicht sogar umso stärker. Zunächst bestätigt Battezzato anhand einer Auswertung stichometrischerStichometrie Daten den Befund Johnsons zu den durchschnittlichen Zeilenlängen und zeigt, dass ausgehend von einer älteren Praxis eine Entwicklung zu kürzeren Zeilen in der römischen Kaiserzeit feststellbar ist.120 Anhand antiker Referenzierungspraxis121 und von PapyriPapyrus, die eindeutig nicht für performative Lesezwecke geschriebenSchriftGeschriebenes worden sind, zeigt er dann aber, dass die relativ schmalen Kolumnen auch für eine Form des fast reading/scanning, also für diskontinuierlichKontinuitätdiskontinuierlich-selektiveUmfangselektiv Zugriffe, also informationsentnehmendes, individuell-konsultierendes Lesen konzipiert sind.

Battezzato verweist auf P.Berol. inv. 9782, einen Kommentar zu Platons Theaitetos aus dem 2. Jh., der in schmalen Kolumnen (Ø 15 BuchstabenBuch-stabe) geschriebenSchriftGeschriebenes ist, in dem die ZitateZitat aus dem zu kommentierenden Text graphisch (DipleDiple und ParagraphoiParagraphos) klar gekennzeichnet sind und das sogar Zeichnungen enthält (P. H ro col. 2). Zudem verweist er auf P.Oxy. 47 3329, ein Fragment des Lexikons von Diogenianos, und auf P.Ant. 1 28, der Fragmente medizinischerMedizin Schriften von Hippokrates enthält.122 Ergänzen könnte man z.B. noch P.Oxy. 15 1809 (Ø 19 Buchstaben), ein Fragment, das um 100 entstanden ist und umfangreiche Marginalscholien zu Plat.Platon Phaid. 102e enthält, also definitiv als Arbeitsmanuskript verwendet wurde und vermutlich sogar ursprünglich als ein Arbeitsexemplar konzipiert worden ist, worauf die schmalen Kolumnen und der großzügige Platz um den Text herum sprechen.

Dass relativ schmale Zeilen und die oben diskutierten sog. „LesehilfenLese-hilfe (reading aid)“ nicht in einem besonderen Interdependenzverhältnis zu performativen LesepraktikenLese-praxis stehen, wird sodann deutlich, betrachtet man die distinkten Merkmale derjenigen überlieferten Hss.Handschrift/Manuskript, die eindeutig performativen Zusammenhängen zugeordnet werden können.

1) Einen expliziten Gegenbeleg finden wir in einem BriefBrief von CiceroCicero, Marcus Tullius an Atticus, der letzteren dazu auffordert, sein mit Überarbeitungen und KorrekturenKorrektur (s. auch Evaluation) versehenen Entwurf (ἀρχέτυπον) für eine recitatiorecitatio (s. auch Publikation/Veröffentlichung) im Kontext eines Symposiums in macrocollum zu übertragen (vgl. Cic. Att. 16,5(3),1), wobei es sich um ein Papyrusblatt handelt, das sich durch eine besondere Breite auszeichnete.123 Hier wird also eindeutig ein ManuskriptHandschrift/Manuskript beschrieben, das für das VorlesenRezeptionkollektiv-indirekt gedacht war und mutmaßlich breite Kolumnen aufwies. Schon oben habe ich auf eine Hss.Handschrift/Manuskript mit einer Chorstelle aus dem Orestes von Euripides verwiesen, die NotationenNoten für die musikalische Aufführung enthält.124 Es ist nun aufschlussreich, dass eben dieser berühmte PapyrusPapyrus Vindob. G. 2315 (um 200 v. Chr.) deutlich mehr Zeichen pro Zeile enthielt (vermutlich zwischen 25–30) und die Kolumnen mit rekonstruierbaren 15,5 cm deutlich breiter angelegt sind als die Kolumnen in den vermeintlichen Vorlesemanuskripten. Auch andere Papyri mit musikalischer NotationMusik weisen deutlich breitere Kolumnen auf als bloße Textmanuskripte.125 Dieser Befund ist zwar nicht neu, aber nur wenn man a priori davon ausgeht, dass die Textmanuskripte mit den kürzeren Kolumnen für performative Leseanlässe gestaltet waren, erscheint diese Diskrepanz besonders erklärungsbedürftig. So erübrigt sich insbesondere die widersprüchliche Interpretation von W. A. Johnson, der die schmalen Kolumnen in Hss. mit Prosatexten als kognitivkognitiv vorteilhaft für den VorleserVorleser interpretiert (s. o.), zugleich aber auch die breiteren Kolumnen in den Papyri mit musikalischer NotationNoten als kognitiv vorteilhaft für die Musiker erklären muss.126 Demgegenüber vermutet etwa L. Battezzato, dass der Vorteil der breiteren Kolumnen insbesondere darin bestand, bei der Aufführung häufige Zeilen- und (noch entscheidender) Kolumnensprünge zu vermeiden.127

2) Sekundäre Markierungen durch Benutzer von Hss.Handschrift/Manuskript zeigen, dass Texte für den Vortrag präpariert wurden und die o. g. Merkmale als „LesehilfenLese-hilfe (reading aid)“ anscheinend nicht suffizient waren.128 Eindeutig sekundär (andere Tinte) sind z.B. die Markierungen in 46 (P.Beatty 2/P. Mich. inv. 6238), die nicht als AkzenteAkzent fungieren.129 Vielmehr handelt es sich um relativ regelmäßig gesetzte, vergleichsweise dicke und recht kurze Striche, die in einem relativ flachen Winkel von etwa 30° von links unten nach rechts oben verlaufen und über den Buchstabenlücken zwischen zwei Worten positioniert worden sind. Es liegt nicht nahe, diese sekundären Eintragungen als von einem Schreiber obligatorisch gesetzte Leseakzente zu beschreiben, die Stellen markieren, „wo ein LeserLeser bzw. ein VorleserVorleser kurz innehalten könnte“.130 Wahrscheinlicher ist m. E., dass es sich bei den Markierungen um die Eintragung eines Benutzers handelt, der das ManuskriptHandschrift/Manuskript für den Vortrag präpariert hat. Dafür spricht z.B., dass nur einzelne Briefe bzw. Briefpassagen markiert sind,131 die Markierungen, wenn sie gesetzt sind, in relativ regelmäßigen Abständen auftreten und weitgehend syntaktischen und inhaltlichen Gesichtspunkten folgen,132 also potentiell Stellen markieren, an denen verstehensfördernde PausenLese-pausen/-unterbrechung gemacht werden können bzw. an denen Luft geholt werden kann. Sehr ähnliche Markierungen finden sich darüber hinaus in 45, und zwar nur in Mk und ActAct, nicht aber in LkLk und JohJoh. Dieses Faktum als Beleg für die ursprünglich „westliche“ Reihenfolge der EvangelienEvangelium (Mt, Joh, Lk, Mk) heranzuziehen, wie T. C. Skeat es tut,133 ist fragwürdig und projiziert ein nicht weiter belegtes, lineares Bearbeitungsverfahren in den Befund hinein.134 Wahrscheinlicher ist angesichts des analogen Befundes in 46 die Annahme, dass ein Leser lediglich die Texte präpariert hat, die er vorlesen wollte.135 Ebenfalls sekundäre Markierungen finden sich in 37, die sich aber wegen des fragmentarischen Zustands der Hs. nicht systematisch auswerten lassen,136 aber häufig am Ende von Phrasen stehen oder im Kontext wörtlicher Rede auftreten, was zumindest auf Vorlesehilfen hindeutet. Ferner finden sich analoge sekundäre Markierungen lt. H. A. Sanders auch in 13 (P.Oxy. 4 657), in 17 (P.Oxy. 8 1078) und im LXXAT/HB/LXX-PapyrusPapyrus 967 (Rahlfs; P.Beatty 7 9–10; P.Köln Theol. 3ff.).137

Die durchschnittliche Buchstabenzahl von ca. 27–32 BuchstabenBuch-stabe pro Zeile in 46 und im Schnitt ca. 45–50 Buchstaben pro Zeile in 45 übersteigt im Übrigen deutlich die von Johnson angegebenen Werte von 15 bis 25 Buchstaben für literarische Texte, die s. E. auf das VorlesenRezeptionkollektiv-indirekt optimal zugeschnitten wäre (s. o.). Der Befund in 46 und noch mehr in 45, deren Kolumnenbreite eher den PapyriPapyrus mit musikalischer NotationNoten entspricht, spricht daher zusätzlich gegen diese Annahme.

Aus dem Befund von sekundären Markierungen durch LeserLeser in den besprochenen Hss.Handschrift/Manuskript ist auch nicht zu schließen, dass die meisten performersBiblical Performance Criticism keine Markierungen eingetragen hätten.138 Dies setzt wiederum a priori voraus, dass die erhaltenen Manuskripte grundsätzlich für gottesdienstlicheGottesdienst bzw. performative Lesungen gedacht gewesen sind.

Es ist festzuhalten: Nur wenige der erhaltenen Hss.Handschrift/Manuskript gehören eindeutig in einen performativen Zusammenhang. Viele der diskutierten Indizien deuten sogar darauf hin, dass ein Großteil der frühen Hss. eher für die individuelle, primär visuellvisuell konzipierte Lektüre verwendet wurden.139 Damit stehen insgesamt auch viele der Kriterien zur Disposition, nach denen S. D. Charlesworth die neutestamentlichen PapyriPapyrus in privateÖffentlichkeitnicht-öffentlich/privat und offizielle unterteilt.140 Offen bleibt jedoch, inwiefern der regional auf Ägypten beschränkte Befund, zeitlich auf das 1. Jh. und die erste Hälfte des 2. Jh. übertragen werden kann (also auf die Autographen bzw. auf frühe Sammlungen/EditionenEdition) und ob daraus Schlussfolgerungen über den Charakter und das Aussehen der Hss. gemacht werden können, die in den Zentren der östlichen und westlichen Mittelmeerwelt (insbesondere Rom und Ephesus) entstanden und gelesen worden sind. Immerhin stammen die Papyri ja aus den trockenen Gebieten des ägyptischen Hinterlandes und schon die Frage des Zusammenhangs zu Alexandria ist nicht einfach zu beantworten.

In jedem Fall problematisch erscheint es mir allerdings, davon auszugehen, dass die Autographen bzw. die Hss.Handschrift/Manuskript des „AusgangstextesAusgangstext“ bzw. früher Sammlungen oder EditionenEdition in „reiner“ scriptio continuaSchriftscriptio continua geschriebenSchriftGeschriebenes waren.141 Muss man nicht vor dem Hintergrund antiker Schreiberpraxis und dem Hss.-Befund in seiner ganzen Breite insgesamt davon ausgehen, dass auch diese Hss. ein gewisses Maß an Strukturmarkern, diakritischenDiakritika Zeichen o. ä. aufwiesen? Allerdings ist die Form dieser Manuskripte mit großer Sicherheit nicht mehr rekonstruierbar, da die Schreibgewohnheiten von Paulus bzw. eines „Paulussekretärs“, der VerfasserAutor/Verfasser der EvangelienEvangelium, von den Verfassern der zahlreichen PseudepigraphenPseudepigraphie, aber auch von mutmaßlichen Redaktoren usw. nicht mehr zu erheben sind und der Befund in den neutestamentlichen Hss. zu heterogen ist, um daraus sichere Schlussfolgerungen zu ziehen.

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